Neue Rheinische Zeitung. Nr. 28. Köln, 28. Juni 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 28. Köln, Mittwoch 28. Juni 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexandre, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Zu Nr. 27 der "Neuen Rheinischen Zeitung" ist am 27. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden. Uebersicht. Französische Republik. (Der 23. Juni. - Der 24. Juni). Paris (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juni. - Bericht eines Kapitäns. - Nachrichten vom 25. Juni. - Vermischtes). Italien. Sizilien. (Konstitution). Neapel. (Volksbewegung). Genua. (Geribaldi). Turin. (Kammerverhandlungen). Deutschland. Berlin (die Reaktion. - Kampf zwischen Magistrat und Klubs. - Anstellungsgesuch. - Minutoli's Abdankung). - Frankfurt (Nationalversammlung). Breslau (der demokratische Verein. - Adresse von Landwehrmännern an die Vereinbarer). Wien (Vermischtes). Großbritannien. London (die Konferenz der Association der vereinigten Gewerbe). Amerika. (Wahlen. - General Taylor. - Ratifizirung des mexikanischen Vertrags). Handelsnachrichten. Amtliche Nachrichten.
Berlin, den 26. Juni 1848. Nach Inhalt der Bekanntmachung des unterzeichneten Ministeriums vom 5. d. M. hatte der königl. Generalkonsul zu Warschau angezeigt, daß den polnischen Kaufleuten als Ausnahme von dem in Rußland und Polen bestehenden Verbote, Gold- und Silbermünzen nach dem Auslande zu versenden, die Versendung von Goldmünzen nach dem Aublande gestattet werden solle, wenn sie nachwiesen, daß sie sich in der unumgänglichen Nothwendigkeit befänden, Zahlungen in dem Auslande leisten zu müssen. Diese Anzeige beruhte auf einer in dem Warschauer Tagesblatte vom 23. v. M. Nr. 138 enthaltenen Bekanntmachung. Jetzt ist von dem gedachten königl. Generalkonsul angezeigt worden, daß die hiernach in Aussicht gestellte Ausnahme von dem Ausfuhrverbote nicht nachgegeben werde, und daß die dagegen erhobenen wiederholten und dringenden Reklamationen ohne Erfolg gewesen seien. Das unterzeichnete Ministerium beeilt sich, dies hierdurch zur Kenntniß des Publikums zu bringen. Berlin, den 24. Juni 1848. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Der Advokat Julius Fischel zu Koblenz ist zugleich zum Anwalte bei dem dortigen königl. Landgerichte ernannt worden; den Justizkommissarien Mottau, Hermann, Calow, Lenke, Hanow, Alker und Pitzschky in Stettin ist neben der Praxis bei dem dortigen Land- und Stadtgericht auch die Praxis bei den übrigen Untergerichten des randowschen Kreises einstweilen und widerruflich gestattet worden. Das 26. Stück der Gesetzsammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält unter : Nr. 2989.Den Allerhöchsten Erlaß vom 29. Mai d. J., betreffend die Anwendung der ermäßigten Portotaxe für Kreuzbandsendungen mit handschriftlicher Beifügung des Datums und der Namens-Unterschrift; Nr. 2990.Desgleichen vom 14. Juni d. J., die Ausdehnung der Bestimmungen der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 3. Mai 1821 auf die mittelst der Allerhöchsten Ordre vom 25. April 1848 genehmigte freiwillige Staats-Anleihe und die auf diese Anleihe bezüglichen Schuld-Verschreibungen betreffend; Nr. 2991.Das Gesetz vom 23. d. M., betreffend den Schutz der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung. Französische Republik.
* Noch immer finden wir eine Menge Umstände über den Kampf des 23. nachzutragen. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben von Georg Weerth. Der Herr Preiß über die Dinge im Allgemeinen. Auf dem Komptoire des Herrn Preiß lag wieder einmal die schauerlichste Geschäftsstille. Der Herr Preiß sah aus wie ein Todtengräber, in dessen Kundschaft während ganzer vierzehn Tage auch nicht ein einziger Mensch gestorben ist. In der That, seit vierzehn Tagen hatte der Herr Preiß keinen Käufer bei sich gesehen. Der Buchhalter Lenz schrieb die Köpfe seiner Handels-Conti für ein halbes Jahr im Voraus; aus reiner langer Weile. Die schönen Handelsconti! "Romulus und Remus Sollen an Kaffee, Zucker und Korinthen-Conto." oder "Rhein- Ahr- Lahn- und Moselwein-Conto Hat an Castor und Pollux." Der Buchhalter Lenz nahm zwischen jeder Silbe eine Priese. - August, der blonde Korrespondent, schnitt sich vierzehn Dutzend Federn, ebenfalls aus langer Weile; der Lehrling linnirte ein halbes Ries Propatria. "Es ist mir unbegreiflich", begann der Herr Preiß, "wie man jetzt mit dem Geschicke der Welt so leichtsinnig umgehen kann!" ""Sehr leichtsinnig!"" erwiderte der Buchhalter. "In Deutschland geht man indeß noch weniger schlimm in diesem Punkte zu Werke, als in manchen andern Ländern." ""Bei weitem weniger!"" erwiderte der Buchhalter scharfsinnig. "Da setzt man z. B. in Frankreich an die Spitze des Staates einen Poeten!"" ""Es ist unerhört!"" "Allerdings, Lenz. Es ist rein zum toll werden. Einen Poeten - einen Poeten, der Verse macht - einen Poeten - ich bitte Sie, Lenz, giebt es etwas närrischeres auf der Welt, als einen Poeten?" ""Nicht leicht - nur ein Mensch der Verse liest kann möglicherweise noch närrischer sein, als ein Mensch der Verse macht."" "Da sind wir ganz miteinander einverstanden, Lenz. Poesie ist Wahnsinn. Die Poesie ist die verrückt gewordene Prosa, und ein Poet gehört nach Siegburg, aber nicht an die Spitze der französischen Republik." ""Dies mein' ich nicht, Herr Preiß."" "Wie so, Lenz?" ""Wenn die Poesie die verrückt gewordene Prosa ist, so kann man die Republik die verrückt gewordene Monarchie nennen; und steht ein Poet an der Spitze der Republik, so paßt das nur ganz herrlich; der eine Wahnsinn geht mit dem andern Hand in Hand."" "Sie sind einsichtsvoller als ich dachte, Lenz!" ""Wehe dem Lande, dessen Minister ein Poet ist!"" "Ein Mensch, der von Jugend auf nur für Rosen und Lilien, für grüne Wälder und goldne Saaten, für Lerchen und Nachtigallen, und für ähnliche Lapalien schwärmte, der soll nun plötzlich eine Nation von fast sechsunddreißig Millionen essenden, trinkenden, tanzenden, räsonnirenden und revolutionirenden französischen Menschenkindern im Zaume halten - hören Sie 'mal, Lenz, das kann nimmer gut geh'n!"" ""Nimmer, Herr Preiß; die Kurse müssen noch mehr fallen."" "Das glaub' ich auch, Lenz. Hole der Henker den französischen Poeten!" ""Erstens spricht er durch die Nase."" "Und zweitens will er die Menschen glücklich machen." ""Und drittens ist er Poet!"" "Er hat die drei gefährlichsten Mängel, welche ein Sterblicher haben kann." - Eine Windstille entstand in der Konversation. Der Buchhalter beschaute seine Handelsconti; der Herr Preiß fuhr im Lesen der Zeitung fort. "Außer den Poeten", begann er endlich auf's Neue, "sind indeß auch die Astronomen an die Reihe gekommen. Da haben wir so einen gelehrten Mann, der sein ganzes Leben lang hinauf in den Himmel geschaut hat, und der nun auf einmal die Erde regieren soll." ""Es ist lächerlich, aber traurig."" "Allerdings Lenz, man hätte diesen Menschen provisorisch unter die Sterne versetzen sollen - aber unter irdische Minister - Lenz, es kann gewiß nicht gut geh'n! am meisten ängstigt es mich indeß, daß man sogar Literaten und Zeitungsschreiber in das Gouvernement gebracht hat." ""Was Sie sagen, Herr Preiß!"" "Ja, bei Gott, Lenz, Zeitungsschreiber sollen jetzt das Schicksal der Nationen entscheiden."" ""Es ist kaum glaublich."" "Aber es ist eine entsetzliche, sehr herbe Wahrheit, Lenz, und ich muß gestehen, daß sich meine Haare sträuben, wenn ich an diese Gesellen denke. ""Ein Zeitungsschreiber: Minister! Es ist fatal. Zeitungsschreiber gehören zu den gefährlichsten Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft."" "Da haben Sie wohl recht, Lenz. Ich kenne diese Leute, mit ihren großen Schnurrbärten und mit ihrem gottvergessenen frivolen Lachen." ""Sie sehen entsetzlich aus!"" "Und doch sah ich sie manchmal gern." ""Nun ja, wie man bisweilen in Menagerien gern einen Tiger oder einen Panther sieht."" "Allerdings! die Kerle haben etwas eigenthümliches an sich; auch bei uns sehen sie aus wie lustige Verbrecher - namentlich seit der Abschaffung der Censur - - " ""Ja, das war unser Unglück!"" "Thür und Thor ist jetzt ihrem Treiben geöffnet; Alles verunglimpfen sie mit ihren Lästerzungen, und gern machten sie jede Woche wenigstens eine Revolution -" Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 28. Köln, Mittwoch 28. Juni 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexandre, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Zu Nr. 27 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist am 27. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden. Uebersicht. Französische Republik. (Der 23. Juni. ‒ Der 24. Juni). Paris (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juni. ‒ Bericht eines Kapitäns. ‒ Nachrichten vom 25. Juni. ‒ Vermischtes). Italien. Sizilien. (Konstitution). Neapel. (Volksbewegung). Genua. (Geribaldi). Turin. (Kammerverhandlungen). Deutschland. Berlin (die Reaktion. ‒ Kampf zwischen Magistrat und Klubs. ‒ Anstellungsgesuch. ‒ Minutoli's Abdankung). ‒ Frankfurt (Nationalversammlung). Breslau (der demokratische Verein. ‒ Adresse von Landwehrmännern an die Vereinbarer). Wien (Vermischtes). Großbritannien. London (die Konferenz der Association der vereinigten Gewerbe). Amerika. (Wahlen. ‒ General Taylor. ‒ Ratifizirung des mexikanischen Vertrags). Handelsnachrichten. Amtliche Nachrichten.
Berlin, den 26. Juni 1848. Nach Inhalt der Bekanntmachung des unterzeichneten Ministeriums vom 5. d. M. hatte der königl. Generalkonsul zu Warschau angezeigt, daß den polnischen Kaufleuten als Ausnahme von dem in Rußland und Polen bestehenden Verbote, Gold- und Silbermünzen nach dem Auslande zu versenden, die Versendung von Goldmünzen nach dem Aublande gestattet werden solle, wenn sie nachwiesen, daß sie sich in der unumgänglichen Nothwendigkeit befänden, Zahlungen in dem Auslande leisten zu müssen. Diese Anzeige beruhte auf einer in dem Warschauer Tagesblatte vom 23. v. M. Nr. 138 enthaltenen Bekanntmachung. Jetzt ist von dem gedachten königl. Generalkonsul angezeigt worden, daß die hiernach in Aussicht gestellte Ausnahme von dem Ausfuhrverbote nicht nachgegeben werde, und daß die dagegen erhobenen wiederholten und dringenden Reklamationen ohne Erfolg gewesen seien. Das unterzeichnete Ministerium beeilt sich, dies hierdurch zur Kenntniß des Publikums zu bringen. Berlin, den 24. Juni 1848. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Der Advokat Julius Fischel zu Koblenz ist zugleich zum Anwalte bei dem dortigen königl. Landgerichte ernannt worden; den Justizkommissarien Mottau, Hermann, Calow, Lenke, Hanow, Alker und Pitzschky in Stettin ist neben der Praxis bei dem dortigen Land- und Stadtgericht auch die Praxis bei den übrigen Untergerichten des randowschen Kreises einstweilen und widerruflich gestattet worden. Das 26. Stück der Gesetzsammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält unter : Nr. 2989.Den Allerhöchsten Erlaß vom 29. Mai d. J., betreffend die Anwendung der ermäßigten Portotaxe für Kreuzbandsendungen mit handschriftlicher Beifügung des Datums und der Namens-Unterschrift; Nr. 2990.Desgleichen vom 14. Juni d. J., die Ausdehnung der Bestimmungen der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 3. Mai 1821 auf die mittelst der Allerhöchsten Ordre vom 25. April 1848 genehmigte freiwillige Staats-Anleihe und die auf diese Anleihe bezüglichen Schuld-Verschreibungen betreffend; Nr. 2991.Das Gesetz vom 23. d. M., betreffend den Schutz der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung. Französische Republik.
* Noch immer finden wir eine Menge Umstände über den Kampf des 23. nachzutragen. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben von Georg Weerth. Der Herr Preiß über die Dinge im Allgemeinen. Auf dem Komptoire des Herrn Preiß lag wieder einmal die schauerlichste Geschäftsstille. Der Herr Preiß sah aus wie ein Todtengräber, in dessen Kundschaft während ganzer vierzehn Tage auch nicht ein einziger Mensch gestorben ist. In der That, seit vierzehn Tagen hatte der Herr Preiß keinen Käufer bei sich gesehen. Der Buchhalter Lenz schrieb die Köpfe seiner Handels-Conti für ein halbes Jahr im Voraus; aus reiner langer Weile. Die schönen Handelsconti! „Romulus und Remus Sollen an Kaffee, Zucker und Korinthen-Conto.“ oder „Rhein- Ahr- Lahn- und Moselwein-Conto Hat an Castor und Pollux.“ Der Buchhalter Lenz nahm zwischen jeder Silbe eine Priese. ‒ August, der blonde Korrespondent, schnitt sich vierzehn Dutzend Federn, ebenfalls aus langer Weile; der Lehrling linnirte ein halbes Ries Propatria. „Es ist mir unbegreiflich“, begann der Herr Preiß, „wie man jetzt mit dem Geschicke der Welt so leichtsinnig umgehen kann!“ „„Sehr leichtsinnig!““ erwiderte der Buchhalter. „In Deutschland geht man indeß noch weniger schlimm in diesem Punkte zu Werke, als in manchen andern Ländern.“ „„Bei weitem weniger!““ erwiderte der Buchhalter scharfsinnig. „Da setzt man z. B. in Frankreich an die Spitze des Staates einen Poeten!““ „„Es ist unerhört!““ „Allerdings, Lenz. Es ist rein zum toll werden. Einen Poeten ‒ einen Poeten, der Verse macht ‒ einen Poeten ‒ ich bitte Sie, Lenz, giebt es etwas närrischeres auf der Welt, als einen Poeten?“ „„Nicht leicht ‒ nur ein Mensch der Verse liest kann möglicherweise noch närrischer sein, als ein Mensch der Verse macht.““ „Da sind wir ganz miteinander einverstanden, Lenz. Poesie ist Wahnsinn. Die Poesie ist die verrückt gewordene Prosa, und ein Poet gehört nach Siegburg, aber nicht an die Spitze der französischen Republik.“ „„Dies mein' ich nicht, Herr Preiß.““ „Wie so, Lenz?“ „„Wenn die Poesie die verrückt gewordene Prosa ist, so kann man die Republik die verrückt gewordene Monarchie nennen; und steht ein Poet an der Spitze der Republik, so paßt das nur ganz herrlich; der eine Wahnsinn geht mit dem andern Hand in Hand.““ „Sie sind einsichtsvoller als ich dachte, Lenz!“ „„Wehe dem Lande, dessen Minister ein Poet ist!““ „Ein Mensch, der von Jugend auf nur für Rosen und Lilien, für grüne Wälder und goldne Saaten, für Lerchen und Nachtigallen, und für ähnliche Lapalien schwärmte, der soll nun plötzlich eine Nation von fast sechsunddreißig Millionen essenden, trinkenden, tanzenden, räsonnirenden und revolutionirenden französischen Menschenkindern im Zaume halten ‒ hören Sie 'mal, Lenz, das kann nimmer gut geh'n!““ „„Nimmer, Herr Preiß; die Kurse müssen noch mehr fallen.““ „Das glaub' ich auch, Lenz. Hole der Henker den französischen Poeten!“ „„Erstens spricht er durch die Nase.““ „Und zweitens will er die Menschen glücklich machen.“ „„Und drittens ist er Poet!““ „Er hat die drei gefährlichsten Mängel, welche ein Sterblicher haben kann.“ ‒ Eine Windstille entstand in der Konversation. Der Buchhalter beschaute seine Handelsconti; der Herr Preiß fuhr im Lesen der Zeitung fort. „Außer den Poeten“, begann er endlich auf's Neue, „sind indeß auch die Astronomen an die Reihe gekommen. Da haben wir so einen gelehrten Mann, der sein ganzes Leben lang hinauf in den Himmel geschaut hat, und der nun auf einmal die Erde regieren soll.“ „„Es ist lächerlich, aber traurig.““ „Allerdings Lenz, man hätte diesen Menschen provisorisch unter die Sterne versetzen sollen ‒ aber unter irdische Minister ‒ Lenz, es kann gewiß nicht gut geh'n! am meisten ängstigt es mich indeß, daß man sogar Literaten und Zeitungsschreiber in das Gouvernement gebracht hat.“ „„Was Sie sagen, Herr Preiß!““ „Ja, bei Gott, Lenz, Zeitungsschreiber sollen jetzt das Schicksal der Nationen entscheiden.““ „„Es ist kaum glaublich.““ „Aber es ist eine entsetzliche, sehr herbe Wahrheit, Lenz, und ich muß gestehen, daß sich meine Haare sträuben, wenn ich an diese Gesellen denke. „„Ein Zeitungsschreiber: Minister! Es ist fatal. Zeitungsschreiber gehören zu den gefährlichsten Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft.““ „Da haben Sie wohl recht, Lenz. Ich kenne diese Leute, mit ihren großen Schnurrbärten und mit ihrem gottvergessenen frivolen Lachen.“ „„Sie sehen entsetzlich aus!““ „Und doch sah ich sie manchmal gern.“ „„Nun ja, wie man bisweilen in Menagerien gern einen Tiger oder einen Panther sieht.““ „Allerdings! die Kerle haben etwas eigenthümliches an sich; auch bei uns sehen sie aus wie lustige Verbrecher ‒ namentlich seit der Abschaffung der Censur ‒ ‒ “ „„Ja, das war unser Unglück!““ „Thür und Thor ist jetzt ihrem Treiben geöffnet; Alles verunglimpfen sie mit ihren Lästerzungen, und gern machten sie jede Woche wenigstens eine Revolution ‒“ <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0131"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No. 28. Köln, Mittwoch 28. 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Einen Poeten ‒ einen Poeten, der Verse macht ‒ einen Poeten ‒ ich bitte Sie, Lenz, giebt es etwas närrischeres auf der Welt, als einen Poeten?“</p> <p>„„Nicht leicht ‒ nur ein Mensch der Verse <hi rendition="#g">liest</hi> kann möglicherweise noch närrischer sein, als ein Mensch der Verse <hi rendition="#g">macht.</hi>““</p> <p>„Da sind wir ganz miteinander einverstanden, Lenz. Poesie ist Wahnsinn. 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Da haben wir so einen gelehrten Mann, der sein ganzes Leben lang hinauf in den Himmel geschaut hat, und der nun auf einmal die Erde regieren soll.“</p> <p>„„Es ist lächerlich, aber traurig.““</p> <p>„Allerdings Lenz, man hätte diesen Menschen provisorisch unter die Sterne versetzen sollen ‒ aber unter irdische Minister ‒ Lenz, es kann gewiß nicht gut geh'n! am meisten ängstigt es mich indeß, daß man sogar Literaten und Zeitungsschreiber in das Gouvernement gebracht hat.“</p> <p>„„Was Sie sagen, Herr Preiß!““</p> <p>„Ja, bei Gott, Lenz, Zeitungsschreiber sollen jetzt das Schicksal der Nationen entscheiden.““</p> <p>„„Es ist kaum glaublich.““</p> <p>„Aber es ist eine entsetzliche, sehr herbe Wahrheit, Lenz, und ich muß gestehen, daß sich meine Haare sträuben, wenn ich an diese Gesellen denke.</p> <p>„„Ein Zeitungsschreiber: Minister! Es ist fatal. Zeitungsschreiber gehören zu den gefährlichsten Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft.““</p> <p>„Da haben Sie wohl recht, Lenz. Ich kenne diese Leute, mit ihren großen Schnurrbärten und mit ihrem gottvergessenen frivolen Lachen.“</p> <p>„„Sie sehen entsetzlich aus!““</p> <p>„Und doch sah ich sie manchmal gern.“</p> <p>„„Nun ja, wie man bisweilen in Menagerien gern einen Tiger oder einen Panther sieht.““</p> <p>„Allerdings! die Kerle haben etwas eigenthümliches an sich; auch bei uns sehen sie aus wie lustige Verbrecher ‒ namentlich seit der Abschaffung der Censur ‒ ‒ “</p> <p>„„Ja, das war unser Unglück!““</p> <p>„Thür und Thor ist jetzt ihrem Treiben geöffnet; Alles verunglimpfen sie mit ihren Lästerzungen, und gern machten sie jede Woche wenigstens eine Revolution ‒“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0131/0001]
Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 28. Köln, Mittwoch 28. Juni 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.
Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexandre, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Zu Nr. 27 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist am 27. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden.
Uebersicht. Französische Republik. (Der 23. Juni. ‒ Der 24. Juni). Paris (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 24. Juni. ‒ Bericht eines Kapitäns. ‒ Nachrichten vom 25. Juni. ‒ Vermischtes).
Italien. Sizilien. (Konstitution). Neapel. (Volksbewegung). Genua. (Geribaldi). Turin. (Kammerverhandlungen).
Deutschland. Berlin (die Reaktion. ‒ Kampf zwischen Magistrat und Klubs. ‒ Anstellungsgesuch. ‒ Minutoli's Abdankung). ‒ Frankfurt (Nationalversammlung). Breslau (der demokratische Verein. ‒ Adresse von Landwehrmännern an die Vereinbarer). Wien (Vermischtes).
Großbritannien. London (die Konferenz der Association der vereinigten Gewerbe).
Amerika. (Wahlen. ‒ General Taylor. ‒ Ratifizirung des mexikanischen Vertrags).
Handelsnachrichten.
Amtliche Nachrichten. Berlin, den 26. Juni 1848. Nach Inhalt der Bekanntmachung des unterzeichneten Ministeriums vom 5. d. M. hatte der königl. Generalkonsul zu Warschau angezeigt, daß den polnischen Kaufleuten als Ausnahme von dem in Rußland und Polen bestehenden Verbote, Gold- und Silbermünzen nach dem Auslande zu versenden, die Versendung von Goldmünzen nach dem Aublande gestattet werden solle, wenn sie nachwiesen, daß sie sich in der unumgänglichen Nothwendigkeit befänden, Zahlungen in dem Auslande leisten zu müssen. Diese Anzeige beruhte auf einer in dem Warschauer Tagesblatte vom 23. v. M. Nr. 138 enthaltenen Bekanntmachung.
Jetzt ist von dem gedachten königl. Generalkonsul angezeigt worden, daß die hiernach in Aussicht gestellte Ausnahme von dem Ausfuhrverbote nicht nachgegeben werde, und daß die dagegen erhobenen wiederholten und dringenden Reklamationen ohne Erfolg gewesen seien.
Das unterzeichnete Ministerium beeilt sich, dies hierdurch zur Kenntniß des Publikums zu bringen.
Berlin, den 24. Juni 1848.
Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
v. Patow.
Der Advokat Julius Fischel zu Koblenz ist zugleich zum Anwalte bei dem dortigen königl. Landgerichte ernannt worden;
den Justizkommissarien Mottau, Hermann, Calow, Lenke, Hanow, Alker und Pitzschky in Stettin ist neben der Praxis bei dem dortigen Land- und Stadtgericht auch die Praxis bei den übrigen Untergerichten des randowschen Kreises einstweilen und widerruflich gestattet worden.
Das 26. Stück der Gesetzsammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält unter :
Nr. 2989.Den Allerhöchsten Erlaß vom 29. Mai d. J., betreffend die Anwendung der ermäßigten Portotaxe für Kreuzbandsendungen mit handschriftlicher Beifügung des Datums und der Namens-Unterschrift;
Nr. 2990.Desgleichen vom 14. Juni d. J., die Ausdehnung der Bestimmungen der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 3. Mai 1821 auf die mittelst der Allerhöchsten Ordre vom 25. April 1848 genehmigte freiwillige Staats-Anleihe und die auf diese Anleihe bezüglichen Schuld-Verschreibungen betreffend;
Nr. 2991.Das Gesetz vom 23. d. M., betreffend den Schutz der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung.
Französische Republik. * Noch immer finden wir eine Menge Umstände über den Kampf des 23. nachzutragen.
_ Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben von Georg Weerth.
Der Herr Preiß über die Dinge im Allgemeinen.
Auf dem Komptoire des Herrn Preiß lag wieder einmal die schauerlichste Geschäftsstille.
Der Herr Preiß sah aus wie ein Todtengräber, in dessen Kundschaft während ganzer vierzehn Tage auch nicht ein einziger Mensch gestorben ist.
In der That, seit vierzehn Tagen hatte der Herr Preiß keinen Käufer bei sich gesehen.
Der Buchhalter Lenz schrieb die Köpfe seiner Handels-Conti für ein halbes Jahr im Voraus; aus reiner langer Weile. Die schönen Handelsconti! „Romulus und Remus Sollen an Kaffee, Zucker und Korinthen-Conto.“ oder „Rhein- Ahr- Lahn- und Moselwein-Conto Hat an Castor und Pollux.“ Der Buchhalter Lenz nahm zwischen jeder Silbe eine Priese. ‒ August, der blonde Korrespondent, schnitt sich vierzehn Dutzend Federn, ebenfalls aus langer Weile; der Lehrling linnirte ein halbes Ries Propatria.
„Es ist mir unbegreiflich“, begann der Herr Preiß, „wie man jetzt mit dem Geschicke der Welt so leichtsinnig umgehen kann!“
„„Sehr leichtsinnig!““ erwiderte der Buchhalter.
„In Deutschland geht man indeß noch weniger schlimm in diesem Punkte zu Werke, als in manchen andern Ländern.“
„„Bei weitem weniger!““ erwiderte der Buchhalter scharfsinnig.
„Da setzt man z. B. in Frankreich an die Spitze des Staates einen Poeten!““
„„Es ist unerhört!““
„Allerdings, Lenz. Es ist rein zum toll werden. Einen Poeten ‒ einen Poeten, der Verse macht ‒ einen Poeten ‒ ich bitte Sie, Lenz, giebt es etwas närrischeres auf der Welt, als einen Poeten?“
„„Nicht leicht ‒ nur ein Mensch der Verse liest kann möglicherweise noch närrischer sein, als ein Mensch der Verse macht.““
„Da sind wir ganz miteinander einverstanden, Lenz. Poesie ist Wahnsinn. Die Poesie ist die verrückt gewordene Prosa, und ein Poet gehört nach Siegburg, aber nicht an die Spitze der französischen Republik.“
„„Dies mein' ich nicht, Herr Preiß.““
„Wie so, Lenz?“
„„Wenn die Poesie die verrückt gewordene Prosa ist, so kann man die Republik die verrückt gewordene Monarchie nennen; und steht ein Poet an der Spitze der Republik, so paßt das nur ganz herrlich; der eine Wahnsinn geht mit dem andern Hand in Hand.““
„Sie sind einsichtsvoller als ich dachte, Lenz!“
„„Wehe dem Lande, dessen Minister ein Poet ist!““
„Ein Mensch, der von Jugend auf nur für Rosen und Lilien, für grüne Wälder und goldne Saaten, für Lerchen und Nachtigallen, und für ähnliche Lapalien schwärmte, der soll nun plötzlich eine Nation von fast sechsunddreißig Millionen essenden, trinkenden, tanzenden, räsonnirenden und revolutionirenden französischen Menschenkindern im Zaume halten ‒ hören Sie 'mal, Lenz, das kann nimmer gut geh'n!““
„„Nimmer, Herr Preiß; die Kurse müssen noch mehr fallen.““
„Das glaub' ich auch, Lenz. Hole der Henker den französischen Poeten!“
„„Erstens spricht er durch die Nase.““
„Und zweitens will er die Menschen glücklich machen.“
„„Und drittens ist er Poet!““
„Er hat die drei gefährlichsten Mängel, welche ein Sterblicher haben kann.“ ‒
Eine Windstille entstand in der Konversation. Der Buchhalter beschaute seine Handelsconti; der Herr Preiß fuhr im Lesen der Zeitung fort.
„Außer den Poeten“, begann er endlich auf's Neue, „sind indeß auch die Astronomen an die Reihe gekommen. Da haben wir so einen gelehrten Mann, der sein ganzes Leben lang hinauf in den Himmel geschaut hat, und der nun auf einmal die Erde regieren soll.“
„„Es ist lächerlich, aber traurig.““
„Allerdings Lenz, man hätte diesen Menschen provisorisch unter die Sterne versetzen sollen ‒ aber unter irdische Minister ‒ Lenz, es kann gewiß nicht gut geh'n! am meisten ängstigt es mich indeß, daß man sogar Literaten und Zeitungsschreiber in das Gouvernement gebracht hat.“
„„Was Sie sagen, Herr Preiß!““
„Ja, bei Gott, Lenz, Zeitungsschreiber sollen jetzt das Schicksal der Nationen entscheiden.““
„„Es ist kaum glaublich.““
„Aber es ist eine entsetzliche, sehr herbe Wahrheit, Lenz, und ich muß gestehen, daß sich meine Haare sträuben, wenn ich an diese Gesellen denke.
„„Ein Zeitungsschreiber: Minister! Es ist fatal. Zeitungsschreiber gehören zu den gefährlichsten Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft.““
„Da haben Sie wohl recht, Lenz. Ich kenne diese Leute, mit ihren großen Schnurrbärten und mit ihrem gottvergessenen frivolen Lachen.“
„„Sie sehen entsetzlich aus!““
„Und doch sah ich sie manchmal gern.“
„„Nun ja, wie man bisweilen in Menagerien gern einen Tiger oder einen Panther sieht.““
„Allerdings! die Kerle haben etwas eigenthümliches an sich; auch bei uns sehen sie aus wie lustige Verbrecher ‒ namentlich seit der Abschaffung der Censur ‒ ‒ “
„„Ja, das war unser Unglück!““
„Thür und Thor ist jetzt ihrem Treiben geöffnet; Alles verunglimpfen sie mit ihren Lästerzungen, und gern machten sie jede Woche wenigstens eine Revolution ‒“
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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