Marburger Zeitung. Nr. 74, Marburg, 20.06.1907.Marburger Zeitung. Nr. 74, 20. Juni 1907. [Spaltenumbruch] gesang-Verein wird am Festplatze völkische Gesänge Gemeinderatssitzung. Am 26. Juni d. J. Eine Abordnung beim Bürgermeister. Gestern vormittags um halb 11 Uhr begab sich eine Spende. Von Ungenannt wurde unserer Eine große Südbahnerversammlung fand vorgestern abends im Götzschen Brauhaus- Eine interessante Schaustellung. Eine Marburger Zeitung. Nr. 74, 20. Juni 1907. [Spaltenumbruch] geſang-Verein wird am Feſtplatze völkiſche Geſänge Gemeinderatsſitzung. Am 26. Juni d. J. Eine Abordnung beim Bürgermeiſter. Geſtern vormittags um halb 11 Uhr begab ſich eine Spende. Von Ungenannt wurde unſerer Eine große Südbahnerverſammlung fand vorgeſtern abends im Götzſchen Brauhaus- Eine intereſſante Schauſtellung. Eine <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung. Nr. 74, 20. Juni 1907.</fw><lb/> <cb/> <div type="jLocal" n="1"> <div xml:id="sonnenwendfeier2" prev="#sonnenwendfeier1" type="jArticle" n="2"> <p>geſang-Verein wird am Feſtplatze völkiſche Geſänge<lb/> zum Vortrage bringen; die Zwiſchenpauſen wird<lb/> eine Muſikkapelle mit heiteren Weiſen ausfüllen.<lb/> Zur Bequemlichkeit der Feſtgäſte werden bei der<lb/> Gaſtwirtſchaft des Herrn Meierſeidl in der Trieſter-<lb/> ſtraße Fahrgelegenheiten zur Verfügung ſtehen und<lb/> iſt für die Hin- bezw. Rückfahrt der geringe Be-<lb/> trag von nur 40 Hellern zu entrichten. Nur bei<lb/> ausgeſprochen ſchlechtem Wetter, das heißt, wenn<lb/> es am Abend des Feſtes regnen ſollte, wird dieſe<lb/> Feier nicht abgehalten. Unſer Loſungswort am<lb/> Samstag ſoll ſein: Auf nach Roßwein, zur hehren<lb/> Feier der Sommerſonnenwende!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gemeinderatsſitzung.</hi> </head> <p>Am 26. Juni d. J.<lb/> nachmittags 3 Uhr findet im Rathausſaale eine<lb/> Gemeinderatsſitzung mit folgender Tagesordnung<lb/> ſtatt: Beſchlußfaſſung in Angelegenheit der vom<lb/> Herrn Raimund Lirzer in Beſitz genommenen Grund-<lb/> parzelle in der Augaſſe. — Genehmigung des Ver-<lb/> trages wegen Mitbenützung der Schwimmſchule<lb/> durch das k. u. k. Militär. — Petition in Ange-<lb/> legenheit der Reichsbrückenfrage. — Eingabe des<lb/> Herrn Karl Pirch um nachträgliche Erhöhung ſeines<lb/> Offertes um 16 Prozent. — Geſuch des Stadt-<lb/> verſchönerungsvereines in der Magdalenenvorſtadt<lb/> um Genehmigung zur Aufſtellung von Bänken. —<lb/> Geſuch des Herrn Anton Kraus um Herſtellung<lb/> eines Rinnſales in der Werkſtättenſtraße. — Ein-<lb/> führung von Kehrbezirken und Feſtſetzung von<lb/> Maximaltarifen beim Rauchfangkehrergewerbe. —<lb/> Geſuch des Stadtverſchönerungsvereines um Abgabe<lb/> von 400 Fuhren Sand. — Bericht über die<lb/> Schlachtungen im Monate Mai 1907. — Anſuchen<lb/> von vier Hausbeſitzern in der Gemeinde Kartſchowin<lb/> um Waſſerbezug aus der ſtädtiſchen Leitung. —<lb/> Geſuch der Gemeinde Kartſchowin um ganzjährige<lb/> Verrechnung der Waſſergebühren. — Geſuch des<lb/> Stadtverſchönerungsvereines um einen Beitrag für<lb/> die Wegherſtellung zum Kalvarienberge. — Anſuchen<lb/> des Vereines der Hausbeſitzer um Terminänderung<lb/> für die Einzahlung von Umlagen. — Nach der<lb/> öffentlichen ſolgt eine vertrauliche Sitzung.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Abordnung beim Bürgermeiſter.</hi> </head><lb/> <p>Geſtern vormittags um halb 11 Uhr begab ſich eine<lb/> Abordnung jenes gewerblichen Ausſchuſſes, welcher<lb/> die im Oktober v. J. ſtattgefundene erſte Marburger<lb/> Lehrlingsarbeiten-Ausſtellung veranſtaltet hatte, zum<lb/> Herrn Bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Schmiderer,</hi> dem<lb/> Protektor der damaligen Ausſtellung, um ihm zur<lb/> Erinnerung an dieſe Ausſtellung ein mit dem Bilde<lb/> des Protektors und ſämtlicher Herren des Aus-<lb/> ſtellungsausſchuſſes verſehenes Tableau zu über-<lb/> reichen. Die Abordnung beſtand aus dem Obmanne<lb/> jenes Ausſchuſſes, dem Gemeinderate und Obmann<lb/> des deutſchen Handwerkervereines Herrn <hi rendition="#g">Kral,</hi> dem<lb/> Gemeinderate Herrn <hi rendition="#g">Heritſchko</hi> und den Herren<lb/><hi rendition="#g">Letonja</hi> und <hi rendition="#g">Eisl.</hi> Nach einer Anſprache des<lb/> Herrn Kral übernahm Herr Doktor Johann<lb/><hi rendition="#g">Schmiderer</hi> das Erinnerungszeichen, bedankte<lb/> ſich für die ihm gewidmete Aufmerkſamkeit und<lb/> erklärte, daß er jederzeit, nach Kräften und gerne<lb/> die Intereſſen des Handwerker- und Gewerbeſtandes<lb/> fördern werde. — Das Tableau, eine ſchöne Lei-<lb/> ſtung der photographiſchen Anſtalt <hi rendition="#g">Kieſer,</hi> ent-<lb/> hält außer dem Bilde des Bürgermeiſters Dr.<lb/><hi rendition="#g">Schmiderer</hi> noch die Porträts der Herren Aus-<lb/> ſchußmitglieder Kral, Fornara, Detſchko, Zollenſtein,<lb/> Dadieu, Holzer, Fiſchbach, Eisl, Letonja, Kollar,<lb/> Hochenegger, Drofenik, Polatſchek, Kralik, Klein-<lb/> ſchuſter, Heritſchko, Friedriger und Dir. 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Sie<lb/> verlief, von häufigen Beifallskundgebungen abgeſehen,<lb/> in vollſter Ruhe; nur als ein Südbahner geſprochen<lb/> hatte, von dem behauptet wurde, daß er ein Chriſt-<lb/> lichſozialer ſei, gab es einen Entrüſtungsſturm.<lb/> Nachſtehend den Verſammlungsbericht. Zum Vor-<lb/> ſitzenden wurde Herr <hi rendition="#g">Kajzer</hi> gewählt, worauf die<lb/> eingelangten zahlreichen Begrüßungstelegramme ver-<lb/><cb/> leſen wurden. Der erſte Redner, Südbahnbeamte<lb/><hi rendition="#g">Nikolits</hi> vom Beamtenverein, begrüßte es, daß<lb/> die Verſammlung ſo überaus zahlreich beſucht ſei; es<lb/> lege dies Zeugnis ab von einem allſeitigen, ziel-<lb/> bewußten Eingreifen. Wir ſtehen, ſagt der Redner,<lb/> vor einem entſcheidenden Schritte, vor dem Kampfe<lb/> um die wirtſchaftliche Exiſtenz. Nicht als Beamte<lb/> ſpreche er hier, ſondern als Koalierter, als Kamerad.<lb/> (Lebhafter Beifall.) An keinen ſonſtigen Stand im<lb/> Getriebe des Staates werden ſolche Anforderungen<lb/> gerichtet als an den Eiſenbahner; ſeine ganze<lb/> geiſtige und körperliche Kraft müſſe er dem Dienſte<lb/> widmen, ſeine Verantwortung ſei eine ungeheuere.<lb/> Und die Gegenleiſtung? Die Verwaltungen ſorgen<lb/> immer nur für die modernen Anforderungen an das<lb/> tote Material; dem lebenden Menſchenmaterial, das<lb/> die Werte ſchafft, dem gegenüber beobachte man<lb/> nicht einmal die Pflicht der Menſchlichkeit. Wir<lb/> wollen nicht als Revolutionäre kommen, aber daß<lb/> mit Petitionen und Memoranden bisher gar nichts<lb/> geholfen wurde, ſei zweifellos. Es dürfe jetzt nur<lb/> nach einem Grundſatze vorgegangen werden: Alle<lb/> für einen und einer für alle! (Lebhafter Beifall.)<lb/> Und dieſer Rütliſchwur müſſe fortwirken für alle<lb/> Zeit. — Gewerkſchaftsbeamte <hi rendition="#g">Duſchek</hi> aus Wien<lb/> verwies auf die paſſive Reſiſtenz im Jahre 1905;<lb/> damals ſei den Eiſenbahnern Honig um den Mund<lb/> geſchmiert, Verſprechungen auf dem Papier gegeben<lb/> worden. Nunmehr ſei man willens, die ehrliche<lb/> Durchführung jener Verſprechungen zu erzwingen!<lb/> Wir ſuchen, ſagte Redner, den Kampf nicht. denn<lb/> wir wiſſen, welche Opfer er verlangen kann. Aber<lb/> wir ſcheuen ihn auch nicht! Man dürfe es aber<lb/> nicht ſo machen wie bei der paſſiven Reſiſtenz anno<lb/> 1905; damals ſei auch alles mögliche erklärt worden;<lb/> als aber die Marburger Südbahner ihren dicken<lb/> Inſpektor erblickten (große Heiterkeit), ſei den meiſten<lb/> das Herz wieder in die Hoſen gefallen. Diesmal<lb/> müſſe aber aus einem andern Loche gepfiffen werden,<lb/> diesmal werden den Haupttruppen auch die Reſerve,<lb/> beſtehend aus Werkſtätten- und Bahnerhaltungs-<lb/> arbeitern, folgen. Es werde noch einmal mit einem<lb/> Memorandum an die Verwaltung der Südbahn<lb/> herangetreten werden, worauf den Vertrauens-<lb/> männern die entſprechenden Weiſungen zugehen<lb/> werden. Die Beſitzer der „Goldprioritäten“ (?)<lb/> der Südbahn werden gewiß die Million oder mehr<lb/> lieber zahlen, als ſich in einen ſolchen Kampf ein-<lb/> laſſen. (Großer Beifall.) — Herr <hi rendition="#g">Kopac</hi> aus<lb/> Trieſt, Sekretär der dortigen Rechtsſchutz- und Ge-<lb/> werkſchaftskommiſſion, drückte ſeine Freude darüber<lb/> aus, daß nun auch die Beamten radikaler werden.<lb/> Sie ſollen ſich aber, ſagte der Redner, vom Beamten-<lb/> vereine losſagen und in den Rechtsſchutzverein ein-<lb/> treten. Im Gegenſatze zum erſten Redner müſſe er<lb/> betonen, daß die Beamten revolutionär werden<lb/> müſſen, wenn ſie etwas erreichen wollen. Dem<lb/> Memorandum dürfe nur eine kurze Friſt zur Er-<lb/> füllung geſteckt werden. Die Südbahngeſellſchaft<lb/> ſage immer, ſie ſei paſſiv, habe kein Geld. (Heiter-<lb/> keit.) Nächſtens werde die Südbahngeſellſchaft in<lb/> Trieſt ihr 50jähriges Jubiläum feiern, wozu ſie<lb/> 80.000 Kronen ausgeworfen habe. Da werde es<lb/> Champagner geben, da werde „gefreſſen und ge-<lb/> ſoffen“ werden. So ſcheue ſich die Südbahn nicht,<lb/> für ſolche Zwecke rund 100.000 K. hinauszuwerfen;<lb/> wenn aber ihre Bedienſteten eine Lohnaufbeſſerung<lb/> verlangen, dann ziehe ſie ſich den Bettelrock an und<lb/> ſage, ſie habe nichts! (Großer Beifall.) Redner<lb/> verweiſt auf die vom Vorredner erwähnten Reſerven,<lb/> betonte aber, daß man viele „Rekruten“ habe, die<lb/> mit den „Gewehren“ noch nicht umgehen können<lb/> und vielleicht auf den Nebenmann oder auf ſich<lb/> ſelber ſchießen. Redner begreife, daß die Beamten<lb/> gerne 400 K. mehr haben möchten, aber wo bleibe<lb/> die Garantie, daß nicht viele beim erſten Schuſſe<lb/> ſchon davonlaufen? Viele Beamte ſchnauzen die<lb/> Diener an und da könne man nicht verlangen, daß<lb/> die Arbeiter den Beamten ohneweiteres den Rücken<lb/> decken. Die Beamten mögen daher ihren Kaſtengeiſt<lb/> ablegen, was eine Gewähr für die Zukunft ſei. Bei<lb/> einer paſſiven Reſiſtenz könnten dann die Beamten<lb/> viel helfen, z. B., wenn ſie ſtatt Pauspapier zu<lb/> verwenden, alles mit Feder und Tinte ſchreiben.<lb/> An die Wiener Zentrale der Organiſation der Bahn-<lb/> angeſtellten aber richte Redner die Mahnung, nicht<lb/> bloß darauf zu ſehen, daß recht viele Arbeiter der<lb/> Organiſation beitreten, ſondern auch dafür zu wirken,<lb/> daß die ökonomiſche Lage der Arbeiter einmal eine<lb/> beſſere werde. (Beifall.) Redner kam ſchließlich noch<lb/> einmal auf die in Ausſicht ſtehende paſſive Reſiſtenz<lb/> zu ſprechen, zu deren Durchführung kein Mut ge-<lb/> höre; während ihrer Dauer bekomme ja ohnehin<lb/> jeder ſein Gehalt oder Lohn und wenn ein Vor-<lb/><cb/> geſetzter einem „Reſiſtenzler“ vorhalte, daß er paſſive<lb/> Reſiſtenz betreibe, ſo könne dieſer ihm ruhig ant-<lb/> worten, daß dies eine Lüge ſei, da nach den Vor-<lb/> ſchriften gearbeitet werde. Mit einer Erörterung<lb/> des autonomiſtiſchen nationalen Programmes der<lb/> Sozialdemokraten ſchloß der Redner unter lebhaftem<lb/> Beifall ſeine Ausführungen. — Beamter <hi rendition="#g">Brüder</hi><lb/> in Wien trat für die Solidarität ein; Zugsführer<lb/> i. P. <hi rendition="#g">Kolleger</hi> aus Graz wies darauf hin, daß<lb/> ſchon viel gewonnen ſei, wenn die Beamten die<lb/> Arbeiter bei der paſſiven Reſiſtenz nicht behindern.<lb/> Weiters gab Redner taktiſche Ratſchläge. Beamter<lb/><hi rendition="#g">Wild</hi> aus Wien trat gleichfalls für die Einigkeit<lb/> ein und erinnerte daran, daß der jetzige Eiſenbahn-<lb/> miniſter Dr. v. <hi rendition="#g">Derſchatta</hi> zurzeit, als er noch<lb/> einfacher Abgeordneter war, in einer Bahnbeamten-<lb/> verſammlung zu dem Verlangen nach Beſſerung<lb/> der Lage den Beamten geſagt habe: „Machen Sie<lb/> nur tüchtig Muſik; für die Reſonanz werden ſchon<lb/> wir ſorgen!“ Heute, fuhr der Redner fort, habe<lb/> Dr. v. Derſchatta Gelegenheit, das Verſprechen ein-<lb/> zulöſen. — Namens des Bahnmeiſterverbandes<lb/> ſicherte Bahnmeiſter <hi rendition="#g">Muſil</hi> aus Saldenhofen die<lb/> vollſte Solidarität zu und Kondukteur <hi rendition="#g">Tomſchitz</hi><lb/> aus Marburg mahnte, die Einigkeit auch nach er-<lb/> rungenem Siege aufrechtzuerhalten. Das Mitglied<lb/> des ungariſchen Zentralverbandes, <hi rendition="#g">Wonjafka,</hi><lb/> überbrachte die Grüße dieſes Verbandes und der<lb/> Südbahner in Ofenpeſt. Er trat auch für die<lb/> Einigkeit ein und gab ſeiner Verwunderung Ausdruck<lb/> darüber, daß ſich die Beamten mit einer Forderung<lb/> nach einer 400 Kronen-Zulage begnügen. Redner<lb/> erklärte, die öſterreichiſchen Eiſenbahner können ſich<lb/> auf die ungariſchen verlaſſen. Lokomotivführer<lb/><hi rendition="#g">Dolinſchek</hi> aus Marburg ſagte, daß ſich auch die<lb/> Lokomotivführer mit den anderen Kategorien ſolidariſch<lb/> fühlen. Südbahnangeſtellter <hi rendition="#g">Juritſch</hi> betonte, daß<lb/> die gehörten Reden zwar alle ſehr ſchön geweſen<lb/> ſeien; damit ſei aber wenig geholfen, man möge<lb/> lieber Poſitives ſchaffen, z. B. die Errichtung einer<lb/> entſprechenden Alters- und Invalidenverſorgung.<lb/> Redner ſchilderte die traurige Lage, in die jetzt die<lb/> Familien kommen, wenn der Ernährer nichts mehr<lb/> verdienen könne. Redner <hi rendition="#g">Duſchek</hi> aus Wien ant-<lb/> wortete ſeinem Vorredner in erregter Weiſe. Dieſer<lb/> gehöre einer Partei an, die den Arbeitern immer<lb/> Prügel zwiſchen die Füße werfe (Rufe: die Chriſtlich-<lb/> ſozialen!), die mit den allergrößten Gemeinheiten<lb/> vorgehe. Der Vorredner ſolle zum Dr. <hi rendition="#g">Lueger</hi><lb/> gehen, für ihn ſei kein Platz da hier! (Stürmiſcher<lb/> Beifall, großer Lärm, Pfuirufe auf die Chriſtlich-<lb/> ſozialen, es wird mit Pfeiferln gepfiffen.)<lb/> Redner griff, nachdem ſich der Tumult gelegt hatte,<lb/> den Dr. <hi rendition="#g">Lueger</hi> und die chriſtlichſoziale Partei<lb/> in der ſchärfſten Weiſe an und erklärte, er müſſe<lb/> ſich dagegen verwahren, daß Chriſtlichſoziale hier<lb/> mitberaten, denn dieſe Partei würde alle wieder<lb/> ſo verraten wie immer! (Lang anhaltender Beifall<lb/> und Entrüſtungsrufe gegen die Chriſtlichſozialen.)<lb/> Der Vorſitzende ließ über eine <hi rendition="#g">Entſchließung</hi><lb/> abſtimmen, welche es mit Befriedigung feſtſtellt, daß<lb/> es gelungen ſei, die Solidarität aller Kategorien<lb/> herbeizuführen; es werde gelobt, in treuer Soli-<lb/> darität auszuharren, bis alle Forderungen erfüllt<lb/> ſeien und jede Kategorie den entſprechenden Lohn<lb/> bekomme; an das Parlament wird die Bitte um<lb/> Unterſtützung gerichtet und der Zentrale der<lb/> Koalition zugerufen: „Wir ſind gerüſtet!“ Dieſe<lb/> Entſchließung wurde unter lebhaftem Beifall und<lb/> ohne Widerſpruch angenommen. Herr <hi rendition="#g">Petelinſchek</hi><lb/> machte noch darauf aufmerkſam, daß die Kohlen-<lb/> arbeiter ebenfalls zur Koalition gehören. Herr<lb/><hi rendition="#g">Tomſchitz</hi> forderte die Zentrale auf, ſich mit dem<lb/> Memorandum zu beeilen. Herr <hi rendition="#g">Kopac</hi> erklärte<lb/> noch, daß anläßlich des Feſtbankettes der Südbahn<lb/> in Trieſt dort eine Demonſtration von Eiſenbahnern<lb/> ſtattfinden werde, zu welcher das Perſonal aller<lb/> jener Stationen kommen ſoll, welche etwas erreichen<lb/> wollen. Hierauf wurde die Verſammlung geſchloſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine intereſſante Schauſtellung.</hi> </head> <p>Eine<lb/> Dame, die frei in der Luft ſchwebt, — in der Aus-<lb/> ſtellung <hi rendition="#g">Kärntnerſtraße 10</hi> wird dem Zu-<lb/> ſchauer die Gelegenheit geboten werden, „<hi rendition="#g">Lona,</hi><lb/> das Welträtſel“, das magiſche Wunder, in aller-<lb/> nächſter Nähe in Augenſchein zu nehmen. Man<lb/> ſieht die in einen ſcheinbar hypnotiſchen Schlaf<lb/> verſetzte junge Dame auf dem Ruhebett liegen,<lb/> worauf ſie auf Geheiß ihres Herrn in wagrechter<lb/> Lage recht hoch emporſchwebt. Ein über ſie hin-<lb/> gezogener Reifen zeigt, daß ſie ohne jegliche Ver-<lb/> bindung nach oben und unten frei in der Luft<lb/> ſchwebt, alſo daß nichts enthalten iſt, was zu einer<lb/> Täuſchung führen könnte. Das alles geht vor den<lb/> Augen des Publikums vor ſich, das erſtaunt und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Marburger Zeitung. Nr. 74, 20. Juni 1907.
geſang-Verein wird am Feſtplatze völkiſche Geſänge
zum Vortrage bringen; die Zwiſchenpauſen wird
eine Muſikkapelle mit heiteren Weiſen ausfüllen.
Zur Bequemlichkeit der Feſtgäſte werden bei der
Gaſtwirtſchaft des Herrn Meierſeidl in der Trieſter-
ſtraße Fahrgelegenheiten zur Verfügung ſtehen und
iſt für die Hin- bezw. Rückfahrt der geringe Be-
trag von nur 40 Hellern zu entrichten. Nur bei
ausgeſprochen ſchlechtem Wetter, das heißt, wenn
es am Abend des Feſtes regnen ſollte, wird dieſe
Feier nicht abgehalten. Unſer Loſungswort am
Samstag ſoll ſein: Auf nach Roßwein, zur hehren
Feier der Sommerſonnenwende!
Gemeinderatsſitzung. Am 26. Juni d. J.
nachmittags 3 Uhr findet im Rathausſaale eine
Gemeinderatsſitzung mit folgender Tagesordnung
ſtatt: Beſchlußfaſſung in Angelegenheit der vom
Herrn Raimund Lirzer in Beſitz genommenen Grund-
parzelle in der Augaſſe. — Genehmigung des Ver-
trages wegen Mitbenützung der Schwimmſchule
durch das k. u. k. Militär. — Petition in Ange-
legenheit der Reichsbrückenfrage. — Eingabe des
Herrn Karl Pirch um nachträgliche Erhöhung ſeines
Offertes um 16 Prozent. — Geſuch des Stadt-
verſchönerungsvereines in der Magdalenenvorſtadt
um Genehmigung zur Aufſtellung von Bänken. —
Geſuch des Herrn Anton Kraus um Herſtellung
eines Rinnſales in der Werkſtättenſtraße. — Ein-
führung von Kehrbezirken und Feſtſetzung von
Maximaltarifen beim Rauchfangkehrergewerbe. —
Geſuch des Stadtverſchönerungsvereines um Abgabe
von 400 Fuhren Sand. — Bericht über die
Schlachtungen im Monate Mai 1907. — Anſuchen
von vier Hausbeſitzern in der Gemeinde Kartſchowin
um Waſſerbezug aus der ſtädtiſchen Leitung. —
Geſuch der Gemeinde Kartſchowin um ganzjährige
Verrechnung der Waſſergebühren. — Geſuch des
Stadtverſchönerungsvereines um einen Beitrag für
die Wegherſtellung zum Kalvarienberge. — Anſuchen
des Vereines der Hausbeſitzer um Terminänderung
für die Einzahlung von Umlagen. — Nach der
öffentlichen ſolgt eine vertrauliche Sitzung.
Eine Abordnung beim Bürgermeiſter.
Geſtern vormittags um halb 11 Uhr begab ſich eine
Abordnung jenes gewerblichen Ausſchuſſes, welcher
die im Oktober v. J. ſtattgefundene erſte Marburger
Lehrlingsarbeiten-Ausſtellung veranſtaltet hatte, zum
Herrn Bürgermeiſter Dr. Schmiderer, dem
Protektor der damaligen Ausſtellung, um ihm zur
Erinnerung an dieſe Ausſtellung ein mit dem Bilde
des Protektors und ſämtlicher Herren des Aus-
ſtellungsausſchuſſes verſehenes Tableau zu über-
reichen. Die Abordnung beſtand aus dem Obmanne
jenes Ausſchuſſes, dem Gemeinderate und Obmann
des deutſchen Handwerkervereines Herrn Kral, dem
Gemeinderate Herrn Heritſchko und den Herren
Letonja und Eisl. Nach einer Anſprache des
Herrn Kral übernahm Herr Doktor Johann
Schmiderer das Erinnerungszeichen, bedankte
ſich für die ihm gewidmete Aufmerkſamkeit und
erklärte, daß er jederzeit, nach Kräften und gerne
die Intereſſen des Handwerker- und Gewerbeſtandes
fördern werde. — Das Tableau, eine ſchöne Lei-
ſtung der photographiſchen Anſtalt Kieſer, ent-
hält außer dem Bilde des Bürgermeiſters Dr.
Schmiderer noch die Porträts der Herren Aus-
ſchußmitglieder Kral, Fornara, Detſchko, Zollenſtein,
Dadieu, Holzer, Fiſchbach, Eisl, Letonja, Kollar,
Hochenegger, Drofenik, Polatſchek, Kralik, Klein-
ſchuſter, Heritſchko, Friedriger und Dir. Phillippek.
Ein geſchmackvoller, von der Firma Hochenegger-
Drofenik verfertigter, von der Firma Detſchko mit
ſchönen Verzierungen und Initialen aus vergoldetem
Kupfer verſehener Rahmen ſchließt das Andenken ein.
Spende. Von Ungenannt wurde unſerer
Verwaltung je 1 K. für die beiden, mit ihren
Kindern hungernden Frauen, für die wir in der
letzten Samstag-Nummer um Gaben baten, übergeben.
Eine große Südbahnerverſammlung
fand vorgeſtern abends im Götzſchen Brauhaus-
garten ſtatt. Es dürften über 1000 Perſonen an-
weſend geweſen ſein; ob ſämtliche Angeſtellte der
Südbahn waren, konnte freilich nicht genau unter-
ſchieden werden. Die Verſammlung galt dem Be-
ſtreben nach Aufbeſſerung der Lage der Südbahn-
angeſtellten ohne Unterſchied der Kategorie. Sie
verlief, von häufigen Beifallskundgebungen abgeſehen,
in vollſter Ruhe; nur als ein Südbahner geſprochen
hatte, von dem behauptet wurde, daß er ein Chriſt-
lichſozialer ſei, gab es einen Entrüſtungsſturm.
Nachſtehend den Verſammlungsbericht. Zum Vor-
ſitzenden wurde Herr Kajzer gewählt, worauf die
eingelangten zahlreichen Begrüßungstelegramme ver-
leſen wurden. Der erſte Redner, Südbahnbeamte
Nikolits vom Beamtenverein, begrüßte es, daß
die Verſammlung ſo überaus zahlreich beſucht ſei; es
lege dies Zeugnis ab von einem allſeitigen, ziel-
bewußten Eingreifen. Wir ſtehen, ſagt der Redner,
vor einem entſcheidenden Schritte, vor dem Kampfe
um die wirtſchaftliche Exiſtenz. Nicht als Beamte
ſpreche er hier, ſondern als Koalierter, als Kamerad.
(Lebhafter Beifall.) An keinen ſonſtigen Stand im
Getriebe des Staates werden ſolche Anforderungen
gerichtet als an den Eiſenbahner; ſeine ganze
geiſtige und körperliche Kraft müſſe er dem Dienſte
widmen, ſeine Verantwortung ſei eine ungeheuere.
Und die Gegenleiſtung? Die Verwaltungen ſorgen
immer nur für die modernen Anforderungen an das
tote Material; dem lebenden Menſchenmaterial, das
die Werte ſchafft, dem gegenüber beobachte man
nicht einmal die Pflicht der Menſchlichkeit. Wir
wollen nicht als Revolutionäre kommen, aber daß
mit Petitionen und Memoranden bisher gar nichts
geholfen wurde, ſei zweifellos. Es dürfe jetzt nur
nach einem Grundſatze vorgegangen werden: Alle
für einen und einer für alle! (Lebhafter Beifall.)
Und dieſer Rütliſchwur müſſe fortwirken für alle
Zeit. — Gewerkſchaftsbeamte Duſchek aus Wien
verwies auf die paſſive Reſiſtenz im Jahre 1905;
damals ſei den Eiſenbahnern Honig um den Mund
geſchmiert, Verſprechungen auf dem Papier gegeben
worden. Nunmehr ſei man willens, die ehrliche
Durchführung jener Verſprechungen zu erzwingen!
Wir ſuchen, ſagte Redner, den Kampf nicht. denn
wir wiſſen, welche Opfer er verlangen kann. Aber
wir ſcheuen ihn auch nicht! Man dürfe es aber
nicht ſo machen wie bei der paſſiven Reſiſtenz anno
1905; damals ſei auch alles mögliche erklärt worden;
als aber die Marburger Südbahner ihren dicken
Inſpektor erblickten (große Heiterkeit), ſei den meiſten
das Herz wieder in die Hoſen gefallen. Diesmal
müſſe aber aus einem andern Loche gepfiffen werden,
diesmal werden den Haupttruppen auch die Reſerve,
beſtehend aus Werkſtätten- und Bahnerhaltungs-
arbeitern, folgen. Es werde noch einmal mit einem
Memorandum an die Verwaltung der Südbahn
herangetreten werden, worauf den Vertrauens-
männern die entſprechenden Weiſungen zugehen
werden. Die Beſitzer der „Goldprioritäten“ (?)
der Südbahn werden gewiß die Million oder mehr
lieber zahlen, als ſich in einen ſolchen Kampf ein-
laſſen. (Großer Beifall.) — Herr Kopac aus
Trieſt, Sekretär der dortigen Rechtsſchutz- und Ge-
werkſchaftskommiſſion, drückte ſeine Freude darüber
aus, daß nun auch die Beamten radikaler werden.
Sie ſollen ſich aber, ſagte der Redner, vom Beamten-
vereine losſagen und in den Rechtsſchutzverein ein-
treten. Im Gegenſatze zum erſten Redner müſſe er
betonen, daß die Beamten revolutionär werden
müſſen, wenn ſie etwas erreichen wollen. Dem
Memorandum dürfe nur eine kurze Friſt zur Er-
füllung geſteckt werden. Die Südbahngeſellſchaft
ſage immer, ſie ſei paſſiv, habe kein Geld. (Heiter-
keit.) Nächſtens werde die Südbahngeſellſchaft in
Trieſt ihr 50jähriges Jubiläum feiern, wozu ſie
80.000 Kronen ausgeworfen habe. Da werde es
Champagner geben, da werde „gefreſſen und ge-
ſoffen“ werden. So ſcheue ſich die Südbahn nicht,
für ſolche Zwecke rund 100.000 K. hinauszuwerfen;
wenn aber ihre Bedienſteten eine Lohnaufbeſſerung
verlangen, dann ziehe ſie ſich den Bettelrock an und
ſage, ſie habe nichts! (Großer Beifall.) Redner
verweiſt auf die vom Vorredner erwähnten Reſerven,
betonte aber, daß man viele „Rekruten“ habe, die
mit den „Gewehren“ noch nicht umgehen können
und vielleicht auf den Nebenmann oder auf ſich
ſelber ſchießen. Redner begreife, daß die Beamten
gerne 400 K. mehr haben möchten, aber wo bleibe
die Garantie, daß nicht viele beim erſten Schuſſe
ſchon davonlaufen? Viele Beamte ſchnauzen die
Diener an und da könne man nicht verlangen, daß
die Arbeiter den Beamten ohneweiteres den Rücken
decken. Die Beamten mögen daher ihren Kaſtengeiſt
ablegen, was eine Gewähr für die Zukunft ſei. Bei
einer paſſiven Reſiſtenz könnten dann die Beamten
viel helfen, z. B., wenn ſie ſtatt Pauspapier zu
verwenden, alles mit Feder und Tinte ſchreiben.
An die Wiener Zentrale der Organiſation der Bahn-
angeſtellten aber richte Redner die Mahnung, nicht
bloß darauf zu ſehen, daß recht viele Arbeiter der
Organiſation beitreten, ſondern auch dafür zu wirken,
daß die ökonomiſche Lage der Arbeiter einmal eine
beſſere werde. (Beifall.) Redner kam ſchließlich noch
einmal auf die in Ausſicht ſtehende paſſive Reſiſtenz
zu ſprechen, zu deren Durchführung kein Mut ge-
höre; während ihrer Dauer bekomme ja ohnehin
jeder ſein Gehalt oder Lohn und wenn ein Vor-
geſetzter einem „Reſiſtenzler“ vorhalte, daß er paſſive
Reſiſtenz betreibe, ſo könne dieſer ihm ruhig ant-
worten, daß dies eine Lüge ſei, da nach den Vor-
ſchriften gearbeitet werde. Mit einer Erörterung
des autonomiſtiſchen nationalen Programmes der
Sozialdemokraten ſchloß der Redner unter lebhaftem
Beifall ſeine Ausführungen. — Beamter Brüder
in Wien trat für die Solidarität ein; Zugsführer
i. P. Kolleger aus Graz wies darauf hin, daß
ſchon viel gewonnen ſei, wenn die Beamten die
Arbeiter bei der paſſiven Reſiſtenz nicht behindern.
Weiters gab Redner taktiſche Ratſchläge. Beamter
Wild aus Wien trat gleichfalls für die Einigkeit
ein und erinnerte daran, daß der jetzige Eiſenbahn-
miniſter Dr. v. Derſchatta zurzeit, als er noch
einfacher Abgeordneter war, in einer Bahnbeamten-
verſammlung zu dem Verlangen nach Beſſerung
der Lage den Beamten geſagt habe: „Machen Sie
nur tüchtig Muſik; für die Reſonanz werden ſchon
wir ſorgen!“ Heute, fuhr der Redner fort, habe
Dr. v. Derſchatta Gelegenheit, das Verſprechen ein-
zulöſen. — Namens des Bahnmeiſterverbandes
ſicherte Bahnmeiſter Muſil aus Saldenhofen die
vollſte Solidarität zu und Kondukteur Tomſchitz
aus Marburg mahnte, die Einigkeit auch nach er-
rungenem Siege aufrechtzuerhalten. Das Mitglied
des ungariſchen Zentralverbandes, Wonjafka,
überbrachte die Grüße dieſes Verbandes und der
Südbahner in Ofenpeſt. Er trat auch für die
Einigkeit ein und gab ſeiner Verwunderung Ausdruck
darüber, daß ſich die Beamten mit einer Forderung
nach einer 400 Kronen-Zulage begnügen. Redner
erklärte, die öſterreichiſchen Eiſenbahner können ſich
auf die ungariſchen verlaſſen. Lokomotivführer
Dolinſchek aus Marburg ſagte, daß ſich auch die
Lokomotivführer mit den anderen Kategorien ſolidariſch
fühlen. Südbahnangeſtellter Juritſch betonte, daß
die gehörten Reden zwar alle ſehr ſchön geweſen
ſeien; damit ſei aber wenig geholfen, man möge
lieber Poſitives ſchaffen, z. B. die Errichtung einer
entſprechenden Alters- und Invalidenverſorgung.
Redner ſchilderte die traurige Lage, in die jetzt die
Familien kommen, wenn der Ernährer nichts mehr
verdienen könne. Redner Duſchek aus Wien ant-
wortete ſeinem Vorredner in erregter Weiſe. Dieſer
gehöre einer Partei an, die den Arbeitern immer
Prügel zwiſchen die Füße werfe (Rufe: die Chriſtlich-
ſozialen!), die mit den allergrößten Gemeinheiten
vorgehe. Der Vorredner ſolle zum Dr. Lueger
gehen, für ihn ſei kein Platz da hier! (Stürmiſcher
Beifall, großer Lärm, Pfuirufe auf die Chriſtlich-
ſozialen, es wird mit Pfeiferln gepfiffen.)
Redner griff, nachdem ſich der Tumult gelegt hatte,
den Dr. Lueger und die chriſtlichſoziale Partei
in der ſchärfſten Weiſe an und erklärte, er müſſe
ſich dagegen verwahren, daß Chriſtlichſoziale hier
mitberaten, denn dieſe Partei würde alle wieder
ſo verraten wie immer! (Lang anhaltender Beifall
und Entrüſtungsrufe gegen die Chriſtlichſozialen.)
Der Vorſitzende ließ über eine Entſchließung
abſtimmen, welche es mit Befriedigung feſtſtellt, daß
es gelungen ſei, die Solidarität aller Kategorien
herbeizuführen; es werde gelobt, in treuer Soli-
darität auszuharren, bis alle Forderungen erfüllt
ſeien und jede Kategorie den entſprechenden Lohn
bekomme; an das Parlament wird die Bitte um
Unterſtützung gerichtet und der Zentrale der
Koalition zugerufen: „Wir ſind gerüſtet!“ Dieſe
Entſchließung wurde unter lebhaftem Beifall und
ohne Widerſpruch angenommen. Herr Petelinſchek
machte noch darauf aufmerkſam, daß die Kohlen-
arbeiter ebenfalls zur Koalition gehören. Herr
Tomſchitz forderte die Zentrale auf, ſich mit dem
Memorandum zu beeilen. Herr Kopac erklärte
noch, daß anläßlich des Feſtbankettes der Südbahn
in Trieſt dort eine Demonſtration von Eiſenbahnern
ſtattfinden werde, zu welcher das Perſonal aller
jener Stationen kommen ſoll, welche etwas erreichen
wollen. Hierauf wurde die Verſammlung geſchloſſen.
Eine intereſſante Schauſtellung. Eine
Dame, die frei in der Luft ſchwebt, — in der Aus-
ſtellung Kärntnerſtraße 10 wird dem Zu-
ſchauer die Gelegenheit geboten werden, „Lona,
das Welträtſel“, das magiſche Wunder, in aller-
nächſter Nähe in Augenſchein zu nehmen. Man
ſieht die in einen ſcheinbar hypnotiſchen Schlaf
verſetzte junge Dame auf dem Ruhebett liegen,
worauf ſie auf Geheiß ihres Herrn in wagrechter
Lage recht hoch emporſchwebt. Ein über ſie hin-
gezogener Reifen zeigt, daß ſie ohne jegliche Ver-
bindung nach oben und unten frei in der Luft
ſchwebt, alſo daß nichts enthalten iſt, was zu einer
Täuſchung führen könnte. Das alles geht vor den
Augen des Publikums vor ſich, das erſtaunt und
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