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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 48. Köln, 18. Juli 1848.

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Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 48. Köln, Dienstag 18. Juli 1848.

Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England di HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (die Vereinbarungsdebatte über den Jacobyschen Antrag). Düsseldorf (Bürgerverein). Berlin (der Staatsschatz. - Die Bank und die Chatulle. - Verurtheilung im Zeughausprozeß. - Anklage gegen den demokratischen Klub. - Gerüchte. - Preßprozeß in Posen. - Gesetzentwurf wegen Branntwein- und Rübenzucker-Steuererhöhung.) Stettin (Wrangel). Königsberg (Rosenkranz nach Berlin). Frankfurt (Nationalversammlung vom 15. Juli. - Verbot der demokratischen Vereine in Würtemberg). Wiesbaden (die Bauern). Mainz (Verhaftung). München (Krawall). Braunschweig (die schleswigschen Waffenstillstandsbedingungen). Apenrade (Protest gegen den Waffenstillstand). Prag (über die letzten Ereignisse. - Hawljceks Verhaftung). Wien (Reichstag). Dalmatiner Gränze (Türkische Rüstungen).

Italien. Turin (Kammer. - Anzianis Bestattung. - Gioberti. - Die Piemontesen über den Po gegangen). Bozzolo (vom Kriegsschauplatze). Roverbella (Gefecht bei Bordolino). Venedig (Anschlußdekret.) Florenz (Pater Gavazzi ausgewiesen). Rom (Durando angekommen. - Mamiani's Erklärungen wegen Vicenza). Neapel (Angriff auf einen Deputirten. - Calabresische Nachrichten. - Schweizer Abgesandte).

Ungarn. Pesth (Treffen bei Takmerin).

Donaufürstenthümer. Jassy (Einmarsch der Russen und Türken).

Französische Republik. Paris (Thiers und Dupin in den Bureaus über Presse und Klubs. - Favres Vorschlag der Einziehung der Güter der Familie Orleans. - Die Reforme über die Alarmgerüchte. - Vermischtes). Straßburg (Erklärung der Arbeiter).

Großbritannien. (Unterhaus. - Die Times über Ungarn und die Donauländer. - Feargus O'Connor an seine Landsleute.) Dublin. (Neue Verhaftungen. - Revue der Corker Clubs. - Das Andenken an die Schlacht am Boyne.)

Deutschland.
** Köln, 17. Juli.

(Die Debatte über den Jacobyschen Antrag.)

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
125 Düsseldorf, 15. Juli.

Wir haben jetzt auch einen Bürgerverein, der indeß schon etwas gebildeter ist, als andre seines Gleichen. Er will sogar die Gleichheit, er verzichtet entschieden auf alle ständischen Unterschiede. Wir wohnten neulich einer Sitzung bei. Wir fanden in dieser vortrefflichen Gesellschaft die ganze schöne Mannichfaltigkeit der Stände im ex-christlich-monarchischen Staat (den diese Herren jetzt in den demokratisch-monarchischen umwandeln wollen, zu welchem Zwecke sie eine "Vermischung" der Stände anbahnen) vom kommandirenden General hinab bis auf den gemeinsten Soldaten, zwei volksfreundliche Prinzen, die ganze Gerichtsbehörde, 6 Herren Gensd'armen, Laquaien und Lohnbediente, Justizräthe, Advokaten und Spießbürger. Eine Adresse an die Nationalversammlung in Frankfurt wird berathen, in der die hohe Freude über die Wahl des Reichsverwesers ausgesprochen wird, gegenüber der "blind auf den Umsturz alles Bestehenden sinnenden Partei," die in einer andern Adresse die Majoritat des Parlaments "Volksverräther" genannt hatte (Volksklub).

Der Oberprokurator Schnaase bildet sich ein, er sei im Parquet - denn er hält eine förmliche Anklagerede gegen den "Volksklub", plaidirt über die Straffälligkeit seiner Mitglieder und deduzirt folgendes: Volksverrath ist gleich Hochverrath, und dieser wird mit dem Tode bestraft. Wer aber die majestas populi antastet, und das Parlament in Frankfurt repräsentirt dieselbe, wer diese Volksvertreter Volksverräther-Hochverräther nennt, also ihnen den Tod dekretirt, ist selbst Volksverräther-Hochverräther, und verdient also selbst den Tod. Um diesen scharfsinnigen Schluß herauszucalculiren, muß der fürstenfreundliche Mann zu einem Satze seine Zuflucht nehmen, der sich seiner loyalen Seele gewiß nur unter tiefen Wehen entrang. Die höchste Majestät in Deutschland ist nämlich jetzt das Parlament in Frankfurt, also höher, als die des Königs von Preußen! Die Laquaien und Untergebenen stimmten natürlich für den "Fürsten" - und die Adresse wird mit einiger Majorität angenommen. Schließlich wird der Anschluß des Bürgervereins an alle gleichgesinnten Vereine resp. an den der "alten Krieger" in Dortmund mitgetheilt. Mit Gott für König und Vaterland!

Die Untersuchung gegen Hrn. Julius Wulff dauert noch fort. Die Artikel 102 und 293 des Code sollen gegen ihn geltend gemacht werden - die Bestimmungen über aufreizende Reden in "unerlaubten" Versammlungen, sowie über Hochverrath, Verheerung, Plünderung etc.

103 Berlin, 14. Juli.

Mit den Erläuterungen, welche der Finanzminister Hansemann in seiner Denkschrift zu den Finanzvorlagen, über den Staatsschatz gegeben hat, ist man hier keinesfalls zufrieden Nach diesen Angaben sind von 1820 - 1840, also in zwanzig Jahren zusammen 24 Millionen in den Staatsschatz gelegt worden. Da würde auf jedes Jahr im Durchschnitt kaum 1 1/4 Million herauskommen. Dagegen ist aber allgemein bekannt, daß im Laufe dieser Jahre, die Ueberschüsse der Einnahme gegen die Voranschläge oft die Summe von 4 bis 6 Millionen jährlich erreicht. Wo sind diese Summen hingekommen? Man glaubt, daß nicht mehr in den Staatsschatz eingelegt worden ist, aber man will auch wissen, wo die andern großen Summen geblieben sind. Man fordert Rechenschaft, woher der Kronschatz gebildet ist und glaubt allgemein, daß er aus Einnahmen entstanden, die nicht Privateigenthum der Krone waren.

Man fragt auch wie es möglich ist, daß man der Bank im Jahre 1846 aus dem Staatsschatz 2 Millionen zuschießen mußte. Man war schon 1846 allgemein erstaunt, daß die Bank kein eigenes Vermögen besessen; aber noch mehr erstaunt man jetzt, daß die Bank sogar ein Deficit von 2 Millionen gehabt. Die Bank hatte in einer Reihe von dreißig Friedensjahren die besten Geschäfte gemacht, nimmt man nur an, daß sie jedes Jahr so viel wie 1847 verdient hat, wo sie einen Reingewinn von circa 1/2 Million hatte, so hätte sich doch in den 30 Jahren ein Kapital von wenigstens 15 Millionen ansammeln müssen. Wo sind diese 15 Millionen geblieben? In den Einnahme-Rubriken des Haupt-Staats-Etat hat man früher nie die Ueberschüsse der Bank gefunden. Nehmen wir an, daß diese in die Privat-Schatulle des Königs flossen, so hätte aber auch der König den sich 1846 herausstellenden Verlust tragen müssen. Da aber der Staat verpflichtet war, diesen Verlust zu decken, der jedenfalls nur dadurch entstanden sein konnte, daß die Bank 2 Millionen Thaler mehr, als sie wirklich verdient hatte, der Privat-Schatulle auszahlen ließ, so kann der Staat mit Recht auch die Rücklieferung des ganzen frühern Verdienstes der Bank, nebst Zinsen, von der Privat-Schatulle verlangen.

Der Zeughausprozeß naht sich seinem Ende. Die Zeugenvernehmungen sind geschlossen und obgleich durch viele Entlastungszeugen einstimmig viele Anklagepunkte entkräftet wurden, hielt der Staatsanwalt dennoch seine ganze Anklage aufrecht. Er trug, nach seinem Plaidoyer, welches keinesfalls den Beifall des außerordentlich zahlreich anwesenden Publikums erhielt, auf 6 Jahre Festungsstrafe für Urban, 8 Jahre für Korn und Löwinson und 10 Jahre für Sigerist an; außerdem für alle vier Angeklagten den Verlust der Nationalkokarde, wegen Mangel an patriotischen Gesinnngen. - Die Vertheidiger hielten heute Nachmittag ihre glänzenden Vertheidigungsreden; der letzte hat noch nicht geendet.

Nachschrift. Das Urtheil ist heute schon gefällt. Die Richter entschieden sich nach kurzer Berathung. Urban ist zu einem Jahr, Löwinson zu zwei Jahren, Korn und Sigerist, jederzu sieben Jahren Festung verurtheilt.

103 Berlin, 15. Juli.

Der demokratische Klub ist vor den Untersuchungsrichter des Kammergerichts geladen. Da aber der demokratische Klub nicht erscheinen kann, so hat sich der Untersuchungsrichter, Kammergerichtsrath Sethe, das Vergnügen gemacht, dem Präsident des Klubs, Assessor Schramm, einen Besuch abzustatten und ihm die Anklage mitzutheilen. Sie gehet vom Magistrat aus, mit dem der demokratische Klub bekanntlich vor einigen Wochen einen Krieg durch Plakate an den Straßenecken führte. Von diesen Plakaten hat der Magistrat jetzt vier Stück zur Begründung einer Anklage dem Kammergericht eingesandt. Sie wären im Stande, die größten Störungen und Unruhen hervorzubringen; außer der schweren Beleidigung des Magistrats, die sie enthalten, ist die Absicht klar, durch frechen und unehrerbietigen Tadel Mißvergnügen und Unzufriedenheit gegen die Obrigkeit zu erregen. Der Magistrat will diese Vergehen nach § 151, §§ 615 f. f. in Verbindung mit § 208, Titel 20, Theil II des allgemeinen Landrechts bestraft wissen. - Wir sind neugierig, wie sich unsere Kammergerichtsräthe bei diesem Prozeß benehmen werden. Der Klub besteht aus mehr als 1400 Mitgliedern, mit deren Bewilligung die Plakate entworfen und veröffentlich wurden.

15 Berlin, 15. Juli.

Es sind seit einigen Tagen seltsame Gerüchte in der Stadt verbreitet, Gerüchte, deren Begründung ich zwar bezweifle, die ich aber doch glaube, Ihnen berichten zu mussen. Es heißt nämlich, am Montage wolle die Reaktion einen großen Schlag ausführen, unsre fliegenden Korps auflösen und entwaffnen, Berlin mit Militär vollpfropfen und in Belagerungszustand erklären. Ein Soldat hat aus Potsdam an seine hiesigen Verwandten geschrieben, und denselben angerathen, sich für längere Zeit mit Mundvorrath zu versehen. Dazu ist Berlin so ruhig und sittsam, benimmt sich, trotz der 25,000 Mann Militär, die man theils in die Stadt, theils in die nächste Umgebung derselben gebracht, trotz der angedrohten Beschränkung der öffentlichen Volksversammlungen, trotz der Verwerfung des Jacobi'schen Antrages, so artig, daß ich nur aus dem Grunde gegen obige Gerüchte nicht ganz unglaubig bin, weil ich der Regierung Alles zutraue. - Auch in Posen fängt man an, Preßprozesse einzuleiten; einem dortigen Buchhändler und Buchdrucker (Reisner ist sein Name), welcher polnische Nationallieder verlegte, hat man nicht nur die Auflage weggenommen, sondern ihn selbst zum Verhör vor die Polizei geladen - und dann nicht mehr fortgelassen.

N. S. Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen, daß heute das Erkenntniß gegen Korn, Urban, Löwinson und Sigerist gefällt worden ist. Die Angaben über die Art und Weise stimmen jedoch nur darin überein, daß sämmtliche Angeklagte zu Festungsarrest verurtheilt sind. Die Strafzeit wird verschieden angegeben; nach einer Mittheilung ist Urban zu einem, Löwinson zu zwei, Korn und Sigerist zu 3 Jahren Festungsarrest verurtheilt worden.

N. S. Ich eröffne diesen Brief nochmals, um Ihnen anzuzeigen, daß obige Angaben sich vollkommen bestätigen.

Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 48. Köln, Dienstag 18. Juli 1848.

Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England di HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (die Vereinbarungsdebatte über den Jacobyschen Antrag). Düsseldorf (Bürgerverein). Berlin (der Staatsschatz. ‒ Die Bank und die Chatulle. ‒ Verurtheilung im Zeughausprozeß. ‒ Anklage gegen den demokratischen Klub. ‒ Gerüchte. ‒ Preßprozeß in Posen. ‒ Gesetzentwurf wegen Branntwein- und Rübenzucker-Steuererhöhung.) Stettin (Wrangel). Königsberg (Rosenkranz nach Berlin). Frankfurt (Nationalversammlung vom 15. Juli. ‒ Verbot der demokratischen Vereine in Würtemberg). Wiesbaden (die Bauern). Mainz (Verhaftung). München (Krawall). Braunschweig (die schleswigschen Waffenstillstandsbedingungen). Apenrade (Protest gegen den Waffenstillstand). Prag (über die letzten Ereignisse. ‒ Hawljceks Verhaftung). Wien (Reichstag). Dalmatiner Gränze (Türkische Rüstungen).

Italien. Turin (Kammer. ‒ Anzianis Bestattung. ‒ Gioberti. ‒ Die Piemontesen über den Po gegangen). Bozzolo (vom Kriegsschauplatze). Roverbella (Gefecht bei Bordolino). Venedig (Anschlußdekret.) Florenz (Pater Gavazzi ausgewiesen). Rom (Durando angekommen. ‒ Mamiani's Erklärungen wegen Vicenza). Neapel (Angriff auf einen Deputirten. ‒ Calabresische Nachrichten. ‒ Schweizer Abgesandte).

Ungarn. Pesth (Treffen bei Takmerin).

Donaufürstenthümer. Jassy (Einmarsch der Russen und Türken).

Französische Republik. Paris (Thiers und Dupin in den Bureaus über Presse und Klubs. ‒ Favres Vorschlag der Einziehung der Güter der Familie Orleans. ‒ Die Reforme über die Alarmgerüchte. ‒ Vermischtes). Straßburg (Erklärung der Arbeiter).

Großbritannien. (Unterhaus. ‒ Die Times über Ungarn und die Donauländer. ‒ Feargus O'Connor an seine Landsleute.) Dublin. (Neue Verhaftungen. ‒ Revue der Corker Clubs. ‒ Das Andenken an die Schlacht am Boyne.)

Deutschland.
** Köln, 17. Juli.

(Die Debatte über den Jacobyschen Antrag.)

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
125 Düsseldorf, 15. Juli.

Wir haben jetzt auch einen Bürgerverein, der indeß schon etwas gebildeter ist, als andre seines Gleichen. Er will sogar die Gleichheit, er verzichtet entschieden auf alle ständischen Unterschiede. Wir wohnten neulich einer Sitzung bei. Wir fanden in dieser vortrefflichen Gesellschaft die ganze schöne Mannichfaltigkeit der Stände im ex-christlich-monarchischen Staat (den diese Herren jetzt in den demokratisch-monarchischen umwandeln wollen, zu welchem Zwecke sie eine „Vermischung“ der Stände anbahnen) vom kommandirenden General hinab bis auf den gemeinsten Soldaten, zwei volksfreundliche Prinzen, die ganze Gerichtsbehörde, 6 Herren Gensd'armen, Laquaien und Lohnbediente, Justizräthe, Advokaten und Spießbürger. Eine Adresse an die Nationalversammlung in Frankfurt wird berathen, in der die hohe Freude über die Wahl des Reichsverwesers ausgesprochen wird, gegenüber der „blind auf den Umsturz alles Bestehenden sinnenden Partei,“ die in einer andern Adresse die Majoritat des Parlaments „Volksverräther“ genannt hatte (Volksklub).

Der Oberprokurator Schnaase bildet sich ein, er sei im Parquet ‒ denn er hält eine förmliche Anklagerede gegen den „Volksklub“, plaidirt über die Straffälligkeit seiner Mitglieder und deduzirt folgendes: Volksverrath ist gleich Hochverrath, und dieser wird mit dem Tode bestraft. Wer aber die majestas populi antastet, und das Parlament in Frankfurt repräsentirt dieselbe, wer diese Volksvertreter Volksverräther-Hochverräther nennt, also ihnen den Tod dekretirt, ist selbst Volksverräther-Hochverräther, und verdient also selbst den Tod. Um diesen scharfsinnigen Schluß herauszucalculiren, muß der fürstenfreundliche Mann zu einem Satze seine Zuflucht nehmen, der sich seiner loyalen Seele gewiß nur unter tiefen Wehen entrang. Die höchste Majestät in Deutschland ist nämlich jetzt das Parlament in Frankfurt, also höher, als die des Königs von Preußen! Die Laquaien und Untergebenen stimmten natürlich für den „Fürsten“ ‒ und die Adresse wird mit einiger Majorität angenommen. Schließlich wird der Anschluß des Bürgervereins an alle gleichgesinnten Vereine resp. an den der „alten Krieger“ in Dortmund mitgetheilt. Mit Gott für König und Vaterland!

Die Untersuchung gegen Hrn. Julius Wulff dauert noch fort. Die Artikel 102 und 293 des Code sollen gegen ihn geltend gemacht werden ‒ die Bestimmungen über aufreizende Reden in „unerlaubten“ Versammlungen, sowie über Hochverrath, Verheerung, Plünderung etc.

103 Berlin, 14. Juli.

Mit den Erläuterungen, welche der Finanzminister Hansemann in seiner Denkschrift zu den Finanzvorlagen, über den Staatsschatz gegeben hat, ist man hier keinesfalls zufrieden Nach diesen Angaben sind von 1820 ‒ 1840, also in zwanzig Jahren zusammen 24 Millionen in den Staatsschatz gelegt worden. Da würde auf jedes Jahr im Durchschnitt kaum 1 1/4 Million herauskommen. Dagegen ist aber allgemein bekannt, daß im Laufe dieser Jahre, die Ueberschüsse der Einnahme gegen die Voranschläge oft die Summe von 4 bis 6 Millionen jährlich erreicht. Wo sind diese Summen hingekommen? Man glaubt, daß nicht mehr in den Staatsschatz eingelegt worden ist, aber man will auch wissen, wo die andern großen Summen geblieben sind. Man fordert Rechenschaft, woher der Kronschatz gebildet ist und glaubt allgemein, daß er aus Einnahmen entstanden, die nicht Privateigenthum der Krone waren.

Man fragt auch wie es möglich ist, daß man der Bank im Jahre 1846 aus dem Staatsschatz 2 Millionen zuschießen mußte. Man war schon 1846 allgemein erstaunt, daß die Bank kein eigenes Vermögen besessen; aber noch mehr erstaunt man jetzt, daß die Bank sogar ein Deficit von 2 Millionen gehabt. Die Bank hatte in einer Reihe von dreißig Friedensjahren die besten Geschäfte gemacht, nimmt man nur an, daß sie jedes Jahr so viel wie 1847 verdient hat, wo sie einen Reingewinn von circa 1/2 Million hatte, so hätte sich doch in den 30 Jahren ein Kapital von wenigstens 15 Millionen ansammeln müssen. Wo sind diese 15 Millionen geblieben? In den Einnahme-Rubriken des Haupt-Staats-Etat hat man früher nie die Ueberschüsse der Bank gefunden. Nehmen wir an, daß diese in die Privat-Schatulle des Königs flossen, so hätte aber auch der König den sich 1846 herausstellenden Verlust tragen müssen. Da aber der Staat verpflichtet war, diesen Verlust zu decken, der jedenfalls nur dadurch entstanden sein konnte, daß die Bank 2 Millionen Thaler mehr, als sie wirklich verdient hatte, der Privat-Schatulle auszahlen ließ, so kann der Staat mit Recht auch die Rücklieferung des ganzen frühern Verdienstes der Bank, nebst Zinsen, von der Privat-Schatulle verlangen.

Der Zeughausprozeß naht sich seinem Ende. Die Zeugenvernehmungen sind geschlossen und obgleich durch viele Entlastungszeugen einstimmig viele Anklagepunkte entkräftet wurden, hielt der Staatsanwalt dennoch seine ganze Anklage aufrecht. Er trug, nach seinem Plaidoyer, welches keinesfalls den Beifall des außerordentlich zahlreich anwesenden Publikums erhielt, auf 6 Jahre Festungsstrafe für Urban, 8 Jahre für Korn und Löwinson und 10 Jahre für Sigerist an; außerdem für alle vier Angeklagten den Verlust der Nationalkokarde, wegen Mangel an patriotischen Gesinnngen. ‒ Die Vertheidiger hielten heute Nachmittag ihre glänzenden Vertheidigungsreden; der letzte hat noch nicht geendet.

Nachschrift. Das Urtheil ist heute schon gefällt. Die Richter entschieden sich nach kurzer Berathung. Urban ist zu einem Jahr, Löwinson zu zwei Jahren, Korn und Sigerist, jederzu sieben Jahren Festung verurtheilt.

103 Berlin, 15. Juli.

Der demokratische Klub ist vor den Untersuchungsrichter des Kammergerichts geladen. Da aber der demokratische Klub nicht erscheinen kann, so hat sich der Untersuchungsrichter, Kammergerichtsrath Sethe, das Vergnügen gemacht, dem Präsident des Klubs, Assessor Schramm, einen Besuch abzustatten und ihm die Anklage mitzutheilen. Sie gehet vom Magistrat aus, mit dem der demokratische Klub bekanntlich vor einigen Wochen einen Krieg durch Plakate an den Straßenecken führte. Von diesen Plakaten hat der Magistrat jetzt vier Stück zur Begründung einer Anklage dem Kammergericht eingesandt. Sie wären im Stande, die größten Störungen und Unruhen hervorzubringen; außer der schweren Beleidigung des Magistrats, die sie enthalten, ist die Absicht klar, durch frechen und unehrerbietigen Tadel Mißvergnügen und Unzufriedenheit gegen die Obrigkeit zu erregen. Der Magistrat will diese Vergehen nach § 151, §§ 615 f. f. in Verbindung mit § 208, Titel 20, Theil II des allgemeinen Landrechts bestraft wissen. ‒ Wir sind neugierig, wie sich unsere Kammergerichtsräthe bei diesem Prozeß benehmen werden. Der Klub besteht aus mehr als 1400 Mitgliedern, mit deren Bewilligung die Plakate entworfen und veröffentlich wurden.

15 Berlin, 15. Juli.

Es sind seit einigen Tagen seltsame Gerüchte in der Stadt verbreitet, Gerüchte, deren Begründung ich zwar bezweifle, die ich aber doch glaube, Ihnen berichten zu mussen. Es heißt nämlich, am Montage wolle die Reaktion einen großen Schlag ausführen, unsre fliegenden Korps auflösen und entwaffnen, Berlin mit Militär vollpfropfen und in Belagerungszustand erklären. Ein Soldat hat aus Potsdam an seine hiesigen Verwandten geschrieben, und denselben angerathen, sich für längere Zeit mit Mundvorrath zu versehen. Dazu ist Berlin so ruhig und sittsam, benimmt sich, trotz der 25,000 Mann Militär, die man theils in die Stadt, theils in die nächste Umgebung derselben gebracht, trotz der angedrohten Beschränkung der öffentlichen Volksversammlungen, trotz der Verwerfung des Jacobi'schen Antrages, so artig, daß ich nur aus dem Grunde gegen obige Gerüchte nicht ganz unglaubig bin, weil ich der Regierung Alles zutraue. ‒ Auch in Posen fängt man an, Preßprozesse einzuleiten; einem dortigen Buchhändler und Buchdrucker (Reisner ist sein Name), welcher polnische Nationallieder verlegte, hat man nicht nur die Auflage weggenommen, sondern ihn selbst zum Verhör vor die Polizei geladen ‒ und dann nicht mehr fortgelassen.

N. S. Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen, daß heute das Erkenntniß gegen Korn, Urban, Löwinson und Sigerist gefällt worden ist. Die Angaben über die Art und Weise stimmen jedoch nur darin überein, daß sämmtliche Angeklagte zu Festungsarrest verurtheilt sind. Die Strafzeit wird verschieden angegeben; nach einer Mittheilung ist Urban zu einem, Löwinson zu zwei, Korn und Sigerist zu 3 Jahren Festungsarrest verurtheilt worden.

N. S. Ich eröffne diesen Brief nochmals, um Ihnen anzuzeigen, daß obige Angaben sich vollkommen bestätigen.

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          <head><bibl><author>125</author></bibl> Düsseldorf, 15. Juli.</head>
          <p>Wir haben jetzt auch einen Bürgerverein, der indeß schon etwas gebildeter                         ist, als andre seines Gleichen. Er will sogar die Gleichheit, er verzichtet                         entschieden auf alle ständischen Unterschiede. Wir wohnten neulich einer                         Sitzung bei. Wir fanden in dieser vortrefflichen Gesellschaft die ganze                         schöne Mannichfaltigkeit der Stände im ex-christlich-monarchischen Staat                         (den diese Herren jetzt in den <hi rendition="#g">demokratisch-monarchischen</hi> umwandeln wollen, zu welchem Zwecke sie                         eine &#x201E;Vermischung&#x201C; der Stände anbahnen) vom kommandirenden General hinab bis                         auf den gemeinsten Soldaten, zwei volksfreundliche Prinzen, die ganze                         Gerichtsbehörde, 6 Herren Gensd'armen, Laquaien und Lohnbediente,                         Justizräthe, Advokaten und Spießbürger. Eine Adresse an die                         Nationalversammlung in Frankfurt wird berathen, in der die hohe Freude über                         die Wahl des Reichsverwesers ausgesprochen wird, gegenüber der &#x201E;blind auf                         den Umsturz alles Bestehenden sinnenden Partei,&#x201C; die in einer andern Adresse                         die Majoritat des Parlaments &#x201E;Volksverräther&#x201C; genannt hatte (Volksklub).</p>
          <p>Der Oberprokurator Schnaase bildet sich ein, er sei im Parquet &#x2012; denn er hält                         eine förmliche Anklagerede gegen den &#x201E;Volksklub&#x201C;, plaidirt über die                         Straffälligkeit seiner Mitglieder und deduzirt folgendes: Volksverrath ist                         gleich Hochverrath, und dieser wird mit dem Tode bestraft. Wer aber die                         majestas populi antastet, und das Parlament in Frankfurt repräsentirt                         dieselbe, wer diese Volksvertreter Volksverräther-Hochverräther nennt, also                         ihnen den Tod dekretirt, ist selbst Volksverräther-Hochverräther, und                         verdient also selbst den Tod. Um diesen scharfsinnigen Schluß                         herauszucalculiren, muß der fürstenfreundliche Mann zu einem Satze seine                         Zuflucht nehmen, der sich seiner loyalen Seele gewiß nur unter tiefen Wehen                         entrang. Die <hi rendition="#g">höchste Majestät</hi> in Deutschland ist                         nämlich jetzt das Parlament in Frankfurt, also höher, als die des Königs von                         Preußen! Die Laquaien und Untergebenen stimmten natürlich für den &#x201E;Fürsten&#x201C;                         &#x2012; und die Adresse wird mit einiger Majorität angenommen. Schließlich wird                         der Anschluß des Bürgervereins an alle gleichgesinnten Vereine resp. an den                         der &#x201E;alten Krieger&#x201C; in Dortmund mitgetheilt. Mit Gott für König und                         Vaterland!</p>
          <p>Die Untersuchung gegen Hrn. Julius Wulff dauert noch fort. Die Artikel 102                         und 293 des Code sollen gegen ihn geltend gemacht werden &#x2012; die Bestimmungen                         über aufreizende Reden in &#x201E;unerlaubten&#x201C; Versammlungen, sowie über                         Hochverrath, Verheerung, Plünderung etc.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar048_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 14. Juli.</head>
          <p>Mit den Erläuterungen, welche der Finanzminister Hansemann in seiner                         Denkschrift zu den Finanzvorlagen, über den Staatsschatz gegeben hat, ist                         man hier keinesfalls zufrieden Nach diesen Angaben sind von 1820 &#x2012; 1840,                         also in zwanzig Jahren zusammen 24 Millionen in den Staatsschatz gelegt                         worden. Da würde auf jedes Jahr im Durchschnitt kaum 1 1/4 Million                         herauskommen. Dagegen ist aber allgemein bekannt, daß im Laufe dieser Jahre,                         die Ueberschüsse der Einnahme gegen die Voranschläge oft die Summe von 4 bis                         6 Millionen jährlich erreicht. Wo sind diese Summen hingekommen? Man glaubt,                         daß nicht mehr in den Staatsschatz eingelegt worden ist, aber man will auch                         wissen, wo die andern großen Summen geblieben sind. Man fordert                         Rechenschaft, woher der Kronschatz gebildet ist und glaubt allgemein, daß er                         aus Einnahmen entstanden, die nicht Privateigenthum der Krone waren.</p>
          <p>Man fragt auch wie es möglich ist, daß man der Bank im Jahre 1846 aus dem                         Staatsschatz 2 Millionen zuschießen mußte. Man war schon 1846 allgemein                         erstaunt, daß die Bank kein eigenes Vermögen besessen; aber noch mehr                         erstaunt man jetzt, daß die Bank sogar ein Deficit von 2 Millionen gehabt.                         Die Bank hatte in einer Reihe von dreißig Friedensjahren die besten                         Geschäfte gemacht, nimmt man nur an, daß sie jedes Jahr so viel wie 1847                         verdient hat, wo sie einen Reingewinn von circa 1/2 Million hatte, so hätte                         sich doch in den 30 Jahren ein Kapital von wenigstens 15 Millionen ansammeln                         müssen. Wo sind diese 15 Millionen geblieben? In den Einnahme-Rubriken des                         Haupt-Staats-Etat hat man früher nie die Ueberschüsse der Bank gefunden.                         Nehmen wir an, daß diese in die Privat-Schatulle des Königs flossen, so                         hätte aber auch der König den sich 1846 herausstellenden Verlust tragen                         müssen. Da aber der Staat verpflichtet war, diesen Verlust zu decken, der                         jedenfalls nur dadurch entstanden sein konnte, daß die Bank 2 Millionen                         Thaler mehr, als sie wirklich verdient hatte, der Privat-Schatulle auszahlen                         ließ, so kann der Staat mit Recht auch die Rücklieferung des ganzen frühern                         Verdienstes der Bank, nebst Zinsen, von der Privat-Schatulle verlangen.</p>
          <p>Der Zeughausprozeß naht sich seinem Ende. Die Zeugenvernehmungen sind                         geschlossen und obgleich durch viele Entlastungszeugen einstimmig viele                         Anklagepunkte entkräftet wurden, hielt der Staatsanwalt dennoch seine ganze                         Anklage aufrecht. Er trug, nach seinem Plaidoyer, welches keinesfalls den                         Beifall des außerordentlich zahlreich anwesenden Publikums erhielt, auf 6                         Jahre Festungsstrafe für Urban, 8 Jahre für Korn und Löwinson und 10 Jahre                         für Sigerist an; außerdem für alle vier Angeklagten den Verlust der                         Nationalkokarde, wegen Mangel an patriotischen Gesinnngen. &#x2012; Die                         Vertheidiger hielten heute Nachmittag ihre glänzenden Vertheidigungsreden;                         der letzte hat noch nicht geendet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> Das Urtheil ist heute schon gefällt. Die                         Richter entschieden sich nach kurzer Berathung. Urban ist zu einem Jahr,                         Löwinson zu zwei Jahren, Korn und Sigerist, jederzu sieben Jahren Festung                         verurtheilt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar048_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 15. Juli.</head>
          <p>Der <hi rendition="#g">demokratische Klub</hi> ist vor den                         Untersuchungsrichter des Kammergerichts geladen. Da aber der demokratische                         Klub nicht erscheinen kann, so hat sich der Untersuchungsrichter,                         Kammergerichtsrath Sethe, das Vergnügen gemacht, dem Präsident des Klubs,                         Assessor <hi rendition="#g">Schramm,</hi> einen Besuch abzustatten und ihm                         die Anklage mitzutheilen. Sie gehet vom <hi rendition="#g">Magistrat</hi> aus, mit dem der demokratische Klub bekanntlich vor einigen Wochen einen                         Krieg durch Plakate an den Straßenecken führte. Von diesen Plakaten hat der                         Magistrat jetzt vier Stück zur Begründung einer Anklage dem Kammergericht                         eingesandt. Sie wären im Stande, die größten Störungen und Unruhen                         hervorzubringen; außer der schweren Beleidigung des Magistrats, die sie                         enthalten, ist die Absicht klar, durch frechen und unehrerbietigen Tadel                         Mißvergnügen und Unzufriedenheit gegen die Obrigkeit zu erregen. Der                         Magistrat will diese Vergehen nach § 151, §§ 615 f. f. in Verbindung mit §                         208, Titel 20, Theil II des allgemeinen Landrechts bestraft wissen. &#x2012; Wir                         sind neugierig, wie sich unsere Kammergerichtsräthe bei diesem Prozeß                         benehmen werden. Der Klub besteht aus mehr als 1400 Mitgliedern, mit deren                         Bewilligung die Plakate entworfen und veröffentlich wurden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar048_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Berlin, 15. Juli.</head>
          <p>Es sind seit einigen Tagen seltsame Gerüchte in der Stadt verbreitet,                         Gerüchte, deren Begründung ich zwar bezweifle, die ich aber doch glaube,                         Ihnen berichten zu mussen. Es heißt nämlich, am Montage wolle die Reaktion                         einen großen Schlag ausführen, unsre fliegenden Korps auflösen und                         entwaffnen, Berlin mit Militär vollpfropfen und in Belagerungszustand                         erklären. Ein Soldat hat aus Potsdam an seine hiesigen Verwandten                         geschrieben, und denselben angerathen, sich für längere Zeit mit Mundvorrath                         zu versehen. Dazu ist Berlin so ruhig und sittsam, benimmt sich, trotz der                         25,000 Mann Militär, die man theils in die Stadt, theils in die nächste                         Umgebung derselben gebracht, trotz der angedrohten Beschränkung der                         öffentlichen Volksversammlungen, trotz der Verwerfung des Jacobi'schen                         Antrages, so artig, daß ich nur aus <hi rendition="#g">dem</hi> Grunde gegen                         obige Gerüchte nicht ganz unglaubig bin, weil ich der Regierung Alles                         zutraue. &#x2012; Auch in Posen fängt man an, Preßprozesse einzuleiten; einem                         dortigen Buchhändler und Buchdrucker (Reisner ist sein Name), welcher                         polnische Nationallieder verlegte, hat man nicht nur die Auflage                         weggenommen, sondern ihn selbst zum Verhör vor die Polizei geladen &#x2012; und                         dann nicht mehr fortgelassen.</p>
          <p>N. S. Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen, daß heute das Erkenntniß gegen Korn,                         Urban, Löwinson und Sigerist gefällt worden ist. Die Angaben über die Art                         und Weise stimmen jedoch nur darin überein, daß sämmtliche Angeklagte zu                         Festungsarrest verurtheilt sind. Die Strafzeit wird verschieden angegeben;                         nach einer Mittheilung ist Urban zu einem, Löwinson zu zwei, Korn und                         Sigerist zu 3 Jahren Festungsarrest verurtheilt worden.</p>
          <p>N. S. Ich eröffne diesen Brief nochmals, um Ihnen anzuzeigen, daß obige                         Angaben sich vollkommen bestätigen.</p>
        </div>
      </div>
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  </text>
</TEI>
[0237/0001] Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 48. Köln, Dienstag 18. Juli 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England di HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Köln (die Vereinbarungsdebatte über den Jacobyschen Antrag). Düsseldorf (Bürgerverein). Berlin (der Staatsschatz. ‒ Die Bank und die Chatulle. ‒ Verurtheilung im Zeughausprozeß. ‒ Anklage gegen den demokratischen Klub. ‒ Gerüchte. ‒ Preßprozeß in Posen. ‒ Gesetzentwurf wegen Branntwein- und Rübenzucker-Steuererhöhung.) Stettin (Wrangel). Königsberg (Rosenkranz nach Berlin). Frankfurt (Nationalversammlung vom 15. Juli. ‒ Verbot der demokratischen Vereine in Würtemberg). Wiesbaden (die Bauern). Mainz (Verhaftung). München (Krawall). Braunschweig (die schleswigschen Waffenstillstandsbedingungen). Apenrade (Protest gegen den Waffenstillstand). Prag (über die letzten Ereignisse. ‒ Hawljceks Verhaftung). Wien (Reichstag). Dalmatiner Gränze (Türkische Rüstungen). Italien. Turin (Kammer. ‒ Anzianis Bestattung. ‒ Gioberti. ‒ Die Piemontesen über den Po gegangen). Bozzolo (vom Kriegsschauplatze). Roverbella (Gefecht bei Bordolino). Venedig (Anschlußdekret.) Florenz (Pater Gavazzi ausgewiesen). Rom (Durando angekommen. ‒ Mamiani's Erklärungen wegen Vicenza). Neapel (Angriff auf einen Deputirten. ‒ Calabresische Nachrichten. ‒ Schweizer Abgesandte). Ungarn. Pesth (Treffen bei Takmerin). Donaufürstenthümer. Jassy (Einmarsch der Russen und Türken). Französische Republik. Paris (Thiers und Dupin in den Bureaus über Presse und Klubs. ‒ Favres Vorschlag der Einziehung der Güter der Familie Orleans. ‒ Die Reforme über die Alarmgerüchte. ‒ Vermischtes). Straßburg (Erklärung der Arbeiter). Großbritannien. (Unterhaus. ‒ Die Times über Ungarn und die Donauländer. ‒ Feargus O'Connor an seine Landsleute.) Dublin. (Neue Verhaftungen. ‒ Revue der Corker Clubs. ‒ Das Andenken an die Schlacht am Boyne.) Deutschland. ** Köln, 17. Juli. (Die Debatte über den Jacobyschen Antrag.) _ 125 Düsseldorf, 15. Juli. Wir haben jetzt auch einen Bürgerverein, der indeß schon etwas gebildeter ist, als andre seines Gleichen. Er will sogar die Gleichheit, er verzichtet entschieden auf alle ständischen Unterschiede. Wir wohnten neulich einer Sitzung bei. Wir fanden in dieser vortrefflichen Gesellschaft die ganze schöne Mannichfaltigkeit der Stände im ex-christlich-monarchischen Staat (den diese Herren jetzt in den demokratisch-monarchischen umwandeln wollen, zu welchem Zwecke sie eine „Vermischung“ der Stände anbahnen) vom kommandirenden General hinab bis auf den gemeinsten Soldaten, zwei volksfreundliche Prinzen, die ganze Gerichtsbehörde, 6 Herren Gensd'armen, Laquaien und Lohnbediente, Justizräthe, Advokaten und Spießbürger. Eine Adresse an die Nationalversammlung in Frankfurt wird berathen, in der die hohe Freude über die Wahl des Reichsverwesers ausgesprochen wird, gegenüber der „blind auf den Umsturz alles Bestehenden sinnenden Partei,“ die in einer andern Adresse die Majoritat des Parlaments „Volksverräther“ genannt hatte (Volksklub). Der Oberprokurator Schnaase bildet sich ein, er sei im Parquet ‒ denn er hält eine förmliche Anklagerede gegen den „Volksklub“, plaidirt über die Straffälligkeit seiner Mitglieder und deduzirt folgendes: Volksverrath ist gleich Hochverrath, und dieser wird mit dem Tode bestraft. Wer aber die majestas populi antastet, und das Parlament in Frankfurt repräsentirt dieselbe, wer diese Volksvertreter Volksverräther-Hochverräther nennt, also ihnen den Tod dekretirt, ist selbst Volksverräther-Hochverräther, und verdient also selbst den Tod. Um diesen scharfsinnigen Schluß herauszucalculiren, muß der fürstenfreundliche Mann zu einem Satze seine Zuflucht nehmen, der sich seiner loyalen Seele gewiß nur unter tiefen Wehen entrang. Die höchste Majestät in Deutschland ist nämlich jetzt das Parlament in Frankfurt, also höher, als die des Königs von Preußen! Die Laquaien und Untergebenen stimmten natürlich für den „Fürsten“ ‒ und die Adresse wird mit einiger Majorität angenommen. Schließlich wird der Anschluß des Bürgervereins an alle gleichgesinnten Vereine resp. an den der „alten Krieger“ in Dortmund mitgetheilt. Mit Gott für König und Vaterland! Die Untersuchung gegen Hrn. Julius Wulff dauert noch fort. Die Artikel 102 und 293 des Code sollen gegen ihn geltend gemacht werden ‒ die Bestimmungen über aufreizende Reden in „unerlaubten“ Versammlungen, sowie über Hochverrath, Verheerung, Plünderung etc. 103 Berlin, 14. Juli. Mit den Erläuterungen, welche der Finanzminister Hansemann in seiner Denkschrift zu den Finanzvorlagen, über den Staatsschatz gegeben hat, ist man hier keinesfalls zufrieden Nach diesen Angaben sind von 1820 ‒ 1840, also in zwanzig Jahren zusammen 24 Millionen in den Staatsschatz gelegt worden. Da würde auf jedes Jahr im Durchschnitt kaum 1 1/4 Million herauskommen. Dagegen ist aber allgemein bekannt, daß im Laufe dieser Jahre, die Ueberschüsse der Einnahme gegen die Voranschläge oft die Summe von 4 bis 6 Millionen jährlich erreicht. Wo sind diese Summen hingekommen? Man glaubt, daß nicht mehr in den Staatsschatz eingelegt worden ist, aber man will auch wissen, wo die andern großen Summen geblieben sind. Man fordert Rechenschaft, woher der Kronschatz gebildet ist und glaubt allgemein, daß er aus Einnahmen entstanden, die nicht Privateigenthum der Krone waren. Man fragt auch wie es möglich ist, daß man der Bank im Jahre 1846 aus dem Staatsschatz 2 Millionen zuschießen mußte. Man war schon 1846 allgemein erstaunt, daß die Bank kein eigenes Vermögen besessen; aber noch mehr erstaunt man jetzt, daß die Bank sogar ein Deficit von 2 Millionen gehabt. Die Bank hatte in einer Reihe von dreißig Friedensjahren die besten Geschäfte gemacht, nimmt man nur an, daß sie jedes Jahr so viel wie 1847 verdient hat, wo sie einen Reingewinn von circa 1/2 Million hatte, so hätte sich doch in den 30 Jahren ein Kapital von wenigstens 15 Millionen ansammeln müssen. Wo sind diese 15 Millionen geblieben? In den Einnahme-Rubriken des Haupt-Staats-Etat hat man früher nie die Ueberschüsse der Bank gefunden. Nehmen wir an, daß diese in die Privat-Schatulle des Königs flossen, so hätte aber auch der König den sich 1846 herausstellenden Verlust tragen müssen. Da aber der Staat verpflichtet war, diesen Verlust zu decken, der jedenfalls nur dadurch entstanden sein konnte, daß die Bank 2 Millionen Thaler mehr, als sie wirklich verdient hatte, der Privat-Schatulle auszahlen ließ, so kann der Staat mit Recht auch die Rücklieferung des ganzen frühern Verdienstes der Bank, nebst Zinsen, von der Privat-Schatulle verlangen. Der Zeughausprozeß naht sich seinem Ende. Die Zeugenvernehmungen sind geschlossen und obgleich durch viele Entlastungszeugen einstimmig viele Anklagepunkte entkräftet wurden, hielt der Staatsanwalt dennoch seine ganze Anklage aufrecht. Er trug, nach seinem Plaidoyer, welches keinesfalls den Beifall des außerordentlich zahlreich anwesenden Publikums erhielt, auf 6 Jahre Festungsstrafe für Urban, 8 Jahre für Korn und Löwinson und 10 Jahre für Sigerist an; außerdem für alle vier Angeklagten den Verlust der Nationalkokarde, wegen Mangel an patriotischen Gesinnngen. ‒ Die Vertheidiger hielten heute Nachmittag ihre glänzenden Vertheidigungsreden; der letzte hat noch nicht geendet. Nachschrift. Das Urtheil ist heute schon gefällt. Die Richter entschieden sich nach kurzer Berathung. Urban ist zu einem Jahr, Löwinson zu zwei Jahren, Korn und Sigerist, jederzu sieben Jahren Festung verurtheilt. 103 Berlin, 15. Juli. Der demokratische Klub ist vor den Untersuchungsrichter des Kammergerichts geladen. Da aber der demokratische Klub nicht erscheinen kann, so hat sich der Untersuchungsrichter, Kammergerichtsrath Sethe, das Vergnügen gemacht, dem Präsident des Klubs, Assessor Schramm, einen Besuch abzustatten und ihm die Anklage mitzutheilen. Sie gehet vom Magistrat aus, mit dem der demokratische Klub bekanntlich vor einigen Wochen einen Krieg durch Plakate an den Straßenecken führte. Von diesen Plakaten hat der Magistrat jetzt vier Stück zur Begründung einer Anklage dem Kammergericht eingesandt. Sie wären im Stande, die größten Störungen und Unruhen hervorzubringen; außer der schweren Beleidigung des Magistrats, die sie enthalten, ist die Absicht klar, durch frechen und unehrerbietigen Tadel Mißvergnügen und Unzufriedenheit gegen die Obrigkeit zu erregen. Der Magistrat will diese Vergehen nach § 151, §§ 615 f. f. in Verbindung mit § 208, Titel 20, Theil II des allgemeinen Landrechts bestraft wissen. ‒ Wir sind neugierig, wie sich unsere Kammergerichtsräthe bei diesem Prozeß benehmen werden. Der Klub besteht aus mehr als 1400 Mitgliedern, mit deren Bewilligung die Plakate entworfen und veröffentlich wurden. 15 Berlin, 15. Juli. Es sind seit einigen Tagen seltsame Gerüchte in der Stadt verbreitet, Gerüchte, deren Begründung ich zwar bezweifle, die ich aber doch glaube, Ihnen berichten zu mussen. Es heißt nämlich, am Montage wolle die Reaktion einen großen Schlag ausführen, unsre fliegenden Korps auflösen und entwaffnen, Berlin mit Militär vollpfropfen und in Belagerungszustand erklären. Ein Soldat hat aus Potsdam an seine hiesigen Verwandten geschrieben, und denselben angerathen, sich für längere Zeit mit Mundvorrath zu versehen. Dazu ist Berlin so ruhig und sittsam, benimmt sich, trotz der 25,000 Mann Militär, die man theils in die Stadt, theils in die nächste Umgebung derselben gebracht, trotz der angedrohten Beschränkung der öffentlichen Volksversammlungen, trotz der Verwerfung des Jacobi'schen Antrages, so artig, daß ich nur aus dem Grunde gegen obige Gerüchte nicht ganz unglaubig bin, weil ich der Regierung Alles zutraue. ‒ Auch in Posen fängt man an, Preßprozesse einzuleiten; einem dortigen Buchhändler und Buchdrucker (Reisner ist sein Name), welcher polnische Nationallieder verlegte, hat man nicht nur die Auflage weggenommen, sondern ihn selbst zum Verhör vor die Polizei geladen ‒ und dann nicht mehr fortgelassen. N. S. Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen, daß heute das Erkenntniß gegen Korn, Urban, Löwinson und Sigerist gefällt worden ist. Die Angaben über die Art und Weise stimmen jedoch nur darin überein, daß sämmtliche Angeklagte zu Festungsarrest verurtheilt sind. Die Strafzeit wird verschieden angegeben; nach einer Mittheilung ist Urban zu einem, Löwinson zu zwei, Korn und Sigerist zu 3 Jahren Festungsarrest verurtheilt worden. N. S. Ich eröffne diesen Brief nochmals, um Ihnen anzuzeigen, daß obige Angaben sich vollkommen bestätigen.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 48. Köln, 18. Juli 1848, S. 0237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz048_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.