Neue Rheinische Zeitung. Nr. 16. Köln, 16. Juni 1848.""Keineswegs! Der jüngste Kommis sollte jedenfalls geopfert werden."" "Sie haben ein ungemein gutes Gedächtniß." ""Und wie Sie neulich den alten Sassrfraß entlassen haben, so wollten Sie auch -"" "Ich wollte nichts mehr Lenz!" ""So wollten Sie, was mich beträfe - -"" Hier entstand eine große Pause. Der Buchhalter hatte seinen Herrn mit einem durchbohrenden Blicke angeschaut. Sacht ließ er sich hinabgleiten von seinem Comptoirstuhl und einen Schritt seitwärts nach der Muskete thuend, schien er von der Antwort des Prinzipals die entsetzlichste aller Maßregeln abhängig machen zu wollen. Dem armen gefolterten Herrn Preiß war der Angstschweiß aus allen Poren gebrochen. Kaum seiner peinigenden Gedanken über die Dinge im Allgemeinen, los und ledig, wehte ihn schon wieder aus der Konversation mit dem Buchhalter der Geist der Anarchie und der Revolution an. Wie? Der sonst so sanfte Buchhalter, er wagte im Glanze der Waffen in das Comptoir zu treten und mit der Patrontasche auf dem Rücken, mit dem Säbel an der Seite, eine Sache zur Sprache zu bringen, welche das Verhältniß zwischen Herr und Diener auf so empfindliche Weise berührte-- es war unerhört, es war zum verzweifeln! Als der Herr Lenz daher die Worte sprach: ""Was mich beträfe - -"" da versagte dem ehrenwerthen Handelsherrn fast die Stimme und nur mit bebenden Lippen konnte er die Worte hinzufügen: "Sein Sie unbesorgt, Herr Lenz, ich will Ihnen eine Zulage geben von hundert Thaler jährlich - preußisch Courant." Der Buchhalter nahm drei große Prisen. ""Sie sind ein Ehrenmann, Herr Preiß!"" rief er und die Muskete ergreifend, schulterte er so flott wie der beste Korporal. ""Da ich indeß die Wache beziehen muß, so werde ich unmöglich heute irgend etwas arbeiten können - - Guten Morgen, Herr Preiß!"" Staunend schaute der Herr seinem Diener nach. Die Kokarde der Gardisten-Mütze blitzte in den Strahlen der Morgensonne. [Fortsetzung] die vorstehend bestimmten, aufgewendet werden müssen, so sind dieselben zu vergüten. § 3.1) Bei Vergütung der in den §§ 1 und 2 bestimmten Sätze wird jede angefangene Viertelmeile für eine volle Viertelmeile gerechnet. 2) Bei Dienstreisen von mehr als einer Viertelmeile, aber weniger als einer ganzen Meile, sind die Reisekosten nach einer vollen Meile zu berechnen. 3) Für Geschäfte außerhalb des Wohnorts in geringerer Entfernung als einer Viertelmeile werden weder Reisekosten noch Diäten gewährt. § 4. Bei Versetzungen können verheirathete Beamte, wenn sie auf Reisekosten, nicht aber auf eine Umzugs-Entschädigung Anspruch haben, die Reisekosten in jedem Falle nach § 2 liquidiren. § 5. Die durch die Verordnung vom 28. Juni 1825 oder durch spätere ergänzende Vorschriften bestimmten Taggelder werden bei den Sätzen von 2 Thlr. und weniger dergestalt erhöht, daß
zu gewähren sind. § 6. Der gegenwärtige Erlaß tritt mit dem 1. Juli c. in Kraft, und werden die demselben entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere auch der den Verhältnissen nicht mehr entsprechende § 7 der Verordnung vom 27. Juni 1825, außer Anwendung gesetzt. Sanssouci, den 10. Juni 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) Camphausen. Hansemann. An das Staatsministerium. Deutschland.
** Köln, 14. Juni. (Die Berliner Debatte über die Revolution. Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 103Berlin, 13. Juni. Ich beeile mich, Ihnen folgendes Programm, welches von Abgeordneten des linken Centrums ausgehend, zur Unterschrift bei gleichgesinnten Mitgliedern der Nationalversammlung cirkulirt, mitzutheilen. Das Programm lautet : 1) Wir erkennen an, daß wir den Ereignissen des 18. und 19. März den Ursprung eines neuen öffentlichen Rechtszustandes in Preußen, zu verdanken haben. 2) Wir erkennen an, daß das in Folge dieser Ereignisse erlassene, durch die thatsächliche Zustimmung des gesammten preußischen Volkes zur höchsten Gesetzlichkeit erhobene Wahlgesetz vom 8. April der Rechtsboden der gegenwärtigen preußischen Nationalversammlung ist. 3) Wir behaupten, daß wir auf Grund dieses Gesetzes, mit der Krone gleichberechtigte Vertragende zur Vereinbarung der neuen Staatsverfassung sind, und folgern daraus: a) daß die Krone nicht das Recht der Auflösung unserer Versammlung, wohl aber diese das Recht des Beisammenbleibens bis zur erfolgter Vereinbarung hat; b) daß der Versammlung freisteht auch ihrerseits der Krone einen Verfassungsentwurf vorzulegen. 4) Wir schöpfen den Begriff der Staatsverfassung aus den Bedürfnissen der Gesellschaft und erkennen es daher als den Zweck unserer Vereinbarung, nicht blos die höchsten Staatsgewalten zu organisiren, sondern die staatliche Gesellschaft zu konstituiren. Wir ziehen daher außer den Gegenständen, welche der uns vorgelegte Entwurf enthält, noch in unsere Aufgabe : Bestimmungen über die Freiheit des Eigenthums. Eine volksthümliche Gerichtsverfassung. Die Kommunalverfassung in ihren engeren und weiteren Verbänden. Die Steuerverfassung. Das Wahlgesetz. Bestimmungen über die Domänen und Regalien. Ueber das Verhältniß der Kirche zum Staate. Ueber den öffentlichen Unterricht. Eine Wehrverfassung. Ein Gesetz über die Verantwortlichkeit sämmtlicher Verwaltungsbeamten - und zwar nicht auf Grund der uns gleichfalls übertragenen reichsständischen Befugnisse, sondern auf Grund des Theils unseres Auftrages, der auf Vereinbarung einer Verfassung lautet. 5) Die zu vereinbarende Verfassung hat von dem Grundsatze auszugehen, daß König und Volk zusammen die Souverainität ausüben, jeder mit demjenigen Antheile, der durch die Verfassung selbst festgestellt wird. 6) Die höchste gesetzgebende Gewalt soll zwischen König und Volk so getheilt werden, daß ersterem ein aufschiebendes Veto zusteht. 7) Ob die Volksvertretung als Organ der höchsten gesetzgebenden Gewalt in einer oder zwei Kammern berathen oder beschließen solle, bleibt unter den Anhängern dieses Programms offene Frage, vorausgesetzt, daß die Mitgliedschaft der andern Kammer auf keinen Vorrechten oder Privilegien beruht. Rodbertus. Uhlich. v. Puttkammer. Hildenhagen. Schulze v. Dielitzsch. Tümmel. Zachariä. Moritz. Dieses Programm soll schon viele Unterschriften von Mitgliedern sowohl des linken als rechten Centrums gefunden haben. Da es in vielen Punkten den ausgesprochenen Ansichten des Ministeriums widerspricht, so sind die Anhänger dieses Programms vorkommenden Falls genöthigt mit der linken Seite gegen die Minister zu stimmen. Bei der bevorstehender Adreßdebatte wird dieser Fall eintreten, denn die Adreßkommission hat einige Paragraphen aufgenommen, die im Sinne dieses Programms, aber von dem Ministerium nicht gebilligt werden können. Da dasselbe bei der Abstimmung des Berends'schen Antrags wegen Anerkennung der Revolution, nur eine Majorität von 19 Stimmen hatte, worin jedoch das Centrum einbegriffen war, so ist der Fall des Ministeriums bei der Adreßdebatte vorauszusehen. Daß das neue Ministerium aber nicht aus der demokratischen Partei ausgehen wird, ist jedoch gewiß. Wir bekommen höchstens ein Uebergangsministerium, aus den Anhängern des vorstehenden Programms zusammengesetzt. Man ist hier sehr aufgebracht darüber, wie sich das Polizeipräsidium auf Grund der Vorfälle vom 9. Juni herausnehmen kann, so zu sagen "ein Gesetz gegen Zusammenrottungen" aus eigener Machtvollkommenheit zu erlassen. Wir sind aber seit dem 19. März daran gewöhnt, Verordnungen unserer Polizei zu ignoriren, indem es Niemanden einfiel danach zu handeln. Im gegebenen Falle wird sich unsere Bürgerwehr, in der beiläufig gesagt jetzt der beste Geist herrscht, wohl hüten, eine versammelte Menge, wie wir sie jetzt immerwährend unter den Linden und andern Orten haben, mit Gewalt auseinander zu sprengen. * Berlin, 13. Juni. Der Sieg des Ministeriums am verflossenen Freitag mit der bekannten schwachen Majorität, war eine so entschiedene Niederlage, daß den Ministern klar geworden sein kann : noch ein solcher Sieg und wir sind verloren. Die Minister haben durch Verläugnung der Revolution die Errungenschaften und das Souverainitätsrecht des Volkes verläugnet, sie haben sich selbst für die Grundsätze des alten, längst in der öffentlichen Meinung gerichteten Systems erklärt, und ihre Stellung im Volk, in der öffentlichen Meinung kann nicht zweifelhaft sein. Und welcher Anstrengungen, welcher Kunstgriffe bedurfte es, selbst nur diese so schwache Majorität zu erringen, - ganz abgesehen von dem Umstand, daß zahlreiche Deputirte der Linken fehlten, welche der Sache noch eine andere Wendung geben konnten! Herr Hansemann, der Duchatel des Ministeriums, bewegte sich von Bank zu Bank in den Centren, um zweifelhafte Gemüther auf das Revolutionäre einer Anerkennung der Revolution aufmerksam zu machen; er gab den Erschrockenen zu verstehen, daß sein loyales Herz von einem solchen, des historischen "Rechtsbodens" entbehrenden Zustand sich abwenden müßte, und daß er dann lieber eine Berliner politische Zeitung gründen würde; er benutzte endlich in dem Augenblick, wo die Versammlung den Ruf zur Abstimmung schon unterstützt hatte, sein Recht als Minister, zu jeder Zeit gehört zu werden, um durch drohende Warnungen noch unmittelbar auf die Abstimmung zu wirken. Nur D'Ester gelang es noch einmal, trotz des Tobens der Rechten, nach der Geschäftsordnung das Wort gegen die Abstimmung zu erhalten , und dem Minister sein unparlamentarisches Verfahren vorzuwerfen. Das Ergebniß ist bekannt, aber der zweifelhafte Sieg hat selbst die Minister geschreckt, und man spricht bereits allgemein von neuen Ministerlisten. - Camphausen, wird mir von ziemlich wohlunterrichteter Seite versichert, denkt auf einen sogenannten "ehrenvollen Rückzug";er wünscht, wie es heißt, in Frankfurt eine Stellung, als Bundestagsgesandter oder etwas Höheres noch. Auerswald wird sich eben so wenig halten können. Schwerin, der ins Pommer'sche übersetzte Vincke, hat sich durch sein jüngstes Auftreten bereits unmöglich gemacht. Bornemann besitzt hin und wieder noch einige Sympathien, weil er sich am Kräftigsten dem neuen Verfassungsentwurf widersetzt haben soll. Nur Hansemann wird sich, in Hoffnung auf das ersehnte Ziel der Ministerpräsidentschaft, geschmeidig zu erhalten suchen, ob aber mit Erfolg, kann nach der letzten Sitzung und seinen früheren Erklärungen über die Zwangsanleihe wohl mit Recht bezweifelt werden. - Die morgige Vereinbarersitzung wird wahrscheinlich von Interesse sein, da man über das sogenannte Attentat auf den Minister Ar- „„Keineswegs! Der jüngste Kommis sollte jedenfalls geopfert werden.““ „Sie haben ein ungemein gutes Gedächtniß.“ „„Und wie Sie neulich den alten Sassrfraß entlassen haben, so wollten Sie auch ‒““ „Ich wollte nichts mehr Lenz!“ „„So wollten Sie, was mich beträfe ‒ ‒““ Hier entstand eine große Pause. Der Buchhalter hatte seinen Herrn mit einem durchbohrenden Blicke angeschaut. Sacht ließ er sich hinabgleiten von seinem Comptoirstuhl und einen Schritt seitwärts nach der Muskete thuend, schien er von der Antwort des Prinzipals die entsetzlichste aller Maßregeln abhängig machen zu wollen. Dem armen gefolterten Herrn Preiß war der Angstschweiß aus allen Poren gebrochen. Kaum seiner peinigenden Gedanken über die Dinge im Allgemeinen, los und ledig, wehte ihn schon wieder aus der Konversation mit dem Buchhalter der Geist der Anarchie und der Revolution an. Wie? Der sonst so sanfte Buchhalter, er wagte im Glanze der Waffen in das Comptoir zu treten und mit der Patrontasche auf dem Rücken, mit dem Säbel an der Seite, eine Sache zur Sprache zu bringen, welche das Verhältniß zwischen Herr und Diener auf so empfindliche Weise berührte‒‒ es war unerhört, es war zum verzweifeln! Als der Herr Lenz daher die Worte sprach: „„Was mich beträfe ‒ ‒““ da versagte dem ehrenwerthen Handelsherrn fast die Stimme und nur mit bebenden Lippen konnte er die Worte hinzufügen: „Sein Sie unbesorgt, Herr Lenz, ich will Ihnen eine Zulage geben von hundert Thaler jährlich ‒ preußisch Courant.“ Der Buchhalter nahm drei große Prisen. „„Sie sind ein Ehrenmann, Herr Preiß!““ rief er und die Muskete ergreifend, schulterte er so flott wie der beste Korporal. „„Da ich indeß die Wache beziehen muß, so werde ich unmöglich heute irgend etwas arbeiten können ‒ ‒ Guten Morgen, Herr Preiß!““ Staunend schaute der Herr seinem Diener nach. Die Kokarde der Gardisten-Mütze blitzte in den Strahlen der Morgensonne. [Fortsetzung] die vorstehend bestimmten, aufgewendet werden müssen, so sind dieselben zu vergüten. § 3.1) Bei Vergütung der in den §§ 1 und 2 bestimmten Sätze wird jede angefangene Viertelmeile für eine volle Viertelmeile gerechnet. 2) Bei Dienstreisen von mehr als einer Viertelmeile, aber weniger als einer ganzen Meile, sind die Reisekosten nach einer vollen Meile zu berechnen. 3) Für Geschäfte außerhalb des Wohnorts in geringerer Entfernung als einer Viertelmeile werden weder Reisekosten noch Diäten gewährt. § 4. Bei Versetzungen können verheirathete Beamte, wenn sie auf Reisekosten, nicht aber auf eine Umzugs-Entschädigung Anspruch haben, die Reisekosten in jedem Falle nach § 2 liquidiren. § 5. Die durch die Verordnung vom 28. Juni 1825 oder durch spätere ergänzende Vorschriften bestimmten Taggelder werden bei den Sätzen von 2 Thlr. und weniger dergestalt erhöht, daß
zu gewähren sind. § 6. Der gegenwärtige Erlaß tritt mit dem 1. Juli c. in Kraft, und werden die demselben entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere auch der den Verhältnissen nicht mehr entsprechende § 7 der Verordnung vom 27. Juni 1825, außer Anwendung gesetzt. Sanssouci, den 10. Juni 1848. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gez.) Camphausen. Hansemann. An das Staatsministerium. Deutschland.
** Köln, 14. Juni. (Die Berliner Debatte über die Revolution. Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 103Berlin, 13. Juni. Ich beeile mich, Ihnen folgendes Programm, welches von Abgeordneten des linken Centrums ausgehend, zur Unterschrift bei gleichgesinnten Mitgliedern der Nationalversammlung cirkulirt, mitzutheilen. Das Programm lautet : 1) Wir erkennen an, daß wir den Ereignissen des 18. und 19. März den Ursprung eines neuen öffentlichen Rechtszustandes in Preußen, zu verdanken haben. 2) Wir erkennen an, daß das in Folge dieser Ereignisse erlassene, durch die thatsächliche Zustimmung des gesammten preußischen Volkes zur höchsten Gesetzlichkeit erhobene Wahlgesetz vom 8. April der Rechtsboden der gegenwärtigen preußischen Nationalversammlung ist. 3) Wir behaupten, daß wir auf Grund dieses Gesetzes, mit der Krone gleichberechtigte Vertragende zur Vereinbarung der neuen Staatsverfassung sind, und folgern daraus: a) daß die Krone nicht das Recht der Auflösung unserer Versammlung, wohl aber diese das Recht des Beisammenbleibens bis zur erfolgter Vereinbarung hat; b) daß der Versammlung freisteht auch ihrerseits der Krone einen Verfassungsentwurf vorzulegen. 4) Wir schöpfen den Begriff der Staatsverfassung aus den Bedürfnissen der Gesellschaft und erkennen es daher als den Zweck unserer Vereinbarung, nicht blos die höchsten Staatsgewalten zu organisiren, sondern die staatliche Gesellschaft zu konstituiren. Wir ziehen daher außer den Gegenständen, welche der uns vorgelegte Entwurf enthält, noch in unsere Aufgabe : Bestimmungen über die Freiheit des Eigenthums. Eine volksthümliche Gerichtsverfassung. Die Kommunalverfassung in ihren engeren und weiteren Verbänden. Die Steuerverfassung. Das Wahlgesetz. Bestimmungen über die Domänen und Regalien. Ueber das Verhältniß der Kirche zum Staate. Ueber den öffentlichen Unterricht. Eine Wehrverfassung. Ein Gesetz über die Verantwortlichkeit sämmtlicher Verwaltungsbeamten ‒ und zwar nicht auf Grund der uns gleichfalls übertragenen reichsständischen Befugnisse, sondern auf Grund des Theils unseres Auftrages, der auf Vereinbarung einer Verfassung lautet. 5) Die zu vereinbarende Verfassung hat von dem Grundsatze auszugehen, daß König und Volk zusammen die Souverainität ausüben, jeder mit demjenigen Antheile, der durch die Verfassung selbst festgestellt wird. 6) Die höchste gesetzgebende Gewalt soll zwischen König und Volk so getheilt werden, daß ersterem ein aufschiebendes Veto zusteht. 7) Ob die Volksvertretung als Organ der höchsten gesetzgebenden Gewalt in einer oder zwei Kammern berathen oder beschließen solle, bleibt unter den Anhängern dieses Programms offene Frage, vorausgesetzt, daß die Mitgliedschaft der andern Kammer auf keinen Vorrechten oder Privilegien beruht. Rodbertus. Uhlich. v. Puttkammer. Hildenhagen. Schulze v. Dielitzsch. Tümmel. Zachariä. Moritz. Dieses Programm soll schon viele Unterschriften von Mitgliedern sowohl des linken als rechten Centrums gefunden haben. Da es in vielen Punkten den ausgesprochenen Ansichten des Ministeriums widerspricht, so sind die Anhänger dieses Programms vorkommenden Falls genöthigt mit der linken Seite gegen die Minister zu stimmen. Bei der bevorstehender Adreßdebatte wird dieser Fall eintreten, denn die Adreßkommission hat einige Paragraphen aufgenommen, die im Sinne dieses Programms, aber von dem Ministerium nicht gebilligt werden können. Da dasselbe bei der Abstimmung des Berends'schen Antrags wegen Anerkennung der Revolution, nur eine Majorität von 19 Stimmen hatte, worin jedoch das Centrum einbegriffen war, so ist der Fall des Ministeriums bei der Adreßdebatte vorauszusehen. Daß das neue Ministerium aber nicht aus der demokratischen Partei ausgehen wird, ist jedoch gewiß. Wir bekommen höchstens ein Uebergangsministerium, aus den Anhängern des vorstehenden Programms zusammengesetzt. Man ist hier sehr aufgebracht darüber, wie sich das Polizeipräsidium auf Grund der Vorfälle vom 9. Juni herausnehmen kann, so zu sagen „ein Gesetz gegen Zusammenrottungen“ aus eigener Machtvollkommenheit zu erlassen. Wir sind aber seit dem 19. März daran gewöhnt, Verordnungen unserer Polizei zu ignoriren, indem es Niemanden einfiel danach zu handeln. Im gegebenen Falle wird sich unsere Bürgerwehr, in der beiläufig gesagt jetzt der beste Geist herrscht, wohl hüten, eine versammelte Menge, wie wir sie jetzt immerwährend unter den Linden und andern Orten haben, mit Gewalt auseinander zu sprengen. * Berlin, 13. Juni. Der Sieg des Ministeriums am verflossenen Freitag mit der bekannten schwachen Majorität, war eine so entschiedene Niederlage, daß den Ministern klar geworden sein kann : noch ein solcher Sieg und wir sind verloren. Die Minister haben durch Verläugnung der Revolution die Errungenschaften und das Souverainitätsrecht des Volkes verläugnet, sie haben sich selbst für die Grundsätze des alten, längst in der öffentlichen Meinung gerichteten Systems erklärt, und ihre Stellung im Volk, in der öffentlichen Meinung kann nicht zweifelhaft sein. Und welcher Anstrengungen, welcher Kunstgriffe bedurfte es, selbst nur diese so schwache Majorität zu erringen, ‒ ganz abgesehen von dem Umstand, daß zahlreiche Deputirte der Linken fehlten, welche der Sache noch eine andere Wendung geben konnten! Herr Hansemann, der Duchatel des Ministeriums, bewegte sich von Bank zu Bank in den Centren, um zweifelhafte Gemüther auf das Revolutionäre einer Anerkennung der Revolution aufmerksam zu machen; er gab den Erschrockenen zu verstehen, daß sein loyales Herz von einem solchen, des historischen „Rechtsbodens“ entbehrenden Zustand sich abwenden müßte, und daß er dann lieber eine Berliner politische Zeitung gründen würde; er benutzte endlich in dem Augenblick, wo die Versammlung den Ruf zur Abstimmung schon unterstützt hatte, sein Recht als Minister, zu jeder Zeit gehört zu werden, um durch drohende Warnungen noch unmittelbar auf die Abstimmung zu wirken. Nur D'Ester gelang es noch einmal, trotz des Tobens der Rechten, nach der Geschäftsordnung das Wort gegen die Abstimmung zu erhalten , und dem Minister sein unparlamentarisches Verfahren vorzuwerfen. Das Ergebniß ist bekannt, aber der zweifelhafte Sieg hat selbst die Minister geschreckt, und man spricht bereits allgemein von neuen Ministerlisten. ‒ Camphausen, wird mir von ziemlich wohlunterrichteter Seite versichert, denkt auf einen sogenannten „ehrenvollen Rückzug“;er wünscht, wie es heißt, in Frankfurt eine Stellung, als Bundestagsgesandter oder etwas Höheres noch. Auerswald wird sich eben so wenig halten können. Schwerin, der ins Pommer'sche übersetzte Vincke, hat sich durch sein jüngstes Auftreten bereits unmöglich gemacht. Bornemann besitzt hin und wieder noch einige Sympathien, weil er sich am Kräftigsten dem neuen Verfassungsentwurf widersetzt haben soll. Nur Hansemann wird sich, in Hoffnung auf das ersehnte Ziel der Ministerpräsidentschaft, geschmeidig zu erhalten suchen, ob aber mit Erfolg, kann nach der letzten Sitzung und seinen früheren Erklärungen über die Zwangsanleihe wohl mit Recht bezweifelt werden. ‒ Die morgige Vereinbarersitzung wird wahrscheinlich von Interesse sein, da man über das sogenannte Attentat auf den Minister Ar- <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar016_004" type="jArticle"> <pb facs="#f0002" n="0066"/> <p>„„Keineswegs! Der jüngste Kommis sollte jedenfalls geopfert werden.““</p> <p>„Sie haben ein ungemein gutes Gedächtniß.“</p> <p>„„Und wie Sie neulich den alten Sassrfraß entlassen haben, so wollten Sie auch ‒““</p> <p>„Ich wollte nichts mehr Lenz!“</p> <p>„„So wollten Sie, was mich beträfe ‒ ‒““</p> <p>Hier entstand eine große Pause. Der Buchhalter hatte seinen Herrn mit einem durchbohrenden Blicke angeschaut. Sacht ließ er sich hinabgleiten von seinem Comptoirstuhl und einen Schritt seitwärts nach der Muskete thuend, schien er von der Antwort des Prinzipals die entsetzlichste aller Maßregeln abhängig machen zu wollen. Dem armen gefolterten Herrn Preiß war der Angstschweiß aus allen Poren gebrochen. Kaum seiner peinigenden Gedanken über die Dinge im Allgemeinen, los und ledig, wehte ihn schon wieder aus der Konversation mit dem Buchhalter der Geist der Anarchie und der Revolution an. Wie? Der sonst so sanfte Buchhalter, er wagte im Glanze der Waffen in das Comptoir zu treten und mit der Patrontasche auf dem Rücken, mit dem Säbel an der Seite, eine Sache zur Sprache zu bringen, welche das Verhältniß zwischen Herr und Diener auf so empfindliche Weise berührte‒‒ es war unerhört, es war zum verzweifeln!</p> <p>Als der Herr Lenz daher die Worte sprach: „„Was <hi rendition="#g">mich</hi> beträfe ‒ ‒““ da versagte dem ehrenwerthen Handelsherrn fast die Stimme und nur mit bebenden Lippen konnte er die Worte hinzufügen: „Sein Sie unbesorgt, Herr Lenz, ich will Ihnen eine Zulage geben von hundert Thaler jährlich ‒ preußisch Courant.“</p> <p>Der Buchhalter nahm drei große Prisen. „„Sie sind ein Ehrenmann, Herr Preiß!““ rief er und die Muskete ergreifend, schulterte er so flott wie der beste Korporal. „„Da ich indeß die Wache beziehen muß, so werde ich unmöglich heute irgend etwas arbeiten können ‒ ‒ Guten Morgen, Herr Preiß!““</p> <p>Staunend schaute der Herr seinem Diener nach. 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Herr Hansemann, der Duchatel des Ministeriums, bewegte sich von Bank zu Bank in den Centren, um zweifelhafte Gemüther auf das Revolutionäre einer Anerkennung der Revolution aufmerksam zu machen; er gab den Erschrockenen zu verstehen, daß sein loyales Herz von einem solchen, des historischen „Rechtsbodens“ entbehrenden Zustand sich abwenden müßte, und daß er dann lieber eine Berliner politische Zeitung gründen würde; er benutzte endlich in dem Augenblick, wo die Versammlung den Ruf zur Abstimmung schon unterstützt hatte, sein Recht als Minister, zu jeder Zeit gehört zu werden, um durch drohende Warnungen noch unmittelbar auf die Abstimmung zu wirken. Nur D'Ester gelang es noch einmal, trotz des Tobens der Rechten, nach der Geschäftsordnung das Wort gegen die Abstimmung zu erhalten , und dem Minister sein unparlamentarisches Verfahren vorzuwerfen. 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„„Keineswegs! Der jüngste Kommis sollte jedenfalls geopfert werden.““
„Sie haben ein ungemein gutes Gedächtniß.“
„„Und wie Sie neulich den alten Sassrfraß entlassen haben, so wollten Sie auch ‒““
„Ich wollte nichts mehr Lenz!“
„„So wollten Sie, was mich beträfe ‒ ‒““
Hier entstand eine große Pause. Der Buchhalter hatte seinen Herrn mit einem durchbohrenden Blicke angeschaut. Sacht ließ er sich hinabgleiten von seinem Comptoirstuhl und einen Schritt seitwärts nach der Muskete thuend, schien er von der Antwort des Prinzipals die entsetzlichste aller Maßregeln abhängig machen zu wollen. Dem armen gefolterten Herrn Preiß war der Angstschweiß aus allen Poren gebrochen. Kaum seiner peinigenden Gedanken über die Dinge im Allgemeinen, los und ledig, wehte ihn schon wieder aus der Konversation mit dem Buchhalter der Geist der Anarchie und der Revolution an. Wie? Der sonst so sanfte Buchhalter, er wagte im Glanze der Waffen in das Comptoir zu treten und mit der Patrontasche auf dem Rücken, mit dem Säbel an der Seite, eine Sache zur Sprache zu bringen, welche das Verhältniß zwischen Herr und Diener auf so empfindliche Weise berührte‒‒ es war unerhört, es war zum verzweifeln!
Als der Herr Lenz daher die Worte sprach: „„Was mich beträfe ‒ ‒““ da versagte dem ehrenwerthen Handelsherrn fast die Stimme und nur mit bebenden Lippen konnte er die Worte hinzufügen: „Sein Sie unbesorgt, Herr Lenz, ich will Ihnen eine Zulage geben von hundert Thaler jährlich ‒ preußisch Courant.“
Der Buchhalter nahm drei große Prisen. „„Sie sind ein Ehrenmann, Herr Preiß!““ rief er und die Muskete ergreifend, schulterte er so flott wie der beste Korporal. „„Da ich indeß die Wache beziehen muß, so werde ich unmöglich heute irgend etwas arbeiten können ‒ ‒ Guten Morgen, Herr Preiß!““
Staunend schaute der Herr seinem Diener nach. Die Kokarde der Gardisten-Mütze blitzte in den Strahlen der Morgensonne.
[Fortsetzung] die vorstehend bestimmten, aufgewendet werden müssen, so sind dieselben zu vergüten.
§ 3.1) Bei Vergütung der in den §§ 1 und 2 bestimmten Sätze wird jede angefangene Viertelmeile für eine volle Viertelmeile gerechnet. 2) Bei Dienstreisen von mehr als einer Viertelmeile, aber weniger als einer ganzen Meile, sind die Reisekosten nach einer vollen Meile zu berechnen. 3) Für Geschäfte außerhalb des Wohnorts in geringerer Entfernung als einer Viertelmeile werden weder Reisekosten noch Diäten gewährt.
§ 4.
Bei Versetzungen können verheirathete Beamte, wenn sie auf Reisekosten, nicht aber auf eine Umzugs-Entschädigung Anspruch haben, die Reisekosten in jedem Falle nach § 2 liquidiren.
§ 5.
Die durch die Verordnung vom 28. Juni 1825 oder durch spätere ergänzende Vorschriften bestimmten Taggelder werden bei den Sätzen von 2 Thlr. und weniger dergestalt erhöht, daß
2 Thlr. 15 Sgr. statt 2 Thlr. ‒ Sgr.
2 Thlr. ‒ Sgr. statt 1 Thlr. 15 Sgr.
1 Thlr. 20 Sgr. statt 1 Thlr. 10 Sgr.
1 Thlr. 10 Sgr. statt 1 Thlr. ‒ Sgr.
1 Thlr. ‒ Sgr. statt ‒ Thlr. 20 Sgr.
‒ Thlr. 20 Sgr. statt ‒ Thlr. 15 Sgr.
‒ Thlr. 15 Sgr. statt ‒ Thlr. 10 Sgr.
zu gewähren sind.
§ 6.
Der gegenwärtige Erlaß tritt mit dem 1. Juli c. in Kraft, und werden die demselben entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere auch der den Verhältnissen nicht mehr entsprechende § 7 der Verordnung vom 27. Juni 1825, außer Anwendung gesetzt.
Sanssouci, den 10. Juni 1848.
(gez.) Friedrich Wilhelm.
(gez.) Camphausen. Hansemann.
An das Staatsministerium.
Deutschland. ** Köln, 14. Juni. (Die Berliner Debatte über die Revolution. Fortsetzung.)
_ 103Berlin, 13. Juni. Ich beeile mich, Ihnen folgendes Programm, welches von Abgeordneten des linken Centrums ausgehend, zur Unterschrift bei gleichgesinnten Mitgliedern der Nationalversammlung cirkulirt, mitzutheilen. Das Programm lautet :
1) Wir erkennen an, daß wir den Ereignissen des 18. und 19. März den Ursprung eines neuen öffentlichen Rechtszustandes in Preußen, zu verdanken haben.
2) Wir erkennen an, daß das in Folge dieser Ereignisse erlassene, durch die thatsächliche Zustimmung des gesammten preußischen Volkes zur höchsten Gesetzlichkeit erhobene Wahlgesetz vom 8. April der Rechtsboden der gegenwärtigen preußischen Nationalversammlung ist.
3) Wir behaupten, daß wir auf Grund dieses Gesetzes, mit der Krone gleichberechtigte Vertragende zur Vereinbarung der neuen Staatsverfassung sind, und folgern daraus:
a) daß die Krone nicht das Recht der Auflösung unserer Versammlung, wohl aber diese das Recht des Beisammenbleibens bis zur erfolgter Vereinbarung hat;
b) daß der Versammlung freisteht auch ihrerseits der Krone einen Verfassungsentwurf vorzulegen.
4) Wir schöpfen den Begriff der Staatsverfassung aus den Bedürfnissen der Gesellschaft und erkennen es daher als den Zweck unserer Vereinbarung, nicht blos die höchsten Staatsgewalten zu organisiren, sondern die staatliche Gesellschaft zu konstituiren. Wir ziehen daher außer den Gegenständen, welche der uns vorgelegte Entwurf enthält, noch in unsere Aufgabe :
Bestimmungen über die Freiheit des Eigenthums. Eine volksthümliche Gerichtsverfassung. Die Kommunalverfassung in ihren engeren und weiteren Verbänden. Die Steuerverfassung. Das Wahlgesetz. Bestimmungen über die Domänen und Regalien. Ueber das Verhältniß der Kirche zum Staate. Ueber den öffentlichen Unterricht. Eine Wehrverfassung. Ein Gesetz über die Verantwortlichkeit sämmtlicher Verwaltungsbeamten ‒ und zwar nicht auf Grund der uns gleichfalls übertragenen reichsständischen Befugnisse, sondern auf Grund des Theils unseres Auftrages, der auf Vereinbarung einer Verfassung lautet.
5) Die zu vereinbarende Verfassung hat von dem Grundsatze auszugehen, daß König und Volk zusammen die Souverainität ausüben, jeder mit demjenigen Antheile, der durch die Verfassung selbst festgestellt wird.
6) Die höchste gesetzgebende Gewalt soll zwischen König und Volk so getheilt werden, daß ersterem ein aufschiebendes Veto zusteht.
7) Ob die Volksvertretung als Organ der höchsten gesetzgebenden Gewalt in einer oder zwei Kammern berathen oder beschließen solle, bleibt unter den Anhängern dieses Programms offene Frage, vorausgesetzt, daß die Mitgliedschaft der andern Kammer auf keinen Vorrechten oder Privilegien beruht. Rodbertus. Uhlich. v. Puttkammer. Hildenhagen. Schulze v. Dielitzsch. Tümmel. Zachariä. Moritz.
Dieses Programm soll schon viele Unterschriften von Mitgliedern sowohl des linken als rechten Centrums gefunden haben. Da es in vielen Punkten den ausgesprochenen Ansichten des Ministeriums widerspricht, so sind die Anhänger dieses Programms vorkommenden Falls genöthigt mit der linken Seite gegen die Minister zu stimmen. Bei der bevorstehender Adreßdebatte wird dieser Fall eintreten, denn die Adreßkommission hat einige Paragraphen aufgenommen, die im Sinne dieses Programms, aber von dem Ministerium nicht gebilligt werden können. Da dasselbe bei der Abstimmung des Berends'schen Antrags wegen Anerkennung der Revolution, nur eine Majorität von 19 Stimmen hatte, worin jedoch das Centrum einbegriffen war, so ist der Fall des Ministeriums bei der Adreßdebatte vorauszusehen. Daß das neue Ministerium aber nicht aus der demokratischen Partei ausgehen wird, ist jedoch gewiß. Wir bekommen höchstens ein Uebergangsministerium, aus den Anhängern des vorstehenden Programms zusammengesetzt.
Man ist hier sehr aufgebracht darüber, wie sich das Polizeipräsidium auf Grund der Vorfälle vom 9. Juni herausnehmen kann, so zu sagen „ein Gesetz gegen Zusammenrottungen“ aus eigener Machtvollkommenheit zu erlassen. Wir sind aber seit dem 19. März daran gewöhnt, Verordnungen unserer Polizei zu ignoriren, indem es Niemanden einfiel danach zu handeln. Im gegebenen Falle wird sich unsere Bürgerwehr, in der beiläufig gesagt jetzt der beste Geist herrscht, wohl hüten, eine versammelte Menge, wie wir sie jetzt immerwährend unter den Linden und andern Orten haben, mit Gewalt auseinander zu sprengen.
* Berlin, 13. Juni. Der Sieg des Ministeriums am verflossenen Freitag mit der bekannten schwachen Majorität, war eine so entschiedene Niederlage, daß den Ministern klar geworden sein kann : noch ein solcher Sieg und wir sind verloren. Die Minister haben durch Verläugnung der Revolution die Errungenschaften und das Souverainitätsrecht des Volkes verläugnet, sie haben sich selbst für die Grundsätze des alten, längst in der öffentlichen Meinung gerichteten Systems erklärt, und ihre Stellung im Volk, in der öffentlichen Meinung kann nicht zweifelhaft sein. Und welcher Anstrengungen, welcher Kunstgriffe bedurfte es, selbst nur diese so schwache Majorität zu erringen, ‒ ganz abgesehen von dem Umstand, daß zahlreiche Deputirte der Linken fehlten, welche der Sache noch eine andere Wendung geben konnten! Herr Hansemann, der Duchatel des Ministeriums, bewegte sich von Bank zu Bank in den Centren, um zweifelhafte Gemüther auf das Revolutionäre einer Anerkennung der Revolution aufmerksam zu machen; er gab den Erschrockenen zu verstehen, daß sein loyales Herz von einem solchen, des historischen „Rechtsbodens“ entbehrenden Zustand sich abwenden müßte, und daß er dann lieber eine Berliner politische Zeitung gründen würde; er benutzte endlich in dem Augenblick, wo die Versammlung den Ruf zur Abstimmung schon unterstützt hatte, sein Recht als Minister, zu jeder Zeit gehört zu werden, um durch drohende Warnungen noch unmittelbar auf die Abstimmung zu wirken. Nur D'Ester gelang es noch einmal, trotz des Tobens der Rechten, nach der Geschäftsordnung das Wort gegen die Abstimmung zu erhalten , und dem Minister sein unparlamentarisches Verfahren vorzuwerfen. Das Ergebniß ist bekannt, aber der zweifelhafte Sieg hat selbst die Minister geschreckt, und man spricht bereits allgemein von neuen Ministerlisten. ‒ Camphausen, wird mir von ziemlich wohlunterrichteter Seite versichert, denkt auf einen sogenannten „ehrenvollen Rückzug“;er wünscht, wie es heißt, in Frankfurt eine Stellung, als Bundestagsgesandter oder etwas Höheres noch. Auerswald wird sich eben so wenig halten können. Schwerin, der ins Pommer'sche übersetzte Vincke, hat sich durch sein jüngstes Auftreten bereits unmöglich gemacht. Bornemann besitzt hin und wieder noch einige Sympathien, weil er sich am Kräftigsten dem neuen Verfassungsentwurf widersetzt haben soll. Nur Hansemann wird sich, in Hoffnung auf das ersehnte Ziel der Ministerpräsidentschaft, geschmeidig zu erhalten suchen, ob aber mit Erfolg, kann nach der letzten Sitzung und seinen früheren Erklärungen über die Zwangsanleihe wohl mit Recht bezweifelt werden. ‒ Die morgige Vereinbarersitzung wird wahrscheinlich von Interesse sein, da man über das sogenannte Attentat auf den Minister Ar-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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