Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

ihrer innern Organisation zusammenzuhängen. Es giebt
keine microskopischen Fische [u.]und Säugethiere. Der kleinste Fisch des
alten Continents ist der Stickling 11/2" groß. Später fand
Ehrenberg im rothen Meer noch kleinere welche zum bovius
[u.]und metodon Geschlecht gehören, bunte [u.]und gold gefleckt [u.]und nur
8-9 Linien groß sind. Der Haifisch dagegen ist 30' lang,
also im Verhältniß wie 1 : 700. So weite Gränzen finden
sich nicht bei den Vögeln. Was die Säugethiere anlangt so meint
Lacepede es gäbe welche von 200' doch Scoresby der 392 Wall-
fische tödtete fand nie einen größer als 60'. Der Caschelot-Potfisch
erreicht einzeln die Länge von 100'. Vergleicht man hiermit die
kleinsten Nagethiere so kommt ein Verhältniß heraus von 1 : 700.
Vergleicht man den Caschelotfisch mit dem kleinsten Thier überhaupt,
so giebt dies ein Verhältniß von 1 : 23 Millionen.

[59. Vorlesung, 23. April 1828]

Die Zahl der
Individuen ist in den untern Klassen ohne Maaß groß. In der
Milch eines großen Karpfen hat Blumenbach 250,000 Millionen
lekarien gefunden. Was die Maßsse der Thiere höherer Organisation
anlangt, so könnte man der ungeheuren Menge Ueberbleibsel
wegen glauben, daß die Maßsse der Urbestien noch größer ge-
wesen sei als der jetzt lebenden. Doch finden sich auch noch Elephan-
ten in Heerden von 300 Stück und Bisonochsen von 10000 Stück.
Die columbae peregrinatoriae bilden ganzen Wolken welche
Nordamerika durchziehen.*) Das merkwürdigste Beispiel der
Ausbreitung der Vögel zeigt die Südsee; hier sah ich manchmal
5 Stunden lang eine Wolke von Seevögeln über einen Punkt
fortziehen; ihre Excremente bilden Schichten von 25 bis 30".
Wenn man aber die Thiermaßsse mit der Pflanzenmaßsse vergleicht,

*) Die Bäume brechen zusammen, lassen sie sich auf einem nieder; denn
schlagen sie die Bauern sie todt, und diese Tauben dienen zur Nahrung
- den Schweinen.

ihrer innern Organisation zusammenzuhängen. Es giebt
keine microskopischen Fische [u.]und Säugethiere. Der kleinste Fisch des
alten Continents ist der Stickling 1½″ groß. Später fand
Ehrenberg im rothen Meer noch kleinere welche zum bovius
[u.]und metodon Geschlecht gehören, bunte [u.]und gold gefleckt [u.]und nur
8–9 Linien groß sind. Der Haifisch dagegen ist 30′ lang,
also im Verhältniß wie 1 : 700. So weite Gränzen finden
sich nicht bei den Vögeln. Was die Säugethiere anlangt so meint
Lacepede es gäbe welche von 200′ doch Scoresbÿ der 392 Wall-
fische tödtete fand nie einen größer als 60′. Der Caschelot-Potfisch
erreicht einzeln die Länge von 100′. Vergleicht man hiermit die
kleinsten Nagethiere so kommt ein Verhältniß heraus von 1 : 700.
Vergleicht man den Caschelotfisch mit dem kleinsten Thier überhaupt,
so giebt dies ein Verhältniß von 1 : 23 Millionen.

[59. Vorlesung, 23. April 1828]

Die Zahl der
Individuen ist in den untern Klassen ohne Maaß groß. In der
Milch eines großen Karpfen hat Blumenbach 250,000 Millionen
lekarien gefunden. Was die Maßsse der Thiere höherer Organisation
anlangt, so könnte man der ungeheuren Menge Ueberbleibsel
wegen glauben, daß die Maßsse der Urbestien noch größer ge-
wesen sei als der jetzt lebenden. Doch finden sich auch noch Elephan-
ten in Heerden von 300 Stück und Bisonochsen von 10000 Stück.
Die columbae peregrinatoriae bilden ganzen Wolken welche
Nordamerika durchziehen.*) Das merkwürdigste Beispiel der
Ausbreitung der Vögel zeigt die Südsee; hier sah ich manchmal
5 Stunden lang eine Wolke von Seevögeln über einen Punkt
fortziehen; ihre Excremente bilden Schichten von 25 bis 30″.
Wenn man aber die Thiermaßsse mit der Pflanzenmaßsse vergleicht,

*) Die Bäume brechen zusammen, lassen sie sich auf einem nieder; denn
schlagen sie die Bauern sie todt, und diese Tauben dienen zur Nahrung
– den Schweinen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="58">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p><pb facs="#f0308" n="[302]"/>
ihrer innern Organisation zusammenzuhängen. Es giebt<lb/>
keine <choice><sic>microskopische</sic><corr resp="#BF">microskopischen</corr></choice> Fische <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> Säugethiere. Der kleinste Fisch des<lb/>
alten Continents ist der Stickling 1½&#x2033; groß. Später fand<lb/><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118529250 http://d-nb.info/gnd/118529250">Ehrenberg</persName></hi> im rothen Meer noch kleinere welche zum <hi rendition="#aq">bovius</hi><lb/><subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> <hi rendition="#aq">metodon</hi> Geschlecht gehören, bunte <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> gold gefleckt <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> nur<lb/>
8&#x2013;9 Linien groß sind. Der Haifisch dagegen ist 30&#x2032; lang,<lb/>
also im Verhältniß wie 1 : 700. So weite Gränzen finden<lb/>
sich nicht bei den Vögeln. Was die Säugethiere anlangt so meint<lb/><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11909813X http://d-nb.info/gnd/11909813X">Lacepede</persName></hi> es gäbe welche von 200&#x2032; doch <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117654167 http://d-nb.info/gnd/117654167">Scoresbÿ</persName></hi> der 392 Wall-<lb/>
fische tödtete fand nie einen größer als 60&#x2032;. Der <hi rendition="#aq">Caschelot</hi>-Potfisch<lb/>
erreicht einzeln die Länge von 100&#x2032;. Vergleicht man hiermit die<lb/>
kleinsten Nagethiere so kommt ein Verhältniß heraus von 1 : 700.<lb/>
Vergleicht man den <hi rendition="#aq">Caschelotfisch</hi> mit dem kleinsten Thier überhaupt,<lb/>
so giebt dies ein Verhältniß von 1 : 23 Millionen.</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="session" n="59">
        <head>
          <supplied resp="#BF">59. Vorlesung, <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/gliederung"><date when="1828-04-23">23. April 1828</date></ref></supplied>
        </head><lb/>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p>Die Zahl der<lb/>
Individuen ist in den untern Klassen ohne Maaß groß. In der<lb/>
Milch eines großen Karpfen hat <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116208503 http://d-nb.info/gnd/116208503">Blumenbach</persName></hi> 250,000 Millionen<lb/><hi rendition="#aq">lekarien</hi><note resp="#BF" type="editorial">In Anonym 1934 geändert zu: ceskarien.</note> gefunden.<note resp="#CT" type="editorial">Vgl. <bibl><ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/515">Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 497</ref></bibl>: "Unser sel. <persName resp="#CT" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11696474X http://d-nb.info/gnd/11696474X">Hollmann</persName> hat berechnet daß die Milch eines zweypfündigen Karpen über 253000, Millionen Samenthierchen halten kann."</note> Was die Ma<subst><del rendition="#ow">ß</del><add place="across">ss</add></subst>e der Thiere höherer Organisation<lb/>
anlangt, so könnte man der ungeheuren Menge Ueberbleibsel<lb/>
wegen glauben, daß die Ma<subst><del rendition="#ow">ß</del><add place="across">ss</add></subst>e der Urbestien noch größer ge-<lb/>
wesen sei als der jetzt lebenden. Doch finden sich auch noch Elephan-<lb/>
ten in Heerden von 300 Stück und Bisonochsen von 10000 Stück.<lb/>
Die <hi rendition="#aq">columbae peregrinatoriae</hi> bilden ganzen Wolken welche<lb/>
Nordamerika durchziehen.<note resp="#original" place="foot" xml:id="ftn355" n="*)">Die Bäume brechen zusammen, lassen sie sich auf einem nieder; denn<lb/>
schlagen <del rendition="#s"><unclear reason="covered" cert="low" resp="#BF">sie</unclear></del> die Bauern sie todt, und diese Tauben dienen zur Nahrung<lb/>
&#x2013; den Schweinen.</note> Das merkwürdigste Beispiel der<lb/>
Ausbreitung der Vögel zeigt die Südsee; hier sah ich manchmal<lb/>
5 Stunden lang eine Wolke von Seevögeln über einen Punkt<lb/>
fortziehen; ihre Excremente bilden Schichten von 25 bis 30&#x2033;.<lb/>
Wenn man aber die Thierma<subst><del rendition="#ow">ß</del><add place="across">ss</add></subst>e mit der Pflanzenma<subst><del rendition="#ow">ß</del><add place="across">ss</add></subst>e vergleicht,<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[302]/0308] ihrer innern Organisation zusammenzuhängen. Es giebt keine microskopischen Fische und Säugethiere. Der kleinste Fisch des alten Continents ist der Stickling 1½″ groß. Später fand Ehrenberg im rothen Meer noch kleinere welche zum bovius und metodon Geschlecht gehören, bunte und gold gefleckt und nur 8–9 Linien groß sind. Der Haifisch dagegen ist 30′ lang, also im Verhältniß wie 1 : 700. So weite Gränzen finden sich nicht bei den Vögeln. Was die Säugethiere anlangt so meint Lacepede es gäbe welche von 200′ doch Scoresbÿ der 392 Wall- fische tödtete fand nie einen größer als 60′. Der Caschelot-Potfisch erreicht einzeln die Länge von 100′. Vergleicht man hiermit die kleinsten Nagethiere so kommt ein Verhältniß heraus von 1 : 700. Vergleicht man den Caschelotfisch mit dem kleinsten Thier überhaupt, so giebt dies ein Verhältniß von 1 : 23 Millionen. 59. Vorlesung, 23. April 1828 Die Zahl der Individuen ist in den untern Klassen ohne Maaß groß. In der Milch eines großen Karpfen hat Blumenbach 250,000 Millionen lekarien gefunden. Was die Masse der Thiere höherer Organisation anlangt, so könnte man der ungeheuren Menge Ueberbleibsel wegen glauben, daß die Masse der Urbestien noch größer ge- wesen sei als der jetzt lebenden. Doch finden sich auch noch Elephan- ten in Heerden von 300 Stück und Bisonochsen von 10000 Stück. Die columbae peregrinatoriae bilden ganzen Wolken welche Nordamerika durchziehen. *) Das merkwürdigste Beispiel der Ausbreitung der Vögel zeigt die Südsee; hier sah ich manchmal 5 Stunden lang eine Wolke von Seevögeln über einen Punkt fortziehen; ihre Excremente bilden Schichten von 25 bis 30″. Wenn man aber die Thiermasse mit der Pflanzenmasse vergleicht, *) Die Bäume brechen zusammen, lassen sie sich auf einem nieder; denn schlagen die Bauern sie todt, und diese Tauben dienen zur Nahrung – den Schweinen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Kustoden: nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/308
Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [302]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/308>, abgerufen am 24.11.2024.