Neue Rheinische Zeitung. Nr. 48. Köln, 18. Juli 1848.* Berlin, 15. Juli. Nach einem eben bekannt gewordenen Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Branntwein- und Runkelrübenzuckersteuer soll vom 1. Sept. c. an die Steuer für Rübenzucker 2 Thlr. für den Centner Zoll betragen, für Branntwein vom 1. Okt. d. J. 3 Sgr. für jede 20 Quart Rauminhalt, und von landwirthschaftlichen Brennereien statt wie bisher 1 Sgr. 8 Pf., fortan 2 Sgr. 6 Pfennige. Königsberg, 11. Juli. Auf ein heute früh eingegangenes Schreiben des Ministerpräsidenten ist Herr Professor Dr. Rosenkranz heute Abend um halb 9 Uhr nach Berlin abgereist. Stettin, 14. Juli. An unserer heutigen Börse lag die Kopie eines von dem Berliner Abgeordneten, Herrn Fretzdorff, eingegangenen Schreibens auf, wonach, offizieller Mittheilung zufolge, General Wrangel erklärt hat, in Bezug auf Vollstreckung des Waffenstillstandes nur nach Instruktionen von Frankfurt, von wo er sein Mandat erhalten, gehen zu können, und worin ferner bemerkt wird, daß die Ratifikation des Waffenstillstandes nunmehr von dem neuen Reichsverweser abhängig sei und darin leicht eine neue Verzögerung von einigen Wochen eintreten könne. (Osts. Z.)* Frankfurt. Sitzung der deutschen National-Versammlung vom 15. Juli. Präsident Gagern eröffnet die Sitzung um 1/2 10 Uhr durch Verlesung des Protokolls der gestrigen Sitzung, welches nach unbedeutenden Reklamationen Vinke's genehmigt wird. - Vicepräsident Soiron weist von Vinke's Reklamation (unter dem Zuruf: Sehr recht!) zurück. Vinke beruhigt sich nicht und verlangt, daß seine Reklamation (welche sich lediglich auf eine Verweigerung des Worts nach dem Schluß der gestrigen Debatte beschränkt) zu Protokoll genommen wird, was geschieht. Präsident Gagern theilt die Proklamation des Reichsverwesers mit; sowie des Erzherzogs, durch sein den Wienern gegebenes Versprechen, nöthig gewordene heutige Rückreise nach Wien. Er habe aber versprochen, bald nach Frankfurt zurückzukehren. - Folgt die Verlesung der gestern von Johann creirten deutschen Minister! von Schmerling Inneres und Aeußeres. Heckscher Justiz. von Peucker (preuß. General-Major) Krieg. Die Namen der deutschen verantwortlichen Minister werden von der National-Versammlung mit tiefer Stille hingenommen, nur bei Lesung obenerwähnter Proklamation ertönt ein offizielles Bravo! Hierauf wiederholt Heckscher (der Minister der Justiz) die Nothwendigkeit der Rückreise des Erzherzogs nach Wien zur Eröffnung der österreichischen Reichsversammlung, und zeigt der National-Versammlung an, daß er den Reichsverweser begleiten, aber unverweilt zurückkehren werde. Minister von Schmerling: "Niemand verkennt, welche unendlichen Anforderungen wir übernommen. Wir haben dies vollständig empfunden. Wir machen uns durchaus keine Illusion. Die Pflicht eines jeden deutschen Bürgers ist Muth, Aufopferung und Bereitwilligkeit, wenn das Vaterland es erheischt. Ja hohen Muthes bedarf es. Aber gerade dies hat uns bewogen, unser Amt anzunehmen. Wir wollen dem deutschen Volke mit Bereitwilligkeit die vollste Freiheit gewähren. - Vor allen Dingen aber muß Deutschland regiert werden. Es muß Ruhe und Frieden werden, das ist die erste heiligste Pflicht. Heckscher: Wir werden nicht zugeben, daß die Ruhe Deutschlands und dessen Unabhängigkeit von außen irgendwie gefährdet werde. Widenmann (Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses) theilt viele Petitionen (aus Mannheim, von Bruchsal, Frankfurt a. M., Constanz, Mülheim, dem Odenwald etc.) mit. Alle betreffen Amnestirung politischer Gefangenen, zumal der badischen Republikaner, besonders Heckers und Peters. - Der Berichterstatter meint: "die Nat-Vers. könne sich betreffs der Amnestirungen nicht in die Rechte der einzelnen Regierungen mischen; weil die Berichte bezüglich dieser Amnestirungen keineswegs spezifizirt sind. Die Badener Republikaner hätten nicht bezweckt den alten Polizeistaat zu stürzen, sondern den neuen aus der Freiheit hervorgegangenen. Es wäre ferner bedenklich, jetzt schon, wo noch überall Anarchie herrscht, zur Amnestie aufzufordern. - Auch wären ja diese Petitionen nur Fürbitten. Die Gesinnung der Verbrecher selbst würde wohl dieselbe sein, und möchten diese vielleicht nicht einmal von der Gnade etwas wissen wollen! Man wolle also zur Tagesordnung übergehn. (Bravo rechts, Zischen links und von der linken Galerie. Moritz Mohl (sehr unverständlich bei wenig Aufmerksamkeit der Vers.) erstattet Bericht über die Ulmer Dampf-Schiffahrts-Störungs-Angelegenheit. Man schreit: "Wir kennen Ihren Bericht auswendig!" Gagern ermahnt zur Geduld, der ersten parlamentarischen Tugend. Haßler (aus Ulm) spricht über denselben Gegenstand: "Wenn die Versammlung meinem Antrage entspricht, verspreche ich dieselbe mit langen Reden zu verschonen. Ich habe berechnet, daß jedes hier gesprochene Wort 35 Kreuzer netto kostet. Weiz über dieselbe Angelegenheit. Präsident: Erachtet die Nationalversammlung die Ulmer Angelegenheit für dringlich? Antw.: Nein! Endlich zur Tagesordnung: Dieselbe bringt zuvörderst die Abstimmung über den Bericht des Ausschusses der Wehrverfassung. Präsident hält die Verhandlung hierüber für geschlossen. Vogt (Gießen) will die Diskussion über diesen Gegenstand wieder aufnehmen, und zwar: 1) weil neue Motive hinzugekommen; 2) wolle der Ausschuß einen neuen Antrag bringen; 3) haben wir jetzt einen verantwortlichen Kriegsminister. Lichnowsky spricht in demselben Sinne. Präsident will wegen Abwesenheit des Kriegsministers die Debatte vertagen. Die Versammlung will die Fortsetzung. Rob. Blum will in Abwesenheit des Kriegsministers nichts vornehmen. v. Vincke desgleichen. v. Auerswald (Berichterstatter) will auch Fortsetzung; der Kriegsminister werde kommen. Am 5. Juli schon sei die Dringlichkeit dieser Sache anerkannt, heute den 15. ist sie wieder nicht dringlich. Wartensleben: Es muß weiter debattirt werden. Fischer ebenfalls für Fortsetzung der Debatte. Nauwerk (unverständlich) desgleichen. Bassermann: Der Kriegsminister nimmt nur Abschied vom Reichsverweser. Eisenmann: Auch wenn der Kriegsminister abwesend, müssen wir fortfahren. Abstimmung, ob die Debatte fortgesetzt oder vertagt werden soll? Resultat: Fortsetzung der Debatte. Wird verlesen eine Petition der Bewohner Bruchsals wegen Nichtvermehrung des stehenden Heeres. Rußland werde mit Preußen in Frieden bleiben. Von Frankreich wäre noch weniger ein Krieg zu fürchten. Protest gegen die Vermehrung des stehenden Heeres (Gallerie Bravo! rechts Zischen). Die Petition erinnert schließlich an die schon hinlänglichen Brutalitäten der Soldateska, die man nicht zu vermehren brauche. (Bravo!) Vogt: Man solle den Kriegsminister holen lassen. Lychnowsky: Das ist schon besorgt (Man lacht). Vogts Vorschlag wird acceptirt, der Kriegsminister soll herbeigeschafft werden. Die Versammlung will ihren Minister. v. Auerswald (Berichterstatter) spricht nun über die Nothwendigkeit der Vermehrung der deutschen Truppenmacht. Kosten und alle andern Einwände seien von keiner Bedeutung. Der Einwand, es sei den Regierungen durch vermehrte Wehrkraft ein Mittel mehr zur Reaktion in die Hände gegeben, sei auch nichtig. Er bezweifelt Rußlands friedliche Absichten Wie Friedrich der Große sagte, "wenn ich in Frankreich König wäre, dürfte in Europa kein Kanonenschuß fallen, ohne mein Wollen", so müsse kein Kanonenschuß in Europa fallen, ohne Deutschlands Willen, wenn dies ein Reich wäre. Herrn v. Auerswald entfährt im Laufe seiner Rede das Wort Volkssouveränetät. Er erschrickt darüber, Linke und Gallerien brechen in schallendes Gelächter und Bravo aus. Gagern: Der Kriegsminister ist nicht aufzufinden (Lachen). Zwiespalt ob fortfahren oder nicht? Römer: Man soll nur fortfahren, der Kriegsminister mag sich aus den stenogr. Berichten instruiren, das ist seine Sache und seine Schuld. Reh (Darmstadt) spricht für Verstärkung der Wehrkraft. Glaubt auch an baldigen Krieg. Bemerkt am Schluß seiner Rede, er begreife nicht, daß die Soldaten (auch Söhne desselben Vaterlands) beim allgemeinen Fortschritt nicht mit fortgeschritten sein sollten. (Bravo rechts, links und Gallerie Zischen.) Hagen bringt eine Petition gleich der oben erwähnten von Bruchsal. Er will keine Vermehrung des stehenden Heeres: 1. weil kein Krieg in Aussicht; 2. weil die Volkslasten dadurch vermehrt; 3. weil eine Verminderung des Heeres und statt dessen Volksbewaffnung zugesagt sei; 4. weil diese Vermehrung ein Hülfsmittel der Reaktion. - (rechts oh !) Der Redner bittet die Versammlung dringend, sie sollen doch nur an das Bestehen der Reaktion glauben. (Rechts wo ? Links ja!) Radowitz vertheidigt in guter Rede mit den alten guten Gründen, den Ausschußantrag um Vermehrung des stehenden Heeres. - Das stehende Heer sei eine Kriegsschule für das ganze Volk. Anlangend Frankreich, jeder Franzos glaube, daß der Rhein seine natürliche Gränze sei. (Rechts ja! Links nein!) Louis Philippe würde noch regieren, wenn er das Rheinland genommen hätte. Lamartine selbst wäre in Bezug des Friedens nicht ganz zu trauen. - Man könne versuchen, die sociale Frage durch einen Krieg zu lösen. Vischer (Tübingen) will eine ernstlich organisirte Volksbewaffnung, keine Vermehrung des stehenden Heeres. (Der Fürst Lychnowski hat sich vorn dem Redner gegenüber gesetzt, und gähnt erschrecklich. Dergleichen Ungezogenheiten sind überhaupt seine Lieblingsbeschäftigung.) Der Redner verwirft das Prinzip des stehenden Heeres, obschon er dem Heere die nöthige Achtung zollt. v. Stavenhagen (Berlin) Oberst, spricht in lautem Kommandotone über die Dringlichkeit der Vermehrung des stehenden Heeres. - Zum Schluß sagt der Redner zur Linken gewendet: es giebt Männer in Deutschland, die lieber bei ihren Phantasien beharren, als das Vaterland vor äußern Gefahren beschützen wollen (Viel Gezisch links und Gallerie! Rechts Bravo!) Leue: gegen die Vermehrung des stehenden Heeres. Er sieht keine genügende Ursache zum Krieg für Deutschland noch für andre Länder zum Angriff auf Deutschland. - Erinnert an die Proklamation Lamartines, den Edelmuth und die ehrenhafte Gesinnung der Franzosen. Nur wenn man die Freiheit freier Völker antasten, oder im Krieg gegen unterdrückte Völker Hülfe bieten würde, wolle Frankreich den Krieg. Die Armirung der Rheinfestungen hingegen billigt Leue. Rußland habe Grund zum Krieg wegen der Nachbarschaft eines freien Staates. Doch könne Nikolaus den Krieg nicht wollen, denn selbst wenn er siegt, werden ja seine Russen von der Freiheit der Besiegten angesteckt. Endlich möchten am Ende die Regierungen bei so großen stehenden Heeren und der natürlichen Kriegslust der Soldaten versuchen, durch einen äußeren Krieg das heiße Blut abzukühlen. Zuletzt erinnert er an den Kostenpunkt. (Bravo!) Folgt Lychnowsky mit einer koulissenreißerischen Rede, über russische und französische Kriegsgefahr. Er verlangt Vermehrung des Heeres unter furchtbarem Bravo der Rechten. Beim Abtritt drückt ihm v. Vinke tief gerührt die Hand. Endlich wird mit namentlicher Abstimmung beschlossen: "den Bericht des Ausschusses vom 1. Juli und des Zusatzes vom 7. Juli der provisorischen Centralgewalt zu überweisen und diese zu ermächtigen, die in diesem Berichte und Zusatze beantragte Vermehrung der deutschen Streitmacht nach dem Prozentsatze von 2 pCt. der jetzigen Bevölkerung in Ausführung zu bringen. Frankfurt, 15. Juli. Die so eben ausgegebene Nr. 41 des "Regierungsblattes für das Königreich Würtemberg" enthält ein unmittelbares königliches Dekret, das Verbot des demokratischen Vereins in Stuttgart betreffend. (Frkf. O. P. A. Z.)* Mainz, 14. Juli. Heute Morgen wurde hier mit großem Kraftaufwand der Zahnarzt Gallette verhaftet, aus keinem geringeren Grund, als wegen eines, am Abend vorher "der Republik und den Pariser Insurgenten" ausgebrachten Lebehochs. Wenn die Pariser Insurgenten gesiegt hätten, würden die Mainzer Behörden vielleicht selbst in den Fall gekommen sein, ihnen Lebehoch zuzurufen. - Die Diktatur des General Hüser erweis't sich auch für die Umgegend höchst vortheilhaft. In der Nacht vom 11. auf den 12. war Kastel (Mainz gegenüber) Feuer ausgebrochen; aber die aus Mainz und den Dörfern herbeieilenden Spritzen wurden an der Brücke zurückgehalten, bis sie von dem Festungsgouvernement Erlaubniß geholt! - In Alzei sollen Ruhestörungen ausgebrochen und in Oberingelheim die Verfassungsurkunde verbrannt worden sein. Wiesbaden, 14. Juli. Der Aufruhr in den bassenheimschen Dörfern ist von Neuem und heftiger ausgebrochen. Die Bewohner von Schmitten haben in den Wäldern des Grafen 500 Baumstämme abgehauen, weil sie seit 7 Wochen vergeblich auf Antwort vom Grafen warten. Die Arnoldsheimer, Seelenberger und Reifenberger stehen im Begriff, das Verfahren der Schmitter nachzuahmen. Wie den Gemeinden, so gibt auch der edle Graf der nassauischen Regierung auf alle Requisitionen gar keine Antwort. Jetzt ist man genöthigt, Militär in die armen ausgehungerten Ortschaften zu schicken und auf wessen Kosten? * München, 14. Juli. Gestern Abend fand hier wieder ein Bierkrawall statt, wobei Gensd'armen und Linienmilitär von ihren Waffen Gebrauch machten und von der Menge dafür mit einem Hagel von Steinen belohnt wurden. Auf beiden Seiten sind zahlreiche Verwundungen vorgefallen. Braunschweig, 11. Juli. Durch den Brief eines schwedischen Staatsmannes an einen hiesigen hochgestellten Beamten hat man hier die Bestätigung der Angaben erhalten, welche in Lübecker und dänischen Blättern über die Waffenstillstandsbedingungen gemacht worden sind. Zu den bekannten gesellt sich noch die, daß der von Dänemark, Deutschland und England einzusetzenden neuen provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, so wie der jetzt zu berufenden konstituirenden Versammlung untersagt wird, irgendwelche Veränderungen in der Gesetzgebung zu machen, also namentlich zu konstituiren. Wahr ist auch, daß nicht nur die Bundes- und preußischen Truppen Schleswig-Holstein verlassen sollen, sondern auch, daß die schleswig-holsteinischen Truppen entlassen und während des Waffenstillstandes keine neuen gebildet werden sollen. Schleswig-Holstein ist der einzige deutsche Staat, welcher in direkter Empörung sich gegen seinen Fürsten erhoben hat. Die heranschwellende Reaktion hat alles Interesse, an diesem Staate ein Exempel zu statuiren. Dazu kommt aber noch, daß jetzt Preußen seiner Truppen bedarf, nicht etwa an der Weichsel, sondern an der Spree. Wohlan, möge es sein; aber die Schleswig-Holsteiner werden sich nicht unterwerfen! Dazu bedarf es aber einer Armee und die holsteinische ist halb so stark als die dänische. Nach den Berichten der Zeitungen erklärte die provisorische Regierung den Ständen, daß vor einem Monate für die auszuhebenden Truppen von Preußen Offiziere und Unteroffiziere versprochen seien. Dieselben sind noch nicht angekommen. Aber, wird man sagen, die provisorische Regierung wird in der Zwischenzeit der drei Monate rüsten können. Nein! Erstens soll sie abtreten; zweitens soll die neue provisorische Regierung keine neuen Truppen bilden, die alten aber entlassen. Es wird also den Schleswig-Holsteinern versagt sein, was den Dänen erlaubt ist, sich zu einem neuen Kriege zu rüsten. Dies Exempel, wie in Deutschland Einsetzungen provisorischer Regierungen behandelt werden, wird der Nachachtung nicht verfehlen. Diese hier gegebene Auffassung über die Motive der sonderbaren Waffenstillstandsbedingungen ist vielleicht in diesem Augenblicke vereinzelt, sie wird bald allgemein werden, sie wird wohl jedes Zweifels entbehren, wenn mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß ein preußischer Staatsmann erklärt, daß eine Bedingung des Waffenstillstandes, daß in den drei Monaten keine neuen Gesetze gegeben werden können, ihren Ursprung in der Furcht vor ultraliberalen Maßregeln habe, und dies festzustellen werden wir bald im Stande sein. (Brem. Z.)Apenrade, 13. Juli. Von hier aus ist in Folge der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Adresse nach Rendsburg abgesandt worden: "An die hohe provisorische Regierung von Schleswig-Holstein. Das von den Zeitungen mit immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Bewohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbitterung erfüllt. In der Voraussetzung, daß jenes Gerücht begründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provisorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige, die ihr Mandat von der schleswig-holsteinischen Volksvertretung erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen Aufruf an Schleswig-Holstein und Deutschland sich gegen den Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade, den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst (folgen die Unterschriften.)" (Schl.-H. Ztg.)Prag, 12. Juli. Folgende Bemerkungen eines Augenzeugen des in Prag aufgeführten und noch nicht ausgespielten Drama's, dürften einiges Licht über die jetzigen Zustände der böhmischen Hauptstadt verbreiten. Vor dem Ausbruche des Blutbades zu Prag, war eine Deputation von Bürgern und Kaufleuten bei Windischgrätz, um ihn zu bitten, das Kommando nicht niederzulegen, und ihm ihre Anerkennung für sein strenges Walten zu zollen. Eine zweite Deputation, bestehend aus Studenten und ebenfalls Bürgern und Kaufleuten, bat Windischgrätz, seine kriegerischen Maßregeln einzustellen, um die verschiedenen Gerüchte und die Aufregung im Volke zu beseitigen. Windischgrätz folgte der ersten Deputation, die aus seinen Schranzen bestand, und zwei Tage darauf donnerten die Kanonen, und die Brandfackel leuchtete zur - Ordnung. Die erst bezeichnete Deputation sammt den gleich ruhig gesinnten Nationalgarden und Bürgern, schloß sich beim Ausbruch der Revolution herzinniglich dem Militär an und versah den Schergendienst, indem sie jeden Studenten, dessen sie habhaft werden konnte, mit auf den Rücken gebundenen Händen unter Hohngelächter dem Militär auslieferten, wo diese Opfer der Feigheit und Verrätherei schändlich mißhandelt, und sogar einige zu Tode gemartert wurden. Prag wurde ein stilles, lebendiges Grab, und die Freunde Windischgrätz's blieben consequent, weil sie es wußten; die liberale Partei, die Barrikadenkämpfer und die Arbeiter ließen ihren Haß gegen diese Herren in Wort und Miene durchblicken, und die Gänsehaut dieser Maulhelden schauert vor der Zukunft, wo die Preß- und Redefreiheit, befreit von dem tödtenden Einfluß der Bajonette, ihre Speichelleckereien und ihr Zopfthum an den Pranger der Oeffentlichkeit stellen wird, und bietet nun alle Mittel auf, sich dagegen zu verwahren. Die Verhaftungen dauern fort, und die Finsterlinge schmieden das Eisen, weil es glüht. - Aber nicht nur, um consequent zu bleiben, nicht nur, um ihre seichte Ehre zu retten, sind die ehrenwerthen Herren Bürger und Consorten gegen das Recht und die Wahrheit wie ein Mann aufgestanden es war zugleich die Liebe zu sich selbst, die sie dazu gezwungen. Die erwähnten Herren gehören sämmtlich zur Prager Geldaristokratie, die noch immer den Proletarier als Canaille und Giftspinne betrachtet, es sind Fabrikanten, die durch ihren Starrsinn sich bereits vor längerer Zeit den Haß der Drucker erworben, Kaufleute, die dem Drange der Zeit keine Opfer bringen wollen, und Bürger, die in ihrem Hochmuth den Armen von jeher in den Staub getreten. - Die Canaille knirscht jetzt mit den Zähnen, und die Goldsäcke ersterben in Demuth zu den Füßen des Despoten, der sie seines Schutzes versichert. Es ist die Pflicht des Sicherheitsausschusses sich der Sache Prags mit um so mehr Energie zu bemächtigen, als ihm Hindernisse in den Weg gesetzt werden. Doch ist dies eine schwere Aufgabe; wenn sich der Sicherheitsausschuß, wie er es muß, bei der Untersuchungskommission betheiligt, so wird er in Prag von den Bewunderern Windischgrätz's empfangen, es wird von dieser Partei Alles aufgeboten werden ihn hinter's Licht zu führen. Um diese Hindernisse zu beseitigen, um trotz aller Lügen und Entstellungen der Sache auf den Grund zu kommen, muß es sich die Kommission zur strengsten Aufgabe machen, von Windischgrätz und Thun über die vermeintliche Verschwörung, welche ein selbstständiges böhmisches Königreich (wofür Krone und Würden bereits vertheilt sein sollen) zur Basis hatte, beweisführende Belege zu verlangen, die Zahl der Gefangenen, die sehr bedeutend sein soll, genau zu ermitteln, und auch diese über das Geschehene, ohne Beisein der Richter zu befragen; die gegenseitigen unvorbereiteten Aufschlüsse dürften allein die Mysterien des Schlosses zu Prag, wenn auch nur theilweise, erhellen. (A. Oestr. Z.)Prag, 12. Juli. Bei Hawljcek's Verhaftung hat ein gewaltiger Formfehler Statt gefunden. Unser Bürgermeister hat bekanntlich durch öffentlichen Anschlag kundgegeben, daß er Hawljcek's Verhaftung erst 10 Stunden nach der Vollziehung derselben erfuhr. Nun erklärt der Bruder des Verhafteten in den Narodni nowiny, daß auf dem Haftbefehle ausdrücklich stand, die Verhaftung geschehe im Einverständniß mit dem Bürgermeister. Da diese aber nicht eingeholt wurde, so ist die Verhaftung rechtlich ungiltig. Und dennoch verlautet über seine Entlassung kein Wort. Möglich, daß die Petitionen der Wähler Hawljcek's an den Reichstag einen kräftigeren Erfolg haben werden, als die Proteste der Prager Presse. 250,000 Menschen bleiben durch Hawljcek's Haft ohne Vertretung. In 5 Wahlbezirken erhielt er die Majorität; so lange er sich jedoch nicht auf freiem Fuße befindet, kann er sich für keinen entscheiden, und ihn von der Wählbarkeit völlig auszuschließen, wird den Behörden nicht gelingen, weil seine Schuld nach der officiellen Erklärung in einem bloßen erst zu beweisenden Preßvergehen und in keinem infamirenden Verbrechen besteht. - Den Nachrichten aus Wien sieht man mit großer Spannung entgegen, da der Ministerwechsel auch in unseren Zuständen tief eingreifende Veränderungen hervorrufen dürfte, besonders weckt die Beschlagnahme der Papiere Pillersdorff's vielfache Vermuthungen, und selbst auf den Sicherheitsausschuß sind Viele besser zu sprechen, seitdem er in der Wahrung der Volksrechte nicht blos in der Hauptstadt mit größerem Ernste vorgeht. * Wien, 12. Juli. In der heutigen vorbereitenden (dritten Sitzung des konstituirenden Reichstages wurde die Verhandlung über eine provisorische Geschäftsordnung fortgesetzt. Die Frage, * Berlin, 15. Juli. Nach einem eben bekannt gewordenen Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Branntwein- und Runkelrübenzuckersteuer soll vom 1. Sept. c. an die Steuer für Rübenzucker 2 Thlr. für den Centner Zoll betragen, für Branntwein vom 1. Okt. d. J. 3 Sgr. für jede 20 Quart Rauminhalt, und von landwirthschaftlichen Brennereien statt wie bisher 1 Sgr. 8 Pf., fortan 2 Sgr. 6 Pfennige. Königsberg, 11. Juli. Auf ein heute früh eingegangenes Schreiben des Ministerpräsidenten ist Herr Professor Dr. Rosenkranz heute Abend um halb 9 Uhr nach Berlin abgereist. Stettin, 14. Juli. An unserer heutigen Börse lag die Kopie eines von dem Berliner Abgeordneten, Herrn Fretzdorff, eingegangenen Schreibens auf, wonach, offizieller Mittheilung zufolge, General Wrangel erklärt hat, in Bezug auf Vollstreckung des Waffenstillstandes nur nach Instruktionen von Frankfurt, von wo er sein Mandat erhalten, gehen zu können, und worin ferner bemerkt wird, daß die Ratifikation des Waffenstillstandes nunmehr von dem neuen Reichsverweser abhängig sei und darin leicht eine neue Verzögerung von einigen Wochen eintreten könne. (Osts. Z.)* Frankfurt. Sitzung der deutschen National-Versammlung vom 15. Juli. Präsident Gagern eröffnet die Sitzung um 1/2 10 Uhr durch Verlesung des Protokolls der gestrigen Sitzung, welches nach unbedeutenden Reklamationen Vinke's genehmigt wird. ‒ Vicepräsident Soiron weist von Vinke's Reklamation (unter dem Zuruf: Sehr recht!) zurück. Vinke beruhigt sich nicht und verlangt, daß seine Reklamation (welche sich lediglich auf eine Verweigerung des Worts nach dem Schluß der gestrigen Debatte beschränkt) zu Protokoll genommen wird, was geschieht. Präsident Gagern theilt die Proklamation des Reichsverwesers mit; sowie des Erzherzogs, durch sein den Wienern gegebenes Versprechen, nöthig gewordene heutige Rückreise nach Wien. Er habe aber versprochen, bald nach Frankfurt zurückzukehren. ‒ Folgt die Verlesung der gestern von Johann creirten deutschen Minister! von Schmerling Inneres und Aeußeres. Heckscher Justiz. von Peucker (preuß. General-Major) Krieg. Die Namen der deutschen verantwortlichen Minister werden von der National-Versammlung mit tiefer Stille hingenommen, nur bei Lesung obenerwähnter Proklamation ertönt ein offizielles Bravo! Hierauf wiederholt Heckscher (der Minister der Justiz) die Nothwendigkeit der Rückreise des Erzherzogs nach Wien zur Eröffnung der österreichischen Reichsversammlung, und zeigt der National-Versammlung an, daß er den Reichsverweser begleiten, aber unverweilt zurückkehren werde. Minister von Schmerling: „Niemand verkennt, welche unendlichen Anforderungen wir übernommen. Wir haben dies vollständig empfunden. Wir machen uns durchaus keine Illusion. Die Pflicht eines jeden deutschen Bürgers ist Muth, Aufopferung und Bereitwilligkeit, wenn das Vaterland es erheischt. Ja hohen Muthes bedarf es. Aber gerade dies hat uns bewogen, unser Amt anzunehmen. Wir wollen dem deutschen Volke mit Bereitwilligkeit die vollste Freiheit gewähren. ‒ Vor allen Dingen aber muß Deutschland regiert werden. Es muß Ruhe und Frieden werden, das ist die erste heiligste Pflicht. Heckscher: Wir werden nicht zugeben, daß die Ruhe Deutschlands und dessen Unabhängigkeit von außen irgendwie gefährdet werde. Widenmann (Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses) theilt viele Petitionen (aus Mannheim, von Bruchsal, Frankfurt a. M., Constanz, Mülheim, dem Odenwald etc.) mit. Alle betreffen Amnestirung politischer Gefangenen, zumal der badischen Republikaner, besonders Heckers und Peters. ‒ Der Berichterstatter meint: „die Nat-Vers. könne sich betreffs der Amnestirungen nicht in die Rechte der einzelnen Regierungen mischen; weil die Berichte bezüglich dieser Amnestirungen keineswegs spezifizirt sind. Die Badener Republikaner hätten nicht bezweckt den alten Polizeistaat zu stürzen, sondern den neuen aus der Freiheit hervorgegangenen. Es wäre ferner bedenklich, jetzt schon, wo noch überall Anarchie herrscht, zur Amnestie aufzufordern. ‒ Auch wären ja diese Petitionen nur Fürbitten. Die Gesinnung der Verbrecher selbst würde wohl dieselbe sein, und möchten diese vielleicht nicht einmal von der Gnade etwas wissen wollen! Man wolle also zur Tagesordnung übergehn. (Bravo rechts, Zischen links und von der linken Galerie. Moritz Mohl (sehr unverständlich bei wenig Aufmerksamkeit der Vers.) erstattet Bericht über die Ulmer Dampf-Schiffahrts-Störungs-Angelegenheit. Man schreit: „Wir kennen Ihren Bericht auswendig!“ Gagern ermahnt zur Geduld, der ersten parlamentarischen Tugend. Haßler (aus Ulm) spricht über denselben Gegenstand: „Wenn die Versammlung meinem Antrage entspricht, verspreche ich dieselbe mit langen Reden zu verschonen. Ich habe berechnet, daß jedes hier gesprochene Wort 35 Kreuzer netto kostet. Weiz über dieselbe Angelegenheit. Präsident: Erachtet die Nationalversammlung die Ulmer Angelegenheit für dringlich? Antw.: Nein! Endlich zur Tagesordnung: Dieselbe bringt zuvörderst die Abstimmung über den Bericht des Ausschusses der Wehrverfassung. Präsident hält die Verhandlung hierüber für geschlossen. Vogt (Gießen) will die Diskussion über diesen Gegenstand wieder aufnehmen, und zwar: 1) weil neue Motive hinzugekommen; 2) wolle der Ausschuß einen neuen Antrag bringen; 3) haben wir jetzt einen verantwortlichen Kriegsminister. Lichnowsky spricht in demselben Sinne. Präsident will wegen Abwesenheit des Kriegsministers die Debatte vertagen. Die Versammlung will die Fortsetzung. Rob. Blum will in Abwesenheit des Kriegsministers nichts vornehmen. v. Vincke desgleichen. v. Auerswald (Berichterstatter) will auch Fortsetzung; der Kriegsminister werde kommen. Am 5. Juli schon sei die Dringlichkeit dieser Sache anerkannt, heute den 15. ist sie wieder nicht dringlich. Wartensleben: Es muß weiter debattirt werden. Fischer ebenfalls für Fortsetzung der Debatte. Nauwerk (unverständlich) desgleichen. Bassermann: Der Kriegsminister nimmt nur Abschied vom Reichsverweser. Eisenmann: Auch wenn der Kriegsminister abwesend, müssen wir fortfahren. Abstimmung, ob die Debatte fortgesetzt oder vertagt werden soll? Resultat: Fortsetzung der Debatte. Wird verlesen eine Petition der Bewohner Bruchsals wegen Nichtvermehrung des stehenden Heeres. Rußland werde mit Preußen in Frieden bleiben. Von Frankreich wäre noch weniger ein Krieg zu fürchten. Protest gegen die Vermehrung des stehenden Heeres (Gallerie Bravo! rechts Zischen). Die Petition erinnert schließlich an die schon hinlänglichen Brutalitäten der Soldateska, die man nicht zu vermehren brauche. (Bravo!) Vogt: Man solle den Kriegsminister holen lassen. Lychnowsky: Das ist schon besorgt (Man lacht). Vogts Vorschlag wird acceptirt, der Kriegsminister soll herbeigeschafft werden. Die Versammlung will ihren Minister. v. Auerswald (Berichterstatter) spricht nun über die Nothwendigkeit der Vermehrung der deutschen Truppenmacht. Kosten und alle andern Einwände seien von keiner Bedeutung. Der Einwand, es sei den Regierungen durch vermehrte Wehrkraft ein Mittel mehr zur Reaktion in die Hände gegeben, sei auch nichtig. Er bezweifelt Rußlands friedliche Absichten Wie Friedrich der Große sagte, „wenn ich in Frankreich König wäre, dürfte in Europa kein Kanonenschuß fallen, ohne mein Wollen“, so müsse kein Kanonenschuß in Europa fallen, ohne Deutschlands Willen, wenn dies ein Reich wäre. Herrn v. Auerswald entfährt im Laufe seiner Rede das Wort Volkssouveränetät. Er erschrickt darüber, Linke und Gallerien brechen in schallendes Gelächter und Bravo aus. Gagern: Der Kriegsminister ist nicht aufzufinden (Lachen). Zwiespalt ob fortfahren oder nicht? Römer: Man soll nur fortfahren, der Kriegsminister mag sich aus den stenogr. Berichten instruiren, das ist seine Sache und seine Schuld. Reh (Darmstadt) spricht für Verstärkung der Wehrkraft. Glaubt auch an baldigen Krieg. Bemerkt am Schluß seiner Rede, er begreife nicht, daß die Soldaten (auch Söhne desselben Vaterlands) beim allgemeinen Fortschritt nicht mit fortgeschritten sein sollten. (Bravo rechts, links und Gallerie Zischen.) Hagen bringt eine Petition gleich der oben erwähnten von Bruchsal. Er will keine Vermehrung des stehenden Heeres: 1. weil kein Krieg in Aussicht; 2. weil die Volkslasten dadurch vermehrt; 3. weil eine Verminderung des Heeres und statt dessen Volksbewaffnung zugesagt sei; 4. weil diese Vermehrung ein Hülfsmittel der Reaktion. ‒ (rechts oh !) Der Redner bittet die Versammlung dringend, sie sollen doch nur an das Bestehen der Reaktion glauben. (Rechts wo ? Links ja!) Radowitz vertheidigt in guter Rede mit den alten guten Gründen, den Ausschußantrag um Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Das stehende Heer sei eine Kriegsschule für das ganze Volk. Anlangend Frankreich, jeder Franzos glaube, daß der Rhein seine natürliche Gränze sei. (Rechts ja! Links nein!) Louis Philippe würde noch regieren, wenn er das Rheinland genommen hätte. Lamartine selbst wäre in Bezug des Friedens nicht ganz zu trauen. ‒ Man könne versuchen, die sociale Frage durch einen Krieg zu lösen. Vischer (Tübingen) will eine ernstlich organisirte Volksbewaffnung, keine Vermehrung des stehenden Heeres. (Der Fürst Lychnowski hat sich vorn dem Redner gegenüber gesetzt, und gähnt erschrecklich. Dergleichen Ungezogenheiten sind überhaupt seine Lieblingsbeschäftigung.) Der Redner verwirft das Prinzip des stehenden Heeres, obschon er dem Heere die nöthige Achtung zollt. v. Stavenhagen (Berlin) Oberst, spricht in lautem Kommandotone über die Dringlichkeit der Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Zum Schluß sagt der Redner zur Linken gewendet: es giebt Männer in Deutschland, die lieber bei ihren Phantasien beharren, als das Vaterland vor äußern Gefahren beschützen wollen (Viel Gezisch links und Gallerie! Rechts Bravo!) Leue: gegen die Vermehrung des stehenden Heeres. Er sieht keine genügende Ursache zum Krieg für Deutschland noch für andre Länder zum Angriff auf Deutschland. ‒ Erinnert an die Proklamation Lamartines, den Edelmuth und die ehrenhafte Gesinnung der Franzosen. Nur wenn man die Freiheit freier Völker antasten, oder im Krieg gegen unterdrückte Völker Hülfe bieten würde, wolle Frankreich den Krieg. Die Armirung der Rheinfestungen hingegen billigt Leue. Rußland habe Grund zum Krieg wegen der Nachbarschaft eines freien Staates. Doch könne Nikolaus den Krieg nicht wollen, denn selbst wenn er siegt, werden ja seine Russen von der Freiheit der Besiegten angesteckt. Endlich möchten am Ende die Regierungen bei so großen stehenden Heeren und der natürlichen Kriegslust der Soldaten versuchen, durch einen äußeren Krieg das heiße Blut abzukühlen. Zuletzt erinnert er an den Kostenpunkt. (Bravo!) Folgt Lychnowsky mit einer koulissenreißerischen Rede, über russische und französische Kriegsgefahr. Er verlangt Vermehrung des Heeres unter furchtbarem Bravo der Rechten. Beim Abtritt drückt ihm v. Vinke tief gerührt die Hand. Endlich wird mit namentlicher Abstimmung beschlossen: „den Bericht des Ausschusses vom 1. Juli und des Zusatzes vom 7. Juli der provisorischen Centralgewalt zu überweisen und diese zu ermächtigen, die in diesem Berichte und Zusatze beantragte Vermehrung der deutschen Streitmacht nach dem Prozentsatze von 2 pCt. der jetzigen Bevölkerung in Ausführung zu bringen. Frankfurt, 15. Juli. Die so eben ausgegebene Nr. 41 des „Regierungsblattes für das Königreich Würtemberg“ enthält ein unmittelbares königliches Dekret, das Verbot des demokratischen Vereins in Stuttgart betreffend. (Frkf. O. P. A. Z.)* Mainz, 14. Juli. Heute Morgen wurde hier mit großem Kraftaufwand der Zahnarzt Gallette verhaftet, aus keinem geringeren Grund, als wegen eines, am Abend vorher „der Republik und den Pariser Insurgenten“ ausgebrachten Lebehochs. Wenn die Pariser Insurgenten gesiegt hätten, würden die Mainzer Behörden vielleicht selbst in den Fall gekommen sein, ihnen Lebehoch zuzurufen. ‒ Die Diktatur des General Hüser erweis't sich auch für die Umgegend höchst vortheilhaft. In der Nacht vom 11. auf den 12. war Kastel (Mainz gegenüber) Feuer ausgebrochen; aber die aus Mainz und den Dörfern herbeieilenden Spritzen wurden an der Brücke zurückgehalten, bis sie von dem Festungsgouvernement Erlaubniß geholt! ‒ In Alzei sollen Ruhestörungen ausgebrochen und in Oberingelheim die Verfassungsurkunde verbrannt worden sein. Wiesbaden, 14. Juli. Der Aufruhr in den bassenheimschen Dörfern ist von Neuem und heftiger ausgebrochen. Die Bewohner von Schmitten haben in den Wäldern des Grafen 500 Baumstämme abgehauen, weil sie seit 7 Wochen vergeblich auf Antwort vom Grafen warten. Die Arnoldsheimer, Seelenberger und Reifenberger stehen im Begriff, das Verfahren der Schmitter nachzuahmen. Wie den Gemeinden, so gibt auch der edle Graf der nassauischen Regierung auf alle Requisitionen gar keine Antwort. Jetzt ist man genöthigt, Militär in die armen ausgehungerten Ortschaften zu schicken und auf wessen Kosten? * München, 14. Juli. Gestern Abend fand hier wieder ein Bierkrawall statt, wobei Gensd'armen und Linienmilitär von ihren Waffen Gebrauch machten und von der Menge dafür mit einem Hagel von Steinen belohnt wurden. Auf beiden Seiten sind zahlreiche Verwundungen vorgefallen. Braunschweig, 11. Juli. Durch den Brief eines schwedischen Staatsmannes an einen hiesigen hochgestellten Beamten hat man hier die Bestätigung der Angaben erhalten, welche in Lübecker und dänischen Blättern über die Waffenstillstandsbedingungen gemacht worden sind. Zu den bekannten gesellt sich noch die, daß der von Dänemark, Deutschland und England einzusetzenden neuen provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, so wie der jetzt zu berufenden konstituirenden Versammlung untersagt wird, irgendwelche Veränderungen in der Gesetzgebung zu machen, also namentlich zu konstituiren. Wahr ist auch, daß nicht nur die Bundes- und preußischen Truppen Schleswig-Holstein verlassen sollen, sondern auch, daß die schleswig-holsteinischen Truppen entlassen und während des Waffenstillstandes keine neuen gebildet werden sollen. Schleswig-Holstein ist der einzige deutsche Staat, welcher in direkter Empörung sich gegen seinen Fürsten erhoben hat. Die heranschwellende Reaktion hat alles Interesse, an diesem Staate ein Exempel zu statuiren. Dazu kommt aber noch, daß jetzt Preußen seiner Truppen bedarf, nicht etwa an der Weichsel, sondern an der Spree. Wohlan, möge es sein; aber die Schleswig-Holsteiner werden sich nicht unterwerfen! Dazu bedarf es aber einer Armee und die holsteinische ist halb so stark als die dänische. Nach den Berichten der Zeitungen erklärte die provisorische Regierung den Ständen, daß vor einem Monate für die auszuhebenden Truppen von Preußen Offiziere und Unteroffiziere versprochen seien. Dieselben sind noch nicht angekommen. Aber, wird man sagen, die provisorische Regierung wird in der Zwischenzeit der drei Monate rüsten können. Nein! Erstens soll sie abtreten; zweitens soll die neue provisorische Regierung keine neuen Truppen bilden, die alten aber entlassen. Es wird also den Schleswig-Holsteinern versagt sein, was den Dänen erlaubt ist, sich zu einem neuen Kriege zu rüsten. Dies Exempel, wie in Deutschland Einsetzungen provisorischer Regierungen behandelt werden, wird der Nachachtung nicht verfehlen. Diese hier gegebene Auffassung über die Motive der sonderbaren Waffenstillstandsbedingungen ist vielleicht in diesem Augenblicke vereinzelt, sie wird bald allgemein werden, sie wird wohl jedes Zweifels entbehren, wenn mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß ein preußischer Staatsmann erklärt, daß eine Bedingung des Waffenstillstandes, daß in den drei Monaten keine neuen Gesetze gegeben werden können, ihren Ursprung in der Furcht vor ultraliberalen Maßregeln habe, und dies festzustellen werden wir bald im Stande sein. (Brem. Z.)Apenrade, 13. Juli. Von hier aus ist in Folge der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Adresse nach Rendsburg abgesandt worden: „An die hohe provisorische Regierung von Schleswig-Holstein. Das von den Zeitungen mit immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Bewohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbitterung erfüllt. In der Voraussetzung, daß jenes Gerücht begründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provisorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige, die ihr Mandat von der schleswig-holsteinischen Volksvertretung erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen Aufruf an Schleswig-Holstein und Deutschland sich gegen den Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade, den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst (folgen die Unterschriften.)“ (Schl.-H. Ztg.)Prag, 12. Juli. Folgende Bemerkungen eines Augenzeugen des in Prag aufgeführten und noch nicht ausgespielten Drama's, dürften einiges Licht über die jetzigen Zustände der böhmischen Hauptstadt verbreiten. Vor dem Ausbruche des Blutbades zu Prag, war eine Deputation von Bürgern und Kaufleuten bei Windischgrätz, um ihn zu bitten, das Kommando nicht niederzulegen, und ihm ihre Anerkennung für sein strenges Walten zu zollen. Eine zweite Deputation, bestehend aus Studenten und ebenfalls Bürgern und Kaufleuten, bat Windischgrätz, seine kriegerischen Maßregeln einzustellen, um die verschiedenen Gerüchte und die Aufregung im Volke zu beseitigen. Windischgrätz folgte der ersten Deputation, die aus seinen Schranzen bestand, und zwei Tage darauf donnerten die Kanonen, und die Brandfackel leuchtete zur ‒ Ordnung. Die erst bezeichnete Deputation sammt den gleich ruhig gesinnten Nationalgarden und Bürgern, schloß sich beim Ausbruch der Revolution herzinniglich dem Militär an und versah den Schergendienst, indem sie jeden Studenten, dessen sie habhaft werden konnte, mit auf den Rücken gebundenen Händen unter Hohngelächter dem Militär auslieferten, wo diese Opfer der Feigheit und Verrätherei schändlich mißhandelt, und sogar einige zu Tode gemartert wurden. Prag wurde ein stilles, lebendiges Grab, und die Freunde Windischgrätz's blieben consequent, weil sie es wußten; die liberale Partei, die Barrikadenkämpfer und die Arbeiter ließen ihren Haß gegen diese Herren in Wort und Miene durchblicken, und die Gänsehaut dieser Maulhelden schauert vor der Zukunft, wo die Preß- und Redefreiheit, befreit von dem tödtenden Einfluß der Bajonette, ihre Speichelleckereien und ihr Zopfthum an den Pranger der Oeffentlichkeit stellen wird, und bietet nun alle Mittel auf, sich dagegen zu verwahren. Die Verhaftungen dauern fort, und die Finsterlinge schmieden das Eisen, weil es glüht. ‒ Aber nicht nur, um consequent zu bleiben, nicht nur, um ihre seichte Ehre zu retten, sind die ehrenwerthen Herren Bürger und Consorten gegen das Recht und die Wahrheit wie ein Mann aufgestanden es war zugleich die Liebe zu sich selbst, die sie dazu gezwungen. Die erwähnten Herren gehören sämmtlich zur Prager Geldaristokratie, die noch immer den Proletarier als Canaille und Giftspinne betrachtet, es sind Fabrikanten, die durch ihren Starrsinn sich bereits vor längerer Zeit den Haß der Drucker erworben, Kaufleute, die dem Drange der Zeit keine Opfer bringen wollen, und Bürger, die in ihrem Hochmuth den Armen von jeher in den Staub getreten. ‒ Die Canaille knirscht jetzt mit den Zähnen, und die Goldsäcke ersterben in Demuth zu den Füßen des Despoten, der sie seines Schutzes versichert. Es ist die Pflicht des Sicherheitsausschusses sich der Sache Prags mit um so mehr Energie zu bemächtigen, als ihm Hindernisse in den Weg gesetzt werden. Doch ist dies eine schwere Aufgabe; wenn sich der Sicherheitsausschuß, wie er es muß, bei der Untersuchungskommission betheiligt, so wird er in Prag von den Bewunderern Windischgrätz's empfangen, es wird von dieser Partei Alles aufgeboten werden ihn hinter's Licht zu führen. Um diese Hindernisse zu beseitigen, um trotz aller Lügen und Entstellungen der Sache auf den Grund zu kommen, muß es sich die Kommission zur strengsten Aufgabe machen, von Windischgrätz und Thun über die vermeintliche Verschwörung, welche ein selbstständiges böhmisches Königreich (wofür Krone und Würden bereits vertheilt sein sollen) zur Basis hatte, beweisführende Belege zu verlangen, die Zahl der Gefangenen, die sehr bedeutend sein soll, genau zu ermitteln, und auch diese über das Geschehene, ohne Beisein der Richter zu befragen; die gegenseitigen unvorbereiteten Aufschlüsse dürften allein die Mysterien des Schlosses zu Prag, wenn auch nur theilweise, erhellen. (A. Oestr. Z.)Prag, 12. Juli. Bei Hawljcek's Verhaftung hat ein gewaltiger Formfehler Statt gefunden. Unser Bürgermeister hat bekanntlich durch öffentlichen Anschlag kundgegeben, daß er Hawljcek's Verhaftung erst 10 Stunden nach der Vollziehung derselben erfuhr. Nun erklärt der Bruder des Verhafteten in den Národni nowiny, daß auf dem Haftbefehle ausdrücklich stand, die Verhaftung geschehe im Einverständniß mit dem Bürgermeister. Da diese aber nicht eingeholt wurde, so ist die Verhaftung rechtlich ungiltig. Und dennoch verlautet über seine Entlassung kein Wort. Möglich, daß die Petitionen der Wähler Hawljcek's an den Reichstag einen kräftigeren Erfolg haben werden, als die Proteste der Prager Presse. 250,000 Menschen bleiben durch Hawljcek's Haft ohne Vertretung. In 5 Wahlbezirken erhielt er die Majorität; so lange er sich jedoch nicht auf freiem Fuße befindet, kann er sich für keinen entscheiden, und ihn von der Wählbarkeit völlig auszuschließen, wird den Behörden nicht gelingen, weil seine Schuld nach der officiellen Erklärung in einem bloßen erst zu beweisenden Preßvergehen und in keinem infamirenden Verbrechen besteht. ‒ Den Nachrichten aus Wien sieht man mit großer Spannung entgegen, da der Ministerwechsel auch in unseren Zuständen tief eingreifende Veränderungen hervorrufen dürfte, besonders weckt die Beschlagnahme der Papiere Pillersdorff's vielfache Vermuthungen, und selbst auf den Sicherheitsausschuß sind Viele besser zu sprechen, seitdem er in der Wahrung der Volksrechte nicht blos in der Hauptstadt mit größerem Ernste vorgeht. * Wien, 12. Juli. In der heutigen vorbereitenden (dritten Sitzung des konstituirenden Reichstages wurde die Verhandlung über eine provisorische Geschäftsordnung fortgesetzt. Die Frage, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0002" n="0238"/> <div xml:id="ar048_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 15. Juli.</head> <p>Nach einem eben bekannt gewordenen Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Branntwein- und Runkelrübenzuckersteuer soll vom 1. Sept. c. an die Steuer für Rübenzucker 2 Thlr. für den Centner Zoll betragen, für Branntwein vom 1. Okt. d. J. 3 Sgr. für jede 20 Quart Rauminhalt, und von landwirthschaftlichen Brennereien statt wie bisher 1 Sgr. 8 Pf., fortan 2 Sgr. 6 Pfennige.</p> </div> <div xml:id="ar048_007" type="jArticle"> <head>Königsberg, 11. Juli.</head> <p>Auf ein heute früh eingegangenes Schreiben des Ministerpräsidenten ist Herr Professor Dr. Rosenkranz heute Abend um halb 9 Uhr nach Berlin abgereist.</p> </div> <div xml:id="ar048_008" type="jArticle"> <head>Stettin, 14. Juli.</head> <p>An unserer heutigen Börse lag die Kopie eines von dem Berliner Abgeordneten, Herrn Fretzdorff, eingegangenen Schreibens auf, wonach, offizieller Mittheilung zufolge, General Wrangel erklärt hat, in Bezug auf Vollstreckung des Waffenstillstandes nur nach Instruktionen von Frankfurt, von wo er sein Mandat erhalten, gehen zu können, und worin ferner bemerkt wird, daß die Ratifikation des Waffenstillstandes nunmehr von dem neuen Reichsverweser abhängig sei und darin leicht eine neue Verzögerung von einigen Wochen eintreten könne.</p> <bibl>(Osts. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar048_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt.</head> <p><hi rendition="#g">Sitzung der deutschen National-Versammlung vom 15. Juli.</hi> Präsident <hi rendition="#g">Gagern</hi> eröffnet die Sitzung um 1/2 10 Uhr durch Verlesung des Protokolls der gestrigen Sitzung, welches nach unbedeutenden Reklamationen <hi rendition="#g">Vinke's</hi> genehmigt wird. ‒ Vicepräsident <hi rendition="#g">Soiron</hi> weist <hi rendition="#g">von Vinke's</hi> Reklamation (unter dem Zuruf: <hi rendition="#g">Sehr recht!)</hi> zurück. <hi rendition="#g">Vinke</hi> beruhigt sich nicht und verlangt, daß seine Reklamation (welche sich lediglich auf eine Verweigerung des Worts nach dem Schluß der gestrigen Debatte beschränkt) zu Protokoll genommen wird, was geschieht.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Gagern</hi> theilt die Proklamation des Reichsverwesers mit; sowie des Erzherzogs, durch sein den Wienern gegebenes Versprechen, nöthig gewordene heutige Rückreise nach Wien. Er habe aber versprochen, bald nach Frankfurt zurückzukehren. ‒ Folgt die Verlesung der gestern von Johann creirten deutschen Minister!</p> <p rendition="#et"><hi rendition="#g">von Schmerling</hi> Inneres und Aeußeres. <hi rendition="#g">Heckscher</hi> Justiz. <hi rendition="#g">von Peucker</hi> (preuß. General-Major) Krieg.</p> <p>Die Namen der deutschen verantwortlichen Minister werden von der National-Versammlung mit <hi rendition="#g">tiefer</hi> Stille hingenommen, nur bei Lesung obenerwähnter Proklamation ertönt ein offizielles Bravo!</p> <p>Hierauf wiederholt <hi rendition="#g">Heckscher</hi> (der Minister der Justiz) die Nothwendigkeit der Rückreise des Erzherzogs nach Wien zur Eröffnung der österreichischen Reichsversammlung, und zeigt der National-Versammlung an, daß er den Reichsverweser begleiten, aber unverweilt zurückkehren werde.</p> <p>Minister <hi rendition="#g">von Schmerling:</hi> „Niemand verkennt, welche unendlichen Anforderungen wir übernommen. Wir haben dies vollständig empfunden. Wir machen uns durchaus keine Illusion. Die Pflicht eines jeden deutschen Bürgers ist Muth, Aufopferung und Bereitwilligkeit, wenn das Vaterland es erheischt. Ja hohen Muthes bedarf es. Aber gerade dies hat uns bewogen, unser Amt anzunehmen. Wir wollen dem deutschen Volke mit Bereitwilligkeit die vollste Freiheit gewähren. ‒ Vor allen Dingen aber muß Deutschland <hi rendition="#g">regiert</hi> werden. Es muß <hi rendition="#g">Ruhe</hi> und <hi rendition="#g">Frieden</hi> werden, das ist die erste heiligste Pflicht.</p> <p><hi rendition="#g">Heckscher:</hi> Wir werden nicht zugeben, daß die Ruhe Deutschlands und dessen Unabhängigkeit von <hi rendition="#g">außen</hi> irgendwie gefährdet werde.</p> <p><hi rendition="#g">Widenmann</hi> (Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses) theilt viele Petitionen (aus Mannheim, von Bruchsal, Frankfurt a. M., Constanz, Mülheim, dem Odenwald etc.) mit. Alle betreffen <hi rendition="#g">Amnestirung</hi> politischer Gefangenen, zumal der badischen Republikaner, besonders Heckers und Peters. ‒ Der Berichterstatter meint: „die Nat-Vers. könne sich betreffs der Amnestirungen <hi rendition="#g">nicht</hi> in die Rechte der einzelnen Regierungen mischen; weil die Berichte bezüglich dieser Amnestirungen keineswegs spezifizirt sind.</p> <p>Die Badener Republikaner hätten nicht bezweckt den alten Polizeistaat zu stürzen, sondern den neuen aus der <hi rendition="#g">Freiheit</hi> hervorgegangenen. Es wäre ferner bedenklich, jetzt schon, wo noch überall Anarchie herrscht, zur Amnestie aufzufordern. ‒ Auch wären ja diese Petitionen nur Fürbitten. Die Gesinnung der Verbrecher selbst würde wohl dieselbe sein, und möchten diese vielleicht nicht einmal von der Gnade etwas wissen wollen! Man wolle also zur Tagesordnung übergehn. (Bravo <hi rendition="#g">rechts,</hi> Zischen links und von der linken Galerie.</p> <p><hi rendition="#g">Moritz Mohl</hi> (sehr unverständlich bei wenig Aufmerksamkeit der Vers.) erstattet Bericht über die Ulmer Dampf-Schiffahrts-Störungs-Angelegenheit.</p> <p>Man schreit: „Wir kennen Ihren Bericht auswendig!“</p> <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> ermahnt zur <hi rendition="#g">Geduld,</hi> der ersten parlamentarischen Tugend.</p> <p><hi rendition="#g">Haßler</hi> (aus Ulm) spricht über denselben Gegenstand: „Wenn die Versammlung meinem Antrage entspricht, verspreche ich dieselbe mit langen Reden zu verschonen. Ich habe berechnet, daß jedes hier gesprochene Wort 35 Kreuzer netto kostet.</p> <p><hi rendition="#g">Weiz</hi> über dieselbe Angelegenheit.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> Erachtet die Nationalversammlung die Ulmer Angelegenheit für dringlich? Antw.: <hi rendition="#g">Nein!</hi></p> <p>Endlich zur <hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi></p> <p>Dieselbe bringt zuvörderst die Abstimmung über den Bericht des Ausschusses der <hi rendition="#g">Wehrverfassung.</hi></p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> hält die Verhandlung hierüber für geschlossen.</p> <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> (Gießen) will die Diskussion über diesen Gegenstand wieder aufnehmen, und zwar: 1) weil neue Motive hinzugekommen; 2) wolle der Ausschuß einen neuen Antrag bringen; 3) haben wir jetzt einen verantwortlichen Kriegsminister.</p> <p><hi rendition="#g">Lichnowsky</hi> spricht in demselben Sinne.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> will wegen Abwesenheit des Kriegsministers die Debatte vertagen.</p> <p>Die <hi rendition="#g">Versammlung</hi> will die Fortsetzung.</p> <p><hi rendition="#g">Rob. Blum</hi> will in Abwesenheit des Kriegsministers nichts vornehmen.</p> <p><hi rendition="#g">v. Vincke</hi> desgleichen.</p> <p><hi rendition="#g">v. Auerswald</hi> (Berichterstatter) will auch Fortsetzung; der Kriegsminister werde kommen. Am 5. Juli schon sei die Dringlichkeit dieser Sache anerkannt, heute den 15. ist sie wieder nicht dringlich.</p> <p><hi rendition="#g">Wartensleben:</hi> Es muß weiter debattirt werden.</p> <p><hi rendition="#g">Fischer</hi> ebenfalls für Fortsetzung der Debatte.</p> <p><hi rendition="#g">Nauwerk</hi> (unverständlich) desgleichen.</p> <p><hi rendition="#g">Bassermann:</hi> Der Kriegsminister nimmt nur Abschied vom Reichsverweser.</p> <p><hi rendition="#g">Eisenmann:</hi> Auch wenn der Kriegsminister abwesend, müssen wir fortfahren.</p> <p><hi rendition="#g">Abstimmung,</hi> ob die Debatte fortgesetzt oder vertagt werden soll?</p> <p><hi rendition="#g">Resultat:</hi> Fortsetzung der Debatte.</p> <p>Wird verlesen eine Petition der Bewohner Bruchsals wegen Nichtvermehrung des stehenden Heeres. Rußland werde mit Preußen in Frieden bleiben. Von Frankreich wäre noch weniger ein Krieg zu fürchten. Protest gegen die Vermehrung des stehenden Heeres (Gallerie Bravo! rechts Zischen). Die Petition erinnert schließlich an die schon hinlänglichen Brutalitäten der Soldateska, die man nicht zu vermehren brauche. (Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Vogt:</hi> Man solle den Kriegsminister holen lassen.</p> <p><hi rendition="#g">Lychnowsky:</hi> Das ist schon besorgt (Man lacht).</p> <p><hi rendition="#g">Vogts</hi> Vorschlag wird acceptirt, der Kriegsminister soll herbeigeschafft werden. Die Versammlung will ihren Minister.</p> <p>v. <hi rendition="#g">Auerswald</hi> (Berichterstatter) spricht nun über die Nothwendigkeit der Vermehrung der deutschen Truppenmacht. Kosten und alle andern Einwände seien von keiner Bedeutung. Der <hi rendition="#g">Einwand,</hi> es sei den Regierungen durch vermehrte Wehrkraft ein Mittel mehr zur <hi rendition="#g">Reaktion</hi> in die Hände gegeben, sei auch nichtig. Er bezweifelt Rußlands friedliche Absichten Wie Friedrich der Große sagte, „wenn ich in Frankreich König wäre, dürfte in Europa kein Kanonenschuß fallen, ohne mein Wollen“, so müsse kein Kanonenschuß in Europa fallen, ohne Deutschlands Willen, wenn dies <hi rendition="#g">ein</hi> Reich wäre.</p> <p>Herrn v. Auerswald entfährt im Laufe seiner Rede das Wort <hi rendition="#g">Volkssouveränetät.</hi> Er erschrickt darüber, Linke und Gallerien brechen in schallendes Gelächter und Bravo aus.</p> <p><hi rendition="#g">Gagern:</hi> Der Kriegsminister ist nicht aufzufinden (Lachen). Zwiespalt ob fortfahren oder nicht?</p> <p><hi rendition="#g">Römer:</hi> Man soll nur fortfahren, der Kriegsminister mag sich aus den stenogr. Berichten instruiren, das ist seine Sache und seine Schuld.</p> <p><hi rendition="#g">Reh</hi> (Darmstadt) spricht für Verstärkung der Wehrkraft. Glaubt auch an baldigen Krieg. Bemerkt am Schluß seiner Rede, er begreife nicht, daß die Soldaten (auch Söhne desselben Vaterlands) beim allgemeinen Fortschritt nicht mit fortgeschritten sein sollten. (Bravo rechts, links und Gallerie Zischen.)</p> <p><hi rendition="#g">Hagen</hi> bringt eine Petition gleich der oben erwähnten von Bruchsal. Er will keine Vermehrung des stehenden Heeres: 1. weil kein Krieg in Aussicht; 2. weil die Volkslasten dadurch vermehrt; 3. weil eine Verminderung des Heeres und statt dessen <hi rendition="#g">Volks</hi>bewaffnung zugesagt sei; 4. weil diese Vermehrung ein Hülfsmittel der Reaktion. ‒ (rechts oh !)</p> <p>Der Redner bittet die Versammlung dringend, sie sollen doch nur an das Bestehen der Reaktion glauben. (Rechts wo ? Links ja!)</p> <p><hi rendition="#g">Radowitz</hi> vertheidigt in guter Rede mit den alten guten Gründen, den Ausschußantrag um Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Das stehende Heer sei eine Kriegsschule für das ganze Volk. Anlangend Frankreich, jeder Franzos glaube, daß der Rhein seine natürliche Gränze sei. (Rechts ja! Links nein!) Louis Philippe würde noch regieren, wenn er das Rheinland genommen hätte. Lamartine selbst wäre in Bezug des Friedens nicht ganz zu trauen.</p> <p>‒ Man könne versuchen, die sociale Frage durch einen Krieg zu lösen.</p> <p><hi rendition="#g">Vischer</hi> (Tübingen) will eine ernstlich organisirte Volksbewaffnung, keine Vermehrung des stehenden Heeres. (Der Fürst Lychnowski hat sich vorn dem Redner gegenüber gesetzt, und gähnt erschrecklich. Dergleichen Ungezogenheiten sind überhaupt seine Lieblingsbeschäftigung.) Der Redner verwirft das Prinzip des stehenden Heeres, obschon er dem Heere die nöthige Achtung zollt.</p> <p><hi rendition="#g">v. Stavenhagen</hi> (Berlin) Oberst, spricht in lautem Kommandotone über die Dringlichkeit der Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Zum Schluß sagt der Redner zur Linken gewendet: es giebt Männer in Deutschland, die lieber bei ihren Phantasien beharren, als das Vaterland vor äußern Gefahren beschützen wollen (Viel Gezisch links und Gallerie! Rechts Bravo!)</p> <p><hi rendition="#g">Leue:</hi> gegen die Vermehrung des stehenden Heeres. Er sieht keine genügende Ursache zum Krieg für Deutschland noch für andre Länder zum Angriff auf Deutschland. ‒ Erinnert an die Proklamation Lamartines, den Edelmuth und die ehrenhafte Gesinnung der Franzosen. Nur wenn man die Freiheit freier Völker antasten, oder im Krieg gegen unterdrückte Völker Hülfe bieten würde, wolle Frankreich den Krieg. Die Armirung der Rheinfestungen hingegen billigt Leue. Rußland habe Grund zum Krieg wegen der Nachbarschaft eines freien Staates. Doch könne Nikolaus den Krieg nicht wollen, denn selbst wenn er <hi rendition="#g">siegt,</hi> werden ja seine Russen von der Freiheit der Besiegten angesteckt. Endlich möchten am Ende die Regierungen bei so großen stehenden Heeren und der natürlichen Kriegslust der Soldaten versuchen, durch einen äußeren Krieg das heiße Blut abzukühlen. Zuletzt erinnert er an den Kostenpunkt. (Bravo!)</p> <p>Folgt <hi rendition="#g">Lychnowsky</hi> mit einer koulissenreißerischen Rede, über russische und französische Kriegsgefahr. Er verlangt Vermehrung des Heeres unter furchtbarem Bravo der Rechten. Beim Abtritt drückt ihm v. Vinke tief gerührt die Hand.</p> <p>Endlich wird mit namentlicher Abstimmung beschlossen: „den Bericht des Ausschusses vom 1. Juli und des Zusatzes vom 7. Juli der provisorischen Centralgewalt zu überweisen und diese zu ermächtigen, die in diesem Berichte und Zusatze beantragte Vermehrung der deutschen Streitmacht nach dem Prozentsatze von 2 pCt. der jetzigen Bevölkerung in Ausführung zu bringen.</p> </div> <div xml:id="ar048_010" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 15. Juli.</head> <p>Die so eben ausgegebene Nr. 41 des „Regierungsblattes für das Königreich Würtemberg“ enthält ein unmittelbares königliches Dekret, das Verbot des demokratischen Vereins in Stuttgart betreffend.</p> <bibl>(Frkf. O. P. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar048_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Mainz, 14. Juli.</head> <p>Heute Morgen wurde hier mit großem Kraftaufwand der Zahnarzt Gallette verhaftet, aus keinem geringeren Grund, als wegen eines, am Abend vorher „der Republik und den Pariser Insurgenten“ ausgebrachten Lebehochs. Wenn die Pariser Insurgenten gesiegt hätten, würden die Mainzer Behörden vielleicht selbst in den Fall gekommen sein, ihnen Lebehoch zuzurufen. ‒ Die Diktatur des General Hüser erweis't sich auch für die Umgegend höchst vortheilhaft. In der Nacht vom 11. auf den 12. war Kastel (Mainz gegenüber) Feuer ausgebrochen; aber die aus Mainz und den Dörfern herbeieilenden Spritzen wurden an der Brücke zurückgehalten, bis sie von dem Festungsgouvernement Erlaubniß geholt! ‒ In Alzei sollen Ruhestörungen ausgebrochen und in Oberingelheim die Verfassungsurkunde verbrannt worden sein.</p> </div> <div xml:id="ar048_012" type="jArticle"> <head>Wiesbaden, 14. Juli.</head> <p>Der Aufruhr in den bassenheimschen Dörfern ist von Neuem und heftiger ausgebrochen. Die Bewohner von Schmitten haben in den Wäldern des Grafen 500 Baumstämme abgehauen, weil sie seit 7 Wochen vergeblich auf Antwort vom Grafen warten. Die Arnoldsheimer, Seelenberger und Reifenberger stehen im Begriff, das Verfahren der Schmitter nachzuahmen. Wie den Gemeinden, so gibt auch der edle Graf der nassauischen Regierung auf alle Requisitionen gar keine Antwort. Jetzt ist man genöthigt, Militär in die armen ausgehungerten Ortschaften zu schicken und auf wessen Kosten?</p> </div> <div xml:id="ar048_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> München, 14. Juli.</head> <p>Gestern Abend fand hier wieder ein Bierkrawall statt, wobei Gensd'armen und Linienmilitär von ihren Waffen Gebrauch machten und von der Menge dafür mit einem Hagel von Steinen belohnt wurden. Auf beiden Seiten sind zahlreiche Verwundungen vorgefallen.</p> </div> <div xml:id="ar048_014" type="jArticle"> <head>Braunschweig, 11. Juli.</head> <p>Durch den Brief eines schwedischen Staatsmannes an einen hiesigen hochgestellten Beamten hat man hier die Bestätigung der Angaben erhalten, welche in Lübecker und dänischen Blättern über die Waffenstillstandsbedingungen gemacht worden sind. Zu den bekannten gesellt sich noch die, daß der von Dänemark, Deutschland und England einzusetzenden neuen provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, so wie der jetzt zu berufenden konstituirenden Versammlung untersagt wird, irgendwelche Veränderungen in der Gesetzgebung zu machen, also namentlich zu konstituiren. Wahr ist auch, daß nicht nur die Bundes- und preußischen Truppen Schleswig-Holstein verlassen sollen, sondern auch, daß die schleswig-holsteinischen Truppen entlassen und während des Waffenstillstandes keine neuen gebildet werden sollen.</p> <p>Schleswig-Holstein ist der einzige deutsche Staat, welcher in direkter Empörung sich gegen seinen Fürsten erhoben hat. Die heranschwellende Reaktion hat alles Interesse, an diesem Staate ein Exempel zu statuiren. Dazu kommt aber noch, daß jetzt Preußen seiner Truppen bedarf, nicht etwa an der Weichsel, sondern an der Spree. Wohlan, möge es sein; aber die Schleswig-Holsteiner werden sich nicht unterwerfen! Dazu bedarf es aber einer Armee und die holsteinische ist halb so stark als die dänische. Nach den Berichten der Zeitungen erklärte die provisorische Regierung den Ständen, daß vor einem Monate für die auszuhebenden Truppen von Preußen Offiziere und Unteroffiziere versprochen seien. Dieselben sind noch nicht angekommen. Aber, wird man sagen, die provisorische Regierung wird in der Zwischenzeit der drei Monate rüsten können. Nein! Erstens soll sie abtreten; zweitens soll die neue provisorische Regierung keine neuen Truppen bilden, die alten aber entlassen. Es wird also den Schleswig-Holsteinern versagt sein, was den Dänen erlaubt ist, sich zu einem neuen Kriege zu rüsten. Dies Exempel, wie in Deutschland Einsetzungen provisorischer Regierungen behandelt werden, wird der Nachachtung nicht verfehlen. Diese hier gegebene Auffassung über die Motive der sonderbaren Waffenstillstandsbedingungen ist vielleicht in diesem Augenblicke vereinzelt, sie wird bald allgemein werden, sie wird wohl jedes Zweifels entbehren, wenn mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß ein preußischer Staatsmann erklärt, daß eine Bedingung des Waffenstillstandes, daß in den drei Monaten keine neuen Gesetze gegeben werden können, ihren Ursprung in der Furcht vor ultraliberalen Maßregeln habe, und dies festzustellen werden wir bald im Stande sein.</p> <bibl>(Brem. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar048_015" type="jArticle"> <head>Apenrade, 13. Juli.</head> <p>Von hier aus ist in Folge der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Adresse nach Rendsburg abgesandt worden: „An die hohe provisorische Regierung von Schleswig-Holstein. Das von den Zeitungen mit immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Bewohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbitterung erfüllt. In der Voraussetzung, daß jenes Gerücht begründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provisorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige, die ihr Mandat von der schleswig-holsteinischen Volksvertretung erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen Aufruf an Schleswig-Holstein und Deutschland sich gegen den Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade, den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst (folgen die Unterschriften.)“</p> <bibl>(Schl.-H. Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar048_016" type="jArticle"> <head>Prag, 12. Juli.</head> <p>Folgende Bemerkungen eines Augenzeugen des in Prag aufgeführten und noch nicht ausgespielten Drama's, dürften einiges Licht über die jetzigen Zustände der böhmischen Hauptstadt verbreiten.</p> <p>Vor dem Ausbruche des Blutbades zu Prag, war eine Deputation von Bürgern und Kaufleuten bei Windischgrätz, um ihn zu bitten, das Kommando nicht niederzulegen, und ihm ihre Anerkennung für sein strenges Walten zu zollen. Eine zweite Deputation, bestehend aus Studenten und ebenfalls Bürgern und Kaufleuten, bat Windischgrätz, seine kriegerischen Maßregeln einzustellen, um die verschiedenen Gerüchte und die Aufregung im Volke zu beseitigen. Windischgrätz folgte der ersten Deputation, die aus seinen Schranzen bestand, und zwei Tage darauf donnerten die Kanonen, und die Brandfackel leuchtete zur ‒ Ordnung.</p> <p>Die erst bezeichnete Deputation sammt den gleich ruhig gesinnten Nationalgarden und Bürgern, schloß sich beim Ausbruch der Revolution herzinniglich dem Militär an und versah den Schergendienst, indem sie jeden Studenten, dessen sie habhaft werden konnte, mit auf den Rücken gebundenen Händen unter Hohngelächter dem Militär auslieferten, wo diese Opfer der Feigheit und Verrätherei schändlich mißhandelt, und sogar einige zu Tode gemartert wurden.</p> <p>Prag wurde ein stilles, lebendiges Grab, und die Freunde Windischgrätz's blieben consequent, weil sie es wußten; die liberale Partei, die Barrikadenkämpfer und die Arbeiter ließen ihren Haß gegen diese Herren in Wort und Miene durchblicken, und die Gänsehaut dieser Maulhelden schauert vor der Zukunft, wo die Preß- und Redefreiheit, befreit von dem tödtenden Einfluß der Bajonette, ihre Speichelleckereien und ihr Zopfthum an den Pranger der Oeffentlichkeit stellen wird, und bietet nun alle Mittel auf, sich dagegen zu verwahren. Die Verhaftungen dauern fort, und die Finsterlinge schmieden das Eisen, weil es glüht. ‒ Aber nicht nur, um consequent zu bleiben, nicht nur, um ihre seichte Ehre zu retten, sind die ehrenwerthen Herren Bürger und Consorten gegen das Recht und die Wahrheit wie ein Mann aufgestanden es war zugleich die Liebe zu sich selbst, die sie dazu gezwungen. Die erwähnten Herren gehören <hi rendition="#g">sämmtlich zur Prager Geldaristokratie,</hi> die noch immer den Proletarier als Canaille und Giftspinne betrachtet, es sind Fabrikanten, die durch ihren Starrsinn sich bereits vor längerer Zeit den Haß der Drucker erworben, Kaufleute, die dem Drange der Zeit keine Opfer bringen wollen, und Bürger, die in ihrem Hochmuth den Armen von jeher in den Staub getreten. ‒ Die Canaille knirscht jetzt mit den Zähnen, und die Goldsäcke ersterben in Demuth zu den Füßen des Despoten, der sie seines Schutzes versichert.</p> <p>Es ist die Pflicht des Sicherheitsausschusses sich der Sache Prags mit um so mehr Energie zu bemächtigen, als ihm Hindernisse in den Weg gesetzt werden. Doch ist dies eine schwere Aufgabe; wenn sich der Sicherheitsausschuß, wie er es muß, bei der Untersuchungskommission betheiligt, so wird er in Prag von den Bewunderern Windischgrätz's empfangen, es wird von dieser Partei Alles aufgeboten werden ihn hinter's Licht zu führen. Um diese Hindernisse zu beseitigen, um trotz aller Lügen und Entstellungen der Sache auf den Grund zu kommen, muß es sich die Kommission zur strengsten Aufgabe machen, von Windischgrätz und Thun über die vermeintliche Verschwörung, welche ein selbstständiges böhmisches Königreich (wofür Krone und Würden bereits vertheilt sein sollen) zur Basis hatte, beweisführende Belege zu verlangen, die Zahl der Gefangenen, die sehr bedeutend sein soll, genau zu ermitteln, und auch diese über das Geschehene, ohne Beisein der Richter zu befragen; die gegenseitigen unvorbereiteten Aufschlüsse dürften allein die Mysterien des Schlosses zu Prag, wenn auch nur theilweise, erhellen.</p> <bibl>(A. Oestr. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar048_017" type="jArticle"> <head>Prag, 12. Juli.</head> <p>Bei Hawljcek's Verhaftung hat ein gewaltiger Formfehler Statt gefunden. Unser Bürgermeister hat bekanntlich durch öffentlichen Anschlag kundgegeben, daß er Hawljcek's Verhaftung erst 10 Stunden nach der Vollziehung derselben erfuhr. Nun erklärt der Bruder des Verhafteten in den Národni nowiny, daß auf dem Haftbefehle ausdrücklich stand, die Verhaftung geschehe im Einverständniß mit dem Bürgermeister. Da diese aber nicht eingeholt wurde, so ist die Verhaftung rechtlich ungiltig. Und dennoch verlautet über seine Entlassung kein Wort. Möglich, daß die Petitionen der Wähler Hawljcek's an den Reichstag einen kräftigeren Erfolg haben werden, als die Proteste der Prager Presse. 250,000 Menschen bleiben durch Hawljcek's Haft ohne Vertretung. In 5 Wahlbezirken erhielt er die Majorität; so lange er sich jedoch nicht auf freiem Fuße befindet, kann er sich für keinen entscheiden, und ihn von der Wählbarkeit völlig auszuschließen, wird den Behörden nicht gelingen, weil seine Schuld nach der officiellen Erklärung in einem bloßen <hi rendition="#g">erst zu beweisenden</hi> Preßvergehen und in keinem infamirenden Verbrechen besteht. ‒ Den Nachrichten aus Wien sieht man mit großer Spannung entgegen, da der Ministerwechsel auch in unseren Zuständen tief eingreifende Veränderungen hervorrufen dürfte, besonders weckt die Beschlagnahme der Papiere Pillersdorff's vielfache Vermuthungen, und selbst auf den Sicherheitsausschuß sind Viele besser zu sprechen, seitdem er in der Wahrung der Volksrechte nicht blos in der Hauptstadt mit größerem Ernste vorgeht.</p> </div> <div xml:id="ar048_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 12. Juli.</head> <p>In der heutigen vorbereitenden (dritten Sitzung des konstituirenden Reichstages wurde die Verhandlung über eine provisorische Geschäftsordnung fortgesetzt. Die Frage, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238/0002]
* Berlin, 15. Juli. Nach einem eben bekannt gewordenen Gesetzentwurf wegen Erhöhung der Branntwein- und Runkelrübenzuckersteuer soll vom 1. Sept. c. an die Steuer für Rübenzucker 2 Thlr. für den Centner Zoll betragen, für Branntwein vom 1. Okt. d. J. 3 Sgr. für jede 20 Quart Rauminhalt, und von landwirthschaftlichen Brennereien statt wie bisher 1 Sgr. 8 Pf., fortan 2 Sgr. 6 Pfennige.
Königsberg, 11. Juli. Auf ein heute früh eingegangenes Schreiben des Ministerpräsidenten ist Herr Professor Dr. Rosenkranz heute Abend um halb 9 Uhr nach Berlin abgereist.
Stettin, 14. Juli. An unserer heutigen Börse lag die Kopie eines von dem Berliner Abgeordneten, Herrn Fretzdorff, eingegangenen Schreibens auf, wonach, offizieller Mittheilung zufolge, General Wrangel erklärt hat, in Bezug auf Vollstreckung des Waffenstillstandes nur nach Instruktionen von Frankfurt, von wo er sein Mandat erhalten, gehen zu können, und worin ferner bemerkt wird, daß die Ratifikation des Waffenstillstandes nunmehr von dem neuen Reichsverweser abhängig sei und darin leicht eine neue Verzögerung von einigen Wochen eintreten könne.
(Osts. Z.) * Frankfurt. Sitzung der deutschen National-Versammlung vom 15. Juli. Präsident Gagern eröffnet die Sitzung um 1/2 10 Uhr durch Verlesung des Protokolls der gestrigen Sitzung, welches nach unbedeutenden Reklamationen Vinke's genehmigt wird. ‒ Vicepräsident Soiron weist von Vinke's Reklamation (unter dem Zuruf: Sehr recht!) zurück. Vinke beruhigt sich nicht und verlangt, daß seine Reklamation (welche sich lediglich auf eine Verweigerung des Worts nach dem Schluß der gestrigen Debatte beschränkt) zu Protokoll genommen wird, was geschieht.
Präsident Gagern theilt die Proklamation des Reichsverwesers mit; sowie des Erzherzogs, durch sein den Wienern gegebenes Versprechen, nöthig gewordene heutige Rückreise nach Wien. Er habe aber versprochen, bald nach Frankfurt zurückzukehren. ‒ Folgt die Verlesung der gestern von Johann creirten deutschen Minister!
von Schmerling Inneres und Aeußeres. Heckscher Justiz. von Peucker (preuß. General-Major) Krieg.
Die Namen der deutschen verantwortlichen Minister werden von der National-Versammlung mit tiefer Stille hingenommen, nur bei Lesung obenerwähnter Proklamation ertönt ein offizielles Bravo!
Hierauf wiederholt Heckscher (der Minister der Justiz) die Nothwendigkeit der Rückreise des Erzherzogs nach Wien zur Eröffnung der österreichischen Reichsversammlung, und zeigt der National-Versammlung an, daß er den Reichsverweser begleiten, aber unverweilt zurückkehren werde.
Minister von Schmerling: „Niemand verkennt, welche unendlichen Anforderungen wir übernommen. Wir haben dies vollständig empfunden. Wir machen uns durchaus keine Illusion. Die Pflicht eines jeden deutschen Bürgers ist Muth, Aufopferung und Bereitwilligkeit, wenn das Vaterland es erheischt. Ja hohen Muthes bedarf es. Aber gerade dies hat uns bewogen, unser Amt anzunehmen. Wir wollen dem deutschen Volke mit Bereitwilligkeit die vollste Freiheit gewähren. ‒ Vor allen Dingen aber muß Deutschland regiert werden. Es muß Ruhe und Frieden werden, das ist die erste heiligste Pflicht.
Heckscher: Wir werden nicht zugeben, daß die Ruhe Deutschlands und dessen Unabhängigkeit von außen irgendwie gefährdet werde.
Widenmann (Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses) theilt viele Petitionen (aus Mannheim, von Bruchsal, Frankfurt a. M., Constanz, Mülheim, dem Odenwald etc.) mit. Alle betreffen Amnestirung politischer Gefangenen, zumal der badischen Republikaner, besonders Heckers und Peters. ‒ Der Berichterstatter meint: „die Nat-Vers. könne sich betreffs der Amnestirungen nicht in die Rechte der einzelnen Regierungen mischen; weil die Berichte bezüglich dieser Amnestirungen keineswegs spezifizirt sind.
Die Badener Republikaner hätten nicht bezweckt den alten Polizeistaat zu stürzen, sondern den neuen aus der Freiheit hervorgegangenen. Es wäre ferner bedenklich, jetzt schon, wo noch überall Anarchie herrscht, zur Amnestie aufzufordern. ‒ Auch wären ja diese Petitionen nur Fürbitten. Die Gesinnung der Verbrecher selbst würde wohl dieselbe sein, und möchten diese vielleicht nicht einmal von der Gnade etwas wissen wollen! Man wolle also zur Tagesordnung übergehn. (Bravo rechts, Zischen links und von der linken Galerie.
Moritz Mohl (sehr unverständlich bei wenig Aufmerksamkeit der Vers.) erstattet Bericht über die Ulmer Dampf-Schiffahrts-Störungs-Angelegenheit.
Man schreit: „Wir kennen Ihren Bericht auswendig!“
Gagern ermahnt zur Geduld, der ersten parlamentarischen Tugend.
Haßler (aus Ulm) spricht über denselben Gegenstand: „Wenn die Versammlung meinem Antrage entspricht, verspreche ich dieselbe mit langen Reden zu verschonen. Ich habe berechnet, daß jedes hier gesprochene Wort 35 Kreuzer netto kostet.
Weiz über dieselbe Angelegenheit.
Präsident: Erachtet die Nationalversammlung die Ulmer Angelegenheit für dringlich? Antw.: Nein!
Endlich zur Tagesordnung:
Dieselbe bringt zuvörderst die Abstimmung über den Bericht des Ausschusses der Wehrverfassung.
Präsident hält die Verhandlung hierüber für geschlossen.
Vogt (Gießen) will die Diskussion über diesen Gegenstand wieder aufnehmen, und zwar: 1) weil neue Motive hinzugekommen; 2) wolle der Ausschuß einen neuen Antrag bringen; 3) haben wir jetzt einen verantwortlichen Kriegsminister.
Lichnowsky spricht in demselben Sinne.
Präsident will wegen Abwesenheit des Kriegsministers die Debatte vertagen.
Die Versammlung will die Fortsetzung.
Rob. Blum will in Abwesenheit des Kriegsministers nichts vornehmen.
v. Vincke desgleichen.
v. Auerswald (Berichterstatter) will auch Fortsetzung; der Kriegsminister werde kommen. Am 5. Juli schon sei die Dringlichkeit dieser Sache anerkannt, heute den 15. ist sie wieder nicht dringlich.
Wartensleben: Es muß weiter debattirt werden.
Fischer ebenfalls für Fortsetzung der Debatte.
Nauwerk (unverständlich) desgleichen.
Bassermann: Der Kriegsminister nimmt nur Abschied vom Reichsverweser.
Eisenmann: Auch wenn der Kriegsminister abwesend, müssen wir fortfahren.
Abstimmung, ob die Debatte fortgesetzt oder vertagt werden soll?
Resultat: Fortsetzung der Debatte.
Wird verlesen eine Petition der Bewohner Bruchsals wegen Nichtvermehrung des stehenden Heeres. Rußland werde mit Preußen in Frieden bleiben. Von Frankreich wäre noch weniger ein Krieg zu fürchten. Protest gegen die Vermehrung des stehenden Heeres (Gallerie Bravo! rechts Zischen). Die Petition erinnert schließlich an die schon hinlänglichen Brutalitäten der Soldateska, die man nicht zu vermehren brauche. (Bravo!)
Vogt: Man solle den Kriegsminister holen lassen.
Lychnowsky: Das ist schon besorgt (Man lacht).
Vogts Vorschlag wird acceptirt, der Kriegsminister soll herbeigeschafft werden. Die Versammlung will ihren Minister.
v. Auerswald (Berichterstatter) spricht nun über die Nothwendigkeit der Vermehrung der deutschen Truppenmacht. Kosten und alle andern Einwände seien von keiner Bedeutung. Der Einwand, es sei den Regierungen durch vermehrte Wehrkraft ein Mittel mehr zur Reaktion in die Hände gegeben, sei auch nichtig. Er bezweifelt Rußlands friedliche Absichten Wie Friedrich der Große sagte, „wenn ich in Frankreich König wäre, dürfte in Europa kein Kanonenschuß fallen, ohne mein Wollen“, so müsse kein Kanonenschuß in Europa fallen, ohne Deutschlands Willen, wenn dies ein Reich wäre.
Herrn v. Auerswald entfährt im Laufe seiner Rede das Wort Volkssouveränetät. Er erschrickt darüber, Linke und Gallerien brechen in schallendes Gelächter und Bravo aus.
Gagern: Der Kriegsminister ist nicht aufzufinden (Lachen). Zwiespalt ob fortfahren oder nicht?
Römer: Man soll nur fortfahren, der Kriegsminister mag sich aus den stenogr. Berichten instruiren, das ist seine Sache und seine Schuld.
Reh (Darmstadt) spricht für Verstärkung der Wehrkraft. Glaubt auch an baldigen Krieg. Bemerkt am Schluß seiner Rede, er begreife nicht, daß die Soldaten (auch Söhne desselben Vaterlands) beim allgemeinen Fortschritt nicht mit fortgeschritten sein sollten. (Bravo rechts, links und Gallerie Zischen.)
Hagen bringt eine Petition gleich der oben erwähnten von Bruchsal. Er will keine Vermehrung des stehenden Heeres: 1. weil kein Krieg in Aussicht; 2. weil die Volkslasten dadurch vermehrt; 3. weil eine Verminderung des Heeres und statt dessen Volksbewaffnung zugesagt sei; 4. weil diese Vermehrung ein Hülfsmittel der Reaktion. ‒ (rechts oh !)
Der Redner bittet die Versammlung dringend, sie sollen doch nur an das Bestehen der Reaktion glauben. (Rechts wo ? Links ja!)
Radowitz vertheidigt in guter Rede mit den alten guten Gründen, den Ausschußantrag um Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Das stehende Heer sei eine Kriegsschule für das ganze Volk. Anlangend Frankreich, jeder Franzos glaube, daß der Rhein seine natürliche Gränze sei. (Rechts ja! Links nein!) Louis Philippe würde noch regieren, wenn er das Rheinland genommen hätte. Lamartine selbst wäre in Bezug des Friedens nicht ganz zu trauen.
‒ Man könne versuchen, die sociale Frage durch einen Krieg zu lösen.
Vischer (Tübingen) will eine ernstlich organisirte Volksbewaffnung, keine Vermehrung des stehenden Heeres. (Der Fürst Lychnowski hat sich vorn dem Redner gegenüber gesetzt, und gähnt erschrecklich. Dergleichen Ungezogenheiten sind überhaupt seine Lieblingsbeschäftigung.) Der Redner verwirft das Prinzip des stehenden Heeres, obschon er dem Heere die nöthige Achtung zollt.
v. Stavenhagen (Berlin) Oberst, spricht in lautem Kommandotone über die Dringlichkeit der Vermehrung des stehenden Heeres. ‒ Zum Schluß sagt der Redner zur Linken gewendet: es giebt Männer in Deutschland, die lieber bei ihren Phantasien beharren, als das Vaterland vor äußern Gefahren beschützen wollen (Viel Gezisch links und Gallerie! Rechts Bravo!)
Leue: gegen die Vermehrung des stehenden Heeres. Er sieht keine genügende Ursache zum Krieg für Deutschland noch für andre Länder zum Angriff auf Deutschland. ‒ Erinnert an die Proklamation Lamartines, den Edelmuth und die ehrenhafte Gesinnung der Franzosen. Nur wenn man die Freiheit freier Völker antasten, oder im Krieg gegen unterdrückte Völker Hülfe bieten würde, wolle Frankreich den Krieg. Die Armirung der Rheinfestungen hingegen billigt Leue. Rußland habe Grund zum Krieg wegen der Nachbarschaft eines freien Staates. Doch könne Nikolaus den Krieg nicht wollen, denn selbst wenn er siegt, werden ja seine Russen von der Freiheit der Besiegten angesteckt. Endlich möchten am Ende die Regierungen bei so großen stehenden Heeren und der natürlichen Kriegslust der Soldaten versuchen, durch einen äußeren Krieg das heiße Blut abzukühlen. Zuletzt erinnert er an den Kostenpunkt. (Bravo!)
Folgt Lychnowsky mit einer koulissenreißerischen Rede, über russische und französische Kriegsgefahr. Er verlangt Vermehrung des Heeres unter furchtbarem Bravo der Rechten. Beim Abtritt drückt ihm v. Vinke tief gerührt die Hand.
Endlich wird mit namentlicher Abstimmung beschlossen: „den Bericht des Ausschusses vom 1. Juli und des Zusatzes vom 7. Juli der provisorischen Centralgewalt zu überweisen und diese zu ermächtigen, die in diesem Berichte und Zusatze beantragte Vermehrung der deutschen Streitmacht nach dem Prozentsatze von 2 pCt. der jetzigen Bevölkerung in Ausführung zu bringen.
Frankfurt, 15. Juli. Die so eben ausgegebene Nr. 41 des „Regierungsblattes für das Königreich Würtemberg“ enthält ein unmittelbares königliches Dekret, das Verbot des demokratischen Vereins in Stuttgart betreffend.
(Frkf. O. P. A. Z.) * Mainz, 14. Juli. Heute Morgen wurde hier mit großem Kraftaufwand der Zahnarzt Gallette verhaftet, aus keinem geringeren Grund, als wegen eines, am Abend vorher „der Republik und den Pariser Insurgenten“ ausgebrachten Lebehochs. Wenn die Pariser Insurgenten gesiegt hätten, würden die Mainzer Behörden vielleicht selbst in den Fall gekommen sein, ihnen Lebehoch zuzurufen. ‒ Die Diktatur des General Hüser erweis't sich auch für die Umgegend höchst vortheilhaft. In der Nacht vom 11. auf den 12. war Kastel (Mainz gegenüber) Feuer ausgebrochen; aber die aus Mainz und den Dörfern herbeieilenden Spritzen wurden an der Brücke zurückgehalten, bis sie von dem Festungsgouvernement Erlaubniß geholt! ‒ In Alzei sollen Ruhestörungen ausgebrochen und in Oberingelheim die Verfassungsurkunde verbrannt worden sein.
Wiesbaden, 14. Juli. Der Aufruhr in den bassenheimschen Dörfern ist von Neuem und heftiger ausgebrochen. Die Bewohner von Schmitten haben in den Wäldern des Grafen 500 Baumstämme abgehauen, weil sie seit 7 Wochen vergeblich auf Antwort vom Grafen warten. Die Arnoldsheimer, Seelenberger und Reifenberger stehen im Begriff, das Verfahren der Schmitter nachzuahmen. Wie den Gemeinden, so gibt auch der edle Graf der nassauischen Regierung auf alle Requisitionen gar keine Antwort. Jetzt ist man genöthigt, Militär in die armen ausgehungerten Ortschaften zu schicken und auf wessen Kosten?
* München, 14. Juli. Gestern Abend fand hier wieder ein Bierkrawall statt, wobei Gensd'armen und Linienmilitär von ihren Waffen Gebrauch machten und von der Menge dafür mit einem Hagel von Steinen belohnt wurden. Auf beiden Seiten sind zahlreiche Verwundungen vorgefallen.
Braunschweig, 11. Juli. Durch den Brief eines schwedischen Staatsmannes an einen hiesigen hochgestellten Beamten hat man hier die Bestätigung der Angaben erhalten, welche in Lübecker und dänischen Blättern über die Waffenstillstandsbedingungen gemacht worden sind. Zu den bekannten gesellt sich noch die, daß der von Dänemark, Deutschland und England einzusetzenden neuen provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, so wie der jetzt zu berufenden konstituirenden Versammlung untersagt wird, irgendwelche Veränderungen in der Gesetzgebung zu machen, also namentlich zu konstituiren. Wahr ist auch, daß nicht nur die Bundes- und preußischen Truppen Schleswig-Holstein verlassen sollen, sondern auch, daß die schleswig-holsteinischen Truppen entlassen und während des Waffenstillstandes keine neuen gebildet werden sollen.
Schleswig-Holstein ist der einzige deutsche Staat, welcher in direkter Empörung sich gegen seinen Fürsten erhoben hat. Die heranschwellende Reaktion hat alles Interesse, an diesem Staate ein Exempel zu statuiren. Dazu kommt aber noch, daß jetzt Preußen seiner Truppen bedarf, nicht etwa an der Weichsel, sondern an der Spree. Wohlan, möge es sein; aber die Schleswig-Holsteiner werden sich nicht unterwerfen! Dazu bedarf es aber einer Armee und die holsteinische ist halb so stark als die dänische. Nach den Berichten der Zeitungen erklärte die provisorische Regierung den Ständen, daß vor einem Monate für die auszuhebenden Truppen von Preußen Offiziere und Unteroffiziere versprochen seien. Dieselben sind noch nicht angekommen. Aber, wird man sagen, die provisorische Regierung wird in der Zwischenzeit der drei Monate rüsten können. Nein! Erstens soll sie abtreten; zweitens soll die neue provisorische Regierung keine neuen Truppen bilden, die alten aber entlassen. Es wird also den Schleswig-Holsteinern versagt sein, was den Dänen erlaubt ist, sich zu einem neuen Kriege zu rüsten. Dies Exempel, wie in Deutschland Einsetzungen provisorischer Regierungen behandelt werden, wird der Nachachtung nicht verfehlen. Diese hier gegebene Auffassung über die Motive der sonderbaren Waffenstillstandsbedingungen ist vielleicht in diesem Augenblicke vereinzelt, sie wird bald allgemein werden, sie wird wohl jedes Zweifels entbehren, wenn mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß ein preußischer Staatsmann erklärt, daß eine Bedingung des Waffenstillstandes, daß in den drei Monaten keine neuen Gesetze gegeben werden können, ihren Ursprung in der Furcht vor ultraliberalen Maßregeln habe, und dies festzustellen werden wir bald im Stande sein.
(Brem. Z.) Apenrade, 13. Juli. Von hier aus ist in Folge der Waffenstillstandsgerüchte die nachfolgende Adresse nach Rendsburg abgesandt worden: „An die hohe provisorische Regierung von Schleswig-Holstein. Das von den Zeitungen mit immer größerer Bestimmtheit bestätigte Gerücht über einen von Preußen bereits ratificirten Waffenstillstand, in Folge dessen unsere hohe provisorische Regierung aufgelöst werden solle, hat die Bewohner hiesiger Stadt mit der größten Bestürzung und Erbitterung erfüllt. In der Voraussetzung, daß jenes Gerücht begründet, wenden sich die Endesunterzeichneten an die hohe provisorische Regierung mit dem dringenden Verlangen, daß selbige, die ihr Mandat von der schleswig-holsteinischen Volksvertretung erhalten und vom Bundestage förmlich anerkannt worden, durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel und namentlich durch einen Aufruf an Schleswig-Holstein und Deutschland sich gegen den Gewaltstreich der Diplomatie in dem Besitz ihrer legitimen Rechte erhalten und nur der physischen Macht weichen möge. Apenrade, den 13. Juli 1848. Ehrerbietigst (folgen die Unterschriften.)“
(Schl.-H. Ztg.) Prag, 12. Juli. Folgende Bemerkungen eines Augenzeugen des in Prag aufgeführten und noch nicht ausgespielten Drama's, dürften einiges Licht über die jetzigen Zustände der böhmischen Hauptstadt verbreiten.
Vor dem Ausbruche des Blutbades zu Prag, war eine Deputation von Bürgern und Kaufleuten bei Windischgrätz, um ihn zu bitten, das Kommando nicht niederzulegen, und ihm ihre Anerkennung für sein strenges Walten zu zollen. Eine zweite Deputation, bestehend aus Studenten und ebenfalls Bürgern und Kaufleuten, bat Windischgrätz, seine kriegerischen Maßregeln einzustellen, um die verschiedenen Gerüchte und die Aufregung im Volke zu beseitigen. Windischgrätz folgte der ersten Deputation, die aus seinen Schranzen bestand, und zwei Tage darauf donnerten die Kanonen, und die Brandfackel leuchtete zur ‒ Ordnung.
Die erst bezeichnete Deputation sammt den gleich ruhig gesinnten Nationalgarden und Bürgern, schloß sich beim Ausbruch der Revolution herzinniglich dem Militär an und versah den Schergendienst, indem sie jeden Studenten, dessen sie habhaft werden konnte, mit auf den Rücken gebundenen Händen unter Hohngelächter dem Militär auslieferten, wo diese Opfer der Feigheit und Verrätherei schändlich mißhandelt, und sogar einige zu Tode gemartert wurden.
Prag wurde ein stilles, lebendiges Grab, und die Freunde Windischgrätz's blieben consequent, weil sie es wußten; die liberale Partei, die Barrikadenkämpfer und die Arbeiter ließen ihren Haß gegen diese Herren in Wort und Miene durchblicken, und die Gänsehaut dieser Maulhelden schauert vor der Zukunft, wo die Preß- und Redefreiheit, befreit von dem tödtenden Einfluß der Bajonette, ihre Speichelleckereien und ihr Zopfthum an den Pranger der Oeffentlichkeit stellen wird, und bietet nun alle Mittel auf, sich dagegen zu verwahren. Die Verhaftungen dauern fort, und die Finsterlinge schmieden das Eisen, weil es glüht. ‒ Aber nicht nur, um consequent zu bleiben, nicht nur, um ihre seichte Ehre zu retten, sind die ehrenwerthen Herren Bürger und Consorten gegen das Recht und die Wahrheit wie ein Mann aufgestanden es war zugleich die Liebe zu sich selbst, die sie dazu gezwungen. Die erwähnten Herren gehören sämmtlich zur Prager Geldaristokratie, die noch immer den Proletarier als Canaille und Giftspinne betrachtet, es sind Fabrikanten, die durch ihren Starrsinn sich bereits vor längerer Zeit den Haß der Drucker erworben, Kaufleute, die dem Drange der Zeit keine Opfer bringen wollen, und Bürger, die in ihrem Hochmuth den Armen von jeher in den Staub getreten. ‒ Die Canaille knirscht jetzt mit den Zähnen, und die Goldsäcke ersterben in Demuth zu den Füßen des Despoten, der sie seines Schutzes versichert.
Es ist die Pflicht des Sicherheitsausschusses sich der Sache Prags mit um so mehr Energie zu bemächtigen, als ihm Hindernisse in den Weg gesetzt werden. Doch ist dies eine schwere Aufgabe; wenn sich der Sicherheitsausschuß, wie er es muß, bei der Untersuchungskommission betheiligt, so wird er in Prag von den Bewunderern Windischgrätz's empfangen, es wird von dieser Partei Alles aufgeboten werden ihn hinter's Licht zu führen. Um diese Hindernisse zu beseitigen, um trotz aller Lügen und Entstellungen der Sache auf den Grund zu kommen, muß es sich die Kommission zur strengsten Aufgabe machen, von Windischgrätz und Thun über die vermeintliche Verschwörung, welche ein selbstständiges böhmisches Königreich (wofür Krone und Würden bereits vertheilt sein sollen) zur Basis hatte, beweisführende Belege zu verlangen, die Zahl der Gefangenen, die sehr bedeutend sein soll, genau zu ermitteln, und auch diese über das Geschehene, ohne Beisein der Richter zu befragen; die gegenseitigen unvorbereiteten Aufschlüsse dürften allein die Mysterien des Schlosses zu Prag, wenn auch nur theilweise, erhellen.
(A. Oestr. Z.) Prag, 12. Juli. Bei Hawljcek's Verhaftung hat ein gewaltiger Formfehler Statt gefunden. Unser Bürgermeister hat bekanntlich durch öffentlichen Anschlag kundgegeben, daß er Hawljcek's Verhaftung erst 10 Stunden nach der Vollziehung derselben erfuhr. Nun erklärt der Bruder des Verhafteten in den Národni nowiny, daß auf dem Haftbefehle ausdrücklich stand, die Verhaftung geschehe im Einverständniß mit dem Bürgermeister. Da diese aber nicht eingeholt wurde, so ist die Verhaftung rechtlich ungiltig. Und dennoch verlautet über seine Entlassung kein Wort. Möglich, daß die Petitionen der Wähler Hawljcek's an den Reichstag einen kräftigeren Erfolg haben werden, als die Proteste der Prager Presse. 250,000 Menschen bleiben durch Hawljcek's Haft ohne Vertretung. In 5 Wahlbezirken erhielt er die Majorität; so lange er sich jedoch nicht auf freiem Fuße befindet, kann er sich für keinen entscheiden, und ihn von der Wählbarkeit völlig auszuschließen, wird den Behörden nicht gelingen, weil seine Schuld nach der officiellen Erklärung in einem bloßen erst zu beweisenden Preßvergehen und in keinem infamirenden Verbrechen besteht. ‒ Den Nachrichten aus Wien sieht man mit großer Spannung entgegen, da der Ministerwechsel auch in unseren Zuständen tief eingreifende Veränderungen hervorrufen dürfte, besonders weckt die Beschlagnahme der Papiere Pillersdorff's vielfache Vermuthungen, und selbst auf den Sicherheitsausschuß sind Viele besser zu sprechen, seitdem er in der Wahrung der Volksrechte nicht blos in der Hauptstadt mit größerem Ernste vorgeht.
* Wien, 12. Juli. In der heutigen vorbereitenden (dritten Sitzung des konstituirenden Reichstages wurde die Verhandlung über eine provisorische Geschäftsordnung fortgesetzt. Die Frage,
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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