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Marburger Zeitung. Nr. 77, Marburg, 10.07.1900.

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Nr. 77, 10. Juli 1900. Marburger Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Mühe redlich zu stärken. Während er das in der
Restauration besorgte; machte sich aber die Locomotive
auf den Weg nach Sponheim und nahm den Zug
mit sich. Sobald das Zugpersonal das Verschwinden
der eigenwilligen Maschine bemerkte, begann eine
heillose Jagd. Das gesammte Personal rannte hinter
dem Flüchtling her, 3 Kilometer weit, bis der Zug
das Vergebliche seines Beginnens einsah und das
Rennen verloren gab. Der Locomotive war gleich
hinter der Station Sponheim die Puste ausgegangen.
Gegen den Heizer wurde aber nunmehr Strafantrag
wegen Gefährdung eines Eisenbahnzuges gestellt;
die Koblenzer Strafkammer erkannte ihn für schuldig
und verurtheilte ihn zu 20 M. Geldstrafe.

(Technologisches Lexikon.)

Handbuch
für alle Industrien und Gewerbe. Uebersicht der
gesammten Technologie der Jetztzeit, zum Gebrauche
für Techniker, Chemiker, Gewerbetreibende, Kauf-
leute u. s. w. Unter Mitwirkung von Fachgenossen
redigiert von Louis Edgar Andes. Das Werk er-
scheint in 20 Lieferungen zu 60 h = 30 kr. Die
Ausgabe erfolgt in zehntägigen Zwischenräumen.
(A. hartlebens Verlag in Wien.) Ein handliches
Compendium der gesammten Technologie der Jetztzeit
in gedrängter Fassung, frei von überflüssigem Ballast
ist eine schon längst empfundene Nothwendigkeit und
die Verlagshandlung hofft mit ihrem Technologischen
Lexikon diesem allseitigen Verlangen entsprochen zu
haben. In diesem Werke, welches im Umfange von
60 Bogen Lexikonformat erscheint und welches von
einem bekannten Fachmanne auf Grund eines sehr
reichlichen Materiales und eigenen umfangreichen
Wissens aus der Praxis heraus redigiert ist, wird
jedermann über irgend einen technischen Ausdruck,
eine Maschine, ein technisches Geräth, ein Natur-
oder Fabrikationsproduct, einen chemischen oder
mechanischen Vorgang, über die mit der Technologie
zusammenhängenden und für sie unentbehrlichen
Wissenschaften in wenigen Augenblicken kurzen,
bündigen und zutreffenden Aufschluss finden und
mühevollen Nachschlagens und Anfragens vollständig
enthoben sein. Die uns vorliegende erste Lieferung
des Werkes verspricht nur das Beste und das
Technologische Lexikon dürfte eine weite Verbreitung
in jenem großen Kreise finden, der mit der Technologie
in Verbindung steht.

(Die Nationalitäten in Europa im
Jahre
1900.)

Laut Otto Hübners neuesten stati-
stischen Tabellen aller Länder sind von 386,000.000
Bewohnern Europas 124,558.530 Germanen,
124,009.000 Slaven, 107,011.400 Romanen und
22,004.000 anderer Nationalität. Von den Ger-
manen sind die Deutschen mit 65,900.530 die
stärksten und zwar in Deutschland 51,151.130, in
Oesterreich-Ungarn 10,600.000, in der Schweiz
2,173.000, in Rußland 1,200.000, die Engländer
mit 38,500.000, die Schweden mit 4,990.000, die
Vlämen mit 4,214.000, die Dänen mit 2,284.000,
die Friesen mit 2,908.000, die Holländer mit
3,602.000 und die Norweger mit 2,160.000 Seelen.
[Spaltenumbruch] -- Von den Slaven sind die stärksten die Russen
mit 84,930.000 Seelen (hievon in Rußland selbst
81,400.000, in Oesterreich-Ungarn 3,515.000). Von
den Romanen sind die stärksten die Franzosen
mit 43,360.000 (hievon in Frankreich 37,470.000,
in Italien 1,400.000, in der Schweiz 735.000, in
Deutschland 580.000), die Italiener mit 31,135.400
Seelen (hievon in Italien 29,760.000, in Oester-
reich-Ungarn 675.000, in Frankreich 500.000, in
der Schweiz 175 000), die Spanier mit 18,066.000
Seelen, Rumänen mit 9,441.000 Seelen, und
die Portugiesen mit 5,010.000 Seelen. -- Außer-
dem sind Magyaren 7,405.000 (Ungarn),
5,928.000 Juden (hier sind die Juden sehr richtig
als Volk gerechnet), hievon 3,400.000 in Rußland,
1,910.000 in Oesterreich-Ungarn, Türken 4,571.000,
Finnen 4,090.000, Griechen 2,330.000. -- Vom
Jahre 1850, da Europa 240,000.000 Bewohner
zählte (80,140.000 Germanen, 78.885.000 Slaven,
74,200.000 Romanen und 14,775.000 andere),
vermehrten sich die Germanen um 55% (am stärksten
die Deutschen um 61%), die Slaven um 57%
(am stärksten die Russen um 73%), die Romanen
um 44% (am schwächsten die Franzosen um blos
14·5%) und die anderen um 49% (am stärksten
die Magyaren um 83%, was freilich der seit dem
Jahre 1870 gewaltsamen Magyarisierung zuzu-
schreiben ist), am schwächsten die Türken und Tar-
taren, die letzteren um 18%, die ersteren sogar
blos um 9·2%.




Eigen-Berichte.
(Landwirtschaft-
liche Versammlung.)

Am 24. v. M. hielt
die hiesige Filiale der k. k. Landwirtschafts-Gesell-
schaft unter dem Vorsitze des Herrn Adolf Reichs-
ritter von Jenisch eine sehr gut besuchte Wander-
versammlung in Herrn Hubmanns Gasthaus in
Kaindorf ab, an welcher auch die Zöglinge der
Winzerschule Silberberg unter Führung ihres Leiters
Herrn J. Neuwirt theilnahmen. Herr Landes-
Ackerbauschullehrer A. Rauch hielt einen lehrreichen
Vortrag über "Bienenzucht". Der Vortragende
illustrierte zuerst den großen directen und dann
den noch größeren indirecten Nutzen der Bienen-
zucht, erörterte die Ursachen, warum sich die edle
Imkerei heutzutage noch keines besseren Auf-
schwunges erfreue, und erwähnte unter diesen
namentlich die Furcht vor dem Bienenstachel, worauf
er Winke angab, wie die bös gemachten Thierchen
zu besänftigen sind. Der Redner ergieng sich in
seinen weiteren Ausführungen sehr genau über die
Lebensweise des Bienenvolkes, besprach die einzelnen
einschlagenden Capitel sehr ausführlich, übergieng
dann zu den krankhaften Zuständen eines Bienen-
volkes, wobei er die Weisellosigkeit und deren Be-
hebung sehr eingehend schilderte. Schließlich wurde
auch der Raubbienen, deren Entstehen und ihrer
Abhaltung von den Ständen gedacht. Reicher Bei-
[Spaltenumbruch] fall lohnte den Redner für die gediegenen Aus-
führungen, an welche sich zahlreiche Anfragen
seitens der Theilnehmer schlossen, die vom Referenten
wieder recht klar beantwortet wurden. Man sah
ein, dass die Lehre von der Bienenzucht nicht mit
einem Vortrage abgethan werden könne, sondern
dass die Bienenfreunde sich vereinigen, eine Filiale
des steierm. Bienenzucht-Vereines gründen sollen,
welcher seinen Mitgliedern nicht nur mit Rath und
That an die Hand geht, sondern auch sehr viele
anderweitige Vortheile verschafft. Die Versammlung
fand ihren Abschluss, indem dem Berichterstatter
der Dank der Versammlung durch Erheben von
den Sitzen ausgedrückt wurde.

(Schul-
freundlichkeit.)

Am vergangenen Donnerstag
empfiengen in der hiesigen Pfarrkirche 11 Schüler
der hiesigen deutschen Schule die erste hl. Communion.
Nach dem feierlichen Acte führte Herr Pfarrer Matthias
Kelemina seine Schüler in den Pfarrhof und be-
wirtete sie an einer geschmückten Tafel mit Kaffee
und Bäckerei. -- Herzlichsten Dank für diese Kinder-
freundlichkeit.

(Windische
Berichterstatter.)

Berichterstatter des in Laibach
erscheinenden Tagblattes "Slovenski Narod" für
St. Egydi i. W.-B. und vielleicht auch für dessen
Umgebung ist ein gewisser "Ferlinz". Er hatte
seinerzeit kurze Zeit die Lehrerbildungsanstalt in
Marburg oder vielleicht nur die Vorbereitungsclasse
besucht, dort wahrscheinlich die zum Berichterstatter
eines "slovenischen" Blattes erforderlichen Fähigkeiten
sich angeeignet, in den Wintermonaten ist er Schnee-
schaufler der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft und
in den Sommermonaten sucht er durch Handlanger-
dienst sich ein Einkommen zu verschaffen. Hie und
da bläst er als Mitglied einer Veteranenkapelle den
Deutschen Marburgs etwas vor. Wir haben dies
alles erwähnt, weil die Deutschen aller Gesellschafts-
classen in den deutsch- und windischgeschriebenen
Slovenenblättern fort und fort angegriffen werden,
in diesen Blättern so manche Denunciation erfolgt,
die maßgebenden Ortes häufig Beachtung findet.
Wir wollen mit diesen Zeilen darthun, wie wählerisch
die slovenischen Blätter in der Wahl ihrer Bericht-
erstatter sind, und welchen Wert deren Mittheilungen
haben. Schließlich sei erwähnt, dass diese Mit-
theilung keineswegs auf Vermuthungen beruht,
sondern Ferlinz brüstet sich öffentlich, dass er Be-
richterstatter des "Slovenski Narod" sei. -- Sie
sollen ihn nur haben.

(Vom Gymnasium.)

Der 31. Jahresbericht des Kaiser Franz Josef-
Gymnasiums in Pettau ist erschienen. Veröffentlicht
hat ihn Director Andreas Gubo. Außer den Schul-
nachrichten enthält das Heft einen Beitrag zur Ge-
schichte des Gymnasiums: "Der Auszng aus dem
alten Haus" aus der Feder des Directors. Am Ende
des Schuljahres betrug die Schülerzahl 144, die
sich auf sechs Classen vertheilte. Aus Pettau waren




[Spaltenumbruch]
Marburg um die Mitte des 19. Jahr-
hunderts.

Erinnerungen eines alten Marburgers, von A. M.

(Schluss.)

Eine eigenthümliche Verbindung von Lust und
Schmerz befand sich an der Ecke des Kirchplatzes und
der Kirchgasse. Hier war das alte Theater. Wer dieses
nie gesehen hat, kann sich wohl keine Vorstellung
machen von dem damaligen Musentempel, aus dem
aber doch tüchtige Kräfte, die später auf großen
Bühnen glänzten, hervorgiengen. Bei den damals
so beliebten Ritterstücken schwebten wohl die Federn
auf den Baretts der Ritter in den Wolken und
wehe dem Schauspieler, der bei den Zauberstücken
die Versenkung benützen musste, er hatte einen Kampf
mit den Ratten zu bestehen, wenn er unterirdisch
zur Versenkung hinkroch. Anschließend, an das
Theater befand sich in der Kirchgasse das alter-
thümliche Bürgerspital, dessen Fensterchen kaum
2 Schuh im Geviert betrugen. An die Westseite
des Theaters schloss sich an das allgemeine Kranken-
haus, dessen ebenerdige Zimmer ihren Fußboden
mindestens einen Schuh unter dem Bürgersteige
hatten, während die Höhe sämmtlicher Räumlichkeiten
die jetzt für gewöhnliche Wohnzimmer vorgeschriebene
nicht erreichte. Kaum 2 Klafter vom Haupteingange
in die Kirche entfernt, befand sich der alte Pfarrhof.
An ihn sich anschließend der Wirtschaftshof mit den
Stallungen, in seiner Mitte der große Düngerhausen,
von dem die Jauche in die Pfarrhofgasse abfloss.
Die nördliche Ecke des Kirchplatzes bildete das in
[Spaltenumbruch] denselben weit hineinspringende Manich'sche Häuschen,
welches einst das Schulhaus von Marburg gewesen
sein soll. An Stelle des jetzigen Pfarrhofes war
das k. k. Verpflegsamt mit seinem ebenerdigen Mehl-
magazin. An Stelle der bischöflichen Residenz ein,
zwei französischen Grafen gehöriges Gebäude. Daran
schloss sich das kleine Wreg'sche Häuschen und die
Macher'sche Restauration. Mit dem Baue des
Theaters wurde schon 1848 begonnen, dasselbe aber
erst 1852 seiner Bestimmung zugeführt. Vor ihm,
wo jetzt das Casinogebäude steht, war ein freier,
mit Kastanienbäumen bepflanzter Platz. Wo sich
jetzt die Schillerstraße hinzieht, war an der nördlichen
Stadtmauer eine Allee von Maulbeerbäumen, nördlich
von ihr die Reste des Stadtgrabens. Die geringste
Veränderung erfolgte in der Kärntnervorstadt, ja
man muss wohl sagen, dass der Verkehr in ihr
ehemals lebhafter war als jetzt, da die Waren nach
Kärnten zu Wagen auf der Drauwaldstraße befördert
wurden. Gänzlich hat sich die Magdalenavorstadt
verändert. Aus den wenigen alten Häusern der
Triester-, Berg-, Franz Josef- und Josefstraße können
wir ihre geringe Ausdehnung in der Mitte dieses
Jahrhunderts ersehen. Leider erfolgte die Aus-
dehnung dieser Vorstadt nicht nach einem bestimmten
Systeme und so macht sie, trotzdem sie mehr Ein-
wohner als die Stadt Cilli zählt, keinen städtischen
Eindruck. Viel sind daran auch die Hausbesitzer
schuld, von denen die wenigsten vor ihren Häusern
Bürgersteige legen lassen u. s. w.

Nachdem wir so beiläufig ein Bild Marburgs
vor 50 Jahren entworfen haben, wollen wir noch
einiges über die Zustände erzählen, wie sie damals
[Spaltenumbruch] in der Stadt herrschten. Während gegenwärtig die
Post in einem Palaste untergebracht ist, von dem
aus des Morgens eine Schar von Briefträgern
nach allen Richtungen hin eilt, finden wir damals
den, stets in untadelhaftes Schwarz gekleideten
Postverwalter Koscheg mit 3--4 Beamten und einem
Briefträger den ganzen Postdienst besorgen. Von
letzteren, dem kleinen dicken Propst, sagten die Leute,
seine Beine seien deshalb so kurz, weil er sie durch
das viele Umherlaufen abgenützt habe. Nächst dem
Postverkehr hat wohl die öffentliche Beleuchtung
den größten Umschwung erlitten. Wo sind die
Zeiten, in welchen das Laternanzünderglöcklein dem
Laternanzünder Stefan (Atschko) bedeutete, er habe
für die Beleuchtung der Stadt zu sorgen. Da
schulterte er denn sein hölzernes Gestelle, in welchem
sich die Oellampen befanden und schritt von Laterne
zu Laterne, in ihnen das Licht anzubringen, welches
wohl nicht die Straßen beleuchtete, sondern der Be-
völkerung nur kundgab, an welcher Stelle sich eine
öffentliche Laterne befand. Aber noch ein anderes
Glöcklein erschallte und zwar täglich um 11 Uhr
nachts, das zu oberst im Thurme aufgehängte so-
genannte Lumpenglöcklein. Ob auf seinen Ruf alle
ehrbaren Bürger Marburgs die Wirtsstube verließen
und sich nach Hause begaben, wissen wir nicht,
doch sie wussten es, welchen Titel sie verdienten,
wenn sie sich noch nach Läuten dieses Glöckleins
auf der Straße blicken ließen.

Die städtische Polizei, aus 2--3 Mann be-
stehend, unter dem Commando des allerorts, be-
sonders aber von den Studenten gefürchteten Stadt-
wachtmeisters Dank, bot ein Bild dar, wie wir es


Nr. 77, 10. Juli 1900. Marburger Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Mühe redlich zu ſtärken. Während er das in der
Reſtauration beſorgte; machte ſich aber die Locomotive
auf den Weg nach Sponheim und nahm den Zug
mit ſich. Sobald das Zugperſonal das Verſchwinden
der eigenwilligen Maſchine bemerkte, begann eine
heilloſe Jagd. Das geſammte Perſonal rannte hinter
dem Flüchtling her, 3 Kilometer weit, bis der Zug
das Vergebliche ſeines Beginnens einſah und das
Rennen verloren gab. Der Locomotive war gleich
hinter der Station Sponheim die Puſte ausgegangen.
Gegen den Heizer wurde aber nunmehr Strafantrag
wegen Gefährdung eines Eiſenbahnzuges geſtellt;
die Koblenzer Strafkammer erkannte ihn für ſchuldig
und verurtheilte ihn zu 20 M. Geldſtrafe.

(Technologiſches Lexikon.)

Handbuch
für alle Induſtrien und Gewerbe. Ueberſicht der
geſammten Technologie der Jetztzeit, zum Gebrauche
für Techniker, Chemiker, Gewerbetreibende, Kauf-
leute u. ſ. w. Unter Mitwirkung von Fachgenoſſen
redigiert von Louis Edgar Andés. Das Werk er-
ſcheint in 20 Lieferungen zu 60 h = 30 kr. Die
Ausgabe erfolgt in zehntägigen Zwiſchenräumen.
(A. hartlebens Verlag in Wien.) Ein handliches
Compendium der geſammten Technologie der Jetztzeit
in gedrängter Faſſung, frei von überflüſſigem Ballaſt
iſt eine ſchon längſt empfundene Nothwendigkeit und
die Verlagshandlung hofft mit ihrem Technologiſchen
Lexikon dieſem allſeitigen Verlangen entſprochen zu
haben. In dieſem Werke, welches im Umfange von
60 Bogen Lexikonformat erſcheint und welches von
einem bekannten Fachmanne auf Grund eines ſehr
reichlichen Materiales und eigenen umfangreichen
Wiſſens aus der Praxis heraus redigiert iſt, wird
jedermann über irgend einen techniſchen Ausdruck,
eine Maſchine, ein techniſches Geräth, ein Natur-
oder Fabrikationsproduct, einen chemiſchen oder
mechaniſchen Vorgang, über die mit der Technologie
zuſammenhängenden und für ſie unentbehrlichen
Wiſſenſchaften in wenigen Augenblicken kurzen,
bündigen und zutreffenden Aufſchluſs finden und
mühevollen Nachſchlagens und Anfragens vollſtändig
enthoben ſein. Die uns vorliegende erſte Lieferung
des Werkes verſpricht nur das Beſte und das
Technologiſche Lexikon dürfte eine weite Verbreitung
in jenem großen Kreiſe finden, der mit der Technologie
in Verbindung ſteht.

(Die Nationalitäten in Europa im
Jahre
1900.)

Laut Otto Hübners neueſten ſtati-
ſtiſchen Tabellen aller Länder ſind von 386,000.000
Bewohnern Europas 124,558.530 Germanen,
124,009.000 Slaven, 107,011.400 Romanen und
22,004.000 anderer Nationalität. Von den Ger-
manen ſind die Deutſchen mit 65,900.530 die
ſtärkſten und zwar in Deutſchland 51,151.130, in
Oeſterreich-Ungarn 10,600.000, in der Schweiz
2,173.000, in Rußland 1,200.000, die Engländer
mit 38,500.000, die Schweden mit 4,990.000, die
Vlämen mit 4,214.000, die Dänen mit 2,284.000,
die Frieſen mit 2,908.000, die Holländer mit
3,602.000 und die Norweger mit 2,160.000 Seelen.
[Spaltenumbruch] — Von den Slaven ſind die ſtärkſten die Ruſſen
mit 84,930.000 Seelen (hievon in Rußland ſelbſt
81,400.000, in Oeſterreich-Ungarn 3,515.000). Von
den Romanen ſind die ſtärkſten die Franzoſen
mit 43,360.000 (hievon in Frankreich 37,470.000,
in Italien 1,400.000, in der Schweiz 735.000, in
Deutſchland 580.000), die Italiener mit 31,135.400
Seelen (hievon in Italien 29,760.000, in Oeſter-
reich-Ungarn 675.000, in Frankreich 500.000, in
der Schweiz 175 000), die Spanier mit 18,066.000
Seelen, Rumänen mit 9,441.000 Seelen, und
die Portugieſen mit 5,010.000 Seelen. — Außer-
dem ſind Magyaren 7,405.000 (Ungarn),
5,928.000 Juden (hier ſind die Juden ſehr richtig
als Volk gerechnet), hievon 3,400.000 in Rußland,
1,910.000 in Oeſterreich-Ungarn, Türken 4,571.000,
Finnen 4,090.000, Griechen 2,330.000. — Vom
Jahre 1850, da Europa 240,000.000 Bewohner
zählte (80,140.000 Germanen, 78.885.000 Slaven,
74,200.000 Romanen und 14,775.000 andere),
vermehrten ſich die Germanen um 55% (am ſtärkſten
die Deutſchen um 61%), die Slaven um 57%
(am ſtärkſten die Ruſſen um 73%), die Romanen
um 44% (am ſchwächſten die Franzoſen um blos
14·5%) und die anderen um 49% (am ſtärkſten
die Magyaren um 83%, was freilich der ſeit dem
Jahre 1870 gewaltſamen Magyariſierung zuzu-
ſchreiben iſt), am ſchwächſten die Türken und Tar-
taren, die letzteren um 18%, die erſteren ſogar
blos um 9·2%.




Eigen-Berichte.
(Landwirtſchaft-
liche Verſammlung.)

Am 24. v. M. hielt
die hieſige Filiale der k. k. Landwirtſchafts-Geſell-
ſchaft unter dem Vorſitze des Herrn Adolf Reichs-
ritter von Jeniſch eine ſehr gut beſuchte Wander-
verſammlung in Herrn Hubmanns Gaſthaus in
Kaindorf ab, an welcher auch die Zöglinge der
Winzerſchule Silberberg unter Führung ihres Leiters
Herrn J. Neuwirt theilnahmen. Herr Landes-
Ackerbauſchullehrer A. Rauch hielt einen lehrreichen
Vortrag über „Bienenzucht“. Der Vortragende
illuſtrierte zuerſt den großen directen und dann
den noch größeren indirecten Nutzen der Bienen-
zucht, erörterte die Urſachen, warum ſich die edle
Imkerei heutzutage noch keines beſſeren Auf-
ſchwunges erfreue, und erwähnte unter dieſen
namentlich die Furcht vor dem Bienenſtachel, worauf
er Winke angab, wie die bös gemachten Thierchen
zu beſänftigen ſind. Der Redner ergieng ſich in
ſeinen weiteren Ausführungen ſehr genau über die
Lebensweiſe des Bienenvolkes, beſprach die einzelnen
einſchlagenden Capitel ſehr ausführlich, übergieng
dann zu den krankhaften Zuſtänden eines Bienen-
volkes, wobei er die Weiſelloſigkeit und deren Be-
hebung ſehr eingehend ſchilderte. Schließlich wurde
auch der Raubbienen, deren Entſtehen und ihrer
Abhaltung von den Ständen gedacht. Reicher Bei-
[Spaltenumbruch] fall lohnte den Redner für die gediegenen Aus-
führungen, an welche ſich zahlreiche Anfragen
ſeitens der Theilnehmer ſchloſſen, die vom Referenten
wieder recht klar beantwortet wurden. Man ſah
ein, daſs die Lehre von der Bienenzucht nicht mit
einem Vortrage abgethan werden könne, ſondern
daſs die Bienenfreunde ſich vereinigen, eine Filiale
des ſteierm. Bienenzucht-Vereines gründen ſollen,
welcher ſeinen Mitgliedern nicht nur mit Rath und
That an die Hand geht, ſondern auch ſehr viele
anderweitige Vortheile verſchafft. Die Verſammlung
fand ihren Abſchluſs, indem dem Berichterſtatter
der Dank der Verſammlung durch Erheben von
den Sitzen ausgedrückt wurde.

(Schul-
freundlichkeit.)

Am vergangenen Donnerstag
empfiengen in der hieſigen Pfarrkirche 11 Schüler
der hieſigen deutſchen Schule die erſte hl. Communion.
Nach dem feierlichen Acte führte Herr Pfarrer Matthias
Kelemina ſeine Schüler in den Pfarrhof und be-
wirtete ſie an einer geſchmückten Tafel mit Kaffee
und Bäckerei. — Herzlichſten Dank für dieſe Kinder-
freundlichkeit.

(Windiſche
Berichterſtatter.)

Berichterſtatter des in Laibach
erſcheinenden Tagblattes „Slovenski Narod“ für
St. Egydi i. W.-B. und vielleicht auch für deſſen
Umgebung iſt ein gewiſſer „Ferlinz“. Er hatte
ſeinerzeit kurze Zeit die Lehrerbildungsanſtalt in
Marburg oder vielleicht nur die Vorbereitungsclaſſe
beſucht, dort wahrſcheinlich die zum Berichterſtatter
eines „ſloveniſchen“ Blattes erforderlichen Fähigkeiten
ſich angeeignet, in den Wintermonaten iſt er Schnee-
ſchaufler der k. k. priv. Südbahn-Geſellſchaft und
in den Sommermonaten ſucht er durch Handlanger-
dienſt ſich ein Einkommen zu verſchaffen. Hie und
da bläst er als Mitglied einer Veteranenkapelle den
Deutſchen Marburgs etwas vor. Wir haben dies
alles erwähnt, weil die Deutſchen aller Geſellſchafts-
claſſen in den deutſch- und windiſchgeſchriebenen
Slovenenblättern fort und fort angegriffen werden,
in dieſen Blättern ſo manche Denunciation erfolgt,
die maßgebenden Ortes häufig Beachtung findet.
Wir wollen mit dieſen Zeilen darthun, wie wähleriſch
die ſloveniſchen Blätter in der Wahl ihrer Bericht-
erſtatter ſind, und welchen Wert deren Mittheilungen
haben. Schließlich ſei erwähnt, daſs dieſe Mit-
theilung keineswegs auf Vermuthungen beruht,
ſondern Ferlinz brüſtet ſich öffentlich, daſs er Be-
richterſtatter des „Slovenski Narod“ ſei. — Sie
ſollen ihn nur haben.

(Vom Gymnaſium.)

Der 31. Jahresbericht des Kaiſer Franz Joſef-
Gymnaſiums in Pettau iſt erſchienen. Veröffentlicht
hat ihn Director Andreas Gubo. Außer den Schul-
nachrichten enthält das Heft einen Beitrag zur Ge-
ſchichte des Gymnaſiums: „Der Auszng aus dem
alten Haus“ aus der Feder des Directors. Am Ende
des Schuljahres betrug die Schülerzahl 144, die
ſich auf ſechs Claſſen vertheilte. Aus Pettau waren




[Spaltenumbruch]
Marburg um die Mitte des 19. Jahr-
hunderts.

Erinnerungen eines alten Marburgers, von A. M.

(Schluſs.)

Eine eigenthümliche Verbindung von Luſt und
Schmerz befand ſich an der Ecke des Kirchplatzes und
der Kirchgaſſe. Hier war das alte Theater. Wer dieſes
nie geſehen hat, kann ſich wohl keine Vorſtellung
machen von dem damaligen Muſentempel, aus dem
aber doch tüchtige Kräfte, die ſpäter auf großen
Bühnen glänzten, hervorgiengen. Bei den damals
ſo beliebten Ritterſtücken ſchwebten wohl die Federn
auf den Baretts der Ritter in den Wolken und
wehe dem Schauſpieler, der bei den Zauberſtücken
die Verſenkung benützen muſste, er hatte einen Kampf
mit den Ratten zu beſtehen, wenn er unterirdiſch
zur Verſenkung hinkroch. Anſchließend, an das
Theater befand ſich in der Kirchgaſſe das alter-
thümliche Bürgerſpital, deſſen Fenſterchen kaum
2 Schuh im Geviert betrugen. An die Weſtſeite
des Theaters ſchloſs ſich an das allgemeine Kranken-
haus, deſſen ebenerdige Zimmer ihren Fußboden
mindeſtens einen Schuh unter dem Bürgerſteige
hatten, während die Höhe ſämmtlicher Räumlichkeiten
die jetzt für gewöhnliche Wohnzimmer vorgeſchriebene
nicht erreichte. Kaum 2 Klafter vom Haupteingange
in die Kirche entfernt, befand ſich der alte Pfarrhof.
An ihn ſich anſchließend der Wirtſchaftshof mit den
Stallungen, in ſeiner Mitte der große Düngerhauſen,
von dem die Jauche in die Pfarrhofgaſſe abfloſs.
Die nördliche Ecke des Kirchplatzes bildete das in
[Spaltenumbruch] denſelben weit hineinſpringende Manich’ſche Häuschen,
welches einſt das Schulhaus von Marburg geweſen
ſein ſoll. An Stelle des jetzigen Pfarrhofes war
das k. k. Verpflegsamt mit ſeinem ebenerdigen Mehl-
magazin. An Stelle der biſchöflichen Reſidenz ein,
zwei franzöſiſchen Grafen gehöriges Gebäude. Daran
ſchloſs ſich das kleine Wreg’ſche Häuschen und die
Macher’ſche Reſtauration. Mit dem Baue des
Theaters wurde ſchon 1848 begonnen, dasſelbe aber
erſt 1852 ſeiner Beſtimmung zugeführt. Vor ihm,
wo jetzt das Caſinogebäude ſteht, war ein freier,
mit Kaſtanienbäumen bepflanzter Platz. Wo ſich
jetzt die Schillerſtraße hinzieht, war an der nördlichen
Stadtmauer eine Allee von Maulbeerbäumen, nördlich
von ihr die Reſte des Stadtgrabens. Die geringſte
Veränderung erfolgte in der Kärntnervorſtadt, ja
man muſs wohl ſagen, daſs der Verkehr in ihr
ehemals lebhafter war als jetzt, da die Waren nach
Kärnten zu Wagen auf der Drauwaldſtraße befördert
wurden. Gänzlich hat ſich die Magdalenavorſtadt
verändert. Aus den wenigen alten Häuſern der
Trieſter-, Berg-, Franz Joſef- und Joſefſtraße können
wir ihre geringe Ausdehnung in der Mitte dieſes
Jahrhunderts erſehen. Leider erfolgte die Aus-
dehnung dieſer Vorſtadt nicht nach einem beſtimmten
Syſteme und ſo macht ſie, trotzdem ſie mehr Ein-
wohner als die Stadt Cilli zählt, keinen ſtädtiſchen
Eindruck. Viel ſind daran auch die Hausbeſitzer
ſchuld, von denen die wenigſten vor ihren Häuſern
Bürgerſteige legen laſſen u. ſ. w.

Nachdem wir ſo beiläufig ein Bild Marburgs
vor 50 Jahren entworfen haben, wollen wir noch
einiges über die Zuſtände erzählen, wie ſie damals
[Spaltenumbruch] in der Stadt herrſchten. Während gegenwärtig die
Poſt in einem Palaſte untergebracht iſt, von dem
aus des Morgens eine Schar von Briefträgern
nach allen Richtungen hin eilt, finden wir damals
den, ſtets in untadelhaftes Schwarz gekleideten
Poſtverwalter Koſcheg mit 3—4 Beamten und einem
Briefträger den ganzen Poſtdienſt beſorgen. Von
letzteren, dem kleinen dicken Propſt, ſagten die Leute,
ſeine Beine ſeien deshalb ſo kurz, weil er ſie durch
das viele Umherlaufen abgenützt habe. Nächſt dem
Poſtverkehr hat wohl die öffentliche Beleuchtung
den größten Umſchwung erlitten. Wo ſind die
Zeiten, in welchen das Laternanzünderglöcklein dem
Laternanzünder Stefan (Atſchko) bedeutete, er habe
für die Beleuchtung der Stadt zu ſorgen. Da
ſchulterte er denn ſein hölzernes Geſtelle, in welchem
ſich die Oellampen befanden und ſchritt von Laterne
zu Laterne, in ihnen das Licht anzubringen, welches
wohl nicht die Straßen beleuchtete, ſondern der Be-
völkerung nur kundgab, an welcher Stelle ſich eine
öffentliche Laterne befand. Aber noch ein anderes
Glöcklein erſchallte und zwar täglich um 11 Uhr
nachts, das zu oberſt im Thurme aufgehängte ſo-
genannte Lumpenglöcklein. Ob auf ſeinen Ruf alle
ehrbaren Bürger Marburgs die Wirtsſtube verließen
und ſich nach Hauſe begaben, wiſſen wir nicht,
doch ſie wuſsten es, welchen Titel ſie verdienten,
wenn ſie ſich noch nach Läuten dieſes Glöckleins
auf der Straße blicken ließen.

Die ſtädtiſche Polizei, aus 2—3 Mann be-
ſtehend, unter dem Commando des allerorts, be-
ſonders aber von den Studenten gefürchteten Stadt-
wachtmeiſters Dank, bot ein Bild dar, wie wir es


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[3/0003] Nr. 77, 10. Juli 1900. Marburger Zeitung. Mühe redlich zu ſtärken. Während er das in der Reſtauration beſorgte; machte ſich aber die Locomotive auf den Weg nach Sponheim und nahm den Zug mit ſich. Sobald das Zugperſonal das Verſchwinden der eigenwilligen Maſchine bemerkte, begann eine heilloſe Jagd. Das geſammte Perſonal rannte hinter dem Flüchtling her, 3 Kilometer weit, bis der Zug das Vergebliche ſeines Beginnens einſah und das Rennen verloren gab. Der Locomotive war gleich hinter der Station Sponheim die Puſte ausgegangen. Gegen den Heizer wurde aber nunmehr Strafantrag wegen Gefährdung eines Eiſenbahnzuges geſtellt; die Koblenzer Strafkammer erkannte ihn für ſchuldig und verurtheilte ihn zu 20 M. Geldſtrafe. (Technologiſches Lexikon.) Handbuch für alle Induſtrien und Gewerbe. Ueberſicht der geſammten Technologie der Jetztzeit, zum Gebrauche für Techniker, Chemiker, Gewerbetreibende, Kauf- leute u. ſ. w. Unter Mitwirkung von Fachgenoſſen redigiert von Louis Edgar Andés. Das Werk er- ſcheint in 20 Lieferungen zu 60 h = 30 kr. Die Ausgabe erfolgt in zehntägigen Zwiſchenräumen. (A. hartlebens Verlag in Wien.) Ein handliches Compendium der geſammten Technologie der Jetztzeit in gedrängter Faſſung, frei von überflüſſigem Ballaſt iſt eine ſchon längſt empfundene Nothwendigkeit und die Verlagshandlung hofft mit ihrem Technologiſchen Lexikon dieſem allſeitigen Verlangen entſprochen zu haben. In dieſem Werke, welches im Umfange von 60 Bogen Lexikonformat erſcheint und welches von einem bekannten Fachmanne auf Grund eines ſehr reichlichen Materiales und eigenen umfangreichen Wiſſens aus der Praxis heraus redigiert iſt, wird jedermann über irgend einen techniſchen Ausdruck, eine Maſchine, ein techniſches Geräth, ein Natur- oder Fabrikationsproduct, einen chemiſchen oder mechaniſchen Vorgang, über die mit der Technologie zuſammenhängenden und für ſie unentbehrlichen Wiſſenſchaften in wenigen Augenblicken kurzen, bündigen und zutreffenden Aufſchluſs finden und mühevollen Nachſchlagens und Anfragens vollſtändig enthoben ſein. Die uns vorliegende erſte Lieferung des Werkes verſpricht nur das Beſte und das Technologiſche Lexikon dürfte eine weite Verbreitung in jenem großen Kreiſe finden, der mit der Technologie in Verbindung ſteht. (Die Nationalitäten in Europa im Jahre 1900.) Laut Otto Hübners neueſten ſtati- ſtiſchen Tabellen aller Länder ſind von 386,000.000 Bewohnern Europas 124,558.530 Germanen, 124,009.000 Slaven, 107,011.400 Romanen und 22,004.000 anderer Nationalität. Von den Ger- manen ſind die Deutſchen mit 65,900.530 die ſtärkſten und zwar in Deutſchland 51,151.130, in Oeſterreich-Ungarn 10,600.000, in der Schweiz 2,173.000, in Rußland 1,200.000, die Engländer mit 38,500.000, die Schweden mit 4,990.000, die Vlämen mit 4,214.000, die Dänen mit 2,284.000, die Frieſen mit 2,908.000, die Holländer mit 3,602.000 und die Norweger mit 2,160.000 Seelen. — Von den Slaven ſind die ſtärkſten die Ruſſen mit 84,930.000 Seelen (hievon in Rußland ſelbſt 81,400.000, in Oeſterreich-Ungarn 3,515.000). Von den Romanen ſind die ſtärkſten die Franzoſen mit 43,360.000 (hievon in Frankreich 37,470.000, in Italien 1,400.000, in der Schweiz 735.000, in Deutſchland 580.000), die Italiener mit 31,135.400 Seelen (hievon in Italien 29,760.000, in Oeſter- reich-Ungarn 675.000, in Frankreich 500.000, in der Schweiz 175 000), die Spanier mit 18,066.000 Seelen, Rumänen mit 9,441.000 Seelen, und die Portugieſen mit 5,010.000 Seelen. — Außer- dem ſind Magyaren 7,405.000 (Ungarn), 5,928.000 Juden (hier ſind die Juden ſehr richtig als Volk gerechnet), hievon 3,400.000 in Rußland, 1,910.000 in Oeſterreich-Ungarn, Türken 4,571.000, Finnen 4,090.000, Griechen 2,330.000. — Vom Jahre 1850, da Europa 240,000.000 Bewohner zählte (80,140.000 Germanen, 78.885.000 Slaven, 74,200.000 Romanen und 14,775.000 andere), vermehrten ſich die Germanen um 55% (am ſtärkſten die Deutſchen um 61%), die Slaven um 57% (am ſtärkſten die Ruſſen um 73%), die Romanen um 44% (am ſchwächſten die Franzoſen um blos 14·5%) und die anderen um 49% (am ſtärkſten die Magyaren um 83%, was freilich der ſeit dem Jahre 1870 gewaltſamen Magyariſierung zuzu- ſchreiben iſt), am ſchwächſten die Türken und Tar- taren, die letzteren um 18%, die erſteren ſogar blos um 9·2%. Eigen-Berichte. Leibnitz, 7. Juli. (Landwirtſchaft- liche Verſammlung.) Am 24. v. M. hielt die hieſige Filiale der k. k. Landwirtſchafts-Geſell- ſchaft unter dem Vorſitze des Herrn Adolf Reichs- ritter von Jeniſch eine ſehr gut beſuchte Wander- verſammlung in Herrn Hubmanns Gaſthaus in Kaindorf ab, an welcher auch die Zöglinge der Winzerſchule Silberberg unter Führung ihres Leiters Herrn J. Neuwirt theilnahmen. Herr Landes- Ackerbauſchullehrer A. Rauch hielt einen lehrreichen Vortrag über „Bienenzucht“. Der Vortragende illuſtrierte zuerſt den großen directen und dann den noch größeren indirecten Nutzen der Bienen- zucht, erörterte die Urſachen, warum ſich die edle Imkerei heutzutage noch keines beſſeren Auf- ſchwunges erfreue, und erwähnte unter dieſen namentlich die Furcht vor dem Bienenſtachel, worauf er Winke angab, wie die bös gemachten Thierchen zu beſänftigen ſind. Der Redner ergieng ſich in ſeinen weiteren Ausführungen ſehr genau über die Lebensweiſe des Bienenvolkes, beſprach die einzelnen einſchlagenden Capitel ſehr ausführlich, übergieng dann zu den krankhaften Zuſtänden eines Bienen- volkes, wobei er die Weiſelloſigkeit und deren Be- hebung ſehr eingehend ſchilderte. Schließlich wurde auch der Raubbienen, deren Entſtehen und ihrer Abhaltung von den Ständen gedacht. Reicher Bei- fall lohnte den Redner für die gediegenen Aus- führungen, an welche ſich zahlreiche Anfragen ſeitens der Theilnehmer ſchloſſen, die vom Referenten wieder recht klar beantwortet wurden. Man ſah ein, daſs die Lehre von der Bienenzucht nicht mit einem Vortrage abgethan werden könne, ſondern daſs die Bienenfreunde ſich vereinigen, eine Filiale des ſteierm. Bienenzucht-Vereines gründen ſollen, welcher ſeinen Mitgliedern nicht nur mit Rath und That an die Hand geht, ſondern auch ſehr viele anderweitige Vortheile verſchafft. Die Verſammlung fand ihren Abſchluſs, indem dem Berichterſtatter der Dank der Verſammlung durch Erheben von den Sitzen ausgedrückt wurde. St. Egydi i. W.-B., 7. Juli. (Schul- freundlichkeit.) Am vergangenen Donnerstag empfiengen in der hieſigen Pfarrkirche 11 Schüler der hieſigen deutſchen Schule die erſte hl. Communion. Nach dem feierlichen Acte führte Herr Pfarrer Matthias Kelemina ſeine Schüler in den Pfarrhof und be- wirtete ſie an einer geſchmückten Tafel mit Kaffee und Bäckerei. — Herzlichſten Dank für dieſe Kinder- freundlichkeit. St. Egydi i. W.-B., 9. Juli. (Windiſche Berichterſtatter.) Berichterſtatter des in Laibach erſcheinenden Tagblattes „Slovenski Narod“ für St. Egydi i. W.-B. und vielleicht auch für deſſen Umgebung iſt ein gewiſſer „Ferlinz“. Er hatte ſeinerzeit kurze Zeit die Lehrerbildungsanſtalt in Marburg oder vielleicht nur die Vorbereitungsclaſſe beſucht, dort wahrſcheinlich die zum Berichterſtatter eines „ſloveniſchen“ Blattes erforderlichen Fähigkeiten ſich angeeignet, in den Wintermonaten iſt er Schnee- ſchaufler der k. k. priv. Südbahn-Geſellſchaft und in den Sommermonaten ſucht er durch Handlanger- dienſt ſich ein Einkommen zu verſchaffen. Hie und da bläst er als Mitglied einer Veteranenkapelle den Deutſchen Marburgs etwas vor. Wir haben dies alles erwähnt, weil die Deutſchen aller Geſellſchafts- claſſen in den deutſch- und windiſchgeſchriebenen Slovenenblättern fort und fort angegriffen werden, in dieſen Blättern ſo manche Denunciation erfolgt, die maßgebenden Ortes häufig Beachtung findet. Wir wollen mit dieſen Zeilen darthun, wie wähleriſch die ſloveniſchen Blätter in der Wahl ihrer Bericht- erſtatter ſind, und welchen Wert deren Mittheilungen haben. Schließlich ſei erwähnt, daſs dieſe Mit- theilung keineswegs auf Vermuthungen beruht, ſondern Ferlinz brüſtet ſich öffentlich, daſs er Be- richterſtatter des „Slovenski Narod“ ſei. — Sie ſollen ihn nur haben. Pettau, 10. Juli. (Vom Gymnaſium.) Der 31. Jahresbericht des Kaiſer Franz Joſef- Gymnaſiums in Pettau iſt erſchienen. Veröffentlicht hat ihn Director Andreas Gubo. Außer den Schul- nachrichten enthält das Heft einen Beitrag zur Ge- ſchichte des Gymnaſiums: „Der Auszng aus dem alten Haus“ aus der Feder des Directors. Am Ende des Schuljahres betrug die Schülerzahl 144, die ſich auf ſechs Claſſen vertheilte. Aus Pettau waren Marburg um die Mitte des 19. Jahr- hunderts. Erinnerungen eines alten Marburgers, von A. M. (Schluſs.) Eine eigenthümliche Verbindung von Luſt und Schmerz befand ſich an der Ecke des Kirchplatzes und der Kirchgaſſe. Hier war das alte Theater. Wer dieſes nie geſehen hat, kann ſich wohl keine Vorſtellung machen von dem damaligen Muſentempel, aus dem aber doch tüchtige Kräfte, die ſpäter auf großen Bühnen glänzten, hervorgiengen. Bei den damals ſo beliebten Ritterſtücken ſchwebten wohl die Federn auf den Baretts der Ritter in den Wolken und wehe dem Schauſpieler, der bei den Zauberſtücken die Verſenkung benützen muſste, er hatte einen Kampf mit den Ratten zu beſtehen, wenn er unterirdiſch zur Verſenkung hinkroch. Anſchließend, an das Theater befand ſich in der Kirchgaſſe das alter- thümliche Bürgerſpital, deſſen Fenſterchen kaum 2 Schuh im Geviert betrugen. An die Weſtſeite des Theaters ſchloſs ſich an das allgemeine Kranken- haus, deſſen ebenerdige Zimmer ihren Fußboden mindeſtens einen Schuh unter dem Bürgerſteige hatten, während die Höhe ſämmtlicher Räumlichkeiten die jetzt für gewöhnliche Wohnzimmer vorgeſchriebene nicht erreichte. Kaum 2 Klafter vom Haupteingange in die Kirche entfernt, befand ſich der alte Pfarrhof. An ihn ſich anſchließend der Wirtſchaftshof mit den Stallungen, in ſeiner Mitte der große Düngerhauſen, von dem die Jauche in die Pfarrhofgaſſe abfloſs. Die nördliche Ecke des Kirchplatzes bildete das in denſelben weit hineinſpringende Manich’ſche Häuschen, welches einſt das Schulhaus von Marburg geweſen ſein ſoll. An Stelle des jetzigen Pfarrhofes war das k. k. Verpflegsamt mit ſeinem ebenerdigen Mehl- magazin. An Stelle der biſchöflichen Reſidenz ein, zwei franzöſiſchen Grafen gehöriges Gebäude. Daran ſchloſs ſich das kleine Wreg’ſche Häuschen und die Macher’ſche Reſtauration. Mit dem Baue des Theaters wurde ſchon 1848 begonnen, dasſelbe aber erſt 1852 ſeiner Beſtimmung zugeführt. Vor ihm, wo jetzt das Caſinogebäude ſteht, war ein freier, mit Kaſtanienbäumen bepflanzter Platz. Wo ſich jetzt die Schillerſtraße hinzieht, war an der nördlichen Stadtmauer eine Allee von Maulbeerbäumen, nördlich von ihr die Reſte des Stadtgrabens. Die geringſte Veränderung erfolgte in der Kärntnervorſtadt, ja man muſs wohl ſagen, daſs der Verkehr in ihr ehemals lebhafter war als jetzt, da die Waren nach Kärnten zu Wagen auf der Drauwaldſtraße befördert wurden. Gänzlich hat ſich die Magdalenavorſtadt verändert. Aus den wenigen alten Häuſern der Trieſter-, Berg-, Franz Joſef- und Joſefſtraße können wir ihre geringe Ausdehnung in der Mitte dieſes Jahrhunderts erſehen. Leider erfolgte die Aus- dehnung dieſer Vorſtadt nicht nach einem beſtimmten Syſteme und ſo macht ſie, trotzdem ſie mehr Ein- wohner als die Stadt Cilli zählt, keinen ſtädtiſchen Eindruck. Viel ſind daran auch die Hausbeſitzer ſchuld, von denen die wenigſten vor ihren Häuſern Bürgerſteige legen laſſen u. ſ. w. Nachdem wir ſo beiläufig ein Bild Marburgs vor 50 Jahren entworfen haben, wollen wir noch einiges über die Zuſtände erzählen, wie ſie damals in der Stadt herrſchten. Während gegenwärtig die Poſt in einem Palaſte untergebracht iſt, von dem aus des Morgens eine Schar von Briefträgern nach allen Richtungen hin eilt, finden wir damals den, ſtets in untadelhaftes Schwarz gekleideten Poſtverwalter Koſcheg mit 3—4 Beamten und einem Briefträger den ganzen Poſtdienſt beſorgen. Von letzteren, dem kleinen dicken Propſt, ſagten die Leute, ſeine Beine ſeien deshalb ſo kurz, weil er ſie durch das viele Umherlaufen abgenützt habe. Nächſt dem Poſtverkehr hat wohl die öffentliche Beleuchtung den größten Umſchwung erlitten. Wo ſind die Zeiten, in welchen das Laternanzünderglöcklein dem Laternanzünder Stefan (Atſchko) bedeutete, er habe für die Beleuchtung der Stadt zu ſorgen. Da ſchulterte er denn ſein hölzernes Geſtelle, in welchem ſich die Oellampen befanden und ſchritt von Laterne zu Laterne, in ihnen das Licht anzubringen, welches wohl nicht die Straßen beleuchtete, ſondern der Be- völkerung nur kundgab, an welcher Stelle ſich eine öffentliche Laterne befand. Aber noch ein anderes Glöcklein erſchallte und zwar täglich um 11 Uhr nachts, das zu oberſt im Thurme aufgehängte ſo- genannte Lumpenglöcklein. Ob auf ſeinen Ruf alle ehrbaren Bürger Marburgs die Wirtsſtube verließen und ſich nach Hauſe begaben, wiſſen wir nicht, doch ſie wuſsten es, welchen Titel ſie verdienten, wenn ſie ſich noch nach Läuten dieſes Glöckleins auf der Straße blicken ließen. Die ſtädtiſche Polizei, aus 2—3 Mann be- ſtehend, unter dem Commando des allerorts, be- ſonders aber von den Studenten gefürchteten Stadt- wachtmeiſters Dank, bot ein Bild dar, wie wir es

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 77, Marburg, 10.07.1900, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger77_1900/3>, abgerufen am 29.04.2024.