Neue Rheinische Zeitung. Nr. 26. Köln, 26. Juni 1848.* Verona, 14. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 27 Neapel, 12. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik.
Paris, 23. Juni. Ein Uhr Nachmittags. Um 10 Uhr Morgens begab sich die elfte Legion nach dem Pallast des Luxembourg. Das 73. Linienregiment kam von derselben Seite an unter Trommelschlag. Die Dragoner, die Nationalgarde und die republikanische Garde schlugen dieselbe Richtung ein. Während dieser Zeit wurde Rappel geschlagen in der der Nationalversammlung benachbarten zehnten Legion. Der Generalmarsch tritt eine Stunde später an die Stelle des Rappels. Cavaignac theilte seinen Adjutanten und dem General Negrier Befehle aus in dem Hof der Präsidentschaft der Nationalversammlung. Man kündet an, daß Barrikaden an der Porte Saint Denis und an der Porte St. Martin aufgeworfen worden sind. Die erste wurde wahrscheinlich gebildet durch einen Wagen mit Bruchsteinen, der zu dieser Stunde, wie man mir berichtett, an diesen Plätzen vorüberfuhr und umgeworfen wurde. Man sag, daß die Agitatoren bewaffnet sind. Zwei Uhr. Um zwei Uhr besteigt der Präsident der Nationalversammlung, der seinen Sitz verlassen hat, die Tribüne, um die oben angeführten Thatsachen zu bestätigen. Als die Punkte, wo Handgemenge stattgefunden, bezeichnet er das Boulevard Boune-Nouvelle und die Straße de la Hachette. Die Bevölkerung, sagt er, zeigt im Allgemeinen wenig Sinn für die Emeute. Ich unterstreiche: im Allgemeinen. Eine Frau vom Volke beklagte sich so eben bei mir, daß die Nationalgarde, deren Uniform ich trage, zuerst auf das Volk geschossen habe. Sie citirte mir das Quartier der Hallen und die Morguc. Ich warf ihr ein, daß wir unsre Pflicht erfüllen, indem wir die Emeutiers auseinanderjagen. Was soll das? Antwortete sie, man mußte nicht auf das Volk schießen: es ist so unglücklich! Viele Flintenschüsse wurden gewechselt auf dem Marais, Barrikaden wurden aufgeworfen am Place de Chatelet und im Faubourg St. Jacques; sehr drohend sind sie auf dem Pantheonplatz. Das Blut der Nationalgarden und das des Volkes ist geflossen. Die Nationalgarden marschiren voran, vermischt mit den Linientruppen; aber man versichert, daß die republikanische Garde auf einigen Punkten sich mit dem Volke verbunden hat, was seit 1834 nicht vorgekommen ist; es sind mehre Flintenschüsse aus den Fenstern gefallen. Die Gamins von Paris figuriren wie gewöhnlich unter den Kämpfenden; ein Nationalgardist sieht einen Todten auf einer Tragbahre vorübertragen; er nähert sich; wer war es! Sein Sohn, der Gamin. Er schleudert seine Muskete zu Boden. Die Barrikaden der Porte St. Denis und der Porte St. Martin wurden den Emeutiers abgenommen. Die Nationalgarden sind vollständig im Besitz derselben Volksrepräsentanten durchlaufen den Saal des Pas perdus und kehren in den Sitzungssaal zurück mit dem Ausruf: Das ist keine Insurrektion, das ist ein Komplot. Drei und ein halb Uhr. Kanonen werden aufgefahren in der Richtung des Faubourg St. Jacques. Vier Uhr. Ein Gewittersturm kühlte für einen Augenblick die andern Stürme ab. Die Nationalgarde ist außer sich; sie behauptet, die Regierung habe sie verrathen. Sie habe die Barrikaden ohne Widerstand aufwerfen lassen und später, dieselben blos durch Nationalgarde, statt durch Nationalgarde und Linientruppen angreifen lassen. Riesenbarrikaden sind errichtet worden in den Straßen Planche-Mibray und St. Mery. Die Barrikade der Straße St. Mery erhob sich bis über das erste Stockwerk. Ich weiß noch nicht, ob sie gestürmt worden ist. Die Arbeiter, die gestern Abend der Nationalversammlung eine Petition überbrachten, schwuren Paris nicht zu verlassen, ohne daß man ihnen wenigstens Brod für ihr Alter zugesichert. Der Eindruck dieses Tages auf die Bourgeoisie ist unbeschreiblich. Sie fürchtet von einem Tag zum andern einem Wohlfahrtsausschuß, gebildet von Barbes, Blanqui, Huber u. s. w. anheimzufallen oder dem Militairdespotismus. Die vollständigste Entmuthigung herrscht in ihr. Die Arbeiter ihrerseits sind zur Verzweiflung getrieben, so rasch die Früchte der Februarrevolution, die sie mit ihrem Blut erkauft, sich entwandt und von ihren alten Unterdrückern konfiscirt, ja ihre Ansprüche mit Hohn behandelt und sich selbst der ersten politischen Rechte wieder beraubt zu sehen. Der Regen fährt fort Ströme herabzugießen und wird die Emeute ein wenig beruhigen. Ich theile Ihnen folgende Nachricht als Gerücht mit: Die Nationalversammlung soll Cavignac zum Präsidenten der Republik und Paris in Belagerungszustand erklärt haben. Man sagt, daß man auf dem Pont St. Michel und der Straße St. Jacques mit Kartätschen geschossen habe. Nach 4 Uhr. Man hört von Zeit zu Zeit noch Musketenschüsse fallen. Ein anderer Correspondent schreibt: Die Nationalgarden marschirten gegen die Emeute mit dem wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Nieder mit den Prätendenten! Gegen drei Uhr und ein halb zeigte sich eine gewisse Bewegung unter den um die Nationalversammlung gesammelten Truppen. Der Befehl, die Gewehre zu laden, wurde der ganzen Infanterie gegeben, der Linie, der Mobilgarde und der Nationalgarde, zwei Dagronereskadrons setzten sich fest auf der Place de Bourgogne; der Posten der Place la Concorde wurde verstärkt. Gegen drei Uhr fing man wieder an, einige Barrikaden aufzuwerfen in dem Faubourg St. Martin und die Füsillade begann von neuem, doch habe ich von dieser Seite her keine genaueren Berichte. Herr Thayer, Bataillonschef der zweiten Legion wurde am Fuß verwundet. Ein anderer höherer Offizier, Herr Lefevre, alter Artillerieoffizier empfing eine gefährliche Wunde. Ein Commissionair, Herr Avriol, befindet sich unter den Opfern der Füsillade der Porte St. Denis. Zwei Individuen, die das Gerücht ausstreuten, die zweite Legion steige auf Paris herab, um gemeinschaftliche Sache mit den Insurgenten zu machen, wurden verhaftet. Fünf Uhr. Ein Regensturz erleichtet die Zerstreuung der letzten Reste der Emeute. Die Verluste der zweiten Legion sollen beträchtlich sein; man spricht von 100 Todten und Verwundeten. Ein Metzger vom Faubourg Montmartre wird so eben in sein Haus getragen mit drei Kugeln im Leibe. Alles ist beendigt im Quartier Laffitte, wo das letzte Handgemeng Statt hatte. Man sagt, daß im Bezirk St. Marceau die Ruhe noch nicht hergestellt ist. - Die französische Republik, deren Pavillon im adriatischen Meerbusen unter den Kanonen eines östreichischen Forts insultirt worden war, hat Genugthuung erhalten für diesen Schimpf durch 21 Ehren-Kanonensalven, die Absetzung des Schuldigen und eine pekuniäre Entschädigung für den Kapitän des beschossenen Schiffes. Der Volksrepräsentant Quinette ist von der executiven Kommission mit einem außerordentlichen Auftrag nach Brüssel gesandt worden, wohin er sich begiebt mit dem Titel eines außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten der Republik. Man versicherte im Conferenzsaal der Nationalversammlung, seine Sendung bezwecke vom belgischen Gouvernement die doppelte Bezahlung der Ausgaben und Kriegskosten der zwei in Belgien gemachten Expeditionen, nämlich der im August 1831, als die holländische Armee das belgische Torritorium gegen den Vertrag, der den Status quo festsetzte, überschritt und der von 1832 für die Räumung der Citadelle von Antwerpen. 12 Paris, 22. Juni. Daß die belgischen Journale sich jeder Veranlassung bedienen, um zu zeigen, wie ihr "belgischer Rechtsboden", ihre "gesetzmäßige" Entwickelung der konstitutionellen Freiheiten besser und behaglicher sei als der vulkanische Boden, der Revolutionen, das liegt in ihrem natürlichen Interesse. Die Redakteure aller dieser Journale, wie der Independance; der Emancipation, sind Leute, welche vor dem Ausbruche des Vulkans genöthigt waren, den Boden Frankreichs zu fliehen, aus Gründen, die nichts weniger als vulkanischer Natur sind, aus finanziellen Gründen. - Da gab ihnen der belgische Rechtsboden ein freies Asyl, und sie errichteten auf ihm das konstitutionelle Geschäft ihrer Journale, welches in Belgien einen weit bessern Fortgang nahm, als ihr früheres Kolonialwaarengeschäft oder ihre Kommisverrichtungen in Frankreich. Seit der französischen Februar-Revolution ist diesen Exfranzosen nicht mehr wohl, nicht mehr heimisch auf belgischem Gebiet. Mit Schrecken denken sie an das Loos welches ihrer harret, wenn Belgien gar eine französische Provinz würde, und sie richten daher im Einverständnisse mit Rogier und dem Klerus, alle ihre Anstrengungen dahin, dieses Unglück abzuwälzen. Sie weisen in langen, leitenden Artikeln die Ueberlegenheit einer Regierungsform nach, in der die konstitutionellen Freiheiten und das flandrische Elend so ruhig, so gesetzmäßig nebeneinander wohnen. Jeder Unglücksschlag Frankreichs ist ein schlagender Beweis für das Glück und den Rechtsstand Flandern's. Alle reaktionäre Aeußerungen sogenannter Socialisten gegen die Republik Frankreichs gelten den belgisch-französischen Redakteurs als Bibelsprüche, Beweisstellen, als rechtskräftige Argumente ihrer eigenen monarchischen Ueberzeugungen. Goudchaux und Proudhon haben gesagt, die Revolution sei zu früh in Frankreich gekommen. Die Independance triumphirt. Proudnon hat noch mehr gesagt: Die Revolution hätte gar nicht zu kommen brauchen. Es wäre besser für Aller Heil gewesen, wenn die "drei Revolutionstage sich in 30 Jahre friedlicher Lösung ausgesponnen, ausgedehnt hätten." Kann man besser Belgiens friedlicher Entwicklung das Wort reden? Kann man mehr im Sinne belgisch-französischer Journalisten schreiben? Die Independance triumphirt. 30 Jahre! Nun, da hat das belgische Elend, die belgische Krone Zeit von selbst abzufallen, sich selbst auszustoßen, ohne auf gewaltsame Weise umgestoßen zu werden. Perrot, der Redakteur der Independance ist gerettet. Proudhon ist sein Erlöser, wie er vor wenigen Monaten der Erlöser von ganz Frankreich zu sein glaubte. Wenn doch die französische Revolution nicht seine Pläne durchkreuzt hätten! Proudhon hatte ein so herrliches, friedfertiges System entworfen, er hatte sogar deutsche Philosophie studirt, und alle Schlagwörter Hegels auswendig gelernt. Da mußte ungeachtet seiner "Philosophie des Elends", die Alles zu lösen sich vorsetzte, die Revolution ausbrechen, und der arme Proudhon mußte sie hören in seinem friedlichen Zimmer, neben seinen beiden mühsam ausgedachten Bänden ökonomischer Philosophie. Wie nun diese neue Revolution faktisch, philosophisch, ökonomisch begründen, die nach Hrn. Perrots Ausspruch völlig ungegründet war? Wie sich in einer Revolution zu Recht finden, wenn man, wie Proudhon, die Sphäre der Revolution für geschlossen erklärt hatte? "Die Demokratie, meint Proudhon, ist weiter nichts, als die Tyrannei der Majoritäten und diese Tyrannei ist die abscheulichste von allen; denn sie stützt sich weder auf Religion, noch auf Adel, noch auf Talent, noch auf Reichthum. Sie hat als Grundlage die Zahl und als Maske den Namen des Volkes. Die Demokratie ist materiel und atheistisch. Die Demokratie ist der Ostracismus für alle Fähigkeiten, und das Patriziat für alle neidische Mittelmäßigkeiten. Die Demokratie ist retrograd und kontradiktorisch, die Demokratie ist unvermögend, die soziale Frage zu lösen." Die Demokratie kann die soziale Frage nicht lösen. Aber ich, Proudhon, ich hatte mit "mathematischer Genauigkeit" die Lösung aller Fragen auf 30 Jahre festgesetzt; und die Revolution will sich anmaßen, eine mathematisch philosophische Aufgabe in 3 Tagen zu lösen? Und die Independence wirft sich nieder vor der tiefen Weisheit Proudhon's und gelobt in 30 Jahre alle Fragen zu lösen. Dieser Mann, der die Revolution verläugnet, weil sie nicht in seinen "wissenschaftlichen" Kram paßt, dessen wissenschaftlicher Kram aber aus lauter Schubladen besteht, die mit technischen Ausdrücken und Zetteln überstrotzen - dieser Mann, der seinen Beruf dadurch verfehlt hat, daß er nicht als deutscher Gelehrte geboren und erzogen wurde - dieser Mann wird als Volksrepräsentant einer aus der Revolution hervorgegangenen Kammer gewählt. Die Independence giebt uns nur die Sprache des Volksrepräsentanten Proudhon nach der Wahl: Wir wollen die Sprache des Kandidaten Proudhon vor der Wahl geben, und das Räthsel ist gelößt. Unmittelbar nach der Februar-Revolution griff Proudhon die provisorische Regierung auf die heftigste Weise an. Diese Männer trtäen nicht energisch genug auf; sie hätten die Revolution nicht verstanden; es sei eine "ökonomische" d. h. eine "soziale" und keineswegs eine "politische" Revolution. Proudhon wurde nicht gehört; sein Name wurde bei den ersten Wahlen nicht einmal genannt. Da wurden zehn neue Wahlen vorgenommen und Proudhon tritt mit einem neuen Projekte, mit einer neuen Lösung auf, mit der sogenannten "Austauschbank" ohne Geld. Man brauche kein Geld um Produkte gegen Produkte auszutauschen, und wenn die Banquiers sich weigerten, den Produzenten ihre Wechsel zu exkomptiren, so wolle man ohne sie fertig werden. Also kein Geld! der Verkehr, der Handel soll auf's neue organisirt werden, die Produzenten sollten ohne alle Unkosten ihre Waaren und Wechsel gegeneinander austauschen, ohne einen rothen Pfennig, und wer an dieser Gesellschaft, an diesem Vertrauenskomptoir Theil nehmen wolle, brauche sich nur rue Jean Jeaques Rousseau Nro. 12, dem Redaktions-Büreau des Proudhonischen Journals, des Representant du Peuple zu melden. Um die Presse für sich zu gewinnen, lud er die Redakteure aller Journale ein, seinen Plan zu examiniren, lief in alle Klubs und predigte seinen Handel, seinen Austausch ohne Geld. Alle Menschen seien Produzenten, sie brauchten bloß rue Jean Jeaques Rousseau sich zu melden. Herr Girardin wurde als großer, ökonomischer Geist im Representant du Peuple angepriesen, und Herr Girardin zeigte sich dankbar. Die Arbeiter ließen sich durch das verführerische Projekt Proudhon's, der seine frühere Schriften wieder in Anregung brachte, verführen und in Ermangelung anderer wählten sie Proudhon. Wir wissen nicht, wie es gegenwärtig mit Proudhon's Bank ohne Geld steht; jedenfalls rathen wir Herrn Perrot und den andern Belgiern, bei dem bevorstehenden belgischen Nationalbankerut in Proudhon's "Bank ohne Geld" einzutreten. Großbritannien.
* London, 23. Juni. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses interpellirte L. Stanley wegen Spanien. Aus der Antwort des Marquis v. Lansdowne ging nichts weiter hervor, als was wir schon wissen: daß aller diplomatische Verkehr zwischen Spanien und England abgebrochen ist. Bei den weitern Verhandlungen kam zum Schluß eine Bill zur Sprache, die dem irischen wegen Nichtzahlung von Renten von Haus und Hof gejagten Landvolk einige schützende Bestimmungen zur Seite setzen will. Lord Monteagle (olim Spring-Rice) beantragte ein Amendement, das die Majorität für sich bekam, durch das aber selbst der geringe Schutz, der dem irischen Bauer als ein Gnadenbrocken hingeworfen werden sollte, so gut wie zurückgenommen worden. Lord Grey erklärte selbst, daß dieses Amendement dem vertriebenen Armen ein "Minimum" des Schutzes, dem Gutsherren das "Maximum" seiner bisherigen Vortheile zuerkenne. Unterhaus-Sitzung vom 22. Juni. Eine lang dauernde Debatte entspann sich über eine Anfrage, die das irische Mitglied Sir L. O'Brien an das Ministerium stellte und welche darauf hinaus lief: ob es wahr sei, daß das Ministerium mit einer Anzahl irischer Mitglieder im Geheimen einen Handel abgeschlossen habe, um deren Stimmen bei der Westindien-Frage für sich zu haben? Es wurde angedeutet, die Minister hätten nur Erhöhung des Differentialzolles auf Rum versprochen (während sie früher öffentlich das Gegentheil erklärt.) Natürlich wurde von den Ministern ein solcher Handel in Abrede gestellt. Jetzt schritt man nun weiter in der westindischen Frage. Herr Moffat war gegen die Regierungsvorschläge, weil dadurch dem Lande eine neue Last von 4 1/2 Millionen Pfd. aufgebürdet würde. Hr. Gladstone sprach ebenfalls gegen die Regierungsmaßregeln; dafür trat Hr. Wilson auf. Das Haus vertagte sich gegen 2 Uhr nach Mitternacht. Consols für Rechnung 83 1/2. 103 London, 23. Juni. Hume gab sich in der Sitzung des Unterhauses vom Dinstage Mühe, den übrigen Herren Whigs sein Projektchen parlamentarischer Reform schmackhaft zu machen. Er bewies, daß diejenigen, welche er mit dem Wahlrecht zu beleihen gedenkt, wirklich ein Recht dazu haben. Er bewies es aus alten Pergamenten, sehr gelahrten Abhandlungen sogenannter Juristen und aus der Dringlichkeit der jetzigen Verhältnisse. Dem Lord des Reform-Abschlusses, Hrn. J. Russell, hielt er seinen eigenen Reform-Enthusiasmus von 1831-32 als Spiegel vor, damit ihm der Reform-Russell von 1848 daraus klar entgegentrete. Hume nahm die Russellschen Reden von ehemals zur Hand, las sie stellenweise vor - während der kleine Lord etwas unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte und folgerte daraus, daß sie ganz vortrefflich auf seinen (Hume's) Antrag paßten. Nebstdem führte er die genauesten statistischen Ermittelungen in Betreff der bisherigen sogenannten Vertretung des englischen Volkes an. Zwei und zwanzig Wahlflecken, mit einer Bevölkerung von 100,000 Seelen, senden ins Unterhaus 42 Abgeordnete: Hier kommt 1 Abgeordneter auf 2,390 Personen. Zwanzig andere Städte und Flecken, mit einer Bevölkerung von c. 3.800,000 Seelen ernennen ebenfalls nur 42 Deputirte oder 1 Deputirten auf c. 90,000 Seelen. Unter den Städten und Flecken, welche je 2 Repräsentanten ernennen, giebt es 15 mit einer Bevölkerung von mehr als 150,000 Personen; 16 mit 50 bis 100,000 Personen; 27 mit 20 bis 50,000 Personen; 23 mit 10 bis 20,000 Personen; 47 unter 10,000 Personen. Unter denen, welche Ein Mitglied ins Parlament senden, zählen wir: 3 mit einer Bevölkerung von 50 bis 100,000 Seelen; 19 mit 20 bis 50,000 Seelen; 33 mit 10 bis 20,000 Seelen; und 30 mit weniger als 10,000 Einwohnern. Die Hauptstadt mit ihren dazu gehörigen Wahldistrikten hat eine Bevölkerung von 2 Millionen Seelen und sendet 16 Deputirte ins Parlament; eben so viele werden ernannt von den 8 Wahlflecken: Bridgenorth, Honiton, Harwich, Thetford, Richmond, Torneß, Stafford und Lymington, die zusammen noch nicht 40,000 Einwohner zählen. In ähnlicher Weise verhält es sich mit Schottland und Irland, und mit diesen wieder im Vergleich zu England. Wir können und wollen uns nicht auf die 85 verschiedenen Arten, nach denen in Großbritannien und Irland das Wahlrecht bestimmt wird, einlassen. So viel steht fest, da von circa 5 Million. Engländern, die über 21 Jahre alt sind höchstens 800,000 das Wahlrecht besitzen, und daß bei der offenen Abstimmung und bei den jetzigen Existenzverhältnissen, welche auf dem Vorrechte und der Herrschaft des bürgerlichen Privateigenthums beruhen, 4/5 jener Wählermasse gezwungene und willenlose Werkzeuge des letzten 1/5 sind, das durch Reichthum und gesellschaftlichen Einfluß die Uebrigen beherrscht. Herr Hume sollte nun den nicht vertretenen Millionen der arbeitenden Klasse einen Opiumtrank eingeben, der in der Bourgeois-Apotheke von Cobden, Bright, Wilson und Comp. zum Einschläfern des Proletariats bereitet worden. Er wollte eine gewisse Zahl der bisher Ausgeschlossenen in das bürgerliche Allerheiligste zulassen, versteht sich nach vorherigen Prüfungen, Kasteiungen, Proben, Beweisen, Zeugnissen, Bürgschaften, Abpferchung, Verdiensten u. s. w. Die Bourgeois suchten Verstärkung ihrer Macht und Beschwichtigung des Chartismus. Sie waren zu einer Abschlagzahlung bereit, weil sie begriffen, daß es in der bisherigen Weise unmöglich lange fortgehen könne. Der kleine Lord J. Russel that feierlicher als gewöhnlich. Auf die Tausende von Petitionen, die zu Gunsten der Hume'schen Reform heute und früher überreicht worden, halte er nicht viel, denn meistens hätten die Chartisten in den betreffenden Meetings sogleich Protest eingelegt und diejenige Petion, welche die zahlreichsten Unterschriften - 200,000 - enthält, wolle die "Charter", aber nicht die Reform. Er wundert sich, daß Herr Hume so ins Gelag hin eine Reform beantragt, ohne irgend ein festes Prinzip. Wolle man konsequent sein, so müsse man nicht einen kleinen Theil der jetzigen Nichtwähler, sondern alle über 21. Jahre alten Personen zur Ausübung des Wahlrechts herbeiziehen. Er sei durchaus nicht dafür, es würde aber logisch sein. Er für seinen Theil stimme unter den gegenwärtigen Zuständen, gegen die Hume'sche Motion; sie annehmen, hieße dem Chartismus Thür und Thor öffnen u. s. w. Dem edlen Lord kann das englische Proletariat dankbar sein. Er weist jene von Cobden, Hume und Consorten ausspintisirte "Mock"- oder Scheinreform von vornherein zurück. Die Chartisten können jetzt nur immer mehr Anhänger gewinnen. Sie werden sich fester organisiren, als bisher, weil der Bruch zwischen der jetzt herrschenden und der Arbeiterklasse stündlich tiefer und unheilbarer werden muß, nachdem sich das Ministerium ausgesprochen, wie es jetzt gethan. Belustigend ist dabei die Art, in welcher die "Times" Herrn Hume wegen seiner quacksalberischen Motion mitnehmen. "Der kleine Charakter des Herrn Hume", sagt das Krämer-Journal, "ist nicht besser weggekommen, als der große des Feargus O'Connor." Möge sich Letzterer mit dem ähnlichen Schicksal seines undankbaren Nachahmers und Verläumders trösten. Herr Hume hat die 6 Punkte der Charter sorgfältig in 4 Punkte zusammengeschnitzelt, die mit dem riesigen Original nur eine Familienähnlichkeit hat- * Verona, 14. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 27 Neapel, 12. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik.
Paris, 23. Juni. Ein Uhr Nachmittags. Um 10 Uhr Morgens begab sich die elfte Legion nach dem Pallast des Luxembourg. Das 73. Linienregiment kam von derselben Seite an unter Trommelschlag. Die Dragoner, die Nationalgarde und die republikanische Garde schlugen dieselbe Richtung ein. Während dieser Zeit wurde Rappel geschlagen in der der Nationalversammlung benachbarten zehnten Legion. Der Generalmarsch tritt eine Stunde später an die Stelle des Rappels. Cavaignac theilte seinen Adjutanten und dem General Negrier Befehle aus in dem Hof der Präsidentschaft der Nationalversammlung. Man kündet an, daß Barrikaden an der Porte Saint Denis und an der Porte St. Martin aufgeworfen worden sind. Die erste wurde wahrscheinlich gebildet durch einen Wagen mit Bruchsteinen, der zu dieser Stunde, wie man mir berichtett, an diesen Plätzen vorüberfuhr und umgeworfen wurde. Man sag, daß die Agitatoren bewaffnet sind. Zwei Uhr. Um zwei Uhr besteigt der Präsident der Nationalversammlung, der seinen Sitz verlassen hat, die Tribüne, um die oben angeführten Thatsachen zu bestätigen. Als die Punkte, wo Handgemenge stattgefunden, bezeichnet er das Boulevard Boune-Nouvelle und die Straße de la Hachette. Die Bevölkerung, sagt er, zeigt im Allgemeinen wenig Sinn für die Emeute. Ich unterstreiche: im Allgemeinen. Eine Frau vom Volke beklagte sich so eben bei mir, daß die Nationalgarde, deren Uniform ich trage, zuerst auf das Volk geschossen habe. Sie citirte mir das Quartier der Hallen und die Morguc. Ich warf ihr ein, daß wir unsre Pflicht erfüllen, indem wir die Emeutiers auseinanderjagen. Was soll das? Antwortete sie, man mußte nicht auf das Volk schießen: es ist so unglücklich! Viele Flintenschüsse wurden gewechselt auf dem Marais, Barrikaden wurden aufgeworfen am Place de Châtelet und im Faubourg St. Jacques; sehr drohend sind sie auf dem Pantheonplatz. Das Blut der Nationalgarden und das des Volkes ist geflossen. Die Nationalgarden marschiren voran, vermischt mit den Linientruppen; aber man versichert, daß die republikanische Garde auf einigen Punkten sich mit dem Volke verbunden hat, was seit 1834 nicht vorgekommen ist; es sind mehre Flintenschüsse aus den Fenstern gefallen. Die Gamins von Paris figuriren wie gewöhnlich unter den Kämpfenden; ein Nationalgardist sieht einen Todten auf einer Tragbahre vorübertragen; er nähert sich; wer war es! Sein Sohn, der Gamin. Er schleudert seine Muskete zu Boden. Die Barrikaden der Porte St. Denis und der Porte St. Martin wurden den Emeutiers abgenommen. Die Nationalgarden sind vollständig im Besitz derselben Volksrepräsentanten durchlaufen den Saal des Pas perdus und kehren in den Sitzungssaal zurück mit dem Ausruf: Das ist keine Insurrektion, das ist ein Komplot. Drei und ein halb Uhr. Kanonen werden aufgefahren in der Richtung des Faubourg St. Jacques. Vier Uhr. Ein Gewittersturm kühlte für einen Augenblick die andern Stürme ab. Die Nationalgarde ist außer sich; sie behauptet, die Regierung habe sie verrathen. Sie habe die Barrikaden ohne Widerstand aufwerfen lassen und später, dieselben blos durch Nationalgarde, statt durch Nationalgarde und Linientruppen angreifen lassen. Riesenbarrikaden sind errichtet worden in den Straßen Planche-Mibray und St. Mery. Die Barrikade der Straße St. Mery erhob sich bis über das erste Stockwerk. Ich weiß noch nicht, ob sie gestürmt worden ist. Die Arbeiter, die gestern Abend der Nationalversammlung eine Petition überbrachten, schwuren Paris nicht zu verlassen, ohne daß man ihnen wenigstens Brod für ihr Alter zugesichert. Der Eindruck dieses Tages auf die Bourgeoisie ist unbeschreiblich. Sie fürchtet von einem Tag zum andern einem Wohlfahrtsausschuß, gebildet von Barbes, Blanqui, Huber u. s. w. anheimzufallen oder dem Militairdespotismus. Die vollständigste Entmuthigung herrscht in ihr. Die Arbeiter ihrerseits sind zur Verzweiflung getrieben, so rasch die Früchte der Februarrevolution, die sie mit ihrem Blut erkauft, sich entwandt und von ihren alten Unterdrückern konfiscirt, ja ihre Ansprüche mit Hohn behandelt und sich selbst der ersten politischen Rechte wieder beraubt zu sehen. Der Regen fährt fort Ströme herabzugießen und wird die Emeute ein wenig beruhigen. Ich theile Ihnen folgende Nachricht als Gerücht mit: Die Nationalversammlung soll Cavignac zum Präsidenten der Republik und Paris in Belagerungszustand erklärt haben. Man sagt, daß man auf dem Pont St. Michel und der Straße St. Jacques mit Kartätschen geschossen habe. Nach 4 Uhr. Man hört von Zeit zu Zeit noch Musketenschüsse fallen. Ein anderer Correspondent schreibt: Die Nationalgarden marschirten gegen die Emeute mit dem wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Nieder mit den Prätendenten! Gegen drei Uhr und ein halb zeigte sich eine gewisse Bewegung unter den um die Nationalversammlung gesammelten Truppen. Der Befehl, die Gewehre zu laden, wurde der ganzen Infanterie gegeben, der Linie, der Mobilgarde und der Nationalgarde, zwei Dagronereskadrons setzten sich fest auf der Place de Bourgogne; der Posten der Place la Concorde wurde verstärkt. Gegen drei Uhr fing man wieder an, einige Barrikaden aufzuwerfen in dem Faubourg St. Martin und die Füsillade begann von neuem, doch habe ich von dieser Seite her keine genaueren Berichte. Herr Thayer, Bataillonschef der zweiten Legion wurde am Fuß verwundet. Ein anderer höherer Offizier, Herr Lefèvre, alter Artillerieoffizier empfing eine gefährliche Wunde. Ein Commissionair, Herr Avriol, befindet sich unter den Opfern der Füsillade der Porte St. Denis. Zwei Individuen, die das Gerücht ausstreuten, die zweite Legion steige auf Paris herab, um gemeinschaftliche Sache mit den Insurgenten zu machen, wurden verhaftet. Fünf Uhr. Ein Regensturz erleichtet die Zerstreuung der letzten Reste der Emeute. Die Verluste der zweiten Legion sollen beträchtlich sein; man spricht von 100 Todten und Verwundeten. Ein Metzger vom Faubourg Montmartre wird so eben in sein Haus getragen mit drei Kugeln im Leibe. Alles ist beendigt im Quartier Laffitte, wo das letzte Handgemeng Statt hatte. Man sagt, daß im Bezirk St. Marceau die Ruhe noch nicht hergestellt ist. ‒ Die französische Republik, deren Pavillon im adriatischen Meerbusen unter den Kanonen eines östreichischen Forts insultirt worden war, hat Genugthuung erhalten für diesen Schimpf durch 21 Ehren-Kanonensalven, die Absetzung des Schuldigen und eine pekuniäre Entschädigung für den Kapitän des beschossenen Schiffes. Der Volksrepräsentant Quinette ist von der executiven Kommission mit einem außerordentlichen Auftrag nach Brüssel gesandt worden, wohin er sich begiebt mit dem Titel eines außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten der Republik. Man versicherte im Conferenzsaal der Nationalversammlung, seine Sendung bezwecke vom belgischen Gouvernement die doppelte Bezahlung der Ausgaben und Kriegskosten der zwei in Belgien gemachten Expeditionen, nämlich der im August 1831, als die holländische Armee das belgische Torritorium gegen den Vertrag, der den Status quo festsetzte, überschritt und der von 1832 für die Räumung der Citadelle von Antwerpen. 12 Paris, 22. Juni. Daß die belgischen Journale sich jeder Veranlassung bedienen, um zu zeigen, wie ihr „belgischer Rechtsboden“, ihre „gesetzmäßige“ Entwickelung der konstitutionellen Freiheiten besser und behaglicher sei als der vulkanische Boden, der Revolutionen, das liegt in ihrem natürlichen Interesse. Die Redakteure aller dieser Journale, wie der Independance; der Emancipation, sind Leute, welche vor dem Ausbruche des Vulkans genöthigt waren, den Boden Frankreichs zu fliehen, aus Gründen, die nichts weniger als vulkanischer Natur sind, aus finanziellen Gründen. ‒ Da gab ihnen der belgische Rechtsboden ein freies Asyl, und sie errichteten auf ihm das konstitutionelle Geschäft ihrer Journale, welches in Belgien einen weit bessern Fortgang nahm, als ihr früheres Kolonialwaarengeschäft oder ihre Kommisverrichtungen in Frankreich. Seit der französischen Februar-Revolution ist diesen Exfranzosen nicht mehr wohl, nicht mehr heimisch auf belgischem Gebiet. Mit Schrecken denken sie an das Loos welches ihrer harret, wenn Belgien gar eine französische Provinz würde, und sie richten daher im Einverständnisse mit Rogier und dem Klerus, alle ihre Anstrengungen dahin, dieses Unglück abzuwälzen. Sie weisen in langen, leitenden Artikeln die Ueberlegenheit einer Regierungsform nach, in der die konstitutionellen Freiheiten und das flandrische Elend so ruhig, so gesetzmäßig nebeneinander wohnen. Jeder Unglücksschlag Frankreichs ist ein schlagender Beweis für das Glück und den Rechtsstand Flandern's. Alle reaktionäre Aeußerungen sogenannter Socialisten gegen die Republik Frankreichs gelten den belgisch-französischen Redakteurs als Bibelsprüche, Beweisstellen, als rechtskräftige Argumente ihrer eigenen monarchischen Ueberzeugungen. Goudchaux und Proudhon haben gesagt, die Revolution sei zu früh in Frankreich gekommen. Die Independance triumphirt. Proudnon hat noch mehr gesagt: Die Revolution hätte gar nicht zu kommen brauchen. Es wäre besser für Aller Heil gewesen, wenn die „drei Revolutionstage sich in 30 Jahre friedlicher Lösung ausgesponnen, ausgedehnt hätten.“ Kann man besser Belgiens friedlicher Entwicklung das Wort reden? Kann man mehr im Sinne belgisch-französischer Journalisten schreiben? Die Independance triumphirt. 30 Jahre! Nun, da hat das belgische Elend, die belgische Krone Zeit von selbst abzufallen, sich selbst auszustoßen, ohne auf gewaltsame Weise umgestoßen zu werden. Perrot, der Redakteur der Independance ist gerettet. Proudhon ist sein Erlöser, wie er vor wenigen Monaten der Erlöser von ganz Frankreich zu sein glaubte. Wenn doch die französische Revolution nicht seine Pläne durchkreuzt hätten! Proudhon hatte ein so herrliches, friedfertiges System entworfen, er hatte sogar deutsche Philosophie studirt, und alle Schlagwörter Hegels auswendig gelernt. Da mußte ungeachtet seiner „Philosophie des Elends“, die Alles zu lösen sich vorsetzte, die Revolution ausbrechen, und der arme Proudhon mußte sie hören in seinem friedlichen Zimmer, neben seinen beiden mühsam ausgedachten Bänden ökonomischer Philosophie. Wie nun diese neue Revolution faktisch, philosophisch, ökonomisch begründen, die nach Hrn. Perrots Ausspruch völlig ungegründet war? Wie sich in einer Revolution zu Recht finden, wenn man, wie Proudhon, die Sphäre der Revolution für geschlossen erklärt hatte? „Die Demokratie, meint Proudhon, ist weiter nichts, als die Tyrannei der Majoritäten und diese Tyrannei ist die abscheulichste von allen; denn sie stützt sich weder auf Religion, noch auf Adel, noch auf Talent, noch auf Reichthum. Sie hat als Grundlage die Zahl und als Maske den Namen des Volkes. Die Demokratie ist materiel und atheistisch. Die Demokratie ist der Ostracismus für alle Fähigkeiten, und das Patriziat für alle neidische Mittelmäßigkeiten. Die Demokratie ist retrograd und kontradiktorisch, die Demokratie ist unvermögend, die soziale Frage zu lösen.“ Die Demokratie kann die soziale Frage nicht lösen. Aber ich, Proudhon, ich hatte mit „mathematischer Genauigkeit“ die Lösung aller Fragen auf 30 Jahre festgesetzt; und die Revolution will sich anmaßen, eine mathematisch philosophische Aufgabe in 3 Tagen zu lösen? Und die Indépendence wirft sich nieder vor der tiefen Weisheit Proudhon's und gelobt in 30 Jahre alle Fragen zu lösen. Dieser Mann, der die Revolution verläugnet, weil sie nicht in seinen „wissenschaftlichen“ Kram paßt, dessen wissenschaftlicher Kram aber aus lauter Schubladen besteht, die mit technischen Ausdrücken und Zetteln überstrotzen ‒ dieser Mann, der seinen Beruf dadurch verfehlt hat, daß er nicht als deutscher Gelehrte geboren und erzogen wurde ‒ dieser Mann wird als Volksrepräsentant einer aus der Revolution hervorgegangenen Kammer gewählt. Die Independence giebt uns nur die Sprache des Volksrepräsentanten Proudhon nach der Wahl: Wir wollen die Sprache des Kandidaten Proudhon vor der Wahl geben, und das Räthsel ist gelößt. Unmittelbar nach der Februar-Revolution griff Proudhon die provisorische Regierung auf die heftigste Weise an. Diese Männer trtäen nicht energisch genug auf; sie hätten die Revolution nicht verstanden; es sei eine „ökonomische“ d. h. eine „soziale“ und keineswegs eine „politische“ Revolution. Proudhon wurde nicht gehört; sein Name wurde bei den ersten Wahlen nicht einmal genannt. Da wurden zehn neue Wahlen vorgenommen und Proudhon tritt mit einem neuen Projekte, mit einer neuen Lösung auf, mit der sogenannten „Austauschbank“ ohne Geld. Man brauche kein Geld um Produkte gegen Produkte auszutauschen, und wenn die Banquiers sich weigerten, den Produzenten ihre Wechsel zu exkomptiren, so wolle man ohne sie fertig werden. Also kein Geld! der Verkehr, der Handel soll auf's neue organisirt werden, die Produzenten sollten ohne alle Unkosten ihre Waaren und Wechsel gegeneinander austauschen, ohne einen rothen Pfennig, und wer an dieser Gesellschaft, an diesem Vertrauenskomptoir Theil nehmen wolle, brauche sich nur rue Jean Jeaques Rousseau Nro. 12, dem Redaktions-Büreau des Proudhonischen Journals, des Representant du Peuple zu melden. Um die Presse für sich zu gewinnen, lud er die Redakteure aller Journale ein, seinen Plan zu examiniren, lief in alle Klubs und predigte seinen Handel, seinen Austausch ohne Geld. Alle Menschen seien Produzenten, sie brauchten bloß rue Jean Jeaques Rousseau sich zu melden. Herr Girardin wurde als großer, ökonomischer Geist im Representant du Peuple angepriesen, und Herr Girardin zeigte sich dankbar. Die Arbeiter ließen sich durch das verführerische Projekt Proudhon's, der seine frühere Schriften wieder in Anregung brachte, verführen und in Ermangelung anderer wählten sie Proudhon. Wir wissen nicht, wie es gegenwärtig mit Proudhon's Bank ohne Geld steht; jedenfalls rathen wir Herrn Perrot und den andern Belgiern, bei dem bevorstehenden belgischen Nationalbankerut in Proudhon's „Bank ohne Geld“ einzutreten. Großbritannien.
* London, 23. Juni. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses interpellirte L. Stanley wegen Spanien. Aus der Antwort des Marquis v. Lansdowne ging nichts weiter hervor, als was wir schon wissen: daß aller diplomatische Verkehr zwischen Spanien und England abgebrochen ist. Bei den weitern Verhandlungen kam zum Schluß eine Bill zur Sprache, die dem irischen wegen Nichtzahlung von Renten von Haus und Hof gejagten Landvolk einige schützende Bestimmungen zur Seite setzen will. Lord Monteagle (olim Spring-Rice) beantragte ein Amendement, das die Majorität für sich bekam, durch das aber selbst der geringe Schutz, der dem irischen Bauer als ein Gnadenbrocken hingeworfen werden sollte, so gut wie zurückgenommen worden. Lord Grey erklärte selbst, daß dieses Amendement dem vertriebenen Armen ein „Minimum“ des Schutzes, dem Gutsherren das „Maximum“ seiner bisherigen Vortheile zuerkenne. Unterhaus-Sitzung vom 22. Juni. Eine lang dauernde Debatte entspann sich über eine Anfrage, die das irische Mitglied Sir L. O'Brien an das Ministerium stellte und welche darauf hinaus lief: ob es wahr sei, daß das Ministerium mit einer Anzahl irischer Mitglieder im Geheimen einen Handel abgeschlossen habe, um deren Stimmen bei der Westindien-Frage für sich zu haben? Es wurde angedeutet, die Minister hätten nur Erhöhung des Differentialzolles auf Rum versprochen (während sie früher öffentlich das Gegentheil erklärt.) Natürlich wurde von den Ministern ein solcher Handel in Abrede gestellt. Jetzt schritt man nun weiter in der westindischen Frage. Herr Moffat war gegen die Regierungsvorschläge, weil dadurch dem Lande eine neue Last von 4 1/2 Millionen Pfd. aufgebürdet würde. Hr. Gladstone sprach ebenfalls gegen die Regierungsmaßregeln; dafür trat Hr. Wilson auf. Das Haus vertagte sich gegen 2 Uhr nach Mitternacht. Consols für Rechnung 83 1/2. 103 London, 23. Juni. Hume gab sich in der Sitzung des Unterhauses vom Dinstage Mühe, den übrigen Herren Whigs sein Projektchen parlamentarischer Reform schmackhaft zu machen. Er bewies, daß diejenigen, welche er mit dem Wahlrecht zu beleihen gedenkt, wirklich ein Recht dazu haben. Er bewies es aus alten Pergamenten, sehr gelahrten Abhandlungen sogenannter Juristen und aus der Dringlichkeit der jetzigen Verhältnisse. Dem Lord des Reform-Abschlusses, Hrn. J. Russell, hielt er seinen eigenen Reform-Enthusiasmus von 1831-32 als Spiegel vor, damit ihm der Reform-Russell von 1848 daraus klar entgegentrete. Hume nahm die Russellschen Reden von ehemals zur Hand, las sie stellenweise vor ‒ während der kleine Lord etwas unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte und folgerte daraus, daß sie ganz vortrefflich auf seinen (Hume's) Antrag paßten. Nebstdem führte er die genauesten statistischen Ermittelungen in Betreff der bisherigen sogenannten Vertretung des englischen Volkes an. Zwei und zwanzig Wahlflecken, mit einer Bevölkerung von 100,000 Seelen, senden ins Unterhaus 42 Abgeordnete: Hier kommt 1 Abgeordneter auf 2,390 Personen. Zwanzig andere Städte und Flecken, mit einer Bevölkerung von c. 3.800,000 Seelen ernennen ebenfalls nur 42 Deputirte oder 1 Deputirten auf c. 90,000 Seelen. Unter den Städten und Flecken, welche je 2 Repräsentanten ernennen, giebt es 15 mit einer Bevölkerung von mehr als 150,000 Personen; 16 mit 50 bis 100,000 Personen; 27 mit 20 bis 50,000 Personen; 23 mit 10 bis 20,000 Personen; 47 unter 10,000 Personen. Unter denen, welche Ein Mitglied ins Parlament senden, zählen wir: 3 mit einer Bevölkerung von 50 bis 100,000 Seelen; 19 mit 20 bis 50,000 Seelen; 33 mit 10 bis 20,000 Seelen; und 30 mit weniger als 10,000 Einwohnern. Die Hauptstadt mit ihren dazu gehörigen Wahldistrikten hat eine Bevölkerung von 2 Millionen Seelen und sendet 16 Deputirte ins Parlament; eben so viele werden ernannt von den 8 Wahlflecken: Bridgenorth, Honiton, Harwich, Thetford, Richmond, Torneß, Stafford und Lymington, die zusammen noch nicht 40,000 Einwohner zählen. In ähnlicher Weise verhält es sich mit Schottland und Irland, und mit diesen wieder im Vergleich zu England. Wir können und wollen uns nicht auf die 85 verschiedenen Arten, nach denen in Großbritannien und Irland das Wahlrecht bestimmt wird, einlassen. So viel steht fest, da von circa 5 Million. Engländern, die über 21 Jahre alt sind höchstens 800,000 das Wahlrecht besitzen, und daß bei der offenen Abstimmung und bei den jetzigen Existenzverhältnissen, welche auf dem Vorrechte und der Herrschaft des bürgerlichen Privateigenthums beruhen, 4/5 jener Wählermasse gezwungene und willenlose Werkzeuge des letzten 1/5 sind, das durch Reichthum und gesellschaftlichen Einfluß die Uebrigen beherrscht. Herr Hume sollte nun den nicht vertretenen Millionen der arbeitenden Klasse einen Opiumtrank eingeben, der in der Bourgeois-Apotheke von Cobden, Bright, Wilson und Comp. zum Einschläfern des Proletariats bereitet worden. Er wollte eine gewisse Zahl der bisher Ausgeschlossenen in das bürgerliche Allerheiligste zulassen, versteht sich nach vorherigen Prüfungen, Kasteiungen, Proben, Beweisen, Zeugnissen, Bürgschaften, Abpferchung, Verdiensten u. s. w. Die Bourgeois suchten Verstärkung ihrer Macht und Beschwichtigung des Chartismus. Sie waren zu einer Abschlagzahlung bereit, weil sie begriffen, daß es in der bisherigen Weise unmöglich lange fortgehen könne. Der kleine Lord J. Russel that feierlicher als gewöhnlich. Auf die Tausende von Petitionen, die zu Gunsten der Hume'schen Reform heute und früher überreicht worden, halte er nicht viel, denn meistens hätten die Chartisten in den betreffenden Meetings sogleich Protest eingelegt und diejenige Petion, welche die zahlreichsten Unterschriften ‒ 200,000 ‒ enthält, wolle die „Charter“, aber nicht die Reform. Er wundert sich, daß Herr Hume so ins Gelag hin eine Reform beantragt, ohne irgend ein festes Prinzip. Wolle man konsequent sein, so müsse man nicht einen kleinen Theil der jetzigen Nichtwähler, sondern alle über 21. Jahre alten Personen zur Ausübung des Wahlrechts herbeiziehen. Er sei durchaus nicht dafür, es würde aber logisch sein. Er für seinen Theil stimme unter den gegenwärtigen Zuständen, gegen die Hume'sche Motion; sie annehmen, hieße dem Chartismus Thür und Thor öffnen u. s. w. Dem edlen Lord kann das englische Proletariat dankbar sein. Er weist jene von Cobden, Hume und Consorten ausspintisirte „Mock“- oder Scheinreform von vornherein zurück. Die Chartisten können jetzt nur immer mehr Anhänger gewinnen. Sie werden sich fester organisiren, als bisher, weil der Bruch zwischen der jetzt herrschenden und der Arbeiterklasse stündlich tiefer und unheilbarer werden muß, nachdem sich das Ministerium ausgesprochen, wie es jetzt gethan. Belustigend ist dabei die Art, in welcher die „Times“ Herrn Hume wegen seiner quacksalberischen Motion mitnehmen. „Der kleine Charakter des Herrn Hume“, sagt das Krämer-Journal, „ist nicht besser weggekommen, als der große des Feargus O'Connor.“ Möge sich Letzterer mit dem ähnlichen Schicksal seines undankbaren Nachahmers und Verläumders trösten. Herr Hume hat die 6 Punkte der Charter sorgfältig in 4 Punkte zusammengeschnitzelt, die mit dem riesigen Original nur eine Familienähnlichkeit hat- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0003" n="0121"/> <div xml:id="ar026_023_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 26. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 182.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Verona, 14. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar026_024_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 26. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 182.</bibl></note> <head><bibl><author>27</author></bibl> Neapel, 12. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar026_025" type="jArticle"> <head>Paris, 23. Juni.</head> <p><hi rendition="#g">Ein Uhr Nachmittags.</hi> Um 10 Uhr Morgens begab sich die elfte Legion nach dem Pallast des Luxembourg. Das 73. Linienregiment kam von derselben Seite an unter Trommelschlag. Die Dragoner, die Nationalgarde und die republikanische Garde schlugen dieselbe Richtung ein. Während dieser Zeit wurde Rappel geschlagen in der der Nationalversammlung benachbarten zehnten Legion. Der Generalmarsch tritt eine Stunde später an die Stelle des Rappels. Cavaignac theilte seinen Adjutanten und dem General Negrier Befehle aus in dem Hof der Präsidentschaft der Nationalversammlung.</p> <p>Man kündet an, daß <hi rendition="#g">Barrikaden</hi> an der <hi rendition="#g">Porte Saint Denis</hi> und an der <hi rendition="#g">Porte St. Martin</hi> aufgeworfen worden sind. Die erste wurde wahrscheinlich gebildet durch einen Wagen mit Bruchsteinen, der zu dieser Stunde, wie man mir berichtett, an diesen Plätzen vorüberfuhr und umgeworfen wurde. Man sag, daß die Agitatoren bewaffnet sind.</p> <p><hi rendition="#g">Zwei Uhr.</hi> Um zwei Uhr besteigt der Präsident der Nationalversammlung, der seinen Sitz verlassen hat, die Tribüne, um die oben angeführten Thatsachen zu bestätigen. Als die Punkte, wo Handgemenge stattgefunden, bezeichnet er das Boulevard Boune-Nouvelle und die Straße de la Hachette. Die Bevölkerung, sagt er, zeigt <hi rendition="#g">im Allgemeinen</hi> wenig Sinn für die Emeute. Ich unterstreiche: <hi rendition="#g">im Allgemeinen.</hi> Eine Frau vom Volke beklagte sich so eben bei mir, daß die Nationalgarde, deren Uniform ich trage, <hi rendition="#g">zuerst</hi> auf das Volk geschossen habe. Sie citirte mir das Quartier der <hi rendition="#g">Hallen</hi> und die <hi rendition="#g">Morguc.</hi> Ich warf ihr ein, daß wir unsre Pflicht erfüllen, indem wir die Emeutiers auseinanderjagen. Was soll das? Antwortete sie, man mußte nicht auf das Volk schießen: es ist so unglücklich!</p> <p>Viele Flintenschüsse wurden gewechselt auf dem Marais, Barrikaden wurden aufgeworfen am Place de Châtelet und im Faubourg St. Jacques; sehr drohend sind sie auf dem Pantheonplatz. Das Blut der Nationalgarden und das des Volkes ist geflossen. Die Nationalgarden marschiren voran, vermischt mit den Linientruppen; aber man versichert, daß die <hi rendition="#g">republikanische Garde</hi> auf einigen Punkten sich mit dem Volke verbunden hat, <hi rendition="#g">was seit 1834 nicht vorgekommen ist; es sind mehre Flintenschüsse aus den Fenstern gefallen.</hi></p> <p>Die Gamins von Paris figuriren wie gewöhnlich unter den Kämpfenden; ein Nationalgardist sieht einen Todten auf einer Tragbahre vorübertragen; er nähert sich; wer war es! Sein Sohn, der Gamin. Er schleudert seine Muskete zu Boden.</p> <p>Die Barrikaden der Porte St. Denis und der Porte St. Martin wurden den Emeutiers abgenommen. Die Nationalgarden sind vollständig im Besitz derselben</p> <p>Volksrepräsentanten durchlaufen den Saal des Pas perdus und kehren in den Sitzungssaal zurück mit dem Ausruf: Das ist keine Insurrektion, das ist ein Komplot.</p> <p><hi rendition="#g">Drei und ein halb Uhr. Kanonen</hi> werden aufgefahren in der Richtung des Faubourg St. Jacques.</p> <p><hi rendition="#g">Vier Uhr.</hi> Ein Gewittersturm kühlte für einen Augenblick die andern Stürme ab.</p> <p>Die Nationalgarde ist außer sich; sie behauptet, die Regierung habe sie verrathen. Sie habe die Barrikaden ohne Widerstand aufwerfen lassen und später, dieselben blos durch Nationalgarde, statt durch Nationalgarde und Linientruppen angreifen lassen. Riesenbarrikaden sind errichtet worden in den Straßen <hi rendition="#g">Planche-Mibray</hi> und <hi rendition="#g">St. Mery.</hi> Die Barrikade der Straße St. Mery erhob sich bis über das erste Stockwerk. Ich weiß noch nicht, ob sie gestürmt worden ist. Die Arbeiter, die gestern Abend der Nationalversammlung eine Petition überbrachten, schwuren Paris nicht zu verlassen, ohne daß man ihnen wenigstens Brod für ihr Alter zugesichert.</p> <p>Der Eindruck dieses Tages auf die Bourgeoisie ist unbeschreiblich. Sie fürchtet von einem Tag zum andern einem Wohlfahrtsausschuß, gebildet von Barbes, Blanqui, Huber u. s. w. anheimzufallen oder dem Militairdespotismus. Die vollständigste Entmuthigung herrscht in ihr.</p> <p>Die Arbeiter ihrerseits sind zur Verzweiflung getrieben, so rasch die Früchte der Februarrevolution, die sie mit ihrem Blut erkauft, sich entwandt und von ihren alten Unterdrückern konfiscirt, ja ihre Ansprüche mit Hohn behandelt und sich selbst der ersten politischen Rechte wieder beraubt zu sehen.</p> <p>Der Regen fährt fort Ströme herabzugießen und wird die Emeute ein wenig beruhigen. Ich theile Ihnen folgende Nachricht als <hi rendition="#g">Gerücht</hi> mit: <hi rendition="#g">Die Nationalversammlung soll Cavignac zum Präsidenten der Republik und Paris in Belagerungszustand erklärt haben.</hi></p> <p>Man sagt, daß man auf dem Pont St. Michel und der Straße St. <hi rendition="#g">Jacques</hi> mit <hi rendition="#g">Kartätschen geschossen habe.</hi></p> <p>Nach 4 Uhr. Man hört von Zeit zu Zeit noch Musketenschüsse fallen.</p> <p>Ein anderer Correspondent schreibt: Die Nationalgarden marschirten gegen die Emeute mit dem wiederholten Rufe: <hi rendition="#g">Es lebe die Republik! Nieder mit den Prätendenten!</hi> Gegen drei Uhr und ein halb zeigte sich eine gewisse Bewegung unter den um die Nationalversammlung gesammelten Truppen. Der Befehl, die Gewehre zu laden, wurde der ganzen Infanterie gegeben, der Linie, der Mobilgarde und der Nationalgarde, zwei Dagronereskadrons setzten sich fest auf der Place de Bourgogne; der Posten der Place la Concorde wurde verstärkt.</p> <p>Gegen drei Uhr fing man wieder an, einige Barrikaden aufzuwerfen in dem Faubourg St. Martin und die Füsillade begann von neuem, doch habe ich von dieser Seite her keine genaueren Berichte. Herr Thayer, Bataillonschef der zweiten Legion wurde am Fuß verwundet. Ein anderer höherer Offizier, Herr Lefèvre, alter Artillerieoffizier empfing eine gefährliche Wunde. Ein Commissionair, Herr Avriol, befindet sich unter den Opfern der Füsillade der Porte St. Denis. Zwei Individuen, die das Gerücht ausstreuten, die zweite Legion steige auf Paris herab, um gemeinschaftliche Sache mit den Insurgenten zu machen, wurden verhaftet.</p> <p>Fünf Uhr. Ein Regensturz erleichtet die Zerstreuung der letzten Reste der Emeute.</p> <p>Die Verluste der zweiten Legion sollen beträchtlich sein; man spricht von 100 Todten und Verwundeten.</p> <p>Ein Metzger vom Faubourg Montmartre wird so eben in sein Haus getragen mit drei Kugeln im Leibe.</p> <p>Alles ist beendigt im Quartier Laffitte, wo das letzte Handgemeng Statt hatte. Man sagt, daß im Bezirk St. Marceau die Ruhe noch nicht hergestellt ist.</p> <p>‒ Die französische Republik, deren Pavillon im adriatischen Meerbusen unter den Kanonen eines östreichischen Forts insultirt worden war, hat Genugthuung erhalten für diesen Schimpf durch 21 Ehren-Kanonensalven, die Absetzung des Schuldigen und eine pekuniäre Entschädigung für den Kapitän des beschossenen Schiffes.</p> <p>Der Volksrepräsentant <hi rendition="#g">Quinette</hi> ist von der executiven Kommission mit einem außerordentlichen Auftrag nach Brüssel gesandt worden, wohin er sich begiebt mit dem Titel eines außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten der Republik. Man versicherte im Conferenzsaal der Nationalversammlung, seine Sendung bezwecke vom belgischen Gouvernement die doppelte Bezahlung der Ausgaben und Kriegskosten der zwei in Belgien gemachten Expeditionen, nämlich der im August 1831, als die holländische Armee das belgische Torritorium gegen den Vertrag, der den Status quo festsetzte, überschritt und der von 1832 für die Räumung der Citadelle von Antwerpen.</p> </div> <div xml:id="ar026_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 22. Juni.</head> <p>Daß die belgischen Journale sich jeder Veranlassung bedienen, um zu zeigen, wie ihr „belgischer Rechtsboden“, ihre „gesetzmäßige“ Entwickelung der konstitutionellen Freiheiten besser und behaglicher sei als der vulkanische Boden, der Revolutionen, das liegt in ihrem natürlichen Interesse. Die Redakteure aller dieser Journale, wie der Independance; der Emancipation, sind Leute, welche vor dem Ausbruche des Vulkans genöthigt waren, den Boden Frankreichs zu fliehen, aus Gründen, die nichts weniger als vulkanischer Natur sind, aus finanziellen Gründen. ‒ Da gab ihnen der belgische Rechtsboden ein freies Asyl, und sie errichteten auf ihm das konstitutionelle Geschäft ihrer Journale, welches in Belgien einen weit bessern Fortgang nahm, als ihr früheres Kolonialwaarengeschäft oder ihre Kommisverrichtungen in Frankreich.</p> <p>Seit der französischen Februar-Revolution ist diesen Exfranzosen nicht mehr wohl, nicht mehr heimisch auf belgischem Gebiet. Mit Schrecken denken sie an das Loos welches ihrer harret, wenn Belgien gar eine französische Provinz würde, und sie richten daher im Einverständnisse mit Rogier und dem Klerus, alle ihre Anstrengungen dahin, dieses Unglück abzuwälzen. Sie weisen in langen, leitenden Artikeln die Ueberlegenheit einer Regierungsform nach, in der die konstitutionellen Freiheiten und das flandrische Elend so ruhig, so gesetzmäßig nebeneinander wohnen. Jeder Unglücksschlag Frankreichs ist ein schlagender Beweis für das Glück und den Rechtsstand Flandern's. Alle reaktionäre Aeußerungen sogenannter Socialisten gegen die Republik Frankreichs gelten den belgisch-französischen Redakteurs als Bibelsprüche, Beweisstellen, als rechtskräftige Argumente ihrer eigenen monarchischen Ueberzeugungen.</p> <p>Goudchaux und Proudhon haben gesagt, die Revolution sei zu früh in Frankreich gekommen. Die Independance triumphirt. Proudnon hat noch mehr gesagt: Die Revolution hätte gar nicht zu kommen brauchen. Es wäre besser für Aller Heil gewesen, wenn die „drei Revolutionstage sich in 30 Jahre friedlicher Lösung ausgesponnen, ausgedehnt hätten.“ Kann man besser Belgiens friedlicher Entwicklung das Wort reden? Kann man mehr im Sinne belgisch-französischer Journalisten schreiben? Die Independance triumphirt. 30 Jahre! Nun, da hat das belgische Elend, die belgische Krone Zeit von selbst abzufallen, sich selbst auszustoßen, ohne auf gewaltsame Weise umgestoßen zu werden. Perrot, der Redakteur der Independance ist gerettet. Proudhon ist sein Erlöser, wie er vor wenigen Monaten der Erlöser von ganz Frankreich zu sein glaubte. Wenn doch die französische Revolution nicht seine Pläne durchkreuzt hätten! Proudhon hatte ein so herrliches, friedfertiges System entworfen, er hatte sogar deutsche Philosophie studirt, und alle Schlagwörter Hegels auswendig gelernt. Da mußte ungeachtet seiner „Philosophie des Elends“, die Alles zu lösen sich vorsetzte, die Revolution ausbrechen, und der arme Proudhon mußte sie hören in seinem friedlichen Zimmer, neben seinen beiden mühsam ausgedachten Bänden ökonomischer Philosophie. Wie nun diese neue Revolution faktisch, philosophisch, ökonomisch begründen, die nach Hrn. Perrots Ausspruch völlig ungegründet war? Wie sich in einer Revolution zu Recht finden, wenn man, wie Proudhon, die Sphäre der Revolution für geschlossen erklärt hatte?</p> <p>„Die Demokratie, meint Proudhon, ist weiter nichts, als die Tyrannei der Majoritäten und diese Tyrannei ist die abscheulichste von allen; denn sie stützt sich weder auf Religion, noch auf Adel, noch auf Talent, noch auf Reichthum. Sie hat als Grundlage die Zahl und als Maske den Namen des Volkes. Die Demokratie ist materiel und atheistisch. Die Demokratie ist der Ostracismus für alle Fähigkeiten, und das Patriziat für alle neidische Mittelmäßigkeiten. Die Demokratie ist retrograd und kontradiktorisch, die Demokratie ist unvermögend, die soziale Frage zu lösen.“</p> <p>Die Demokratie kann die soziale Frage nicht lösen. Aber ich, Proudhon, ich hatte mit „mathematischer Genauigkeit“ die Lösung aller Fragen auf 30 Jahre festgesetzt; und die Revolution will sich anmaßen, eine mathematisch philosophische Aufgabe in 3 Tagen zu lösen?</p> <p>Und die Indépendence wirft sich nieder vor der tiefen Weisheit Proudhon's und gelobt in 30 Jahre alle Fragen zu lösen.</p> <p>Dieser Mann, der die Revolution verläugnet, weil sie nicht in seinen „wissenschaftlichen“ Kram paßt, dessen wissenschaftlicher Kram aber aus lauter Schubladen besteht, die mit technischen Ausdrücken und Zetteln überstrotzen ‒ dieser Mann, der seinen Beruf dadurch verfehlt hat, daß er nicht als deutscher Gelehrte geboren und erzogen wurde ‒ dieser Mann wird als Volksrepräsentant einer aus der Revolution hervorgegangenen Kammer gewählt. Die Independence giebt uns nur die Sprache des Volksrepräsentanten Proudhon nach der Wahl: Wir wollen die Sprache des Kandidaten Proudhon vor der Wahl geben, und das Räthsel ist gelößt.</p> <p>Unmittelbar nach der Februar-Revolution griff Proudhon die provisorische Regierung auf die heftigste Weise an. Diese Männer trtäen nicht energisch genug auf; sie hätten die Revolution nicht verstanden; es sei eine „ökonomische“ d. h. eine „soziale“ und keineswegs eine „politische“ Revolution. Proudhon wurde nicht gehört; sein Name wurde bei den ersten Wahlen nicht einmal genannt. Da wurden zehn neue Wahlen vorgenommen und Proudhon tritt mit einem neuen Projekte, mit einer neuen Lösung auf, mit der sogenannten „Austauschbank“ ohne Geld. Man brauche kein Geld um Produkte gegen Produkte auszutauschen, und wenn die Banquiers sich weigerten, den Produzenten ihre Wechsel zu exkomptiren, so wolle man ohne sie fertig werden. Also kein Geld! der Verkehr, der Handel soll auf's neue organisirt werden, die Produzenten sollten ohne alle Unkosten ihre Waaren und Wechsel gegeneinander austauschen, ohne einen rothen Pfennig, und wer an dieser Gesellschaft, an diesem Vertrauenskomptoir Theil nehmen wolle, brauche sich nur rue Jean Jeaques Rousseau Nro. 12, dem Redaktions-Büreau des Proudhonischen Journals, des Representant du Peuple zu melden. Um die Presse für sich zu gewinnen, lud er die Redakteure aller Journale ein, seinen Plan zu examiniren, lief in alle Klubs und predigte seinen Handel, seinen Austausch ohne Geld. Alle Menschen seien Produzenten, sie brauchten bloß rue Jean Jeaques Rousseau sich zu melden. Herr Girardin wurde als großer, ökonomischer Geist im Representant du Peuple angepriesen, und Herr Girardin zeigte sich dankbar. Die Arbeiter ließen sich durch das verführerische Projekt Proudhon's, der seine frühere Schriften wieder in Anregung brachte, verführen und in Ermangelung anderer wählten sie Proudhon. Wir wissen nicht, wie es gegenwärtig mit Proudhon's Bank ohne Geld steht; jedenfalls rathen wir Herrn Perrot und den andern Belgiern, bei dem bevorstehenden belgischen Nationalbankerut in Proudhon's „Bank ohne Geld“ einzutreten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar026_027" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 23. Juni.</head> <p>In der gestrigen Sitzung des <hi rendition="#g">Oberhauses</hi> interpellirte <hi rendition="#g">L. Stanley</hi> wegen Spanien. Aus der Antwort des Marquis v. Lansdowne ging nichts weiter hervor, als was wir schon wissen: daß aller diplomatische Verkehr zwischen Spanien und England abgebrochen ist. Bei den weitern Verhandlungen kam zum Schluß eine Bill zur Sprache, die dem irischen wegen Nichtzahlung von Renten von Haus und Hof gejagten Landvolk einige schützende Bestimmungen zur Seite setzen will. Lord Monteagle (olim Spring-Rice) beantragte ein Amendement, das die Majorität für sich bekam, durch das aber selbst der geringe Schutz, der dem irischen Bauer als ein Gnadenbrocken hingeworfen werden sollte, so gut wie zurückgenommen worden. Lord <hi rendition="#g">Grey</hi> erklärte selbst, daß dieses Amendement dem vertriebenen Armen ein „Minimum“ des Schutzes, dem Gutsherren das „Maximum“ seiner bisherigen Vortheile zuerkenne.</p> <p><hi rendition="#g">Unterhaus-Sitzung</hi> vom 22. Juni. Eine lang dauernde Debatte entspann sich über eine Anfrage, die das irische Mitglied Sir <hi rendition="#g">L. O'Brien</hi> an das Ministerium stellte und welche darauf hinaus lief: ob es wahr sei, daß das Ministerium mit einer Anzahl irischer Mitglieder im Geheimen einen Handel abgeschlossen habe, um deren Stimmen bei der Westindien-Frage für sich zu haben? Es wurde angedeutet, die Minister hätten nur Erhöhung des Differentialzolles auf Rum versprochen (während sie früher öffentlich das Gegentheil erklärt.) Natürlich wurde von den Ministern ein solcher Handel in Abrede gestellt. Jetzt schritt man nun weiter in der westindischen Frage. Herr <hi rendition="#g">Moffat</hi> war gegen die Regierungsvorschläge, weil dadurch dem Lande eine neue Last von 4 1/2 Millionen Pfd. aufgebürdet würde. <hi rendition="#g">Hr. Gladstone</hi> sprach ebenfalls gegen die Regierungsmaßregeln; dafür trat <hi rendition="#g">Hr. Wilson</hi> auf. Das Haus vertagte sich gegen 2 Uhr nach Mitternacht. Consols für Rechnung 83 1/2.</p> </div> <div xml:id="ar026_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> London, 23. Juni.</head> <p>Hume gab sich in der Sitzung des Unterhauses vom Dinstage Mühe, den übrigen Herren Whigs sein Projektchen parlamentarischer Reform schmackhaft zu machen. Er bewies, daß diejenigen, welche er mit dem Wahlrecht zu beleihen gedenkt, wirklich ein Recht dazu haben. Er bewies es aus alten Pergamenten, sehr gelahrten Abhandlungen sogenannter Juristen und aus der Dringlichkeit der jetzigen Verhältnisse. Dem Lord des Reform-Abschlusses, Hrn. J. Russell, hielt er seinen eigenen Reform-Enthusiasmus von 1831-32 als Spiegel vor, damit ihm der Reform-Russell von 1848 daraus klar entgegentrete. Hume nahm die Russellschen Reden von ehemals zur Hand, las sie stellenweise vor ‒ während der kleine Lord etwas unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte und folgerte daraus, daß sie ganz vortrefflich auf seinen (Hume's) Antrag paßten. Nebstdem führte er die genauesten statistischen Ermittelungen in Betreff der bisherigen sogenannten Vertretung des englischen Volkes an.</p> <p>Zwei und zwanzig Wahlflecken, mit einer Bevölkerung von 100,000 Seelen, senden ins Unterhaus 42 Abgeordnete: Hier kommt 1 Abgeordneter auf 2,390 Personen. Zwanzig andere Städte und Flecken, mit einer Bevölkerung von c. 3.800,000 Seelen ernennen ebenfalls nur 42 Deputirte oder 1 Deputirten auf c. 90,000 Seelen. Unter den Städten und Flecken, welche je 2 Repräsentanten ernennen, giebt es 15 mit einer Bevölkerung von mehr als 150,000 Personen; 16 mit 50 bis 100,000 Personen; 27 mit 20 bis 50,000 Personen; 23 mit 10 bis 20,000 Personen; 47 unter 10,000 Personen. Unter denen, welche <hi rendition="#g">Ein</hi> Mitglied ins Parlament senden, zählen wir: 3 mit einer Bevölkerung von 50 bis 100,000 Seelen; 19 mit 20 bis 50,000 Seelen; 33 mit 10 bis 20,000 Seelen; und 30 mit weniger als 10,000 Einwohnern. Die Hauptstadt mit ihren dazu gehörigen Wahldistrikten hat eine Bevölkerung von 2 Millionen Seelen und sendet 16 Deputirte ins Parlament; eben so viele werden ernannt von den 8 Wahlflecken: Bridgenorth, Honiton, Harwich, Thetford, Richmond, Torneß, Stafford und Lymington, die zusammen noch nicht 40,000 Einwohner zählen. In ähnlicher Weise verhält es sich mit Schottland und Irland, und mit diesen wieder im Vergleich zu England.</p> <p>Wir können und wollen uns nicht auf die 85 verschiedenen Arten, nach denen in Großbritannien und Irland das Wahlrecht bestimmt wird, einlassen. So viel steht fest, da von circa 5 Million. Engländern, die über 21 Jahre alt sind höchstens 800,000 das Wahlrecht besitzen, und daß bei der offenen Abstimmung und bei den jetzigen Existenzverhältnissen, welche auf dem Vorrechte und der Herrschaft des bürgerlichen Privateigenthums beruhen, 4/5 jener Wählermasse gezwungene und willenlose Werkzeuge des letzten 1/5 sind, das durch Reichthum und gesellschaftlichen Einfluß die Uebrigen beherrscht. Herr Hume sollte nun den nicht vertretenen Millionen der arbeitenden Klasse einen Opiumtrank eingeben, der in der Bourgeois-Apotheke von Cobden, Bright, Wilson und Comp. zum Einschläfern des Proletariats bereitet worden. Er wollte eine gewisse Zahl der bisher Ausgeschlossenen in das bürgerliche Allerheiligste zulassen, versteht sich nach vorherigen Prüfungen, Kasteiungen, Proben, Beweisen, Zeugnissen, Bürgschaften, Abpferchung, Verdiensten u. s. w. Die Bourgeois suchten Verstärkung ihrer Macht und Beschwichtigung des Chartismus. Sie waren zu einer Abschlagzahlung bereit, weil sie begriffen, daß es in der bisherigen Weise unmöglich lange fortgehen könne. Der kleine Lord J. Russel that feierlicher als gewöhnlich. Auf die Tausende von Petitionen, die zu Gunsten der Hume'schen Reform heute und früher überreicht worden, halte er nicht viel, denn meistens hätten die Chartisten in den betreffenden Meetings sogleich Protest eingelegt und diejenige Petion, welche die zahlreichsten Unterschriften ‒ 200,000 ‒ enthält, wolle die „Charter“, aber nicht die Reform. Er wundert sich, daß Herr Hume so ins Gelag hin eine Reform beantragt, ohne irgend ein festes Prinzip. Wolle man konsequent sein, so müsse man nicht einen kleinen Theil der jetzigen Nichtwähler, sondern alle über 21. Jahre alten Personen zur Ausübung des Wahlrechts herbeiziehen. Er sei durchaus nicht dafür, es würde aber logisch sein. Er für seinen Theil stimme unter den gegenwärtigen Zuständen, gegen die Hume'sche Motion; sie annehmen, hieße dem Chartismus Thür und Thor öffnen u. s. w. Dem edlen Lord kann das englische Proletariat dankbar sein. Er weist jene von Cobden, Hume und Consorten ausspintisirte „Mock“- oder Scheinreform von vornherein zurück. Die Chartisten können jetzt nur immer mehr Anhänger gewinnen. Sie werden sich fester organisiren, als bisher, weil der Bruch zwischen der jetzt herrschenden und der Arbeiterklasse stündlich tiefer und unheilbarer werden muß, nachdem sich das Ministerium ausgesprochen, wie es jetzt gethan. Belustigend ist dabei die Art, in welcher die „Times“ Herrn Hume wegen seiner quacksalberischen Motion mitnehmen. „Der kleine Charakter des Herrn Hume“, sagt das Krämer-Journal, „ist nicht besser weggekommen, als der große des Feargus O'Connor.“ Möge sich Letzterer mit dem ähnlichen Schicksal seines undankbaren Nachahmers und Verläumders trösten. Herr Hume hat die 6 Punkte der Charter sorgfältig in 4 Punkte zusammengeschnitzelt, die mit dem riesigen Original nur eine Familienähnlichkeit hat- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121/0003]
* Verona, 14. Juni. _ 27 Neapel, 12. Juni. _ Französische Republik. Paris, 23. Juni. Ein Uhr Nachmittags. Um 10 Uhr Morgens begab sich die elfte Legion nach dem Pallast des Luxembourg. Das 73. Linienregiment kam von derselben Seite an unter Trommelschlag. Die Dragoner, die Nationalgarde und die republikanische Garde schlugen dieselbe Richtung ein. Während dieser Zeit wurde Rappel geschlagen in der der Nationalversammlung benachbarten zehnten Legion. Der Generalmarsch tritt eine Stunde später an die Stelle des Rappels. Cavaignac theilte seinen Adjutanten und dem General Negrier Befehle aus in dem Hof der Präsidentschaft der Nationalversammlung.
Man kündet an, daß Barrikaden an der Porte Saint Denis und an der Porte St. Martin aufgeworfen worden sind. Die erste wurde wahrscheinlich gebildet durch einen Wagen mit Bruchsteinen, der zu dieser Stunde, wie man mir berichtett, an diesen Plätzen vorüberfuhr und umgeworfen wurde. Man sag, daß die Agitatoren bewaffnet sind.
Zwei Uhr. Um zwei Uhr besteigt der Präsident der Nationalversammlung, der seinen Sitz verlassen hat, die Tribüne, um die oben angeführten Thatsachen zu bestätigen. Als die Punkte, wo Handgemenge stattgefunden, bezeichnet er das Boulevard Boune-Nouvelle und die Straße de la Hachette. Die Bevölkerung, sagt er, zeigt im Allgemeinen wenig Sinn für die Emeute. Ich unterstreiche: im Allgemeinen. Eine Frau vom Volke beklagte sich so eben bei mir, daß die Nationalgarde, deren Uniform ich trage, zuerst auf das Volk geschossen habe. Sie citirte mir das Quartier der Hallen und die Morguc. Ich warf ihr ein, daß wir unsre Pflicht erfüllen, indem wir die Emeutiers auseinanderjagen. Was soll das? Antwortete sie, man mußte nicht auf das Volk schießen: es ist so unglücklich!
Viele Flintenschüsse wurden gewechselt auf dem Marais, Barrikaden wurden aufgeworfen am Place de Châtelet und im Faubourg St. Jacques; sehr drohend sind sie auf dem Pantheonplatz. Das Blut der Nationalgarden und das des Volkes ist geflossen. Die Nationalgarden marschiren voran, vermischt mit den Linientruppen; aber man versichert, daß die republikanische Garde auf einigen Punkten sich mit dem Volke verbunden hat, was seit 1834 nicht vorgekommen ist; es sind mehre Flintenschüsse aus den Fenstern gefallen.
Die Gamins von Paris figuriren wie gewöhnlich unter den Kämpfenden; ein Nationalgardist sieht einen Todten auf einer Tragbahre vorübertragen; er nähert sich; wer war es! Sein Sohn, der Gamin. Er schleudert seine Muskete zu Boden.
Die Barrikaden der Porte St. Denis und der Porte St. Martin wurden den Emeutiers abgenommen. Die Nationalgarden sind vollständig im Besitz derselben
Volksrepräsentanten durchlaufen den Saal des Pas perdus und kehren in den Sitzungssaal zurück mit dem Ausruf: Das ist keine Insurrektion, das ist ein Komplot.
Drei und ein halb Uhr. Kanonen werden aufgefahren in der Richtung des Faubourg St. Jacques.
Vier Uhr. Ein Gewittersturm kühlte für einen Augenblick die andern Stürme ab.
Die Nationalgarde ist außer sich; sie behauptet, die Regierung habe sie verrathen. Sie habe die Barrikaden ohne Widerstand aufwerfen lassen und später, dieselben blos durch Nationalgarde, statt durch Nationalgarde und Linientruppen angreifen lassen. Riesenbarrikaden sind errichtet worden in den Straßen Planche-Mibray und St. Mery. Die Barrikade der Straße St. Mery erhob sich bis über das erste Stockwerk. Ich weiß noch nicht, ob sie gestürmt worden ist. Die Arbeiter, die gestern Abend der Nationalversammlung eine Petition überbrachten, schwuren Paris nicht zu verlassen, ohne daß man ihnen wenigstens Brod für ihr Alter zugesichert.
Der Eindruck dieses Tages auf die Bourgeoisie ist unbeschreiblich. Sie fürchtet von einem Tag zum andern einem Wohlfahrtsausschuß, gebildet von Barbes, Blanqui, Huber u. s. w. anheimzufallen oder dem Militairdespotismus. Die vollständigste Entmuthigung herrscht in ihr.
Die Arbeiter ihrerseits sind zur Verzweiflung getrieben, so rasch die Früchte der Februarrevolution, die sie mit ihrem Blut erkauft, sich entwandt und von ihren alten Unterdrückern konfiscirt, ja ihre Ansprüche mit Hohn behandelt und sich selbst der ersten politischen Rechte wieder beraubt zu sehen.
Der Regen fährt fort Ströme herabzugießen und wird die Emeute ein wenig beruhigen. Ich theile Ihnen folgende Nachricht als Gerücht mit: Die Nationalversammlung soll Cavignac zum Präsidenten der Republik und Paris in Belagerungszustand erklärt haben.
Man sagt, daß man auf dem Pont St. Michel und der Straße St. Jacques mit Kartätschen geschossen habe.
Nach 4 Uhr. Man hört von Zeit zu Zeit noch Musketenschüsse fallen.
Ein anderer Correspondent schreibt: Die Nationalgarden marschirten gegen die Emeute mit dem wiederholten Rufe: Es lebe die Republik! Nieder mit den Prätendenten! Gegen drei Uhr und ein halb zeigte sich eine gewisse Bewegung unter den um die Nationalversammlung gesammelten Truppen. Der Befehl, die Gewehre zu laden, wurde der ganzen Infanterie gegeben, der Linie, der Mobilgarde und der Nationalgarde, zwei Dagronereskadrons setzten sich fest auf der Place de Bourgogne; der Posten der Place la Concorde wurde verstärkt.
Gegen drei Uhr fing man wieder an, einige Barrikaden aufzuwerfen in dem Faubourg St. Martin und die Füsillade begann von neuem, doch habe ich von dieser Seite her keine genaueren Berichte. Herr Thayer, Bataillonschef der zweiten Legion wurde am Fuß verwundet. Ein anderer höherer Offizier, Herr Lefèvre, alter Artillerieoffizier empfing eine gefährliche Wunde. Ein Commissionair, Herr Avriol, befindet sich unter den Opfern der Füsillade der Porte St. Denis. Zwei Individuen, die das Gerücht ausstreuten, die zweite Legion steige auf Paris herab, um gemeinschaftliche Sache mit den Insurgenten zu machen, wurden verhaftet.
Fünf Uhr. Ein Regensturz erleichtet die Zerstreuung der letzten Reste der Emeute.
Die Verluste der zweiten Legion sollen beträchtlich sein; man spricht von 100 Todten und Verwundeten.
Ein Metzger vom Faubourg Montmartre wird so eben in sein Haus getragen mit drei Kugeln im Leibe.
Alles ist beendigt im Quartier Laffitte, wo das letzte Handgemeng Statt hatte. Man sagt, daß im Bezirk St. Marceau die Ruhe noch nicht hergestellt ist.
‒ Die französische Republik, deren Pavillon im adriatischen Meerbusen unter den Kanonen eines östreichischen Forts insultirt worden war, hat Genugthuung erhalten für diesen Schimpf durch 21 Ehren-Kanonensalven, die Absetzung des Schuldigen und eine pekuniäre Entschädigung für den Kapitän des beschossenen Schiffes.
Der Volksrepräsentant Quinette ist von der executiven Kommission mit einem außerordentlichen Auftrag nach Brüssel gesandt worden, wohin er sich begiebt mit dem Titel eines außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten der Republik. Man versicherte im Conferenzsaal der Nationalversammlung, seine Sendung bezwecke vom belgischen Gouvernement die doppelte Bezahlung der Ausgaben und Kriegskosten der zwei in Belgien gemachten Expeditionen, nämlich der im August 1831, als die holländische Armee das belgische Torritorium gegen den Vertrag, der den Status quo festsetzte, überschritt und der von 1832 für die Räumung der Citadelle von Antwerpen.
12 Paris, 22. Juni. Daß die belgischen Journale sich jeder Veranlassung bedienen, um zu zeigen, wie ihr „belgischer Rechtsboden“, ihre „gesetzmäßige“ Entwickelung der konstitutionellen Freiheiten besser und behaglicher sei als der vulkanische Boden, der Revolutionen, das liegt in ihrem natürlichen Interesse. Die Redakteure aller dieser Journale, wie der Independance; der Emancipation, sind Leute, welche vor dem Ausbruche des Vulkans genöthigt waren, den Boden Frankreichs zu fliehen, aus Gründen, die nichts weniger als vulkanischer Natur sind, aus finanziellen Gründen. ‒ Da gab ihnen der belgische Rechtsboden ein freies Asyl, und sie errichteten auf ihm das konstitutionelle Geschäft ihrer Journale, welches in Belgien einen weit bessern Fortgang nahm, als ihr früheres Kolonialwaarengeschäft oder ihre Kommisverrichtungen in Frankreich.
Seit der französischen Februar-Revolution ist diesen Exfranzosen nicht mehr wohl, nicht mehr heimisch auf belgischem Gebiet. Mit Schrecken denken sie an das Loos welches ihrer harret, wenn Belgien gar eine französische Provinz würde, und sie richten daher im Einverständnisse mit Rogier und dem Klerus, alle ihre Anstrengungen dahin, dieses Unglück abzuwälzen. Sie weisen in langen, leitenden Artikeln die Ueberlegenheit einer Regierungsform nach, in der die konstitutionellen Freiheiten und das flandrische Elend so ruhig, so gesetzmäßig nebeneinander wohnen. Jeder Unglücksschlag Frankreichs ist ein schlagender Beweis für das Glück und den Rechtsstand Flandern's. Alle reaktionäre Aeußerungen sogenannter Socialisten gegen die Republik Frankreichs gelten den belgisch-französischen Redakteurs als Bibelsprüche, Beweisstellen, als rechtskräftige Argumente ihrer eigenen monarchischen Ueberzeugungen.
Goudchaux und Proudhon haben gesagt, die Revolution sei zu früh in Frankreich gekommen. Die Independance triumphirt. Proudnon hat noch mehr gesagt: Die Revolution hätte gar nicht zu kommen brauchen. Es wäre besser für Aller Heil gewesen, wenn die „drei Revolutionstage sich in 30 Jahre friedlicher Lösung ausgesponnen, ausgedehnt hätten.“ Kann man besser Belgiens friedlicher Entwicklung das Wort reden? Kann man mehr im Sinne belgisch-französischer Journalisten schreiben? Die Independance triumphirt. 30 Jahre! Nun, da hat das belgische Elend, die belgische Krone Zeit von selbst abzufallen, sich selbst auszustoßen, ohne auf gewaltsame Weise umgestoßen zu werden. Perrot, der Redakteur der Independance ist gerettet. Proudhon ist sein Erlöser, wie er vor wenigen Monaten der Erlöser von ganz Frankreich zu sein glaubte. Wenn doch die französische Revolution nicht seine Pläne durchkreuzt hätten! Proudhon hatte ein so herrliches, friedfertiges System entworfen, er hatte sogar deutsche Philosophie studirt, und alle Schlagwörter Hegels auswendig gelernt. Da mußte ungeachtet seiner „Philosophie des Elends“, die Alles zu lösen sich vorsetzte, die Revolution ausbrechen, und der arme Proudhon mußte sie hören in seinem friedlichen Zimmer, neben seinen beiden mühsam ausgedachten Bänden ökonomischer Philosophie. Wie nun diese neue Revolution faktisch, philosophisch, ökonomisch begründen, die nach Hrn. Perrots Ausspruch völlig ungegründet war? Wie sich in einer Revolution zu Recht finden, wenn man, wie Proudhon, die Sphäre der Revolution für geschlossen erklärt hatte?
„Die Demokratie, meint Proudhon, ist weiter nichts, als die Tyrannei der Majoritäten und diese Tyrannei ist die abscheulichste von allen; denn sie stützt sich weder auf Religion, noch auf Adel, noch auf Talent, noch auf Reichthum. Sie hat als Grundlage die Zahl und als Maske den Namen des Volkes. Die Demokratie ist materiel und atheistisch. Die Demokratie ist der Ostracismus für alle Fähigkeiten, und das Patriziat für alle neidische Mittelmäßigkeiten. Die Demokratie ist retrograd und kontradiktorisch, die Demokratie ist unvermögend, die soziale Frage zu lösen.“
Die Demokratie kann die soziale Frage nicht lösen. Aber ich, Proudhon, ich hatte mit „mathematischer Genauigkeit“ die Lösung aller Fragen auf 30 Jahre festgesetzt; und die Revolution will sich anmaßen, eine mathematisch philosophische Aufgabe in 3 Tagen zu lösen?
Und die Indépendence wirft sich nieder vor der tiefen Weisheit Proudhon's und gelobt in 30 Jahre alle Fragen zu lösen.
Dieser Mann, der die Revolution verläugnet, weil sie nicht in seinen „wissenschaftlichen“ Kram paßt, dessen wissenschaftlicher Kram aber aus lauter Schubladen besteht, die mit technischen Ausdrücken und Zetteln überstrotzen ‒ dieser Mann, der seinen Beruf dadurch verfehlt hat, daß er nicht als deutscher Gelehrte geboren und erzogen wurde ‒ dieser Mann wird als Volksrepräsentant einer aus der Revolution hervorgegangenen Kammer gewählt. Die Independence giebt uns nur die Sprache des Volksrepräsentanten Proudhon nach der Wahl: Wir wollen die Sprache des Kandidaten Proudhon vor der Wahl geben, und das Räthsel ist gelößt.
Unmittelbar nach der Februar-Revolution griff Proudhon die provisorische Regierung auf die heftigste Weise an. Diese Männer trtäen nicht energisch genug auf; sie hätten die Revolution nicht verstanden; es sei eine „ökonomische“ d. h. eine „soziale“ und keineswegs eine „politische“ Revolution. Proudhon wurde nicht gehört; sein Name wurde bei den ersten Wahlen nicht einmal genannt. Da wurden zehn neue Wahlen vorgenommen und Proudhon tritt mit einem neuen Projekte, mit einer neuen Lösung auf, mit der sogenannten „Austauschbank“ ohne Geld. Man brauche kein Geld um Produkte gegen Produkte auszutauschen, und wenn die Banquiers sich weigerten, den Produzenten ihre Wechsel zu exkomptiren, so wolle man ohne sie fertig werden. Also kein Geld! der Verkehr, der Handel soll auf's neue organisirt werden, die Produzenten sollten ohne alle Unkosten ihre Waaren und Wechsel gegeneinander austauschen, ohne einen rothen Pfennig, und wer an dieser Gesellschaft, an diesem Vertrauenskomptoir Theil nehmen wolle, brauche sich nur rue Jean Jeaques Rousseau Nro. 12, dem Redaktions-Büreau des Proudhonischen Journals, des Representant du Peuple zu melden. Um die Presse für sich zu gewinnen, lud er die Redakteure aller Journale ein, seinen Plan zu examiniren, lief in alle Klubs und predigte seinen Handel, seinen Austausch ohne Geld. Alle Menschen seien Produzenten, sie brauchten bloß rue Jean Jeaques Rousseau sich zu melden. Herr Girardin wurde als großer, ökonomischer Geist im Representant du Peuple angepriesen, und Herr Girardin zeigte sich dankbar. Die Arbeiter ließen sich durch das verführerische Projekt Proudhon's, der seine frühere Schriften wieder in Anregung brachte, verführen und in Ermangelung anderer wählten sie Proudhon. Wir wissen nicht, wie es gegenwärtig mit Proudhon's Bank ohne Geld steht; jedenfalls rathen wir Herrn Perrot und den andern Belgiern, bei dem bevorstehenden belgischen Nationalbankerut in Proudhon's „Bank ohne Geld“ einzutreten.
Großbritannien. * London, 23. Juni. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses interpellirte L. Stanley wegen Spanien. Aus der Antwort des Marquis v. Lansdowne ging nichts weiter hervor, als was wir schon wissen: daß aller diplomatische Verkehr zwischen Spanien und England abgebrochen ist. Bei den weitern Verhandlungen kam zum Schluß eine Bill zur Sprache, die dem irischen wegen Nichtzahlung von Renten von Haus und Hof gejagten Landvolk einige schützende Bestimmungen zur Seite setzen will. Lord Monteagle (olim Spring-Rice) beantragte ein Amendement, das die Majorität für sich bekam, durch das aber selbst der geringe Schutz, der dem irischen Bauer als ein Gnadenbrocken hingeworfen werden sollte, so gut wie zurückgenommen worden. Lord Grey erklärte selbst, daß dieses Amendement dem vertriebenen Armen ein „Minimum“ des Schutzes, dem Gutsherren das „Maximum“ seiner bisherigen Vortheile zuerkenne.
Unterhaus-Sitzung vom 22. Juni. Eine lang dauernde Debatte entspann sich über eine Anfrage, die das irische Mitglied Sir L. O'Brien an das Ministerium stellte und welche darauf hinaus lief: ob es wahr sei, daß das Ministerium mit einer Anzahl irischer Mitglieder im Geheimen einen Handel abgeschlossen habe, um deren Stimmen bei der Westindien-Frage für sich zu haben? Es wurde angedeutet, die Minister hätten nur Erhöhung des Differentialzolles auf Rum versprochen (während sie früher öffentlich das Gegentheil erklärt.) Natürlich wurde von den Ministern ein solcher Handel in Abrede gestellt. Jetzt schritt man nun weiter in der westindischen Frage. Herr Moffat war gegen die Regierungsvorschläge, weil dadurch dem Lande eine neue Last von 4 1/2 Millionen Pfd. aufgebürdet würde. Hr. Gladstone sprach ebenfalls gegen die Regierungsmaßregeln; dafür trat Hr. Wilson auf. Das Haus vertagte sich gegen 2 Uhr nach Mitternacht. Consols für Rechnung 83 1/2.
103 London, 23. Juni. Hume gab sich in der Sitzung des Unterhauses vom Dinstage Mühe, den übrigen Herren Whigs sein Projektchen parlamentarischer Reform schmackhaft zu machen. Er bewies, daß diejenigen, welche er mit dem Wahlrecht zu beleihen gedenkt, wirklich ein Recht dazu haben. Er bewies es aus alten Pergamenten, sehr gelahrten Abhandlungen sogenannter Juristen und aus der Dringlichkeit der jetzigen Verhältnisse. Dem Lord des Reform-Abschlusses, Hrn. J. Russell, hielt er seinen eigenen Reform-Enthusiasmus von 1831-32 als Spiegel vor, damit ihm der Reform-Russell von 1848 daraus klar entgegentrete. Hume nahm die Russellschen Reden von ehemals zur Hand, las sie stellenweise vor ‒ während der kleine Lord etwas unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte und folgerte daraus, daß sie ganz vortrefflich auf seinen (Hume's) Antrag paßten. Nebstdem führte er die genauesten statistischen Ermittelungen in Betreff der bisherigen sogenannten Vertretung des englischen Volkes an.
Zwei und zwanzig Wahlflecken, mit einer Bevölkerung von 100,000 Seelen, senden ins Unterhaus 42 Abgeordnete: Hier kommt 1 Abgeordneter auf 2,390 Personen. Zwanzig andere Städte und Flecken, mit einer Bevölkerung von c. 3.800,000 Seelen ernennen ebenfalls nur 42 Deputirte oder 1 Deputirten auf c. 90,000 Seelen. Unter den Städten und Flecken, welche je 2 Repräsentanten ernennen, giebt es 15 mit einer Bevölkerung von mehr als 150,000 Personen; 16 mit 50 bis 100,000 Personen; 27 mit 20 bis 50,000 Personen; 23 mit 10 bis 20,000 Personen; 47 unter 10,000 Personen. Unter denen, welche Ein Mitglied ins Parlament senden, zählen wir: 3 mit einer Bevölkerung von 50 bis 100,000 Seelen; 19 mit 20 bis 50,000 Seelen; 33 mit 10 bis 20,000 Seelen; und 30 mit weniger als 10,000 Einwohnern. Die Hauptstadt mit ihren dazu gehörigen Wahldistrikten hat eine Bevölkerung von 2 Millionen Seelen und sendet 16 Deputirte ins Parlament; eben so viele werden ernannt von den 8 Wahlflecken: Bridgenorth, Honiton, Harwich, Thetford, Richmond, Torneß, Stafford und Lymington, die zusammen noch nicht 40,000 Einwohner zählen. In ähnlicher Weise verhält es sich mit Schottland und Irland, und mit diesen wieder im Vergleich zu England.
Wir können und wollen uns nicht auf die 85 verschiedenen Arten, nach denen in Großbritannien und Irland das Wahlrecht bestimmt wird, einlassen. So viel steht fest, da von circa 5 Million. Engländern, die über 21 Jahre alt sind höchstens 800,000 das Wahlrecht besitzen, und daß bei der offenen Abstimmung und bei den jetzigen Existenzverhältnissen, welche auf dem Vorrechte und der Herrschaft des bürgerlichen Privateigenthums beruhen, 4/5 jener Wählermasse gezwungene und willenlose Werkzeuge des letzten 1/5 sind, das durch Reichthum und gesellschaftlichen Einfluß die Uebrigen beherrscht. Herr Hume sollte nun den nicht vertretenen Millionen der arbeitenden Klasse einen Opiumtrank eingeben, der in der Bourgeois-Apotheke von Cobden, Bright, Wilson und Comp. zum Einschläfern des Proletariats bereitet worden. Er wollte eine gewisse Zahl der bisher Ausgeschlossenen in das bürgerliche Allerheiligste zulassen, versteht sich nach vorherigen Prüfungen, Kasteiungen, Proben, Beweisen, Zeugnissen, Bürgschaften, Abpferchung, Verdiensten u. s. w. Die Bourgeois suchten Verstärkung ihrer Macht und Beschwichtigung des Chartismus. Sie waren zu einer Abschlagzahlung bereit, weil sie begriffen, daß es in der bisherigen Weise unmöglich lange fortgehen könne. Der kleine Lord J. Russel that feierlicher als gewöhnlich. Auf die Tausende von Petitionen, die zu Gunsten der Hume'schen Reform heute und früher überreicht worden, halte er nicht viel, denn meistens hätten die Chartisten in den betreffenden Meetings sogleich Protest eingelegt und diejenige Petion, welche die zahlreichsten Unterschriften ‒ 200,000 ‒ enthält, wolle die „Charter“, aber nicht die Reform. Er wundert sich, daß Herr Hume so ins Gelag hin eine Reform beantragt, ohne irgend ein festes Prinzip. Wolle man konsequent sein, so müsse man nicht einen kleinen Theil der jetzigen Nichtwähler, sondern alle über 21. Jahre alten Personen zur Ausübung des Wahlrechts herbeiziehen. Er sei durchaus nicht dafür, es würde aber logisch sein. Er für seinen Theil stimme unter den gegenwärtigen Zuständen, gegen die Hume'sche Motion; sie annehmen, hieße dem Chartismus Thür und Thor öffnen u. s. w. Dem edlen Lord kann das englische Proletariat dankbar sein. Er weist jene von Cobden, Hume und Consorten ausspintisirte „Mock“- oder Scheinreform von vornherein zurück. Die Chartisten können jetzt nur immer mehr Anhänger gewinnen. Sie werden sich fester organisiren, als bisher, weil der Bruch zwischen der jetzt herrschenden und der Arbeiterklasse stündlich tiefer und unheilbarer werden muß, nachdem sich das Ministerium ausgesprochen, wie es jetzt gethan. Belustigend ist dabei die Art, in welcher die „Times“ Herrn Hume wegen seiner quacksalberischen Motion mitnehmen. „Der kleine Charakter des Herrn Hume“, sagt das Krämer-Journal, „ist nicht besser weggekommen, als der große des Feargus O'Connor.“ Möge sich Letzterer mit dem ähnlichen Schicksal seines undankbaren Nachahmers und Verläumders trösten. Herr Hume hat die 6 Punkte der Charter sorgfältig in 4 Punkte zusammengeschnitzelt, die mit dem riesigen Original nur eine Familienähnlichkeit hat-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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