Neue Rheinische Zeitung. Nr. 41. Köln, 11. Juli 1848.sie sind erwacht und wollen nicht mehr als willenlose Maschinen sondern als Bürger eines freien Staates angesehen werden. Sie folgen nicht mehr blindlings jedem gegebenen Befehl und als vorgestern eine Abtheilung Soldaten in Potsdam nach einem vierstündigen Marsch ankam, verweigerten sie den sofortigen Weitermarsch, wegen großer Hitze, und selbst eine requirirte Abtheilung, die sie dazu zwingen sollte, verweigerte ihren Beistand. Die Zeiten des blinden Gehorsams sind auf immer dahin und werden nie wiederkehren. Der Abgeordnete Jung hat den Antrag gestellt: die Paragraphe 151-156, Theil II., Titel 20 des allgemeinen Landrechts aufzuheben. Diese Paragraphen, welche die berühmten Strafbestimmungen über den frechen, unehrerbietigen Tadel; über Erregung von Mißvergnügen und Verspottung der Landesgesetze enthalten, bedrohen tagtäglich unsere gesammte politische Presse. Die Staatsanwaltschaft hat bis jetzt ein Auge zugedrückt, das unverständige Geschrei nach vollständiger Ausführung der Gesetze, wird sie jedoch bald zwingen, von Neuem unwillige Werkzeuge veralteter, despotischer Gesetze zu werden, wodurch die ehrenhaftesten Staatsmänner, zur Niederlegung ihres Amts gezwungen werden dürften. Dieser Antrag wird in der nächsten Sitzung der Vereinbarungsversammlung zur Berathung kommen. 14 Berlin, 8. Juli. Unterm 1. Juli beantragte der Hochweise Magistrat das Heranziehen von zwei Bataillonen Infanterie und einem Regiment Kavallerie, um die Ordnung auf den in der Umgegend Berlins gelegenen Arbeitsstätten aufrecht zu erhalten. Das war Wasser auf die Mühle des Schreckenstein'schen Ministeriums der That. Dasselbe erklärte dem Hochweisen: die Truppen heranzuziehen, aber nicht außerhalb der Stadt, sondern innerhalb derselben placiren wolle. Es wäre unverantwortlich, dem Staate durch erstere Maßregel unnütze Kosten zu machen, da ja die Kasernen in Berlin leer ständen. Unser hocherfreuter Magistrat läßt dies gleich an den Straßenecken ankündigen, mit der Nebenbemerkung, daß heute nur eine Eskadron, statt eines Regiments Kavallerie und die zwei Bataillone Infanterie einrücken erden. Der Magistrat ließ sein Plakat vom 6. Juni, worin as Einrücken der Truppen angezeigt wird, erst gestern Nacht um 11 Uhr zur Druckerei geben und der Maueranschlag desselben fand fast gleichzeitig mit dem Einrücken der Truppen Statt. Eine weise Berechnung! Eine Deputation des demokratischen Klubs erhielt von dem provisorischen Kommandanten der Bürgerwehr Rimpler den Bescheid, daß er vom Magistrat die offizielle Anzeige des Einrückens des Militairs erst um 1 Uhr, also nach dem Vollzuge erhalten habe. Posen, 6. Juli. Die Gazeta Polska berichtet von Reibungen, welche zwischen dem 8. (Brandenburgischen) Landwehr-Reg. und dem 18. Regiment, worunter sich viele Polen befinden, ausgebrochen sind. Wahrscheinlich um ferneren Reibungen vorzubeugen, hatte die Kommandantur das 8. Regiment nach der Festung verlegt. Am 5. begaben sich die Soldaten eines Bataillons des 8. Regiments unbewaffnet vor die Hauptwache des Fort Winiary und verlangten energisch die Freilassung eines daselbst gefangenen Unteroffiziers. Als weder Zureden noch der Generalmarsch sie zum Fortgehn vermochte, befahl der Oberst Helldorf Feuer zu geben. Erst auf das Kommando: zwei, gingen die Soldaten auseinander. (B. Z. H.)Posen. Sämmtliche im Verlanfe der jüngsten Unruhen eingezogenen Theilnehmer der Insurrektion sind bis auf Hrn. Krauthofer, von dem dies wenigstens nicht mit Gewißheit angegeben werden kann, der Haft entlassen. So sind unter Andern Stefanski, Lipinski, der Geistliche Koszulski und Andere hier auf freien Füßen. Aus Posen. Am 14. v. M. wurden trotz der amtlichen Versicherungen von der Wiederherstellung der "Ruhe und Ordnung" im Großherzogthum Posen an den Bürgern Polczynski, Ignaz Jezierski und Brzeski in Gegenwart und sogar auf Befehl eines preußischen Offiziers, Namens Reinbold, in dem Vorwerk Wyszyna bei Ryczywol (Kreis Obornik) die erdenklichsten Gräuelthaten verübt, deren Wahrheit wir auf Verlangen sofort beweisen können. Ferner wurden laut einem an einem Abgeordneten der preußischen konstituirenden National-Versammlung gerichteten Briefe vier politische Flüchtlinge aus dem Königreiche Polen, darunter die Herren Walter und Otocki, an die Russen ausgeliefert. Wo solche Facta vorhanden sind, kann jegliches Raisonnement füglich wegbleiben. Neisse, 5. Juli. Am Ende der vorigen Woche wurden von jeder Kompagnie des hier stehenden Bataillons des 23. Landwehr-Regiments 50 Mann bis auf Weiteres entlassen, wobei man vorzüglich solche Personen berücksichte, deren Rückkehr in ihre Heimath am dringendsten erschien. Das Bataillon besteht daher gegenwärtig aus 600 Mann; doch soll es, wenn die Rekruten eingezogen sind, aus der Reserve wieder ergänzt werden. (Allg. O. Z.)Frankfurt, 8. Juli. Die hiesigen Blätter enthalten über die Vorfälle in Sachsenhausen am gestrigen Abend und in der verflossenen Nacht folgende "Mittheilung" : In der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag haben mehrere Leute ihren Unwillen gegen einen Bäcker zu Sachsenhausen durch eine s. g. Katzenmusik an den Tag legen wollen, und als der um sein Haus besorgte Mann eine Patrouille von Bürgerwehr und Soldaten herbeigerufen hatte, wurde diese von den Tumultanten mit Steinen verfolgt, auch einer der Soldaten am Kopfe verletzt. Als hierauf Freitag Nachmittag die Anstifter dieses Unfugs von Polizeibeamten festgenommen werden sollten, wurden diese mißhandelt. Gegen eine Abtheilung herbeigerufener Stadtwehr und Soldaten steigerte sich die Erbitterung und nachdem einige Soldaten mit einem Arrestanten sich in das deutsche Haus an der Brücke zurückgezogen hatten, wurde das Thor dieses Hauses gewaltsam erbrochen. Hierauf ist gefeuert worden. Ein Soldat ist in der Hauptstraße, wo er mit seinem Komando aufgestellt war, erschossen worden. Auch zwei andere Personen sind verwundet worden; das Genaue hierüber ist noch nicht ermittelt. Die Bevölkerung von Sachsenhausen errichtete hierauf mehrere Barrikaden und dem Militär wurde der Befehl zum Abzug gegeben, damit kein weiterer Unglücksfall sich ereignen möge; dennoch wurde das Haus des oben erwähnten Bäckers in Sachsenhausen noch wesentlich beschädigt. In der Stadt wurden einzelne Tumultuanten zur Haft gebracht. Mit dem anbrechenden Tage kehrte die gewohnte Ordnung zurück und die Barrikaden verschwanden. Von Seiten der Sachsenhäuser wurden mehrere verdächtige Fremde an die Polizei abgeliefert. Die angeordnete Untersuchung wird über die verschiedenen Vorfälle das Nähere ergeben. Dresden, 6. Juli. Die zweite Kammer hat sich bekanntlich gegen die Majorität ihres Ausschusses für das Zweikammersystem erklärt. Heute hat sie ebenso den Antrag der Deputation, daß alle Staats- und Hofbeamte, sowohl in Civil- als Militärstellen von dem Eintritt in die Volkskammer ausgeschlossen bleiben sollen, so daß ihnen freigegeben werde, im Falle der Wahl ihr Amt aufzugeben und dem Rufe zu folgen - mit 47 gegen 15 Stimmen verworfen und dagegen angenommen, daß Staatsdiener ohne Auferlegung einer Bedingung wählbar sein sollen. - Die Berathung des neuen Wahlgesetzes wurde in derselben Sitzung beendigt. Prag. 5. Juli. Dem Vernehmen nach, soll der Belagerungszustand morgen sein Ende nehmen. Die von der Militärkommission für die Aufhebung desselben gestellten Bedingungen sind seit lange erfüllt. Es herrscht die vollkommenste Ruhe in der Stadt. Die Waffenablieferung soll wider Erwarten gute Resultate gehabt haben; einem mir zu Gesicht gekommenen Verzeichnisse zufolge, beläuft sich die Zahl der abgegebenen Feuergewehre auf 15,100; durch die veranstalteten Hausdurchsuchungen gelangte man in den Besitz so mancher Waffe, sowie auch die Furcht vor der angedrohten Strafe Viele veranlaßt, Waffen bei der Nacht aus den Verstecken zu entfernen und auf die offene Gasse zu werfen. Oberwähntes Verzeichniß enthält zugleich einige interessante numerische Angaben bezüglich des Bombardements, deren Echtheit ich jedoch um so weniger verbürgen will, als der unsicheren On dit so viele cirkuliren. Nach diesem Verzeichnisse wurden in der Pfingstwoche verschossen: 170 Kanonenkugeln, 118 Granaten, dann 2 halbgefüllte Bomben; Kartätschenschüsse fielen 110 und blinde Kanonenschüsse 141. * Wien, 6. Juli. Bei dem Fackelzuge der gestern dem provisorischen deutschen Kaiser gebracht wurde, brachten die Studenten der äußersten Linken in Frankfurt ein Hoch aus. Wien, 5. Juli. Die Abgeordneten zu dem konstituirenden Reichstage treffen nach und nach in der Hauptstadt ein. Da die Wahlen auch im Königreiche Böhmen eben vorgenommen werden, so dürfte wohl kaum mehr als eine Woche vergehen, bis der Reichstag eröffnet werden kann. In natürlicher Folgerung aus dem Wahlgesetze, welches allen großjährigen selbstständigen Staatsbürgern das Wahlrecht einräumt, mußte die Mehrheit der Bevölkerung den Ausschlag der Wahlen geben. Es war daher vorauszusehen, daß der Bauernstand entscheidenden Einfluß auf die überwiegende Mehrzahl der Wahlen nehmen werde. Doch war es für die meisten überraschend, daß die Landleute, wie es sich nach den bis jetzt bekannten Wahlen herausstellt, fast überall die Abgeordneten aus ihrer Mitte wählten. Die Ursache davon liegt wohl vorzugsweise in den Urbarial-Verhältnissen. Auf dem bäuerlichen Grundbesitze haften noch Lasten, welche nicht bloß für den Verpflichteten drückend, sondern auch für den Aufschwung der Landwirthschaft im Allgemeinen nachtheilig sind. Die Regierung hob zwar auf den Antrag der Stände in allen Provinzen die Naturalleistungen für die Zukunft auf, mußte aber die Entschädigungsfrage auf den Reichstag verweisen. Diese Entschädigungsfrage nun ist es, die vor Allem den Landmann interessirt, die sie von Abgeordneten ihres Standes gelöst wissen wollen. (Wien. Ztg.)Wien, 5. Juli. Der Juli-Bericht der Wiener Bank ist erschienen und unterscheidet sich von dem letzten darin, daß der Baarvorrath gegen 21,940,147 fl. 461/4 kr. CM. am 2. Juni, 20,022,772 fl. 23/4 kr. CM. am 2. Juli, Der Vorschuß auf Centralkassascheine von 3,202,154 fl. 43 kr. ist eine neue Rubrik. Halten wir diese verschiedenen Zahlen gegen einander, so ergibt sich, daß der baare Vorrath gegenüber den Banknoten, der beim letzten Abschluße 12 Procent betrug, auf 11 Procent, dieser Theil der Sicherheit also um beinahe 10 Procent abgenommen hat. Gleichzeitig bemerken wir, daß der neue der Regierung geleistete Vorschuß der Summe entspricht, um welche sich die escomptirten Wechsel vermindert haben, daß die Erleichterung der Finanzverwaltung folglich auf Kosten des Handels und der Industrie stattgefunden hat. Wir sind leider schon daran gewöhnt und müssen es theilweise als eine Erbschaft des gefallenen Systems hinnehmen, daß die Noten-Ausgabe der Bank in Wien so unverhältnißmäßig groß ist, wir können aber nur mit Wehmuth erblicken wie dieses Mißverhältniß immer größer wird, wie die Bankverwaltung nicht einmal im Stande ist, der Zunahme des Uebels zu steuern. Wir können die Besorgniß nicht verbergen, daß ein Fortschreiten im gleichen Systeme den letzten Groschen aus Oesterreich führen, und die Banknoten in unserer Hand jenen illusorischen Zahlen gegenüber stellen wird, welche jetzt schon 9/10tel des Umlaufes repräsentiren. Polen.
Lemberg. Die Lemberger polnische Zeitung vom 3. Juli bringt seltsamer Weise eine Berichtigung ihrer letzten, wie sie selbst angab, amtlichen Mittheilung über die neuesten Bewegungen in den Donaufürstenthümern. Sie meldet nämlich, daß die Nachrichten über den Einzug rußischer Truppen in Moldauisches Gebiet, und die Verleihung einer Constitution in der Walachei sich nach Berichten aus Jassy vom 28. Juni als falsch erwiesen haben. Uns scheint die frühere Anzeige glaubwürdiger als diese, vielleicht aus sehr trüber Quelle herrührende Berichtigung. (B. Z. H.)Donaufürstenthümer.
Die Bukarester Zeitung vom 22. Juni meldet, daß auf den Fürsten Bibesco am 21. Abends, als er zwischen 8 und 9 Uhr im Kisselefgarten eine Spazierfahrt machte, in der mittleren Allee aus einem vorüberjagenden Wagen drei Schüsse losgefeuert worden wären. Der Fürst ist nicht verwundet worden, aber eine Kugel ging durch die Epaulette der linken Schulter. Die Urheber des Attentats sind noch nicht entdeckt. - Aus einer brieflichen Mittheilung erfahren wir, daß in der Nacht vom 21. auf den 22. die Revolution ausbrechen sollte, und daß auch alles vorbereitet war. Gewaltige Vorkehrungen von Seiten der Regierung haben die Sache verhindert. Das Volk lebt in großer Angst. Am 21. in der Nacht war eine Hitze von 26 Grad R. - Die Cholera ist gewaltig ausgebrochen. Am 20. starben 65 Personen daran und 200 genasen. Die Seuche hat sich über das ganze Land verbreitet, was viele Familien, die sich von Bukarest entfernt hatten, wieder zur Rückkehr bestimmt, indem sie auf dem Lande ohne alle Hülfe starben. - In Braila kommen im Durchschnitt täglich 60 Choleratodesfälle vor. Großbritannien.
*
Ernst Jones hat im Northern Star vom ersten Juli folgenden Brief an die Chartisten gerichtet: Brüder! Ich weiß, daß die Augen unserer Gegner uns beständig überwachen, aber dies soll mich nicht abhalten, rücksichtslos die Empfindungen auszusprechen, von denen ich beseelt war, beseelt bin, die ich nie aufgeben werde. Die Geld- und Landaristokratie sind nun in ihrem letzten Kampf begriffen gegen die Mittel- und Arbeiterklassen, der Kapitalist und der Grundbesitzer gegen den Krämer, den Pächter und den Arbeiter. Die Mittelklasse leiht sich selbst als blindes Instrument der Regierung, um uns zu zermalmen, so blind wie die Landgemeinden auf Paris losmarschirten, um den republikanischen Despoten beizustehn gegen die republikanischen Demokraten. Aber rasch naht die Zeit herbei, sehr rasch, wo die Sieger des Tages die Besiegten des andern Morgens sein werden; und wenn Russel und Grey der Deportation entgehn werden, die ich ihnen am 4. Juni versprach, so wird es nur geschehen, weil eine Chartistenregierung großmüthiger ist als eine Whigoligarchie. Unterdessen Chartisten, was ist unsere Pflicht? Zu organisiren. Ich sage Euch, daß wir nur noch einen Schritt vom Triumph entfernt sind. Die Regierung ist ohne Fonds, ihre Ausgaben wachsen, sie wird wahrscheinlich in einen Krieg gestürzt werden und wenn nicht, muß sie wenigstens für den halben rüsten. Die Mittelklasse mißtraut ihr, die Arbeiterklasse verachtet sie, und die Whigs wie ihre aristokratischen Gegner beschleunigen den eignen Ruin, indem sie überlegt sich selbst im Haus der Gemeinen entehren, sich wechselseitig Lügen strafen und wechselseitig handgreiflicher Unredlichkeit bezüchtigen. Und habt Ihr nicht gelesen, wie die Saat in Irland reift? Habt ihr nicht gehört, wie die Bauern ihre Sensen wetzen? Wie Amerika droht über das atlantische Meer hinüber - wie es sagt: Irland muß frei werden, und wie es murmelt von Canada und Indien? Bedenkt, daß die Diktatoren Frankreichs jetzt den Krieg suchen müssen, um den französischen Geist von Vergeltungsplänen abzuziehn; und welcher Krieg würde so populär sein, als der mit England? Was denn ist die Moral von alle dem? Daß der Tag des Volkes herangenaht ist; daß die Aristokratie ein mächtiges Reich an den Abgrund des Verderbens gewälzt hat und daß die Demokratie es wieder aufrichten muß; daß Britannien nicht gerettet werden kann ohne die Charter - denn ohne die Charter werden die Chartisten nicht fechten für ihr Land. In andren Worten: wir sind die bewegende Kraft der politischen Maschine, und wenn wir unsre Macht sprechen lehren,:können wir unsre eigenen Bedingungen diktiren und jede andre Klasse zur Anerkennung unserer souveränen Rechte zwingen. Um dieß zu bewirken, laßt uns unsere Organisation vervollkommnen. Zu diesem Zwecke liegt auch ein Plan vor, der Vollendung so nahe wie möglich. Wenn ihr ihn ausführt, seid ihr unbesiegbar. Laßt kein Lokalinteresse, kein Parteigefühl euch von seinen Details abweichen machen. Einmal organisirt, vollständig organisirt, diesem Plane gemäß könnt ihr voranschreiten in der politischen Arena und allen Klassen kommandiren. Laßt mich euch anflehn, mit dem tiefsten Ernst anflehn, diesen Organisationsplan wörtlich auszuführen. Bedenkt, er gefährdet nichts und kann den Sieg der Charter herbeiführen. Aber vor allem beschleunigt seine Ausführung. Der ganze Chartistenkörper kann vollständig organisirt sein bis zum Herbst - schiebt es nicht länger hinaus! Während derselben Periode strengt euch an, die Bewegung auszubreiten. Laßt jeden Distriktsrath alle Orte in seinem Distrikt notiren, die noch keine Chartistengemeine enthalten. Laßt ihn Emissäre aussenden, um die lokalen Umstände zu untersuchen; miethet ein Zimmer, haltet Vorlesungen und wendet jedes Mittel an, um eine Zweiggesellschaft zu errichten. Wenn blos Ein Mann bekehrt ist, ist der Same gestreut - er wird andre bringen. Wie wurde das Christenthum mit allen seinen Sekten ausgebreitet, wie die Emancipation, wie der Teatotalismus, wie der Freihandel! Durch Missionäre - durch die Propaganda. Sendet Missionäre in die politisch brachen Distrikte, namentlich in die ackerbauenden. Das unwissende Landvolk hat in Frankreich die Bewegung ruinirt. Laßt sie dem Hungrigen erzählen, wie er Brod gewinnen wird, dem Krämer wie Profit, dem Steuerpflichtigen wie eine wohlfeile Regierung. Zeigt ihnen, wie die Charter unvermeidlich diese Resultate herbeiführen muß. Aber laßt sie nicht reden über bloß abstrakt-politische Fragen. Wenig Gemüther sind groß genug, um für ein Ding zu kämpfen, blos weil es Recht ist. Laßt sie zeigen, was die Charter thun wird und die Charter ist gewonnen. Vor allem, laßt sie ihre Aufmerksamkeit richten auf die einzelnen Gewerke; sie sind das Mark der Arbeiterklasse; sie haben beständig ihren Blick auf die Politik gerichtet; zeigt ihnen, wie die Charter ihrer Natur gemäß einheimische Werke erzeugen muß - und sie sind euer. Unsre Gegner werden zweifelsohne mit der in Frankreich herrschenden Anarchie Handel treiben. Die "Times" brandmarkt die "Insurgenten" und entrollt den unheilschwangeren Kampf zu Paris als eine Warnung. Es ist dieß eine Warnung, aber nicht gegen die Demokratie. Es ist eine Warnung euch selbst nicht von halben Maßregeln einlullen zu lassen. Es ist eine Warnung - gegen das politische Geklimper von Hume und Cpgie. Es ist eine Warnung - daß Niemand für den Arbeiter Gesetze geben kann, als der Arbeiter selbst. Das französische Volk wählt nur ungefähr 40 Arbeiter unter 900 Repräsentanten und ihr seht das Resultat: Die Arbeit verwahrlost - die Arbeit hinschmachtend - das Vorurtheil Gesetze gebend über das, wovon es nichts weiß. Das britische Volk würde nicht so gehandelt haben. Das britische Volk besteht aus gesunden politischen Oekonomisten und socialen Reformern. Macht sucht es nur als ein Mittel zum Zweck. Laßt die Charter ihnen Macht geben und die politischen Maßregeln, die ökonomischen sind schon bereit, die es sofort ausführen wird. Darum wird die Revolution hier keine terroristische sein. Nicht so in Frankreich. Die Regierung hätte dort zu anständigem Zins eine Zwangsanleihe von den französischen Kapitalisten erheben sollen; sie hätte unmittelbar große Vorrathskammern im ganzen Land bilden, die Population vertheilen, statt einseitig koncentrirtn sollen, alle wüsten Ländereien unter das Volk vertheilen und statt die Entblösten in Garden, siie in Landarbeiter verwandeln sollen, zubereitend ihre Parzellen und ihre Hütten für die Armen. So wären sie produktiv beschäftigt worden, ihr Lohn und ihre Nahrung wären gesichert gewesen, bis die Pachtungen des Volks reproduktiv geworden, und Anarchie, Mißvergnügen und Blutvergiessen wären abgeschnitten worden. Noch mehr Kämpfe wird es in Frankreich setzen; der letzte war ein heiliger Kampf und wenn irgend etwas ihn rechtfertigen müßte in den Augen der Welt, so ist es die Thatsache, daß Cavaignac - der Militärdiktator - nun mit Thiers unterhandelt über Bildung seines Kabinets. Die Times benutzt auch die letzten Ereignisse zu Paris, um die Furcht vor jenem Popanz einer stehenden Armee zu vermehren, wenn sie sagt, Paris habe bewiesen, daß eine Bevölkerung stets vergeblich einer militärischen Gewalt zu widerstehen sucht. Unterstellt die Times, die regelmässige Armee habe zu Paris gesiegt - oder war es: Die Nationalgarde? Die regelmäßige Armee war geschlagen - die Insurrektion [#] sich aus in ihrem Angesicht. Die Nationalgarden fürchteten herauszukommen und agirten kaum bis zum letzten Tag, wo die Insurgenten erlegen waren, wie Duvoux in der Nationalversammlung bezeugte. Die Mobilgarde, selbst Arbeiter, und die ländliche Bevölkerung erdrückten die Insurrektion. So weit bin ich abgeschweift, denn Freiheit ist nicht allein eine französische Frage, sondern eine universelle, und eure Gegner suchen eure Sache zu brandmarken durch Verläumdung ihrer Vertheidiger in Frankreich. Laßt uns also eingedenk sein, daß die Insurgenten mit ehrlichen und ehrbaren Waffen kämpften, während die grausame Regierung gleich Maulwürfen im Dunkeln wühlte, ganze Straßen unterminirte, und plötzlich Häuser in die Luft sprengte, mit den tapfern Vertheidigern angefüllt, während Schauer von Bomben und Granaten von oben herabregneten. Eingedenk sei es, daß sie mit kaltem Blut Weiber niederschossen. - Ja! wie die Zeitungen vom 26. Juni konstatiren, ein starker Haufen von Nationalgarden, im Angriff auf eine durch zwei Weiber und einen Knaben vertheitigte Barrikade, schoß ruhig die Weiber nieder und wagte erst dann die Barrikade zu besteigen. Und eingedenk sei es auch, daß Larochejacquelin die Versammlung anklagte, nach dem Prinzip zu handeln: Wehe den Besiegten! Wohl mochte er das thun, als diese Horde von Meuchelmördern, nach Erdrückung der Insurrektion nach Flüchtung des Volks auf das freie Feld, Kavallerie und fliegende Artillerie nachsandte, die blutenden Wracke des Proletariats zu exterminiren. Weh den Besiegten! Chartisten! entweder verläumdet die Times die Klasse, deren Organ sie ist, oder wir können hier desselben harten Geistes gewärtig sein. Bereitet euch vor! Lest den Leitartikel der Times vom 26 Juni, wo konstatirt ist: "Der Augenblick ist noch nicht gekommen, wir wiederholen es, für solch ein Verfahren; wenn er aber kommt, werden die Rotten von Schuften, die nun mit systematischer Verletzung der öffentlichen Ordnung beschäftigt sind (Siehe den Verfolg in der Beilage.) sie sind erwacht und wollen nicht mehr als willenlose Maschinen sondern als Bürger eines freien Staates angesehen werden. Sie folgen nicht mehr blindlings jedem gegebenen Befehl und als vorgestern eine Abtheilung Soldaten in Potsdam nach einem vierstündigen Marsch ankam, verweigerten sie den sofortigen Weitermarsch, wegen großer Hitze, und selbst eine requirirte Abtheilung, die sie dazu zwingen sollte, verweigerte ihren Beistand. Die Zeiten des blinden Gehorsams sind auf immer dahin und werden nie wiederkehren. Der Abgeordnete Jung hat den Antrag gestellt: die Paragraphe 151-156, Theil II., Titel 20 des allgemeinen Landrechts aufzuheben. Diese Paragraphen, welche die berühmten Strafbestimmungen über den frechen, unehrerbietigen Tadel; über Erregung von Mißvergnügen und Verspottung der Landesgesetze enthalten, bedrohen tagtäglich unsere gesammte politische Presse. Die Staatsanwaltschaft hat bis jetzt ein Auge zugedrückt, das unverständige Geschrei nach vollständiger Ausführung der Gesetze, wird sie jedoch bald zwingen, von Neuem unwillige Werkzeuge veralteter, despotischer Gesetze zu werden, wodurch die ehrenhaftesten Staatsmänner, zur Niederlegung ihres Amts gezwungen werden dürften. Dieser Antrag wird in der nächsten Sitzung der Vereinbarungsversammlung zur Berathung kommen. 14 Berlin, 8. Juli. Unterm 1. Juli beantragte der Hochweise Magistrat das Heranziehen von zwei Bataillonen Infanterie und einem Regiment Kavallerie, um die Ordnung auf den in der Umgegend Berlins gelegenen Arbeitsstätten aufrecht zu erhalten. Das war Wasser auf die Mühle des Schreckenstein'schen Ministeriums der That. Dasselbe erklärte dem Hochweisen: die Truppen heranzuziehen, aber nicht außerhalb der Stadt, sondern innerhalb derselben placiren wolle. Es wäre unverantwortlich, dem Staate durch erstere Maßregel unnütze Kosten zu machen, da ja die Kasernen in Berlin leer ständen. Unser hocherfreuter Magistrat läßt dies gleich an den Straßenecken ankündigen, mit der Nebenbemerkung, daß heute nur eine Eskadron, statt eines Regiments Kavallerie und die zwei Bataillone Infanterie einrücken erden. Der Magistrat ließ sein Plakat vom 6. Juni, worin as Einrücken der Truppen angezeigt wird, erst gestern Nacht um 11 Uhr zur Druckerei geben und der Maueranschlag desselben fand fast gleichzeitig mit dem Einrücken der Truppen Statt. Eine weise Berechnung! Eine Deputation des demokratischen Klubs erhielt von dem provisorischen Kommandanten der Bürgerwehr Rimpler den Bescheid, daß er vom Magistrat die offizielle Anzeige des Einrückens des Militairs erst um 1 Uhr, also nach dem Vollzuge erhalten habe. Posen, 6. Juli. Die Gazeta Polska berichtet von Reibungen, welche zwischen dem 8. (Brandenburgischen) Landwehr-Reg. und dem 18. Regiment, worunter sich viele Polen befinden, ausgebrochen sind. Wahrscheinlich um ferneren Reibungen vorzubeugen, hatte die Kommandantur das 8. Regiment nach der Festung verlegt. Am 5. begaben sich die Soldaten eines Bataillons des 8. Regiments unbewaffnet vor die Hauptwache des Fort Winiary und verlangten energisch die Freilassung eines daselbst gefangenen Unteroffiziers. Als weder Zureden noch der Generalmarsch sie zum Fortgehn vermochte, befahl der Oberst Helldorf Feuer zu geben. Erst auf das Kommando: zwei, gingen die Soldaten auseinander. (B. Z. H.)Posen. Sämmtliche im Verlanfe der jüngsten Unruhen eingezogenen Theilnehmer der Insurrektion sind bis auf Hrn. Krauthofer, von dem dies wenigstens nicht mit Gewißheit angegeben werden kann, der Haft entlassen. So sind unter Andern Stefanski, Lipinski, der Geistliche Koszulski und Andere hier auf freien Füßen. Aus Posen. Am 14. v. M. wurden trotz der amtlichen Versicherungen von der Wiederherstellung der „Ruhe und Ordnung“ im Großherzogthum Posen an den Bürgern Polczynski, Ignaz Jezierski und Brzeski in Gegenwart und sogar auf Befehl eines preußischen Offiziers, Namens Reinbold, in dem Vorwerk Wyszyna bei Ryczywol (Kreis Obornik) die erdenklichsten Gräuelthaten verübt, deren Wahrheit wir auf Verlangen sofort beweisen können. Ferner wurden laut einem an einem Abgeordneten der preußischen konstituirenden National-Versammlung gerichteten Briefe vier politische Flüchtlinge aus dem Königreiche Polen, darunter die Herren Walter und Otocki, an die Russen ausgeliefert. Wo solche Facta vorhanden sind, kann jegliches Raisonnement füglich wegbleiben. Neisse, 5. Juli. Am Ende der vorigen Woche wurden von jeder Kompagnie des hier stehenden Bataillons des 23. Landwehr-Regiments 50 Mann bis auf Weiteres entlassen, wobei man vorzüglich solche Personen berücksichte, deren Rückkehr in ihre Heimath am dringendsten erschien. Das Bataillon besteht daher gegenwärtig aus 600 Mann; doch soll es, wenn die Rekruten eingezogen sind, aus der Reserve wieder ergänzt werden. (Allg. O. Z.)Frankfurt, 8. Juli. Die hiesigen Blätter enthalten über die Vorfälle in Sachsenhausen am gestrigen Abend und in der verflossenen Nacht folgende „Mittheilung“ : In der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag haben mehrere Leute ihren Unwillen gegen einen Bäcker zu Sachsenhausen durch eine s. g. Katzenmusik an den Tag legen wollen, und als der um sein Haus besorgte Mann eine Patrouille von Bürgerwehr und Soldaten herbeigerufen hatte, wurde diese von den Tumultanten mit Steinen verfolgt, auch einer der Soldaten am Kopfe verletzt. Als hierauf Freitag Nachmittag die Anstifter dieses Unfugs von Polizeibeamten festgenommen werden sollten, wurden diese mißhandelt. Gegen eine Abtheilung herbeigerufener Stadtwehr und Soldaten steigerte sich die Erbitterung und nachdem einige Soldaten mit einem Arrestanten sich in das deutsche Haus an der Brücke zurückgezogen hatten, wurde das Thor dieses Hauses gewaltsam erbrochen. Hierauf ist gefeuert worden. Ein Soldat ist in der Hauptstraße, wo er mit seinem Komando aufgestellt war, erschossen worden. Auch zwei andere Personen sind verwundet worden; das Genaue hierüber ist noch nicht ermittelt. Die Bevölkerung von Sachsenhausen errichtete hierauf mehrere Barrikaden und dem Militär wurde der Befehl zum Abzug gegeben, damit kein weiterer Unglücksfall sich ereignen möge; dennoch wurde das Haus des oben erwähnten Bäckers in Sachsenhausen noch wesentlich beschädigt. In der Stadt wurden einzelne Tumultuanten zur Haft gebracht. Mit dem anbrechenden Tage kehrte die gewohnte Ordnung zurück und die Barrikaden verschwanden. Von Seiten der Sachsenhäuser wurden mehrere verdächtige Fremde an die Polizei abgeliefert. Die angeordnete Untersuchung wird über die verschiedenen Vorfälle das Nähere ergeben. Dresden, 6. Juli. Die zweite Kammer hat sich bekanntlich gegen die Majorität ihres Ausschusses für das Zweikammersystem erklärt. Heute hat sie ebenso den Antrag der Deputation, daß alle Staats- und Hofbeamte, sowohl in Civil- als Militärstellen von dem Eintritt in die Volkskammer ausgeschlossen bleiben sollen, so daß ihnen freigegeben werde, im Falle der Wahl ihr Amt aufzugeben und dem Rufe zu folgen ‒ mit 47 gegen 15 Stimmen verworfen und dagegen angenommen, daß Staatsdiener ohne Auferlegung einer Bedingung wählbar sein sollen. ‒ Die Berathung des neuen Wahlgesetzes wurde in derselben Sitzung beendigt. Prag. 5. Juli. Dem Vernehmen nach, soll der Belagerungszustand morgen sein Ende nehmen. Die von der Militärkommission für die Aufhebung desselben gestellten Bedingungen sind seit lange erfüllt. Es herrscht die vollkommenste Ruhe in der Stadt. Die Waffenablieferung soll wider Erwarten gute Resultate gehabt haben; einem mir zu Gesicht gekommenen Verzeichnisse zufolge, beläuft sich die Zahl der abgegebenen Feuergewehre auf 15,100; durch die veranstalteten Hausdurchsuchungen gelangte man in den Besitz so mancher Waffe, sowie auch die Furcht vor der angedrohten Strafe Viele veranlaßt, Waffen bei der Nacht aus den Verstecken zu entfernen und auf die offene Gasse zu werfen. Oberwähntes Verzeichniß enthält zugleich einige interessante numerische Angaben bezüglich des Bombardements, deren Echtheit ich jedoch um so weniger verbürgen will, als der unsicheren On dit so viele cirkuliren. Nach diesem Verzeichnisse wurden in der Pfingstwoche verschossen: 170 Kanonenkugeln, 118 Granaten, dann 2 halbgefüllte Bomben; Kartätschenschüsse fielen 110 und blinde Kanonenschüsse 141. * Wien, 6. Juli. Bei dem Fackelzuge der gestern dem provisorischen deutschen Kaiser gebracht wurde, brachten die Studenten der äußersten Linken in Frankfurt ein Hoch aus. Wien, 5. Juli. Die Abgeordneten zu dem konstituirenden Reichstage treffen nach und nach in der Hauptstadt ein. Da die Wahlen auch im Königreiche Böhmen eben vorgenommen werden, so dürfte wohl kaum mehr als eine Woche vergehen, bis der Reichstag eröffnet werden kann. In natürlicher Folgerung aus dem Wahlgesetze, welches allen großjährigen selbstständigen Staatsbürgern das Wahlrecht einräumt, mußte die Mehrheit der Bevölkerung den Ausschlag der Wahlen geben. Es war daher vorauszusehen, daß der Bauernstand entscheidenden Einfluß auf die überwiegende Mehrzahl der Wahlen nehmen werde. Doch war es für die meisten überraschend, daß die Landleute, wie es sich nach den bis jetzt bekannten Wahlen herausstellt, fast überall die Abgeordneten aus ihrer Mitte wählten. Die Ursache davon liegt wohl vorzugsweise in den Urbarial-Verhältnissen. Auf dem bäuerlichen Grundbesitze haften noch Lasten, welche nicht bloß für den Verpflichteten drückend, sondern auch für den Aufschwung der Landwirthschaft im Allgemeinen nachtheilig sind. Die Regierung hob zwar auf den Antrag der Stände in allen Provinzen die Naturalleistungen für die Zukunft auf, mußte aber die Entschädigungsfrage auf den Reichstag verweisen. Diese Entschädigungsfrage nun ist es, die vor Allem den Landmann interessirt, die sie von Abgeordneten ihres Standes gelöst wissen wollen. (Wien. Ztg.)Wien, 5. Juli. Der Juli-Bericht der Wiener Bank ist erschienen und unterscheidet sich von dem letzten darin, daß der Baarvorrath gegen 21,940,147 fl. 461/4 kr. CM. am 2. Juni, 20,022,772 fl. 23/4 kr. CM. am 2. Juli, Der Vorschuß auf Centralkassascheine von 3,202,154 fl. 43 kr. ist eine neue Rubrik. Halten wir diese verschiedenen Zahlen gegen einander, so ergibt sich, daß der baare Vorrath gegenüber den Banknoten, der beim letzten Abschluße 12 Procent betrug, auf 11 Procent, dieser Theil der Sicherheit also um beinahe 10 Procent abgenommen hat. Gleichzeitig bemerken wir, daß der neue der Regierung geleistete Vorschuß der Summe entspricht, um welche sich die escomptirten Wechsel vermindert haben, daß die Erleichterung der Finanzverwaltung folglich auf Kosten des Handels und der Industrie stattgefunden hat. Wir sind leider schon daran gewöhnt und müssen es theilweise als eine Erbschaft des gefallenen Systems hinnehmen, daß die Noten-Ausgabe der Bank in Wien so unverhältnißmäßig groß ist, wir können aber nur mit Wehmuth erblicken wie dieses Mißverhältniß immer größer wird, wie die Bankverwaltung nicht einmal im Stande ist, der Zunahme des Uebels zu steuern. Wir können die Besorgniß nicht verbergen, daß ein Fortschreiten im gleichen Systeme den letzten Groschen aus Oesterreich führen, und die Banknoten in unserer Hand jenen illusorischen Zahlen gegenüber stellen wird, welche jetzt schon 9/10tel des Umlaufes repräsentiren. Polen.
Lemberg. Die Lemberger polnische Zeitung vom 3. Juli bringt seltsamer Weise eine Berichtigung ihrer letzten, wie sie selbst angab, amtlichen Mittheilung über die neuesten Bewegungen in den Donaufürstenthümern. Sie meldet nämlich, daß die Nachrichten über den Einzug rußischer Truppen in Moldauisches Gebiet, und die Verleihung einer Constitution in der Walachei sich nach Berichten aus Jassy vom 28. Juni als falsch erwiesen haben. Uns scheint die frühere Anzeige glaubwürdiger als diese, vielleicht aus sehr trüber Quelle herrührende Berichtigung. (B. Z. H.)Donaufürstenthümer.
Die Bukarester Zeitung vom 22. Juni meldet, daß auf den Fürsten Bibesco am 21. Abends, als er zwischen 8 und 9 Uhr im Kisselefgarten eine Spazierfahrt machte, in der mittleren Allee aus einem vorüberjagenden Wagen drei Schüsse losgefeuert worden wären. Der Fürst ist nicht verwundet worden, aber eine Kugel ging durch die Epaulette der linken Schulter. Die Urheber des Attentats sind noch nicht entdeckt. ‒ Aus einer brieflichen Mittheilung erfahren wir, daß in der Nacht vom 21. auf den 22. die Revolution ausbrechen sollte, und daß auch alles vorbereitet war. Gewaltige Vorkehrungen von Seiten der Regierung haben die Sache verhindert. Das Volk lebt in großer Angst. Am 21. in der Nacht war eine Hitze von 26 Grad R. ‒ Die Cholera ist gewaltig ausgebrochen. Am 20. starben 65 Personen daran und 200 genasen. Die Seuche hat sich über das ganze Land verbreitet, was viele Familien, die sich von Bukarest entfernt hatten, wieder zur Rückkehr bestimmt, indem sie auf dem Lande ohne alle Hülfe starben. ‒ In Braila kommen im Durchschnitt täglich 60 Choleratodesfälle vor. Großbritannien.
*
Ernst Jones hat im Northern Star vom ersten Juli folgenden Brief an die Chartisten gerichtet: Brüder! Ich weiß, daß die Augen unserer Gegner uns beständig überwachen, aber dies soll mich nicht abhalten, rücksichtslos die Empfindungen auszusprechen, von denen ich beseelt war, beseelt bin, die ich nie aufgeben werde. Die Geld- und Landaristokratie sind nun in ihrem letzten Kampf begriffen gegen die Mittel- und Arbeiterklassen, der Kapitalist und der Grundbesitzer gegen den Krämer, den Pächter und den Arbeiter. Die Mittelklasse leiht sich selbst als blindes Instrument der Regierung, um uns zu zermalmen, so blind wie die Landgemeinden auf Paris losmarschirten, um den republikanischen Despoten beizustehn gegen die republikanischen Demokraten. Aber rasch naht die Zeit herbei, sehr rasch, wo die Sieger des Tages die Besiegten des andern Morgens sein werden; und wenn Russel und Grey der Deportation entgehn werden, die ich ihnen am 4. Juni versprach, so wird es nur geschehen, weil eine Chartistenregierung großmüthiger ist als eine Whigoligarchie. Unterdessen Chartisten, was ist unsere Pflicht? Zu organisiren. Ich sage Euch, daß wir nur noch einen Schritt vom Triumph entfernt sind. Die Regierung ist ohne Fonds, ihre Ausgaben wachsen, sie wird wahrscheinlich in einen Krieg gestürzt werden und wenn nicht, muß sie wenigstens für den halben rüsten. Die Mittelklasse mißtraut ihr, die Arbeiterklasse verachtet sie, und die Whigs wie ihre aristokratischen Gegner beschleunigen den eignen Ruin, indem sie überlegt sich selbst im Haus der Gemeinen entehren, sich wechselseitig Lügen strafen und wechselseitig handgreiflicher Unredlichkeit bezüchtigen. Und habt Ihr nicht gelesen, wie die Saat in Irland reift? Habt ihr nicht gehört, wie die Bauern ihre Sensen wetzen? Wie Amerika droht über das atlantische Meer hinüber ‒ wie es sagt: Irland muß frei werden, und wie es murmelt von Canada und Indien? Bedenkt, daß die Diktatoren Frankreichs jetzt den Krieg suchen müssen, um den französischen Geist von Vergeltungsplänen abzuziehn; und welcher Krieg würde so populär sein, als der mit England? Was denn ist die Moral von alle dem? Daß der Tag des Volkes herangenaht ist; daß die Aristokratie ein mächtiges Reich an den Abgrund des Verderbens gewälzt hat und daß die Demokratie es wieder aufrichten muß; daß Britannien nicht gerettet werden kann ohne die Charter ‒ denn ohne die Charter werden die Chartisten nicht fechten für ihr Land. In andren Worten: wir sind die bewegende Kraft der politischen Maschine, und wenn wir unsre Macht sprechen lehren,:können wir unsre eigenen Bedingungen diktiren und jede andre Klasse zur Anerkennung unserer souveränen Rechte zwingen. Um dieß zu bewirken, laßt uns unsere Organisation vervollkommnen. Zu diesem Zwecke liegt auch ein Plan vor, der Vollendung so nahe wie möglich. Wenn ihr ihn ausführt, seid ihr unbesiegbar. Laßt kein Lokalinteresse, kein Parteigefühl euch von seinen Details abweichen machen. Einmal organisirt, vollständig organisirt, diesem Plane gemäß könnt ihr voranschreiten in der politischen Arena und allen Klassen kommandiren. Laßt mich euch anflehn, mit dem tiefsten Ernst anflehn, diesen Organisationsplan wörtlich auszuführen. Bedenkt, er gefährdet nichts und kann den Sieg der Charter herbeiführen. Aber vor allem beschleunigt seine Ausführung. Der ganze Chartistenkörper kann vollständig organisirt sein bis zum Herbst ‒ schiebt es nicht länger hinaus! Während derselben Periode strengt euch an, die Bewegung auszubreiten. Laßt jeden Distriktsrath alle Orte in seinem Distrikt notiren, die noch keine Chartistengemeine enthalten. Laßt ihn Emissäre aussenden, um die lokalen Umstände zu untersuchen; miethet ein Zimmer, haltet Vorlesungen und wendet jedes Mittel an, um eine Zweiggesellschaft zu errichten. Wenn blos Ein Mann bekehrt ist, ist der Same gestreut ‒ er wird andre bringen. Wie wurde das Christenthum mit allen seinen Sekten ausgebreitet, wie die Emancipation, wie der Teatotalismus, wie der Freihandel! Durch Missionäre ‒ durch die Propaganda. Sendet Missionäre in die politisch brachen Distrikte, namentlich in die ackerbauenden. Das unwissende Landvolk hat in Frankreich die Bewegung ruinirt. Laßt sie dem Hungrigen erzählen, wie er Brod gewinnen wird, dem Krämer wie Profit, dem Steuerpflichtigen wie eine wohlfeile Regierung. Zeigt ihnen, wie die Charter unvermeidlich diese Resultate herbeiführen muß. Aber laßt sie nicht reden über bloß abstrakt-politische Fragen. Wenig Gemüther sind groß genug, um für ein Ding zu kämpfen, blos weil es Recht ist. Laßt sie zeigen, was die Charter thun wird und die Charter ist gewonnen. Vor allem, laßt sie ihre Aufmerksamkeit richten auf die einzelnen Gewerke; sie sind das Mark der Arbeiterklasse; sie haben beständig ihren Blick auf die Politik gerichtet; zeigt ihnen, wie die Charter ihrer Natur gemäß einheimische Werke erzeugen muß ‒ und sie sind euer. Unsre Gegner werden zweifelsohne mit der in Frankreich herrschenden Anarchie Handel treiben. Die „Times“ brandmarkt die „Insurgenten“ und entrollt den unheilschwangeren Kampf zu Paris als eine Warnung. Es ist dieß eine Warnung, aber nicht gegen die Demokratie. Es ist eine Warnung euch selbst nicht von halben Maßregeln einlullen zu lassen. Es ist eine Warnung ‒ gegen das politische Geklimper von Hume und Cpgie. Es ist eine Warnung ‒ daß Niemand für den Arbeiter Gesetze geben kann, als der Arbeiter selbst. Das französische Volk wählt nur ungefähr 40 Arbeiter unter 900 Repräsentanten und ihr seht das Resultat: Die Arbeit verwahrlost ‒ die Arbeit hinschmachtend ‒ das Vorurtheil Gesetze gebend über das, wovon es nichts weiß. Das britische Volk würde nicht so gehandelt haben. Das britische Volk besteht aus gesunden politischen Oekonomisten und socialen Reformern. Macht sucht es nur als ein Mittel zum Zweck. Laßt die Charter ihnen Macht geben und die politischen Maßregeln, die ökonomischen sind schon bereit, die es sofort ausführen wird. Darum wird die Revolution hier keine terroristische sein. Nicht so in Frankreich. Die Regierung hätte dort zu anständigem Zins eine Zwangsanleihe von den französischen Kapitalisten erheben sollen; sie hätte unmittelbar große Vorrathskammern im ganzen Land bilden, die Population vertheilen, statt einseitig koncentrirtn sollen, alle wüsten Ländereien unter das Volk vertheilen und statt die Entblösten in Garden, siie in Landarbeiter verwandeln sollen, zubereitend ihre Parzellen und ihre Hütten für die Armen. So wären sie produktiv beschäftigt worden, ihr Lohn und ihre Nahrung wären gesichert gewesen, bis die Pachtungen des Volks reproduktiv geworden, und Anarchie, Mißvergnügen und Blutvergiessen wären abgeschnitten worden. Noch mehr Kämpfe wird es in Frankreich setzen; der letzte war ein heiliger Kampf und wenn irgend etwas ihn rechtfertigen müßte in den Augen der Welt, so ist es die Thatsache, daß Cavaignac ‒ der Militärdiktator ‒ nun mit Thiers unterhandelt über Bildung seines Kabinets. Die Times benutzt auch die letzten Ereignisse zu Paris, um die Furcht vor jenem Popanz einer stehenden Armee zu vermehren, wenn sie sagt, Paris habe bewiesen, daß eine Bevölkerung stets vergeblich einer militärischen Gewalt zu widerstehen sucht. Unterstellt die Times, die regelmässige Armee habe zu Paris gesiegt ‒ oder war es: Die Nationalgarde? Die regelmäßige Armee war geschlagen ‒ die Insurrektion [#] sich aus in ihrem Angesicht. Die Nationalgarden fürchteten herauszukommen und agirten kaum bis zum letzten Tag, wo die Insurgenten erlegen waren, wie Duvoux in der Nationalversammlung bezeugte. Die Mobilgarde, selbst Arbeiter, und die ländliche Bevölkerung erdrückten die Insurrektion. So weit bin ich abgeschweift, denn Freiheit ist nicht allein eine französische Frage, sondern eine universelle, und eure Gegner suchen eure Sache zu brandmarken durch Verläumdung ihrer Vertheidiger in Frankreich. Laßt uns also eingedenk sein, daß die Insurgenten mit ehrlichen und ehrbaren Waffen kämpften, während die grausame Regierung gleich Maulwürfen im Dunkeln wühlte, ganze Straßen unterminirte, und plötzlich Häuser in die Luft sprengte, mit den tapfern Vertheidigern angefüllt, während Schauer von Bomben und Granaten von oben herabregneten. Eingedenk sei es, daß sie mit kaltem Blut Weiber niederschossen. ‒ Ja! wie die Zeitungen vom 26. Juni konstatiren, ein starker Haufen von Nationalgarden, im Angriff auf eine durch zwei Weiber und einen Knaben vertheitigte Barrikade, schoß ruhig die Weiber nieder und wagte erst dann die Barrikade zu besteigen. Und eingedenk sei es auch, daß Larochejacquelin die Versammlung anklagte, nach dem Prinzip zu handeln: Wehe den Besiegten! Wohl mochte er das thun, als diese Horde von Meuchelmördern, nach Erdrückung der Insurrektion nach Flüchtung des Volks auf das freie Feld, Kavallerie und fliegende Artillerie nachsandte, die blutenden Wracke des Proletariats zu exterminiren. Weh den Besiegten! Chartisten! entweder verläumdet die Times die Klasse, deren Organ sie ist, oder wir können hier desselben harten Geistes gewärtig sein. Bereitet euch vor! Lest den Leitartikel der Times vom 26 Juni, wo konstatirt ist: „Der Augenblick ist noch nicht gekommen, wir wiederholen es, für solch ein Verfahren; wenn er aber kommt, werden die Rotten von Schuften, die nun mit systematischer Verletzung der öffentlichen Ordnung beschäftigt sind (Siehe den Verfolg in der Beilage.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar041_006" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0203"/> sie sind erwacht und wollen nicht mehr als willenlose Maschinen sondern als Bürger eines freien Staates angesehen werden. Sie folgen nicht mehr blindlings jedem gegebenen Befehl und als vorgestern eine Abtheilung Soldaten in Potsdam nach einem vierstündigen Marsch ankam, verweigerten sie den sofortigen Weitermarsch, wegen großer Hitze, und selbst eine requirirte Abtheilung, die sie dazu zwingen sollte, verweigerte ihren Beistand. Die Zeiten des blinden Gehorsams sind auf immer dahin und werden nie wiederkehren.</p> <p>Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Jung</hi> hat den Antrag gestellt: die Paragraphe 151-156, Theil II., Titel 20 des allgemeinen Landrechts aufzuheben. Diese Paragraphen, welche die berühmten Strafbestimmungen über den frechen, unehrerbietigen Tadel; über Erregung von Mißvergnügen und Verspottung der Landesgesetze enthalten, bedrohen tagtäglich unsere gesammte politische Presse. Die Staatsanwaltschaft hat bis jetzt ein Auge zugedrückt, das unverständige Geschrei nach vollständiger Ausführung der Gesetze, wird sie jedoch bald zwingen, von Neuem unwillige Werkzeuge veralteter, despotischer Gesetze zu werden, wodurch die ehrenhaftesten Staatsmänner, zur Niederlegung ihres Amts gezwungen werden dürften. Dieser Antrag wird in der nächsten Sitzung der Vereinbarungsversammlung zur Berathung kommen.</p> </div> <div xml:id="ar041_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Berlin, 8. Juli.</head> <p>Unterm 1. Juli beantragte der Hochweise Magistrat das Heranziehen von zwei Bataillonen Infanterie und einem Regiment Kavallerie, um die Ordnung auf den in der Umgegend Berlins gelegenen Arbeitsstätten aufrecht zu erhalten. Das war Wasser auf die Mühle des Schreckenstein'schen Ministeriums der That. Dasselbe erklärte dem Hochweisen: die Truppen heranzuziehen, aber nicht außerhalb der Stadt, sondern innerhalb derselben placiren wolle. Es wäre unverantwortlich, dem Staate durch erstere Maßregel unnütze Kosten zu machen, da ja die Kasernen in Berlin leer ständen. Unser hocherfreuter Magistrat läßt dies gleich an den Straßenecken ankündigen, mit der Nebenbemerkung, daß heute <hi rendition="#g">nur</hi> eine Eskadron, statt eines Regiments Kavallerie und die zwei Bataillone Infanterie einrücken erden. Der Magistrat ließ sein Plakat vom 6. Juni, worin as Einrücken der Truppen angezeigt wird, erst gestern Nacht um 11 Uhr zur Druckerei geben und der Maueranschlag desselben fand fast gleichzeitig mit dem Einrücken der Truppen Statt. Eine weise Berechnung! Eine Deputation des demokratischen Klubs erhielt von dem provisorischen Kommandanten der Bürgerwehr Rimpler den Bescheid, daß er vom Magistrat die offizielle Anzeige des Einrückens des Militairs erst um 1 Uhr, also nach dem Vollzuge erhalten habe.</p> </div> <div xml:id="ar041_008" type="jArticle"> <head>Posen, 6. Juli.</head> <p>Die Gazeta Polska berichtet von Reibungen, welche zwischen dem 8. (Brandenburgischen) Landwehr-Reg. und dem 18. Regiment, worunter sich viele Polen befinden, ausgebrochen sind. Wahrscheinlich um ferneren Reibungen vorzubeugen, hatte die Kommandantur das 8. Regiment nach der Festung verlegt. Am 5. begaben sich die Soldaten eines Bataillons des 8. Regiments unbewaffnet vor die Hauptwache des Fort Winiary und verlangten energisch die Freilassung eines daselbst gefangenen Unteroffiziers. Als weder Zureden noch der Generalmarsch sie zum Fortgehn vermochte, befahl der Oberst Helldorf Feuer zu geben. Erst auf das Kommando: zwei, gingen die Soldaten auseinander.</p> <bibl>(B. Z. H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar041_009" type="jArticle"> <head>Posen.</head> <p>Sämmtliche im Verlanfe der jüngsten Unruhen eingezogenen Theilnehmer der Insurrektion sind bis auf Hrn. Krauthofer, von dem dies wenigstens nicht mit Gewißheit angegeben werden kann, der Haft entlassen. So sind unter Andern Stefanski, Lipinski, der Geistliche Koszulski und Andere hier auf freien Füßen.</p> </div> <div xml:id="ar041_010" type="jArticle"> <head>Aus Posen.</head> <p>Am 14. v. M. wurden trotz der amtlichen Versicherungen von der Wiederherstellung der „Ruhe und Ordnung“ im Großherzogthum Posen an den Bürgern Polczynski, Ignaz Jezierski und Brzeski in Gegenwart und sogar auf Befehl eines preußischen Offiziers, Namens Reinbold, in dem Vorwerk Wyszyna bei Ryczywol (Kreis Obornik) die erdenklichsten Gräuelthaten verübt, deren Wahrheit wir auf Verlangen sofort beweisen können.</p> <p>Ferner wurden laut einem an einem Abgeordneten der preußischen konstituirenden National-Versammlung gerichteten Briefe vier politische Flüchtlinge aus dem Königreiche Polen, darunter die Herren Walter und Otocki, an die Russen ausgeliefert. Wo solche Facta vorhanden sind, kann jegliches Raisonnement füglich wegbleiben.</p> </div> <div xml:id="ar041_011" type="jArticle"> <head>Neisse, 5. Juli.</head> <p>Am Ende der vorigen Woche wurden von jeder Kompagnie des hier stehenden Bataillons des 23. Landwehr-Regiments 50 Mann bis auf Weiteres entlassen, wobei man vorzüglich solche Personen berücksichte, deren Rückkehr in ihre Heimath am dringendsten erschien. Das Bataillon besteht daher gegenwärtig aus 600 Mann; doch soll es, wenn die Rekruten eingezogen sind, aus der Reserve wieder ergänzt werden.</p> <bibl>(Allg. O. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar041_012" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 8. Juli.</head> <p>Die hiesigen Blätter enthalten über die Vorfälle in Sachsenhausen am gestrigen Abend und in der verflossenen Nacht folgende „Mittheilung“ : In der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag haben mehrere Leute ihren Unwillen gegen einen Bäcker zu Sachsenhausen durch eine s. g. Katzenmusik an den Tag legen wollen, und als der um sein Haus besorgte Mann eine Patrouille von Bürgerwehr und Soldaten herbeigerufen hatte, wurde diese von den Tumultanten mit Steinen verfolgt, auch einer der Soldaten am Kopfe verletzt. Als hierauf Freitag Nachmittag die Anstifter dieses Unfugs von Polizeibeamten festgenommen werden sollten, wurden diese mißhandelt. Gegen eine Abtheilung herbeigerufener Stadtwehr und Soldaten steigerte sich die Erbitterung und nachdem einige Soldaten mit einem Arrestanten sich in das deutsche Haus an der Brücke zurückgezogen hatten, wurde das Thor dieses Hauses gewaltsam erbrochen. Hierauf ist gefeuert worden. Ein Soldat ist in der Hauptstraße, wo er mit seinem Komando aufgestellt war, erschossen worden. Auch zwei andere Personen sind verwundet worden; das Genaue hierüber ist noch nicht ermittelt. Die Bevölkerung von Sachsenhausen errichtete hierauf mehrere Barrikaden und dem Militär wurde der Befehl zum Abzug gegeben, damit kein weiterer Unglücksfall sich ereignen möge; dennoch wurde das Haus des oben erwähnten Bäckers in Sachsenhausen noch wesentlich beschädigt. In der Stadt wurden einzelne Tumultuanten zur Haft gebracht. Mit dem anbrechenden Tage kehrte die gewohnte Ordnung zurück und die Barrikaden verschwanden. Von Seiten der Sachsenhäuser wurden mehrere verdächtige Fremde an die Polizei abgeliefert. Die angeordnete Untersuchung wird über die verschiedenen Vorfälle das Nähere ergeben.</p> </div> <div xml:id="ar041_013" type="jArticle"> <head>Dresden, 6. Juli.</head> <p>Die zweite Kammer hat sich bekanntlich gegen die Majorität ihres Ausschusses für das Zweikammersystem erklärt. Heute hat sie ebenso den Antrag der Deputation, daß alle Staats- und Hofbeamte, sowohl in Civil- als Militärstellen von dem Eintritt in die Volkskammer ausgeschlossen bleiben sollen, so daß ihnen freigegeben werde, im Falle der Wahl ihr Amt aufzugeben und dem Rufe zu folgen ‒ mit 47 gegen 15 Stimmen verworfen und dagegen angenommen, daß Staatsdiener ohne Auferlegung einer Bedingung wählbar sein sollen. ‒ Die Berathung des neuen Wahlgesetzes wurde in derselben Sitzung beendigt.</p> </div> <div xml:id="ar041_014" type="jArticle"> <head>Prag. 5. Juli.</head> <p>Dem Vernehmen nach, soll der Belagerungszustand morgen sein Ende nehmen. Die von der Militärkommission für die Aufhebung desselben gestellten Bedingungen sind seit lange erfüllt. Es herrscht die vollkommenste Ruhe in der Stadt. Die Waffenablieferung soll wider Erwarten gute Resultate gehabt haben; einem mir zu Gesicht gekommenen Verzeichnisse zufolge, beläuft sich die Zahl der abgegebenen Feuergewehre auf 15,100; durch die veranstalteten Hausdurchsuchungen gelangte man in den Besitz so mancher Waffe, sowie auch die Furcht vor der angedrohten Strafe Viele veranlaßt, Waffen bei der Nacht aus den Verstecken zu entfernen und auf die offene Gasse zu werfen. Oberwähntes Verzeichniß enthält zugleich einige interessante numerische Angaben bezüglich des Bombardements, deren Echtheit ich jedoch um so weniger verbürgen will, als der unsicheren On dit so viele cirkuliren. Nach diesem Verzeichnisse wurden in der Pfingstwoche verschossen: 170 Kanonenkugeln, 118 Granaten, dann 2 halbgefüllte Bomben; Kartätschenschüsse fielen 110 und blinde Kanonenschüsse 141.</p> </div> <div xml:id="ar041_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 6. Juli.</head> <p>Bei dem Fackelzuge der gestern dem provisorischen deutschen Kaiser gebracht wurde, brachten die Studenten der <hi rendition="#g">äußersten Linken</hi> in Frankfurt ein Hoch aus.</p> </div> <div xml:id="ar041_016" type="jArticle"> <head>Wien, 5. Juli.</head> <p>Die Abgeordneten zu dem konstituirenden Reichstage treffen nach und nach in der Hauptstadt ein. Da die Wahlen auch im Königreiche Böhmen eben vorgenommen werden, so dürfte wohl kaum mehr als eine Woche vergehen, bis der Reichstag eröffnet werden kann.</p> <p>In natürlicher Folgerung aus dem Wahlgesetze, welches allen großjährigen selbstständigen Staatsbürgern das Wahlrecht einräumt, mußte die Mehrheit der Bevölkerung den Ausschlag der Wahlen geben. Es war daher vorauszusehen, daß der Bauernstand entscheidenden Einfluß auf die überwiegende Mehrzahl der Wahlen nehmen werde. Doch war es für die meisten überraschend, daß die Landleute, wie es sich nach den bis jetzt bekannten Wahlen herausstellt, fast überall die Abgeordneten aus ihrer Mitte wählten.</p> <p>Die Ursache davon liegt wohl vorzugsweise in den Urbarial-Verhältnissen. Auf dem bäuerlichen Grundbesitze haften noch Lasten, welche nicht bloß für den Verpflichteten drückend, sondern auch für den Aufschwung der Landwirthschaft im Allgemeinen nachtheilig sind. Die Regierung hob zwar auf den Antrag der Stände in allen Provinzen die Naturalleistungen für die Zukunft auf, mußte aber die Entschädigungsfrage auf den Reichstag verweisen. Diese Entschädigungsfrage nun ist es, die vor Allem den Landmann interessirt, die sie von Abgeordneten ihres Standes gelöst wissen wollen.</p> <bibl>(Wien. Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar041_017" type="jArticle"> <head>Wien, 5. Juli.</head> <p>Der Juli-Bericht der Wiener Bank ist erschienen und unterscheidet sich von dem letzten darin, daß der Baarvorrath gegen 21,940,147 fl. 461/4 kr. CM. am 2. Juni,</p> <p rendition="#et">20,022,772 fl. 23/4 kr. CM. am 2. Juli,<lb/> also um 1,917,374 fl. 431/2 weniger beträgt.<lb/> Der Notenumlauf aber von 177,810,520 fl.<lb/> auf 181,375,890 fl.<lb/> also um 3,565,370 fl. gestiegen ist.<lb/> Die Disconti sind von 36,441,582 fl. 56 kr.<lb/> auf 33,025,209 fl. 51 kr.<lb/> also um 3,416,373 fl. 5 kr. vermindert.</p> <p>Der Vorschuß auf Centralkassascheine von 3,202,154 fl. 43 kr. ist eine neue Rubrik.</p> <p>Halten wir diese verschiedenen Zahlen gegen einander, so ergibt sich, daß der baare Vorrath gegenüber den Banknoten, der beim letzten Abschluße 12 Procent betrug, auf 11 Procent, dieser Theil der Sicherheit also um beinahe 10 Procent abgenommen hat.</p> <p>Gleichzeitig bemerken wir, daß der neue der Regierung geleistete Vorschuß der Summe entspricht, um welche sich die escomptirten Wechsel vermindert haben, daß die Erleichterung der Finanzverwaltung folglich auf Kosten des Handels und der Industrie stattgefunden hat.</p> <p>Wir sind leider schon daran gewöhnt und müssen es theilweise als eine Erbschaft des gefallenen Systems hinnehmen, daß die Noten-Ausgabe der Bank in Wien so unverhältnißmäßig groß ist, wir können aber nur mit Wehmuth erblicken wie dieses Mißverhältniß immer größer wird, wie die Bankverwaltung nicht einmal im Stande ist, der Zunahme des Uebels zu steuern. Wir können die Besorgniß nicht verbergen, daß ein Fortschreiten im gleichen Systeme den letzten Groschen aus Oesterreich führen, und die Banknoten in unserer Hand jenen illusorischen Zahlen gegenüber stellen wird, welche jetzt schon 9/10tel des Umlaufes repräsentiren.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar041_018" type="jArticle"> <head>Lemberg.</head> <p>Die Lemberger polnische Zeitung vom 3. Juli bringt seltsamer Weise eine Berichtigung ihrer letzten, wie sie selbst angab, amtlichen Mittheilung über die neuesten Bewegungen in den Donaufürstenthümern. Sie meldet nämlich, daß die Nachrichten über den Einzug rußischer Truppen in Moldauisches Gebiet, und die Verleihung einer Constitution in der Walachei sich nach Berichten aus Jassy vom 28. Juni als falsch erwiesen haben. Uns scheint die frühere Anzeige glaubwürdiger als diese, vielleicht aus sehr trüber Quelle herrührende Berichtigung.</p> <bibl>(B. Z. H.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar041_019" type="jArticle"> <p>Die Bukarester Zeitung vom 22. Juni meldet, daß auf den Fürsten Bibesco am 21. Abends, als er zwischen 8 und 9 Uhr im Kisselefgarten eine Spazierfahrt machte, in der mittleren Allee aus einem vorüberjagenden Wagen drei Schüsse losgefeuert worden wären. Der Fürst ist nicht verwundet worden, aber eine Kugel ging durch die Epaulette der linken Schulter. Die Urheber des Attentats sind noch nicht entdeckt. ‒ Aus einer brieflichen Mittheilung erfahren wir, daß in der Nacht vom 21. auf den 22. die Revolution ausbrechen sollte, und daß auch alles vorbereitet war. Gewaltige Vorkehrungen von Seiten der Regierung haben die Sache verhindert. Das Volk lebt in großer Angst. Am 21. in der Nacht war eine Hitze von 26 Grad R. ‒ Die Cholera ist gewaltig ausgebrochen. Am 20. starben 65 Personen daran und 200 genasen. Die Seuche hat sich über das ganze Land verbreitet, was viele Familien, die sich von Bukarest entfernt hatten, wieder zur Rückkehr bestimmt, indem sie auf dem Lande ohne alle Hülfe starben. ‒ In Braila kommen im Durchschnitt täglich 60 Choleratodesfälle vor.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar041_020" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p><hi rendition="#g">Ernst Jones</hi> hat im <hi rendition="#g">Northern Star</hi> vom ersten Juli folgenden Brief an die Chartisten gerichtet:</p> <p>Brüder! Ich weiß, daß die Augen unserer Gegner uns beständig überwachen, aber dies soll mich nicht abhalten, rücksichtslos die Empfindungen auszusprechen, von denen ich beseelt war, beseelt bin, die ich nie aufgeben werde. Die Geld- und Landaristokratie sind nun in ihrem letzten Kampf begriffen gegen die Mittel- und Arbeiterklassen, der Kapitalist und der Grundbesitzer gegen den Krämer, den Pächter und den Arbeiter. Die Mittelklasse leiht sich selbst als blindes Instrument der Regierung, um uns zu zermalmen, so blind wie die Landgemeinden auf Paris losmarschirten, um den republikanischen Despoten beizustehn gegen die republikanischen Demokraten. Aber rasch naht die Zeit herbei, sehr rasch, wo die Sieger des Tages die Besiegten des andern Morgens sein werden; und wenn Russel und Grey der Deportation entgehn werden, die ich ihnen am 4. Juni versprach, so wird es nur geschehen, weil eine Chartistenregierung großmüthiger ist als eine Whigoligarchie. Unterdessen Chartisten, was ist unsere Pflicht? Zu organisiren. Ich sage Euch, daß wir nur noch einen Schritt vom Triumph entfernt sind. Die Regierung ist ohne Fonds, ihre Ausgaben wachsen, sie wird wahrscheinlich in einen Krieg gestürzt werden und wenn nicht, muß sie wenigstens für den halben rüsten. Die Mittelklasse mißtraut ihr, die Arbeiterklasse verachtet sie, und die Whigs wie ihre aristokratischen Gegner beschleunigen den eignen Ruin, indem sie überlegt sich selbst im Haus der Gemeinen entehren, sich wechselseitig Lügen strafen und wechselseitig handgreiflicher Unredlichkeit bezüchtigen. Und habt Ihr nicht gelesen, wie die Saat in Irland reift? Habt ihr nicht gehört, wie die Bauern ihre Sensen wetzen? Wie Amerika droht über das atlantische Meer hinüber ‒ wie es sagt: Irland <hi rendition="#g">muß</hi> frei werden, und wie es murmelt von Canada und Indien? Bedenkt, daß die Diktatoren Frankreichs jetzt den Krieg suchen müssen, um den französischen Geist von Vergeltungsplänen abzuziehn; und welcher Krieg würde so populär sein, als der mit England? Was denn ist die Moral von alle dem? Daß der Tag des Volkes herangenaht ist; daß die Aristokratie ein mächtiges Reich an den Abgrund des Verderbens gewälzt hat und daß die Demokratie es wieder aufrichten muß; daß Britannien nicht gerettet werden kann ohne die Charter ‒ denn ohne die Charter werden die Chartisten nicht fechten für ihr Land. In andren Worten: wir sind die bewegende Kraft der politischen Maschine, und wenn wir unsre Macht sprechen lehren,:können wir unsre eigenen Bedingungen diktiren und jede andre Klasse zur Anerkennung unserer souveränen Rechte zwingen. Um dieß zu bewirken, laßt uns unsere Organisation vervollkommnen. Zu diesem Zwecke liegt auch ein Plan vor, der Vollendung so nahe wie möglich. Wenn ihr ihn ausführt, seid ihr unbesiegbar. Laßt kein Lokalinteresse, kein Parteigefühl euch von seinen Details abweichen machen. Einmal organisirt, vollständig organisirt, diesem Plane gemäß könnt ihr voranschreiten in der politischen Arena und allen Klassen kommandiren. Laßt mich euch anflehn, mit dem tiefsten Ernst anflehn, diesen Organisationsplan wörtlich auszuführen. Bedenkt, er gefährdet nichts und kann den Sieg der Charter herbeiführen. Aber vor allem beschleunigt seine Ausführung. Der ganze Chartistenkörper kann vollständig organisirt sein bis zum <hi rendition="#g">Herbst</hi> ‒ schiebt es nicht länger hinaus! Während derselben Periode strengt euch an, die Bewegung auszubreiten. Laßt jeden Distriktsrath alle Orte in seinem Distrikt notiren, die noch keine Chartistengemeine enthalten. Laßt ihn Emissäre aussenden, um die lokalen Umstände zu untersuchen; miethet ein Zimmer, haltet Vorlesungen und wendet jedes Mittel an, um eine Zweiggesellschaft zu errichten. Wenn blos Ein Mann bekehrt ist, ist der Same gestreut ‒ er wird andre bringen. Wie wurde das Christenthum mit allen seinen Sekten ausgebreitet, wie die Emancipation, wie der Teatotalismus, wie der Freihandel! Durch Missionäre ‒ durch die Propaganda. Sendet Missionäre in die politisch brachen Distrikte, namentlich in die ackerbauenden. Das unwissende Landvolk hat in Frankreich die Bewegung ruinirt. Laßt sie dem Hungrigen erzählen, wie er Brod gewinnen wird, dem Krämer wie Profit, dem Steuerpflichtigen wie eine wohlfeile Regierung. Zeigt ihnen, wie die Charter unvermeidlich diese Resultate herbeiführen muß. Aber laßt sie nicht reden über bloß abstrakt-politische Fragen. Wenig Gemüther sind groß genug, um für ein Ding zu kämpfen, blos weil es Recht ist. Laßt sie zeigen, was die Charter <hi rendition="#g">thun wird</hi> und die Charter ist gewonnen. Vor allem, laßt sie ihre Aufmerksamkeit richten auf die einzelnen Gewerke; sie sind das Mark der Arbeiterklasse; sie haben beständig ihren Blick auf die Politik gerichtet; zeigt ihnen, wie die Charter ihrer Natur gemäß einheimische Werke erzeugen muß ‒ und sie sind euer.</p> <p>Unsre Gegner werden zweifelsohne mit der in Frankreich herrschenden Anarchie Handel treiben. Die „<hi rendition="#g">Times</hi>“ brandmarkt die „<hi rendition="#g">Insurgenten</hi>“ und entrollt den unheilschwangeren Kampf zu Paris als eine Warnung. Es ist dieß eine Warnung, aber <hi rendition="#g">nicht</hi> gegen die Demokratie. Es ist eine Warnung euch selbst nicht von halben Maßregeln einlullen zu lassen. Es ist eine Warnung ‒ gegen das politische Geklimper von Hume und Cpgie. Es ist eine Warnung ‒ daß Niemand für den Arbeiter Gesetze geben kann, als der Arbeiter selbst. Das französische Volk wählt nur ungefähr 40 Arbeiter unter 900 Repräsentanten und ihr seht das Resultat: Die Arbeit verwahrlost ‒ die Arbeit hinschmachtend ‒ <hi rendition="#g">das Vorurtheil Gesetze gebend über das, wovon es nichts weiß.</hi> Das britische Volk würde nicht so gehandelt haben. Das britische Volk besteht aus gesunden politischen Oekonomisten und socialen Reformern. Macht sucht es nur als ein Mittel zum Zweck. Laßt die Charter ihnen Macht geben und die politischen Maßregeln, die ökonomischen sind schon bereit, die es sofort ausführen wird. Darum wird die Revolution hier keine terroristische sein. Nicht so in Frankreich. Die Regierung hätte dort zu anständigem Zins eine Zwangsanleihe von den französischen Kapitalisten erheben sollen; sie hätte unmittelbar große Vorrathskammern im ganzen Land bilden, die Population vertheilen, statt einseitig koncentrirtn sollen, alle wüsten Ländereien unter das Volk vertheilen und statt die Entblösten in <hi rendition="#g">Garden,</hi> siie in <hi rendition="#g">Landarbeiter</hi> verwandeln sollen, zubereitend ihre Parzellen und ihre Hütten für die Armen. So wären sie produktiv beschäftigt worden, ihr Lohn und ihre Nahrung wären gesichert gewesen, bis die Pachtungen des Volks reproduktiv geworden, und Anarchie, Mißvergnügen und Blutvergiessen wären abgeschnitten worden. Noch mehr Kämpfe wird es in Frankreich setzen; der letzte war ein heiliger Kampf und wenn irgend etwas ihn rechtfertigen müßte in den Augen der Welt, so ist es die Thatsache, daß Cavaignac ‒ der Militärdiktator ‒ nun mit <hi rendition="#g">Thiers</hi> unterhandelt über Bildung seines Kabinets. Die <hi rendition="#g">Times</hi> benutzt auch die letzten Ereignisse zu Paris, um die Furcht vor jenem Popanz einer stehenden Armee zu vermehren, wenn sie sagt, Paris habe bewiesen, daß eine Bevölkerung stets vergeblich einer militärischen Gewalt zu widerstehen sucht. Unterstellt die Times, die regelmässige Armee habe zu Paris gesiegt ‒ oder war es: Die Nationalgarde? Die regelmäßige Armee war geschlagen ‒ die Insurrektion [#] sich aus in ihrem Angesicht. Die Nationalgarden fürchteten herauszukommen und agirten kaum bis zum letzten Tag, wo die Insurgenten erlegen waren, wie Duvoux in der Nationalversammlung bezeugte. Die <hi rendition="#g">Mobilgarde,</hi> selbst Arbeiter, und die ländliche Bevölkerung erdrückten die Insurrektion.</p> <p>So weit bin ich abgeschweift, denn Freiheit ist nicht allein eine französische Frage, sondern eine universelle, und eure Gegner suchen eure Sache zu brandmarken durch Verläumdung ihrer Vertheidiger in Frankreich. Laßt uns also eingedenk sein, daß die <hi rendition="#g">Insurgenten</hi> mit ehrlichen und ehrbaren Waffen kämpften, während die grausame Regierung gleich Maulwürfen im Dunkeln wühlte, ganze Straßen unterminirte, und plötzlich Häuser in die Luft sprengte, mit den tapfern Vertheidigern angefüllt, während Schauer von Bomben und Granaten von oben herabregneten. Eingedenk sei es, daß sie mit kaltem Blut Weiber niederschossen. ‒ Ja! wie die Zeitungen vom 26. Juni konstatiren, ein starker Haufen von Nationalgarden, im Angriff auf eine durch zwei Weiber und einen Knaben vertheitigte Barrikade, schoß ruhig die Weiber nieder und wagte erst dann die Barrikade zu besteigen. Und eingedenk sei es auch, daß Larochejacquelin die Versammlung anklagte, nach dem Prinzip zu handeln: Wehe den Besiegten! Wohl mochte er das thun, als diese Horde von Meuchelmördern, nach Erdrückung der Insurrektion nach Flüchtung des Volks auf das freie Feld, Kavallerie und fliegende Artillerie nachsandte, die blutenden Wracke des Proletariats zu exterminiren. Weh den Besiegten!</p> <p>Chartisten! entweder verläumdet die Times die Klasse, deren Organ sie ist, oder wir können hier desselben harten Geistes gewärtig sein. Bereitet euch vor! Lest den Leitartikel der Times vom 26 Juni, wo konstatirt ist:</p> <p>„Der Augenblick ist <hi rendition="#g">noch nicht</hi> gekommen, wir wiederholen es, für solch ein Verfahren; wenn er aber kommt, werden die Rotten von Schuften, die nun mit systematischer Verletzung der öffentlichen Ordnung beschäftigt sind</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203/0003]
sie sind erwacht und wollen nicht mehr als willenlose Maschinen sondern als Bürger eines freien Staates angesehen werden. Sie folgen nicht mehr blindlings jedem gegebenen Befehl und als vorgestern eine Abtheilung Soldaten in Potsdam nach einem vierstündigen Marsch ankam, verweigerten sie den sofortigen Weitermarsch, wegen großer Hitze, und selbst eine requirirte Abtheilung, die sie dazu zwingen sollte, verweigerte ihren Beistand. Die Zeiten des blinden Gehorsams sind auf immer dahin und werden nie wiederkehren.
Der Abgeordnete Jung hat den Antrag gestellt: die Paragraphe 151-156, Theil II., Titel 20 des allgemeinen Landrechts aufzuheben. Diese Paragraphen, welche die berühmten Strafbestimmungen über den frechen, unehrerbietigen Tadel; über Erregung von Mißvergnügen und Verspottung der Landesgesetze enthalten, bedrohen tagtäglich unsere gesammte politische Presse. Die Staatsanwaltschaft hat bis jetzt ein Auge zugedrückt, das unverständige Geschrei nach vollständiger Ausführung der Gesetze, wird sie jedoch bald zwingen, von Neuem unwillige Werkzeuge veralteter, despotischer Gesetze zu werden, wodurch die ehrenhaftesten Staatsmänner, zur Niederlegung ihres Amts gezwungen werden dürften. Dieser Antrag wird in der nächsten Sitzung der Vereinbarungsversammlung zur Berathung kommen.
14 Berlin, 8. Juli. Unterm 1. Juli beantragte der Hochweise Magistrat das Heranziehen von zwei Bataillonen Infanterie und einem Regiment Kavallerie, um die Ordnung auf den in der Umgegend Berlins gelegenen Arbeitsstätten aufrecht zu erhalten. Das war Wasser auf die Mühle des Schreckenstein'schen Ministeriums der That. Dasselbe erklärte dem Hochweisen: die Truppen heranzuziehen, aber nicht außerhalb der Stadt, sondern innerhalb derselben placiren wolle. Es wäre unverantwortlich, dem Staate durch erstere Maßregel unnütze Kosten zu machen, da ja die Kasernen in Berlin leer ständen. Unser hocherfreuter Magistrat läßt dies gleich an den Straßenecken ankündigen, mit der Nebenbemerkung, daß heute nur eine Eskadron, statt eines Regiments Kavallerie und die zwei Bataillone Infanterie einrücken erden. Der Magistrat ließ sein Plakat vom 6. Juni, worin as Einrücken der Truppen angezeigt wird, erst gestern Nacht um 11 Uhr zur Druckerei geben und der Maueranschlag desselben fand fast gleichzeitig mit dem Einrücken der Truppen Statt. Eine weise Berechnung! Eine Deputation des demokratischen Klubs erhielt von dem provisorischen Kommandanten der Bürgerwehr Rimpler den Bescheid, daß er vom Magistrat die offizielle Anzeige des Einrückens des Militairs erst um 1 Uhr, also nach dem Vollzuge erhalten habe.
Posen, 6. Juli. Die Gazeta Polska berichtet von Reibungen, welche zwischen dem 8. (Brandenburgischen) Landwehr-Reg. und dem 18. Regiment, worunter sich viele Polen befinden, ausgebrochen sind. Wahrscheinlich um ferneren Reibungen vorzubeugen, hatte die Kommandantur das 8. Regiment nach der Festung verlegt. Am 5. begaben sich die Soldaten eines Bataillons des 8. Regiments unbewaffnet vor die Hauptwache des Fort Winiary und verlangten energisch die Freilassung eines daselbst gefangenen Unteroffiziers. Als weder Zureden noch der Generalmarsch sie zum Fortgehn vermochte, befahl der Oberst Helldorf Feuer zu geben. Erst auf das Kommando: zwei, gingen die Soldaten auseinander.
(B. Z. H.) Posen. Sämmtliche im Verlanfe der jüngsten Unruhen eingezogenen Theilnehmer der Insurrektion sind bis auf Hrn. Krauthofer, von dem dies wenigstens nicht mit Gewißheit angegeben werden kann, der Haft entlassen. So sind unter Andern Stefanski, Lipinski, der Geistliche Koszulski und Andere hier auf freien Füßen.
Aus Posen. Am 14. v. M. wurden trotz der amtlichen Versicherungen von der Wiederherstellung der „Ruhe und Ordnung“ im Großherzogthum Posen an den Bürgern Polczynski, Ignaz Jezierski und Brzeski in Gegenwart und sogar auf Befehl eines preußischen Offiziers, Namens Reinbold, in dem Vorwerk Wyszyna bei Ryczywol (Kreis Obornik) die erdenklichsten Gräuelthaten verübt, deren Wahrheit wir auf Verlangen sofort beweisen können.
Ferner wurden laut einem an einem Abgeordneten der preußischen konstituirenden National-Versammlung gerichteten Briefe vier politische Flüchtlinge aus dem Königreiche Polen, darunter die Herren Walter und Otocki, an die Russen ausgeliefert. Wo solche Facta vorhanden sind, kann jegliches Raisonnement füglich wegbleiben.
Neisse, 5. Juli. Am Ende der vorigen Woche wurden von jeder Kompagnie des hier stehenden Bataillons des 23. Landwehr-Regiments 50 Mann bis auf Weiteres entlassen, wobei man vorzüglich solche Personen berücksichte, deren Rückkehr in ihre Heimath am dringendsten erschien. Das Bataillon besteht daher gegenwärtig aus 600 Mann; doch soll es, wenn die Rekruten eingezogen sind, aus der Reserve wieder ergänzt werden.
(Allg. O. Z.) Frankfurt, 8. Juli. Die hiesigen Blätter enthalten über die Vorfälle in Sachsenhausen am gestrigen Abend und in der verflossenen Nacht folgende „Mittheilung“ : In der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag haben mehrere Leute ihren Unwillen gegen einen Bäcker zu Sachsenhausen durch eine s. g. Katzenmusik an den Tag legen wollen, und als der um sein Haus besorgte Mann eine Patrouille von Bürgerwehr und Soldaten herbeigerufen hatte, wurde diese von den Tumultanten mit Steinen verfolgt, auch einer der Soldaten am Kopfe verletzt. Als hierauf Freitag Nachmittag die Anstifter dieses Unfugs von Polizeibeamten festgenommen werden sollten, wurden diese mißhandelt. Gegen eine Abtheilung herbeigerufener Stadtwehr und Soldaten steigerte sich die Erbitterung und nachdem einige Soldaten mit einem Arrestanten sich in das deutsche Haus an der Brücke zurückgezogen hatten, wurde das Thor dieses Hauses gewaltsam erbrochen. Hierauf ist gefeuert worden. Ein Soldat ist in der Hauptstraße, wo er mit seinem Komando aufgestellt war, erschossen worden. Auch zwei andere Personen sind verwundet worden; das Genaue hierüber ist noch nicht ermittelt. Die Bevölkerung von Sachsenhausen errichtete hierauf mehrere Barrikaden und dem Militär wurde der Befehl zum Abzug gegeben, damit kein weiterer Unglücksfall sich ereignen möge; dennoch wurde das Haus des oben erwähnten Bäckers in Sachsenhausen noch wesentlich beschädigt. In der Stadt wurden einzelne Tumultuanten zur Haft gebracht. Mit dem anbrechenden Tage kehrte die gewohnte Ordnung zurück und die Barrikaden verschwanden. Von Seiten der Sachsenhäuser wurden mehrere verdächtige Fremde an die Polizei abgeliefert. Die angeordnete Untersuchung wird über die verschiedenen Vorfälle das Nähere ergeben.
Dresden, 6. Juli. Die zweite Kammer hat sich bekanntlich gegen die Majorität ihres Ausschusses für das Zweikammersystem erklärt. Heute hat sie ebenso den Antrag der Deputation, daß alle Staats- und Hofbeamte, sowohl in Civil- als Militärstellen von dem Eintritt in die Volkskammer ausgeschlossen bleiben sollen, so daß ihnen freigegeben werde, im Falle der Wahl ihr Amt aufzugeben und dem Rufe zu folgen ‒ mit 47 gegen 15 Stimmen verworfen und dagegen angenommen, daß Staatsdiener ohne Auferlegung einer Bedingung wählbar sein sollen. ‒ Die Berathung des neuen Wahlgesetzes wurde in derselben Sitzung beendigt.
Prag. 5. Juli. Dem Vernehmen nach, soll der Belagerungszustand morgen sein Ende nehmen. Die von der Militärkommission für die Aufhebung desselben gestellten Bedingungen sind seit lange erfüllt. Es herrscht die vollkommenste Ruhe in der Stadt. Die Waffenablieferung soll wider Erwarten gute Resultate gehabt haben; einem mir zu Gesicht gekommenen Verzeichnisse zufolge, beläuft sich die Zahl der abgegebenen Feuergewehre auf 15,100; durch die veranstalteten Hausdurchsuchungen gelangte man in den Besitz so mancher Waffe, sowie auch die Furcht vor der angedrohten Strafe Viele veranlaßt, Waffen bei der Nacht aus den Verstecken zu entfernen und auf die offene Gasse zu werfen. Oberwähntes Verzeichniß enthält zugleich einige interessante numerische Angaben bezüglich des Bombardements, deren Echtheit ich jedoch um so weniger verbürgen will, als der unsicheren On dit so viele cirkuliren. Nach diesem Verzeichnisse wurden in der Pfingstwoche verschossen: 170 Kanonenkugeln, 118 Granaten, dann 2 halbgefüllte Bomben; Kartätschenschüsse fielen 110 und blinde Kanonenschüsse 141.
* Wien, 6. Juli. Bei dem Fackelzuge der gestern dem provisorischen deutschen Kaiser gebracht wurde, brachten die Studenten der äußersten Linken in Frankfurt ein Hoch aus.
Wien, 5. Juli. Die Abgeordneten zu dem konstituirenden Reichstage treffen nach und nach in der Hauptstadt ein. Da die Wahlen auch im Königreiche Böhmen eben vorgenommen werden, so dürfte wohl kaum mehr als eine Woche vergehen, bis der Reichstag eröffnet werden kann.
In natürlicher Folgerung aus dem Wahlgesetze, welches allen großjährigen selbstständigen Staatsbürgern das Wahlrecht einräumt, mußte die Mehrheit der Bevölkerung den Ausschlag der Wahlen geben. Es war daher vorauszusehen, daß der Bauernstand entscheidenden Einfluß auf die überwiegende Mehrzahl der Wahlen nehmen werde. Doch war es für die meisten überraschend, daß die Landleute, wie es sich nach den bis jetzt bekannten Wahlen herausstellt, fast überall die Abgeordneten aus ihrer Mitte wählten.
Die Ursache davon liegt wohl vorzugsweise in den Urbarial-Verhältnissen. Auf dem bäuerlichen Grundbesitze haften noch Lasten, welche nicht bloß für den Verpflichteten drückend, sondern auch für den Aufschwung der Landwirthschaft im Allgemeinen nachtheilig sind. Die Regierung hob zwar auf den Antrag der Stände in allen Provinzen die Naturalleistungen für die Zukunft auf, mußte aber die Entschädigungsfrage auf den Reichstag verweisen. Diese Entschädigungsfrage nun ist es, die vor Allem den Landmann interessirt, die sie von Abgeordneten ihres Standes gelöst wissen wollen.
(Wien. Ztg.) Wien, 5. Juli. Der Juli-Bericht der Wiener Bank ist erschienen und unterscheidet sich von dem letzten darin, daß der Baarvorrath gegen 21,940,147 fl. 461/4 kr. CM. am 2. Juni,
20,022,772 fl. 23/4 kr. CM. am 2. Juli,
also um 1,917,374 fl. 431/2 weniger beträgt.
Der Notenumlauf aber von 177,810,520 fl.
auf 181,375,890 fl.
also um 3,565,370 fl. gestiegen ist.
Die Disconti sind von 36,441,582 fl. 56 kr.
auf 33,025,209 fl. 51 kr.
also um 3,416,373 fl. 5 kr. vermindert.
Der Vorschuß auf Centralkassascheine von 3,202,154 fl. 43 kr. ist eine neue Rubrik.
Halten wir diese verschiedenen Zahlen gegen einander, so ergibt sich, daß der baare Vorrath gegenüber den Banknoten, der beim letzten Abschluße 12 Procent betrug, auf 11 Procent, dieser Theil der Sicherheit also um beinahe 10 Procent abgenommen hat.
Gleichzeitig bemerken wir, daß der neue der Regierung geleistete Vorschuß der Summe entspricht, um welche sich die escomptirten Wechsel vermindert haben, daß die Erleichterung der Finanzverwaltung folglich auf Kosten des Handels und der Industrie stattgefunden hat.
Wir sind leider schon daran gewöhnt und müssen es theilweise als eine Erbschaft des gefallenen Systems hinnehmen, daß die Noten-Ausgabe der Bank in Wien so unverhältnißmäßig groß ist, wir können aber nur mit Wehmuth erblicken wie dieses Mißverhältniß immer größer wird, wie die Bankverwaltung nicht einmal im Stande ist, der Zunahme des Uebels zu steuern. Wir können die Besorgniß nicht verbergen, daß ein Fortschreiten im gleichen Systeme den letzten Groschen aus Oesterreich führen, und die Banknoten in unserer Hand jenen illusorischen Zahlen gegenüber stellen wird, welche jetzt schon 9/10tel des Umlaufes repräsentiren.
Polen. Lemberg. Die Lemberger polnische Zeitung vom 3. Juli bringt seltsamer Weise eine Berichtigung ihrer letzten, wie sie selbst angab, amtlichen Mittheilung über die neuesten Bewegungen in den Donaufürstenthümern. Sie meldet nämlich, daß die Nachrichten über den Einzug rußischer Truppen in Moldauisches Gebiet, und die Verleihung einer Constitution in der Walachei sich nach Berichten aus Jassy vom 28. Juni als falsch erwiesen haben. Uns scheint die frühere Anzeige glaubwürdiger als diese, vielleicht aus sehr trüber Quelle herrührende Berichtigung.
(B. Z. H.) Donaufürstenthümer. Die Bukarester Zeitung vom 22. Juni meldet, daß auf den Fürsten Bibesco am 21. Abends, als er zwischen 8 und 9 Uhr im Kisselefgarten eine Spazierfahrt machte, in der mittleren Allee aus einem vorüberjagenden Wagen drei Schüsse losgefeuert worden wären. Der Fürst ist nicht verwundet worden, aber eine Kugel ging durch die Epaulette der linken Schulter. Die Urheber des Attentats sind noch nicht entdeckt. ‒ Aus einer brieflichen Mittheilung erfahren wir, daß in der Nacht vom 21. auf den 22. die Revolution ausbrechen sollte, und daß auch alles vorbereitet war. Gewaltige Vorkehrungen von Seiten der Regierung haben die Sache verhindert. Das Volk lebt in großer Angst. Am 21. in der Nacht war eine Hitze von 26 Grad R. ‒ Die Cholera ist gewaltig ausgebrochen. Am 20. starben 65 Personen daran und 200 genasen. Die Seuche hat sich über das ganze Land verbreitet, was viele Familien, die sich von Bukarest entfernt hatten, wieder zur Rückkehr bestimmt, indem sie auf dem Lande ohne alle Hülfe starben. ‒ In Braila kommen im Durchschnitt täglich 60 Choleratodesfälle vor.
Großbritannien. * Ernst Jones hat im Northern Star vom ersten Juli folgenden Brief an die Chartisten gerichtet:
Brüder! Ich weiß, daß die Augen unserer Gegner uns beständig überwachen, aber dies soll mich nicht abhalten, rücksichtslos die Empfindungen auszusprechen, von denen ich beseelt war, beseelt bin, die ich nie aufgeben werde. Die Geld- und Landaristokratie sind nun in ihrem letzten Kampf begriffen gegen die Mittel- und Arbeiterklassen, der Kapitalist und der Grundbesitzer gegen den Krämer, den Pächter und den Arbeiter. Die Mittelklasse leiht sich selbst als blindes Instrument der Regierung, um uns zu zermalmen, so blind wie die Landgemeinden auf Paris losmarschirten, um den republikanischen Despoten beizustehn gegen die republikanischen Demokraten. Aber rasch naht die Zeit herbei, sehr rasch, wo die Sieger des Tages die Besiegten des andern Morgens sein werden; und wenn Russel und Grey der Deportation entgehn werden, die ich ihnen am 4. Juni versprach, so wird es nur geschehen, weil eine Chartistenregierung großmüthiger ist als eine Whigoligarchie. Unterdessen Chartisten, was ist unsere Pflicht? Zu organisiren. Ich sage Euch, daß wir nur noch einen Schritt vom Triumph entfernt sind. Die Regierung ist ohne Fonds, ihre Ausgaben wachsen, sie wird wahrscheinlich in einen Krieg gestürzt werden und wenn nicht, muß sie wenigstens für den halben rüsten. Die Mittelklasse mißtraut ihr, die Arbeiterklasse verachtet sie, und die Whigs wie ihre aristokratischen Gegner beschleunigen den eignen Ruin, indem sie überlegt sich selbst im Haus der Gemeinen entehren, sich wechselseitig Lügen strafen und wechselseitig handgreiflicher Unredlichkeit bezüchtigen. Und habt Ihr nicht gelesen, wie die Saat in Irland reift? Habt ihr nicht gehört, wie die Bauern ihre Sensen wetzen? Wie Amerika droht über das atlantische Meer hinüber ‒ wie es sagt: Irland muß frei werden, und wie es murmelt von Canada und Indien? Bedenkt, daß die Diktatoren Frankreichs jetzt den Krieg suchen müssen, um den französischen Geist von Vergeltungsplänen abzuziehn; und welcher Krieg würde so populär sein, als der mit England? Was denn ist die Moral von alle dem? Daß der Tag des Volkes herangenaht ist; daß die Aristokratie ein mächtiges Reich an den Abgrund des Verderbens gewälzt hat und daß die Demokratie es wieder aufrichten muß; daß Britannien nicht gerettet werden kann ohne die Charter ‒ denn ohne die Charter werden die Chartisten nicht fechten für ihr Land. In andren Worten: wir sind die bewegende Kraft der politischen Maschine, und wenn wir unsre Macht sprechen lehren,:können wir unsre eigenen Bedingungen diktiren und jede andre Klasse zur Anerkennung unserer souveränen Rechte zwingen. Um dieß zu bewirken, laßt uns unsere Organisation vervollkommnen. Zu diesem Zwecke liegt auch ein Plan vor, der Vollendung so nahe wie möglich. Wenn ihr ihn ausführt, seid ihr unbesiegbar. Laßt kein Lokalinteresse, kein Parteigefühl euch von seinen Details abweichen machen. Einmal organisirt, vollständig organisirt, diesem Plane gemäß könnt ihr voranschreiten in der politischen Arena und allen Klassen kommandiren. Laßt mich euch anflehn, mit dem tiefsten Ernst anflehn, diesen Organisationsplan wörtlich auszuführen. Bedenkt, er gefährdet nichts und kann den Sieg der Charter herbeiführen. Aber vor allem beschleunigt seine Ausführung. Der ganze Chartistenkörper kann vollständig organisirt sein bis zum Herbst ‒ schiebt es nicht länger hinaus! Während derselben Periode strengt euch an, die Bewegung auszubreiten. Laßt jeden Distriktsrath alle Orte in seinem Distrikt notiren, die noch keine Chartistengemeine enthalten. Laßt ihn Emissäre aussenden, um die lokalen Umstände zu untersuchen; miethet ein Zimmer, haltet Vorlesungen und wendet jedes Mittel an, um eine Zweiggesellschaft zu errichten. Wenn blos Ein Mann bekehrt ist, ist der Same gestreut ‒ er wird andre bringen. Wie wurde das Christenthum mit allen seinen Sekten ausgebreitet, wie die Emancipation, wie der Teatotalismus, wie der Freihandel! Durch Missionäre ‒ durch die Propaganda. Sendet Missionäre in die politisch brachen Distrikte, namentlich in die ackerbauenden. Das unwissende Landvolk hat in Frankreich die Bewegung ruinirt. Laßt sie dem Hungrigen erzählen, wie er Brod gewinnen wird, dem Krämer wie Profit, dem Steuerpflichtigen wie eine wohlfeile Regierung. Zeigt ihnen, wie die Charter unvermeidlich diese Resultate herbeiführen muß. Aber laßt sie nicht reden über bloß abstrakt-politische Fragen. Wenig Gemüther sind groß genug, um für ein Ding zu kämpfen, blos weil es Recht ist. Laßt sie zeigen, was die Charter thun wird und die Charter ist gewonnen. Vor allem, laßt sie ihre Aufmerksamkeit richten auf die einzelnen Gewerke; sie sind das Mark der Arbeiterklasse; sie haben beständig ihren Blick auf die Politik gerichtet; zeigt ihnen, wie die Charter ihrer Natur gemäß einheimische Werke erzeugen muß ‒ und sie sind euer.
Unsre Gegner werden zweifelsohne mit der in Frankreich herrschenden Anarchie Handel treiben. Die „Times“ brandmarkt die „Insurgenten“ und entrollt den unheilschwangeren Kampf zu Paris als eine Warnung. Es ist dieß eine Warnung, aber nicht gegen die Demokratie. Es ist eine Warnung euch selbst nicht von halben Maßregeln einlullen zu lassen. Es ist eine Warnung ‒ gegen das politische Geklimper von Hume und Cpgie. Es ist eine Warnung ‒ daß Niemand für den Arbeiter Gesetze geben kann, als der Arbeiter selbst. Das französische Volk wählt nur ungefähr 40 Arbeiter unter 900 Repräsentanten und ihr seht das Resultat: Die Arbeit verwahrlost ‒ die Arbeit hinschmachtend ‒ das Vorurtheil Gesetze gebend über das, wovon es nichts weiß. Das britische Volk würde nicht so gehandelt haben. Das britische Volk besteht aus gesunden politischen Oekonomisten und socialen Reformern. Macht sucht es nur als ein Mittel zum Zweck. Laßt die Charter ihnen Macht geben und die politischen Maßregeln, die ökonomischen sind schon bereit, die es sofort ausführen wird. Darum wird die Revolution hier keine terroristische sein. Nicht so in Frankreich. Die Regierung hätte dort zu anständigem Zins eine Zwangsanleihe von den französischen Kapitalisten erheben sollen; sie hätte unmittelbar große Vorrathskammern im ganzen Land bilden, die Population vertheilen, statt einseitig koncentrirtn sollen, alle wüsten Ländereien unter das Volk vertheilen und statt die Entblösten in Garden, siie in Landarbeiter verwandeln sollen, zubereitend ihre Parzellen und ihre Hütten für die Armen. So wären sie produktiv beschäftigt worden, ihr Lohn und ihre Nahrung wären gesichert gewesen, bis die Pachtungen des Volks reproduktiv geworden, und Anarchie, Mißvergnügen und Blutvergiessen wären abgeschnitten worden. Noch mehr Kämpfe wird es in Frankreich setzen; der letzte war ein heiliger Kampf und wenn irgend etwas ihn rechtfertigen müßte in den Augen der Welt, so ist es die Thatsache, daß Cavaignac ‒ der Militärdiktator ‒ nun mit Thiers unterhandelt über Bildung seines Kabinets. Die Times benutzt auch die letzten Ereignisse zu Paris, um die Furcht vor jenem Popanz einer stehenden Armee zu vermehren, wenn sie sagt, Paris habe bewiesen, daß eine Bevölkerung stets vergeblich einer militärischen Gewalt zu widerstehen sucht. Unterstellt die Times, die regelmässige Armee habe zu Paris gesiegt ‒ oder war es: Die Nationalgarde? Die regelmäßige Armee war geschlagen ‒ die Insurrektion [#] sich aus in ihrem Angesicht. Die Nationalgarden fürchteten herauszukommen und agirten kaum bis zum letzten Tag, wo die Insurgenten erlegen waren, wie Duvoux in der Nationalversammlung bezeugte. Die Mobilgarde, selbst Arbeiter, und die ländliche Bevölkerung erdrückten die Insurrektion.
So weit bin ich abgeschweift, denn Freiheit ist nicht allein eine französische Frage, sondern eine universelle, und eure Gegner suchen eure Sache zu brandmarken durch Verläumdung ihrer Vertheidiger in Frankreich. Laßt uns also eingedenk sein, daß die Insurgenten mit ehrlichen und ehrbaren Waffen kämpften, während die grausame Regierung gleich Maulwürfen im Dunkeln wühlte, ganze Straßen unterminirte, und plötzlich Häuser in die Luft sprengte, mit den tapfern Vertheidigern angefüllt, während Schauer von Bomben und Granaten von oben herabregneten. Eingedenk sei es, daß sie mit kaltem Blut Weiber niederschossen. ‒ Ja! wie die Zeitungen vom 26. Juni konstatiren, ein starker Haufen von Nationalgarden, im Angriff auf eine durch zwei Weiber und einen Knaben vertheitigte Barrikade, schoß ruhig die Weiber nieder und wagte erst dann die Barrikade zu besteigen. Und eingedenk sei es auch, daß Larochejacquelin die Versammlung anklagte, nach dem Prinzip zu handeln: Wehe den Besiegten! Wohl mochte er das thun, als diese Horde von Meuchelmördern, nach Erdrückung der Insurrektion nach Flüchtung des Volks auf das freie Feld, Kavallerie und fliegende Artillerie nachsandte, die blutenden Wracke des Proletariats zu exterminiren. Weh den Besiegten!
Chartisten! entweder verläumdet die Times die Klasse, deren Organ sie ist, oder wir können hier desselben harten Geistes gewärtig sein. Bereitet euch vor! Lest den Leitartikel der Times vom 26 Juni, wo konstatirt ist:
„Der Augenblick ist noch nicht gekommen, wir wiederholen es, für solch ein Verfahren; wenn er aber kommt, werden die Rotten von Schuften, die nun mit systematischer Verletzung der öffentlichen Ordnung beschäftigt sind
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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