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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 16. Köln, 16. Juni 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 16 der Neuen Rhein. Zeitung.
Freitag, 16. Juni 1848.
[Französische Republik]

General Bedeau: Für die unerhörte Unruhe, die im Lande existire, sei die Regierung verantwortlich. Der Hauptfehler der Regierung sei, daß sie sich nicht genug verlassen habe auf die Unterstützung, die sie bei der ungeheuren Majorität dieser Versammlung finden werde, so oft sie Maßregel vorbrächte, gleichzeitig geeignet, die demokratische Republik und die Ordnung und öffentliche Sicherheit zu befestigen. Er erinnert an die Unterstützung, welche die öffentliche Gewalt in der Nationalversammlung fand, als sie durch das Organ Lamartines ihre Beziehungen zum Ausland auseinandersetzen ließ. Niemals werde die Regierung Kraft besitzen, so lange sie sich auf eine Partei zu stützen gedenke. Man hofft, durch Agitation der Arbeiterklassen uns zu zwingen, früher die Maßregeln zu votiren, die ihr Wohlsein versichern können; aber die Leute, die sich als die ausschließlichen Freunde der Arbeiter hinstellen, betrügen sie und wollen sie exploitiren. Was die Armee angeht, so halte ich sie für treu. Sie wird immer dem Chef gehorchen, den ihr die Nationalversammlung bezeichnen wird, sie wird niemals vor einem Prätrndenten sich beugen, sei er, wer er wolle. (Beifall.)

Avond: Sie drücken hier die Meinung der ganzen Versammlung aus.

Lamartine besteigt die Tribüne.

Was der exekutiven Kommission ermangelt, ist nicht Kraft, sondern Licht. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Ist es wahr, daß hier ein Zwang auf einen Theil der Kammer ausgeübt worden ist? Ich stehe nicht an zu antworten, daß eine solche Unterstellung beleidigend ist, namentlich beleidigend, wenn sie auf Mitglieder der exekutiven Kommission anspielt. Hier sucht Lamartine, zurückgehend zur Einsetzung selbst der provisorischen Regierung, zu beweisen, daß alle Glieder dieser Regierung unter einander verbunden waren durch die Nothwendigkeit, sich nicht zu trennen, denn sich trennen, das war nicht einer andern Regierung den Platz überlassen, sondern der Anarchie, sondern der Herrschaft der Straße; das war die Nationalversammlung unmöglich machen. Ich habe mir nie die Schwierigkeiten verheimlicht, die Männern bevorstehn, welche so die Diktatur der Nothwendigkeit übernahmen; aber diese Männer haben sich hingegeben, als die höchste Stelle nur die höchste Gefahr war. (Bravos auf der Linken.) Ich weiß, daß die Parteien nie die Wagehalsigkeit, ich möchte sagen, das Verbrechen verzeihn, diese Republik proklamirt zu haben, die Ihr selbst so einstimmig proklamirt habt, als Ihr Besitz vom Land nahmt; aber später wird man gerechter sein. Schon ist Europa gerechter als die Parteien, denn es erkennt an, daß die französische Republik zugleich fest und gemäßigt ist.

Welchen Charakter haben wir der Republik gegeben? Hier antworte ich dem ehrenwerthen General Bedeau. Haben wir denn die blutige Republik proklamirt, die Republik der Schafotte? Meine Herren! Die erste Republik war nur ein Kampf. Wir wollten, daß die zweite eine Institution sei.

Die erste Republik hatte zu bekämpfen die Könige nach Außen, die Parteien nach Innen; man begreift unter einer solchen Republik die Excesse. Aber das ist nicht die Republik, die wir Ihnen geben mußten. Erinnern Sie sich jenes Tages, wo unter den zuckenden Emotionen der Masse, als die Masse uns die rothe Fahne präsentiren kam, wir sie beseitigten, um Eurer Fahne Platz zu machen, unsrer Fahne, derjenigen, die der Republik als Windel gedient hatte in ihrer Wiege, der Fahne, worin sie sich noch als in ein Leichentuch einhüllen würde, wenn sie jemals untergehn müßte. (Beifallsklatschen.)

Lamartine, auf den Vorwurf eingehend, daß die Regierung die monarchische Vergangenheit gewisser Beamten amnestirt, sagt, daß sie glaubte, die Dienste aller Männer annehmen zu müssen, die ihr nützlich sein konnten, ohne auf die Epoche ihrer Bekehrung zum Republikanismus Rücksicht zu nehmen. Anders handeln, war, Frankreich als ein erobertes Land behandeln. (Gut, sehr gut!)

Aber, sagt man uns, ihr bleibt thatlos! Meine Herren! Ich werde Ihre Erinnerungen zurückleiten auf drei Monate hinter uns, auf den Morgen des Volkssiegs vom 24. Februar.

Seit dieser Zeit haben sich so viele Ereignisse begeben, daß man leicht ei nige davon vergessen haben kann. Der Redner schildert von neuem die gefährliche Lage, worin sich Frankreich am 24. Februar befand; er würde fürchten, zu sehr die schwachen Dienste zu erheben, die er selbst ihm leistete, wollte er im Detail alle Maßregeln zurückrufen, die ergriffen wurden, um die zahllosen Schwierigkeiten der Gegenwart zu überwinden, um den Gefahren der Zukunft zuvorzukommen, um Frankreich ohne Kampf, ohne Erschütterung, ohne einen einzigen Tropfen Blut vergossen zu haben, einen Rang zurückzugeben, den es nur eingenommen hatte nach zahllosen Schlachten, gewonnen durch einen glorreichen Namen, dessen Angedenken so eben in diesem Umkreis zurückgerufen worden ist. Nichtsdestoweniger wiederholt Lamartine alles, was für politische und komercielle Organisation geschehen ist, und "nach solchen Resultaten klagt man uns an, thatlos gewesen zu sein."

(Einiges Beifallklatschen erschallt, aber der ermüdete Redner läuft ab und die Sitzung bleibt eine Zeitlang aufgehoben. Eine große Zahl von Repräsentanten verläßt die Bänke und begiebt sich in den Konferenzsaal.) Die Sitzung beginnt wieder um 5 Uhr.

Lamartine: Citoyens, ein fataler Umstand hat die Rede unterbrochen, welche ich auf dieser Tribune gehalten habe. Als ich auch von den Anstrengungen sprach, welche die Ordnung wiederherzustellen suchten, zielten draußen Flintenschüsse auf den Generalkommandanten der Nationalgarde und auf mehre Nationalgarden unter dem Geschrei: Es lebe der Kaiser. Es ist der erste Blutstropfen der vergossen worden ist. (!) Aber er wurde es im Namen eines Fanatismus, der uns immer fremd bleiben wird. Dieser Umstand macht es nöthig, Euch unmittelbar folgendes Projekt vorzulegen, das wir unterzeichnet haben eine Stunde vor unserem Eintritt in diesen Saal.

Zahlreiche Stimmen: Lassen wir den Enthusiasmus votiren. (Geräusch! Verwirrung!)

Napoleon Bonaparte verläßt den Saal.

Der Präsident: Niemand kann die Versammlung unterbrechen.

Lamartine: Hätte man mich meine Phrase vollenden lassen, so würde man gehört haben, daß trotz des vergossenen Blutes dieß nicht der Augenblick ist, durch Acclamation zu votiren, indeß wir die gewöhnliche Form befolgen wollten und uns darauf beschränken, den Gesetzvorschlag, wovon wir die Versammlung unterhalten wollten, niederzulegen.

Eine Stimme der äußersten Linken: Nein! wir werden durch Acclamation votiren. (Heftiger Tumult.)

Lamartine verliest folgenden Dekretentwurf: Die Kommission der executiven Gewalt, in Erwägung:

des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Januar 1846 und der Artikel 1, 2 und 6 des Gesetzes vom 16. April 1832;

"In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte einbegriffen ist in dem Gesetze von 1832, welches die Mitglieder der Familie Bonaparte vom französischen Territorium exilirt;

"In Erwägung, daß, wenn dieß Gesetz faktisch abgeschafft worden ist durch das Votum der Nationalversammlung, die drei Mitgliedern dieser Familie gestattet hat, Mitglieder der Versammlung zu sein, diese ganz individuelle Abschaffung des Gesetzes sich weder rechtlich noch thatsächlich auf die andern Mitglieder der Familie erstreckt;

"In Erwägung, daß Frankreich in Friede und Ordnung die populäre republikanische Regierung begründen will, ohne in diesem Werk gestört zu werden durch Prätentionen oder dynastische Ehrsucht, die Parteien oder Faktionen im Staat stiften und folglich selbst unfreiwillig den Bürgerkrieg begünstigen könnten;

"In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte zweimal als Pretendent aufgetreten, indem er eine Republik mit einem Kaiser verlangt hat, das heißt, eine illusorische Republik, im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre XIII;

"In Erwägung, daß Agitationen, welche die populäre Republik, die wir gründen wollen, angreifen, die Sicherheit der Institutionen und den öffentlichen Frieden gefährden, schon im Namen von Karl Louis Napoleon Bonaparte sich allenthalben gezeigt haben.

"In Erwägung, daß diese Agitationen, Symptome bestrafenswerther Umtriebe, eine für die Errichtung der Republik gefährliche Wichtigkeit gewinnen könnten, würden sie durch die Nachsicht, die Nachlässigkeit oder die Schwäche der Regierung begünstigt;

In Erwägung, daß die Regierung die Verantwortlichkeit der Gefahren nicht auf sich nehmen kann, welche die republikanische Form der Institutionen und der öffentliche Friede laufen würde, wenn sie die erste ihrer Pflichten bräche, durch Nichtvollstreckung eines bestehenden Gesetzes, das für unbestimmte Zeit mehr als jemals gerechtfertigt ist durch die Staatsraison und das öffentliche Wohl;

Erklärt, daß sie in Bezug auf Karl Louis Napoleon Bonaparte das Gesetz von 1832 vollstrecken lassen wird bis zu den Tagen, wo die Nationalversammlung das Gegentheil beschließen würde."

Im Namen der Republik verlangt Lamartine die Annahme dieses Vorschlags, und ermahnt sodann die Versammlung, "möglichst schnell die dem Volke gemachten Versprechungen zu erfüllen." Gestattet ihm nicht, ruft er aus, zu sagen, daß Ihr es vergessen habt, nachdem Ihr Euch seiner bedient hattet.

Dann kommt Lamartine wieder auf die Anklagen und Verläumdungen gegen die Regierung und namentlich gegen ihn selbst, Lamartine zurück.

Mich selbst klagt man an mit Männern konspirirt zu haben, die bald vor dem Richterstuhl stehen werden. Ich habe konspirirt mit Blanqui, mit Raspail, mit Sobrier, mit Cabet. Ich habe konspirirt - (heftiges Gemurre). Ich habe mit ihnen konspirirt, wie der Blitzableiter mit den Wolken gegen den Blitz konspirirt. Ich habe mit ihnen konspirirt, um sie zu überzeugen, daß man keine diktatorische Regierung errichten, sondern im Gegentheil die Nationalversammlung sich vereinigen lassen müßte, um die Geschicke des Landes zu lenken.

Unsere Popularität, wir haben sie bereitwillig geopfert dem Triumph und Republik. - Aber als Austausch gegen dies Opfer, gebt uns Euer Vertrauen. (Eine lange Agitation folgt dieser Rede!)

Pierre Bonaparte versichert seinen Republikanismus und Patriotismus.

Napoleon Bonaparte glaubt, daß Lamartine sein Dekret nicht in einem Augenblicke der Versammlung vorlegen dürfte, wo sie noch unter dem frischen Eindrucke eines so eben vorgefallenen traurigen Ereignisses wäre.

Larabit spricht in demselben Sinne.

Adelswärd greift die Regierung energisch an, das Vertrauen werde nicht wieder erwachen, so lange die Regierung diese Bahn einhalte. Die Versammlung selbst verliere täglich von ihrem Ansehen. (Lärm zur Ordnung.)

Der Präsident ruft den Redner für diese Worte zur Ordnung. Der Redner endet mitten im Lärm. Es fallen Worte, wie: die Gewalt ist in unwürdigen Händen, - Opposition auf der Linken gegen diese Worte.

Auf Duprats abermaligen Vorschlag dekretirt die Nationalversammlung endlich die zwei Paragraphen, welche der Regierung geheime Fonds zuweisen.

- Sitzung der National-Versammlung vom 13. Juni:

Die Sitzung wurde um ein Uhr eröffnet. Es herrschte eine ungemeine Aufregung in der Versammlung. Um Napoleon Bonaparte stehen zahlreiche Gruppen: er spricht zu ihnen mit ungewöhnlicher Lebhaftigkeit. Berryer tritt in den Saal und geht auf Hrn. Duclerc zu, mit dem er eine lebhafte Unterhaltung anknüpft. Die ganze exekutive Kommission ist anwesend. Die H.H. Cavaignac und Clement Thomas sind in strahlender Uniform. Außerhalb, heißt es, herrscht eine gleiche Gährung.

Präsident: Ich erhalte so eben einen Brief von Einem unserer Kollegen, der durch seine Amtsfunktionen abgehalten ist, der Sitzung beizuwohnen. Der Polizei-Präfekt schreibt mir der Bürger Bonaparte irrt sich, wenn er behauptet, daß ich, der Polizeipräfekt, ihm gesagt habe, es würden keine Maßregeln gegen seinen Vetter ergriffen. Eine derartige Erklärung steht der exekutiven Gewalt allein zu und liegt außerhalb meiner Attributionen.

Bonaparte antwortet nicht.

v. Gousee: Vor einigen Tagen legte ich der Versammlung einen Vorschlag vor in Betreff der Zurückberufung der Familie Bonaparte und der Abschaffung der Gesetze von 1832. Heute trage ich darauf an, über diesen Vorschlag zu stimmen, aber mit einem Amendement (Aufregung); dieses Amendement besteht darin, die Ausschließung des Bürgers Carl Ludwig Bonaparte provisorisch aufrecht zu halten, da sein Namen eine Waffe in den Händen einer Partei ist. Ich bezweifle nicht, daß besagter Bürger allen diesen Umtrieben fremd geblieben ist, aber auf der andern Seite halte ich ihn für einen zu guten Franzosen, als daß er nicht einsehen sollte, wie gefahrdrohend seine Gegenwart in den jetzigen Umständen wäre.

Favre dringt auf die Priorität der Berichte in Bezug auf die Prüfung der Vollmachten. Es sei besser, daß die Versammlung sich darauf verstände, über ein Prinzip vielmehr als über einen Mann abzustimmen. - Die Versammlung spricht sich für die Priorität aus.

Favre als Berichterstatter theilt mit, daß die Aktenstücke in Bezug auf die Wahl Napoleons vollkommen regelmäßig seien, daß er die Majorität der Stimmen erhalten, und demnach als Volksrepräsentant habe proklamirt werden müssen. Das Büreau, fährt er fort, hat geglaubt über alle Bedenklichkeiten hinweg gehen zu müssen, und seine Zulassung auszusprechen. Die Gründe die uns zu diesem Entschlusse bestimmt haben, sind theilweis legale, theilweis politische. Vom Standpunkte der Loyalität aus, wissen wir alle, daß Hr. Cremieux, damals Justizminister, erklärt hat: das Gesetz welches die Familie Bonaparte verbannt hat, ist virtualiter, sie hören meine Herren, virtualiter abgeschafft durch die Februarrevolution. Nun wissen wir recht gut, daß die exekutive Kommission damals so ziemlich die Gewohnheit beobachtete, uns ihre Gedanken durch das Organ des ehrenwerthen Hrn. Cremieux vernehmen zu lassen. (Gelächter.)

Ledru-Rollin. Die Regierung machte ihre Gedanken eben so wenig durch Hrn. Cremieux als durch Sie vernehmbar.

Favre. Cremieux war weit mehr das Organ der Regierung, als ich: denn er war damals Minister, während ich nur Untersekretär des Staats war. Hr. Cremieux hat also sehr wohl sagen können, daß das Gesetz vom 18. Juni 1832 abgeschafft sei, ohne daß er zu befürchten gehabt habe, Einsprache zu erhalten, zumal da der Justizminister, d. Z. das höchste Organ, wenn es sich von der Auslegung der Gesetze handelt, selbst es proklamirte.

Ich frage demnach, ob nicht jeder von Ihnen, meine Herren, ob nicht das ganze Land hat glauben müssen, das Gesetz von 1832 sei abgeschafft? Ich glaube sogar, daß zwei Mitglieder der exekutiven Kommission in der Sitzung von damals gegenwärtig waren, und wenn sie auch nicht gegenwärtig gewesen wären, so machte dieses gar nichts. Der Justizminister selbst hat erklärt: "Wir haben Niemand zu fürchten."

Favre: Dieß war auch der Gedanke der Mehrheit Ihrer Kommission. Kann die Staatsraison einen frühern, d. 24. Febr. von der Regierung gefaßten Beschluß modifiziren einen Beschluß, der seit dem 2. Juni vom Justizminister bestätigt worden ist! die Begründung, welche die Exekutivkommission im Eingang ihres Dekrets gegeben hat, scheint mir unzulänglich. Man verlangt Ausnahmemaßregeln. Louis Bonaparte steht euch nicht als Prätendent, sondern als Volksrepräsentant gegenüber. Hat er Verbrechen begangen, liegen euch Korrespondenzen von ihm vor, so werdet ihr uns auf eurer Seite finden. Bis dahin wollt uns nicht glauben machen, daß die französische Republik so wankend ist, daß Louis Bonaparte sie mit einem Hauch umblasen könnte. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Der Bürger Bonaparte muß auf dieser Tribüne erscheinen und mit Füßen die Parodie des kaiserlichen Mantels treten, der weder seinem eigenen Wuchs, noch dem der gegenwärtigen Epoche anpaßt. Stoßt ihr ihn zurück, so gebt ihr ihm eine Art der Legitimität der 100,000 Stimmen, die er in den verschiedenen Wahlbezirken von Frankreich erhalten hat. (Gemurre in verschiedenem Sinne.)

Senard (Präsident) schlägt vor, auch die andern Berichterstatter zu vernehmen. (Angenommen.)

Buchez: Ich bin Berichterstatter des 10. Bureau und einer ganz entgegengesetzten Ansicht, wie Herr Favre. (Bewegung.) Man muß unterscheiden zwischen den Ereignissen vor und nach der Vereinigung der Versammlung. Vor derselben durfte die Regierung keine Unterschiede zwischen den Bürgern machen. Seit der Proklamirung der Republik ist ein Prinz nicht mehr zulässig unter euch. (Oh, oh.) Bonaparte ist Prätendent. Wir schlagen vor, seine Wahl zu kassiren. Würdet Ihr Heinrich V. zulassen oder den Prinzen v. Joinville oder den Herzog v. Peronet, wenn sie gewählt wären? (Lärm.)

Oymar, Berichterstatter des 6. Bureaux, spricht sich für die Zulassung des Prinzen aus, aus denselben Gründen, wie Favre.

Vieillard: Ich komme eine geheiligte Pflicht erfüllen, einen Abwesenden vertheidigen. Louis Bonaparte ist wider seinen Willen zum Repräsentanten gemacht worden, wie man ihn jetzt wider seinen Willen zum Prätendenten macht. Will man ihn zum Exil zwingen im Geist der verruchten Verträge von 1815! Er theilt der Versammlung einen Brief mit, worin Louis Bonaparte erklärt, er werde allen Aufforderungen, die Kandidatur anzunehmen, widerstehn. Ich selbst, schließt er, habe ihn vor wenigen Tagen brieflich eingeladen, seinen Rang neben mir als Repräsentant einnehmen zu kommen. Ich habe ihm in einem andern Brief abgerathen, weil ich nicht die Verantwortlichkeit auf mich nehmen will, ihn in die Falle gelockt zu haben.

Marchal meint, man müsse sich des noch nicht ageschafften Gesetzes von 1832 bedienen, um Louis Bonaparte fern zu halten. Oeffne man das Thor einem Prätendenten, so öffne man es allen. Ueberdem ist Louis Bonaparte nicht wählbar, weil er ein nuturalisirter Schweizer ist. (Reklamationen.)

Fresneau: Als ich den Sitzungssaal verließ, mischte ich mich in die Gruppen. Ich sah nirgends ernsthafte Spuren einer Konspiration. (Lärm.) Ich hörte schreien: Es lebe Louis Napoleon! Es lebe die Ehrenlegion! und für mich bedeutete dieser Ruf nur: es lebe der kaiserliche Ruhm! Weder in Paris, noch in den Departementen existirt eine Konspiration. Nur haben die Departementen, die heute zwei Monaten Zeugen eurer Politik sind und die Abwesenheit jeder Regierung beklagen, euch eine Lektion und eine Warnung zukommen lassen. (Agitation.) Wenn Ihr nicht den Muth eurer Sympathieen habt, wenn Ihr zurückstoßt aus eurem Schooß den Erben Napoleons! (Unterbrechung, Geschrei, Ruf zur Ordnung.)

Der Präsident: Ich ersuche den Redner, sich zu erklären.

Fresneau: Der Erbe seines Namens, nicht seiner Rechte.

Ich fürchte keine Emeute mit dem Rufe: es lebe Louis Napoleon! aber ich würde sie fürchten mit dem Ruf: es lebe die Souverainität des Volkes! (Agitation.)

Clement Thomas erklärt, daß gestern nur ein Flintenschuß gefallen sei, für den man unmöglich Louis Napoleon verantwortlich machen könne.

Louis Blanc: Für die Republik fürchten, ist sie beleidigen. Ich liebe die Prätendenten in der Nähe zu sehn, es ist uns dann leichter, sie zu messen. Wie sollte Louis Bonaparte eine Ordnung der Dinge zurückführen können, die die mächtige Hand des Kaisers nicht zu gründen wußte? Die Kandidatur, womit man uns bedroht, ist nicht ernsthaft. Louis Bonaparte, sagt man, sei zu fürchten als künftiger Prasident der Republik. Antwort: Wählt gar keinen Präsidenten. (Allgemeine Heiterkeit.) Wollt ihr eine gute Republik bilden, organisirt die Arbeit. (Lärmende Unterbrechung. Die Privatunterhaltungen gestatten nicht die Stimme des Redners zu vernehmen.)

Die republikanische Logik stoßt die Proskriptionsgesetze zurück, sie straft einen Sohn nicht für die Vergehn seines Vaters. Deßhalb habe ich auch gegen das Verbannungsdekret der Familie Orleans gestimmt. Das Gesetz der absoluten Monarchie ist die Gewalt, das Gesetz der konstitutionellen die Korruption, das Gesetz der Republik die Gerechtigkeit.

Pascal Duprat verlangt die Verbannung Louis Bonapartes im Namen der Gesetzlichkeit. F. de Lasteyrie will von keinem solchen Staatsstreich wissen.

Ledru-Rollin: Die Lage ist zu ernst, als daß die Regierung schweigen könnte. Man sagt, wir wollten die Volkssouveränität angreifen, wir, die sie begründet haben. Das Gesetz von 1832 existirt, existirt so sehr, daß man uns einen Antrag gestellt hat, um zu wissen, ob es suspendirt, anulirt sei oder noch existire. Die Souveränetät des Volkes existirt nicht in einem oder zwei Departementen, sie existirt in der Gesammtheit der Nation. Thatsachen liegen vor, Verhaftungen, die beweisen, daß Werbungen Statt fanden, eine neue kaiserliche Garde zu bilden. Geld ist vertheilt, Wein ist auf öffentlichen Plätzen gratis ausgeschenkt worden. Man sagt Louis Bonaparte sei diesen Umtrieben fern, alle Welt sagt es, mit Ausnahme seiner selbst (Bewegung). Laßt ihn selbst es sagen, Was hat er statt dessen gethan! Zweimal hat er Ansprüche auf das Reich erhoben, als Nachfolger Napoleons und im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre X. Das Dekret der Nationalversammlung soll nur provisorisch und von kurzer Dauer sein. Die Emeute ziehe sich zurück und morgen werden wir unser Dekret zurückziehen.

Bignon: Büchez warf Louis Napoleon vor, er habe nicht seine Zustimmung zur Republik erklärt, wie seine übrige Verwandten. Lest seinen vom 24. Mai an die Nationalversammlung gerichteten Brief und ihr werdet das Gegentheil finden. Ledru-Rollin verlangt, er habe gegen die in seinem Namen geschehenen Umtriebe protestiren sollen. Konnte er zu London gegen die Ereignisse von gestern protestiren. Wenn er seine Waffen gegen die gefallene Regierung getragen hat, so geschah es, weil sie nicht der Ausdruck des Volkswillens war.

Favre: Das Gesetz von 1832 ist abgeschafft durch die Zulassung von drei andern Mitgliedern der Familie Bonaparte in euren Schooß. Man hat nicht bewiesen, daß der Prinz irgendwie an den Werbungen und sonstigen Umtrieben betheiligt war. Man hat noch von napoleonischen Flugblättern gesprochen. Habt ihr sie verfolgt. Nein. Ihr besitzt nicht einmal einen Generalprokurator.

Beilage zu Nr. 16 der Neuen Rhein. Zeitung.
Freitag, 16. Juni 1848.
[Französische Republik]

General Bedeau: Für die unerhörte Unruhe, die im Lande existire, sei die Regierung verantwortlich. Der Hauptfehler der Regierung sei, daß sie sich nicht genug verlassen habe auf die Unterstützung, die sie bei der ungeheuren Majorität dieser Versammlung finden werde, so oft sie Maßregel vorbrächte, gleichzeitig geeignet, die demokratische Republik und die Ordnung und öffentliche Sicherheit zu befestigen. Er erinnert an die Unterstützung, welche die öffentliche Gewalt in der Nationalversammlung fand, als sie durch das Organ Lamartines ihre Beziehungen zum Ausland auseinandersetzen ließ. Niemals werde die Regierung Kraft besitzen, so lange sie sich auf eine Partei zu stützen gedenke. Man hofft, durch Agitation der Arbeiterklassen uns zu zwingen, früher die Maßregeln zu votiren, die ihr Wohlsein versichern können; aber die Leute, die sich als die ausschließlichen Freunde der Arbeiter hinstellen, betrügen sie und wollen sie exploitiren. Was die Armee angeht, so halte ich sie für treu. Sie wird immer dem Chef gehorchen, den ihr die Nationalversammlung bezeichnen wird, sie wird niemals vor einem Prätrndenten sich beugen, sei er, wer er wolle. (Beifall.)

Avond: Sie drücken hier die Meinung der ganzen Versammlung aus.

Lamartine besteigt die Tribüne.

Was der exekutiven Kommission ermangelt, ist nicht Kraft, sondern Licht. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Ist es wahr, daß hier ein Zwang auf einen Theil der Kammer ausgeübt worden ist? Ich stehe nicht an zu antworten, daß eine solche Unterstellung beleidigend ist, namentlich beleidigend, wenn sie auf Mitglieder der exekutiven Kommission anspielt. Hier sucht Lamartine, zurückgehend zur Einsetzung selbst der provisorischen Regierung, zu beweisen, daß alle Glieder dieser Regierung unter einander verbunden waren durch die Nothwendigkeit, sich nicht zu trennen, denn sich trennen, das war nicht einer andern Regierung den Platz überlassen, sondern der Anarchie, sondern der Herrschaft der Straße; das war die Nationalversammlung unmöglich machen. Ich habe mir nie die Schwierigkeiten verheimlicht, die Männern bevorstehn, welche so die Diktatur der Nothwendigkeit übernahmen; aber diese Männer haben sich hingegeben, als die höchste Stelle nur die höchste Gefahr war. (Bravos auf der Linken.) Ich weiß, daß die Parteien nie die Wagehalsigkeit, ich möchte sagen, das Verbrechen verzeihn, diese Republik proklamirt zu haben, die Ihr selbst so einstimmig proklamirt habt, als Ihr Besitz vom Land nahmt; aber später wird man gerechter sein. Schon ist Europa gerechter als die Parteien, denn es erkennt an, daß die französische Republik zugleich fest und gemäßigt ist.

Welchen Charakter haben wir der Republik gegeben? Hier antworte ich dem ehrenwerthen General Bedeau. Haben wir denn die blutige Republik proklamirt, die Republik der Schafotte? Meine Herren! Die erste Republik war nur ein Kampf. Wir wollten, daß die zweite eine Institution sei.

Die erste Republik hatte zu bekämpfen die Könige nach Außen, die Parteien nach Innen; man begreift unter einer solchen Republik die Excesse. Aber das ist nicht die Republik, die wir Ihnen geben mußten. Erinnern Sie sich jenes Tages, wo unter den zuckenden Emotionen der Masse, als die Masse uns die rothe Fahne präsentiren kam, wir sie beseitigten, um Eurer Fahne Platz zu machen, unsrer Fahne, derjenigen, die der Republik als Windel gedient hatte in ihrer Wiege, der Fahne, worin sie sich noch als in ein Leichentuch einhüllen würde, wenn sie jemals untergehn müßte. (Beifallsklatschen.)

Lamartine, auf den Vorwurf eingehend, daß die Regierung die monarchische Vergangenheit gewisser Beamten amnestirt, sagt, daß sie glaubte, die Dienste aller Männer annehmen zu müssen, die ihr nützlich sein konnten, ohne auf die Epoche ihrer Bekehrung zum Republikanismus Rücksicht zu nehmen. Anders handeln, war, Frankreich als ein erobertes Land behandeln. (Gut, sehr gut!)

Aber, sagt man uns, ihr bleibt thatlos! Meine Herren! Ich werde Ihre Erinnerungen zurückleiten auf drei Monate hinter uns, auf den Morgen des Volkssiegs vom 24. Februar.

Seit dieser Zeit haben sich so viele Ereignisse begeben, daß man leicht ei nige davon vergessen haben kann. Der Redner schildert von neuem die gefährliche Lage, worin sich Frankreich am 24. Februar befand; er würde fürchten, zu sehr die schwachen Dienste zu erheben, die er selbst ihm leistete, wollte er im Detail alle Maßregeln zurückrufen, die ergriffen wurden, um die zahllosen Schwierigkeiten der Gegenwart zu überwinden, um den Gefahren der Zukunft zuvorzukommen, um Frankreich ohne Kampf, ohne Erschütterung, ohne einen einzigen Tropfen Blut vergossen zu haben, einen Rang zurückzugeben, den es nur eingenommen hatte nach zahllosen Schlachten, gewonnen durch einen glorreichen Namen, dessen Angedenken so eben in diesem Umkreis zurückgerufen worden ist. Nichtsdestoweniger wiederholt Lamartine alles, was für politische und komercielle Organisation geschehen ist, und „nach solchen Resultaten klagt man uns an, thatlos gewesen zu sein.“

(Einiges Beifallklatschen erschallt, aber der ermüdete Redner läuft ab und die Sitzung bleibt eine Zeitlang aufgehoben. Eine große Zahl von Repräsentanten verläßt die Bänke und begiebt sich in den Konferenzsaal.) Die Sitzung beginnt wieder um 5 Uhr.

Lamartine: Citoyens, ein fataler Umstand hat die Rede unterbrochen, welche ich auf dieser Tribune gehalten habe. Als ich auch von den Anstrengungen sprach, welche die Ordnung wiederherzustellen suchten, zielten draußen Flintenschüsse auf den Generalkommandanten der Nationalgarde und auf mehre Nationalgarden unter dem Geschrei: Es lebe der Kaiser. Es ist der erste Blutstropfen der vergossen worden ist. (!) Aber er wurde es im Namen eines Fanatismus, der uns immer fremd bleiben wird. Dieser Umstand macht es nöthig, Euch unmittelbar folgendes Projekt vorzulegen, das wir unterzeichnet haben eine Stunde vor unserem Eintritt in diesen Saal.

Zahlreiche Stimmen: Lassen wir den Enthusiasmus votiren. (Geräusch! Verwirrung!)

Napoleon Bonaparte verläßt den Saal.

Der Präsident: Niemand kann die Versammlung unterbrechen.

Lamartine: Hätte man mich meine Phrase vollenden lassen, so würde man gehört haben, daß trotz des vergossenen Blutes dieß nicht der Augenblick ist, durch Acclamation zu votiren, indeß wir die gewöhnliche Form befolgen wollten und uns darauf beschränken, den Gesetzvorschlag, wovon wir die Versammlung unterhalten wollten, niederzulegen.

Eine Stimme der äußersten Linken: Nein! wir werden durch Acclamation votiren. (Heftiger Tumult.)

Lamartine verliest folgenden Dekretentwurf: Die Kommission der executiven Gewalt, in Erwägung:

des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Januar 1846 und der Artikel 1, 2 und 6 des Gesetzes vom 16. April 1832;

„In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte einbegriffen ist in dem Gesetze von 1832, welches die Mitglieder der Familie Bonaparte vom französischen Territorium exilirt;

„In Erwägung, daß, wenn dieß Gesetz faktisch abgeschafft worden ist durch das Votum der Nationalversammlung, die drei Mitgliedern dieser Familie gestattet hat, Mitglieder der Versammlung zu sein, diese ganz individuelle Abschaffung des Gesetzes sich weder rechtlich noch thatsächlich auf die andern Mitglieder der Familie erstreckt;

„In Erwägung, daß Frankreich in Friede und Ordnung die populäre republikanische Regierung begründen will, ohne in diesem Werk gestört zu werden durch Prätentionen oder dynastische Ehrsucht, die Parteien oder Faktionen im Staat stiften und folglich selbst unfreiwillig den Bürgerkrieg begünstigen könnten;

„In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte zweimal als Pretendent aufgetreten, indem er eine Republik mit einem Kaiser verlangt hat, das heißt, eine illusorische Republik, im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre XIII;

„In Erwägung, daß Agitationen, welche die populäre Republik, die wir gründen wollen, angreifen, die Sicherheit der Institutionen und den öffentlichen Frieden gefährden, schon im Namen von Karl Louis Napoleon Bonaparte sich allenthalben gezeigt haben.

„In Erwägung, daß diese Agitationen, Symptome bestrafenswerther Umtriebe, eine für die Errichtung der Republik gefährliche Wichtigkeit gewinnen könnten, würden sie durch die Nachsicht, die Nachlässigkeit oder die Schwäche der Regierung begünstigt;

In Erwägung, daß die Regierung die Verantwortlichkeit der Gefahren nicht auf sich nehmen kann, welche die republikanische Form der Institutionen und der öffentliche Friede laufen würde, wenn sie die erste ihrer Pflichten bräche, durch Nichtvollstreckung eines bestehenden Gesetzes, das für unbestimmte Zeit mehr als jemals gerechtfertigt ist durch die Staatsraison und das öffentliche Wohl;

Erklärt, daß sie in Bezug auf Karl Louis Napoleon Bonaparte das Gesetz von 1832 vollstrecken lassen wird bis zu den Tagen, wo die Nationalversammlung das Gegentheil beschließen würde.“

Im Namen der Republik verlangt Lamartine die Annahme dieses Vorschlags, und ermahnt sodann die Versammlung, „möglichst schnell die dem Volke gemachten Versprechungen zu erfüllen.“ Gestattet ihm nicht, ruft er aus, zu sagen, daß Ihr es vergessen habt, nachdem Ihr Euch seiner bedient hattet.

Dann kommt Lamartine wieder auf die Anklagen und Verläumdungen gegen die Regierung und namentlich gegen ihn selbst, Lamartine zurück.

Mich selbst klagt man an mit Männern konspirirt zu haben, die bald vor dem Richterstuhl stehen werden. Ich habe konspirirt mit Blanqui, mit Raspail, mit Sobrier, mit Cabet. Ich habe konspirirt ‒ (heftiges Gemurre). Ich habe mit ihnen konspirirt, wie der Blitzableiter mit den Wolken gegen den Blitz konspirirt. Ich habe mit ihnen konspirirt, um sie zu überzeugen, daß man keine diktatorische Regierung errichten, sondern im Gegentheil die Nationalversammlung sich vereinigen lassen müßte, um die Geschicke des Landes zu lenken.

Unsere Popularität, wir haben sie bereitwillig geopfert dem Triumph und Republik. ‒ Aber als Austausch gegen dies Opfer, gebt uns Euer Vertrauen. (Eine lange Agitation folgt dieser Rede!)

Pierre Bonaparte versichert seinen Republikanismus und Patriotismus.

Napoleon Bonaparte glaubt, daß Lamartine sein Dekret nicht in einem Augenblicke der Versammlung vorlegen dürfte, wo sie noch unter dem frischen Eindrucke eines so eben vorgefallenen traurigen Ereignisses wäre.

Larabit spricht in demselben Sinne.

Adelswärd greift die Regierung energisch an, das Vertrauen werde nicht wieder erwachen, so lange die Regierung diese Bahn einhalte. Die Versammlung selbst verliere täglich von ihrem Ansehen. (Lärm zur Ordnung.)

Der Präsident ruft den Redner für diese Worte zur Ordnung. Der Redner endet mitten im Lärm. Es fallen Worte, wie: die Gewalt ist in unwürdigen Händen, ‒ Opposition auf der Linken gegen diese Worte.

Auf Duprats abermaligen Vorschlag dekretirt die Nationalversammlung endlich die zwei Paragraphen, welche der Regierung geheime Fonds zuweisen.

Sitzung der National-Versammlung vom 13. Juni:

Die Sitzung wurde um ein Uhr eröffnet. Es herrschte eine ungemeine Aufregung in der Versammlung. Um Napoleon Bonaparte stehen zahlreiche Gruppen: er spricht zu ihnen mit ungewöhnlicher Lebhaftigkeit. Berryer tritt in den Saal und geht auf Hrn. Duclerc zu, mit dem er eine lebhafte Unterhaltung anknüpft. Die ganze exekutive Kommission ist anwesend. Die H.H. Cavaignac und Clement Thomas sind in strahlender Uniform. Außerhalb, heißt es, herrscht eine gleiche Gährung.

Präsident: Ich erhalte so eben einen Brief von Einem unserer Kollegen, der durch seine Amtsfunktionen abgehalten ist, der Sitzung beizuwohnen. Der Polizei-Präfekt schreibt mir der Bürger Bonaparte irrt sich, wenn er behauptet, daß ich, der Polizeipräfekt, ihm gesagt habe, es würden keine Maßregeln gegen seinen Vetter ergriffen. Eine derartige Erklärung steht der exekutiven Gewalt allein zu und liegt außerhalb meiner Attributionen.

Bonaparte antwortet nicht.

v. Gousée: Vor einigen Tagen legte ich der Versammlung einen Vorschlag vor in Betreff der Zurückberufung der Familie Bonaparte und der Abschaffung der Gesetze von 1832. Heute trage ich darauf an, über diesen Vorschlag zu stimmen, aber mit einem Amendement (Aufregung); dieses Amendement besteht darin, die Ausschließung des Bürgers Carl Ludwig Bonaparte provisorisch aufrecht zu halten, da sein Namen eine Waffe in den Händen einer Partei ist. Ich bezweifle nicht, daß besagter Bürger allen diesen Umtrieben fremd geblieben ist, aber auf der andern Seite halte ich ihn für einen zu guten Franzosen, als daß er nicht einsehen sollte, wie gefahrdrohend seine Gegenwart in den jetzigen Umständen wäre.

Favre dringt auf die Priorität der Berichte in Bezug auf die Prüfung der Vollmachten. Es sei besser, daß die Versammlung sich darauf verstände, über ein Prinzip vielmehr als über einen Mann abzustimmen. ‒ Die Versammlung spricht sich für die Priorität aus.

Favre als Berichterstatter theilt mit, daß die Aktenstücke in Bezug auf die Wahl Napoleons vollkommen regelmäßig seien, daß er die Majorität der Stimmen erhalten, und demnach als Volksrepräsentant habe proklamirt werden müssen. Das Büreau, fährt er fort, hat geglaubt über alle Bedenklichkeiten hinweg gehen zu müssen, und seine Zulassung auszusprechen. Die Gründe die uns zu diesem Entschlusse bestimmt haben, sind theilweis legale, theilweis politische. Vom Standpunkte der Loyalität aus, wissen wir alle, daß Hr. Cremieux, damals Justizminister, erklärt hat: das Gesetz welches die Familie Bonaparte verbannt hat, ist virtualiter, sie hören meine Herren, virtualiter abgeschafft durch die Februarrevolution. Nun wissen wir recht gut, daß die exekutive Kommission damals so ziemlich die Gewohnheit beobachtete, uns ihre Gedanken durch das Organ des ehrenwerthen Hrn. Cremieux vernehmen zu lassen. (Gelächter.)

Ledru-Rollin. Die Regierung machte ihre Gedanken eben so wenig durch Hrn. Cremieux als durch Sie vernehmbar.

Favre. Cremieux war weit mehr das Organ der Regierung, als ich: denn er war damals Minister, während ich nur Untersekretär des Staats war. Hr. Cremieux hat also sehr wohl sagen können, daß das Gesetz vom 18. Juni 1832 abgeschafft sei, ohne daß er zu befürchten gehabt habe, Einsprache zu erhalten, zumal da der Justizminister, d. Z. das höchste Organ, wenn es sich von der Auslegung der Gesetze handelt, selbst es proklamirte.

Ich frage demnach, ob nicht jeder von Ihnen, meine Herren, ob nicht das ganze Land hat glauben müssen, das Gesetz von 1832 sei abgeschafft? Ich glaube sogar, daß zwei Mitglieder der exekutiven Kommission in der Sitzung von damals gegenwärtig waren, und wenn sie auch nicht gegenwärtig gewesen wären, so machte dieses gar nichts. Der Justizminister selbst hat erklärt: „Wir haben Niemand zu fürchten.“

Favre: Dieß war auch der Gedanke der Mehrheit Ihrer Kommission. Kann die Staatsraison einen frühern, d. 24. Febr. von der Regierung gefaßten Beschluß modifiziren einen Beschluß, der seit dem 2. Juni vom Justizminister bestätigt worden ist! die Begründung, welche die Exekutivkommission im Eingang ihres Dekrets gegeben hat, scheint mir unzulänglich. Man verlangt Ausnahmemaßregeln. Louis Bonaparte steht euch nicht als Prätendent, sondern als Volksrepräsentant gegenüber. Hat er Verbrechen begangen, liegen euch Korrespondenzen von ihm vor, so werdet ihr uns auf eurer Seite finden. Bis dahin wollt uns nicht glauben machen, daß die französische Republik so wankend ist, daß Louis Bonaparte sie mit einem Hauch umblasen könnte. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Der Bürger Bonaparte muß auf dieser Tribüne erscheinen und mit Füßen die Parodie des kaiserlichen Mantels treten, der weder seinem eigenen Wuchs, noch dem der gegenwärtigen Epoche anpaßt. Stoßt ihr ihn zurück, so gebt ihr ihm eine Art der Legitimität der 100,000 Stimmen, die er in den verschiedenen Wahlbezirken von Frankreich erhalten hat. (Gemurre in verschiedenem Sinne.)

Senard (Präsident) schlägt vor, auch die andern Berichterstatter zu vernehmen. (Angenommen.)

Buchez: Ich bin Berichterstatter des 10. Bureau und einer ganz entgegengesetzten Ansicht, wie Herr Favre. (Bewegung.) Man muß unterscheiden zwischen den Ereignissen vor und nach der Vereinigung der Versammlung. Vor derselben durfte die Regierung keine Unterschiede zwischen den Bürgern machen. Seit der Proklamirung der Republik ist ein Prinz nicht mehr zulässig unter euch. (Oh, oh.) Bonaparte ist Prätendent. Wir schlagen vor, seine Wahl zu kassiren. Würdet Ihr Heinrich V. zulassen oder den Prinzen v. Joinville oder den Herzog v. Peronet, wenn sie gewählt wären? (Lärm.)

Oymar, Berichterstatter des 6. Bureaux, spricht sich für die Zulassung des Prinzen aus, aus denselben Gründen, wie Favre.

Vieillard: Ich komme eine geheiligte Pflicht erfüllen, einen Abwesenden vertheidigen. Louis Bonaparte ist wider seinen Willen zum Repräsentanten gemacht worden, wie man ihn jetzt wider seinen Willen zum Prätendenten macht. Will man ihn zum Exil zwingen im Geist der verruchten Verträge von 1815! Er theilt der Versammlung einen Brief mit, worin Louis Bonaparte erklärt, er werde allen Aufforderungen, die Kandidatur anzunehmen, widerstehn. Ich selbst, schließt er, habe ihn vor wenigen Tagen brieflich eingeladen, seinen Rang neben mir als Repräsentant einnehmen zu kommen. Ich habe ihm in einem andern Brief abgerathen, weil ich nicht die Verantwortlichkeit auf mich nehmen will, ihn in die Falle gelockt zu haben.

Marchal meint, man müsse sich des noch nicht ageschafften Gesetzes von 1832 bedienen, um Louis Bonaparte fern zu halten. Oeffne man das Thor einem Prätendenten, so öffne man es allen. Ueberdem ist Louis Bonaparte nicht wählbar, weil er ein nuturalisirter Schweizer ist. (Reklamationen.)

Fresneau: Als ich den Sitzungssaal verließ, mischte ich mich in die Gruppen. Ich sah nirgends ernsthafte Spuren einer Konspiration. (Lärm.) Ich hörte schreien: Es lebe Louis Napoleon! Es lebe die Ehrenlegion! und für mich bedeutete dieser Ruf nur: es lebe der kaiserliche Ruhm! Weder in Paris, noch in den Departementen existirt eine Konspiration. Nur haben die Departementen, die heute zwei Monaten Zeugen eurer Politik sind und die Abwesenheit jeder Regierung beklagen, euch eine Lektion und eine Warnung zukommen lassen. (Agitation.) Wenn Ihr nicht den Muth eurer Sympathieen habt, wenn Ihr zurückstoßt aus eurem Schooß den Erben Napoleons! (Unterbrechung, Geschrei, Ruf zur Ordnung.)

Der Präsident: Ich ersuche den Redner, sich zu erklären.

Fresneau: Der Erbe seines Namens, nicht seiner Rechte.

Ich fürchte keine Emeute mit dem Rufe: es lebe Louis Napoleon! aber ich würde sie fürchten mit dem Ruf: es lebe die Souverainität des Volkes! (Agitation.)

Clement Thomas erklärt, daß gestern nur ein Flintenschuß gefallen sei, für den man unmöglich Louis Napoleon verantwortlich machen könne.

Louis Blanc: Für die Republik fürchten, ist sie beleidigen. Ich liebe die Prätendenten in der Nähe zu sehn, es ist uns dann leichter, sie zu messen. Wie sollte Louis Bonaparte eine Ordnung der Dinge zurückführen können, die die mächtige Hand des Kaisers nicht zu gründen wußte? Die Kandidatur, womit man uns bedroht, ist nicht ernsthaft. Louis Bonaparte, sagt man, sei zu fürchten als künftiger Prasident der Republik. Antwort: Wählt gar keinen Präsidenten. (Allgemeine Heiterkeit.) Wollt ihr eine gute Republik bilden, organisirt die Arbeit. (Lärmende Unterbrechung. Die Privatunterhaltungen gestatten nicht die Stimme des Redners zu vernehmen.)

Die republikanische Logik stoßt die Proskriptionsgesetze zurück, sie straft einen Sohn nicht für die Vergehn seines Vaters. Deßhalb habe ich auch gegen das Verbannungsdekret der Familie Orleans gestimmt. Das Gesetz der absoluten Monarchie ist die Gewalt, das Gesetz der konstitutionellen die Korruption, das Gesetz der Republik die Gerechtigkeit.

Pascal Duprat verlangt die Verbannung Louis Bonapartes im Namen der Gesetzlichkeit. F. de Lasteyrie will von keinem solchen Staatsstreich wissen.

Ledru-Rollin: Die Lage ist zu ernst, als daß die Regierung schweigen könnte. Man sagt, wir wollten die Volkssouveränität angreifen, wir, die sie begründet haben. Das Gesetz von 1832 existirt, existirt so sehr, daß man uns einen Antrag gestellt hat, um zu wissen, ob es suspendirt, anulirt sei oder noch existire. Die Souveränetät des Volkes existirt nicht in einem oder zwei Departementen, sie existirt in der Gesammtheit der Nation. Thatsachen liegen vor, Verhaftungen, die beweisen, daß Werbungen Statt fanden, eine neue kaiserliche Garde zu bilden. Geld ist vertheilt, Wein ist auf öffentlichen Plätzen gratis ausgeschenkt worden. Man sagt Louis Bonaparte sei diesen Umtrieben fern, alle Welt sagt es, mit Ausnahme seiner selbst (Bewegung). Laßt ihn selbst es sagen, Was hat er statt dessen gethan! Zweimal hat er Ansprüche auf das Reich erhoben, als Nachfolger Napoleons und im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre X. Das Dekret der Nationalversammlung soll nur provisorisch und von kurzer Dauer sein. Die Emeute ziehe sich zurück und morgen werden wir unser Dekret zurückziehen.

Bignon: Büchez warf Louis Napoleon vor, er habe nicht seine Zustimmung zur Republik erklärt, wie seine übrige Verwandten. Lest seinen vom 24. Mai an die Nationalversammlung gerichteten Brief und ihr werdet das Gegentheil finden. Ledru-Rollin verlangt, er habe gegen die in seinem Namen geschehenen Umtriebe protestiren sollen. Konnte er zu London gegen die Ereignisse von gestern protestiren. Wenn er seine Waffen gegen die gefallene Regierung getragen hat, so geschah es, weil sie nicht der Ausdruck des Volkswillens war.

Favre: Das Gesetz von 1832 ist abgeschafft durch die Zulassung von drei andern Mitgliedern der Familie Bonaparte in euren Schooß. Man hat nicht bewiesen, daß der Prinz irgendwie an den Werbungen und sonstigen Umtrieben betheiligt war. Man hat noch von napoleonischen Flugblättern gesprochen. Habt ihr sie verfolgt. Nein. Ihr besitzt nicht einmal einen Generalprokurator.

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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 16 der Neuen Rhein. Zeitung.</titlePart>
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          <docDate>Freitag, 16. Juni 1848.</docDate>
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        <head>[Französische Republik]</head>
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          <p><hi rendition="#g">General Bedeau:</hi> Für die unerhörte Unruhe, die im                         Lande existire, sei die Regierung verantwortlich. Der Hauptfehler der                         Regierung sei, daß sie sich nicht genug verlassen habe auf die                         Unterstützung, die sie bei der ungeheuren Majorität dieser Versammlung                         finden werde, so oft sie Maßregel vorbrächte, gleichzeitig geeignet, die                         demokratische Republik und die Ordnung und öffentliche Sicherheit zu                         befestigen. Er erinnert an die Unterstützung, welche die öffentliche Gewalt                         in der Nationalversammlung fand, als sie durch das Organ Lamartines ihre                         Beziehungen zum Ausland auseinandersetzen ließ. Niemals werde die Regierung                         Kraft besitzen, so lange sie sich auf eine Partei zu stützen gedenke. Man                         hofft, durch Agitation der Arbeiterklassen uns zu zwingen, früher die                         Maßregeln zu votiren, die ihr Wohlsein versichern können; aber die Leute,                         die sich als die ausschließlichen Freunde der Arbeiter hinstellen, betrügen                         sie und wollen sie exploitiren. Was die Armee angeht, so halte ich sie für                         treu. Sie wird immer dem Chef gehorchen, den ihr die Nationalversammlung                         bezeichnen wird, sie wird niemals vor einem Prätrndenten sich beugen, sei                         er, wer er wolle. (Beifall.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Avond:</hi> Sie drücken hier die Meinung der ganzen                         Versammlung aus.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine</hi> besteigt die Tribüne.</p>
          <p>Was der exekutiven Kommission ermangelt, ist nicht Kraft, sondern Licht.                         (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Ist es wahr, daß hier ein Zwang auf einen                         Theil der Kammer ausgeübt worden ist? Ich stehe nicht an zu antworten, daß                         eine solche Unterstellung beleidigend ist, namentlich beleidigend, wenn sie                         auf Mitglieder der exekutiven Kommission anspielt. Hier sucht Lamartine,                         zurückgehend zur Einsetzung selbst der provisorischen Regierung, zu                         beweisen, daß alle Glieder dieser Regierung unter einander verbunden waren                         durch die Nothwendigkeit, sich nicht zu trennen, denn sich trennen, das war                         nicht einer andern Regierung den Platz überlassen, sondern der Anarchie,                         sondern der Herrschaft der Straße; das war die Nationalversammlung unmöglich                         machen. Ich habe mir nie die Schwierigkeiten verheimlicht, die Männern                         bevorstehn, welche so die Diktatur der Nothwendigkeit übernahmen; aber diese                         Männer haben sich hingegeben, als die höchste Stelle nur die höchste Gefahr                         war. (Bravos auf der Linken.) Ich weiß, daß die Parteien nie die                         Wagehalsigkeit, ich möchte sagen, das Verbrechen verzeihn, diese Republik                         proklamirt zu haben, die Ihr selbst so einstimmig proklamirt habt, als Ihr                         Besitz vom Land nahmt; aber später wird man gerechter sein. Schon ist Europa                         gerechter als die Parteien, denn es erkennt an, daß die französische                         Republik zugleich fest und gemäßigt ist.</p>
          <p>Welchen Charakter haben wir der Republik gegeben? Hier antworte ich dem                         ehrenwerthen General Bedeau. Haben wir denn die blutige Republik proklamirt,                         die Republik der Schafotte? Meine Herren! Die erste Republik war nur ein                         Kampf. Wir wollten, daß die zweite eine Institution sei.</p>
          <p>Die erste Republik hatte zu bekämpfen die Könige nach Außen, die Parteien                         nach Innen; man begreift unter einer solchen Republik die Excesse. Aber das                         ist nicht die Republik, die wir Ihnen geben mußten. Erinnern Sie sich jenes                         Tages, wo unter den zuckenden Emotionen der Masse, als die Masse uns die                         rothe Fahne präsentiren kam, wir sie beseitigten, um Eurer Fahne Platz zu                         machen, unsrer Fahne, derjenigen, die der Republik als Windel gedient hatte                         in ihrer Wiege, der Fahne, worin sie sich noch als in ein Leichentuch                         einhüllen würde, wenn sie jemals untergehn müßte. (Beifallsklatschen.)</p>
          <p>Lamartine, auf den Vorwurf eingehend, daß die Regierung die monarchische                         Vergangenheit gewisser Beamten amnestirt, sagt, daß sie glaubte, die Dienste                         aller Männer annehmen zu müssen, die ihr nützlich sein konnten, ohne auf die                         Epoche ihrer Bekehrung zum Republikanismus Rücksicht zu nehmen. Anders                         handeln, war, Frankreich als ein erobertes Land behandeln. (Gut, sehr                         gut!)</p>
          <p>Aber, sagt man uns, ihr bleibt thatlos! Meine Herren! Ich werde Ihre                         Erinnerungen zurückleiten auf drei Monate hinter uns, auf den Morgen des                         Volkssiegs vom 24. Februar.</p>
          <p>Seit dieser Zeit haben sich so viele Ereignisse begeben, daß man leicht ei                         nige davon vergessen haben kann. Der Redner schildert von neuem die                         gefährliche Lage, worin sich Frankreich am 24. Februar befand; er würde                         fürchten, zu sehr die schwachen Dienste zu erheben, die er selbst ihm                         leistete, wollte er im Detail alle Maßregeln zurückrufen, die ergriffen                         wurden, um die zahllosen Schwierigkeiten der Gegenwart zu überwinden, um den                         Gefahren der Zukunft zuvorzukommen, um Frankreich ohne Kampf, ohne                         Erschütterung, ohne einen einzigen Tropfen Blut vergossen zu haben, einen                         Rang zurückzugeben, den es nur eingenommen hatte nach zahllosen Schlachten,                         gewonnen durch einen glorreichen Namen, dessen Angedenken so eben in diesem                         Umkreis zurückgerufen worden ist. Nichtsdestoweniger wiederholt Lamartine                         alles, was für politische und komercielle Organisation geschehen ist, und                         &#x201E;nach solchen Resultaten klagt man uns an, thatlos gewesen zu sein.&#x201C;</p>
          <p>(Einiges Beifallklatschen erschallt, aber der ermüdete Redner läuft ab und                         die Sitzung bleibt eine Zeitlang aufgehoben. Eine große Zahl von                         Repräsentanten verläßt die Bänke und begiebt sich in den Konferenzsaal.) Die                         Sitzung beginnt wieder um 5 Uhr.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine:</hi> Citoyens, ein fataler Umstand hat die Rede                         unterbrochen, welche ich auf dieser Tribune gehalten habe. Als ich auch von                         den Anstrengungen sprach, welche die Ordnung wiederherzustellen suchten,                         zielten draußen Flintenschüsse auf den Generalkommandanten der Nationalgarde                         und auf mehre Nationalgarden unter dem Geschrei: Es lebe der Kaiser. Es ist                         der <hi rendition="#g">erste Blutstropfen</hi> der vergossen worden ist. (!)                         Aber er wurde es im Namen eines Fanatismus, der uns immer fremd bleiben                         wird. Dieser Umstand macht es nöthig, Euch unmittelbar folgendes Projekt                         vorzulegen, das wir unterzeichnet haben eine Stunde vor unserem Eintritt in                         diesen Saal.</p>
          <p>Zahlreiche Stimmen: Lassen wir den Enthusiasmus votiren. (Geräusch!                         Verwirrung!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Napoleon Bonaparte</hi> verläßt den Saal.</p>
          <p><hi rendition="#g">Der Präsident:</hi> Niemand kann die Versammlung                         unterbrechen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine:</hi> Hätte man mich meine Phrase vollenden                         lassen, so würde man gehört haben, daß trotz des vergossenen Blutes dieß                         nicht der Augenblick ist, durch Acclamation zu votiren, indeß wir die                         gewöhnliche Form befolgen wollten und uns darauf beschränken, den                         Gesetzvorschlag, wovon wir die Versammlung unterhalten wollten,                         niederzulegen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Eine Stimme der äußersten Linken:</hi> Nein! wir werden                         durch Acclamation votiren. (Heftiger Tumult.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine</hi> verliest folgenden Dekretentwurf: Die                         Kommission der executiven Gewalt, in Erwägung:</p>
          <p>des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Januar 1846 und der Artikel 1, 2 und 6                         des Gesetzes vom 16. April 1832;</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte einbegriffen ist in dem                         Gesetze von 1832, welches die Mitglieder der Familie Bonaparte vom                         französischen Territorium exilirt;</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß, wenn dieß Gesetz faktisch abgeschafft worden ist durch das                         Votum der Nationalversammlung, die drei Mitgliedern dieser Familie gestattet                         hat, Mitglieder der Versammlung zu sein, diese ganz individuelle Abschaffung                         des Gesetzes sich weder rechtlich noch thatsächlich auf die andern                         Mitglieder der Familie erstreckt;</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß Frankreich in Friede und Ordnung die populäre                         republikanische Regierung begründen will, ohne in diesem Werk gestört zu                         werden durch Prätentionen oder dynastische Ehrsucht, die Parteien oder                         Faktionen im Staat stiften und folglich selbst unfreiwillig den Bürgerkrieg                         begünstigen könnten;</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte zweimal als Pretendent                         aufgetreten, indem er eine Republik mit einem Kaiser verlangt hat, das                         heißt, eine illusorische Republik, im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre                         XIII;</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß Agitationen, welche die populäre Republik, die wir gründen                         wollen, angreifen, die Sicherheit der Institutionen und den öffentlichen                         Frieden gefährden, schon im Namen von Karl Louis Napoleon Bonaparte sich                         allenthalben gezeigt haben.</p>
          <p>&#x201E;In Erwägung, daß diese Agitationen, Symptome bestrafenswerther Umtriebe,                         eine für die Errichtung der Republik gefährliche Wichtigkeit gewinnen                         könnten, würden sie durch die Nachsicht, die Nachlässigkeit oder die                         Schwäche der Regierung begünstigt;</p>
          <p>In Erwägung, daß die Regierung die Verantwortlichkeit der Gefahren nicht auf                         sich nehmen kann, welche die republikanische Form der Institutionen und der                         öffentliche Friede laufen würde, wenn sie die erste ihrer Pflichten bräche,                         durch Nichtvollstreckung eines bestehenden Gesetzes, das für unbestimmte                         Zeit mehr als jemals gerechtfertigt ist durch die Staatsraison und das                         öffentliche Wohl;</p>
          <p>Erklärt, daß sie in Bezug auf Karl Louis Napoleon Bonaparte das Gesetz von                         1832 vollstrecken lassen wird bis zu den Tagen, wo die Nationalversammlung                         das Gegentheil beschließen würde.&#x201C;</p>
          <p>Im Namen der Republik verlangt Lamartine die Annahme dieses Vorschlags, und                         ermahnt sodann die Versammlung, &#x201E;möglichst schnell die dem Volke gemachten                         Versprechungen zu erfüllen.&#x201C; Gestattet ihm nicht, ruft er aus, zu sagen, daß                         Ihr es vergessen habt, nachdem Ihr Euch seiner bedient hattet.</p>
          <p>Dann kommt Lamartine wieder auf die Anklagen und Verläumdungen gegen die                         Regierung und namentlich gegen ihn selbst, Lamartine zurück.</p>
          <p>Mich selbst klagt man an mit Männern konspirirt zu haben, die bald vor dem                         Richterstuhl stehen werden. Ich habe konspirirt mit Blanqui, mit Raspail,                         mit Sobrier, mit Cabet. Ich habe konspirirt &#x2012; (heftiges Gemurre). Ich habe                         mit ihnen konspirirt, wie der Blitzableiter mit den Wolken gegen den Blitz                         konspirirt. Ich habe mit ihnen konspirirt, um sie zu überzeugen, daß man                         keine diktatorische Regierung errichten, sondern im Gegentheil die                         Nationalversammlung sich vereinigen lassen müßte, um die Geschicke des                         Landes zu lenken.</p>
          <p>Unsere Popularität, wir haben sie bereitwillig geopfert dem Triumph und                         Republik. &#x2012; Aber als Austausch gegen dies Opfer, gebt uns Euer Vertrauen.                         (Eine lange Agitation folgt dieser Rede!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Pierre Bonaparte</hi> versichert seinen Republikanismus                         und Patriotismus.</p>
          <p><hi rendition="#g">Napoleon Bonaparte</hi> glaubt, daß Lamartine sein Dekret                         nicht in einem Augenblicke der Versammlung vorlegen dürfte, wo sie noch                         unter dem frischen Eindrucke eines so eben vorgefallenen traurigen                         Ereignisses wäre.</p>
          <p><hi rendition="#g">Larabit</hi> spricht in demselben Sinne.</p>
          <p><hi rendition="#g">Adelswärd</hi> greift die Regierung energisch an, das                         Vertrauen werde nicht wieder erwachen, so lange die Regierung diese Bahn                         einhalte. Die Versammlung selbst verliere täglich von ihrem Ansehen. (Lärm                         zur Ordnung.)</p>
          <p>Der Präsident ruft den Redner für diese Worte zur Ordnung. Der Redner endet                         mitten im Lärm. Es fallen Worte, wie: die Gewalt ist in unwürdigen Händen, &#x2012;                         Opposition auf der Linken gegen diese Worte.</p>
          <p>Auf Duprats abermaligen Vorschlag dekretirt die Nationalversammlung endlich                         die zwei Paragraphen, welche der Regierung geheime Fonds zuweisen.</p>
          <p> &#x2012; <hi rendition="#g">Sitzung der National-Versammlung vom 13. Juni:</hi> </p>
          <p>Die Sitzung wurde um ein Uhr eröffnet. Es herrschte eine ungemeine Aufregung                         in der Versammlung. Um Napoleon Bonaparte stehen zahlreiche Gruppen: er                         spricht zu ihnen mit ungewöhnlicher Lebhaftigkeit. Berryer tritt in den Saal                         und geht auf Hrn. Duclerc zu, mit dem er eine lebhafte Unterhaltung                         anknüpft. Die ganze exekutive Kommission ist anwesend. Die H.H. Cavaignac                         und Clement Thomas sind in strahlender Uniform. Außerhalb, heißt es,                         herrscht eine gleiche Gährung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> Ich erhalte so eben einen Brief von Einem                         unserer Kollegen, der durch seine Amtsfunktionen abgehalten ist, der Sitzung                         beizuwohnen. Der Polizei-Präfekt schreibt mir der Bürger Bonaparte irrt                         sich, wenn er behauptet, daß ich, der Polizeipräfekt, ihm gesagt habe, es                         würden keine Maßregeln gegen seinen Vetter ergriffen. Eine derartige                         Erklärung steht der exekutiven Gewalt allein zu und liegt außerhalb meiner                         Attributionen.</p>
          <p>Bonaparte antwortet nicht.</p>
          <p><hi rendition="#g">v. Gousée:</hi> Vor einigen Tagen legte ich der                         Versammlung einen Vorschlag vor in Betreff der Zurückberufung der Familie                         Bonaparte und der Abschaffung der Gesetze von 1832. Heute trage ich darauf                         an, über diesen Vorschlag zu stimmen, aber mit einem Amendement (Aufregung);                         dieses Amendement besteht darin, die Ausschließung des Bürgers Carl Ludwig                         Bonaparte provisorisch aufrecht zu halten, da sein Namen eine Waffe in den                         Händen einer Partei ist. Ich bezweifle nicht, daß besagter Bürger allen                         diesen Umtrieben fremd geblieben ist, aber auf der andern Seite halte ich                         ihn für einen zu guten Franzosen, als daß er nicht einsehen sollte, wie                         gefahrdrohend seine Gegenwart in den jetzigen Umständen wäre.</p>
          <p><hi rendition="#g">Favre</hi> dringt auf die Priorität der Berichte in Bezug                         auf die Prüfung der Vollmachten. Es sei besser, daß die Versammlung sich                         darauf verstände, über ein Prinzip vielmehr als über einen Mann abzustimmen.                         &#x2012; Die Versammlung spricht sich für die Priorität aus.</p>
          <p>Favre als Berichterstatter theilt mit, daß die Aktenstücke in Bezug auf die                         Wahl Napoleons vollkommen regelmäßig seien, daß er die Majorität der Stimmen                         erhalten, und demnach als Volksrepräsentant habe proklamirt werden müssen.                         Das Büreau, fährt er fort, hat geglaubt über alle Bedenklichkeiten hinweg                         gehen zu müssen, und seine Zulassung auszusprechen. Die Gründe die uns zu                         diesem Entschlusse bestimmt haben, sind theilweis legale, theilweis                         politische. Vom Standpunkte der Loyalität aus, wissen wir alle, daß Hr.                         Cremieux, damals Justizminister, erklärt hat: das Gesetz welches die Familie                         Bonaparte verbannt hat, ist virtualiter, sie hören meine Herren, virtualiter                         abgeschafft durch die Februarrevolution. Nun wissen wir recht gut, daß die                         exekutive Kommission damals so ziemlich die Gewohnheit beobachtete, uns ihre                         Gedanken durch das Organ des ehrenwerthen Hrn. Cremieux vernehmen zu lassen.                         (Gelächter.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin.</hi> Die Regierung machte ihre Gedanken eben                         so wenig durch Hrn. Cremieux als durch Sie vernehmbar.</p>
          <p><hi rendition="#g">Favre.</hi> Cremieux war weit mehr das Organ der                         Regierung, als ich: denn er war damals Minister, während ich nur                         Untersekretär des Staats war. Hr. Cremieux hat also sehr wohl sagen können,                         daß das Gesetz vom 18. Juni 1832 abgeschafft sei, ohne daß er zu befürchten                         gehabt habe, Einsprache zu erhalten, zumal da der Justizminister, d. Z. das                         höchste Organ, wenn es sich von der Auslegung der Gesetze handelt, selbst es                         proklamirte.</p>
          <p>Ich frage demnach, ob nicht jeder von Ihnen, meine Herren, ob nicht das ganze                         Land hat glauben müssen, das Gesetz von 1832 sei abgeschafft? Ich glaube                         sogar, daß zwei Mitglieder der exekutiven Kommission in der Sitzung von                         damals gegenwärtig waren, und wenn sie auch nicht gegenwärtig gewesen wären,                         so machte dieses gar nichts. Der Justizminister selbst hat erklärt: &#x201E;Wir                         haben Niemand zu fürchten.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Favre:</hi> Dieß war auch der Gedanke der Mehrheit Ihrer                         Kommission. Kann die Staatsraison einen frühern, d. 24. Febr. von der                         Regierung gefaßten Beschluß modifiziren einen Beschluß, der seit dem 2. Juni                         vom Justizminister bestätigt worden ist! die Begründung, welche die                         Exekutivkommission im Eingang ihres Dekrets gegeben hat, scheint mir                         unzulänglich. Man verlangt Ausnahmemaßregeln. Louis Bonaparte steht euch                         nicht als Prätendent, sondern als Volksrepräsentant gegenüber. Hat er                         Verbrechen begangen, liegen euch Korrespondenzen von ihm vor, so werdet ihr                         uns auf eurer Seite finden. Bis dahin wollt uns nicht glauben machen, daß                         die französische Republik so wankend ist, daß Louis Bonaparte sie mit einem                         Hauch umblasen könnte. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Der Bürger                         Bonaparte muß auf dieser Tribüne erscheinen und mit Füßen die Parodie des                         kaiserlichen Mantels treten, der weder seinem eigenen Wuchs, noch dem der                         gegenwärtigen Epoche anpaßt. Stoßt ihr ihn zurück, so gebt ihr ihm eine Art                         der Legitimität der 100,000 Stimmen, die er in den verschiedenen                         Wahlbezirken von Frankreich erhalten hat. (Gemurre in verschiedenem                         Sinne.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Senard</hi> (Präsident) schlägt vor, auch die andern                         Berichterstatter zu vernehmen. (Angenommen.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Buchez:</hi> Ich bin Berichterstatter des 10. Bureau und                         einer ganz entgegengesetzten Ansicht, wie Herr Favre. (Bewegung.) Man muß                         unterscheiden zwischen den Ereignissen <hi rendition="#g">vor</hi> und <hi rendition="#g">nach</hi> der Vereinigung der Versammlung. Vor derselben                         durfte die Regierung keine Unterschiede zwischen den Bürgern machen. Seit                         der Proklamirung der Republik ist ein <hi rendition="#g">Prinz</hi> nicht                         mehr zulässig unter euch. (Oh, oh.) Bonaparte ist Prätendent. Wir schlagen                         vor, seine Wahl zu kassiren. Würdet Ihr Heinrich V. zulassen oder den                         Prinzen v. Joinville oder den Herzog v. Peronet, wenn sie gewählt wären?                         (Lärm.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Oymar,</hi> Berichterstatter des 6. Bureaux, spricht sich                         für die Zulassung des Prinzen aus, aus denselben Gründen, wie Favre.</p>
          <p><hi rendition="#g">Vieillard:</hi> Ich komme eine geheiligte Pflicht                         erfüllen, einen Abwesenden vertheidigen. Louis Bonaparte ist wider seinen                         Willen zum Repräsentanten gemacht worden, wie man ihn jetzt wider seinen                         Willen zum Prätendenten macht. Will man ihn zum Exil zwingen im Geist der                         verruchten Verträge von 1815! Er theilt der Versammlung einen Brief mit,                         worin Louis Bonaparte erklärt, er werde allen Aufforderungen, die Kandidatur                         anzunehmen, widerstehn. Ich selbst, schließt er, habe ihn vor wenigen Tagen                         brieflich eingeladen, seinen Rang neben mir als Repräsentant einnehmen zu                         kommen. Ich habe ihm in einem andern Brief abgerathen, weil ich nicht die                         Verantwortlichkeit auf mich nehmen will, ihn in die Falle gelockt zu                         haben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marchal</hi> meint, man müsse sich des noch nicht                         ageschafften Gesetzes von 1832 bedienen, um Louis Bonaparte fern zu halten.                         Oeffne man das Thor einem Prätendenten, so öffne man es allen. Ueberdem ist                         Louis Bonaparte nicht wählbar, weil er ein nuturalisirter Schweizer ist.                         (Reklamationen.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Fresneau:</hi> Als ich den Sitzungssaal verließ, mischte                         ich mich in die Gruppen. Ich sah nirgends ernsthafte Spuren einer                         Konspiration. (Lärm.) Ich hörte schreien: Es lebe Louis Napoleon! Es lebe                         die Ehrenlegion! und für mich bedeutete dieser Ruf nur: es lebe der                         kaiserliche Ruhm! Weder in Paris, noch in den Departementen existirt eine                         Konspiration. Nur haben die Departementen, die heute zwei Monaten Zeugen                         eurer Politik sind und die Abwesenheit jeder Regierung beklagen, euch eine                         Lektion und eine Warnung zukommen lassen. (Agitation.) Wenn Ihr nicht den                         Muth eurer Sympathieen habt, wenn Ihr zurückstoßt aus eurem Schooß den Erben                         Napoleons! (Unterbrechung, Geschrei, Ruf zur Ordnung.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Der Präsident:</hi> Ich ersuche den Redner, sich zu                         erklären.</p>
          <p><hi rendition="#g">Fresneau:</hi> Der Erbe seines Namens, nicht seiner                         Rechte.</p>
          <p>Ich fürchte keine Emeute mit dem Rufe: es lebe Louis Napoleon! aber ich würde                         sie fürchten mit dem Ruf: es lebe die Souverainität des Volkes!                         (Agitation.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Clement Thomas</hi> erklärt, daß gestern nur ein                         Flintenschuß gefallen sei, für den man unmöglich Louis Napoleon                         verantwortlich machen könne.</p>
          <p><hi rendition="#g">Louis Blanc:</hi> Für die Republik fürchten, ist sie                         beleidigen. Ich liebe die Prätendenten in der Nähe zu sehn, es ist uns dann                         leichter, sie zu messen. Wie sollte Louis Bonaparte eine Ordnung der Dinge                         zurückführen können, die die mächtige Hand des Kaisers nicht zu gründen                         wußte? Die Kandidatur, womit man uns bedroht, ist nicht ernsthaft. Louis                         Bonaparte, sagt man, sei zu fürchten als künftiger <hi rendition="#g">Prasident der Republik.</hi> Antwort: <hi rendition="#g">Wählt gar                             keinen Präsidenten.</hi> (Allgemeine Heiterkeit.) Wollt ihr eine gute                         Republik bilden, organisirt die Arbeit. (Lärmende Unterbrechung. Die                         Privatunterhaltungen gestatten nicht die Stimme des Redners zu                         vernehmen.)</p>
          <p>Die republikanische Logik stoßt die Proskriptionsgesetze zurück, sie straft                         einen Sohn nicht für die Vergehn seines Vaters. Deßhalb habe ich auch gegen                         das Verbannungsdekret der Familie Orleans gestimmt. Das Gesetz der absoluten                         Monarchie ist die Gewalt, das Gesetz der konstitutionellen die Korruption,                         das Gesetz der Republik die Gerechtigkeit.</p>
          <p><hi rendition="#g">Pascal Duprat</hi> verlangt die Verbannung Louis                         Bonapartes im Namen der Gesetzlichkeit. <hi rendition="#g">F. de                             Lasteyrie</hi> will von keinem solchen Staatsstreich wissen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> Die Lage ist zu ernst, als daß die                         Regierung schweigen könnte. Man sagt, wir wollten die Volkssouveränität                         angreifen, wir, die sie begründet haben. Das Gesetz von 1832 existirt,                         existirt so sehr, daß man uns einen Antrag gestellt hat, um zu wissen, ob es                         suspendirt, anulirt sei oder noch existire. Die Souveränetät des Volkes                         existirt nicht in einem oder zwei Departementen, sie existirt in der                         Gesammtheit der Nation. Thatsachen liegen vor, Verhaftungen, die beweisen,                         daß Werbungen Statt fanden, eine neue kaiserliche Garde zu bilden. Geld ist                         vertheilt, Wein ist auf öffentlichen Plätzen gratis ausgeschenkt worden. Man                         sagt Louis Bonaparte sei diesen Umtrieben fern, alle Welt sagt es, mit                         Ausnahme seiner selbst (Bewegung). Laßt ihn selbst es sagen, Was hat er                         statt dessen gethan! Zweimal hat er Ansprüche auf das Reich erhoben, als                         Nachfolger Napoleons und im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre X. Das                         Dekret der Nationalversammlung soll nur provisorisch und von kurzer Dauer                         sein. Die Emeute ziehe sich zurück und morgen werden wir unser Dekret                         zurückziehen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bignon: Büchez</hi> warf Louis Napoleon vor, er habe nicht                         seine Zustimmung zur Republik erklärt, wie seine übrige Verwandten. Lest                         seinen vom 24. Mai an die Nationalversammlung gerichteten Brief und ihr                         werdet das Gegentheil finden. <hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> verlangt,                         er habe gegen die in seinem Namen geschehenen Umtriebe protestiren sollen.                         Konnte er zu London gegen die Ereignisse von gestern protestiren. Wenn er                         seine Waffen gegen die gefallene Regierung getragen hat, so geschah es, weil                         sie nicht der Ausdruck des Volkswillens war.</p>
          <p><hi rendition="#g">Favre:</hi> Das Gesetz von 1832 ist abgeschafft durch die                         Zulassung von drei andern Mitgliedern der Familie Bonaparte in euren Schooß.                         Man hat nicht bewiesen, daß der Prinz irgendwie an den Werbungen und                         sonstigen Umtrieben betheiligt war. Man hat noch von napoleonischen                         Flugblättern gesprochen. Habt ihr sie verfolgt. Nein. Ihr besitzt nicht                         einmal einen Generalprokurator.
</p>
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    </body>
  </text>
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[0069/0001] Beilage zu Nr. 16 der Neuen Rhein. Zeitung. Freitag, 16. Juni 1848. [Französische Republik] General Bedeau: Für die unerhörte Unruhe, die im Lande existire, sei die Regierung verantwortlich. Der Hauptfehler der Regierung sei, daß sie sich nicht genug verlassen habe auf die Unterstützung, die sie bei der ungeheuren Majorität dieser Versammlung finden werde, so oft sie Maßregel vorbrächte, gleichzeitig geeignet, die demokratische Republik und die Ordnung und öffentliche Sicherheit zu befestigen. Er erinnert an die Unterstützung, welche die öffentliche Gewalt in der Nationalversammlung fand, als sie durch das Organ Lamartines ihre Beziehungen zum Ausland auseinandersetzen ließ. Niemals werde die Regierung Kraft besitzen, so lange sie sich auf eine Partei zu stützen gedenke. Man hofft, durch Agitation der Arbeiterklassen uns zu zwingen, früher die Maßregeln zu votiren, die ihr Wohlsein versichern können; aber die Leute, die sich als die ausschließlichen Freunde der Arbeiter hinstellen, betrügen sie und wollen sie exploitiren. Was die Armee angeht, so halte ich sie für treu. Sie wird immer dem Chef gehorchen, den ihr die Nationalversammlung bezeichnen wird, sie wird niemals vor einem Prätrndenten sich beugen, sei er, wer er wolle. (Beifall.) Avond: Sie drücken hier die Meinung der ganzen Versammlung aus. Lamartine besteigt die Tribüne. Was der exekutiven Kommission ermangelt, ist nicht Kraft, sondern Licht. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Ist es wahr, daß hier ein Zwang auf einen Theil der Kammer ausgeübt worden ist? Ich stehe nicht an zu antworten, daß eine solche Unterstellung beleidigend ist, namentlich beleidigend, wenn sie auf Mitglieder der exekutiven Kommission anspielt. Hier sucht Lamartine, zurückgehend zur Einsetzung selbst der provisorischen Regierung, zu beweisen, daß alle Glieder dieser Regierung unter einander verbunden waren durch die Nothwendigkeit, sich nicht zu trennen, denn sich trennen, das war nicht einer andern Regierung den Platz überlassen, sondern der Anarchie, sondern der Herrschaft der Straße; das war die Nationalversammlung unmöglich machen. Ich habe mir nie die Schwierigkeiten verheimlicht, die Männern bevorstehn, welche so die Diktatur der Nothwendigkeit übernahmen; aber diese Männer haben sich hingegeben, als die höchste Stelle nur die höchste Gefahr war. (Bravos auf der Linken.) Ich weiß, daß die Parteien nie die Wagehalsigkeit, ich möchte sagen, das Verbrechen verzeihn, diese Republik proklamirt zu haben, die Ihr selbst so einstimmig proklamirt habt, als Ihr Besitz vom Land nahmt; aber später wird man gerechter sein. Schon ist Europa gerechter als die Parteien, denn es erkennt an, daß die französische Republik zugleich fest und gemäßigt ist. Welchen Charakter haben wir der Republik gegeben? Hier antworte ich dem ehrenwerthen General Bedeau. Haben wir denn die blutige Republik proklamirt, die Republik der Schafotte? Meine Herren! Die erste Republik war nur ein Kampf. Wir wollten, daß die zweite eine Institution sei. Die erste Republik hatte zu bekämpfen die Könige nach Außen, die Parteien nach Innen; man begreift unter einer solchen Republik die Excesse. Aber das ist nicht die Republik, die wir Ihnen geben mußten. Erinnern Sie sich jenes Tages, wo unter den zuckenden Emotionen der Masse, als die Masse uns die rothe Fahne präsentiren kam, wir sie beseitigten, um Eurer Fahne Platz zu machen, unsrer Fahne, derjenigen, die der Republik als Windel gedient hatte in ihrer Wiege, der Fahne, worin sie sich noch als in ein Leichentuch einhüllen würde, wenn sie jemals untergehn müßte. (Beifallsklatschen.) Lamartine, auf den Vorwurf eingehend, daß die Regierung die monarchische Vergangenheit gewisser Beamten amnestirt, sagt, daß sie glaubte, die Dienste aller Männer annehmen zu müssen, die ihr nützlich sein konnten, ohne auf die Epoche ihrer Bekehrung zum Republikanismus Rücksicht zu nehmen. Anders handeln, war, Frankreich als ein erobertes Land behandeln. (Gut, sehr gut!) Aber, sagt man uns, ihr bleibt thatlos! Meine Herren! Ich werde Ihre Erinnerungen zurückleiten auf drei Monate hinter uns, auf den Morgen des Volkssiegs vom 24. Februar. Seit dieser Zeit haben sich so viele Ereignisse begeben, daß man leicht ei nige davon vergessen haben kann. Der Redner schildert von neuem die gefährliche Lage, worin sich Frankreich am 24. Februar befand; er würde fürchten, zu sehr die schwachen Dienste zu erheben, die er selbst ihm leistete, wollte er im Detail alle Maßregeln zurückrufen, die ergriffen wurden, um die zahllosen Schwierigkeiten der Gegenwart zu überwinden, um den Gefahren der Zukunft zuvorzukommen, um Frankreich ohne Kampf, ohne Erschütterung, ohne einen einzigen Tropfen Blut vergossen zu haben, einen Rang zurückzugeben, den es nur eingenommen hatte nach zahllosen Schlachten, gewonnen durch einen glorreichen Namen, dessen Angedenken so eben in diesem Umkreis zurückgerufen worden ist. Nichtsdestoweniger wiederholt Lamartine alles, was für politische und komercielle Organisation geschehen ist, und „nach solchen Resultaten klagt man uns an, thatlos gewesen zu sein.“ (Einiges Beifallklatschen erschallt, aber der ermüdete Redner läuft ab und die Sitzung bleibt eine Zeitlang aufgehoben. Eine große Zahl von Repräsentanten verläßt die Bänke und begiebt sich in den Konferenzsaal.) Die Sitzung beginnt wieder um 5 Uhr. Lamartine: Citoyens, ein fataler Umstand hat die Rede unterbrochen, welche ich auf dieser Tribune gehalten habe. Als ich auch von den Anstrengungen sprach, welche die Ordnung wiederherzustellen suchten, zielten draußen Flintenschüsse auf den Generalkommandanten der Nationalgarde und auf mehre Nationalgarden unter dem Geschrei: Es lebe der Kaiser. Es ist der erste Blutstropfen der vergossen worden ist. (!) Aber er wurde es im Namen eines Fanatismus, der uns immer fremd bleiben wird. Dieser Umstand macht es nöthig, Euch unmittelbar folgendes Projekt vorzulegen, das wir unterzeichnet haben eine Stunde vor unserem Eintritt in diesen Saal. Zahlreiche Stimmen: Lassen wir den Enthusiasmus votiren. (Geräusch! Verwirrung!) Napoleon Bonaparte verläßt den Saal. Der Präsident: Niemand kann die Versammlung unterbrechen. Lamartine: Hätte man mich meine Phrase vollenden lassen, so würde man gehört haben, daß trotz des vergossenen Blutes dieß nicht der Augenblick ist, durch Acclamation zu votiren, indeß wir die gewöhnliche Form befolgen wollten und uns darauf beschränken, den Gesetzvorschlag, wovon wir die Versammlung unterhalten wollten, niederzulegen. Eine Stimme der äußersten Linken: Nein! wir werden durch Acclamation votiren. (Heftiger Tumult.) Lamartine verliest folgenden Dekretentwurf: Die Kommission der executiven Gewalt, in Erwägung: des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Januar 1846 und der Artikel 1, 2 und 6 des Gesetzes vom 16. April 1832; „In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte einbegriffen ist in dem Gesetze von 1832, welches die Mitglieder der Familie Bonaparte vom französischen Territorium exilirt; „In Erwägung, daß, wenn dieß Gesetz faktisch abgeschafft worden ist durch das Votum der Nationalversammlung, die drei Mitgliedern dieser Familie gestattet hat, Mitglieder der Versammlung zu sein, diese ganz individuelle Abschaffung des Gesetzes sich weder rechtlich noch thatsächlich auf die andern Mitglieder der Familie erstreckt; „In Erwägung, daß Frankreich in Friede und Ordnung die populäre republikanische Regierung begründen will, ohne in diesem Werk gestört zu werden durch Prätentionen oder dynastische Ehrsucht, die Parteien oder Faktionen im Staat stiften und folglich selbst unfreiwillig den Bürgerkrieg begünstigen könnten; „In Erwägung, daß Karl Louis Napoleon Bonaparte zweimal als Pretendent aufgetreten, indem er eine Republik mit einem Kaiser verlangt hat, das heißt, eine illusorische Republik, im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre XIII; „In Erwägung, daß Agitationen, welche die populäre Republik, die wir gründen wollen, angreifen, die Sicherheit der Institutionen und den öffentlichen Frieden gefährden, schon im Namen von Karl Louis Napoleon Bonaparte sich allenthalben gezeigt haben. „In Erwägung, daß diese Agitationen, Symptome bestrafenswerther Umtriebe, eine für die Errichtung der Republik gefährliche Wichtigkeit gewinnen könnten, würden sie durch die Nachsicht, die Nachlässigkeit oder die Schwäche der Regierung begünstigt; In Erwägung, daß die Regierung die Verantwortlichkeit der Gefahren nicht auf sich nehmen kann, welche die republikanische Form der Institutionen und der öffentliche Friede laufen würde, wenn sie die erste ihrer Pflichten bräche, durch Nichtvollstreckung eines bestehenden Gesetzes, das für unbestimmte Zeit mehr als jemals gerechtfertigt ist durch die Staatsraison und das öffentliche Wohl; Erklärt, daß sie in Bezug auf Karl Louis Napoleon Bonaparte das Gesetz von 1832 vollstrecken lassen wird bis zu den Tagen, wo die Nationalversammlung das Gegentheil beschließen würde.“ Im Namen der Republik verlangt Lamartine die Annahme dieses Vorschlags, und ermahnt sodann die Versammlung, „möglichst schnell die dem Volke gemachten Versprechungen zu erfüllen.“ Gestattet ihm nicht, ruft er aus, zu sagen, daß Ihr es vergessen habt, nachdem Ihr Euch seiner bedient hattet. Dann kommt Lamartine wieder auf die Anklagen und Verläumdungen gegen die Regierung und namentlich gegen ihn selbst, Lamartine zurück. Mich selbst klagt man an mit Männern konspirirt zu haben, die bald vor dem Richterstuhl stehen werden. Ich habe konspirirt mit Blanqui, mit Raspail, mit Sobrier, mit Cabet. Ich habe konspirirt ‒ (heftiges Gemurre). Ich habe mit ihnen konspirirt, wie der Blitzableiter mit den Wolken gegen den Blitz konspirirt. Ich habe mit ihnen konspirirt, um sie zu überzeugen, daß man keine diktatorische Regierung errichten, sondern im Gegentheil die Nationalversammlung sich vereinigen lassen müßte, um die Geschicke des Landes zu lenken. Unsere Popularität, wir haben sie bereitwillig geopfert dem Triumph und Republik. ‒ Aber als Austausch gegen dies Opfer, gebt uns Euer Vertrauen. (Eine lange Agitation folgt dieser Rede!) Pierre Bonaparte versichert seinen Republikanismus und Patriotismus. Napoleon Bonaparte glaubt, daß Lamartine sein Dekret nicht in einem Augenblicke der Versammlung vorlegen dürfte, wo sie noch unter dem frischen Eindrucke eines so eben vorgefallenen traurigen Ereignisses wäre. Larabit spricht in demselben Sinne. Adelswärd greift die Regierung energisch an, das Vertrauen werde nicht wieder erwachen, so lange die Regierung diese Bahn einhalte. Die Versammlung selbst verliere täglich von ihrem Ansehen. (Lärm zur Ordnung.) Der Präsident ruft den Redner für diese Worte zur Ordnung. Der Redner endet mitten im Lärm. Es fallen Worte, wie: die Gewalt ist in unwürdigen Händen, ‒ Opposition auf der Linken gegen diese Worte. Auf Duprats abermaligen Vorschlag dekretirt die Nationalversammlung endlich die zwei Paragraphen, welche der Regierung geheime Fonds zuweisen. ‒ Sitzung der National-Versammlung vom 13. Juni: Die Sitzung wurde um ein Uhr eröffnet. Es herrschte eine ungemeine Aufregung in der Versammlung. Um Napoleon Bonaparte stehen zahlreiche Gruppen: er spricht zu ihnen mit ungewöhnlicher Lebhaftigkeit. Berryer tritt in den Saal und geht auf Hrn. Duclerc zu, mit dem er eine lebhafte Unterhaltung anknüpft. Die ganze exekutive Kommission ist anwesend. Die H.H. Cavaignac und Clement Thomas sind in strahlender Uniform. Außerhalb, heißt es, herrscht eine gleiche Gährung. Präsident: Ich erhalte so eben einen Brief von Einem unserer Kollegen, der durch seine Amtsfunktionen abgehalten ist, der Sitzung beizuwohnen. Der Polizei-Präfekt schreibt mir der Bürger Bonaparte irrt sich, wenn er behauptet, daß ich, der Polizeipräfekt, ihm gesagt habe, es würden keine Maßregeln gegen seinen Vetter ergriffen. Eine derartige Erklärung steht der exekutiven Gewalt allein zu und liegt außerhalb meiner Attributionen. Bonaparte antwortet nicht. v. Gousée: Vor einigen Tagen legte ich der Versammlung einen Vorschlag vor in Betreff der Zurückberufung der Familie Bonaparte und der Abschaffung der Gesetze von 1832. Heute trage ich darauf an, über diesen Vorschlag zu stimmen, aber mit einem Amendement (Aufregung); dieses Amendement besteht darin, die Ausschließung des Bürgers Carl Ludwig Bonaparte provisorisch aufrecht zu halten, da sein Namen eine Waffe in den Händen einer Partei ist. Ich bezweifle nicht, daß besagter Bürger allen diesen Umtrieben fremd geblieben ist, aber auf der andern Seite halte ich ihn für einen zu guten Franzosen, als daß er nicht einsehen sollte, wie gefahrdrohend seine Gegenwart in den jetzigen Umständen wäre. Favre dringt auf die Priorität der Berichte in Bezug auf die Prüfung der Vollmachten. Es sei besser, daß die Versammlung sich darauf verstände, über ein Prinzip vielmehr als über einen Mann abzustimmen. ‒ Die Versammlung spricht sich für die Priorität aus. Favre als Berichterstatter theilt mit, daß die Aktenstücke in Bezug auf die Wahl Napoleons vollkommen regelmäßig seien, daß er die Majorität der Stimmen erhalten, und demnach als Volksrepräsentant habe proklamirt werden müssen. Das Büreau, fährt er fort, hat geglaubt über alle Bedenklichkeiten hinweg gehen zu müssen, und seine Zulassung auszusprechen. Die Gründe die uns zu diesem Entschlusse bestimmt haben, sind theilweis legale, theilweis politische. Vom Standpunkte der Loyalität aus, wissen wir alle, daß Hr. Cremieux, damals Justizminister, erklärt hat: das Gesetz welches die Familie Bonaparte verbannt hat, ist virtualiter, sie hören meine Herren, virtualiter abgeschafft durch die Februarrevolution. Nun wissen wir recht gut, daß die exekutive Kommission damals so ziemlich die Gewohnheit beobachtete, uns ihre Gedanken durch das Organ des ehrenwerthen Hrn. Cremieux vernehmen zu lassen. (Gelächter.) Ledru-Rollin. Die Regierung machte ihre Gedanken eben so wenig durch Hrn. Cremieux als durch Sie vernehmbar. Favre. Cremieux war weit mehr das Organ der Regierung, als ich: denn er war damals Minister, während ich nur Untersekretär des Staats war. Hr. Cremieux hat also sehr wohl sagen können, daß das Gesetz vom 18. Juni 1832 abgeschafft sei, ohne daß er zu befürchten gehabt habe, Einsprache zu erhalten, zumal da der Justizminister, d. Z. das höchste Organ, wenn es sich von der Auslegung der Gesetze handelt, selbst es proklamirte. Ich frage demnach, ob nicht jeder von Ihnen, meine Herren, ob nicht das ganze Land hat glauben müssen, das Gesetz von 1832 sei abgeschafft? Ich glaube sogar, daß zwei Mitglieder der exekutiven Kommission in der Sitzung von damals gegenwärtig waren, und wenn sie auch nicht gegenwärtig gewesen wären, so machte dieses gar nichts. Der Justizminister selbst hat erklärt: „Wir haben Niemand zu fürchten.“ Favre: Dieß war auch der Gedanke der Mehrheit Ihrer Kommission. Kann die Staatsraison einen frühern, d. 24. Febr. von der Regierung gefaßten Beschluß modifiziren einen Beschluß, der seit dem 2. Juni vom Justizminister bestätigt worden ist! die Begründung, welche die Exekutivkommission im Eingang ihres Dekrets gegeben hat, scheint mir unzulänglich. Man verlangt Ausnahmemaßregeln. Louis Bonaparte steht euch nicht als Prätendent, sondern als Volksrepräsentant gegenüber. Hat er Verbrechen begangen, liegen euch Korrespondenzen von ihm vor, so werdet ihr uns auf eurer Seite finden. Bis dahin wollt uns nicht glauben machen, daß die französische Republik so wankend ist, daß Louis Bonaparte sie mit einem Hauch umblasen könnte. (Bewegung in verschiedenem Sinn.) Der Bürger Bonaparte muß auf dieser Tribüne erscheinen und mit Füßen die Parodie des kaiserlichen Mantels treten, der weder seinem eigenen Wuchs, noch dem der gegenwärtigen Epoche anpaßt. Stoßt ihr ihn zurück, so gebt ihr ihm eine Art der Legitimität der 100,000 Stimmen, die er in den verschiedenen Wahlbezirken von Frankreich erhalten hat. (Gemurre in verschiedenem Sinne.) Senard (Präsident) schlägt vor, auch die andern Berichterstatter zu vernehmen. (Angenommen.) Buchez: Ich bin Berichterstatter des 10. Bureau und einer ganz entgegengesetzten Ansicht, wie Herr Favre. (Bewegung.) Man muß unterscheiden zwischen den Ereignissen vor und nach der Vereinigung der Versammlung. Vor derselben durfte die Regierung keine Unterschiede zwischen den Bürgern machen. Seit der Proklamirung der Republik ist ein Prinz nicht mehr zulässig unter euch. (Oh, oh.) Bonaparte ist Prätendent. Wir schlagen vor, seine Wahl zu kassiren. Würdet Ihr Heinrich V. zulassen oder den Prinzen v. Joinville oder den Herzog v. Peronet, wenn sie gewählt wären? (Lärm.) Oymar, Berichterstatter des 6. Bureaux, spricht sich für die Zulassung des Prinzen aus, aus denselben Gründen, wie Favre. Vieillard: Ich komme eine geheiligte Pflicht erfüllen, einen Abwesenden vertheidigen. Louis Bonaparte ist wider seinen Willen zum Repräsentanten gemacht worden, wie man ihn jetzt wider seinen Willen zum Prätendenten macht. Will man ihn zum Exil zwingen im Geist der verruchten Verträge von 1815! Er theilt der Versammlung einen Brief mit, worin Louis Bonaparte erklärt, er werde allen Aufforderungen, die Kandidatur anzunehmen, widerstehn. Ich selbst, schließt er, habe ihn vor wenigen Tagen brieflich eingeladen, seinen Rang neben mir als Repräsentant einnehmen zu kommen. Ich habe ihm in einem andern Brief abgerathen, weil ich nicht die Verantwortlichkeit auf mich nehmen will, ihn in die Falle gelockt zu haben. Marchal meint, man müsse sich des noch nicht ageschafften Gesetzes von 1832 bedienen, um Louis Bonaparte fern zu halten. Oeffne man das Thor einem Prätendenten, so öffne man es allen. Ueberdem ist Louis Bonaparte nicht wählbar, weil er ein nuturalisirter Schweizer ist. (Reklamationen.) Fresneau: Als ich den Sitzungssaal verließ, mischte ich mich in die Gruppen. Ich sah nirgends ernsthafte Spuren einer Konspiration. (Lärm.) Ich hörte schreien: Es lebe Louis Napoleon! Es lebe die Ehrenlegion! und für mich bedeutete dieser Ruf nur: es lebe der kaiserliche Ruhm! Weder in Paris, noch in den Departementen existirt eine Konspiration. Nur haben die Departementen, die heute zwei Monaten Zeugen eurer Politik sind und die Abwesenheit jeder Regierung beklagen, euch eine Lektion und eine Warnung zukommen lassen. (Agitation.) Wenn Ihr nicht den Muth eurer Sympathieen habt, wenn Ihr zurückstoßt aus eurem Schooß den Erben Napoleons! (Unterbrechung, Geschrei, Ruf zur Ordnung.) Der Präsident: Ich ersuche den Redner, sich zu erklären. Fresneau: Der Erbe seines Namens, nicht seiner Rechte. Ich fürchte keine Emeute mit dem Rufe: es lebe Louis Napoleon! aber ich würde sie fürchten mit dem Ruf: es lebe die Souverainität des Volkes! (Agitation.) Clement Thomas erklärt, daß gestern nur ein Flintenschuß gefallen sei, für den man unmöglich Louis Napoleon verantwortlich machen könne. Louis Blanc: Für die Republik fürchten, ist sie beleidigen. Ich liebe die Prätendenten in der Nähe zu sehn, es ist uns dann leichter, sie zu messen. Wie sollte Louis Bonaparte eine Ordnung der Dinge zurückführen können, die die mächtige Hand des Kaisers nicht zu gründen wußte? Die Kandidatur, womit man uns bedroht, ist nicht ernsthaft. Louis Bonaparte, sagt man, sei zu fürchten als künftiger Prasident der Republik. Antwort: Wählt gar keinen Präsidenten. (Allgemeine Heiterkeit.) Wollt ihr eine gute Republik bilden, organisirt die Arbeit. (Lärmende Unterbrechung. Die Privatunterhaltungen gestatten nicht die Stimme des Redners zu vernehmen.) Die republikanische Logik stoßt die Proskriptionsgesetze zurück, sie straft einen Sohn nicht für die Vergehn seines Vaters. Deßhalb habe ich auch gegen das Verbannungsdekret der Familie Orleans gestimmt. Das Gesetz der absoluten Monarchie ist die Gewalt, das Gesetz der konstitutionellen die Korruption, das Gesetz der Republik die Gerechtigkeit. Pascal Duprat verlangt die Verbannung Louis Bonapartes im Namen der Gesetzlichkeit. F. de Lasteyrie will von keinem solchen Staatsstreich wissen. Ledru-Rollin: Die Lage ist zu ernst, als daß die Regierung schweigen könnte. Man sagt, wir wollten die Volkssouveränität angreifen, wir, die sie begründet haben. Das Gesetz von 1832 existirt, existirt so sehr, daß man uns einen Antrag gestellt hat, um zu wissen, ob es suspendirt, anulirt sei oder noch existire. Die Souveränetät des Volkes existirt nicht in einem oder zwei Departementen, sie existirt in der Gesammtheit der Nation. Thatsachen liegen vor, Verhaftungen, die beweisen, daß Werbungen Statt fanden, eine neue kaiserliche Garde zu bilden. Geld ist vertheilt, Wein ist auf öffentlichen Plätzen gratis ausgeschenkt worden. Man sagt Louis Bonaparte sei diesen Umtrieben fern, alle Welt sagt es, mit Ausnahme seiner selbst (Bewegung). Laßt ihn selbst es sagen, Was hat er statt dessen gethan! Zweimal hat er Ansprüche auf das Reich erhoben, als Nachfolger Napoleons und im Namen des Senatsbeschlusses vom Jahre X. Das Dekret der Nationalversammlung soll nur provisorisch und von kurzer Dauer sein. Die Emeute ziehe sich zurück und morgen werden wir unser Dekret zurückziehen. Bignon: Büchez warf Louis Napoleon vor, er habe nicht seine Zustimmung zur Republik erklärt, wie seine übrige Verwandten. Lest seinen vom 24. Mai an die Nationalversammlung gerichteten Brief und ihr werdet das Gegentheil finden. Ledru-Rollin verlangt, er habe gegen die in seinem Namen geschehenen Umtriebe protestiren sollen. Konnte er zu London gegen die Ereignisse von gestern protestiren. Wenn er seine Waffen gegen die gefallene Regierung getragen hat, so geschah es, weil sie nicht der Ausdruck des Volkswillens war. Favre: Das Gesetz von 1832 ist abgeschafft durch die Zulassung von drei andern Mitgliedern der Familie Bonaparte in euren Schooß. Man hat nicht bewiesen, daß der Prinz irgendwie an den Werbungen und sonstigen Umtrieben betheiligt war. Man hat noch von napoleonischen Flugblättern gesprochen. Habt ihr sie verfolgt. Nein. Ihr besitzt nicht einmal einen Generalprokurator.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 16. Köln, 16. Juni 1848. Beilage, S. 0069. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz016b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.