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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 23. Köln, 23. Juni 1848.

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der Viehhandel, als nächste Stufenleiter nach dem Eisen, welcher sie zu Besitzungen führte. Doch die meisten sind bei dem Vieh stehen geblieben, und haben es nie weiter als zu Nomaden gebracht. Nur zuweilen geschah es, daß bei der zweiten Generation, die statt mit Eisen direkt mit Chileff anfing, die Familie zu Geld, Macht und Ansehn gelangte. Dieser Reichthum geht selten über die dritte Generation hinaus; wenn er mit Abraham beginnt, so erreicht er in Jakob seine Spitze. Es ist, als ob die Sünden der Väter im dritten Geschlecht heimgesucht würden. Die Nerventhätigkeit, welche der Vater in der Erwerbung des Kapitals entwickelte, vererbt sich mit dem Kapital auf den Sohn, und findet keinen andern Stoff zu seiner Entäußerung, als die Verschwendung. Der Kraftaufwand, mit welchem Vater Abraham die Stecknadel zum Diamanten potentirte, wird beim Sohne Jakob Kraftentladung und Geldaufwand, um den Diamanten zur Stecknadel zu reduziren. Wie Vater Abraham sich in die Macht setzte, indem er die Nadel diamantirte, so wird der Sohn Jakob der Macht inne, indem er den Diamanten auf die Nadel reduzirt. Im christlichen Staate wird die Innewerdung der Geldmacht die Veranlassung zur Begründung der Bürger-Macht. In allen Staaten, wo die Juden von der bürgerlichen Machtausübung ausgeschlossen sind, sehn wir, daß die Judensöhne, welche mit dem Erworbenen den Erwerbstrieb ererbt, aber diesen Erwerbstrieb nicht mehr weiter treiben können, in die materiellen Genüsse hingetrieben werden, welche allein ihrer Geldmacht offen steh'n und werden sie erst recht dieser letzten Macht inne, dann geht ihnen das Geld aus. Im christlichen Bürger verbirgt sich das jüdische des Erwerbs hinter dem bürgerlichen des Rechts und dem christlichen der Religion. Beides wird ein Konservativmittel des Erworbenen und ein neues Erwerbsmittel. Das Parlament und die Kirche, die Magistratur und die Clerisei bilden ein neues Kapital, welches das erste erworbene, materielle Kapital befestigt; Bewerbung um Staatsmacht gibt dem Erwerb eine neue Richtung. Wie der christliche Vater die höchste materielle Macht erwirbt, so bewirbt sich der christliche Sohn um die Macht geistiger und geistlicher Stellen, welche die Geldmacht festsetzen, begründen, heiligsprechen. Was bei dem Vater Geldhandel war, wird bei dem Sohne Rechtshandel. Die Nerventhätigkeit - bei dem Vater Erwerb, bei dem Sohne ererbt - kann sich in der Ausübung dieser neuen Macht neu verarbeiten; es ist die Erlösung des Sohnes. Der Christ rettet den Juden, der christliche Bürger rettet den bürgerlichen Juden, der bürgerliche Christ rettet den jüdischen Bürger, das christliche Bürgerthum ist die Erlösung vom jüdischen Menschenthum. Jetzt, wo alle Bürger Juden geworden, wollen die Juden Bürger werden. Jetzt, wo alle Christen sich zu jüdischen Bürgern herangearbeitet, wollen die Juden zu bürgerlichen Christen herabsinken. Die Christen haben ihre Flegeljahre überstanden, die Juden beginnen sie. Es braucht wohl nicht in Erinnerung gebracht zu werden, daß wir von deutschen Juden hier sprechen: denn in Frankreich haben beide Theile, Christen und Juden, ihre Flegeljahre überstanden, und leben vereint, äußerlich unter ihrem Bürgerkönig Louis Philipp, und in der Wirklichkeit unter ihren beiden spartanischen Königen, Rothschild und Halphen.

Wir dürfen es mit dieser Absonderung nicht zu streng nehmen. Wir werden später auf die Varianten zu sprechen kommen, welche diese beiden Typen erlitten, und dann ausführlicher eingehn auf alle die verkrüppelten Halphens und Rothschilds, auf alle diejenigen, die in ihrem Entwickelungsgange gehemmt worden, und wo es jeden Augenblick Ansätze zu unsern Vorbildern absetzte, wo z.B. der Vater vom Chilef anfing und der Sohn auf's Vieh zurückgeworfen wurde, oder wo Vater Abraham vom Vieh begann, und Isaak beim Vieh verweilte etc. etc.

Als Halphen nach Paris kam, waren die Bourgeois noch im Kampfe mit der Aristokratie begriffen. Es war zur Zeit der Revolutionskriege. Er hatte seine Mutter bei sich, und mit ihr die patriarchalische Sitte, die kindliche Liebe, den bürgerlichen Haushalt. So vereinigte er in seinem Hause die beiden Elemente der streitenden Parteien; von den Aristokraten den genealogischen Stammbaum der Familie, von den Bürgern die ökonomische Sparsamkeit. Von irdischen Gütern besaß er weiter nichts, als seinen testamentarischen Gott und seine nationale Rührigkeit. Der testamentarische Gott, wie er im praktischen Leben der Juden seine Bedeutung erhält, ist das eigentliche moderne Monopol. Ein alter Gebrauch gebietet dem Juden, daß er jeden Morgen, bevor er an seine Geschäfte geht, sich diesen Gott, dieses Monopol, auf Pergamentstreifen eingeschrieben, und in lederne Riemen eingelegt, um die Stirne und den linken Arm windet, um sich ihn tief in's Herz einzuprägen. Halphen's Mutter wachte strenge darauf, daß ihr Sohn getreu dieses Gesetz befolgte, und jeden Morgen, nach verrichteter Andacht, unternahm er muthig seine Tagesgeschäfte, um seinen Gott und sein Monopol im Verkehr mit seinen Mitmenschen zu bewähren. Wenn er so die Woche hindurch seinen Gott bethätigt, und sich einen sechs Tage langen Riemen um's Herz und um die Seele gewunden hatte, dann ruhte er am siebenten Tage aus, er und seine Mutter, um den Sabbath in aller Feierlichkeit zu feiern. So ging es die eine Woche um die andere, viele Jahre hindurch.

Den Frieden im Hause, den Gott im Herzen und den Bündel auf der Schulter, zog er durch die Straßen und in die Häuser - er hausirte und kolportirte. Hausiren und kolportiren ist das Element des Juden: er kann den Käufer nicht abwarten, er muß ihm entgegengeh'n, ihn aufsuchen in seiner Behausung. Er bringt in das Haus alle die kleinen Gegenstände mit, die sich an dem Hause und dem häuslichen Glücke anknüpfen, und den häuslichen Frieden befestigen - Stecknadeln, Nähnadeln, Garn und Faden und Nachtmützen und Schnupftücher. Aber Halphen brachte noch etwas besonderes mit in's Haus, seine Socialität, sein Monopol, seinen testamentarischen Gott, sein biblisches Gemüth. Wenn er in seinem Handel von Hand zu Hand seine Waare zum Verkaufe anbot, so wußte er sie den Leuten mit so vieler Seele anzupreisen, sie ihnen dermaßen an's Herz zu legen, und die Leute selbst waren so froh, die geschäftige Rührigkeit des Hausirers zu seh'n, daß sie mit Freude von ihm kauften. Zu der Nützlichkeit des Gegenstandes gesellte sich die Freude des Kaufens; denn mit der Nadel bekam man das Gemüth mit in den Kauf.

(Schluß folgt.)

[Deutschland]

[Fortsetzung] wollen. Da erhebt sich Herr Schulze von Wanzleben und macht einen Gegenantrag; man könne ja auch ohne die Anwesenheit eines Ministeriums berathen, man könne Dinge vornehmen wie das Geschäftsreglement (ohne Ironie) und dies zu Ende führen. Wir hätten gern gelacht, wenn Herr Schulze, der es übrigens sehr gut meint, seinen Antrag nicht mit einem so heiligen Ernst vorgebracht hätte. Und mit einem eben solchen Ernst, aber mit etwas schwacher, kleinlauter Stimme antwortete Herr Hansemann, der wahrscheinlich noch auf den Premier spekulirt, daß in einem Geschäftsreglement ebenfalls Dinge vorkommen könnten, bei deren Berathung das Ministerium gegenwärtig sein müsse. Er ist deshalb gegen den Antrag. Schnell will Herr Milde wieder abstimmen lassen, da rufen ebenso schnell mehrere Stimmen von der Linken um das Wort. Parrisius macht die Versammlung endlich darauf aufmerksam, daß sie den Präsidenten unmöglich berechtigen könne, sie auf unbestimmte Zeit zu vertagen, da dies einer Auflösung gleich sei. Reichenbach setzte hinzu, daß jetzt die Zeit des Mißtrauens sei. (Die Rechte zischt, die Linke klatscht ihm lebhaften Beifall.) Es können in den nächsten Tagen Fälle eintreten, wo die Versammlung der Abgeordneten unbedingt nothwendig sei, selbst ohne Minister. Er beantragt daher, daß die Kammer sich nur bis Freitag vertage. Sein Vorschlag wird von der äußersten Linken und einem Theile des linken Centrums unterstützt. Darauf erhebt sich aber Herr Seidel vom linken Centrum und verlangt eine Vertagung bis Montag. Das linke Centrum aspirirt jetzt nämlich auf das neue Ministerium und hält es deshalb schon von vorneherein für seine Pflicht, der Linken Opposition zu machen. Der Antrag Seidels fand die Majorität. Vor der Abstimmung hatte sich noch Herr Hansemann erhoben, um den Antrag Reichenbachs auf Vertagung bis Freitag zu verdrängen. "Meine Herren," begann er, "ein geehrter Abgeordneter hat vorhin geäußert, es sei die Zeit des Mißtrauens. In dem ernsten Augenblick, worin wir uns jetzt befinden, scheint es mir, daß es wohlgethan sei, nicht Mißtrauen in das Land zu bringen." Da unterbricht ihn Reichenbach mit fürchterlicher Stimme: "Und die russischen Heere an der Gränze!" - Diesmal vergißt selbst die Rechte zu poltern und zu scharren, sie ist wie versteinert und Herr Hansemann fährt stotternd fort: "Wenn irgend eine Gefahr für das Land vorhanden wäre, so würden selbst die Minister, die nur provisorisch hier sind, die Versammlung zusammenberufen, um mit ihr vereinigt zu handeln." Unterdessen hat sich die Rechte wieder erholt und klatscht dieser heldenmüthigen Phrase den gerechten Beifall. Die Plenarversammlungen sind also bis Montag vertagt, unterdessen soll in den Abtheilungen gearbeitet werden. - Man ist noch sehr im Unklaren über das neue Ministerium. Was für eins wir auch erhalten, es wird besser sein als das gefallene; ein reaktionäres kann nur die äußerste Linke zur Herrschaft bringen. Herr Esser hat sich sehr bemüht, Minister zu werden, es ist ihm aber nicht gelungen, weil ihn Niemand an seiner Seite haben will.

Die Nachricht, daß der Hauptmann Natzmer, derselbe, welcher das Zeughaus der Plünderung überlassen, weil er nicht Bürgerblut vergießen wollte, und der deshalb vor ein Kriegsgericht gestellt war, sich erschossen habe, verbreitete sich heute in der Stadt und brachte eine nicht geringe Aufregung hervor.

25 Berlin, 20. Juni.

Der erste Akt des konstitionellen Drama's hat ausgespielt. Das Ministerium Camphausen hat abgedankt. Wer hätte geglaubt, daß bei der Zähigkeit, welche das Ministerium dem Volke entgegensetzte, so oft dieses seine Abdankung forderte, eine solche Krisis so plötzlich und unerwartet eintreten würde? - Vermuthet man nicht vielmehr, daß sich das Ministerium um so eher halten würde, als die sogenannte konstituirende Versammlung, durch und durch seine Kreatur, ganz in seinen Händen war und ihm jedes nur mögliche Vertrauensvotum gab, das es verlangte? - Es befand sich ohne Zweifel in einer höchst unangenehmen Lage. Gleich Buridans Esel, der zwischen zwei Heubündeln stehend, nicht recht wußte, von welchem er fressen solle, so war das Ministerium hingestellt zwischen ein auf seine Revolution eifersüchtiges Volk und einen intriganten Hof. - Nur zu bald zeigte es sich, wie wenig das Ministerium sein Stellung begriff. Ganz abgesehen von Männern wie Schwerin, v. Arnim und Kanitz, von denen letzterer ein ganz und ganz unfähiges Subjekt, nichts weiter als ein politischer Stroh mann war, nicht im Stande drei Worte zu reden, haben sich auch die Herrn Camphausen und Hansemann, diese Koryphäen des V. Landtags, gänzlich unfähig gezeigt, das Staatsschiff zu lenken. - In Zeiten wie die unsrigen müssen sich die höchsten Beamten des Staats an die Spitze der Bewegung stellen und durch rasches und energisches Handeln im Innern, durch eine kühne, jugendliche Politik nach Außen dem freiheits- und thatendurstigen Volke vorangehen. Statt dessen war das Ministerium Camphausen, dieser Heiland unserer Bourgeois, von der ersten Stunde seines Bestehens an total retrograd. - Es war, als hätten wir keine Revolution gehabt; denn die Vornahme der Parlamentswahlen durch den V. Landtag, dann als dies doch nicht angeht, die indirekten Wahlen; die Einschreitungen gegen die Presse, die Einkerkerungen ehrenhafter Bürger, die das System der Regierung nicht zu ihrem Glaubensbekenntnisse machen wollten, die Verzögerung der Volksbewaffnung, die Regierungsumtriebe durch die elenden Reaktionswerkzeuge, die Landräthe, die reaktionären Einwirkungen auf's Militär, - kurz alle die herrlichen Thaten des Ministeriums (die Zurückberung des Prinzen von Preußen und den famösen Verf.-Entwurf nicht zu vergessen) paßte eher unter das ancien regime, als in eine Zeit, die eine Revolution hinter sich hat, ja selbst noch Revolution ist. - Wozu soll ich noch ein langes Sündenregister des Ministeriums herzählen? Der neue Polenmord und der Verrath Deutschlands in Schleswig-Holstein klagen dieses Ministerium selbst zu laut an, als daß wir nöthig hätten darauf aufmerksam zu machen. - Woran starb also dies verantwortliche Ministerium? Seine Unentschiedenheit war sein Tod. Es trug schon bei der Geburt den Keim dazu in sich. - Seine Siege waren offenbare Niederlagen. -

Bei alledem aber bleibt uns das Plötzliche dieser Krisis immer unerklärlich. Wir glauben, daß die Krisis in Folge eines mit der Krone entstandenen Dilemma's über die auswärtige Politik eingetreten ist. Es gehen im Publikum darüber eigenthümliche Gerüchte, die an sich nichts Unwahrscheinliches haben. Das Volk glaubt, daß das Ministerium von der Hofpartei verrathen sei; es glaubt sich selbst verrathen an den Erbfeind der europäischen Kultur, an der asiatischen Koloß, der lieber Schwager Nikolaus, und wahrlich, das Volk hat Grund zu diesem Glauben. - Wäre das vielleicht die geheime Mission des Prinzen von Preußen gewesen? Ließe sich dafür vielleicht ein Zusammenhang mit den bonapartistischen Umtrieben in Paris und der deutschen Politik in Schlesien auffinden? Die Westgrenze wird in Kriegszustand gesetzt, während man die Ostgrenze schutzlos dem Russen preisgibt und ruhig zusieht, wie derselbe seine asiatischen Horden zusammenzieht, um über Deutschland herzustürzen und den alten Despotismus wiederherzustellen! Ja, wir stehen nicht an, deutsche Fürsten für ehrlos genug zu halten, daß sie auf Kosten der Freiheit des Volkes und ihrer eigenen Selbstständigkeit sich mit Hülfe des Czaren eine Galgenfrist erkauften. - Wehe den Landesverräthern, wenn sich das Mißtrauen des Volks rechtfertigen sollte! - Unsere (die neuste preuß.) Geschichte zeigt so zahlreiche Analogien zu der französ. Revolution von 1789; wäre es wahr, was das Volk zu glauben sich berechtigt fühlt, nun dann mag diese neue Analogie dieselben Konsequenzen wie in Frankreich 1791 nach sich ziehen! - Das deutsche Volk wird endlich einsehen, daß sein Interesse dem seiner "angestammten" Herrscher schnurstracks entgegenläuft. Die Fürsten selbst werden es zwingen, zum äußersten Mittel zu schreiten; die Verschwörung mit Rußland wäre der Grundstein zur deutschen Republik.

Die Ministerkrise hat die niedergeschlagenen Gemüther von Neuem aufgerichtet. Wir glauben jedoch nicht an einen Systemswechsel, sondern nur an eine Aenderung in den Personen. Möglich, daß uns bald ein Ministerium Pinder-Milde beglückt. Offen gesagt halten wir es auch gar nicht für zweckmäßig, wenn Männer des Volks sich ins Joch der Fürstendienerei einspannen. Lassen wir die konstitutionellen Kräfte sich abnutzen, damit das noch befangene Volk von der Unfähigkeit und Schwäche dieses Justemilieu' s sich thatsächlich überzeuge, wie es sich von der der Herren Camphausen und Hansemann überzeugt hat.

Wird die Vereinbarerversammlung auch jetzt noch unbedingt in den Händen der Regierung bleiben? Und wird sie nicht endlich lernen, daß die der Gewalt Beraubten alle möglichen Mittel anwenden, um die alte Gewalt wieder zu erlangen? daß sie miniren, intriguiren, um die Vertreter des Volks zu verblenden und zu beherrschen?

103 Berlin, 20. Juni.

Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der National-Versammlung ließ der Präsident ein, kurz vor Eröffnung eingelaufenes, Schreiben des Minister-Präsidenten Camphausen verlesen, worin derselbe anzeigt, daß es ihm nicht gelungen ist, die Ergänzung des Ministeriums zu vervollständigen und daß er deshalb seine Entlassung in die Hände des Königs niederlege. Schließlich bittet er, daß die National-Versammlung ihre Sitzungen bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums aussetze. - Nachdem die Minister Auerswald und Hansemann erklärten, daß sie, wie sich das von selbst verstehe, mit dem leitenden Prinzip, welches in dem Minister-Präsidenten personificirt sei, ebenfalls stehen oder fallen müssen, jedoch die laufenden Geschäfte ihrer Ministerien bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums besorgen würden; - beschloß die Versammlung auf Antrag des Abgeordneten Seidel (von der Rechten), ihre Sitzungen bis Montag auszusetzen, daß aber das Präsidium verpflichtet sei, sobald sich das neue Ministerium konstituirt haben würde, sogleich schon vor Montag die Versammlung wieder zusammenkommen zu lassen. - Graf Reichenbach hatte den Antrag gestellt, daß die National-Versammlung sich jedenfalls Freitag wieder in ihrem Sitzungssaale einfinde, denn die Zeit des Zutrauens ist vorüber, es ist jetzt die Zeit des Mißtrauens und russische Heere stehen an der Gränze. Dieser Antrag von der Linken unterstützt blieb in der Minorität und wir bleiben daher wahrscheinlich bis Montag in einem Provisorium.

Den Grund, den Camphausen für seine Abdankung angiebt, kann hier Niemand für den wahren ansehen, denn für die ausgetretenen drei Minister waren ja schon Kanitz durch Schreckenstein, Baron Arnim durch Schleinitz ersetzt, so daß nur noch das Ministerium des Unterrichts und der geistlichen Angelegenheiten anstatt des ausgeschiedenen Grafen Schwerin zu besetzen war. Die Gründe müssen daher ganz wo anders liegen und diese Ungewißheit hat in allen Kreisen heute die größte Aufregung hervorgebracht. Versuchen wir unsererseits die möglichen Gründe zusammen zu stellen. - Als wir Ihnen das Programm des linken Centrums von Rodbertus und Genossen mittheilten, sprachen wir schon die Gewißheit aus, daß das Ministerium Camphausen in den Fragen, wo es gegen dieses Programm sei, in der Minorität bleiben werde. Dieser Fall trat schon am 15. d. ein, wo die National-Versammlung gegen den Willen der Minister beschloß, eine Kommission zur Entwerfung der Verfassung niederzusetzen. Der vorgelegte Verfassungs-Entwurf der Minister war damit gänzlich verworfen, mit einer Majorität von 46 Stimmen. Schon nach dieser Abstimmung hätte das Ministerium Camphausen abdanken müssen, aber es bewies seine bekannte Zähigkeit und dachte sich aus dem linken Centrum durch Rodbertus zu ergänzen und zu stärken. Dieser verlangte aber vor allen Dingen die Anerkennung seines aufgestellten Programms. Das Ministerium Camphausen, auf dem Rechtsboden von 1847 und dem Erlaß vom 18. März 1848 stehend, kann aber die Volkssouveränität hervorgegangen aus der Revolution des 18. Und 19. März nicht anerkennen, und da der gestern ausgegebene Adreß-Entwurf diese Prinzipien ebenfalls ausspricht, - in einem so hohen Grade sogar, daß Herr Camphausen vor Ohnmacht zurückgefallen sein soll als er ihn zu Gesicht bekam, - so ist es ganz natürlich, daß man endlich einsah, in welchem großen Widerspruch sich das Ministerium mit der Majorität des Landes befinde. -

Zweitens kommt aber noch der Stand des Ministeriums Camphausen in der auswärtigen Politik in Betracht. Durch seine halbe Maßregeln hat es das Ministerium mit allen auswärtigen Staaten verdorben. Mit Frankreich und Rußland wegen Posens. Mit England, Schweden und Dänemark wegen Schleswig. Von Frankreich soll eine energische Note eingelaufen sein, welche gegen die vorgenommene Theilung des Großherzogthums Posen protestirt, während der Kaiser von Rußland die Reorganisation des kleinsten Theils von Posen, wie sie jetzt in Ausführung ist, schon für einen casus belli erklärt und mit der Einrückung seiner Armee, die jeden Augenblick unsere Gränze überschreiten kann, gedroht haben soll. Rußland pflegt nicht zu spaßen, das wissen die Herrn Minister und deshalb nahmen sie ihre Entlassung, es ihren Nachfolgern überlassend, die Entscheidung herbeizuführen.

Zwei Wege stehen jetzt dem Könige offen. Der Erste: ein Ministerium zusammengesetzt aus der Linken und dem Centrum, - Waldeck, Rodbertus - welches den von Rußland dahin geworfenen Fehdehandschuh aufhebt und sich mit Frankreich verbindet. Der Zweite: ein Ministerium der äußersten Rechten, worin mehrere Mitglieder des jetzigen im Amte bleiben; Nachgeben gegen die russische Politik, d. h. Fortschreiten auf dem Wege der Reaktion; und der Volkssouveränetät trotzend.

Der Hauptmann von Natzmer, der sich am 14. d. Abends beim Angriff auf das Zeughaus zurückzog und dadurch Blutvergießen verhinderte, ist bekanntlich vor ein Kriegsgericht gestellt. Seine edle That hat aber unter den Bewohnern Berlins die allgemeinste Anerkennung gefunden, so daß man in allen Klubbs und sogar in der gesammten Bürgerwehr, Adressen und Deputationen zu seinem Besten beschließt. Eine große Kommission, welche die ganze Bürgerwehr Berlins (26-30,000 Mann) vertritt, hat sogar beschlossen den König zu bitten, die Untersuchung gegen den Hauptmann v. Natzmer niederzuschlagen. Hieraus läßt sich urtheilen, welcher gute demokratische Geist in die Bevölkerung Berlins eingedrungen. Unsere verschiedenen demokratischen Klubbs sind auch in jeder Sitzung gedrängt voll und viele Hunderte müssen wegen Mangel an Platz zurückgewiesen werden.

Der Wollmarkt, der heute beginnt, ist sehr flau. Es ist beinah noch gar nichts verkauft. Auf den Märkten, die dem hiesigen vorangingen, wurden, wegen Mangel an Käufern, die Preise so herabgedrückt, daß man in Stettin am vergangenen Donnerstag die schönsten Pommerschen Wollen, die voriges Jahr 62 bis 70 Thlr. per Cntr. kosteten, mit 30-35 Thlr. verkaufte. Hierdurch finden sich auch die rheinischen Wollhändler und Fabrikanten veranlaßt, mehr zu kaufen, als es vorher ihre Absicht war. - Nachschrift. So eben erfahren wir, daß die englischen Wolleinkäufer bedeutende Parthieen Wolle ankaufen, mit einem Avance von circa 8 Thlr. gegen die Stettiner Preise.

Die Börse war heute in Folge der Minister-Krisis sehr flau. Alle Kurse fielen und manche Fonds waren unverkäuflich.

* Frankfurt, 20. Juni.

In Nro. 18 der neuen Rheinischen Zeitung wird von Köln, 17. Juni, eine Berliner Geldsendung von 1,800,000 Thaler in neun Sendungen von 200,000 Thlr. an Rothschild besprochen und die Frage daran geknüpft, ob solche Geldsendungen überhaupt stattgehabt hätten, und wie der Staat im Augenblicke seiner Zwangsanleihe über eine solche Summe verfügen könne.

Als Thatsache kann ich Ihnen hierzu mittheilen, daß die fraglichen Geldsendungen hier allerdings eingetroffen sind, jedoch nicht, um hier zu bleiben oder überhaupt hier nur eine Bestimmung zu haben, sondern daß sie jedesmal Abends hier anlangten und am nächsten Morgen bereits weiter befördert wurden, das heißt, nach dem Norden, über Hannover, ob über Hamburg nach England? oder ob man das Geld nur spazieren geführt und die Berliner mit der Ankunft dieser ansehnlichen Summen überraschen will?

* Frankfurt, 19. Juni.

Aus zuverlässiger Quelle wird versichert, daß dem Präsidenten der deutschen Nationalversammlung, obgleich (oder vielleicht weil) der Antrag auf Berufung von Militärschutz durchgefallen ist, 10,000 Mann umliegender Truppen zur Disposition gestellt sind.

19 Frankfutt, 20. Juni.

Ueber den Centralausschuß haben wir wieder viele Reden gehört, aber noch immer keine Aussicht zum Schlusse zu kommen. Ein Ritter aus Cöslin, Hr. Braun, eröffnete den Angriff gegen die Linke; er kämpfte heldenmuthig trotz allen Lärmens und Tobens der Versammlung, für den König von Preußen und dessen so oft "geschwächte Soldateska". Der König von Preußen provisorischer Kaiser von Deutschland! Herr Welcker brach eine Lanze für den Bundestag, den Blum so grausam als einen "schon faulenden Leichnam" bezeichnet hatte. Das war zu viel für den neu kreirten Bundestagsgesandten, der nichts weniger glaubte, als daß er und seine ehrenwerthen Kollegen diesem Lieblingsinstitute der Fürsten wieder neues Leben eingehaucht hätten, der nicht ohne Kampf diese hohe Stellung aufzugeben gedenkt. Der verehrliche Herr Hofrath tanzten dabei so ergötzlich auf der Tribüne herum, als sei das "elastische Prinzip", welches der Hannoversche Amts-Assessor Wedekind für die Centralgewalt in Anspruch nahm, bereits in ihm verkörpert.

Herr Camphausen verlangt ein Vertrauensvotum und doch ergreift er das Hasenpanier ohne jenes abzuwarten? Hier müssen gewaltige Verwickelungen vorliegen.

der Viehhandel, als nächste Stufenleiter nach dem Eisen, welcher sie zu Besitzungen führte. Doch die meisten sind bei dem Vieh stehen geblieben, und haben es nie weiter als zu Nomaden gebracht. Nur zuweilen geschah es, daß bei der zweiten Generation, die statt mit Eisen direkt mit Chileff anfing, die Familie zu Geld, Macht und Ansehn gelangte. Dieser Reichthum geht selten über die dritte Generation hinaus; wenn er mit Abraham beginnt, so erreicht er in Jakob seine Spitze. Es ist, als ob die Sünden der Väter im dritten Geschlecht heimgesucht würden. Die Nerventhätigkeit, welche der Vater in der Erwerbung des Kapitals entwickelte, vererbt sich mit dem Kapital auf den Sohn, und findet keinen andern Stoff zu seiner Entäußerung, als die Verschwendung. Der Kraftaufwand, mit welchem Vater Abraham die Stecknadel zum Diamanten potentirte, wird beim Sohne Jakob Kraftentladung und Geldaufwand, um den Diamanten zur Stecknadel zu reduziren. Wie Vater Abraham sich in die Macht setzte, indem er die Nadel diamantirte, so wird der Sohn Jakob der Macht inne, indem er den Diamanten auf die Nadel reduzirt. Im christlichen Staate wird die Innewerdung der Geldmacht die Veranlassung zur Begründung der Bürger-Macht. In allen Staaten, wo die Juden von der bürgerlichen Machtausübung ausgeschlossen sind, sehn wir, daß die Judensöhne, welche mit dem Erworbenen den Erwerbstrieb ererbt, aber diesen Erwerbstrieb nicht mehr weiter treiben können, in die materiellen Genüsse hingetrieben werden, welche allein ihrer Geldmacht offen steh'n und werden sie erst recht dieser letzten Macht inne, dann geht ihnen das Geld aus. Im christlichen Bürger verbirgt sich das jüdische des Erwerbs hinter dem bürgerlichen des Rechts und dem christlichen der Religion. Beides wird ein Konservativmittel des Erworbenen und ein neues Erwerbsmittel. Das Parlament und die Kirche, die Magistratur und die Clerisei bilden ein neues Kapital, welches das erste erworbene, materielle Kapital befestigt; Bewerbung um Staatsmacht gibt dem Erwerb eine neue Richtung. Wie der christliche Vater die höchste materielle Macht erwirbt, so bewirbt sich der christliche Sohn um die Macht geistiger und geistlicher Stellen, welche die Geldmacht festsetzen, begründen, heiligsprechen. Was bei dem Vater Geldhandel war, wird bei dem Sohne Rechtshandel. Die Nerventhätigkeit ‒ bei dem Vater Erwerb, bei dem Sohne ererbt ‒ kann sich in der Ausübung dieser neuen Macht neu verarbeiten; es ist die Erlösung des Sohnes. Der Christ rettet den Juden, der christliche Bürger rettet den bürgerlichen Juden, der bürgerliche Christ rettet den jüdischen Bürger, das christliche Bürgerthum ist die Erlösung vom jüdischen Menschenthum. Jetzt, wo alle Bürger Juden geworden, wollen die Juden Bürger werden. Jetzt, wo alle Christen sich zu jüdischen Bürgern herangearbeitet, wollen die Juden zu bürgerlichen Christen herabsinken. Die Christen haben ihre Flegeljahre überstanden, die Juden beginnen sie. Es braucht wohl nicht in Erinnerung gebracht zu werden, daß wir von deutschen Juden hier sprechen: denn in Frankreich haben beide Theile, Christen und Juden, ihre Flegeljahre überstanden, und leben vereint, äußerlich unter ihrem Bürgerkönig Louis Philipp, und in der Wirklichkeit unter ihren beiden spartanischen Königen, Rothschild und Halphen.

Wir dürfen es mit dieser Absonderung nicht zu streng nehmen. Wir werden später auf die Varianten zu sprechen kommen, welche diese beiden Typen erlitten, und dann ausführlicher eingehn auf alle die verkrüppelten Halphens und Rothschilds, auf alle diejenigen, die in ihrem Entwickelungsgange gehemmt worden, und wo es jeden Augenblick Ansätze zu unsern Vorbildern absetzte, wo z.B. der Vater vom Chilef anfing und der Sohn auf's Vieh zurückgeworfen wurde, oder wo Vater Abraham vom Vieh begann, und Isaak beim Vieh verweilte etc. etc.

Als Halphen nach Paris kam, waren die Bourgeois noch im Kampfe mit der Aristokratie begriffen. Es war zur Zeit der Revolutionskriege. Er hatte seine Mutter bei sich, und mit ihr die patriarchalische Sitte, die kindliche Liebe, den bürgerlichen Haushalt. So vereinigte er in seinem Hause die beiden Elemente der streitenden Parteien; von den Aristokraten den genealogischen Stammbaum der Familie, von den Bürgern die ökonomische Sparsamkeit. Von irdischen Gütern besaß er weiter nichts, als seinen testamentarischen Gott und seine nationale Rührigkeit. Der testamentarische Gott, wie er im praktischen Leben der Juden seine Bedeutung erhält, ist das eigentliche moderne Monopol. Ein alter Gebrauch gebietet dem Juden, daß er jeden Morgen, bevor er an seine Geschäfte geht, sich diesen Gott, dieses Monopol, auf Pergamentstreifen eingeschrieben, und in lederne Riemen eingelegt, um die Stirne und den linken Arm windet, um sich ihn tief in's Herz einzuprägen. Halphen's Mutter wachte strenge darauf, daß ihr Sohn getreu dieses Gesetz befolgte, und jeden Morgen, nach verrichteter Andacht, unternahm er muthig seine Tagesgeschäfte, um seinen Gott und sein Monopol im Verkehr mit seinen Mitmenschen zu bewähren. Wenn er so die Woche hindurch seinen Gott bethätigt, und sich einen sechs Tage langen Riemen um's Herz und um die Seele gewunden hatte, dann ruhte er am siebenten Tage aus, er und seine Mutter, um den Sabbath in aller Feierlichkeit zu feiern. So ging es die eine Woche um die andere, viele Jahre hindurch.

Den Frieden im Hause, den Gott im Herzen und den Bündel auf der Schulter, zog er durch die Straßen und in die Häuser ‒ er hausirte und kolportirte. Hausiren und kolportiren ist das Element des Juden: er kann den Käufer nicht abwarten, er muß ihm entgegengeh'n, ihn aufsuchen in seiner Behausung. Er bringt in das Haus alle die kleinen Gegenstände mit, die sich an dem Hause und dem häuslichen Glücke anknüpfen, und den häuslichen Frieden befestigen ‒ Stecknadeln, Nähnadeln, Garn und Faden und Nachtmützen und Schnupftücher. Aber Halphen brachte noch etwas besonderes mit in's Haus, seine Socialität, sein Monopol, seinen testamentarischen Gott, sein biblisches Gemüth. Wenn er in seinem Handel von Hand zu Hand seine Waare zum Verkaufe anbot, so wußte er sie den Leuten mit so vieler Seele anzupreisen, sie ihnen dermaßen an's Herz zu legen, und die Leute selbst waren so froh, die geschäftige Rührigkeit des Hausirers zu seh'n, daß sie mit Freude von ihm kauften. Zu der Nützlichkeit des Gegenstandes gesellte sich die Freude des Kaufens; denn mit der Nadel bekam man das Gemüth mit in den Kauf.

(Schluß folgt.)

[Deutschland]

[Fortsetzung] wollen. Da erhebt sich Herr Schulze von Wanzleben und macht einen Gegenantrag; man könne ja auch ohne die Anwesenheit eines Ministeriums berathen, man könne Dinge vornehmen wie das Geschäftsreglement (ohne Ironie) und dies zu Ende führen. Wir hätten gern gelacht, wenn Herr Schulze, der es übrigens sehr gut meint, seinen Antrag nicht mit einem so heiligen Ernst vorgebracht hätte. Und mit einem eben solchen Ernst, aber mit etwas schwacher, kleinlauter Stimme antwortete Herr Hansemann, der wahrscheinlich noch auf den Premier spekulirt, daß in einem Geschäftsreglement ebenfalls Dinge vorkommen könnten, bei deren Berathung das Ministerium gegenwärtig sein müsse. Er ist deshalb gegen den Antrag. Schnell will Herr Milde wieder abstimmen lassen, da rufen ebenso schnell mehrere Stimmen von der Linken um das Wort. Parrisius macht die Versammlung endlich darauf aufmerksam, daß sie den Präsidenten unmöglich berechtigen könne, sie auf unbestimmte Zeit zu vertagen, da dies einer Auflösung gleich sei. Reichenbach setzte hinzu, daß jetzt die Zeit des Mißtrauens sei. (Die Rechte zischt, die Linke klatscht ihm lebhaften Beifall.) Es können in den nächsten Tagen Fälle eintreten, wo die Versammlung der Abgeordneten unbedingt nothwendig sei, selbst ohne Minister. Er beantragt daher, daß die Kammer sich nur bis Freitag vertage. Sein Vorschlag wird von der äußersten Linken und einem Theile des linken Centrums unterstützt. Darauf erhebt sich aber Herr Seidel vom linken Centrum und verlangt eine Vertagung bis Montag. Das linke Centrum aspirirt jetzt nämlich auf das neue Ministerium und hält es deshalb schon von vorneherein für seine Pflicht, der Linken Opposition zu machen. Der Antrag Seidels fand die Majorität. Vor der Abstimmung hatte sich noch Herr Hansemann erhoben, um den Antrag Reichenbachs auf Vertagung bis Freitag zu verdrängen. „Meine Herren,“ begann er, „ein geehrter Abgeordneter hat vorhin geäußert, es sei die Zeit des Mißtrauens. In dem ernsten Augenblick, worin wir uns jetzt befinden, scheint es mir, daß es wohlgethan sei, nicht Mißtrauen in das Land zu bringen.“ Da unterbricht ihn Reichenbach mit fürchterlicher Stimme: „Und die russischen Heere an der Gränze!“ ‒ Diesmal vergißt selbst die Rechte zu poltern und zu scharren, sie ist wie versteinert und Herr Hansemann fährt stotternd fort: „Wenn irgend eine Gefahr für das Land vorhanden wäre, so würden selbst die Minister, die nur provisorisch hier sind, die Versammlung zusammenberufen, um mit ihr vereinigt zu handeln.“ Unterdessen hat sich die Rechte wieder erholt und klatscht dieser heldenmüthigen Phrase den gerechten Beifall. Die Plenarversammlungen sind also bis Montag vertagt, unterdessen soll in den Abtheilungen gearbeitet werden. ‒ Man ist noch sehr im Unklaren über das neue Ministerium. Was für eins wir auch erhalten, es wird besser sein als das gefallene; ein reaktionäres kann nur die äußerste Linke zur Herrschaft bringen. Herr Esser hat sich sehr bemüht, Minister zu werden, es ist ihm aber nicht gelungen, weil ihn Niemand an seiner Seite haben will.

Die Nachricht, daß der Hauptmann Natzmer, derselbe, welcher das Zeughaus der Plünderung überlassen, weil er nicht Bürgerblut vergießen wollte, und der deshalb vor ein Kriegsgericht gestellt war, sich erschossen habe, verbreitete sich heute in der Stadt und brachte eine nicht geringe Aufregung hervor.

25 Berlin, 20. Juni.

Der erste Akt des konstitionellen Drama's hat ausgespielt. Das Ministerium Camphausen hat abgedankt. Wer hätte geglaubt, daß bei der Zähigkeit, welche das Ministerium dem Volke entgegensetzte, so oft dieses seine Abdankung forderte, eine solche Krisis so plötzlich und unerwartet eintreten würde? ‒ Vermuthet man nicht vielmehr, daß sich das Ministerium um so eher halten würde, als die sogenannte konstituirende Versammlung, durch und durch seine Kreatur, ganz in seinen Händen war und ihm jedes nur mögliche Vertrauensvotum gab, das es verlangte? ‒ Es befand sich ohne Zweifel in einer höchst unangenehmen Lage. Gleich Buridans Esel, der zwischen zwei Heubündeln stehend, nicht recht wußte, von welchem er fressen solle, so war das Ministerium hingestellt zwischen ein auf seine Revolution eifersüchtiges Volk und einen intriganten Hof. ‒ Nur zu bald zeigte es sich, wie wenig das Ministerium sein Stellung begriff. Ganz abgesehen von Männern wie Schwerin, v. Arnim und Kanitz, von denen letzterer ein ganz und ganz unfähiges Subjekt, nichts weiter als ein politischer Stroh mann war, nicht im Stande drei Worte zu reden, haben sich auch die Herrn Camphausen und Hansemann, diese Koryphäen des V. Landtags, gänzlich unfähig gezeigt, das Staatsschiff zu lenken. ‒ In Zeiten wie die unsrigen müssen sich die höchsten Beamten des Staats an die Spitze der Bewegung stellen und durch rasches und energisches Handeln im Innern, durch eine kühne, jugendliche Politik nach Außen dem freiheits- und thatendurstigen Volke vorangehen. Statt dessen war das Ministerium Camphausen, dieser Heiland unserer Bourgeois, von der ersten Stunde seines Bestehens an total retrograd. ‒ Es war, als hätten wir keine Revolution gehabt; denn die Vornahme der Parlamentswahlen durch den V. Landtag, dann als dies doch nicht angeht, die indirekten Wahlen; die Einschreitungen gegen die Presse, die Einkerkerungen ehrenhafter Bürger, die das System der Regierung nicht zu ihrem Glaubensbekenntnisse machen wollten, die Verzögerung der Volksbewaffnung, die Regierungsumtriebe durch die elenden Reaktionswerkzeuge, die Landräthe, die reaktionären Einwirkungen auf's Militär, ‒ kurz alle die herrlichen Thaten des Ministeriums (die Zurückberung des Prinzen von Preußen und den famösen Verf.-Entwurf nicht zu vergessen) paßte eher unter das ancien régime, als in eine Zeit, die eine Revolution hinter sich hat, ja selbst noch Revolution ist. ‒ Wozu soll ich noch ein langes Sündenregister des Ministeriums herzählen? Der neue Polenmord und der Verrath Deutschlands in Schleswig-Holstein klagen dieses Ministerium selbst zu laut an, als daß wir nöthig hätten darauf aufmerksam zu machen. ‒ Woran starb also dies verantwortliche Ministerium? Seine Unentschiedenheit war sein Tod. Es trug schon bei der Geburt den Keim dazu in sich. ‒ Seine Siege waren offenbare Niederlagen. ‒

Bei alledem aber bleibt uns das Plötzliche dieser Krisis immer unerklärlich. Wir glauben, daß die Krisis in Folge eines mit der Krone entstandenen Dilemma's über die auswärtige Politik eingetreten ist. Es gehen im Publikum darüber eigenthümliche Gerüchte, die an sich nichts Unwahrscheinliches haben. Das Volk glaubt, daß das Ministerium von der Hofpartei verrathen sei; es glaubt sich selbst verrathen an den Erbfeind der europäischen Kultur, an der asiatischen Koloß, der lieber Schwager Nikolaus, und wahrlich, das Volk hat Grund zu diesem Glauben. ‒ Wäre das vielleicht die geheime Mission des Prinzen von Preußen gewesen? Ließe sich dafür vielleicht ein Zusammenhang mit den bonapartistischen Umtrieben in Paris und der deutschen Politik in Schlesien auffinden? Die Westgrenze wird in Kriegszustand gesetzt, während man die Ostgrenze schutzlos dem Russen preisgibt und ruhig zusieht, wie derselbe seine asiatischen Horden zusammenzieht, um über Deutschland herzustürzen und den alten Despotismus wiederherzustellen! Ja, wir stehen nicht an, deutsche Fürsten für ehrlos genug zu halten, daß sie auf Kosten der Freiheit des Volkes und ihrer eigenen Selbstständigkeit sich mit Hülfe des Czaren eine Galgenfrist erkauften. ‒ Wehe den Landesverräthern, wenn sich das Mißtrauen des Volks rechtfertigen sollte! ‒ Unsere (die neuste preuß.) Geschichte zeigt so zahlreiche Analogien zu der französ. Revolution von 1789; wäre es wahr, was das Volk zu glauben sich berechtigt fühlt, nun dann mag diese neue Analogie dieselben Konsequenzen wie in Frankreich 1791 nach sich ziehen! ‒ Das deutsche Volk wird endlich einsehen, daß sein Interesse dem seiner „angestammten“ Herrscher schnurstracks entgegenläuft. Die Fürsten selbst werden es zwingen, zum äußersten Mittel zu schreiten; die Verschwörung mit Rußland wäre der Grundstein zur deutschen Republik.

Die Ministerkrise hat die niedergeschlagenen Gemüther von Neuem aufgerichtet. Wir glauben jedoch nicht an einen Systemswechsel, sondern nur an eine Aenderung in den Personen. Möglich, daß uns bald ein Ministerium Pinder-Milde beglückt. Offen gesagt halten wir es auch gar nicht für zweckmäßig, wenn Männer des Volks sich ins Joch der Fürstendienerei einspannen. Lassen wir die konstitutionellen Kräfte sich abnutzen, damit das noch befangene Volk von der Unfähigkeit und Schwäche dieses Justemilieu' s sich thatsächlich überzeuge, wie es sich von der der Herren Camphausen und Hansemann überzeugt hat.

Wird die Vereinbarerversammlung auch jetzt noch unbedingt in den Händen der Regierung bleiben? Und wird sie nicht endlich lernen, daß die der Gewalt Beraubten alle möglichen Mittel anwenden, um die alte Gewalt wieder zu erlangen? daß sie miniren, intriguiren, um die Vertreter des Volks zu verblenden und zu beherrschen?

103 Berlin, 20. Juni.

Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der National-Versammlung ließ der Präsident ein, kurz vor Eröffnung eingelaufenes, Schreiben des Minister-Präsidenten Camphausen verlesen, worin derselbe anzeigt, daß es ihm nicht gelungen ist, die Ergänzung des Ministeriums zu vervollständigen und daß er deshalb seine Entlassung in die Hände des Königs niederlege. Schließlich bittet er, daß die National-Versammlung ihre Sitzungen bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums aussetze. ‒ Nachdem die Minister Auerswald und Hansemann erklärten, daß sie, wie sich das von selbst verstehe, mit dem leitenden Prinzip, welches in dem Minister-Präsidenten personificirt sei, ebenfalls stehen oder fallen müssen, jedoch die laufenden Geschäfte ihrer Ministerien bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums besorgen würden; ‒ beschloß die Versammlung auf Antrag des Abgeordneten Seidel (von der Rechten), ihre Sitzungen bis Montag auszusetzen, daß aber das Präsidium verpflichtet sei, sobald sich das neue Ministerium konstituirt haben würde, sogleich schon vor Montag die Versammlung wieder zusammenkommen zu lassen. ‒ Graf Reichenbach hatte den Antrag gestellt, daß die National-Versammlung sich jedenfalls Freitag wieder in ihrem Sitzungssaale einfinde, denn die Zeit des Zutrauens ist vorüber, es ist jetzt die Zeit des Mißtrauens und russische Heere stehen an der Gränze. Dieser Antrag von der Linken unterstützt blieb in der Minorität und wir bleiben daher wahrscheinlich bis Montag in einem Provisorium.

Den Grund, den Camphausen für seine Abdankung angiebt, kann hier Niemand für den wahren ansehen, denn für die ausgetretenen drei Minister waren ja schon Kanitz durch Schreckenstein, Baron Arnim durch Schleinitz ersetzt, so daß nur noch das Ministerium des Unterrichts und der geistlichen Angelegenheiten anstatt des ausgeschiedenen Grafen Schwerin zu besetzen war. Die Gründe müssen daher ganz wo anders liegen und diese Ungewißheit hat in allen Kreisen heute die größte Aufregung hervorgebracht. Versuchen wir unsererseits die möglichen Gründe zusammen zu stellen. ‒ Als wir Ihnen das Programm des linken Centrums von Rodbertus und Genossen mittheilten, sprachen wir schon die Gewißheit aus, daß das Ministerium Camphausen in den Fragen, wo es gegen dieses Programm sei, in der Minorität bleiben werde. Dieser Fall trat schon am 15. d. ein, wo die National-Versammlung gegen den Willen der Minister beschloß, eine Kommission zur Entwerfung der Verfassung niederzusetzen. Der vorgelegte Verfassungs-Entwurf der Minister war damit gänzlich verworfen, mit einer Majorität von 46 Stimmen. Schon nach dieser Abstimmung hätte das Ministerium Camphausen abdanken müssen, aber es bewies seine bekannte Zähigkeit und dachte sich aus dem linken Centrum durch Rodbertus zu ergänzen und zu stärken. Dieser verlangte aber vor allen Dingen die Anerkennung seines aufgestellten Programms. Das Ministerium Camphausen, auf dem Rechtsboden von 1847 und dem Erlaß vom 18. März 1848 stehend, kann aber die Volkssouveränität hervorgegangen aus der Revolution des 18. Und 19. März nicht anerkennen, und da der gestern ausgegebene Adreß-Entwurf diese Prinzipien ebenfalls ausspricht, ‒ in einem so hohen Grade sogar, daß Herr Camphausen vor Ohnmacht zurückgefallen sein soll als er ihn zu Gesicht bekam, ‒ so ist es ganz natürlich, daß man endlich einsah, in welchem großen Widerspruch sich das Ministerium mit der Majorität des Landes befinde. ‒

Zweitens kommt aber noch der Stand des Ministeriums Camphausen in der auswärtigen Politik in Betracht. Durch seine halbe Maßregeln hat es das Ministerium mit allen auswärtigen Staaten verdorben. Mit Frankreich und Rußland wegen Posens. Mit England, Schweden und Dänemark wegen Schleswig. Von Frankreich soll eine energische Note eingelaufen sein, welche gegen die vorgenommene Theilung des Großherzogthums Posen protestirt, während der Kaiser von Rußland die Reorganisation des kleinsten Theils von Posen, wie sie jetzt in Ausführung ist, schon für einen casus belli erklärt und mit der Einrückung seiner Armee, die jeden Augenblick unsere Gränze überschreiten kann, gedroht haben soll. Rußland pflegt nicht zu spaßen, das wissen die Herrn Minister und deshalb nahmen sie ihre Entlassung, es ihren Nachfolgern überlassend, die Entscheidung herbeizuführen.

Zwei Wege stehen jetzt dem Könige offen. Der Erste: ein Ministerium zusammengesetzt aus der Linken und dem Centrum, ‒ Waldeck, Rodbertus ‒ welches den von Rußland dahin geworfenen Fehdehandschuh aufhebt und sich mit Frankreich verbindet. Der Zweite: ein Ministerium der äußersten Rechten, worin mehrere Mitglieder des jetzigen im Amte bleiben; Nachgeben gegen die russische Politik, d. h. Fortschreiten auf dem Wege der Reaktion; und der Volkssouveränetät trotzend.

Der Hauptmann von Natzmer, der sich am 14. d. Abends beim Angriff auf das Zeughaus zurückzog und dadurch Blutvergießen verhinderte, ist bekanntlich vor ein Kriegsgericht gestellt. Seine edle That hat aber unter den Bewohnern Berlins die allgemeinste Anerkennung gefunden, so daß man in allen Klubbs und sogar in der gesammten Bürgerwehr, Adressen und Deputationen zu seinem Besten beschließt. Eine große Kommission, welche die ganze Bürgerwehr Berlins (26-30,000 Mann) vertritt, hat sogar beschlossen den König zu bitten, die Untersuchung gegen den Hauptmann v. Natzmer niederzuschlagen. Hieraus läßt sich urtheilen, welcher gute demokratische Geist in die Bevölkerung Berlins eingedrungen. Unsere verschiedenen demokratischen Klubbs sind auch in jeder Sitzung gedrängt voll und viele Hunderte müssen wegen Mangel an Platz zurückgewiesen werden.

Der Wollmarkt, der heute beginnt, ist sehr flau. Es ist beinah noch gar nichts verkauft. Auf den Märkten, die dem hiesigen vorangingen, wurden, wegen Mangel an Käufern, die Preise so herabgedrückt, daß man in Stettin am vergangenen Donnerstag die schönsten Pommerschen Wollen, die voriges Jahr 62 bis 70 Thlr. per Cntr. kosteten, mit 30-35 Thlr. verkaufte. Hierdurch finden sich auch die rheinischen Wollhändler und Fabrikanten veranlaßt, mehr zu kaufen, als es vorher ihre Absicht war. ‒ Nachschrift. So eben erfahren wir, daß die englischen Wolleinkäufer bedeutende Parthieen Wolle ankaufen, mit einem Avance von circa 8 Thlr. gegen die Stettiner Preise.

Die Börse war heute in Folge der Minister-Krisis sehr flau. Alle Kurse fielen und manche Fonds waren unverkäuflich.

* Frankfurt, 20. Juni.

In Nro. 18 der neuen Rheinischen Zeitung wird von Köln, 17. Juni, eine Berliner Geldsendung von 1,800,000 Thaler in neun Sendungen von 200,000 Thlr. an Rothschild besprochen und die Frage daran geknüpft, ob solche Geldsendungen überhaupt stattgehabt hätten, und wie der Staat im Augenblicke seiner Zwangsanleihe über eine solche Summe verfügen könne.

Als Thatsache kann ich Ihnen hierzu mittheilen, daß die fraglichen Geldsendungen hier allerdings eingetroffen sind, jedoch nicht, um hier zu bleiben oder überhaupt hier nur eine Bestimmung zu haben, sondern daß sie jedesmal Abends hier anlangten und am nächsten Morgen bereits weiter befördert wurden, das heißt, nach dem Norden, über Hannover, ob über Hamburg nach England? oder ob man das Geld nur spazieren geführt und die Berliner mit der Ankunft dieser ansehnlichen Summen überraschen will?

* Frankfurt, 19. Juni.

Aus zuverlässiger Quelle wird versichert, daß dem Präsidenten der deutschen Nationalversammlung, obgleich (oder vielleicht weil) der Antrag auf Berufung von Militärschutz durchgefallen ist, 10,000 Mann umliegender Truppen zur Disposition gestellt sind.

19 Frankfutt, 20. Juni.

Ueber den Centralausschuß haben wir wieder viele Reden gehört, aber noch immer keine Aussicht zum Schlusse zu kommen. Ein Ritter aus Cöslin, Hr. Braun, eröffnete den Angriff gegen die Linke; er kämpfte heldenmuthig trotz allen Lärmens und Tobens der Versammlung, für den König von Preußen und dessen so oft „geschwächte Soldateska“. Der König von Preußen provisorischer Kaiser von Deutschland! Herr Welcker brach eine Lanze für den Bundestag, den Blum so grausam als einen „schon faulenden Leichnam“ bezeichnet hatte. Das war zu viel für den neu kreirten Bundestagsgesandten, der nichts weniger glaubte, als daß er und seine ehrenwerthen Kollegen diesem Lieblingsinstitute der Fürsten wieder neues Leben eingehaucht hätten, der nicht ohne Kampf diese hohe Stellung aufzugeben gedenkt. Der verehrliche Herr Hofrath tanzten dabei so ergötzlich auf der Tribüne herum, als sei das „elastische Prinzip“, welches der Hannoversche Amts-Assessor Wedekind für die Centralgewalt in Anspruch nahm, bereits in ihm verkörpert.

Herr Camphausen verlangt ein Vertrauensvotum und doch ergreift er das Hasenpanier ohne jenes abzuwarten? Hier müssen gewaltige Verwickelungen vorliegen.
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der Viehhandel, als nächste Stufenleiter nach dem Eisen,                         welcher sie zu Besitzungen führte. Doch die meisten sind bei dem Vieh stehen                         geblieben, und haben es nie weiter als zu Nomaden gebracht. Nur zuweilen                         geschah es, daß bei der zweiten Generation, die statt mit Eisen direkt mit <hi rendition="#g">Chileff</hi> anfing, die Familie zu Geld, Macht und                         Ansehn gelangte. Dieser Reichthum geht selten über die dritte Generation                         hinaus; wenn er mit Abraham beginnt, so erreicht er in Jakob seine Spitze.                         Es ist, als ob die Sünden der Väter im dritten Geschlecht heimgesucht                         würden. Die Nerventhätigkeit, welche der Vater in der Erwerbung des Kapitals                         entwickelte, vererbt sich mit dem Kapital auf den Sohn, und findet keinen                         andern Stoff zu seiner Entäußerung, als die Verschwendung. Der Kraftaufwand,                         mit welchem Vater Abraham die Stecknadel zum Diamanten potentirte, wird beim                         Sohne Jakob Kraftentladung und Geldaufwand, um den Diamanten zur Stecknadel                         zu reduziren. Wie Vater Abraham sich in die Macht setzte, indem er die Nadel                         diamantirte, so wird der Sohn Jakob der Macht inne, indem er den Diamanten                         auf die Nadel reduzirt. Im christlichen Staate wird die Innewerdung der                         Geldmacht die Veranlassung zur Begründung der Bürger-Macht. In allen                         Staaten, wo die Juden von der bürgerlichen Machtausübung ausgeschlossen                         sind, sehn wir, daß die Judensöhne, welche mit dem Erworbenen den                         Erwerbstrieb ererbt, aber diesen Erwerbstrieb nicht mehr weiter treiben                         können, in die materiellen Genüsse hingetrieben werden, welche allein ihrer                         Geldmacht offen steh'n und werden sie erst recht dieser letzten Macht inne,                         dann geht ihnen das Geld aus. Im christlichen Bürger verbirgt sich das                         jüdische des Erwerbs hinter dem bürgerlichen des Rechts und dem christlichen                         der Religion. Beides wird ein Konservativmittel des Erworbenen und ein neues                         Erwerbsmittel. Das Parlament und die Kirche, die Magistratur und die                         Clerisei bilden ein neues Kapital, welches das erste erworbene, materielle                         Kapital befestigt; Bewerbung um Staatsmacht gibt dem Erwerb eine neue                         Richtung. Wie der christliche Vater die höchste materielle Macht erwirbt, so                         bewirbt sich der christliche Sohn um die Macht geistiger und geistlicher                         Stellen, welche die Geldmacht festsetzen, begründen, heiligsprechen. Was bei                         dem Vater Geldhandel war, wird bei dem Sohne Rechtshandel. Die                         Nerventhätigkeit &#x2012; bei dem Vater Erwerb, bei dem Sohne ererbt &#x2012; kann sich in                         der Ausübung dieser neuen Macht neu verarbeiten; es ist die Erlösung des                         Sohnes. Der Christ rettet den Juden, der christliche Bürger rettet den                         bürgerlichen Juden, der bürgerliche Christ rettet den jüdischen Bürger, das                         christliche Bürgerthum ist die Erlösung vom jüdischen Menschenthum. Jetzt,                         wo alle Bürger Juden geworden, wollen die Juden Bürger werden. Jetzt, wo                         alle Christen sich zu jüdischen Bürgern herangearbeitet, wollen die Juden zu                         bürgerlichen Christen herabsinken. Die Christen haben ihre Flegeljahre                         überstanden, die Juden beginnen sie. Es braucht wohl nicht in Erinnerung                         gebracht zu werden, daß wir von deutschen Juden hier sprechen: denn in                         Frankreich haben beide Theile, Christen und Juden, ihre Flegeljahre                         überstanden, und leben vereint, äußerlich unter ihrem Bürgerkönig Louis                         Philipp, und in der Wirklichkeit unter ihren beiden spartanischen Königen,                         Rothschild und Halphen.</p>
          <p>Wir dürfen es mit dieser Absonderung nicht zu streng nehmen. Wir werden                         später auf die Varianten zu sprechen kommen, welche diese beiden Typen                         erlitten, und dann ausführlicher eingehn auf alle die verkrüppelten Halphens                         und Rothschilds, auf alle diejenigen, die in ihrem Entwickelungsgange                         gehemmt worden, und wo es jeden Augenblick Ansätze zu unsern Vorbildern                         absetzte, wo z.B. der Vater vom Chilef anfing und der Sohn auf's Vieh                         zurückgeworfen wurde, oder wo Vater Abraham vom Vieh begann, und Isaak beim                         Vieh verweilte etc. etc.</p>
          <p>Als Halphen nach Paris kam, waren die Bourgeois noch im Kampfe mit der                         Aristokratie begriffen. Es war zur Zeit der Revolutionskriege. Er hatte                         seine Mutter bei sich, und mit ihr die patriarchalische Sitte, die kindliche                         Liebe, den bürgerlichen Haushalt. So vereinigte er in seinem Hause die                         beiden Elemente der streitenden Parteien; von den Aristokraten den                         genealogischen Stammbaum der Familie, von den Bürgern die ökonomische                         Sparsamkeit. Von irdischen Gütern besaß er weiter nichts, als seinen                         testamentarischen Gott und seine nationale Rührigkeit. Der testamentarische                         Gott, wie er im praktischen Leben der Juden seine Bedeutung erhält, ist das                         eigentliche moderne Monopol. Ein alter Gebrauch gebietet dem Juden, daß er                         jeden Morgen, bevor er an seine Geschäfte geht, sich diesen Gott, dieses                         Monopol, auf Pergamentstreifen eingeschrieben, und in lederne Riemen                         eingelegt, um die Stirne und den linken Arm windet, um sich ihn tief in's                         Herz einzuprägen. Halphen's Mutter wachte strenge darauf, daß ihr Sohn                         getreu dieses Gesetz befolgte, und jeden Morgen, nach verrichteter Andacht,                         unternahm er muthig seine Tagesgeschäfte, um seinen Gott und sein Monopol im                         Verkehr mit seinen Mitmenschen zu bewähren. Wenn er so die Woche hindurch                         seinen Gott bethätigt, und sich einen sechs Tage langen Riemen um's Herz und                         um die Seele gewunden hatte, dann ruhte er am siebenten Tage aus, er und                         seine Mutter, um den Sabbath in aller Feierlichkeit zu feiern. So ging es                         die eine Woche um die andere, viele Jahre hindurch.</p>
          <p>Den Frieden im Hause, den Gott im Herzen und den Bündel auf der Schulter, zog                         er durch die Straßen und in die Häuser &#x2012; er hausirte und kolportirte.                         Hausiren und kolportiren ist das Element des Juden: er kann den Käufer nicht                         abwarten, er muß ihm entgegengeh'n, ihn aufsuchen in seiner Behausung. Er                         bringt in das Haus alle die kleinen Gegenstände mit, die sich an dem Hause                         und dem häuslichen Glücke anknüpfen, und den häuslichen Frieden befestigen &#x2012;                         Stecknadeln, Nähnadeln, Garn und Faden und Nachtmützen und Schnupftücher.                         Aber Halphen brachte noch etwas besonderes mit in's Haus, seine Socialität,                         sein Monopol, seinen testamentarischen Gott, sein biblisches Gemüth. Wenn er                         in seinem Handel von Hand zu Hand seine Waare zum Verkaufe anbot, so wußte                         er sie den Leuten mit so vieler Seele anzupreisen, sie ihnen dermaßen an's                         Herz zu legen, und die Leute selbst waren so froh, die geschäftige                         Rührigkeit des Hausirers zu seh'n, daß sie mit Freude von ihm kauften. Zu                         der Nützlichkeit des Gegenstandes gesellte sich die Freude des Kaufens; denn                         mit der Nadel bekam man das Gemüth mit in den Kauf.</p>
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            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> wollen. Da erhebt sich Herr Schulze                         von Wanzleben und macht einen Gegenantrag; man könne ja auch ohne die                         Anwesenheit eines Ministeriums berathen, man könne Dinge vornehmen wie das                         Geschäftsreglement (ohne Ironie) und dies zu Ende führen. Wir hätten gern                         gelacht, wenn Herr Schulze, der es übrigens sehr gut meint, seinen Antrag                         nicht mit einem so heiligen Ernst vorgebracht hätte. Und mit einem eben                         solchen Ernst, aber mit etwas schwacher, kleinlauter Stimme antwortete Herr                         Hansemann, der wahrscheinlich noch auf den Premier spekulirt, daß in einem                         Geschäftsreglement ebenfalls Dinge vorkommen könnten, bei deren Berathung                         das Ministerium gegenwärtig sein müsse. Er ist deshalb gegen den Antrag.                         Schnell will Herr Milde wieder abstimmen lassen, da rufen ebenso schnell                         mehrere Stimmen von der Linken um das Wort. Parrisius macht die Versammlung                         endlich darauf aufmerksam, daß sie den Präsidenten unmöglich berechtigen                         könne, sie auf unbestimmte Zeit zu vertagen, da dies einer Auflösung gleich                         sei. Reichenbach setzte hinzu, daß jetzt die Zeit des Mißtrauens sei. (Die                         Rechte zischt, die Linke klatscht ihm lebhaften Beifall.) Es können in den                         nächsten Tagen Fälle eintreten, wo die Versammlung der Abgeordneten                         unbedingt nothwendig sei, selbst ohne Minister. Er beantragt daher, daß die                         Kammer sich nur bis Freitag vertage. Sein Vorschlag wird von der äußersten                         Linken und einem Theile des linken Centrums unterstützt. Darauf erhebt sich                         aber Herr Seidel vom linken Centrum und verlangt eine Vertagung bis Montag.                         Das linke Centrum aspirirt jetzt nämlich auf das neue Ministerium und hält                         es deshalb schon von vorneherein für seine Pflicht, der Linken Opposition zu                         machen. Der Antrag Seidels fand die Majorität. Vor der Abstimmung hatte sich                         noch Herr Hansemann erhoben, um den Antrag Reichenbachs auf Vertagung bis                         Freitag zu verdrängen. &#x201E;Meine Herren,&#x201C; begann er, &#x201E;ein geehrter Abgeordneter                         hat vorhin geäußert, es sei die Zeit des Mißtrauens. In dem ernsten                         Augenblick, worin wir uns jetzt befinden, scheint es mir, daß es wohlgethan                         sei, nicht Mißtrauen in das Land zu bringen.&#x201C; Da unterbricht ihn Reichenbach                         mit fürchterlicher Stimme: &#x201E;Und die russischen Heere an der Gränze!&#x201C; &#x2012;                         Diesmal vergißt selbst die Rechte zu poltern und zu scharren, sie ist wie                         versteinert und Herr Hansemann fährt stotternd fort: &#x201E;Wenn irgend eine                         Gefahr für das Land vorhanden wäre, so würden selbst die Minister, die nur                         provisorisch hier sind, die Versammlung zusammenberufen, um mit ihr                         vereinigt zu handeln.&#x201C; Unterdessen hat sich die Rechte wieder erholt und                         klatscht dieser heldenmüthigen Phrase den gerechten Beifall. Die                         Plenarversammlungen sind also bis Montag vertagt, unterdessen soll in den                         Abtheilungen gearbeitet werden. &#x2012; Man ist noch sehr im Unklaren über das                         neue Ministerium. Was für eins wir auch erhalten, es wird besser sein als                         das gefallene; ein reaktionäres kann nur die äußerste Linke zur Herrschaft                         bringen. Herr Esser hat sich sehr bemüht, Minister zu werden, es ist ihm                         aber nicht gelungen, weil ihn Niemand an seiner Seite haben will.</p>
          <p>Die Nachricht, daß der Hauptmann Natzmer, derselbe, welcher das Zeughaus der                         Plünderung überlassen, weil er nicht Bürgerblut vergießen wollte, und der                         deshalb vor ein Kriegsgericht gestellt war, sich erschossen habe,                         verbreitete sich heute in der Stadt und brachte eine nicht geringe Aufregung                         hervor.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>25</author></bibl> Berlin, 20. Juni.</head>
          <p>Der erste Akt des konstitionellen Drama's hat ausgespielt. <hi rendition="#g">Das Ministerium Camphausen hat abgedankt.</hi> Wer hätte geglaubt, daß                         bei der Zähigkeit, welche das Ministerium dem Volke entgegensetzte, so oft                         dieses seine Abdankung forderte, eine solche Krisis so plötzlich und                         unerwartet eintreten würde? &#x2012; Vermuthet man nicht vielmehr, daß sich das                         Ministerium um so eher halten würde, als die sogenannte konstituirende                         Versammlung, durch und durch seine Kreatur, ganz in seinen Händen war und                         ihm jedes nur mögliche Vertrauensvotum gab, das es verlangte? &#x2012; Es befand                         sich ohne Zweifel in einer höchst unangenehmen Lage. Gleich Buridans Esel,                         der zwischen zwei Heubündeln stehend, nicht recht wußte, von welchem er                         fressen solle, so war das Ministerium hingestellt zwischen ein auf seine                         Revolution eifersüchtiges Volk und einen intriganten Hof. &#x2012; Nur zu bald                         zeigte es sich, wie wenig das Ministerium sein Stellung begriff. Ganz                         abgesehen von Männern wie Schwerin, v. Arnim und Kanitz, von denen letzterer                         ein ganz und ganz unfähiges Subjekt, nichts weiter als ein politischer Stroh                         mann war, nicht im Stande drei Worte zu reden, haben sich auch die Herrn                         Camphausen und Hansemann, diese Koryphäen des V. Landtags, gänzlich unfähig                         gezeigt, das Staatsschiff zu lenken. &#x2012; In Zeiten wie die unsrigen müssen                         sich die höchsten Beamten des Staats an die Spitze der Bewegung stellen und                         durch rasches und energisches Handeln im Innern, durch eine kühne,                         jugendliche Politik nach Außen dem freiheits- und thatendurstigen Volke                         vorangehen. Statt dessen war das Ministerium Camphausen, dieser Heiland                         unserer Bourgeois, von der ersten Stunde seines Bestehens an total                         retrograd. &#x2012; Es war, als hätten wir keine Revolution gehabt; denn die                         Vornahme der Parlamentswahlen durch den V. Landtag, dann als dies doch nicht                         angeht, die indirekten Wahlen; die Einschreitungen gegen die Presse, die                         Einkerkerungen ehrenhafter Bürger, die das System der Regierung nicht zu                         ihrem Glaubensbekenntnisse machen wollten, die Verzögerung der                         Volksbewaffnung, die Regierungsumtriebe durch die elenden                         Reaktionswerkzeuge, die Landräthe, die reaktionären Einwirkungen auf's                         Militär, &#x2012; kurz alle die herrlichen Thaten des Ministeriums (die                         Zurückberung des Prinzen von Preußen und den famösen Verf.-Entwurf nicht zu                         vergessen) paßte eher unter das ancien régime, als in eine Zeit, die eine                         Revolution hinter sich hat, ja selbst noch Revolution ist. &#x2012; Wozu soll ich                         noch ein langes Sündenregister des Ministeriums herzählen? Der neue                         Polenmord und der Verrath Deutschlands in Schleswig-Holstein klagen dieses                         Ministerium selbst zu laut an, als daß wir nöthig hätten darauf aufmerksam                         zu machen. &#x2012; Woran starb also dies verantwortliche Ministerium? Seine                         Unentschiedenheit war sein Tod. Es trug schon bei der Geburt den Keim dazu                         in sich. &#x2012; Seine Siege waren offenbare Niederlagen. &#x2012;</p>
          <p>Bei alledem aber bleibt uns das <hi rendition="#g">Plötzliche</hi> dieser                         Krisis immer unerklärlich. <note place="foot">Herr Camphausen verlangt ein                             Vertrauensvotum und doch ergreift er das Hasenpanier ohne jenes                             abzuwarten? Hier müssen gewaltige Verwickelungen vorliegen.</note> Wir                         glauben, daß die Krisis in Folge eines mit der Krone entstandenen Dilemma's                         über die auswärtige Politik eingetreten ist. Es gehen im Publikum darüber                         eigenthümliche Gerüchte, die an sich nichts Unwahrscheinliches haben. Das                         Volk glaubt, daß das Ministerium von der Hofpartei verrathen sei; es glaubt                         sich selbst verrathen an den Erbfeind der europäischen Kultur, an der                         asiatischen Koloß, der lieber Schwager Nikolaus, und wahrlich, das Volk hat                         Grund zu diesem Glauben. &#x2012; Wäre das vielleicht die geheime Mission des                         Prinzen von Preußen gewesen? Ließe sich dafür vielleicht ein Zusammenhang                         mit den bonapartistischen Umtrieben in Paris und der deutschen Politik in                         Schlesien auffinden? Die Westgrenze wird in Kriegszustand gesetzt, während                         man die Ostgrenze schutzlos dem Russen preisgibt und ruhig zusieht, wie                         derselbe seine asiatischen Horden zusammenzieht, um über Deutschland                         herzustürzen und den alten Despotismus wiederherzustellen! Ja, wir stehen                         nicht an, deutsche Fürsten für ehrlos genug zu halten, daß sie auf Kosten                         der Freiheit des Volkes und ihrer eigenen Selbstständigkeit sich mit Hülfe                         des Czaren eine Galgenfrist erkauften. &#x2012; Wehe den Landesverräthern, wenn                         sich das Mißtrauen des Volks rechtfertigen sollte! &#x2012; Unsere (die neuste                         preuß.) Geschichte zeigt so zahlreiche Analogien zu der französ. Revolution                         von 1789; wäre es wahr, was das Volk zu glauben sich berechtigt fühlt, nun                         dann mag diese neue Analogie dieselben Konsequenzen wie in Frankreich 1791                         nach sich ziehen! &#x2012; Das deutsche Volk wird endlich einsehen, daß sein                         Interesse dem seiner &#x201E;angestammten&#x201C; Herrscher schnurstracks entgegenläuft.                         Die Fürsten selbst werden es zwingen, zum äußersten Mittel zu schreiten; die                         Verschwörung mit Rußland wäre der Grundstein zur deutschen Republik.</p>
          <p>Die Ministerkrise hat die niedergeschlagenen Gemüther von Neuem aufgerichtet.                         Wir glauben jedoch nicht an einen Systemswechsel, sondern nur an eine                         Aenderung in den Personen. Möglich, daß uns bald ein Ministerium                         Pinder-Milde beglückt. Offen gesagt halten wir es auch gar nicht für                         zweckmäßig, wenn Männer des Volks sich ins Joch der Fürstendienerei                         einspannen. Lassen wir die konstitutionellen Kräfte sich abnutzen, damit das                         noch befangene Volk von der Unfähigkeit und Schwäche dieses Justemilieu' s                         sich thatsächlich überzeuge, wie es sich von der der Herren Camphausen und                         Hansemann überzeugt hat.</p>
          <p>Wird die Vereinbarerversammlung auch jetzt noch unbedingt in den Händen der                         Regierung bleiben? Und wird sie nicht endlich lernen, daß die der Gewalt                         Beraubten alle möglichen Mittel anwenden, um die alte Gewalt wieder zu                         erlangen? daß sie miniren, intriguiren, um die Vertreter des Volks zu                         verblenden und zu beherrschen?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 20. Juni.</head>
          <p>Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der National-Versammlung ließ der                         Präsident ein, kurz vor Eröffnung eingelaufenes, Schreiben des                         Minister-Präsidenten <hi rendition="#g">Camphausen</hi> verlesen, worin                         derselbe anzeigt, daß es ihm nicht gelungen ist, die Ergänzung des                         Ministeriums zu vervollständigen und daß er deshalb <hi rendition="#g">seine                             Entlassung</hi> in die Hände des Königs niederlege. Schließlich bittet                         er, daß die National-Versammlung ihre Sitzungen bis zur Konstituirung des                         neuen Ministeriums aussetze. &#x2012; Nachdem die Minister Auerswald und Hansemann                         erklärten, daß sie, wie sich das von selbst verstehe, mit dem leitenden                         Prinzip, welches in dem Minister-Präsidenten personificirt sei, ebenfalls                         stehen oder fallen müssen, jedoch die laufenden Geschäfte ihrer Ministerien                         bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums besorgen würden; &#x2012; beschloß die                         Versammlung auf Antrag des Abgeordneten Seidel (von der Rechten), ihre                         Sitzungen bis Montag auszusetzen, daß aber das Präsidium verpflichtet sei,                         sobald sich das neue Ministerium konstituirt haben würde, sogleich schon vor                         Montag die Versammlung wieder zusammenkommen zu lassen. &#x2012; Graf Reichenbach                         hatte den Antrag gestellt, daß die National-Versammlung sich jedenfalls                         Freitag wieder in ihrem Sitzungssaale einfinde, denn die Zeit des Zutrauens                         ist vorüber, es ist jetzt die Zeit des Mißtrauens und russische Heere stehen                         an der Gränze. Dieser Antrag von der Linken unterstützt blieb in der                         Minorität und wir bleiben daher wahrscheinlich bis Montag in einem                         Provisorium.</p>
          <p>Den Grund, den Camphausen für seine Abdankung angiebt, kann hier Niemand für                         den <hi rendition="#g">wahren</hi> ansehen, denn für die ausgetretenen drei                         Minister waren ja schon Kanitz durch Schreckenstein, Baron Arnim durch                         Schleinitz ersetzt, so daß nur noch das Ministerium des Unterrichts und der                         geistlichen Angelegenheiten anstatt des ausgeschiedenen Grafen Schwerin zu                         besetzen war. Die Gründe müssen daher ganz wo anders liegen und diese                         Ungewißheit hat in allen Kreisen heute die größte Aufregung hervorgebracht.                         Versuchen wir unsererseits die möglichen Gründe zusammen zu stellen. &#x2012; Als                         wir Ihnen das Programm des linken Centrums von Rodbertus und Genossen                         mittheilten, sprachen wir schon die Gewißheit aus, daß das Ministerium                         Camphausen in den Fragen, wo es gegen dieses Programm sei, in der Minorität                         bleiben werde. Dieser Fall trat schon am 15. d. ein, wo die                         National-Versammlung gegen den Willen der Minister beschloß, eine Kommission                         zur Entwerfung der Verfassung niederzusetzen. Der vorgelegte                         Verfassungs-Entwurf der Minister war damit gänzlich verworfen, mit einer                         Majorität von 46 Stimmen. Schon nach dieser Abstimmung hätte das Ministerium                         Camphausen abdanken müssen, aber es bewies seine bekannte Zähigkeit und                         dachte sich aus dem linken Centrum durch <hi rendition="#g">Rodbertus</hi> zu ergänzen und zu stärken. Dieser verlangte aber vor allen Dingen die                         Anerkennung seines aufgestellten Programms. Das Ministerium Camphausen, auf                         dem Rechtsboden von 1847 und dem Erlaß vom 18. März 1848 stehend, kann aber                         die <hi rendition="#g">Volkssouveränität</hi> hervorgegangen aus der                         Revolution des 18. Und 19. März nicht anerkennen, und da der gestern                         ausgegebene <hi rendition="#g">Adreß-Entwurf</hi> diese Prinzipien ebenfalls                         ausspricht, &#x2012; in einem so hohen Grade sogar, daß Herr Camphausen vor                         Ohnmacht zurückgefallen sein soll als er ihn zu Gesicht bekam, &#x2012; so ist es                         ganz natürlich, daß man endlich einsah, in welchem großen Widerspruch sich                         das Ministerium mit der Majorität des Landes befinde. &#x2012;</p>
          <p>Zweitens kommt aber noch der Stand des Ministeriums Camphausen in der                         auswärtigen Politik in Betracht. Durch seine halbe Maßregeln hat es das                         Ministerium mit <hi rendition="#g">allen</hi> auswärtigen Staaten verdorben.                         Mit Frankreich und Rußland wegen Posens. Mit England, Schweden und Dänemark                         wegen Schleswig. Von Frankreich soll eine energische Note eingelaufen sein,                         welche gegen die vorgenommene Theilung des Großherzogthums Posen protestirt,                         während der Kaiser von Rußland die Reorganisation des kleinsten Theils von                         Posen, wie sie jetzt in Ausführung ist, schon für einen casus belli erklärt                         und mit der Einrückung seiner Armee, die jeden Augenblick unsere Gränze                         überschreiten kann, gedroht haben soll. Rußland pflegt nicht zu spaßen, das                         wissen die Herrn Minister und deshalb nahmen sie ihre Entlassung, es ihren                         Nachfolgern überlassend, die Entscheidung herbeizuführen.</p>
          <p>Zwei Wege stehen jetzt dem Könige offen. Der Erste: ein Ministerium                         zusammengesetzt aus der Linken und dem Centrum, &#x2012; <hi rendition="#g">Waldeck, Rodbertus</hi> &#x2012; welches den von Rußland dahin geworfenen                         Fehdehandschuh aufhebt und sich mit Frankreich verbindet. Der Zweite: ein                         Ministerium der äußersten Rechten, worin mehrere Mitglieder des jetzigen im                         Amte bleiben; Nachgeben gegen die russische Politik, d. h. Fortschreiten auf                         dem Wege der Reaktion; und der Volkssouveränetät trotzend.</p>
          <p>Der Hauptmann von <hi rendition="#g">Natzmer,</hi> der sich am 14. d. Abends                         beim Angriff auf das Zeughaus zurückzog und dadurch Blutvergießen                         verhinderte, ist bekanntlich vor ein Kriegsgericht gestellt. Seine edle That                         hat aber unter den Bewohnern Berlins die allgemeinste Anerkennung gefunden,                         so daß man in allen Klubbs und sogar in der gesammten Bürgerwehr, Adressen                         und Deputationen zu seinem Besten beschließt. Eine große Kommission, welche                         die ganze Bürgerwehr Berlins (26-30,000 Mann) vertritt, hat sogar                         beschlossen den König zu bitten, die Untersuchung gegen den Hauptmann v.                         Natzmer niederzuschlagen. Hieraus läßt sich urtheilen, welcher gute                         demokratische Geist in die Bevölkerung Berlins eingedrungen. Unsere                         verschiedenen demokratischen Klubbs sind auch in jeder Sitzung gedrängt voll                         und viele Hunderte müssen wegen Mangel an Platz zurückgewiesen werden.</p>
          <p>Der Wollmarkt, der heute beginnt, ist sehr flau. Es ist beinah noch gar                         nichts verkauft. Auf den Märkten, die dem hiesigen vorangingen, wurden,                         wegen Mangel an Käufern, die Preise so herabgedrückt, daß man in Stettin am                         vergangenen Donnerstag die schönsten Pommerschen Wollen, die voriges Jahr 62                         bis 70 Thlr. per Cntr. kosteten, mit 30-35 Thlr. verkaufte. Hierdurch finden                         sich auch die rheinischen Wollhändler und Fabrikanten veranlaßt, mehr zu                         kaufen, als es vorher ihre Absicht war. &#x2012; <hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> So eben erfahren wir, daß die englischen                         Wolleinkäufer bedeutende Parthieen Wolle ankaufen, mit einem Avance von                         circa 8 Thlr. gegen die Stettiner Preise.</p>
          <p>Die Börse war heute in Folge der Minister-Krisis sehr flau. Alle Kurse fielen                         und manche Fonds waren unverkäuflich.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 20. Juni.</head>
          <p>In Nro. 18 der neuen Rheinischen Zeitung wird von Köln, 17. Juni, eine                         Berliner Geldsendung von 1,800,000 Thaler in neun Sendungen von 200,000                         Thlr. an Rothschild besprochen und die Frage daran geknüpft, ob solche                         Geldsendungen überhaupt stattgehabt hätten, und wie der Staat im Augenblicke                         seiner Zwangsanleihe über eine solche Summe verfügen könne.</p>
          <p>Als Thatsache kann ich Ihnen hierzu mittheilen, daß die fraglichen                         Geldsendungen hier allerdings eingetroffen sind, jedoch nicht, um hier zu                         bleiben oder überhaupt hier nur eine Bestimmung zu haben, sondern daß sie                         jedesmal Abends hier anlangten und am nächsten Morgen bereits weiter                         befördert wurden, das heißt, nach dem Norden, über Hannover, ob über Hamburg                         nach England? oder ob man das Geld nur spazieren geführt und die Berliner                         mit der Ankunft dieser ansehnlichen Summen überraschen will?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 19. Juni.</head>
          <p>Aus zuverlässiger Quelle wird versichert, daß dem Präsidenten der deutschen                         Nationalversammlung, obgleich (oder vielleicht weil) der Antrag auf Berufung                         von Militärschutz durchgefallen ist, 10,000 Mann umliegender Truppen zur                         Disposition gestellt sind.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>19</author></bibl> Frankfutt, 20. Juni.</head>
          <p>Ueber den Centralausschuß haben wir wieder viele Reden gehört, aber noch                         immer keine Aussicht zum Schlusse zu kommen. Ein Ritter aus <hi rendition="#g">Cöslin,</hi> Hr. Braun, eröffnete den Angriff gegen die                         Linke; er kämpfte heldenmuthig trotz allen Lärmens und Tobens der                         Versammlung, für den König von Preußen und dessen so oft &#x201E;geschwächte                         Soldateska&#x201C;. Der König von Preußen provisorischer Kaiser von Deutschland!                         Herr <hi rendition="#g">Welcker</hi> brach eine Lanze für den Bundestag, den <hi rendition="#g">Blum</hi> so grausam als einen &#x201E;schon faulenden                         Leichnam&#x201C; bezeichnet hatte. Das war zu viel für den neu kreirten                         Bundestagsgesandten, der nichts weniger glaubte, als daß er und seine                         ehrenwerthen Kollegen diesem Lieblingsinstitute der Fürsten wieder neues                         Leben eingehaucht hätten, der nicht ohne Kampf diese hohe Stellung                         aufzugeben gedenkt. Der verehrliche Herr Hofrath tanzten dabei so ergötzlich                         auf der Tribüne herum, als sei das &#x201E;elastische Prinzip&#x201C;, welches der                         Hannoversche Amts-Assessor Wedekind für die Centralgewalt in Anspruch nahm,                         bereits in ihm verkörpert.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0104/0002] der Viehhandel, als nächste Stufenleiter nach dem Eisen, welcher sie zu Besitzungen führte. Doch die meisten sind bei dem Vieh stehen geblieben, und haben es nie weiter als zu Nomaden gebracht. Nur zuweilen geschah es, daß bei der zweiten Generation, die statt mit Eisen direkt mit Chileff anfing, die Familie zu Geld, Macht und Ansehn gelangte. Dieser Reichthum geht selten über die dritte Generation hinaus; wenn er mit Abraham beginnt, so erreicht er in Jakob seine Spitze. Es ist, als ob die Sünden der Väter im dritten Geschlecht heimgesucht würden. Die Nerventhätigkeit, welche der Vater in der Erwerbung des Kapitals entwickelte, vererbt sich mit dem Kapital auf den Sohn, und findet keinen andern Stoff zu seiner Entäußerung, als die Verschwendung. Der Kraftaufwand, mit welchem Vater Abraham die Stecknadel zum Diamanten potentirte, wird beim Sohne Jakob Kraftentladung und Geldaufwand, um den Diamanten zur Stecknadel zu reduziren. Wie Vater Abraham sich in die Macht setzte, indem er die Nadel diamantirte, so wird der Sohn Jakob der Macht inne, indem er den Diamanten auf die Nadel reduzirt. Im christlichen Staate wird die Innewerdung der Geldmacht die Veranlassung zur Begründung der Bürger-Macht. In allen Staaten, wo die Juden von der bürgerlichen Machtausübung ausgeschlossen sind, sehn wir, daß die Judensöhne, welche mit dem Erworbenen den Erwerbstrieb ererbt, aber diesen Erwerbstrieb nicht mehr weiter treiben können, in die materiellen Genüsse hingetrieben werden, welche allein ihrer Geldmacht offen steh'n und werden sie erst recht dieser letzten Macht inne, dann geht ihnen das Geld aus. Im christlichen Bürger verbirgt sich das jüdische des Erwerbs hinter dem bürgerlichen des Rechts und dem christlichen der Religion. Beides wird ein Konservativmittel des Erworbenen und ein neues Erwerbsmittel. Das Parlament und die Kirche, die Magistratur und die Clerisei bilden ein neues Kapital, welches das erste erworbene, materielle Kapital befestigt; Bewerbung um Staatsmacht gibt dem Erwerb eine neue Richtung. Wie der christliche Vater die höchste materielle Macht erwirbt, so bewirbt sich der christliche Sohn um die Macht geistiger und geistlicher Stellen, welche die Geldmacht festsetzen, begründen, heiligsprechen. Was bei dem Vater Geldhandel war, wird bei dem Sohne Rechtshandel. Die Nerventhätigkeit ‒ bei dem Vater Erwerb, bei dem Sohne ererbt ‒ kann sich in der Ausübung dieser neuen Macht neu verarbeiten; es ist die Erlösung des Sohnes. Der Christ rettet den Juden, der christliche Bürger rettet den bürgerlichen Juden, der bürgerliche Christ rettet den jüdischen Bürger, das christliche Bürgerthum ist die Erlösung vom jüdischen Menschenthum. Jetzt, wo alle Bürger Juden geworden, wollen die Juden Bürger werden. Jetzt, wo alle Christen sich zu jüdischen Bürgern herangearbeitet, wollen die Juden zu bürgerlichen Christen herabsinken. Die Christen haben ihre Flegeljahre überstanden, die Juden beginnen sie. Es braucht wohl nicht in Erinnerung gebracht zu werden, daß wir von deutschen Juden hier sprechen: denn in Frankreich haben beide Theile, Christen und Juden, ihre Flegeljahre überstanden, und leben vereint, äußerlich unter ihrem Bürgerkönig Louis Philipp, und in der Wirklichkeit unter ihren beiden spartanischen Königen, Rothschild und Halphen. Wir dürfen es mit dieser Absonderung nicht zu streng nehmen. Wir werden später auf die Varianten zu sprechen kommen, welche diese beiden Typen erlitten, und dann ausführlicher eingehn auf alle die verkrüppelten Halphens und Rothschilds, auf alle diejenigen, die in ihrem Entwickelungsgange gehemmt worden, und wo es jeden Augenblick Ansätze zu unsern Vorbildern absetzte, wo z.B. der Vater vom Chilef anfing und der Sohn auf's Vieh zurückgeworfen wurde, oder wo Vater Abraham vom Vieh begann, und Isaak beim Vieh verweilte etc. etc. Als Halphen nach Paris kam, waren die Bourgeois noch im Kampfe mit der Aristokratie begriffen. Es war zur Zeit der Revolutionskriege. Er hatte seine Mutter bei sich, und mit ihr die patriarchalische Sitte, die kindliche Liebe, den bürgerlichen Haushalt. So vereinigte er in seinem Hause die beiden Elemente der streitenden Parteien; von den Aristokraten den genealogischen Stammbaum der Familie, von den Bürgern die ökonomische Sparsamkeit. Von irdischen Gütern besaß er weiter nichts, als seinen testamentarischen Gott und seine nationale Rührigkeit. Der testamentarische Gott, wie er im praktischen Leben der Juden seine Bedeutung erhält, ist das eigentliche moderne Monopol. Ein alter Gebrauch gebietet dem Juden, daß er jeden Morgen, bevor er an seine Geschäfte geht, sich diesen Gott, dieses Monopol, auf Pergamentstreifen eingeschrieben, und in lederne Riemen eingelegt, um die Stirne und den linken Arm windet, um sich ihn tief in's Herz einzuprägen. Halphen's Mutter wachte strenge darauf, daß ihr Sohn getreu dieses Gesetz befolgte, und jeden Morgen, nach verrichteter Andacht, unternahm er muthig seine Tagesgeschäfte, um seinen Gott und sein Monopol im Verkehr mit seinen Mitmenschen zu bewähren. Wenn er so die Woche hindurch seinen Gott bethätigt, und sich einen sechs Tage langen Riemen um's Herz und um die Seele gewunden hatte, dann ruhte er am siebenten Tage aus, er und seine Mutter, um den Sabbath in aller Feierlichkeit zu feiern. So ging es die eine Woche um die andere, viele Jahre hindurch. Den Frieden im Hause, den Gott im Herzen und den Bündel auf der Schulter, zog er durch die Straßen und in die Häuser ‒ er hausirte und kolportirte. Hausiren und kolportiren ist das Element des Juden: er kann den Käufer nicht abwarten, er muß ihm entgegengeh'n, ihn aufsuchen in seiner Behausung. Er bringt in das Haus alle die kleinen Gegenstände mit, die sich an dem Hause und dem häuslichen Glücke anknüpfen, und den häuslichen Frieden befestigen ‒ Stecknadeln, Nähnadeln, Garn und Faden und Nachtmützen und Schnupftücher. Aber Halphen brachte noch etwas besonderes mit in's Haus, seine Socialität, sein Monopol, seinen testamentarischen Gott, sein biblisches Gemüth. Wenn er in seinem Handel von Hand zu Hand seine Waare zum Verkaufe anbot, so wußte er sie den Leuten mit so vieler Seele anzupreisen, sie ihnen dermaßen an's Herz zu legen, und die Leute selbst waren so froh, die geschäftige Rührigkeit des Hausirers zu seh'n, daß sie mit Freude von ihm kauften. Zu der Nützlichkeit des Gegenstandes gesellte sich die Freude des Kaufens; denn mit der Nadel bekam man das Gemüth mit in den Kauf. (Schluß folgt.) [Deutschland] [Fortsetzung] wollen. Da erhebt sich Herr Schulze von Wanzleben und macht einen Gegenantrag; man könne ja auch ohne die Anwesenheit eines Ministeriums berathen, man könne Dinge vornehmen wie das Geschäftsreglement (ohne Ironie) und dies zu Ende führen. Wir hätten gern gelacht, wenn Herr Schulze, der es übrigens sehr gut meint, seinen Antrag nicht mit einem so heiligen Ernst vorgebracht hätte. Und mit einem eben solchen Ernst, aber mit etwas schwacher, kleinlauter Stimme antwortete Herr Hansemann, der wahrscheinlich noch auf den Premier spekulirt, daß in einem Geschäftsreglement ebenfalls Dinge vorkommen könnten, bei deren Berathung das Ministerium gegenwärtig sein müsse. Er ist deshalb gegen den Antrag. Schnell will Herr Milde wieder abstimmen lassen, da rufen ebenso schnell mehrere Stimmen von der Linken um das Wort. Parrisius macht die Versammlung endlich darauf aufmerksam, daß sie den Präsidenten unmöglich berechtigen könne, sie auf unbestimmte Zeit zu vertagen, da dies einer Auflösung gleich sei. Reichenbach setzte hinzu, daß jetzt die Zeit des Mißtrauens sei. (Die Rechte zischt, die Linke klatscht ihm lebhaften Beifall.) Es können in den nächsten Tagen Fälle eintreten, wo die Versammlung der Abgeordneten unbedingt nothwendig sei, selbst ohne Minister. Er beantragt daher, daß die Kammer sich nur bis Freitag vertage. Sein Vorschlag wird von der äußersten Linken und einem Theile des linken Centrums unterstützt. Darauf erhebt sich aber Herr Seidel vom linken Centrum und verlangt eine Vertagung bis Montag. Das linke Centrum aspirirt jetzt nämlich auf das neue Ministerium und hält es deshalb schon von vorneherein für seine Pflicht, der Linken Opposition zu machen. Der Antrag Seidels fand die Majorität. Vor der Abstimmung hatte sich noch Herr Hansemann erhoben, um den Antrag Reichenbachs auf Vertagung bis Freitag zu verdrängen. „Meine Herren,“ begann er, „ein geehrter Abgeordneter hat vorhin geäußert, es sei die Zeit des Mißtrauens. In dem ernsten Augenblick, worin wir uns jetzt befinden, scheint es mir, daß es wohlgethan sei, nicht Mißtrauen in das Land zu bringen.“ Da unterbricht ihn Reichenbach mit fürchterlicher Stimme: „Und die russischen Heere an der Gränze!“ ‒ Diesmal vergißt selbst die Rechte zu poltern und zu scharren, sie ist wie versteinert und Herr Hansemann fährt stotternd fort: „Wenn irgend eine Gefahr für das Land vorhanden wäre, so würden selbst die Minister, die nur provisorisch hier sind, die Versammlung zusammenberufen, um mit ihr vereinigt zu handeln.“ Unterdessen hat sich die Rechte wieder erholt und klatscht dieser heldenmüthigen Phrase den gerechten Beifall. Die Plenarversammlungen sind also bis Montag vertagt, unterdessen soll in den Abtheilungen gearbeitet werden. ‒ Man ist noch sehr im Unklaren über das neue Ministerium. Was für eins wir auch erhalten, es wird besser sein als das gefallene; ein reaktionäres kann nur die äußerste Linke zur Herrschaft bringen. Herr Esser hat sich sehr bemüht, Minister zu werden, es ist ihm aber nicht gelungen, weil ihn Niemand an seiner Seite haben will. Die Nachricht, daß der Hauptmann Natzmer, derselbe, welcher das Zeughaus der Plünderung überlassen, weil er nicht Bürgerblut vergießen wollte, und der deshalb vor ein Kriegsgericht gestellt war, sich erschossen habe, verbreitete sich heute in der Stadt und brachte eine nicht geringe Aufregung hervor. 25 Berlin, 20. Juni. Der erste Akt des konstitionellen Drama's hat ausgespielt. Das Ministerium Camphausen hat abgedankt. Wer hätte geglaubt, daß bei der Zähigkeit, welche das Ministerium dem Volke entgegensetzte, so oft dieses seine Abdankung forderte, eine solche Krisis so plötzlich und unerwartet eintreten würde? ‒ Vermuthet man nicht vielmehr, daß sich das Ministerium um so eher halten würde, als die sogenannte konstituirende Versammlung, durch und durch seine Kreatur, ganz in seinen Händen war und ihm jedes nur mögliche Vertrauensvotum gab, das es verlangte? ‒ Es befand sich ohne Zweifel in einer höchst unangenehmen Lage. Gleich Buridans Esel, der zwischen zwei Heubündeln stehend, nicht recht wußte, von welchem er fressen solle, so war das Ministerium hingestellt zwischen ein auf seine Revolution eifersüchtiges Volk und einen intriganten Hof. ‒ Nur zu bald zeigte es sich, wie wenig das Ministerium sein Stellung begriff. Ganz abgesehen von Männern wie Schwerin, v. Arnim und Kanitz, von denen letzterer ein ganz und ganz unfähiges Subjekt, nichts weiter als ein politischer Stroh mann war, nicht im Stande drei Worte zu reden, haben sich auch die Herrn Camphausen und Hansemann, diese Koryphäen des V. Landtags, gänzlich unfähig gezeigt, das Staatsschiff zu lenken. ‒ In Zeiten wie die unsrigen müssen sich die höchsten Beamten des Staats an die Spitze der Bewegung stellen und durch rasches und energisches Handeln im Innern, durch eine kühne, jugendliche Politik nach Außen dem freiheits- und thatendurstigen Volke vorangehen. Statt dessen war das Ministerium Camphausen, dieser Heiland unserer Bourgeois, von der ersten Stunde seines Bestehens an total retrograd. ‒ Es war, als hätten wir keine Revolution gehabt; denn die Vornahme der Parlamentswahlen durch den V. Landtag, dann als dies doch nicht angeht, die indirekten Wahlen; die Einschreitungen gegen die Presse, die Einkerkerungen ehrenhafter Bürger, die das System der Regierung nicht zu ihrem Glaubensbekenntnisse machen wollten, die Verzögerung der Volksbewaffnung, die Regierungsumtriebe durch die elenden Reaktionswerkzeuge, die Landräthe, die reaktionären Einwirkungen auf's Militär, ‒ kurz alle die herrlichen Thaten des Ministeriums (die Zurückberung des Prinzen von Preußen und den famösen Verf.-Entwurf nicht zu vergessen) paßte eher unter das ancien régime, als in eine Zeit, die eine Revolution hinter sich hat, ja selbst noch Revolution ist. ‒ Wozu soll ich noch ein langes Sündenregister des Ministeriums herzählen? Der neue Polenmord und der Verrath Deutschlands in Schleswig-Holstein klagen dieses Ministerium selbst zu laut an, als daß wir nöthig hätten darauf aufmerksam zu machen. ‒ Woran starb also dies verantwortliche Ministerium? Seine Unentschiedenheit war sein Tod. Es trug schon bei der Geburt den Keim dazu in sich. ‒ Seine Siege waren offenbare Niederlagen. ‒ Bei alledem aber bleibt uns das Plötzliche dieser Krisis immer unerklärlich. Wir glauben, daß die Krisis in Folge eines mit der Krone entstandenen Dilemma's über die auswärtige Politik eingetreten ist. Es gehen im Publikum darüber eigenthümliche Gerüchte, die an sich nichts Unwahrscheinliches haben. Das Volk glaubt, daß das Ministerium von der Hofpartei verrathen sei; es glaubt sich selbst verrathen an den Erbfeind der europäischen Kultur, an der asiatischen Koloß, der lieber Schwager Nikolaus, und wahrlich, das Volk hat Grund zu diesem Glauben. ‒ Wäre das vielleicht die geheime Mission des Prinzen von Preußen gewesen? Ließe sich dafür vielleicht ein Zusammenhang mit den bonapartistischen Umtrieben in Paris und der deutschen Politik in Schlesien auffinden? Die Westgrenze wird in Kriegszustand gesetzt, während man die Ostgrenze schutzlos dem Russen preisgibt und ruhig zusieht, wie derselbe seine asiatischen Horden zusammenzieht, um über Deutschland herzustürzen und den alten Despotismus wiederherzustellen! Ja, wir stehen nicht an, deutsche Fürsten für ehrlos genug zu halten, daß sie auf Kosten der Freiheit des Volkes und ihrer eigenen Selbstständigkeit sich mit Hülfe des Czaren eine Galgenfrist erkauften. ‒ Wehe den Landesverräthern, wenn sich das Mißtrauen des Volks rechtfertigen sollte! ‒ Unsere (die neuste preuß.) Geschichte zeigt so zahlreiche Analogien zu der französ. Revolution von 1789; wäre es wahr, was das Volk zu glauben sich berechtigt fühlt, nun dann mag diese neue Analogie dieselben Konsequenzen wie in Frankreich 1791 nach sich ziehen! ‒ Das deutsche Volk wird endlich einsehen, daß sein Interesse dem seiner „angestammten“ Herrscher schnurstracks entgegenläuft. Die Fürsten selbst werden es zwingen, zum äußersten Mittel zu schreiten; die Verschwörung mit Rußland wäre der Grundstein zur deutschen Republik. Die Ministerkrise hat die niedergeschlagenen Gemüther von Neuem aufgerichtet. Wir glauben jedoch nicht an einen Systemswechsel, sondern nur an eine Aenderung in den Personen. Möglich, daß uns bald ein Ministerium Pinder-Milde beglückt. Offen gesagt halten wir es auch gar nicht für zweckmäßig, wenn Männer des Volks sich ins Joch der Fürstendienerei einspannen. Lassen wir die konstitutionellen Kräfte sich abnutzen, damit das noch befangene Volk von der Unfähigkeit und Schwäche dieses Justemilieu' s sich thatsächlich überzeuge, wie es sich von der der Herren Camphausen und Hansemann überzeugt hat. Wird die Vereinbarerversammlung auch jetzt noch unbedingt in den Händen der Regierung bleiben? Und wird sie nicht endlich lernen, daß die der Gewalt Beraubten alle möglichen Mittel anwenden, um die alte Gewalt wieder zu erlangen? daß sie miniren, intriguiren, um die Vertreter des Volks zu verblenden und zu beherrschen? 103 Berlin, 20. Juni. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der National-Versammlung ließ der Präsident ein, kurz vor Eröffnung eingelaufenes, Schreiben des Minister-Präsidenten Camphausen verlesen, worin derselbe anzeigt, daß es ihm nicht gelungen ist, die Ergänzung des Ministeriums zu vervollständigen und daß er deshalb seine Entlassung in die Hände des Königs niederlege. Schließlich bittet er, daß die National-Versammlung ihre Sitzungen bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums aussetze. ‒ Nachdem die Minister Auerswald und Hansemann erklärten, daß sie, wie sich das von selbst verstehe, mit dem leitenden Prinzip, welches in dem Minister-Präsidenten personificirt sei, ebenfalls stehen oder fallen müssen, jedoch die laufenden Geschäfte ihrer Ministerien bis zur Konstituirung des neuen Ministeriums besorgen würden; ‒ beschloß die Versammlung auf Antrag des Abgeordneten Seidel (von der Rechten), ihre Sitzungen bis Montag auszusetzen, daß aber das Präsidium verpflichtet sei, sobald sich das neue Ministerium konstituirt haben würde, sogleich schon vor Montag die Versammlung wieder zusammenkommen zu lassen. ‒ Graf Reichenbach hatte den Antrag gestellt, daß die National-Versammlung sich jedenfalls Freitag wieder in ihrem Sitzungssaale einfinde, denn die Zeit des Zutrauens ist vorüber, es ist jetzt die Zeit des Mißtrauens und russische Heere stehen an der Gränze. Dieser Antrag von der Linken unterstützt blieb in der Minorität und wir bleiben daher wahrscheinlich bis Montag in einem Provisorium. Den Grund, den Camphausen für seine Abdankung angiebt, kann hier Niemand für den wahren ansehen, denn für die ausgetretenen drei Minister waren ja schon Kanitz durch Schreckenstein, Baron Arnim durch Schleinitz ersetzt, so daß nur noch das Ministerium des Unterrichts und der geistlichen Angelegenheiten anstatt des ausgeschiedenen Grafen Schwerin zu besetzen war. Die Gründe müssen daher ganz wo anders liegen und diese Ungewißheit hat in allen Kreisen heute die größte Aufregung hervorgebracht. Versuchen wir unsererseits die möglichen Gründe zusammen zu stellen. ‒ Als wir Ihnen das Programm des linken Centrums von Rodbertus und Genossen mittheilten, sprachen wir schon die Gewißheit aus, daß das Ministerium Camphausen in den Fragen, wo es gegen dieses Programm sei, in der Minorität bleiben werde. Dieser Fall trat schon am 15. d. ein, wo die National-Versammlung gegen den Willen der Minister beschloß, eine Kommission zur Entwerfung der Verfassung niederzusetzen. Der vorgelegte Verfassungs-Entwurf der Minister war damit gänzlich verworfen, mit einer Majorität von 46 Stimmen. Schon nach dieser Abstimmung hätte das Ministerium Camphausen abdanken müssen, aber es bewies seine bekannte Zähigkeit und dachte sich aus dem linken Centrum durch Rodbertus zu ergänzen und zu stärken. Dieser verlangte aber vor allen Dingen die Anerkennung seines aufgestellten Programms. Das Ministerium Camphausen, auf dem Rechtsboden von 1847 und dem Erlaß vom 18. März 1848 stehend, kann aber die Volkssouveränität hervorgegangen aus der Revolution des 18. Und 19. März nicht anerkennen, und da der gestern ausgegebene Adreß-Entwurf diese Prinzipien ebenfalls ausspricht, ‒ in einem so hohen Grade sogar, daß Herr Camphausen vor Ohnmacht zurückgefallen sein soll als er ihn zu Gesicht bekam, ‒ so ist es ganz natürlich, daß man endlich einsah, in welchem großen Widerspruch sich das Ministerium mit der Majorität des Landes befinde. ‒ Zweitens kommt aber noch der Stand des Ministeriums Camphausen in der auswärtigen Politik in Betracht. Durch seine halbe Maßregeln hat es das Ministerium mit allen auswärtigen Staaten verdorben. Mit Frankreich und Rußland wegen Posens. Mit England, Schweden und Dänemark wegen Schleswig. Von Frankreich soll eine energische Note eingelaufen sein, welche gegen die vorgenommene Theilung des Großherzogthums Posen protestirt, während der Kaiser von Rußland die Reorganisation des kleinsten Theils von Posen, wie sie jetzt in Ausführung ist, schon für einen casus belli erklärt und mit der Einrückung seiner Armee, die jeden Augenblick unsere Gränze überschreiten kann, gedroht haben soll. Rußland pflegt nicht zu spaßen, das wissen die Herrn Minister und deshalb nahmen sie ihre Entlassung, es ihren Nachfolgern überlassend, die Entscheidung herbeizuführen. Zwei Wege stehen jetzt dem Könige offen. Der Erste: ein Ministerium zusammengesetzt aus der Linken und dem Centrum, ‒ Waldeck, Rodbertus ‒ welches den von Rußland dahin geworfenen Fehdehandschuh aufhebt und sich mit Frankreich verbindet. Der Zweite: ein Ministerium der äußersten Rechten, worin mehrere Mitglieder des jetzigen im Amte bleiben; Nachgeben gegen die russische Politik, d. h. Fortschreiten auf dem Wege der Reaktion; und der Volkssouveränetät trotzend. Der Hauptmann von Natzmer, der sich am 14. d. Abends beim Angriff auf das Zeughaus zurückzog und dadurch Blutvergießen verhinderte, ist bekanntlich vor ein Kriegsgericht gestellt. Seine edle That hat aber unter den Bewohnern Berlins die allgemeinste Anerkennung gefunden, so daß man in allen Klubbs und sogar in der gesammten Bürgerwehr, Adressen und Deputationen zu seinem Besten beschließt. Eine große Kommission, welche die ganze Bürgerwehr Berlins (26-30,000 Mann) vertritt, hat sogar beschlossen den König zu bitten, die Untersuchung gegen den Hauptmann v. Natzmer niederzuschlagen. Hieraus läßt sich urtheilen, welcher gute demokratische Geist in die Bevölkerung Berlins eingedrungen. Unsere verschiedenen demokratischen Klubbs sind auch in jeder Sitzung gedrängt voll und viele Hunderte müssen wegen Mangel an Platz zurückgewiesen werden. Der Wollmarkt, der heute beginnt, ist sehr flau. Es ist beinah noch gar nichts verkauft. Auf den Märkten, die dem hiesigen vorangingen, wurden, wegen Mangel an Käufern, die Preise so herabgedrückt, daß man in Stettin am vergangenen Donnerstag die schönsten Pommerschen Wollen, die voriges Jahr 62 bis 70 Thlr. per Cntr. kosteten, mit 30-35 Thlr. verkaufte. Hierdurch finden sich auch die rheinischen Wollhändler und Fabrikanten veranlaßt, mehr zu kaufen, als es vorher ihre Absicht war. ‒ Nachschrift. So eben erfahren wir, daß die englischen Wolleinkäufer bedeutende Parthieen Wolle ankaufen, mit einem Avance von circa 8 Thlr. gegen die Stettiner Preise. Die Börse war heute in Folge der Minister-Krisis sehr flau. Alle Kurse fielen und manche Fonds waren unverkäuflich. * Frankfurt, 20. Juni. In Nro. 18 der neuen Rheinischen Zeitung wird von Köln, 17. Juni, eine Berliner Geldsendung von 1,800,000 Thaler in neun Sendungen von 200,000 Thlr. an Rothschild besprochen und die Frage daran geknüpft, ob solche Geldsendungen überhaupt stattgehabt hätten, und wie der Staat im Augenblicke seiner Zwangsanleihe über eine solche Summe verfügen könne. Als Thatsache kann ich Ihnen hierzu mittheilen, daß die fraglichen Geldsendungen hier allerdings eingetroffen sind, jedoch nicht, um hier zu bleiben oder überhaupt hier nur eine Bestimmung zu haben, sondern daß sie jedesmal Abends hier anlangten und am nächsten Morgen bereits weiter befördert wurden, das heißt, nach dem Norden, über Hannover, ob über Hamburg nach England? oder ob man das Geld nur spazieren geführt und die Berliner mit der Ankunft dieser ansehnlichen Summen überraschen will? * Frankfurt, 19. Juni. Aus zuverlässiger Quelle wird versichert, daß dem Präsidenten der deutschen Nationalversammlung, obgleich (oder vielleicht weil) der Antrag auf Berufung von Militärschutz durchgefallen ist, 10,000 Mann umliegender Truppen zur Disposition gestellt sind. 19 Frankfutt, 20. Juni. Ueber den Centralausschuß haben wir wieder viele Reden gehört, aber noch immer keine Aussicht zum Schlusse zu kommen. Ein Ritter aus Cöslin, Hr. Braun, eröffnete den Angriff gegen die Linke; er kämpfte heldenmuthig trotz allen Lärmens und Tobens der Versammlung, für den König von Preußen und dessen so oft „geschwächte Soldateska“. Der König von Preußen provisorischer Kaiser von Deutschland! Herr Welcker brach eine Lanze für den Bundestag, den Blum so grausam als einen „schon faulenden Leichnam“ bezeichnet hatte. Das war zu viel für den neu kreirten Bundestagsgesandten, der nichts weniger glaubte, als daß er und seine ehrenwerthen Kollegen diesem Lieblingsinstitute der Fürsten wieder neues Leben eingehaucht hätten, der nicht ohne Kampf diese hohe Stellung aufzugeben gedenkt. Der verehrliche Herr Hofrath tanzten dabei so ergötzlich auf der Tribüne herum, als sei das „elastische Prinzip“, welches der Hannoversche Amts-Assessor Wedekind für die Centralgewalt in Anspruch nahm, bereits in ihm verkörpert. Herr Camphausen verlangt ein Vertrauensvotum und doch ergreift er das Hasenpanier ohne jenes abzuwarten? Hier müssen gewaltige Verwickelungen vorliegen.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 23. Köln, 23. Juni 1848, S. 0104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz023_1848/2>, abgerufen am 29.04.2024.