Marburger Zeitung. Nr. 6, Marburg, 14.01.1913.Marburger Zeitung Nr. 6. 14. Jänner 1913 [Spaltenumbruch] deutenden Sachen Obstruktion getrieben, die Tätig- Politische Umschau. Herrenhäusler für neue Bedrückungen. In der Finanzkommission des Herrenhauses "Die Bedenken, die im Kreise der Mitglieder Das sind recht liebe Leute, die Herrenhäusler! Ein netter Eierhandel! Eine bezeichnende Notiz bringt die Wochen- Eine Eisenbahnaktion. Das Land Niederösterreich will eine Anleihe Die Analphabeten. Im Deutschen Reiche kommen nur drei Anal- Verstärkung des deutschen Heeres. Die deutsche Reichsregierung plant die Ein- Die Haltung Rumäniens, Die Beziehungen zwischen Rumänien und Der Krieg. Hinsichtlich der traurigen Haltung einiger Eigenberichte. Straß, 12. Jänner. (Verlobung). Fräulein Luise Wagner, jüngste Tochter des Arnfels, 10. Jänner. (Bezirksver- tretung) Gestern fand unter dem Vorsitze des [Spaltenumbruch] berichteee, als er dann das Mitgliederverzeichnis Der San[i]tätsrat riß das Glas an die Augen; Lange blickie der San[i]ätsrat hin. Als er die 24. Kapitel. Der nächste Tag brachte "Sturm und Regen. Sie hatten sich früh getrennnt und Werres Dann brachte ihm seine stets vergnügte, lustige Der Kriminalbeamte Grosse stellte sich pünkt- Werres mußt unwillkürlich lachen. Er dachte (Fortsetzung folgt.) Marburger Zeitung Nr. 6. 14. Jänner 1913 [Spaltenumbruch] deutenden Sachen Obſtruktion getrieben, die Tätig- Politiſche Umſchau. Herrenhäusler für neue Bedrückungen. In der Finanzkommiſſion des Herrenhauſes „Die Bedenken, die im Kreiſe der Mitglieder Das ſind recht liebe Leute, die Herrenhäusler! Ein netter Eierhandel! Eine bezeichnende Notiz bringt die Wochen- Eine Eiſenbahnaktion. Das Land Niederöſterreich will eine Anleihe Die Analphabeten. Im Deutſchen Reiche kommen nur drei Anal- Verſtärkung des deutſchen Heeres. Die deutſche Reichsregierung plant die Ein- Die Haltung Rumäniens, Die Beziehungen zwiſchen Rumänien und Der Krieg. Hinſichtlich der traurigen Haltung einiger Eigenberichte. Straß, 12. Jänner. (Verlobung). Fräulein Luiſe Wagner, jüngſte Tochter des Arnfels, 10. Jänner. (Bezirksver- tretung) Geſtern fand unter dem Vorſitze des [Spaltenumbruch] berichteee, als er dann das Mitgliederverzeichnis Der San[i]tätsrat riß das Glas an die Augen; Lange blickie der San[i]ätsrat hin. Als er die 24. Kapitel. Der nächſte Tag brachte „Sturm und Regen. Sie hatten ſich früh getrennnt und Werres Dann brachte ihm ſeine ſtets vergnügte, luſtige Der Kriminalbeamte Groſſe ſtellte ſich pünkt- Werres mußt unwillkürlich lachen. Er dachte (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung Nr. 6. 14. Jänner 1913</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="millionen2" prev="#millionen1" type="jArticle" n="2"> <p>deutenden Sachen Obſtruktion getrieben, die Tätig-<lb/> keit des Parlamentes vollſtändig lahmgelegt; um<lb/> Lappalien ſtreitet man ſich, die 700 Millionen können<lb/> ausgeben werden, auch wenn ſie hätten erſpart wer-<lb/> den können. Unſere parlamentariſchen Verhältniſſe<lb/> ſind eben geradeſo traurig, wie die Verhältniſſe in<lb/> der Regierung und der Diplomatie.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Politiſche Umſchau.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Herrenhäusler für neue Bedrückungen.</hi> </head><lb/> <p>In der Finanzkommiſſion des Herrenhauſes<lb/> hat am 10. d. mit Finanzminiſter Ritter v. Zaleski<lb/> eine Beſprechung über den kleinen Finanzplan ſtatt-<lb/> gefunden. Darüber wird berichtet:</p><lb/> <p>„Die Bedenken, die im Kreiſe der Mitglieder<lb/> der Kommiſſion hiebei geäußrrt worden ſind, be-<lb/> zogen ſich hauptſächlich darauf, daß bei der Steige-<lb/> rung der Sätze der Perſonaleinkommenſteuer nur die<lb/><hi rendition="#g">höheren</hi> Einkommenſtufen herangezogen werden<lb/> ſollen. Es wurde darauf hingewieſen, daß in einer<lb/> Zeit, in welcher das Abgeordnetenhaus auf Grund<lb/> des allgemeinen Wahlrechts gewählt werde, ſämt-<lb/> liche Klaſſen der Bevölkerung gleichmäßig zur Steuer-<lb/> leiſtung verhalten werden mögen. In dieſer Anſicht<lb/> ſtimmten <hi rendition="#g">alle</hi> Parteien des Herrenhauſes überein.“</p><lb/> <p>Das ſind recht liebe Leute, die Herrenhäusler!<lb/> Es erregt ihren Groll, daß die hohen Einkommen<lb/> prozentuell höher beſteuert werden ſollen als die<lb/> kleinen und ſie verlangen, daß auch dieſe kletneren<lb/> und kleinen Einkommen neuerdings ſchärfer beſteuert<lb/> werden ſollen, obwohl dieſe eine Krone ſtärker ſpüren<lb/> als die Rieſeneinkommen 100 Kronen! Das war<lb/> ſogar dem Finanzminiſter R. von Zaleski zu arg;<lb/> er wandte ſich gegen dieſe volksfeindliche Abſicht<lb/> und warnte vor der zu ſtarken Belaſtung der unteren<lb/> Schichten und des kleinen Mittelſtandes. Die reichen<lb/> Herrenhäusler ſind wirklich recht liebe Leute .....</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein netter Eierhandel!</hi> </head><lb/> <p>Eine bezeichnende Notiz bringt die Wochen-<lb/> ſchrift Deutſch-Öſterreich: Der öſterreichiſche Finanz-<lb/> miniſter ſchwimmt bekanntlich im Gelde und nun<lb/> gar erſt die kleinen Landesfinanzminiſter, die in den<lb/> „Königreichen und Ländern“ ſo wunderbar Ordnung<lb/> zu halten verſtehen. So hat ſich das Land Mähren<lb/> ein Defizit von 19 Millionen im letzten Jahre ein-<lb/> gewirtſchaftet und da kommt es natürlich auf einige<lb/> Zehntauſend mehr oder weniger nicht an. So ſah<lb/> ſich das Land Mähren bemüßigt, einem tſchechiſchen<lb/> Profeſſor eine Sammlung alter Hauben und be-<lb/> malter Eier für 80.000 Kronen abzukaufen, wozu<lb/> der Staat einen Zuſchuß von 40.000 Kronen gab.<lb/> Und dieſer Profeſſor iſt ein ſo eifriger Sammler,<lb/> daß er ſchon wieder eine Sammlung beiſammen<lb/> haben ſoll. Am beſten wäre es, man ſtellt in das<lb/> mähriſche Budget gleich einen fixen Poſten ein für<lb/> den Ankauf alter Hauben und bemalter Eier.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Eiſenbahnaktion.</hi> </head><lb/> <p>Das Land Niederöſterreich will eine Anleihe<lb/> von 72 Millionen Kronen für neue Lokalbahnen<lb/><cb/> und Ausgeſtaltung von Betriebslinien aufnehmen.<lb/> Hievon ſind 48 Millionen Kronen für neue Lokal-<lb/> bahnen beſtimmt, während der Reſt für die erwähnte<lb/> Ausgeſtaltung von Betriebslinien und für die Deckung<lb/> früherer Ausgaben verwendet werden ſoll. Unter den<lb/> neuen Erforderniſſen zur Ausgeſtaltung beſtehender<lb/> Bahnen befinden ſich 4,582.000 Kronen für die<lb/> niederöſterreich-<hi rendition="#g">ſteiriſche</hi> Alpenbahn ſamt Fort-<lb/> ſetzungsſtrecke Rupprechtshofen-Greſten. — Wir in<lb/> Steiermark können infolge der ſloweniſchen Obſtruktion<lb/> im Landtage nicht einmal die Bezirksſtraßen ordent-<lb/> lich erhalten, weil durch die Lähmung des Land-<lb/> tages die Bezirke ohne Landesſubventionen ſind.<lb/> Von einem Bahnbau kann bei uns unter dieſen<lb/> Umſtänden gar keine Rede ſein, weil der obſtruierte<lb/> Landtag kein Darlehen aufnehmen kann und das<lb/> Notwendigſte und Dringendſte unerledigt bleiben<lb/> muß!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Analphabeten.</hi> </head><lb/> <p>Im Deutſchen Reiche kommen nur drei Anal-<lb/> phabeten auf je 1000 Perſonen (ohne die Polen<lb/> würde höchſtens <hi rendition="#g">ein</hi> Analphabet auf 1000 Perſonen<lb/> kommen), wohingegen England auf je 1000 Leute<lb/> 10 Analphabeten aufzuweiſen hat. Frankreich hat<lb/> viermal ſoviel Analphabeten, Belgien zehnmal ſo-<lb/> viel, in <hi rendition="#g">Öſterreich</hi> gibt es ſogar 257 Analpha-<lb/> beten auf 1000 Mann. Italien hat 315 Analpha-<lb/> beten auf 1000 Menſchen. Bei weitem am tiefſten<lb/> iſt das W<supplied>i</supplied>ſſensniveau in Rußland, wo auf 1000<lb/> Menſchen 617 völlige Analphabeten gerechnet werden<lb/> müſſen. Bei Öſterreich mit ſeinen 25·7 Prozent<lb/> Analphabeten (gegen ein Drittel Prozent im Deut-<lb/> ſchen Reiche!) iſt natürlich ein Großteil der Anal-<lb/> phabeten in Galizien zu ſuchen; dafür werden wir<lb/> ſlawiſch klerikal regiert!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Verſtärkung des deutſchen Heeres.</hi> </head><lb/> <p>Die deutſche Reichsregierung plant die Ein-<lb/> bringung einer neuen Heeresvorlage. Die Geſamt-<lb/> koſten dieſer für das Etatjahr 1913/14 zu erwartenden<lb/> Heeresnovelle ſollen etwa zu 75 Millionen Mark<lb/> betragen. Beſondere Rückſicht ſoll auf die Ausge-<lb/> ſtaltung der Kriegslufiſchiffahrt genommen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Haltung Rumäniens,</hi> </head><lb/> <p>Die Beziehungen zwiſchen Rumänien und<lb/> Bulgarien werden immer geſpannter. Die Nachricht,<lb/> die auch wir in der letzten Nummer veröffentlichten,<lb/> daß Rumänien an Bulgarien ein Ultimatum gerichtet<lb/> habe, wurde zwar dementiert, nichtsdeſtoweniger iſt<lb/> die Lage nach wie vor kritiſch. Die Bulgaren wollen<lb/> die rumäniſche Forderung auf eine Gebietsabtretung<lb/> ſolange hinausſchieben, bis der Krieg mit der Türkei<lb/> beendet iſt, um dann die ganze Macht gegen<lb/> Rumänien frei zu haben. Das wollen wieder die<lb/> Rumänen nicht. Ein Gerücht ſpricht von einem<lb/> Bündniſſe Rumäniens mit der Türkei. Nun beginnt<lb/> ſich <hi rendition="#g">Rußland</hi> in dieſen Zwiſt zu mengen. Aus<lb/> Bukareſt wird unterm 12. d. gemeldet: Der hieſige<lb/> ruſſiſche Geſandte erſchten geſtern beim Miniſter-<lb/> präſidenten Majorescu und teilte ihm mit, daß Ruß-<lb/> land zwar die Anſprüche Rumäniens auf <hi rendition="#g">Siliſtria</hi><lb/><cb/> für berechtigt erachie, jedoch als wünſchenswert an-<lb/> ſehe, daß die Forderungen Rumäniens von nun an<lb/> nicht in Sofia, ſondern in Petersburg vorzubringen<lb/> ſeien. Man betrachtet in Bukareſt dieſes Verlangen<lb/> Rußlands als eine Parteinahme für Bulgarien und<lb/> als eine verſteckte <hi rendition="#g">Drohung</hi> gegen Rumänien,<lb/> falls letzteres militäriſche Maßnahmen gegen Bul-<lb/> garien ergreifen ſollte.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Krieg.</hi> </head><lb/> <p>Hinſichtlich der traurigen Haltung einiger<lb/> europäiſcher Großmäche, die beim Ausbruche des<lb/> Krieges gemeinſam mit den anderen Großmächten<lb/> die Erklärung abgaben, daß die Kriegsecgebniſſe<lb/> an der Balkangeographie nichts ändern dürfen<lb/> und jetzt auf die Türkei ſogar einwirken, daß ſie<lb/> die unbezwungene Feſtung Adrianopel den Bul-<lb/> garen überlaſſen ſollen, äußerte ſich der türkiſche<lb/> Friedenunterhändler Reſchid-Paſcha in bitterer und<lb/> zutreffender Weiſe. Die Haltung Europas, erklärt<lb/> Reſchid-Paſcha, iſt mit keinem Worte zu bezeichnen.<lb/> Man hat uns <hi rendition="#g">beide Arme abgeſchnitten</hi><lb/> und jetzt ſagt uns Europa: Das genügt nicht,<lb/> laßt euch auch die <hi rendition="#g">Beine</hi> abſchneiden. Da ziehen<lb/> wir die Wiederaufnahme des Krieges vor. Wir ſind<lb/> bereit, für die Verteidigung der Würde und Ehre<lb/> unſeres Vaterlandes auf dem Schlachtfelde zu<lb/> ſterben.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Eigenberichte.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Straß,</hi> 12. Jänner.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Verlobung).</hi> </head><lb/> <p>Fräulein Luiſe <hi rendition="#g">Wagner,</hi> jüngſte Tochter des<lb/> beſtbekannten Fleiſchhauermeiſters und Realitäten-<lb/> beſitzers Herrn Domenikus Wagner und der Frau<lb/> Joſefine geb. Stift, hat ſich mit Herrn Dr. Rudolf<lb/><hi rendition="#g">Achorner,</hi> Auskultanten beim k. k. Landesgericht<lb/> in Graz, verlobt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Arnfels,</hi> 10. Jänner.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Bezirksver-<lb/> tretung)</hi> </head> <p>Geſtern fand unter dem Vorſitze des<lb/> Bezirksobmannes Rüdiger v. <hi rendition="#g">Seutter</hi> eine Voll-<lb/> verſammlung der Bezirksvertretung ſtatt. Den<lb/> Hauptpunkt der Tagesordnung bildete die Vorlage<lb/> des Präliminars für 1913. Die Geſamtausgaben<lb/> in der Höhe von 56.860 K. finden ihre Deckung<lb/> durch eine 50 prozentige Bezirksumlage und durch<lb/> die peinlichſte Sparſamkeit im Bezirkshaushalte.<lb/> Durch den Entfall der Landesſubventionen ſind dem<lb/> Bezirke bisher 22.966 K. an Einnahmepoſten<lb/> entgangen. Für Armenheilkoſten aus auswärtigen<lb/> Bezirken ſind 6667 K. ausſtändig, zu deren Herein-<lb/> bringung die erforderlichen Schritte unternommen<lb/> wurden. Die Kupferv<supplied>i</supplied>triolſchuld iſt von 7000 K.<lb/> auf 2475 K. geſunken. Ende 1912 hatte die Bezirks-<lb/> kaſſe einen Kaſſereſt von 471 K. Gemeindeum-<lb/> lagen ſprachen an: A<supplied>r</supplied>nfels 70, Leutſchach 30,<lb/> Oberhaag 58, Schloßberg 55, Glanz 66, Ech-<lb/> berg 41·5, St. Johann 41, Gleinſtätten 35,<lb/> Klein 50, P<supplied>i</supplied>ſtorf 60, Prarath 35 und Kappel<lb/> 60 Prozent. Über Antrag des Referenten Hugo<lb/> Herzer wurden die entſprechenden Beſchlüſſe gefaßt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="erfolg2" prev="#erfolg1" type="jArticle" n="2"> <p>berichteee, als er dann das Mitgliederverzeichnis<lb/> durchlas und unter den Aktiven einen N<supplied>a</supplied>men las<lb/> — den einen Namen, der ihn bis in ſeine Träume<lb/> verfolgte, da hatte ihn ein Gefühl ſtolzer Genug-<lb/> tuung erfüllt. Auch dieſe ſeine ſcheinbar ſo haltloſen<lb/> Schlußfolgerungen von zwei blonden Härchen in<lb/> einer Krawattennadel bis hin zu der Perſon eines<lb/> der Mitwirkenden des heutigen Abends ſtimmten.<lb/> Während Werres über all das nachdachte, hatte das<lb/> Spiel auf der Bühne ſeinen Fortgang genommen.<lb/> Es kam der Augenblick. in dem der Landrat die<lb/> Szeue betritt. Die Türe zu dem Reſtaurant öffnete<lb/> ſich, der Landrat erſchien, eine hohe, elegante Ge-<lb/> ſtalt in Überzieher und Zylinder, der mit ſeinem<lb/> blonden, geſcheitelten Haar und dem wohlgepflegten<lb/> langen Schurrbart von derſelben Farbe den voll<lb/> kommenen Eindruck eines Ariſtokraten machte. Werres<lb/> ſchaute ſcharf nach der Bühne, ſeine Augen weiteten<lb/> ſich, er neigte ſich zu ſeinem Nachbar und ſagte<lb/> leiſe: „Bitte, ſehen Sie jetzt hin“.</p><lb/> <p>Der San<supplied>i</supplied>tätsrat riß das Glas an die Augen;<lb/> ſeine Hände zitternden ſo ſtark, daß die Perſonen<lb/> auf der Bühne hin und her zu wanken ſchienen;<lb/> dann ſah er den blonden Herrn.</p><lb/> <p>Lange blickie der San<supplied>i</supplied>ätsrat hin. Als er die<lb/> Hand mit dem Opernglas ſinken ließ, war ſein<lb/> ehrwürdiges G<supplied>e</supplied>ſicht merkwürdig verſteinert. Ganz<lb/> heiſer raunte er Werres zu: „Er iſt’s!“</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">24. Kapitel.</hi> </p><lb/> <p>Der nächſte Tag brachte „Sturm und Regen.<lb/><cb/> Es war ſchon ſpät, als W<supplied>e</supplied>rres nach unruhigem<lb/> Schlaf aufwachte. Langſam, ganz in Gedanken<lb/> verſunken, kleidete er ſich an. Geſtern hatte er mit<lb/> dem Sanitätsrat der „Traumulus“-Aufführung<lb/> bis zu Ende beigewohnt. Als ſie dann nachher in<lb/> der N<supplied>i</supplied>ſchen der Dannerſchen Weinſtube ſaßen, da<lb/> zeigten beide nicht viel Luſt zum Reden. Der Sani-<lb/> tätsrat rauchte ſchweigend eine ſchwere Havanna,<lb/> und Werres ſchaute nachdenklich in das rot ver-<lb/> hüllte Licht des auf dem Tiſch brennenden<lb/> Lämpchens.</p><lb/> <p>Sie hatten ſich früh getrennnt und Werres<lb/> ſaß dann lange allein in ſeinem ſtillen Zimmer<lb/> und überdachte alle Einzelheiten, die der kommende<lb/> Tag bringen würde. Dieſer Tag war nun da;<lb/> aber die Nacht hatte ihm keinen ruhigen Schlummer<lb/> gebracht. Tolle, zuſammenhangloſe Traumb<supplied>i</supplied>lder<lb/> ließen ſein überangeſtrengtes Hirn nicht zur Ruhe<lb/> kommen. Als er jetzt am Fenſter ſtand und hinaus-<lb/> ſchaute auf die regennaſſe Straße, ſah, wie die<lb/> R<supplied>e</supplied>gentropfen die Scheiben hinabrannen, wie Tränen,<lb/> dachte er — dieſelben Regentropfen, die unaufhörlich<lb/> knatternd der Sturm gegen die Fenſter trieb, da<lb/> fühlte er wieder dieſe ſeltſame, unbeſtimmte Angſt,<lb/> dieſe bange Ahnung vor etwas, das ihn bedrohte<lb/> und das er nicht abzuwehren vermochte. — —</p><lb/> <p>Dann brachte ihm ſeine ſtets vergnügte, luſtige<lb/> Hausfrau den Kaffee, und während ſie das Zimmer<lb/> aufräumte, ſchwatzte und plauderte ſie unaufhörlich<lb/> über den neueſten Hausklatſch, und ſchien es nicht<lb/> zu bemerken, daß ſie keine Antwort bekam. Werres<lb/><cb/> war mit ſeinen Gedanken ſo gar nicht bei der<lb/> Sache, denn Schweres ſtand ihm heute bevor.</p><lb/> <p>Der Kriminalbeamte Groſſe ſtellte ſich pünkt-<lb/> lich ein. Er hatte ſein liſtiges Vogelgeſicht in<lb/> beinahe feierliche Falten gelegt. Der war über<lb/> Bedenken, über Seelenkämpfe, wie ſie Werres durch-<lb/> gemacht, längſt hinaus. Er berichtete kurz, daß er<lb/> die Beſtellung an den Kommiſſar ausgerichtet und<lb/> alles beſorgt habe. Und dann fügte er hinzu:<lb/> „Freuen tue ich mich auf dieſe Geſchichte heute,<lb/> Herr Doktor! Sie glauben gar nicht, wie dankbar<lb/> ich Ihnen bin, daß ich mitmachen darf. Und die<lb/> Hauptſache iſt ja für mich, ich werde nun endlich<lb/> erfahren, wie Sie das alles ſo fein herausbe-<lb/> kommen haben, — Sie ganz allein, — denn der<lb/> Herr Kommiſſar“, — Groſſe lächelte überlegen, —<lb/> „der hoffte noch geſtern, daß er von Tursk<supplied>i</supplied> aus<lb/> Scherwinden Nachrichten erhalten werde, die zur<lb/> Verhaftung des Barons von Berg führen würden.<lb/> Der wird Augen machen, denn bei ihm ſteht es<lb/> feſt, daß Herr von Berg an dem Morde beteiligt<lb/> war. Auß<supplied>e</supplied>rdem hat ſich der Herr Kommiſſar mit<lb/> ſeinem Freunde und Vertrauten, — dem Behrent<lb/> — erzürnt. Der muß irgend eine große Dummheit<lb/> gemacht haben und iſt doch ſonſt ſo überſchlau!“</p><lb/> <p>Werres mußt unwillkürlich lachen. Er dachte<lb/> an die Szene im Reſtaurant Helferich zurück, wie<lb/> Behrent ſo bedrückt fortgeſchlichen war, nachdem<lb/> er ihm ſo unzweideutig zu verſtehen gegeben, daß<lb/> er ihn erkannt und durchſchaut habe.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Marburger Zeitung Nr. 6. 14. Jänner 1913
deutenden Sachen Obſtruktion getrieben, die Tätig-
keit des Parlamentes vollſtändig lahmgelegt; um
Lappalien ſtreitet man ſich, die 700 Millionen können
ausgeben werden, auch wenn ſie hätten erſpart wer-
den können. Unſere parlamentariſchen Verhältniſſe
ſind eben geradeſo traurig, wie die Verhältniſſe in
der Regierung und der Diplomatie.
Politiſche Umſchau.
Herrenhäusler für neue Bedrückungen.
In der Finanzkommiſſion des Herrenhauſes
hat am 10. d. mit Finanzminiſter Ritter v. Zaleski
eine Beſprechung über den kleinen Finanzplan ſtatt-
gefunden. Darüber wird berichtet:
„Die Bedenken, die im Kreiſe der Mitglieder
der Kommiſſion hiebei geäußrrt worden ſind, be-
zogen ſich hauptſächlich darauf, daß bei der Steige-
rung der Sätze der Perſonaleinkommenſteuer nur die
höheren Einkommenſtufen herangezogen werden
ſollen. Es wurde darauf hingewieſen, daß in einer
Zeit, in welcher das Abgeordnetenhaus auf Grund
des allgemeinen Wahlrechts gewählt werde, ſämt-
liche Klaſſen der Bevölkerung gleichmäßig zur Steuer-
leiſtung verhalten werden mögen. In dieſer Anſicht
ſtimmten alle Parteien des Herrenhauſes überein.“
Das ſind recht liebe Leute, die Herrenhäusler!
Es erregt ihren Groll, daß die hohen Einkommen
prozentuell höher beſteuert werden ſollen als die
kleinen und ſie verlangen, daß auch dieſe kletneren
und kleinen Einkommen neuerdings ſchärfer beſteuert
werden ſollen, obwohl dieſe eine Krone ſtärker ſpüren
als die Rieſeneinkommen 100 Kronen! Das war
ſogar dem Finanzminiſter R. von Zaleski zu arg;
er wandte ſich gegen dieſe volksfeindliche Abſicht
und warnte vor der zu ſtarken Belaſtung der unteren
Schichten und des kleinen Mittelſtandes. Die reichen
Herrenhäusler ſind wirklich recht liebe Leute .....
Ein netter Eierhandel!
Eine bezeichnende Notiz bringt die Wochen-
ſchrift Deutſch-Öſterreich: Der öſterreichiſche Finanz-
miniſter ſchwimmt bekanntlich im Gelde und nun
gar erſt die kleinen Landesfinanzminiſter, die in den
„Königreichen und Ländern“ ſo wunderbar Ordnung
zu halten verſtehen. So hat ſich das Land Mähren
ein Defizit von 19 Millionen im letzten Jahre ein-
gewirtſchaftet und da kommt es natürlich auf einige
Zehntauſend mehr oder weniger nicht an. So ſah
ſich das Land Mähren bemüßigt, einem tſchechiſchen
Profeſſor eine Sammlung alter Hauben und be-
malter Eier für 80.000 Kronen abzukaufen, wozu
der Staat einen Zuſchuß von 40.000 Kronen gab.
Und dieſer Profeſſor iſt ein ſo eifriger Sammler,
daß er ſchon wieder eine Sammlung beiſammen
haben ſoll. Am beſten wäre es, man ſtellt in das
mähriſche Budget gleich einen fixen Poſten ein für
den Ankauf alter Hauben und bemalter Eier.
Eine Eiſenbahnaktion.
Das Land Niederöſterreich will eine Anleihe
von 72 Millionen Kronen für neue Lokalbahnen
und Ausgeſtaltung von Betriebslinien aufnehmen.
Hievon ſind 48 Millionen Kronen für neue Lokal-
bahnen beſtimmt, während der Reſt für die erwähnte
Ausgeſtaltung von Betriebslinien und für die Deckung
früherer Ausgaben verwendet werden ſoll. Unter den
neuen Erforderniſſen zur Ausgeſtaltung beſtehender
Bahnen befinden ſich 4,582.000 Kronen für die
niederöſterreich-ſteiriſche Alpenbahn ſamt Fort-
ſetzungsſtrecke Rupprechtshofen-Greſten. — Wir in
Steiermark können infolge der ſloweniſchen Obſtruktion
im Landtage nicht einmal die Bezirksſtraßen ordent-
lich erhalten, weil durch die Lähmung des Land-
tages die Bezirke ohne Landesſubventionen ſind.
Von einem Bahnbau kann bei uns unter dieſen
Umſtänden gar keine Rede ſein, weil der obſtruierte
Landtag kein Darlehen aufnehmen kann und das
Notwendigſte und Dringendſte unerledigt bleiben
muß!
Die Analphabeten.
Im Deutſchen Reiche kommen nur drei Anal-
phabeten auf je 1000 Perſonen (ohne die Polen
würde höchſtens ein Analphabet auf 1000 Perſonen
kommen), wohingegen England auf je 1000 Leute
10 Analphabeten aufzuweiſen hat. Frankreich hat
viermal ſoviel Analphabeten, Belgien zehnmal ſo-
viel, in Öſterreich gibt es ſogar 257 Analpha-
beten auf 1000 Mann. Italien hat 315 Analpha-
beten auf 1000 Menſchen. Bei weitem am tiefſten
iſt das Wiſſensniveau in Rußland, wo auf 1000
Menſchen 617 völlige Analphabeten gerechnet werden
müſſen. Bei Öſterreich mit ſeinen 25·7 Prozent
Analphabeten (gegen ein Drittel Prozent im Deut-
ſchen Reiche!) iſt natürlich ein Großteil der Anal-
phabeten in Galizien zu ſuchen; dafür werden wir
ſlawiſch klerikal regiert!
Verſtärkung des deutſchen Heeres.
Die deutſche Reichsregierung plant die Ein-
bringung einer neuen Heeresvorlage. Die Geſamt-
koſten dieſer für das Etatjahr 1913/14 zu erwartenden
Heeresnovelle ſollen etwa zu 75 Millionen Mark
betragen. Beſondere Rückſicht ſoll auf die Ausge-
ſtaltung der Kriegslufiſchiffahrt genommen werden.
Die Haltung Rumäniens,
Die Beziehungen zwiſchen Rumänien und
Bulgarien werden immer geſpannter. Die Nachricht,
die auch wir in der letzten Nummer veröffentlichten,
daß Rumänien an Bulgarien ein Ultimatum gerichtet
habe, wurde zwar dementiert, nichtsdeſtoweniger iſt
die Lage nach wie vor kritiſch. Die Bulgaren wollen
die rumäniſche Forderung auf eine Gebietsabtretung
ſolange hinausſchieben, bis der Krieg mit der Türkei
beendet iſt, um dann die ganze Macht gegen
Rumänien frei zu haben. Das wollen wieder die
Rumänen nicht. Ein Gerücht ſpricht von einem
Bündniſſe Rumäniens mit der Türkei. Nun beginnt
ſich Rußland in dieſen Zwiſt zu mengen. Aus
Bukareſt wird unterm 12. d. gemeldet: Der hieſige
ruſſiſche Geſandte erſchten geſtern beim Miniſter-
präſidenten Majorescu und teilte ihm mit, daß Ruß-
land zwar die Anſprüche Rumäniens auf Siliſtria
für berechtigt erachie, jedoch als wünſchenswert an-
ſehe, daß die Forderungen Rumäniens von nun an
nicht in Sofia, ſondern in Petersburg vorzubringen
ſeien. Man betrachtet in Bukareſt dieſes Verlangen
Rußlands als eine Parteinahme für Bulgarien und
als eine verſteckte Drohung gegen Rumänien,
falls letzteres militäriſche Maßnahmen gegen Bul-
garien ergreifen ſollte.
Der Krieg.
Hinſichtlich der traurigen Haltung einiger
europäiſcher Großmäche, die beim Ausbruche des
Krieges gemeinſam mit den anderen Großmächten
die Erklärung abgaben, daß die Kriegsecgebniſſe
an der Balkangeographie nichts ändern dürfen
und jetzt auf die Türkei ſogar einwirken, daß ſie
die unbezwungene Feſtung Adrianopel den Bul-
garen überlaſſen ſollen, äußerte ſich der türkiſche
Friedenunterhändler Reſchid-Paſcha in bitterer und
zutreffender Weiſe. Die Haltung Europas, erklärt
Reſchid-Paſcha, iſt mit keinem Worte zu bezeichnen.
Man hat uns beide Arme abgeſchnitten
und jetzt ſagt uns Europa: Das genügt nicht,
laßt euch auch die Beine abſchneiden. Da ziehen
wir die Wiederaufnahme des Krieges vor. Wir ſind
bereit, für die Verteidigung der Würde und Ehre
unſeres Vaterlandes auf dem Schlachtfelde zu
ſterben.
Eigenberichte.
Straß, 12. Jänner. (Verlobung).
Fräulein Luiſe Wagner, jüngſte Tochter des
beſtbekannten Fleiſchhauermeiſters und Realitäten-
beſitzers Herrn Domenikus Wagner und der Frau
Joſefine geb. Stift, hat ſich mit Herrn Dr. Rudolf
Achorner, Auskultanten beim k. k. Landesgericht
in Graz, verlobt.
Arnfels, 10. Jänner. (Bezirksver-
tretung) Geſtern fand unter dem Vorſitze des
Bezirksobmannes Rüdiger v. Seutter eine Voll-
verſammlung der Bezirksvertretung ſtatt. Den
Hauptpunkt der Tagesordnung bildete die Vorlage
des Präliminars für 1913. Die Geſamtausgaben
in der Höhe von 56.860 K. finden ihre Deckung
durch eine 50 prozentige Bezirksumlage und durch
die peinlichſte Sparſamkeit im Bezirkshaushalte.
Durch den Entfall der Landesſubventionen ſind dem
Bezirke bisher 22.966 K. an Einnahmepoſten
entgangen. Für Armenheilkoſten aus auswärtigen
Bezirken ſind 6667 K. ausſtändig, zu deren Herein-
bringung die erforderlichen Schritte unternommen
wurden. Die Kupfervitriolſchuld iſt von 7000 K.
auf 2475 K. geſunken. Ende 1912 hatte die Bezirks-
kaſſe einen Kaſſereſt von 471 K. Gemeindeum-
lagen ſprachen an: Arnfels 70, Leutſchach 30,
Oberhaag 58, Schloßberg 55, Glanz 66, Ech-
berg 41·5, St. Johann 41, Gleinſtätten 35,
Klein 50, Piſtorf 60, Prarath 35 und Kappel
60 Prozent. Über Antrag des Referenten Hugo
Herzer wurden die entſprechenden Beſchlüſſe gefaßt.
berichteee, als er dann das Mitgliederverzeichnis
durchlas und unter den Aktiven einen Namen las
— den einen Namen, der ihn bis in ſeine Träume
verfolgte, da hatte ihn ein Gefühl ſtolzer Genug-
tuung erfüllt. Auch dieſe ſeine ſcheinbar ſo haltloſen
Schlußfolgerungen von zwei blonden Härchen in
einer Krawattennadel bis hin zu der Perſon eines
der Mitwirkenden des heutigen Abends ſtimmten.
Während Werres über all das nachdachte, hatte das
Spiel auf der Bühne ſeinen Fortgang genommen.
Es kam der Augenblick. in dem der Landrat die
Szeue betritt. Die Türe zu dem Reſtaurant öffnete
ſich, der Landrat erſchien, eine hohe, elegante Ge-
ſtalt in Überzieher und Zylinder, der mit ſeinem
blonden, geſcheitelten Haar und dem wohlgepflegten
langen Schurrbart von derſelben Farbe den voll
kommenen Eindruck eines Ariſtokraten machte. Werres
ſchaute ſcharf nach der Bühne, ſeine Augen weiteten
ſich, er neigte ſich zu ſeinem Nachbar und ſagte
leiſe: „Bitte, ſehen Sie jetzt hin“.
Der Sanitätsrat riß das Glas an die Augen;
ſeine Hände zitternden ſo ſtark, daß die Perſonen
auf der Bühne hin und her zu wanken ſchienen;
dann ſah er den blonden Herrn.
Lange blickie der Saniätsrat hin. Als er die
Hand mit dem Opernglas ſinken ließ, war ſein
ehrwürdiges Geſicht merkwürdig verſteinert. Ganz
heiſer raunte er Werres zu: „Er iſt’s!“
24. Kapitel.
Der nächſte Tag brachte „Sturm und Regen.
Es war ſchon ſpät, als Werres nach unruhigem
Schlaf aufwachte. Langſam, ganz in Gedanken
verſunken, kleidete er ſich an. Geſtern hatte er mit
dem Sanitätsrat der „Traumulus“-Aufführung
bis zu Ende beigewohnt. Als ſie dann nachher in
der Niſchen der Dannerſchen Weinſtube ſaßen, da
zeigten beide nicht viel Luſt zum Reden. Der Sani-
tätsrat rauchte ſchweigend eine ſchwere Havanna,
und Werres ſchaute nachdenklich in das rot ver-
hüllte Licht des auf dem Tiſch brennenden
Lämpchens.
Sie hatten ſich früh getrennnt und Werres
ſaß dann lange allein in ſeinem ſtillen Zimmer
und überdachte alle Einzelheiten, die der kommende
Tag bringen würde. Dieſer Tag war nun da;
aber die Nacht hatte ihm keinen ruhigen Schlummer
gebracht. Tolle, zuſammenhangloſe Traumbilder
ließen ſein überangeſtrengtes Hirn nicht zur Ruhe
kommen. Als er jetzt am Fenſter ſtand und hinaus-
ſchaute auf die regennaſſe Straße, ſah, wie die
Regentropfen die Scheiben hinabrannen, wie Tränen,
dachte er — dieſelben Regentropfen, die unaufhörlich
knatternd der Sturm gegen die Fenſter trieb, da
fühlte er wieder dieſe ſeltſame, unbeſtimmte Angſt,
dieſe bange Ahnung vor etwas, das ihn bedrohte
und das er nicht abzuwehren vermochte. — —
Dann brachte ihm ſeine ſtets vergnügte, luſtige
Hausfrau den Kaffee, und während ſie das Zimmer
aufräumte, ſchwatzte und plauderte ſie unaufhörlich
über den neueſten Hausklatſch, und ſchien es nicht
zu bemerken, daß ſie keine Antwort bekam. Werres
war mit ſeinen Gedanken ſo gar nicht bei der
Sache, denn Schweres ſtand ihm heute bevor.
Der Kriminalbeamte Groſſe ſtellte ſich pünkt-
lich ein. Er hatte ſein liſtiges Vogelgeſicht in
beinahe feierliche Falten gelegt. Der war über
Bedenken, über Seelenkämpfe, wie ſie Werres durch-
gemacht, längſt hinaus. Er berichtete kurz, daß er
die Beſtellung an den Kommiſſar ausgerichtet und
alles beſorgt habe. Und dann fügte er hinzu:
„Freuen tue ich mich auf dieſe Geſchichte heute,
Herr Doktor! Sie glauben gar nicht, wie dankbar
ich Ihnen bin, daß ich mitmachen darf. Und die
Hauptſache iſt ja für mich, ich werde nun endlich
erfahren, wie Sie das alles ſo fein herausbe-
kommen haben, — Sie ganz allein, — denn der
Herr Kommiſſar“, — Groſſe lächelte überlegen, —
„der hoffte noch geſtern, daß er von Turski aus
Scherwinden Nachrichten erhalten werde, die zur
Verhaftung des Barons von Berg führen würden.
Der wird Augen machen, denn bei ihm ſteht es
feſt, daß Herr von Berg an dem Morde beteiligt
war. Außerdem hat ſich der Herr Kommiſſar mit
ſeinem Freunde und Vertrauten, — dem Behrent
— erzürnt. Der muß irgend eine große Dummheit
gemacht haben und iſt doch ſonſt ſo überſchlau!“
Werres mußt unwillkürlich lachen. Er dachte
an die Szene im Reſtaurant Helferich zurück, wie
Behrent ſo bedrückt fortgeſchlichen war, nachdem
er ihm ſo unzweideutig zu verſtehen gegeben, daß
er ihn erkannt und durchſchaut habe.
(Fortſetzung folgt.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |