Neue Rheinische Zeitung. Nr. 15. Köln, 15. Juni 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 15. Köln, Donnerstag 15. Juni 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Der Raum des Blattes wird so oft es nöthig durch Beilagen erweitert. Der Abonnementspreis beträgt: Für das mit dem 1. Juli beginnende Vierteljahr in Köln 1 Thlr. 15 Sgr.; für alle übrigen Orte Preußens 2 Thlr 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsporto's. Das Abonnement für den Monat Juni kann nur unter gleichzeitiger Bestellung des nächsten Quartals (Juli, August, September) geschehen. Der Preis dieses viermonatlichen Abonnements beträgt: Für Köln 2 Thlr.; auswärts 2 Thlr. 25 Sgr. Man abonnirt bei allen Postanstalten und Buchhandlungen des In- und Auslandes; - für Köln in der Expedition der Zeitung bei Hrn. W. Clouth, St. Agatha 12, Köln, woselbst auch fernere Aktienzeichnungen entgegen genommen werden. Briefe und Zusendungen an die Redaktion sowie die Expedition werden von unbekannten Absendern nur frankirt angenommen. - Insertionsgebühren. Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Die Expedition der "Neuen Rheinischen Zeitung." Uebersicht. Deutschland. Köln. (Vereinbarungsdebatte über die Anerkennung der Revolution). Heidelberg. (Der Kommissions-Antrag auf Bildung einer österreichisch-preußisch-baierisch-provisorischen Central-Gewalt). Frankfurt. (Auftritt in Offenbach). Berlin. (Die Exminister. - Erlaß des Magistrats. - Erklärung der Mitglieder der Linken. - Erklärung der Mitglieder der Rechten. - Namensverzeichniß). Breslau. (Nachrichten aus Rußland). Breslau. (Erklärung der Regierung an den Magistrat. - Beschluß wegen der Verwerfung des Behrends'schen Antrags. - Mittheilung Reichenbachs). Leipzig. (Anklage gegen das Ministerium Oberländer). Polen. Lemberg. (Aufwiegelung). Schweiz. Bern. (Die Zurückberufung der Berner Truppen aus Neapel unwahrscheinlich). Italien. Turin. (Keine Vereinbarungs-Versammlung zu Turin). Verona. (Rückzug der Oesterreicher). Französische Republik. Paris. (Die neuen Journale. - In den Tuilerien aufgefundene Briefe. - Dupin. - Brief der Prinzessin Clementine. Resultat des Auflaufs an d. P. St. Denis. - Erklärung von Armand Marrast. - Vermischtes). Großbritannien. London. (Ruhe). Dublin. (John O'Connell. - Nachrichten aus Lahore). Deutschland.
**Köln, 14. Juni. Die Berliner Debatte über die Revolution. (Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 19 Heidelberg, 12 Juni. Es war vorauszusehen, daß der Kommissionsantrag auf Bildung einer östreichisch-bairisch-preußischen provisorischen Centralgewalt, da derselbe ein Kind der Dahlmann'schen Weisheit ist, alsbald auch den Segen des Onkel Gervinus erhalten würde. Dieser feierliche Akt ist erfolgt; die Stimme des Herrn Gervinus hat sein Wohlgefallen an dem "starken und festen" Neugeborenen erklärt; sie verkündet, daß derselbe sogar alle Anlagen zeige, sich zum dereinstigen Heiland der Deutschen zu entwickeln. Sein Stolz ist, daß nur die Fürsten allein das Triumvirat ernennen würden, daß das Direktorium nur die "ihm genehmen" Beschlüsse der Nationalversammlung auszuführen hätte; weil also, sagt der Prophet, in diesem Provisorium schon alles "Wesentliche", was später zur Centralregierung gehörte, "Prinzip und Formen" fertig stünden, so könnten sich die Regierungen (denn das Volk hat nicht drein zu reden,) den Versuch einer interimistischen Anordnung schon gefallen lassen, der für den Eintritt der definitiven Verfassung ein "wesentliches" Stück Experiment sein würde. Nur Eine schwere Frage bekümmert den "wesentlichen" Herrn Gervinus um das Gedeihen seines Heiland-Embryo's, das sind die Sirenengesänge der falschen Propheten, der Baalskinder der Republik, es ist der Sonderantrag der zwei Minoritätsglieder aus der Kommission, Robert Blum und Trützschler. Ein von der Nationalversammlung ernannter und von ihr absetzbarer Vorsitzender des Vollziehungsausschusses, der sich selbst nach freier Wahl vier Mitglieder beigesellt, sollte als "blindes Werkzeug des Volkswillens" alle Beschlüsse der Versammlung ausführen? Hütet euch, ruft die Stimme der Wüste, das ist der Weg der Revolution, das ist eine dem "Ehrgefühl" der Fürsten und "Einzelstaaten" unerträgliche Zumuthung! Es ist klar, das Vaterland ist in Gefahr; greifen wir zu den Waffen für das heilige Triumvirat, für den Uebergang in ein erbliches Kaiserthums, in welchem Herr Gervinus als Erzieher der Prinzen für wahrhaft constitutionelle Musterfürsten sorgen wird! Doch Herr Gervinus beruhigt uns selbst wieder, er erklärt ja sofort, daß die "Partei" an das Durchdringen ihres Antrages selbst nicht glaube. Der unheilverkündende Unkenruf war nur die Warnungsstimme eines wachsamen patriotischen Gemüthes, die Gefahren, welche dem Seher Gervinus erschienen, sind von ihm selbst ebenso schnell zerstreut, wie die zwölf Kerle in Steifleinen von dem Heldenschwert des ehrenwerthen Sir John. Lied eines irischen Emigranten. Nach M. Blackwood. Nun sitz' ich auf der Bank, Anna, Auf der wir saßen traut An dem schönen Morgen im Monat Mai, Als einst du meine Braut. Es sproßte frisch und grün das Korn Und die Lerche sang so weit - Dein Mund war rosaroth, Anna, Dein Auge voll Lieblichkeit. Die Bank ist ganz wie sonst, Anna; Schön ist des Morgens Glüh'n. Wie damals steigt die Lerche auf Und das Korn ist wieder grün; Nur du bist ach, verschwunden, Anna, Mein Stolz und meine Lust; Und Alles, ach, verlor ich, Anna, Als sterben du gemußt. Mit deinem treuen, guten Herzen[#] Wie hofftest du so lang, Als mit dem alten Gottvertrauen Mein Arm ermattet sank. Trost sprachst du mir in meine Seele Und sahst mich bittend an - Und Dank sei, Anna, dir für Alles, Was du mir Liebes gethan! Dank dir für dein geduldig Lächeln, Als du vom Hunger geplagt, Deine Qual verbargst um meinetwillen Und nicht ein Wort gesagt; Und Dank dir für dein letztes Grüßen, Als ach, dein Herze brach - Und o, es freut mich, daß du weilest, Wo nichts nun kränken dich mag! Ade! von dannen nun muß ich ziehen, Muß lassen der Heimath Strand; Doch wird' ich auch dein gedenken, Anna, In dem fernen, fremden Land. Man sagt, dort gibt es Brod genug, Und die Sonne geht nimmer zur Ruh' - Doch nimmer vergeß' ich, Alt-Irland dich, Wär's auch dreimal schöner, als du! In jenen alten großen Wäldern Will ich sitzen, ein einsamer Mann, Und zurück nach dem Orte, wo Anna ruht, Wird reisen mein Herze dann. Bis ich meine, ich sähe die kleine Bank, Wo zusammen wir saßen traut An dem schönen Morgen im Monat Mai, Als einst du meine Braut. Barbes. (Schluß.) In dem was ich sage liegt weder böse Absicht, noch irgend eine versteckte Ironie. Ich glaube sogar, daß in dem ersten Ausbruch einer verwirrten und unerfaßbaren Revolution es die Pflicht eines Republikaners vom "National" sein würde, die Zügel nicht aus der Hand zu geben, sondern an der Spitze der Bewegung zu bleiben, damit dieselbe nicht zum Vortheil eines "angestammten Königs" ausgebeutet werde; steht es ihm doch frei, sich am Abend oder in der Frühe des andern Morgens zurückzuziehen, sobald sich für ihn die Unmöglichkeit einer solchen Rettung der Republik herausgestellt hat Die Möglichkeit war vorhanden, daß es am 24. Februar ungefähr ebenso geschehen konnte. Wir wissen nicht, ob dem "National" viel daran lag, sich Odilon Barrot beizugesellen. Aber auch wenn dem so wäre, so wäre dabei nichts Unlogisches oder Entsetzliches. Damals glaubte nun einmal der National nicht an eine soziale Revolution, und was uns anbetrifft, so müssen wir offen gestehen, daß, wenn auch unsere Wünsche für eine soziale Revolution lauter waren, doch viele von uns keine große Zuversicht darauf setzten. Indeß kommt es nicht darauf an, ob man mehr oder weniger Zuversicht auf den Erfolg hatte; das "Verbrechen" bei politischen Ereignissen besteht nicht in der Würdigung des Faktums. Das Uebel ist anderswo: ein altes Sprichwort sagt, daß man "leicht an das glaube, was man wünscht." Und der Gegensatz desselben ist nicht minder wahr: "was man fürchtet, glaubt man überall kommen zusehn." Ein ähnliches Ereigniß wie am 24. Februar, nur mit andern Personen, mit einem andern Sujet, mit einem andern Erfolg, ist am 15. Mai vorgefallen. Ich will nichts von den Hauptakteurs sagen, Einen ausgenommen. Ich kenne die Uebrigen nicht, ich habe sie nie gesehen; ich habe auch keine Aufschlüsse über ihren Charakter, ihre Zwecke, ihren Plan. Einzig ist aus der Zusammensetzung ihrer verschiedenen Listen zu erkennen, daß noch eine Stunde vorher weder ein Plan, noch Beschlüsse, noch bestimmte Absicht vorhanden waren. Es war Ein Mann, der nichts, gar nichts von dem wußte, was geschehen sollte; er hatte den Tag vorher noch geschworen, daß Nichts Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 15. Köln, Donnerstag 15. Juni 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Der Raum des Blattes wird so oft es nöthig durch Beilagen erweitert. Der Abonnementspreis beträgt: Für das mit dem 1. Juli beginnende Vierteljahr in Köln 1 Thlr. 15 Sgr.; für alle übrigen Orte Preußens 2 Thlr 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsporto's. Das Abonnement für den Monat Juni kann nur unter gleichzeitiger Bestellung des nächsten Quartals (Juli, August, September) geschehen. Der Preis dieses viermonatlichen Abonnements beträgt: Für Köln 2 Thlr.; auswärts 2 Thlr. 25 Sgr. Man abonnirt bei allen Postanstalten und Buchhandlungen des In- und Auslandes; ‒ für Köln in der Expedition der Zeitung bei Hrn. W. Clouth, St. Agatha 12, Köln, woselbst auch fernere Aktienzeichnungen entgegen genommen werden. Briefe und Zusendungen an die Redaktion sowie die Expedition werden von unbekannten Absendern nur frankirt angenommen. ‒ Insertionsgebühren. Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Vereinbarungsdebatte über die Anerkennung der Revolution). Heidelberg. (Der Kommissions-Antrag auf Bildung einer österreichisch-preußisch-baierisch-provisorischen Central-Gewalt). Frankfurt. (Auftritt in Offenbach). Berlin. (Die Exminister. ‒ Erlaß des Magistrats. ‒ Erklärung der Mitglieder der Linken. ‒ Erklärung der Mitglieder der Rechten. ‒ Namensverzeichniß). Breslau. (Nachrichten aus Rußland). Breslau. (Erklärung der Regierung an den Magistrat. ‒ Beschluß wegen der Verwerfung des Behrends'schen Antrags. ‒ Mittheilung Reichenbachs). Leipzig. (Anklage gegen das Ministerium Oberländer). Polen. Lemberg. (Aufwiegelung). Schweiz. Bern. (Die Zurückberufung der Berner Truppen aus Neapel unwahrscheinlich). Italien. Turin. (Keine Vereinbarungs-Versammlung zu Turin). Verona. (Rückzug der Oesterreicher). Französische Republik. Paris. (Die neuen Journale. ‒ In den Tuilerien aufgefundene Briefe. ‒ Dupin. ‒ Brief der Prinzessin Clementine. Resultat des Auflaufs an d. P. St. Denis. ‒ Erklärung von Armand Marrast. ‒ Vermischtes). Großbritannien. London. (Ruhe). Dublin. (John O'Connell. ‒ Nachrichten aus Lahore). Deutschland.
**Köln, 14. Juni. Die Berliner Debatte über die Revolution. (Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 19 Heidelberg, 12 Juni. Es war vorauszusehen, daß der Kommissionsantrag auf Bildung einer östreichisch-bairisch-preußischen provisorischen Centralgewalt, da derselbe ein Kind der Dahlmann'schen Weisheit ist, alsbald auch den Segen des Onkel Gervinus erhalten würde. Dieser feierliche Akt ist erfolgt; die Stimme des Herrn Gervinus hat sein Wohlgefallen an dem „starken und festen“ Neugeborenen erklärt; sie verkündet, daß derselbe sogar alle Anlagen zeige, sich zum dereinstigen Heiland der Deutschen zu entwickeln. Sein Stolz ist, daß nur die Fürsten allein das Triumvirat ernennen würden, daß das Direktorium nur die „ihm genehmen“ Beschlüsse der Nationalversammlung auszuführen hätte; weil also, sagt der Prophet, in diesem Provisorium schon alles „Wesentliche“, was später zur Centralregierung gehörte, „Prinzip und Formen“ fertig stünden, so könnten sich die Regierungen (denn das Volk hat nicht drein zu reden,) den Versuch einer interimistischen Anordnung schon gefallen lassen, der für den Eintritt der definitiven Verfassung ein „wesentliches“ Stück Experiment sein würde. Nur Eine schwere Frage bekümmert den „wesentlichen“ Herrn Gervinus um das Gedeihen seines Heiland-Embryo's, das sind die Sirenengesänge der falschen Propheten, der Baalskinder der Republik, es ist der Sonderantrag der zwei Minoritätsglieder aus der Kommission, Robert Blum und Trützschler. 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Trost sprachst du mir in meine Seele Und sahst mich bittend an ‒ Und Dank sei, Anna, dir für Alles, Was du mir Liebes gethan! Dank dir für dein geduldig Lächeln, Als du vom Hunger geplagt, Deine Qual verbargst um meinetwillen Und nicht ein Wort gesagt; Und Dank dir für dein letztes Grüßen, Als ach, dein Herze brach ‒ Und o, es freut mich, daß du weilest, Wo nichts nun kränken dich mag! Ade! von dannen nun muß ich ziehen, Muß lassen der Heimath Strand; Doch wird' ich auch dein gedenken, Anna, In dem fernen, fremden Land. Man sagt, dort gibt es Brod genug, Und die Sonne geht nimmer zur Ruh' ‒ Doch nimmer vergeß' ich, Alt-Irland dich, Wär's auch dreimal schöner, als du! In jenen alten großen Wäldern Will ich sitzen, ein einsamer Mann, Und zurück nach dem Orte, wo Anna ruht, Wird reisen mein Herze dann. Bis ich meine, ich sähe die kleine Bank, Wo zusammen wir saßen traut An dem schönen Morgen im Monat Mai, Als einst du meine Braut. Barbès. (Schluß.) In dem was ich sage liegt weder böse Absicht, noch irgend eine versteckte Ironie. Ich glaube sogar, daß in dem ersten Ausbruch einer verwirrten und unerfaßbaren Revolution es die Pflicht eines Republikaners vom „National“ sein würde, die Zügel nicht aus der Hand zu geben, sondern an der Spitze der Bewegung zu bleiben, damit dieselbe nicht zum Vortheil eines „angestammten Königs“ ausgebeutet werde; steht es ihm doch frei, sich am Abend oder in der Frühe des andern Morgens zurückzuziehen, sobald sich für ihn die Unmöglichkeit einer solchen Rettung der Republik herausgestellt hat Die Möglichkeit war vorhanden, daß es am 24. Februar ungefähr ebenso geschehen konnte. Wir wissen nicht, ob dem „National“ viel daran lag, sich Odilon Barrot beizugesellen. Aber auch wenn dem so wäre, so wäre dabei nichts Unlogisches oder Entsetzliches. Damals glaubte nun einmal der National nicht an eine soziale Revolution, und was uns anbetrifft, so müssen wir offen gestehen, daß, wenn auch unsere Wünsche für eine soziale Revolution lauter waren, doch viele von uns keine große Zuversicht darauf setzten. Indeß kommt es nicht darauf an, ob man mehr oder weniger Zuversicht auf den Erfolg hatte; das „Verbrechen“ bei politischen Ereignissen besteht nicht in der Würdigung des Faktums. Das Uebel ist anderswo: ein altes Sprichwort sagt, daß man „leicht an das glaube, was man wünscht.“ Und der Gegensatz desselben ist nicht minder wahr: „was man fürchtet, glaubt man überall kommen zusehn.“ Ein ähnliches Ereigniß wie am 24. Februar, nur mit andern Personen, mit einem andern Sujet, mit einem andern Erfolg, ist am 15. Mai vorgefallen. Ich will nichts von den Hauptakteurs sagen, Einen ausgenommen. Ich kenne die Uebrigen nicht, ich habe sie nie gesehen; ich habe auch keine Aufschlüsse über ihren Charakter, ihre Zwecke, ihren Plan. Einzig ist aus der Zusammensetzung ihrer verschiedenen Listen zu erkennen, daß noch eine Stunde vorher weder ein Plan, noch Beschlüsse, noch bestimmte Absicht vorhanden waren. Es war Ein Mann, der nichts, gar nichts von dem wußte, was geschehen sollte; er hatte den Tag vorher noch geschworen, daß Nichts <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0061"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No. 15. Köln, Donnerstag 15. Juni 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Die <hi rendition="#b">„Neue Rheinische Zeitung“</hi> erscheint vom <hi rendition="#b">1.</hi> Juni an <hi rendition="#b">täglich.</hi> Der Raum des Blattes wird so oft es nöthig durch Beilagen erweitert. Der Abonnementspreis beträgt: Für das mit dem 1. Juli beginnende Vierteljahr in Köln 1 Thlr. 15 Sgr.; für alle übrigen Orte Preußens 2 Thlr 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsporto's. Das Abonnement für den Monat Juni kann nur unter gleichzeitiger Bestellung des nächsten Quartals (Juli, August, September) geschehen. Der Preis dieses viermonatlichen Abonnements beträgt: Für Köln 2 Thlr.; auswärts 2 Thlr. 25 Sgr. Man abonnirt bei allen Postanstalten und Buchhandlungen des In- und Auslandes; ‒ für Köln in der Expedition der Zeitung bei Hrn. <hi rendition="#b">W. Clouth,</hi> St. <hi rendition="#g">Agatha</hi> 12, Köln, woselbst auch fernere Aktienzeichnungen entgegen genommen werden. Briefe und Zusendungen an die Redaktion sowie die Expedition werden von unbekannten Absendern nur frankirt angenommen. ‒ <hi rendition="#b">Insertionsgebühren.</hi> Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p> <p> <hi rendition="#b">Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“</hi> </p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. 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Sein Stolz ist, daß nur die Fürsten allein das Triumvirat ernennen würden, daß das Direktorium nur die „ihm genehmen“ Beschlüsse der Nationalversammlung auszuführen hätte; weil also, sagt der Prophet, in diesem Provisorium schon alles „Wesentliche“, was später zur Centralregierung gehörte, „Prinzip und Formen“ fertig stünden, so könnten sich die Regierungen (denn das Volk hat nicht drein zu reden,) den Versuch einer interimistischen Anordnung schon gefallen lassen, der für den Eintritt der definitiven Verfassung ein „wesentliches“ Stück Experiment sein würde. Nur Eine schwere Frage bekümmert den „wesentlichen“ Herrn Gervinus um das Gedeihen seines Heiland-Embryo's, das sind die Sirenengesänge der falschen Propheten, der Baalskinder der Republik, es ist der Sonderantrag der zwei Minoritätsglieder aus der Kommission, Robert Blum und Trützschler. Ein von der Nationalversammlung ernannter und von ihr absetzbarer Vorsitzender des Vollziehungsausschusses, der sich selbst nach freier Wahl vier Mitglieder beigesellt, sollte als „blindes Werkzeug des Volkswillens“ alle Beschlüsse der Versammlung ausführen? Hütet euch, ruft die Stimme der Wüste, das ist der Weg der Revolution, das ist eine dem „Ehrgefühl“ der Fürsten und „Einzelstaaten“ unerträgliche Zumuthung! Es ist klar, das Vaterland ist in Gefahr; greifen wir zu den Waffen für das heilige Triumvirat, für den Uebergang in ein erbliches Kaiserthums, in welchem Herr Gervinus als Erzieher der Prinzen für wahrhaft constitutionelle Musterfürsten sorgen wird! Doch Herr Gervinus beruhigt uns selbst wieder, er erklärt ja sofort, daß die „Partei“ an das Durchdringen ihres Antrages selbst nicht glaube. Der unheilverkündende Unkenruf war nur die Warnungsstimme eines wachsamen patriotischen Gemüthes, die Gefahren, welche dem Seher Gervinus erschienen, sind von ihm selbst ebenso schnell zerstreut, wie die zwölf Kerle in Steifleinen von dem Heldenschwert des ehrenwerthen Sir John.</p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar015_003" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#b">Lied eines irischen Emigranten.</hi> </head> <p> <hi rendition="#g">Nach M. 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Damals glaubte nun einmal der National nicht an eine soziale Revolution, und was uns anbetrifft, so müssen wir offen gestehen, daß, wenn auch unsere Wünsche für eine soziale Revolution lauter waren, doch viele von uns keine große Zuversicht darauf setzten. Indeß kommt es nicht darauf an, ob man mehr oder weniger Zuversicht auf den Erfolg hatte; das „Verbrechen“ bei politischen Ereignissen besteht nicht in der Würdigung des Faktums. Das Uebel ist anderswo: ein altes Sprichwort sagt, daß man „leicht an das glaube, was man wünscht.“ Und der Gegensatz desselben ist nicht minder wahr: „was man fürchtet, glaubt man überall kommen zusehn.“</p> <p>Ein ähnliches Ereigniß wie am 24. Februar, nur mit andern Personen, mit einem andern Sujet, mit einem andern Erfolg, ist am 15. Mai vorgefallen. Ich will nichts von den Hauptakteurs sagen, Einen ausgenommen. Ich kenne die Uebrigen nicht, ich habe sie nie gesehen; ich habe auch keine Aufschlüsse über ihren Charakter, ihre Zwecke, ihren Plan. 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Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 15. Köln, Donnerstag 15. Juni 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Der Raum des Blattes wird so oft es nöthig durch Beilagen erweitert. Der Abonnementspreis beträgt: Für das mit dem 1. Juli beginnende Vierteljahr in Köln 1 Thlr. 15 Sgr.; für alle übrigen Orte Preußens 2 Thlr 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsporto's. Das Abonnement für den Monat Juni kann nur unter gleichzeitiger Bestellung des nächsten Quartals (Juli, August, September) geschehen. Der Preis dieses viermonatlichen Abonnements beträgt: Für Köln 2 Thlr.; auswärts 2 Thlr. 25 Sgr. Man abonnirt bei allen Postanstalten und Buchhandlungen des In- und Auslandes; ‒ für Köln in der Expedition der Zeitung bei Hrn. W. Clouth, St. Agatha 12, Köln, woselbst auch fernere Aktienzeichnungen entgegen genommen werden. Briefe und Zusendungen an die Redaktion sowie die Expedition werden von unbekannten Absendern nur frankirt angenommen. ‒ Insertionsgebühren. Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Vereinbarungsdebatte über die Anerkennung der Revolution). Heidelberg. (Der Kommissions-Antrag auf Bildung einer österreichisch-preußisch-baierisch-provisorischen Central-Gewalt). Frankfurt. (Auftritt in Offenbach). Berlin. (Die Exminister. ‒ Erlaß des Magistrats. ‒ Erklärung der Mitglieder der Linken. ‒ Erklärung der Mitglieder der Rechten. ‒ Namensverzeichniß). Breslau. (Nachrichten aus Rußland). Breslau. (Erklärung der Regierung an den Magistrat. ‒ Beschluß wegen der Verwerfung des Behrends'schen Antrags. ‒ Mittheilung Reichenbachs). Leipzig. (Anklage gegen das Ministerium Oberländer).
Polen. Lemberg. (Aufwiegelung).
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Französische Republik. Paris. (Die neuen Journale. ‒ In den Tuilerien aufgefundene Briefe. ‒ Dupin. ‒ Brief der Prinzessin Clementine. Resultat des Auflaufs an d. P. St. Denis. ‒ Erklärung von Armand Marrast. ‒ Vermischtes).
Großbritannien. London. (Ruhe). Dublin. (John O'Connell. ‒ Nachrichten aus Lahore).
Deutschland. **Köln, 14. Juni. Die Berliner Debatte über die Revolution.
(Fortsetzung.)
_ 19 Heidelberg, 12 Juni. Es war vorauszusehen, daß der Kommissionsantrag auf Bildung einer östreichisch-bairisch-preußischen provisorischen Centralgewalt, da derselbe ein Kind der Dahlmann'schen Weisheit ist, alsbald auch den Segen des Onkel Gervinus erhalten würde. Dieser feierliche Akt ist erfolgt; die Stimme des Herrn Gervinus hat sein Wohlgefallen an dem „starken und festen“ Neugeborenen erklärt; sie verkündet, daß derselbe sogar alle Anlagen zeige, sich zum dereinstigen Heiland der Deutschen zu entwickeln. Sein Stolz ist, daß nur die Fürsten allein das Triumvirat ernennen würden, daß das Direktorium nur die „ihm genehmen“ Beschlüsse der Nationalversammlung auszuführen hätte; weil also, sagt der Prophet, in diesem Provisorium schon alles „Wesentliche“, was später zur Centralregierung gehörte, „Prinzip und Formen“ fertig stünden, so könnten sich die Regierungen (denn das Volk hat nicht drein zu reden,) den Versuch einer interimistischen Anordnung schon gefallen lassen, der für den Eintritt der definitiven Verfassung ein „wesentliches“ Stück Experiment sein würde. Nur Eine schwere Frage bekümmert den „wesentlichen“ Herrn Gervinus um das Gedeihen seines Heiland-Embryo's, das sind die Sirenengesänge der falschen Propheten, der Baalskinder der Republik, es ist der Sonderantrag der zwei Minoritätsglieder aus der Kommission, Robert Blum und Trützschler. Ein von der Nationalversammlung ernannter und von ihr absetzbarer Vorsitzender des Vollziehungsausschusses, der sich selbst nach freier Wahl vier Mitglieder beigesellt, sollte als „blindes Werkzeug des Volkswillens“ alle Beschlüsse der Versammlung ausführen? Hütet euch, ruft die Stimme der Wüste, das ist der Weg der Revolution, das ist eine dem „Ehrgefühl“ der Fürsten und „Einzelstaaten“ unerträgliche Zumuthung! Es ist klar, das Vaterland ist in Gefahr; greifen wir zu den Waffen für das heilige Triumvirat, für den Uebergang in ein erbliches Kaiserthums, in welchem Herr Gervinus als Erzieher der Prinzen für wahrhaft constitutionelle Musterfürsten sorgen wird! Doch Herr Gervinus beruhigt uns selbst wieder, er erklärt ja sofort, daß die „Partei“ an das Durchdringen ihres Antrages selbst nicht glaube. Der unheilverkündende Unkenruf war nur die Warnungsstimme eines wachsamen patriotischen Gemüthes, die Gefahren, welche dem Seher Gervinus erschienen, sind von ihm selbst ebenso schnell zerstreut, wie die zwölf Kerle in Steifleinen von dem Heldenschwert des ehrenwerthen Sir John.
Lied eines irischen Emigranten. Nach M. Blackwood.
Nun sitz' ich auf der Bank, Anna,
Auf der wir saßen traut
An dem schönen Morgen im Monat Mai,
Als einst du meine Braut.
Es sproßte frisch und grün das Korn
Und die Lerche sang so weit ‒
Dein Mund war rosaroth, Anna,
Dein Auge voll Lieblichkeit.
Die Bank ist ganz wie sonst, Anna;
Schön ist des Morgens Glüh'n.
Wie damals steigt die Lerche auf
Und das Korn ist wieder grün;
Nur du bist ach, verschwunden, Anna,
Mein Stolz und meine Lust;
Und Alles, ach, verlor ich, Anna,
Als sterben du gemußt.
Mit deinem treuen, guten Herzen[#]
Wie hofftest du so lang,
Als mit dem alten Gottvertrauen
Mein Arm ermattet sank.
Trost sprachst du mir in meine Seele
Und sahst mich bittend an ‒
Und Dank sei, Anna, dir für Alles,
Was du mir Liebes gethan!
Dank dir für dein geduldig Lächeln,
Als du vom Hunger geplagt,
Deine Qual verbargst um meinetwillen
Und nicht ein Wort gesagt;
Und Dank dir für dein letztes Grüßen,
Als ach, dein Herze brach ‒
Und o, es freut mich, daß du weilest,
Wo nichts nun kränken dich mag!
Ade! von dannen nun muß ich ziehen,
Muß lassen der Heimath Strand;
Doch wird' ich auch dein gedenken, Anna,
In dem fernen, fremden Land.
Man sagt, dort gibt es Brod genug,
Und die Sonne geht nimmer zur Ruh' ‒
Doch nimmer vergeß' ich, Alt-Irland dich,
Wär's auch dreimal schöner, als du!
In jenen alten großen Wäldern
Will ich sitzen, ein einsamer Mann,
Und zurück nach dem Orte, wo Anna ruht,
Wird reisen mein Herze dann.
Bis ich meine, ich sähe die kleine Bank,
Wo zusammen wir saßen traut
An dem schönen Morgen im Monat Mai,
Als einst du meine Braut.
G. W. Barbès. (Schluß.)
In dem was ich sage liegt weder böse Absicht, noch irgend eine versteckte Ironie. Ich glaube sogar, daß in dem ersten Ausbruch einer verwirrten und unerfaßbaren Revolution es die Pflicht eines Republikaners vom „National“ sein würde, die Zügel nicht aus der Hand zu geben, sondern an der Spitze der Bewegung zu bleiben, damit dieselbe nicht zum Vortheil eines „angestammten Königs“ ausgebeutet werde; steht es ihm doch frei, sich am Abend oder in der Frühe des andern Morgens zurückzuziehen, sobald sich für ihn die Unmöglichkeit einer solchen Rettung der Republik herausgestellt hat
Die Möglichkeit war vorhanden, daß es am 24. Februar ungefähr ebenso geschehen konnte. Wir wissen nicht, ob dem „National“ viel daran lag, sich Odilon Barrot beizugesellen. Aber auch wenn dem so wäre, so wäre dabei nichts Unlogisches oder Entsetzliches. Damals glaubte nun einmal der National nicht an eine soziale Revolution, und was uns anbetrifft, so müssen wir offen gestehen, daß, wenn auch unsere Wünsche für eine soziale Revolution lauter waren, doch viele von uns keine große Zuversicht darauf setzten. Indeß kommt es nicht darauf an, ob man mehr oder weniger Zuversicht auf den Erfolg hatte; das „Verbrechen“ bei politischen Ereignissen besteht nicht in der Würdigung des Faktums. Das Uebel ist anderswo: ein altes Sprichwort sagt, daß man „leicht an das glaube, was man wünscht.“ Und der Gegensatz desselben ist nicht minder wahr: „was man fürchtet, glaubt man überall kommen zusehn.“
Ein ähnliches Ereigniß wie am 24. Februar, nur mit andern Personen, mit einem andern Sujet, mit einem andern Erfolg, ist am 15. Mai vorgefallen. Ich will nichts von den Hauptakteurs sagen, Einen ausgenommen. Ich kenne die Uebrigen nicht, ich habe sie nie gesehen; ich habe auch keine Aufschlüsse über ihren Charakter, ihre Zwecke, ihren Plan. Einzig ist aus der Zusammensetzung ihrer verschiedenen Listen zu erkennen, daß noch eine Stunde vorher weder ein Plan, noch Beschlüsse, noch bestimmte Absicht vorhanden waren. Es war Ein Mann, der nichts, gar nichts von dem wußte, was geschehen sollte; er hatte den Tag vorher noch geschworen, daß Nichts
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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