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Marburger Zeitung. Nr. 5, Marburg, 11.01.1910.

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Marburger Zeitung.



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Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.

Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11--12 Uhr vorm. und von 5--6 Uhr nachm. Postgasse 4.

Die Verwaltung befindet sich: Postgasse 4. (Telephon Nr. 24.)


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Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und kostet die fünfmal gespaltene Kleinzeile 12 h.

Schluß für Einschaltungen:
Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer kostet 10 Heller.




Nr. 5 Dienstag, 11. Jänner 1910 49. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Aus der Prager Tagung.

In Prag fand letzten Samstag eine Versamm-
lung der deutschböhmischen Abgeordneten und Ver-
trauensmänner statt, welche sich mit der gegenwär-
tigen politischen Lage zu befassen hatte. Einigermaßen
dürfte hiebei auch der Gedanke mitgewirkt haben,
die über das Verhalten vieler Abgeordneter stutzig
gewordenen deutschen Wählerschaften mit radikalen
Worten neu zu gewinnen. Einen besonderen Wert
kann man dieser Tagung nicht gerade beimessen;
Beifall aber werden die Ausführungen des Land-
gemeindenvertreters von Luditz u. s. w. des Abg.
Iro finden, welcher die uns Deutschen durch die
neue Geschäftsordnungsreform drohende Knebelungs-
gefahr beleuchtete. Wer nicht dem Klubzwange direkt
untertan ist, wird diesen Ausführungen beistimmen
müssen.

Abg. Iro bezeichnete es als ganz unfaßbar,
daß es heute noch deutsche Volksvertreter gebe, die
die Kramarsch'sche Geschäftsordnungsreform nicht
nur als keine Schädigung der Deutschen, sondern,
wie Dr. Silvester es getan, sogar als eine par-
lamentarische Selbsthinrichtung der Tschechen bezeich-
nen oder, wie ein anderer Angehöriger der regie-
rungsdeutschen Parteien meinte, Slawen und Deutsche
ja in gleicher Weise betroffen werden, weil doch
nunmehr Deutsche und Slaven keine Obstruktion
mehr betreiben können. Abg. Iro sagte, es sei
nationalpolitische Verblendung, so zu sprechen und
damit dem deutschen Volke in Österreich falsche
Perspektiven für seine traurige politische Zukunft
zu geben. Die slawischen Politiker arbeiten national
zielbewußter als die Regierungsdeutschen, welch
letztere in der Kramarsch'schen Geschäftsordnungs-
reform nur einen einfachen Ält augenblicklicher
tagesaktueller slawischer Parlamentstaktik erblicken
wollen, während dieser parlamentarische Beschluß
vom 18. Dezember ein in Bezug auf die künftige
[Spaltenumbruch] Entwicklung der politischen Dinge in Österreich
historisch denkwürdiges und für die Deutschen dieses
Staates geradezu katastrophales Ereignis ist, dessen
volle Wirkung erst in einigen Jahren klar vor die
Augen der Deutschen treten wird.

Jene deutschen Vertreter, die heute gemeinsam
mit den Slawen so gerne österreichisch mitregieren
wollen, werden erst zum Bewußtsein kommen, daß
am 18. Dezember 1909 das Slawentum nach dem
Wahlreformsiege den zweiten großen Erfolg auf
dem Wege zur Alleinherrschaft in Österreich errungen
hat, wenn die von der deutschen Parlamentsobstruktion
befreite slawische Parlamentsmehrheit die Regierungs-
deutschen nicht mehr mitregieren lassen und
die Gesetzgebung allein nach dem Geschmacke der
Slawen und Klerikalen besorgen wird oder ein Mit-
regieren, ein Deutschbewußtsein nach dem Muster
des seinerzeitigen berüchtigten Fibel-Heinrich voraus-
setzt. Die slawische Parlaments mehrheit
braucht von dem Augenblicke an, wo sie die
deutsche Obstruktion unmöglich gemacht hat, keine
Obstruktion mehr, denn sie hat als Mehrheit
die brutale Macht und Gewalt der Majorität in
den Händen, sie kann herrschen, während die
deutsche Minderheit ohne das letzte Abwehr-
mittel der Obstruktion vollständig schutzlos der sla-
wischen Gewaltherrschaft ausgeliefert ist. Ohne
vorherige gesetzliche Sicherstellung der nationalen
Rechte der Deutschen in allen öffentlichen Belangen
mußte die Geschäftsordnungsreform zum Henkerstrick
für die Deutschen in Österreich werden. Statt also
unter vorläufiger slawischer Gnadenfrist weiter öster-
reichisch mitregieren zu wollen, sollten sich die
heutigen Regierungsdeutschen endlich für die schärfste
Kampfstellung gegen die künftigen Parlamentsherrscher
einrichten. Wenn das deutsche Ostmarkvolk in seiner
Gesamtheit in stetem nationalen Aufruhre erhalten
wird, werden die Deutschen in der Opposition mehr
erreichen, als in den bisherigen Jahren des Mit-
[Spaltenumbruch] regierens, wo trotzdem auf allen Gebieten in uner-
hörtester Weise slawisiert wurde.




Wie wahr insbesondere der letzte Satz ist,
wissen wir im Süden hinlänglich. Die ungesühnten
Greuel von Laibach und die fortwährenden erfolg-
reichen Slawisierungsbestrebungen im Süden ge-
schahen und geschehen alle zu der Zeit, in der
deutsche Parteien -- "mitregieren".




Die Bierauflageerhöhung.

Der Cillier Landtagsabg. Dr. Eugen Negri
äußerte sich in einer Cillier Versammlung über die
Erhöhung der Landesbierauflage, für die auch er
stimmte. Da diese wichtige Frage gewiß von allen
Seiten beleuchtet zu werden verdient, geben wir
auszugsweise die Ausführungen des Cillier Ver-
treters wieder. Dr. Negri verwies auf das Landes-
Millionendefizit, welches unbedingt gedeckt werden
muß und führte dann u. a. aus:

Die den Ländern vom Staate überlassenen
Einnahmen und Steuerquellen sind von Haus aus
wenig entwicklungsfähig und geeignet, bestehende
Härten nur noch zu vermehren. Ich verweise dabei
zum Beispiel auf eine mögliche Erhöhung der Um-
lagen auf die Hauszinssteuer. Eine solche Erhöhung
würde natürlich von den Hausbesitzern auf die
Mieter überwälzt werden; angenommen, ein Haus-
herr hätte durch eine Erhöhung 100 Kronen mehr
an Umlagen zu leisten, so müßten ihm seine Mieter
dafür 200 Kronen mehr Zins zahlen, da ja die
Hälfte davon sofort Freund Fiskus in seinen boden-
losen Sack verschwinden läßt. Nicht viel besser steht
es mit den Verbrauchssteuern, die vor allem das
arbeitende Volk hart treffen und es mit sich bringen,
daß der Kleinste fast ebensoviel leisten muß,
als der Größte.




[Spaltenumbruch]
Bernhard von der Eiche.

18 (Nachdruck verboten.)

Gerard rückte zur Seite. "So steigen sie ein,
mein Fräulein", versetzte sie. "Ich glaube, richtig
erraten zu haben, Sie heißen Ines und sind die
Schwester des -- hm", -- hier räusperte sie sich,
dann fuhr sie fort: die Schwester des neuen Hoch-
ofenchefs. Müllers haben mir schon von Ihnen
erzählt".

"Und Sie sind Frau Gerard!" rief ich. "O,
ich habe es gleich gedacht".

"Wir lachten beide über diese Bekanntschaft
auf der Dorfstraße. Im nächsten Augenblick saß ich
neben der Lenkerin der Ponyequipage, und im
munteren Trabe ging es davon. Ich bedauerte, daß
die Fahrt so schnell zu Ende ging, denn sie war
furchtbar nett und Frau Gerard sagte, daß ich sie
bald besuchen müsse und --"

Ines unterbrach sich und blickte verwundert in
das Gesicht des Bruders.

"Wäre es dir nicht recht, Hardy?" fragte sie
etwas zaghaft. "Du siehst so aus, als ob du mit
mir unzufrieden bist".

"Das nicht, Kleines, aber man muß doch die
Menschen etwas näher kennen lernen, ehe man sich
mit ihnen befreundet. Doch nun lassen wir dieses
Thema fallen. Ich hoffe, du hast erwas Gutes zu
Mittag. Ich bin hungrig wie ein Wehrwolf".


[Spaltenumbruch]

Ines eilte geschäftig von dannen.

Ihr Bruder blieb nachdenklich zurück.

Wie sollte er sich das Benehmen Frau Gerards
deuten? Wollte sie durch dieses liebenswürdige
Entgegenkommen der Schwester gegenüber das schein-
bare Verleugnen des Bruders gutmachen? Frau
Gerard durfte nicht glauben, daß er irgendwie emp-
findlich war. Mochte Ines, so oft sie wollte, nach
Monrepos gehen; er gönnte es ihr von Herzen.
Sie hatte so wie so nur ältere Menschen zum Um-
gang. Selbst Fräulein Elfriede war viel älter. Wie
alt mochte Frau Gerard sein. Bernhard ertappte
sich dabei, über diese Frage zu grübeln. "Höchstens,
dreiundzwanzig", dachte er. Ach, da erinnere ich mich,
Müller sagte, sie sei seit zwei Jahren Witwe und
habe jung geheiratet. Ja, ja, er erwähnte, daß sie
gerade so alt ist, wie ich sie taxiere".

"Ich hoffe, du erlanbst mir, die Einladung
nach Monrepos anzunehmen, Hardy", bat Ines mit
der Zuversicht eines geliebten, verwöhnten Kindes,
dem selten etwas versagt wird. "Frau Gerard bat
mich, morgen zu kommen; wir wollen einen Spa-
ziergang durch den Wald nach Unterkorn machen.
Sie hat sehr bedauert, uns bei unserer Visite nicht
gesehen zu haben".

"Gewiß, geh nur hin. Kleines".

Es kam so seltsam hostig heraus, so, als fürch-
tete Bernhard sich, seine Erlaubnis zu widerrufen.

"Kannst du nicht mitkommen?"

Und als er den Kopf schüttelte, setzte Ines
hinzu: "Oder hole mich wenigstens ab, es wäre zu
[Spaltenumbruch] nett. Weißt du, sie hat schöne Ansichten aus Ruß-
land und aus ihrer livländischen Heimat, die sie
sehr liebt".

"Es geht wirklich nicht. Ich muß morgen nach
Düßlingen in Geschäften hinüberreiten, Ines".

Sie seufzte etwas, dann aber dachte sie nur
noch an das, was ihr der nächste Tag neues bringen
werde.

Die goldgelben Spalierbirnen hingen schwer
und reif an den Ästen. Es war Ines' besondere
Freude, sie einzusammeln und die schönsten Exem-
plare auf die Mittags- und Abendtafel zu bringen.
Heute füllte sie ein Körbchen mit den saftigen
Früchten und trippelte in ihrem weißen Kleide durch
den Ort. Sie sah allerliebst aus mit dem breitran-
digen Strohhut auf dem goldblonden Köpfchen.
Hardy hatte erlaubt, daß sie bis zum Äbend in
Mon Repos bleiben könne. Es war Ines mit ihrem
weichen Herzen eigen, jeden Menschen zu erfreuen.
Sie wußte, daß es in Monrepos lange nicht so
herrliches Obst wie in ihrem Garten gab. Gewiß
würde es Frau Gerard nicht mißdeuten, wenn sie
von ihrer Fülle etwas brachte. Als sie, von Barry
begleitet, in Monrepos ankam, eilte ihr Irmgard
entgegen und begrüßte sie erfreut.

"Wie nett, daß Sie kommen"! rief sie und
hielt ihr beide Hände hin, "ich hatte kaum gehofft,
Sie schon heute zu sehen. O, und Barry ist auch
da, der liebe schöne Kerl!"

"Ich habe Ihnen etwas Obst mitgebracht,
gnädige Frau, wir haben viel davon und Sie nichts".


Mit einer Beilage.
Marburger Zeitung.



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Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.

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Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h.
Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.


[Spaltenumbruch]

Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.

Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.

Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)


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Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.

Schluß für Einſchaltungen:
Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.




Nr. 5 Dienstag, 11. Jänner 1910 49. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Aus der Prager Tagung.

In Prag fand letzten Samstag eine Verſamm-
lung der deutſchböhmiſchen Abgeordneten und Ver-
trauensmänner ſtatt, welche ſich mit der gegenwär-
tigen politiſchen Lage zu befaſſen hatte. Einigermaßen
dürfte hiebei auch der Gedanke mitgewirkt haben,
die über das Verhalten vieler Abgeordneter ſtutzig
gewordenen deutſchen Wählerſchaften mit radikalen
Worten neu zu gewinnen. Einen beſonderen Wert
kann man dieſer Tagung nicht gerade beimeſſen;
Beifall aber werden die Ausführungen des Land-
gemeindenvertreters von Luditz u. ſ. w. des Abg.
Iro finden, welcher die uns Deutſchen durch die
neue Geſchäftsordnungsreform drohende Knebelungs-
gefahr beleuchtete. Wer nicht dem Klubzwange direkt
untertan iſt, wird dieſen Ausführungen beiſtimmen
müſſen.

Abg. Iro bezeichnete es als ganz unfaßbar,
daß es heute noch deutſche Volksvertreter gebe, die
die Kramarſch’ſche Geſchäftsordnungsreform nicht
nur als keine Schädigung der Deutſchen, ſondern,
wie Dr. Silveſter es getan, ſogar als eine par-
lamentariſche Selbſthinrichtung der Tſchechen bezeich-
nen oder, wie ein anderer Angehöriger der regie-
rungsdeutſchen Parteien meinte, Slawen und Deutſche
ja in gleicher Weiſe betroffen werden, weil doch
nunmehr Deutſche und Slaven keine Obſtruktion
mehr betreiben können. Abg. Iro ſagte, es ſei
nationalpolitiſche Verblendung, ſo zu ſprechen und
damit dem deutſchen Volke in Öſterreich falſche
Perſpektiven für ſeine traurige politiſche Zukunft
zu geben. Die ſlawiſchen Politiker arbeiten national
zielbewußter als die Regierungsdeutſchen, welch
letztere in der Kramarſch’ſchen Geſchäftsordnungs-
reform nur einen einfachen Ält augenblicklicher
tagesaktueller ſlawiſcher Parlamentstaktik erblicken
wollen, während dieſer parlamentariſche Beſchluß
vom 18. Dezember ein in Bezug auf die künftige
[Spaltenumbruch] Entwicklung der politiſchen Dinge in Öſterreich
hiſtoriſch denkwürdiges und für die Deutſchen dieſes
Staates geradezu kataſtrophales Ereignis iſt, deſſen
volle Wirkung erſt in einigen Jahren klar vor die
Augen der Deutſchen treten wird.

Jene deutſchen Vertreter, die heute gemeinſam
mit den Slawen ſo gerne öſterreichiſch mitregieren
wollen, werden erſt zum Bewußtſein kommen, daß
am 18. Dezember 1909 das Slawentum nach dem
Wahlreformſiege den zweiten großen Erfolg auf
dem Wege zur Alleinherrſchaft in Öſterreich errungen
hat, wenn die von der deutſchen Parlamentsobſtruktion
befreite ſlawiſche Parlamentsmehrheit die Regierungs-
deutſchen nicht mehr mitregieren laſſen und
die Geſetzgebung allein nach dem Geſchmacke der
Slawen und Klerikalen beſorgen wird oder ein Mit-
regieren, ein Deutſchbewußtſein nach dem Muſter
des ſeinerzeitigen berüchtigten Fibel-Heinrich voraus-
ſetzt. Die ſlawiſche Parlaments mehrheit
braucht von dem Augenblicke an, wo ſie die
deutſche Obſtruktion unmöglich gemacht hat, keine
Obſtruktion mehr, denn ſie hat als Mehrheit
die brutale Macht und Gewalt der Majorität in
den Händen, ſie kann herrſchen, während die
deutſche Minderheit ohne das letzte Abwehr-
mittel der Obſtruktion vollſtändig ſchutzlos der ſla-
wiſchen Gewaltherrſchaft ausgeliefert iſt. Ohne
vorherige geſetzliche Sicherſtellung der nationalen
Rechte der Deutſchen in allen öffentlichen Belangen
mußte die Geſchäftsordnungsreform zum Henkerſtrick
für die Deutſchen in Öſterreich werden. Statt alſo
unter vorläufiger ſlawiſcher Gnadenfriſt weiter öſter-
reichiſch mitregieren zu wollen, ſollten ſich die
heutigen Regierungsdeutſchen endlich für die ſchärfſte
Kampfſtellung gegen die künftigen Parlamentsherrſcher
einrichten. Wenn das deutſche Oſtmarkvolk in ſeiner
Geſamtheit in ſtetem nationalen Aufruhre erhalten
wird, werden die Deutſchen in der Oppoſition mehr
erreichen, als in den bisherigen Jahren des Mit-
[Spaltenumbruch] regierens, wo trotzdem auf allen Gebieten in uner-
hörteſter Weiſe ſlawiſiert wurde.




Wie wahr insbeſondere der letzte Satz iſt,
wiſſen wir im Süden hinlänglich. Die ungeſühnten
Greuel von Laibach und die fortwährenden erfolg-
reichen Slawiſierungsbeſtrebungen im Süden ge-
ſchahen und geſchehen alle zu der Zeit, in der
deutſche Parteien — „mitregieren“.




Die Bierauflageerhöhung.

Der Cillier Landtagsabg. Dr. Eugen Negri
äußerte ſich in einer Cillier Verſammlung über die
Erhöhung der Landesbierauflage, für die auch er
ſtimmte. Da dieſe wichtige Frage gewiß von allen
Seiten beleuchtet zu werden verdient, geben wir
auszugsweiſe die Ausführungen des Cillier Ver-
treters wieder. Dr. Negri verwies auf das Landes-
Millionendefizit, welches unbedingt gedeckt werden
muß und führte dann u. a. aus:

Die den Ländern vom Staate überlaſſenen
Einnahmen und Steuerquellen ſind von Haus aus
wenig entwicklungsfähig und geeignet, beſtehende
Härten nur noch zu vermehren. Ich verweiſe dabei
zum Beiſpiel auf eine mögliche Erhöhung der Um-
lagen auf die Hauszinsſteuer. Eine ſolche Erhöhung
würde natürlich von den Hausbeſitzern auf die
Mieter überwälzt werden; angenommen, ein Haus-
herr hätte durch eine Erhöhung 100 Kronen mehr
an Umlagen zu leiſten, ſo müßten ihm ſeine Mieter
dafür 200 Kronen mehr Zins zahlen, da ja die
Hälfte davon ſofort Freund Fiskus in ſeinen boden-
loſen Sack verſchwinden läßt. Nicht viel beſſer ſteht
es mit den Verbrauchsſteuern, die vor allem das
arbeitende Volk hart treffen und es mit ſich bringen,
daß der Kleinſte faſt ebenſoviel leiſten muß,
als der Größte.




[Spaltenumbruch]
Bernhard von der Eiche.

18 (Nachdruck verboten.)

Gerard rückte zur Seite. „So ſteigen ſie ein,
mein Fräulein“, verſetzte ſie. „Ich glaube, richtig
erraten zu haben, Sie heißen Ines und ſind die
Schweſter des — hm“, — hier räuſperte ſie ſich,
dann fuhr ſie fort: die Schweſter des neuen Hoch-
ofenchefs. Müllers haben mir ſchon von Ihnen
erzählt“.

„Und Sie ſind Frau Gerard!“ rief ich. „O,
ich habe es gleich gedacht“.

„Wir lachten beide über dieſe Bekanntſchaft
auf der Dorfſtraße. Im nächſten Augenblick ſaß ich
neben der Lenkerin der Ponyequipage, und im
munteren Trabe ging es davon. Ich bedauerte, daß
die Fahrt ſo ſchnell zu Ende ging, denn ſie war
furchtbar nett und Frau Gerard ſagte, daß ich ſie
bald beſuchen müſſe und —“

Ines unterbrach ſich und blickte verwundert in
das Geſicht des Bruders.

„Wäre es dir nicht recht, Hardy?“ fragte ſie
etwas zaghaft. „Du ſiehſt ſo aus, als ob du mit
mir unzufrieden biſt“.

„Das nicht, Kleines, aber man muß doch die
Menſchen etwas näher kennen lernen, ehe man ſich
mit ihnen befreundet. Doch nun laſſen wir dieſes
Thema fallen. Ich hoffe, du haſt erwas Gutes zu
Mittag. Ich bin hungrig wie ein Wehrwolf“.


[Spaltenumbruch]

Ines eilte geſchäftig von dannen.

Ihr Bruder blieb nachdenklich zurück.

Wie ſollte er ſich das Benehmen Frau Gerards
deuten? Wollte ſie durch dieſes liebenswürdige
Entgegenkommen der Schweſter gegenüber das ſchein-
bare Verleugnen des Bruders gutmachen? Frau
Gerard durfte nicht glauben, daß er irgendwie emp-
findlich war. Mochte Ines, ſo oft ſie wollte, nach
Monrepos gehen; er gönnte es ihr von Herzen.
Sie hatte ſo wie ſo nur ältere Menſchen zum Um-
gang. Selbſt Fräulein Elfriede war viel älter. Wie
alt mochte Frau Gerard ſein. Bernhard ertappte
ſich dabei, über dieſe Frage zu grübeln. „Höchſtens,
dreiundzwanzig“, dachte er. Ach, da erinnere ich mich,
Müller ſagte, ſie ſei ſeit zwei Jahren Witwe und
habe jung geheiratet. Ja, ja, er erwähnte, daß ſie
gerade ſo alt iſt, wie ich ſie taxiere“.

„Ich hoffe, du erlanbſt mir, die Einladung
nach Monrepos anzunehmen, Hardy“, bat Ines mit
der Zuverſicht eines geliebten, verwöhnten Kindes,
dem ſelten etwas verſagt wird. „Frau Gerard bat
mich, morgen zu kommen; wir wollen einen Spa-
ziergang durch den Wald nach Unterkorn machen.
Sie hat ſehr bedauert, uns bei unſerer Viſite nicht
geſehen zu haben“.

„Gewiß, geh nur hin. Kleines“.

Es kam ſo ſeltſam hoſtig heraus, ſo, als fürch-
tete Bernhard ſich, ſeine Erlaubnis zu widerrufen.

„Kannſt du nicht mitkommen?“

Und als er den Kopf ſchüttelte, ſetzte Ines
hinzu: „Oder hole mich wenigſtens ab, es wäre zu
[Spaltenumbruch] nett. Weißt du, ſie hat ſchöne Anſichten aus Ruß-
land und aus ihrer livländiſchen Heimat, die ſie
ſehr liebt“.

„Es geht wirklich nicht. Ich muß morgen nach
Düßlingen in Geſchäften hinüberreiten, Ines“.

Sie ſeufzte etwas, dann aber dachte ſie nur
noch an das, was ihr der nächſte Tag neues bringen
werde.

Die goldgelben Spalierbirnen hingen ſchwer
und reif an den Äſten. Es war Ines’ beſondere
Freude, ſie einzuſammeln und die ſchönſten Exem-
plare auf die Mittags- und Abendtafel zu bringen.
Heute füllte ſie ein Körbchen mit den ſaftigen
Früchten und trippelte in ihrem weißen Kleide durch
den Ort. Sie ſah allerliebſt aus mit dem breitran-
digen Strohhut auf dem goldblonden Köpfchen.
Hardy hatte erlaubt, daß ſie bis zum Äbend in
Mon Repos bleiben könne. Es war Ines mit ihrem
weichen Herzen eigen, jeden Menſchen zu erfreuen.
Sie wußte, daß es in Monrepos lange nicht ſo
herrliches Obſt wie in ihrem Garten gab. Gewiß
würde es Frau Gerard nicht mißdeuten, wenn ſie
von ihrer Fülle etwas brachte. Als ſie, von Barry
begleitet, in Monrepos ankam, eilte ihr Irmgard
entgegen und begrüßte ſie erfreut.

„Wie nett, daß Sie kommen“! rief ſie und
hielt ihr beide Hände hin, „ich hatte kaum gehofft,
Sie ſchon heute zu ſehen. O, und Barry iſt auch
da, der liebe ſchöne Kerl!“

„Ich habe Ihnen etwas Obſt mitgebracht,
gnädige Frau, wir haben viel davon und Sie nichts“.


Mit einer Beilage.
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[[1]/0001] Marburger Zeitung. Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat- lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr. Mit Poſtverſendung: Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h. Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung. Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag abends. Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von 11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4. Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.) Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h. Schluß für Einſchaltungen: Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags. Die Einzelnummer koſtet 10 Heller. Nr. 5 Dienstag, 11. Jänner 1910 49. Jahrgang. Aus der Prager Tagung. In Prag fand letzten Samstag eine Verſamm- lung der deutſchböhmiſchen Abgeordneten und Ver- trauensmänner ſtatt, welche ſich mit der gegenwär- tigen politiſchen Lage zu befaſſen hatte. Einigermaßen dürfte hiebei auch der Gedanke mitgewirkt haben, die über das Verhalten vieler Abgeordneter ſtutzig gewordenen deutſchen Wählerſchaften mit radikalen Worten neu zu gewinnen. Einen beſonderen Wert kann man dieſer Tagung nicht gerade beimeſſen; Beifall aber werden die Ausführungen des Land- gemeindenvertreters von Luditz u. ſ. w. des Abg. Iro finden, welcher die uns Deutſchen durch die neue Geſchäftsordnungsreform drohende Knebelungs- gefahr beleuchtete. Wer nicht dem Klubzwange direkt untertan iſt, wird dieſen Ausführungen beiſtimmen müſſen. Abg. Iro bezeichnete es als ganz unfaßbar, daß es heute noch deutſche Volksvertreter gebe, die die Kramarſch’ſche Geſchäftsordnungsreform nicht nur als keine Schädigung der Deutſchen, ſondern, wie Dr. Silveſter es getan, ſogar als eine par- lamentariſche Selbſthinrichtung der Tſchechen bezeich- nen oder, wie ein anderer Angehöriger der regie- rungsdeutſchen Parteien meinte, Slawen und Deutſche ja in gleicher Weiſe betroffen werden, weil doch nunmehr Deutſche und Slaven keine Obſtruktion mehr betreiben können. Abg. Iro ſagte, es ſei nationalpolitiſche Verblendung, ſo zu ſprechen und damit dem deutſchen Volke in Öſterreich falſche Perſpektiven für ſeine traurige politiſche Zukunft zu geben. Die ſlawiſchen Politiker arbeiten national zielbewußter als die Regierungsdeutſchen, welch letztere in der Kramarſch’ſchen Geſchäftsordnungs- reform nur einen einfachen Ält augenblicklicher tagesaktueller ſlawiſcher Parlamentstaktik erblicken wollen, während dieſer parlamentariſche Beſchluß vom 18. Dezember ein in Bezug auf die künftige Entwicklung der politiſchen Dinge in Öſterreich hiſtoriſch denkwürdiges und für die Deutſchen dieſes Staates geradezu kataſtrophales Ereignis iſt, deſſen volle Wirkung erſt in einigen Jahren klar vor die Augen der Deutſchen treten wird. Jene deutſchen Vertreter, die heute gemeinſam mit den Slawen ſo gerne öſterreichiſch mitregieren wollen, werden erſt zum Bewußtſein kommen, daß am 18. Dezember 1909 das Slawentum nach dem Wahlreformſiege den zweiten großen Erfolg auf dem Wege zur Alleinherrſchaft in Öſterreich errungen hat, wenn die von der deutſchen Parlamentsobſtruktion befreite ſlawiſche Parlamentsmehrheit die Regierungs- deutſchen nicht mehr mitregieren laſſen und die Geſetzgebung allein nach dem Geſchmacke der Slawen und Klerikalen beſorgen wird oder ein Mit- regieren, ein Deutſchbewußtſein nach dem Muſter des ſeinerzeitigen berüchtigten Fibel-Heinrich voraus- ſetzt. Die ſlawiſche Parlaments mehrheit braucht von dem Augenblicke an, wo ſie die deutſche Obſtruktion unmöglich gemacht hat, keine Obſtruktion mehr, denn ſie hat als Mehrheit die brutale Macht und Gewalt der Majorität in den Händen, ſie kann herrſchen, während die deutſche Minderheit ohne das letzte Abwehr- mittel der Obſtruktion vollſtändig ſchutzlos der ſla- wiſchen Gewaltherrſchaft ausgeliefert iſt. Ohne vorherige geſetzliche Sicherſtellung der nationalen Rechte der Deutſchen in allen öffentlichen Belangen mußte die Geſchäftsordnungsreform zum Henkerſtrick für die Deutſchen in Öſterreich werden. Statt alſo unter vorläufiger ſlawiſcher Gnadenfriſt weiter öſter- reichiſch mitregieren zu wollen, ſollten ſich die heutigen Regierungsdeutſchen endlich für die ſchärfſte Kampfſtellung gegen die künftigen Parlamentsherrſcher einrichten. Wenn das deutſche Oſtmarkvolk in ſeiner Geſamtheit in ſtetem nationalen Aufruhre erhalten wird, werden die Deutſchen in der Oppoſition mehr erreichen, als in den bisherigen Jahren des Mit- regierens, wo trotzdem auf allen Gebieten in uner- hörteſter Weiſe ſlawiſiert wurde. Wie wahr insbeſondere der letzte Satz iſt, wiſſen wir im Süden hinlänglich. Die ungeſühnten Greuel von Laibach und die fortwährenden erfolg- reichen Slawiſierungsbeſtrebungen im Süden ge- ſchahen und geſchehen alle zu der Zeit, in der deutſche Parteien — „mitregieren“. Die Bierauflageerhöhung. Der Cillier Landtagsabg. Dr. Eugen Negri äußerte ſich in einer Cillier Verſammlung über die Erhöhung der Landesbierauflage, für die auch er ſtimmte. Da dieſe wichtige Frage gewiß von allen Seiten beleuchtet zu werden verdient, geben wir auszugsweiſe die Ausführungen des Cillier Ver- treters wieder. Dr. Negri verwies auf das Landes- Millionendefizit, welches unbedingt gedeckt werden muß und führte dann u. a. aus: Die den Ländern vom Staate überlaſſenen Einnahmen und Steuerquellen ſind von Haus aus wenig entwicklungsfähig und geeignet, beſtehende Härten nur noch zu vermehren. Ich verweiſe dabei zum Beiſpiel auf eine mögliche Erhöhung der Um- lagen auf die Hauszinsſteuer. Eine ſolche Erhöhung würde natürlich von den Hausbeſitzern auf die Mieter überwälzt werden; angenommen, ein Haus- herr hätte durch eine Erhöhung 100 Kronen mehr an Umlagen zu leiſten, ſo müßten ihm ſeine Mieter dafür 200 Kronen mehr Zins zahlen, da ja die Hälfte davon ſofort Freund Fiskus in ſeinen boden- loſen Sack verſchwinden läßt. Nicht viel beſſer ſteht es mit den Verbrauchsſteuern, die vor allem das arbeitende Volk hart treffen und es mit ſich bringen, daß der Kleinſte faſt ebenſoviel leiſten muß, als der Größte. Bernhard von der Eiche. Roman von Baronin Gabriele von Schlippenbach. 18 (Nachdruck verboten.) Gerard rückte zur Seite. „So ſteigen ſie ein, mein Fräulein“, verſetzte ſie. „Ich glaube, richtig erraten zu haben, Sie heißen Ines und ſind die Schweſter des — hm“, — hier räuſperte ſie ſich, dann fuhr ſie fort: die Schweſter des neuen Hoch- ofenchefs. Müllers haben mir ſchon von Ihnen erzählt“. „Und Sie ſind Frau Gerard!“ rief ich. „O, ich habe es gleich gedacht“. „Wir lachten beide über dieſe Bekanntſchaft auf der Dorfſtraße. Im nächſten Augenblick ſaß ich neben der Lenkerin der Ponyequipage, und im munteren Trabe ging es davon. Ich bedauerte, daß die Fahrt ſo ſchnell zu Ende ging, denn ſie war furchtbar nett und Frau Gerard ſagte, daß ich ſie bald beſuchen müſſe und —“ Ines unterbrach ſich und blickte verwundert in das Geſicht des Bruders. „Wäre es dir nicht recht, Hardy?“ fragte ſie etwas zaghaft. „Du ſiehſt ſo aus, als ob du mit mir unzufrieden biſt“. „Das nicht, Kleines, aber man muß doch die Menſchen etwas näher kennen lernen, ehe man ſich mit ihnen befreundet. Doch nun laſſen wir dieſes Thema fallen. Ich hoffe, du haſt erwas Gutes zu Mittag. Ich bin hungrig wie ein Wehrwolf“. Ines eilte geſchäftig von dannen. Ihr Bruder blieb nachdenklich zurück. Wie ſollte er ſich das Benehmen Frau Gerards deuten? Wollte ſie durch dieſes liebenswürdige Entgegenkommen der Schweſter gegenüber das ſchein- bare Verleugnen des Bruders gutmachen? Frau Gerard durfte nicht glauben, daß er irgendwie emp- findlich war. Mochte Ines, ſo oft ſie wollte, nach Monrepos gehen; er gönnte es ihr von Herzen. Sie hatte ſo wie ſo nur ältere Menſchen zum Um- gang. Selbſt Fräulein Elfriede war viel älter. Wie alt mochte Frau Gerard ſein. Bernhard ertappte ſich dabei, über dieſe Frage zu grübeln. „Höchſtens, dreiundzwanzig“, dachte er. Ach, da erinnere ich mich, Müller ſagte, ſie ſei ſeit zwei Jahren Witwe und habe jung geheiratet. Ja, ja, er erwähnte, daß ſie gerade ſo alt iſt, wie ich ſie taxiere“. „Ich hoffe, du erlanbſt mir, die Einladung nach Monrepos anzunehmen, Hardy“, bat Ines mit der Zuverſicht eines geliebten, verwöhnten Kindes, dem ſelten etwas verſagt wird. „Frau Gerard bat mich, morgen zu kommen; wir wollen einen Spa- ziergang durch den Wald nach Unterkorn machen. Sie hat ſehr bedauert, uns bei unſerer Viſite nicht geſehen zu haben“. „Gewiß, geh nur hin. Kleines“. Es kam ſo ſeltſam hoſtig heraus, ſo, als fürch- tete Bernhard ſich, ſeine Erlaubnis zu widerrufen. „Kannſt du nicht mitkommen?“ Und als er den Kopf ſchüttelte, ſetzte Ines hinzu: „Oder hole mich wenigſtens ab, es wäre zu nett. Weißt du, ſie hat ſchöne Anſichten aus Ruß- land und aus ihrer livländiſchen Heimat, die ſie ſehr liebt“. „Es geht wirklich nicht. Ich muß morgen nach Düßlingen in Geſchäften hinüberreiten, Ines“. Sie ſeufzte etwas, dann aber dachte ſie nur noch an das, was ihr der nächſte Tag neues bringen werde. Die goldgelben Spalierbirnen hingen ſchwer und reif an den Äſten. Es war Ines’ beſondere Freude, ſie einzuſammeln und die ſchönſten Exem- plare auf die Mittags- und Abendtafel zu bringen. Heute füllte ſie ein Körbchen mit den ſaftigen Früchten und trippelte in ihrem weißen Kleide durch den Ort. Sie ſah allerliebſt aus mit dem breitran- digen Strohhut auf dem goldblonden Köpfchen. Hardy hatte erlaubt, daß ſie bis zum Äbend in Mon Repos bleiben könne. Es war Ines mit ihrem weichen Herzen eigen, jeden Menſchen zu erfreuen. Sie wußte, daß es in Monrepos lange nicht ſo herrliches Obſt wie in ihrem Garten gab. Gewiß würde es Frau Gerard nicht mißdeuten, wenn ſie von ihrer Fülle etwas brachte. Als ſie, von Barry begleitet, in Monrepos ankam, eilte ihr Irmgard entgegen und begrüßte ſie erfreut. „Wie nett, daß Sie kommen“! rief ſie und hielt ihr beide Hände hin, „ich hatte kaum gehofft, Sie ſchon heute zu ſehen. O, und Barry iſt auch da, der liebe ſchöne Kerl!“ „Ich habe Ihnen etwas Obſt mitgebracht, gnädige Frau, wir haben viel davon und Sie nichts“. ☞ Mit einer Beilage. ☜

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 5, Marburg, 11.01.1910, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger5_1910/1>, abgerufen am 21.11.2024.