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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 67. Köln, 6. August 1848. Beilage.

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1. Beilage zu Nr. 67 der Neuen Rh. Zeitg.
Sonntag 6. August 1848.
Uebersicht.

Deutschland.Köln. (Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung). Frankfurt. (National-Versammlung: § 7 der Grundrechte). Berlin. (Neue Exzesse in Charlottenburg. - Bornemann gewählt. - Demonstration bei Held und dem Kriegsminister. - Rimpler Bürgergeneral. - Die Setzer. - Die Hallischen Deputirten. - Herr Held). Schweidnitz. (Die Soldateska). Jena. (Demokratischer Kongreß Thüringens). Dresden. (Arbeitseinstellung sämmtlicher Buchdruckergehülfen). Prag. (Leo Thun's Schreiben an den Minister des Innern und dessen Antwort). Wien. (Der bevorstehende Bürgerkrieg. - Ein Plakat. - Konstituirende Reichsversammlung vom 31. Juli. - Nachricht aus Italien. Mainz. (Die angeklagten Demokraten freigesprochen). Göttingen. (Exzesse). Hannover. (Stegen frei). Hamburg. (Ueber die Waffenstillstandsunterhandlungen). Apenrade. (Alarm wegen angeblichen Vorrückens der Dänen).

Italien.Mailand. (Karl Albert's Proklamation an die Soldaten. - Garibaldi und Mazzini. - Brescia soll kapitulirt haben und Karl Albert sich über den Po zurückziehen). Verona. (Der Rückzug der Piemontesen. - Karl Alberts Gesuch um Französische Hülfe). Turin. (Kammerverhandlungen). Neapel. (Das Kriegsgericht im Fort St. Elmo. - Aufstand in der Provinz Lecce). Palermo. (Sardinische Dämpfer vor Messina. - Gerücht einer Tripel-Allianz).

Schweiz Lugano. (Auswanderung aus der Lombardei).

Französische Republik. Paris. (Journalschau. - Huberts Brief. - Ueber den Tod der Generale Regrier und Brea. - Vermischtes. - Sitzung der National-Versammlung vom 3. August).

Großbritannien. London. (Der Standard über Lord Hardinge). Dublin. (Lord Hardinges. - Arrestationen. - Gerücht über O'Brien. - Stimmung bei Limmerick. - Rathkeale. - Carrick-on-Suir. - Tipperary. - Cork).

Ungarn.Pesth. (Befehl zur Entwaffnung der raizischen Ortschaften).

Türkei. Belgrad. (Ruhestörung durch einen türkischen Soldaten veranlaßt).

Amerika. (Die Sklavenfrage. - Organisirung der neuerworbenen Gebiete. - Reciprocitätsbill in Betreff kanadischer Produkten. - Die Präsidentschaftskandidaten. - Der Bürgerkrieg in Mexiko. - Paredes plündert; sein Pronunciaraiento. - Widerstand der Bürger in Tampico. - Die Weißen und die Indianer in Pucatan, Porto Rico und Martinique).

[Italien]
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Turin, 28. Juli.
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* Palermo, 21. Juli.
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Französische Republik.
17 Paris, 2. Aug.

Die Wuth der Bourgeoisie über Proudhon's Rede ist namenlos. Der " Commerce" heult: "Woher die entsetzliche moralische Geistes- und Herzensseuche, die man Socialismus nennt? Dieses krebsartige Leiden, das lächerlich wäre, wenn es nicht eine sehr traurige Seite darböte! Das kommt von dem Unterricht in den Schulen, wo die sogenannten klassischen Studien vorwiegen, statt professionell und wissenschaftlich zu sein. Die ewigen Wahrheiten der Nationalökonomie sollten den jungen Seelen dort eingeprägt werden. Die Professoren würden die gesunden Lehren eines Adam Smith und Say verbreiten, und sich mit Ekel abwenden von denen eines St. Simon und Fourier. Nur dann wird man dies Gift der Herren Barbes, Cabet und P. Leroux wirkungslos machen können. " Was besonders die Väter des Vaterlandes erschütterte, war Proudhon's Satz: der Miethsmann und Pächter brauche eigentlich nicht mehr Miethe zu zahlen; hierüber gerieth der Minister des Innern, Advokat Senard (der Kartätschenmann von Rouen) laut Augenzeugen in krampfiges Zucken, und stolperte nach der Tribüne; nur mit Mühe hielten die um seine Gesundheit besorgten Freunde ihn von einem Gegensermon ab. Daß Proudhon ihnen einen " baldigen Tod" prophezeite und sagte: " durch Ausstreichung des Arbeitsanrechts öffnet ihr ja Thor und Thür dem Insurrektionsrecht", erregte bei vielen Honorabeln ein nervöses Lachen. Der Corsaire verlangt heute seine Arrestation, "auf daß er Gesellschaft leiste seinen Junijüngern, die hinter den Barrikaden Eigenthum mit Diebstahl verwechselten", und im lindesten Fall eine Zelle im Irrenhause.

So viel ist klar, das honntteproprietärische Frankreich wird von der Montagssitzung noch lange an bösen Träumen leiden. "Her mit den Handschellen und Knebeln, heult das Journal de Rouen, her mit der fliegenden (Mobile) Gensdarmerie, dem neuen Hülfskorps des redlichen Pflügers gegen die Diebstahls- und Prostitutionsprofessoren von Paris, unsere Kerkermauern sind noch dick, und unsere Assisen sind noch zuverlässig; diese modernen Rothhäute, diese Menschenfresser und Skalpirer werden von unsern Mobilschaaren gehetzt werden u. s. w. " Der "Commerce" druckt einen Brief Louis Blanc's ab, worin es heißt: "Herr Redakteur, auf Ihren Vorwurf, ich hätte die Arbeitsgarantie, das Arbeitsrecht aufgestellt, antworte ich: ich bin stolz darauf. Sie klagen mich ferner an: Haß gegen das Kapital gepredigt zu haben: das ist falsch und zudem mißverständlich. Sie schreiben die Nationalwerkstätten mir zu; ich habe schon zweimal öffentlich diese Lüge widerlegt. Sie sagen: ich hätte Plünderung der reichen Leute gelehrt; was Ihnen, mein Herr, wohl schwer zu beweisen fallen möchte; ich habe aber stets gegen die Verletzung des Eigenthums der Armen, d. h. der Arbeit, geeifert, und werde es stets.' Worauf das volksfeindliche Blatt erwidert: "Herr Louis Blatt hat in seiner Schrift Organisation der Arbeit gegen die Tyrannei des Kapitals gepredigt. In wiefern er in die Nationalateliers verwickelt war, wird die Geschichte (lies der Militärprozeß) aufhellen. Er lehrte zwar nicht offene, brutale "Angriffe" auf das sauer und wohl erworbene (!) Besitzthum der Reichen; allein durch seine lieblichen Socialwerkstätten hätte er bald die Privatindustriellen ruinirt, folglich indirekt Raub verübt. Seltsam genug hat Herr Louis Blanc gestern gegen Proudhon gestimmt." Das Univers spöttelt über die schwächlichen Gegner Proudhon's und L. Blanc's: der Voltärianismus sei freilich außer Stande, die Feinde Gottes zu besiegen, zumal da diese Socialisten mehr Geist und Wissen besäßen als hundert rationalistische Staatswesen und Universitätspedanten. - Das Aufblühen des "vertraulichen Verkehrs und Erwerbs" zeigt sich unstreitig auch in den 8000 Suppenschüsseln, die die Garnison als tägliches Almosen an Hungerleider austheilt; ein alter Kniff zugleich, den persönlichen Volkshaß gegen das Militär zu besänftigen, schon unter Ludwig Philipp zuweilen gebräuchlich. - Jetzt wimmelt es von impertinenten Bildern aller Art, worin die Insurgenten als Teufel dargestellt werden, und die Ordnungsmänner als Götter; nur ein Gegenbild erschien, und es ward sofort in drei Zeitungen dem Polizeipräfekten denuncirt mit den Worten: "Man bittet Sie, den öffentlichen Weg von diesem moralischen Unrath zu säubern." - Die Kunde von Irlands Fehlschlägen entzückt das Siecle und das fromm-katholische Univers; die Börse war indeß gestern sehr unruhig wegen Italien, das man zum Teufel wünscht. Krieg sei ein großes Malheur, seufzt das Krämerblatt, und "höchstens nur der Socialpartei angenehm." In den Provinzen wird durch Brandstiften der antisociale Grimm der Bauern rege gehalten; aus Bordeaux schreibt man: "seht, die Räuber, welche Gott aus dem Himmel stürzen und den redlichen Eigenthümer aus seinem Besitzthum treiben möchten, die sogenannten Socialreformer rächen sich jetzt und zünden eure Saaten an, aber die himmlischen Heerschaaren und die Gensdarmen werden euch schirmen." - "Wenn jetzt neu gewählt wird, sagt das "Journal" des Monsieur Karr, dann laßt uns Acht haben auf die 77,000 Pariser Wähler, die einen Proudhon in die Kammer schickten. Diese Verehrer des systematischen Diebstahls werden wieder stimmen wie ein Mann, werden uns vielleicht einen Cabet, einen Raspail obendrein schicken wollen. Da man sie nun noch nicht (!) des Votirens verlustig machen kann, so bleibt den Ehrenmännern, den echten Republikanern nur übrig, auf's strengste zusammen zu halten und jene Rotte durch Wahlkraft zu besiegen. Es genügt, den Plan Raspail's zu kennen: durch Staatsankauf sämmtlicher Kleidungs- Eßwaaren und Möbelmagazine vermöge Papiergeld, den niederen Klassen Abhülfe zu schaffen - und es wird wohl Niemand der höheren Klassen etwas gegen eine ewige Gefangenhaltung des strafbaren Aufwieglers einzuwenden finden. Auch Proudhon dürfte einem gleichen Ziele entgegen reisen. Der Gesellschaftsorganismus thut ganz gut, sich durch alle erdenklichen Heilmittel dieses so zudringlichen Ungeziefers (vermine importune) zu entledigen" u. s. w.

Paris, 2. August.

Hubert, einer der Flüchtlinge und Angeklagten vom 15. Mai, gibt in einem Briefe an die Reforme Aufschlüsse über diese Demonstration.

"Glücklicher als meine in den Kasematten schmachtenden Freunde, ist es mir gelungen, trotz aller Nachsuchungen, in der schirmenden Wohnung eines Freundes Schutz zu finden gegen das Proseriptionsurtheil, das auch mich treffen sollte. Ich höre, daß die Untersuchungskommission, die mit dem Berichte über den Charak-
[Spaltenumbruch] ter und die Ursachen der Manifestation vom 15. Mai und der Juni-Insurrektion beauftragt war, ihre Arbeit vollendet hat, und sie nächstens der Kammer vorlegen wird. Ich will keineswegs den moralischen Werth der Kommission, noch ihre Unparteilichkeit in Abrede stellen; aber wie auch immer dieser Bericht ausfallen mag, so würde er immer unvollständig sein, und den Feinden und Verläumdern der alten Demokraten neuen Stoff geben, wenn ich es unterließe, neue wesentliche Details hinzuzufügen, die ich allein nur geben kann.

Haupturheber der Manifestation vom 15. Mai, und ganz besonders mit den Männern bekannt, die Antheil daran genommen haben, werde ich alle Auskunft darüber geben, die ich meiner Lage schuldig zu sein glaube ... Niemand kann die Wahrhaftigkeit meiner Worte in Zweifel ziehen. Zu jeder Zeit, in den Kerkern des Exkönigs, wie sen dem 24. Februar, habe ich den Muth gehabt, meine Meinung zu behaupten, und die Verantwortlichkeit meiner Akte zu übernehmen.... Soldat der Republik seit 1830, dreizehn Jahre lang im Kerker und jetzt wiederum proscribirt, habe ich des Leidens genug gekannt, um mich jetzt auch nur im Mindesten zu beklagen....Die Geschichte wird später die Blutmänner namhaft machen, welche die Republik entehrt haben. Sie wird zeigen, wie leicht es gewesen, dieses entsetzliche Blutbad zu vermeiden, und richten, ob man mit der Schneide des Säbels und mit Proscriptionsdekreten zur Lösung der sozialen Fragen gelangt, die jetzt alle Klassen der Gesellschaft bewegen.... Was die Reaktion nie dem Volke verzeihen wird, ist nicht die Manifestation vom 15. Mai, sondern die Revolution vom 24. Februar. Was die Reaktion uns nie verzeihen wird, ist, daß wir diese Revolution durch ein 17jähriges Kämpfen vorbereitet haben.... Weil wir mit dem Volke sympathisiren, weil wir eine Republik wollen, die dem Arbeiter für seine Arbeit etwas anders gibt, als Elend, klagte man uns an, Raub und Mord organisiren zu wollen.... Wie sehr es nun auch in Euren Plan passen mag, einen Zusammenhang zwischen den Mai-und Juni-Ereignissen herauszufinden, so wird es Euch nie gelingen, und das Endresultat aller Eurer Nachforschungen wird immer mit der Erklärung endigen müssen:

1) Es gab und konnte am 15. Mai kein Komplott existiren; denn ein einziger Mann war der Urheber dieser Volksmanifestation.

2) Es konnte zwischen diesen beiden Ereignissen kein Zusammenhang Statt finden, weil dieser Mann, obgleich damals frei, keinen direkten noch indirekten Antheil an der Insurrektion genommen hat.

Die gerichtliche Instruktion vor dem 23. Juni und die nachfolgende Untersuchung werden hinlänglich herausgestellt haben, daß ich dieser Mann war.

Ich habe auf den Wunsch einer großen Anzahl von Delegirten irländischer, polnischer und italienischer Demokraten die Klubs und Korporationen zusammen berufen, um eine Manifestation zu Gunsten Polens zu veranstalten.

Ich habe es gethan, mit der ausdrücklichen Bedingung, daß diese Manifestation einen friedlichen Charakter haben sollte. Ich habe diese Manifestation zu wiederholten Malen hinausgeschoben, auf den Wunsch meines Freundes Barbes, der zuerst die Meinung und den Willen der Nationalversammlung kennen wollte. Ich setze noch hinzu, daß am 14. Mai, als ich für den kommenden Tag die nöthigen Anstalten zu einer friedfertigen Manifestation machte, mein Freund Barbes aus Gründen, die mir leider erst später bekannt wurden, mich allenthalben aufsuchte, um mich zu einer neuen Vertagung zu bestimmen...

Paris, 3. August.

Hr. Goudchaur ist noch Minister. Die Rue de Poitiers, die ihn mit ihren vierhundert Gladiatoren niederrennen wollte, weil er gewagt hatte, eine Idee der provisorischen Regierung zu der seinigen zu machen, vermochte nur 338 in's Feld zu stellen und so entschlüpfte der honnette Jude noch einmal ihren Schlägen. Doch wird der Waffenstillstand nicht lange dauern. Das Journal Rothschilds sagt: "Die Berathung hatte eine Wichtigkeit angenommen, auf welche man nicht gefaßt war; die finanzielle Frage war so zu sagen vor der politischen gewichen. Hr. Goudchaur selbst war es, der sie zu unserem großen Erstaunen auf dieses Gebiet hinübergespielt. Wir haben dem ehrenvollen Charakter, den guten Gesinnungen, dem versöhnlichen und gemäßigten Geiste des Hrn. Goudchaur häufig Gerechtigkeit widerfahren lassen, heute können wir ihm dasselbe Lob nicht spenden. Mit aller Unpartheilichkeit der Welt können wir nicht verschweigen, daß Hr. Goudchaur ganz und gar aus seinem Charakter und parlamentarischen Gebräuchen heraustrat. Er war dießmal weder versöhnlich noch mäßig. Er war vielmehr ganz das Gegentheil. Und das Erstaunenswertheste bei der Debatte ist der Umstand, daß Hr. Goudchaur aus eigenem Antriebe, ohne alle Herausforderung, ohne ernsten Beweggrund und ohne allen Pretext, könnte man sagen, so heftig wurde. In einem Wort, seine Rede bleibt ein Räthsel für uns."

- Nach Guerrieri, trafen Albert Ricci aus Turin und Amalfi aus Venedig bei Cavaignac ein, um sich mit der Exekutionsgewalt über die Vertreibung der Oestreicher aus Italien zu besprechen.

- Den Debats zu Folge dränge das Turiner Kabinet jetzt endlich selbst auf Intervention, die es bisher abgewiesen hatte In Turin selbst seien Unruhen ausgebrochen.

- Amalfi aus Venedig hat dem General Cavaignac geradezu erklärt, daß Venedig unfehlbar wieder in die Hände Oestreichs zurückfalle, wenn Frankreich sich nicht ins Mittel lege. Welche Antwort das Kabinet ihm gegeben, ist natürlich noch Staatsgeheimniß.

- Der Moniteur bringt diesen Morgen ein Dekret Cavaignac's das eine Kommission ernennt, welche der Exekutivgewalt vorzuschlagen: in welche Gegend des Weltmeeres und auf welche Weise die Juni- und Mai-Verurtheilten überzuschiffen seien?

- Der Anfang der heutigen Sitzung der National-Versammlung verspricht Interesse. Bauchart ein Advokat aus Bourg und Mitglied der National-Versammlung, den die Untersuchungskommission für die Mai- und Juni-Ereignisse zum Berichterstatter wählte, wird heute seinen Generalbericht vorlegen. Derselbe wird wohl sofort in die Druckerei wandern. Die gestrigen Gerüchte von Verhaftung Ledrü Rollins, Caussidieres und Louis Blanc's scheinen sich nicht zu bestätigen. Bauchart's ganze Einleitung mußte übrigens radikal umgeändert werden, da sie durch einen Brief A. Huber's an die Untersuchungs-Kommission, worin sich derselbe als alleiniger Urheber des 15. Mai auf unwidersprechliche Weise kundgibt, gleich einem Kartenhause vom Winde niedergerissen wurde. Der Brief Huberts beweist klar, daß weder am 15. Mai, noch im Juni von einem Komplott eine Rede war. Hubert bietet sich an, sich zu stellen, falls man die unschuldigen Opfer in Vincennes frei lasse.

- Heute Abend große musikalische Soiree bei dem Präsidenten Armand Marrast.

- Die Instruktion schreitet voraus, und die den Insurgenten vorgeworfenen Gräuelthaten stellen sich in einem andern Lichte heraus.

1) Die Kugel, welche den General Regrier getödtet, ist von einem Soldaten der Garnison abgeschossen worden und zwar aus persönlicher Rache gegen den General.

2) Der Tod des Generals Brea war nur ein Vergeltungsakt: eine halbe Stunde vorher hatte der General 4 Insurgenten niederschießen lassen, die in seine Hände gefallen.

- Nationalversammlung. Sitzung vom 3. August. Das Gerücht, daß Bauchart's Bericht über die Untersuchung der Mai-und Juni-Ereignisse, die Verhaftung Caussidiere's, Louis Blanc's u. A. nach sich ziehen könnte, hatte alle Plätze gefüllt, als Marrast die Sitzung um 1 1/2 Uhr eröffnete.

Montalembert legt eine Bittschrift nieder, in welcher der Patriarch von Jerusalem um Schutz des heil. Grabes bittet. Diese Bittschrift wurde dem Grafen vom Pabst Pius IX. zugestellt. Sie wird an den Minister des Auswärtigen später wahrscheinlich überwiesen, um die geeigneten Maßregeln zu treffen.

Bauchart besteigt die Bühne. Präsident Marrast fordert die Versammlung auf, der Vorlesung des Berichts über die Mai-und Juni-Scenen, die größte Aufmerksamkeit zu schenken, da dessen Anträge auf Ergreifung neuer gerichtlicher Maßregeln lauten. (Aufsehen.) Bauchart beginnt demnächst die Vorlesung des voluminösen Aktenstücks nebst seinen zahlreichen Beilagen. Den Anfang bilden die Dekrete, welche die Einleitung der Untersuchung anordnen. Diese sei eine politische, keine gerichtliche. Ursprünglich nur durch die Junirevolution hervorgerufen, sei sie auf die Maiereignisse ausgedehnt worden. Die Verhöre seien leicht von statten gegangen, dennoch hätten viele Zeugen große Behutsamkeit an den Tag gelegt, und viele hätten sich nur durch die Schrecken der Junirevolution zu Geständnissen bewegen lassen. Der Bericht entwirft eine Schilderung des Charakters der Erstürmung der Nationalversammlung am 15. Mai, beleuchtet den Einfluß der Luxemburg-Kommission und ihrer beiden Vorsteher, Louis Blanc und Albert. Er nennt den Charakter jenes Sturms eher einen politischen als sozialen. Die Junirevolution sei dagegen entschieden sozial; der Ausbruch der im Luxemburg gepredigten Lehre. Die Kommission habe streng nachgeforscht, ob einzelne Glieder der Februar-Regierung sich an den Ereignissen indirekt betheiligt oder ob Anhänger der gestürzten Monarchie in dieselben verwickelt? Die Kommission habe keine direkten Verbindungen gefunden; selbst nicht einmal sichere Spuren seien vorhanden. (La Commission n'y en a point vu de traces.) Die sozialistischen Lehren im Luxemburg, die von der Provisorischen Regierung in die Departements entsendeten Kommissarien, die Häupter der Klubs und vorzüglich die aus den geheimen Geldern des Ministeriums des Innern besoldeten Agenten, sind die vorzüglichsten Urheber jener Ereignisse. (Erstaunen, Ledrü-Rollin protestirt durch einige Zurufe.) Der Minister des Innern. Herr Ledrü-Rollin, fährt Bauchart fort, hat gegen obige Angaben protestirt; aber wir haben uns nur zur sehr von dem Einfluß der im Ministerio des Innern mit George Sand's Hülfe redigirten Bülletins überzeugt. Die Bewaffnung der Fremdenlegionen gegen Belgien etc. aus dem Arsenale der Republik beweise nicht minder die geheime Hand der Provisorischen Regierung, in deren Schooße dieserhalb sogar heftige Mißhelligkeiten ausgebrochen, woüber der Referent das Zeugniß Arago's vorliest. Prinzipiell schreibt die Kommission abermals den im Luxemburg gepredigten Grundsätzen den verderblichsten Einfluß zu. Die Berichte des "Moniteur" hätten bei Weitem nicht Alles veröffentlicht was bei den dortigen Verhandlungen gesprochen worden. (Louis Blanc: Ich verlange das Wort!..) Viele Stellen seien unterdrückt worden, und den Schnellschreibern, die wir eidlich verhörten, die Weisung gegeben worden, die heftigsten Sätze wegzulassen. Daß selbige einen Klassenkampf hervorrufen mußten, hätten die Mai-Excesse deutlich bestätigt. Die Gründung eines Ministeriums des Fortschritts oder der Arbeit, für Hrn. Louis Blanc wohlverstanden, habe den Arbeitern den Kopf verdreht; die Privatindustrie zu tödten und den Staat an die Spitze der Produktion zu stellen, sei ein Grundsatz, den die Nationalversammlung mit Recht bekämpft

1. Beilage zu Nr. 67 der Neuen Rh. Zeitg.
Sonntag 6. August 1848.
Uebersicht.

Deutschland.Köln. (Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung). Frankfurt. (National-Versammlung: § 7 der Grundrechte). Berlin. (Neue Exzesse in Charlottenburg. ‒ Bornemann gewählt. ‒ Demonstration bei Held und dem Kriegsminister. ‒ Rimpler Bürgergeneral. ‒ Die Setzer. ‒ Die Hallischen Deputirten. ‒ Herr Held). Schweidnitz. (Die Soldateska). Jena. (Demokratischer Kongreß Thüringens). Dresden. (Arbeitseinstellung sämmtlicher Buchdruckergehülfen). Prag. (Leo Thun's Schreiben an den Minister des Innern und dessen Antwort). Wien. (Der bevorstehende Bürgerkrieg. ‒ Ein Plakat. ‒ Konstituirende Reichsversammlung vom 31. Juli. ‒ Nachricht aus Italien. Mainz. (Die angeklagten Demokraten freigesprochen). Göttingen. (Exzesse). Hannover. (Stegen frei). Hamburg. (Ueber die Waffenstillstandsunterhandlungen). Apenrade. (Alarm wegen angeblichen Vorrückens der Dänen).

Italien.Mailand. (Karl Albert's Proklamation an die Soldaten. ‒ Garibaldi und Mazzini. ‒ Brescia soll kapitulirt haben und Karl Albert sich über den Po zurückziehen). Verona. (Der Rückzug der Piemontesen. ‒ Karl Alberts Gesuch um Französische Hülfe). Turin. (Kammerverhandlungen). Neapel. (Das Kriegsgericht im Fort St. Elmo. ‒ Aufstand in der Provinz Lecce). Palermo. (Sardinische Dämpfer vor Messina. ‒ Gerücht einer Tripel-Allianz).

Schweiz Lugano. (Auswanderung aus der Lombardei).

Französische Republik. Paris. (Journalschau. ‒ Huberts Brief. ‒ Ueber den Tod der Generale Regrier und Brea. ‒ Vermischtes. ‒ Sitzung der National-Versammlung vom 3. August).

Großbritannien. London. (Der Standard über Lord Hardinge). Dublin. (Lord Hardinges. ‒ Arrestationen. ‒ Gerücht über O'Brien. ‒ Stimmung bei Limmerick. ‒ Rathkeale. ‒ Carrick-on-Suir. ‒ Tipperary. ‒ Cork).

Ungarn.Pesth. (Befehl zur Entwaffnung der raizischen Ortschaften).

Türkei. Belgrad. (Ruhestörung durch einen türkischen Soldaten veranlaßt).

Amerika. (Die Sklavenfrage. ‒ Organisirung der neuerworbenen Gebiete. ‒ Reciprocitätsbill in Betreff kanadischer Produkten. ‒ Die Präsidentschaftskandidaten. ‒ Der Bürgerkrieg in Mexiko. ‒ Paredes plündert; sein Pronunciaraiento. ‒ Widerstand der Bürger in Tampico. ‒ Die Weißen und die Indianer in Pucatan, Porto Rico und Martinique).

[Italien]
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* Turin, 28. Juli.
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* Palermo, 21. Juli.
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Französische Republik.
17 Paris, 2. Aug.

Die Wuth der Bourgeoisie über Proudhon's Rede ist namenlos. Der „ Commerce“ heult: „Woher die entsetzliche moralische Geistes- und Herzensseuche, die man Socialismus nennt? Dieses krebsartige Leiden, das lächerlich wäre, wenn es nicht eine sehr traurige Seite darböte! Das kommt von dem Unterricht in den Schulen, wo die sogenannten klassischen Studien vorwiegen, statt professionell und wissenschaftlich zu sein. Die ewigen Wahrheiten der Nationalökonomie sollten den jungen Seelen dort eingeprägt werden. Die Professoren würden die gesunden Lehren eines Adam Smith und Say verbreiten, und sich mit Ekel abwenden von denen eines St. Simon und Fourier. Nur dann wird man dies Gift der Herren Barbès, Cabet und P. Leroux wirkungslos machen können. “ Was besonders die Väter des Vaterlandes erschütterte, war Proudhon's Satz: der Miethsmann und Pächter brauche eigentlich nicht mehr Miethe zu zahlen; hierüber gerieth der Minister des Innern, Advokat Senard (der Kartätschenmann von Rouen) laut Augenzeugen in krampfiges Zucken, und stolperte nach der Tribüne; nur mit Mühe hielten die um seine Gesundheit besorgten Freunde ihn von einem Gegensermon ab. Daß Proudhon ihnen einen „ baldigen Tod“ prophezeite und sagte: „ durch Ausstreichung des Arbeitsanrechts öffnet ihr ja Thor und Thür dem Insurrektionsrecht“, erregte bei vielen Honorabeln ein nervöses Lachen. Der Corsaire verlangt heute seine Arrestation, „auf daß er Gesellschaft leiste seinen Junijüngern, die hinter den Barrikaden Eigenthum mit Diebstahl verwechselten“, und im lindesten Fall eine Zelle im Irrenhause.

So viel ist klar, das honntteproprietärische Frankreich wird von der Montagssitzung noch lange an bösen Träumen leiden. „Her mit den Handschellen und Knebeln, heult das Journal de Rouen, her mit der fliegenden (Mobile) Gensdarmerie, dem neuen Hülfskorps des redlichen Pflügers gegen die Diebstahls- und Prostitutionsprofessoren von Paris, unsere Kerkermauern sind noch dick, und unsere Assisen sind noch zuverlässig; diese modernen Rothhäute, diese Menschenfresser und Skalpirer werden von unsern Mobilschaaren gehetzt werden u. s. w. “ Der „Commerce“ druckt einen Brief Louis Blanc's ab, worin es heißt: „Herr Redakteur, auf Ihren Vorwurf, ich hätte die Arbeitsgarantie, das Arbeitsrecht aufgestellt, antworte ich: ich bin stolz darauf. Sie klagen mich ferner an: Haß gegen das Kapital gepredigt zu haben: das ist falsch und zudem mißverständlich. Sie schreiben die Nationalwerkstätten mir zu; ich habe schon zweimal öffentlich diese Lüge widerlegt. Sie sagen: ich hätte Plünderung der reichen Leute gelehrt; was Ihnen, mein Herr, wohl schwer zu beweisen fallen möchte; ich habe aber stets gegen die Verletzung des Eigenthums der Armen, d. h. der Arbeit, geeifert, und werde es stets.' Worauf das volksfeindliche Blatt erwidert: „Herr Louis Blatt hat in seiner Schrift Organisation der Arbeit gegen die Tyrannei des Kapitals gepredigt. In wiefern er in die Nationalateliers verwickelt war, wird die Geschichte (lies der Militärprozeß) aufhellen. Er lehrte zwar nicht offene, brutale „Angriffe“ auf das sauer und wohl erworbene (!) Besitzthum der Reichen; allein durch seine lieblichen Socialwerkstätten hätte er bald die Privatindustriellen ruinirt, folglich indirekt Raub verübt. Seltsam genug hat Herr Louis Blanc gestern gegen Proudhon gestimmt.“ Das Univers spöttelt über die schwächlichen Gegner Proudhon's und L. Blanc's: der Voltärianismus sei freilich außer Stande, die Feinde Gottes zu besiegen, zumal da diese Socialisten mehr Geist und Wissen besäßen als hundert rationalistische Staatswesen und Universitätspedanten. ‒ Das Aufblühen des „vertraulichen Verkehrs und Erwerbs“ zeigt sich unstreitig auch in den 8000 Suppenschüsseln, die die Garnison als tägliches Almosen an Hungerleider austheilt; ein alter Kniff zugleich, den persönlichen Volkshaß gegen das Militär zu besänftigen, schon unter Ludwig Philipp zuweilen gebräuchlich. ‒ Jetzt wimmelt es von impertinenten Bildern aller Art, worin die Insurgenten als Teufel dargestellt werden, und die Ordnungsmänner als Götter; nur ein Gegenbild erschien, und es ward sofort in drei Zeitungen dem Polizeipräfekten denuncirt mit den Worten: „Man bittet Sie, den öffentlichen Weg von diesem moralischen Unrath zu säubern.“ ‒ Die Kunde von Irlands Fehlschlägen entzückt das Siècle und das fromm-katholische Univers; die Börse war indeß gestern sehr unruhig wegen Italien, das man zum Teufel wünscht. Krieg sei ein großes Malheur, seufzt das Krämerblatt, und „höchstens nur der Socialpartei angenehm.“ In den Provinzen wird durch Brandstiften der antisociale Grimm der Bauern rege gehalten; aus Bordeaux schreibt man: „seht, die Räuber, welche Gott aus dem Himmel stürzen und den redlichen Eigenthümer aus seinem Besitzthum treiben möchten, die sogenannten Socialreformer rächen sich jetzt und zünden eure Saaten an, aber die himmlischen Heerschaaren und die Gensdarmen werden euch schirmen.“ ‒ „Wenn jetzt neu gewählt wird, sagt das „Journal“ des Monsieur Karr, dann laßt uns Acht haben auf die 77,000 Pariser Wähler, die einen Proudhon in die Kammer schickten. Diese Verehrer des systematischen Diebstahls werden wieder stimmen wie ein Mann, werden uns vielleicht einen Cabet, einen Raspail obendrein schicken wollen. Da man sie nun noch nicht (!) des Votirens verlustig machen kann, so bleibt den Ehrenmännern, den echten Republikanern nur übrig, auf's strengste zusammen zu halten und jene Rotte durch Wahlkraft zu besiegen. Es genügt, den Plan Raspail's zu kennen: durch Staatsankauf sämmtlicher Kleidungs- Eßwaaren und Möbelmagazine vermöge Papiergeld, den niederen Klassen Abhülfe zu schaffen ‒ und es wird wohl Niemand der höheren Klassen etwas gegen eine ewige Gefangenhaltung des strafbaren Aufwieglers einzuwenden finden. Auch Proudhon dürfte einem gleichen Ziele entgegen reisen. Der Gesellschaftsorganismus thut ganz gut, sich durch alle erdenklichen Heilmittel dieses so zudringlichen Ungeziefers (vermine importune) zu entledigen“ u. s. w.

Paris, 2. August.

Hubert, einer der Flüchtlinge und Angeklagten vom 15. Mai, gibt in einem Briefe an die Reforme Aufschlüsse über diese Demonstration.

„Glücklicher als meine in den Kasematten schmachtenden Freunde, ist es mir gelungen, trotz aller Nachsuchungen, in der schirmenden Wohnung eines Freundes Schutz zu finden gegen das Proseriptionsurtheil, das auch mich treffen sollte. Ich höre, daß die Untersuchungskommission, die mit dem Berichte über den Charak-
[Spaltenumbruch] ter und die Ursachen der Manifestation vom 15. Mai und der Juni-Insurrektion beauftragt war, ihre Arbeit vollendet hat, und sie nächstens der Kammer vorlegen wird. Ich will keineswegs den moralischen Werth der Kommission, noch ihre Unparteilichkeit in Abrede stellen; aber wie auch immer dieser Bericht ausfallen mag, so würde er immer unvollständig sein, und den Feinden und Verläumdern der alten Demokraten neuen Stoff geben, wenn ich es unterließe, neue wesentliche Dètails hinzuzufügen, die ich allein nur geben kann.

Haupturheber der Manifestation vom 15. Mai, und ganz besonders mit den Männern bekannt, die Antheil daran genommen haben, werde ich alle Auskunft darüber geben, die ich meiner Lage schuldig zu sein glaube … Niemand kann die Wahrhaftigkeit meiner Worte in Zweifel ziehen. Zu jeder Zeit, in den Kerkern des Exkönigs, wie sen dem 24. Februar, habe ich den Muth gehabt, meine Meinung zu behaupten, und die Verantwortlichkeit meiner Akte zu übernehmen…. Soldat der Republik seit 1830, dreizehn Jahre lang im Kerker und jetzt wiederum proscribirt, habe ich des Leidens genug gekannt, um mich jetzt auch nur im Mindesten zu beklagen….Die Geschichte wird später die Blutmänner namhaft machen, welche die Republik entehrt haben. Sie wird zeigen, wie leicht es gewesen, dieses entsetzliche Blutbad zu vermeiden, und richten, ob man mit der Schneide des Säbels und mit Proscriptionsdekreten zur Lösung der sozialen Fragen gelangt, die jetzt alle Klassen der Gesellschaft bewegen…. Was die Reaktion nie dem Volke verzeihen wird, ist nicht die Manifestation vom 15. Mai, sondern die Revolution vom 24. Februar. Was die Reaktion uns nie verzeihen wird, ist, daß wir diese Revolution durch ein 17jähriges Kämpfen vorbereitet haben…. Weil wir mit dem Volke sympathisiren, weil wir eine Republik wollen, die dem Arbeiter für seine Arbeit etwas anders gibt, als Elend, klagte man uns an, Raub und Mord organisiren zu wollen…. Wie sehr es nun auch in Euren Plan passen mag, einen Zusammenhang zwischen den Mai-und Juni-Ereignissen herauszufinden, so wird es Euch nie gelingen, und das Endresultat aller Eurer Nachforschungen wird immer mit der Erklärung endigen müssen:

1) Es gab und konnte am 15. Mai kein Komplott existiren; denn ein einziger Mann war der Urheber dieser Volksmanifestation.

2) Es konnte zwischen diesen beiden Ereignissen kein Zusammenhang Statt finden, weil dieser Mann, obgleich damals frei, keinen direkten noch indirekten Antheil an der Insurrektion genommen hat.

Die gerichtliche Instruktion vor dem 23. Juni und die nachfolgende Untersuchung werden hinlänglich herausgestellt haben, daß ich dieser Mann war.

Ich habe auf den Wunsch einer großen Anzahl von Delegirten irländischer, polnischer und italienischer Demokraten die Klubs und Korporationen zusammen berufen, um eine Manifestation zu Gunsten Polens zu veranstalten.

Ich habe es gethan, mit der ausdrücklichen Bedingung, daß diese Manifestation einen friedlichen Charakter haben sollte. Ich habe diese Manifestation zu wiederholten Malen hinausgeschoben, auf den Wunsch meines Freundes Barbes, der zuerst die Meinung und den Willen der Nationalversammlung kennen wollte. Ich setze noch hinzu, daß am 14. Mai, als ich für den kommenden Tag die nöthigen Anstalten zu einer friedfertigen Manifestation machte, mein Freund Barbes aus Gründen, die mir leider erst später bekannt wurden, mich allenthalben aufsuchte, um mich zu einer neuen Vertagung zu bestimmen…

Paris, 3. August.

Hr. Goudchaur ist noch Minister. Die Rue de Poitiers, die ihn mit ihren vierhundert Gladiatoren niederrennen wollte, weil er gewagt hatte, eine Idee der provisorischen Regierung zu der seinigen zu machen, vermochte nur 338 in's Feld zu stellen und so entschlüpfte der honnette Jude noch einmal ihren Schlägen. Doch wird der Waffenstillstand nicht lange dauern. Das Journal Rothschilds sagt: „Die Berathung hatte eine Wichtigkeit angenommen, auf welche man nicht gefaßt war; die finanzielle Frage war so zu sagen vor der politischen gewichen. Hr. Goudchaur selbst war es, der sie zu unserem großen Erstaunen auf dieses Gebiet hinübergespielt. Wir haben dem ehrenvollen Charakter, den guten Gesinnungen, dem versöhnlichen und gemäßigten Geiste des Hrn. Goudchaur häufig Gerechtigkeit widerfahren lassen, heute können wir ihm dasselbe Lob nicht spenden. Mit aller Unpartheilichkeit der Welt können wir nicht verschweigen, daß Hr. Goudchaur ganz und gar aus seinem Charakter und parlamentarischen Gebräuchen heraustrat. Er war dießmal weder versöhnlich noch mäßig. Er war vielmehr ganz das Gegentheil. Und das Erstaunenswertheste bei der Debatte ist der Umstand, daß Hr. Goudchaur aus eigenem Antriebe, ohne alle Herausforderung, ohne ernsten Beweggrund und ohne allen Pretext, könnte man sagen, so heftig wurde. In einem Wort, seine Rede bleibt ein Räthsel für uns.“

‒ Nach Guerrieri, trafen Albert Ricci aus Turin und Amalfi aus Venedig bei Cavaignac ein, um sich mit der Exekutionsgewalt über die Vertreibung der Oestreicher aus Italien zu besprechen.

‒ Den Debats zu Folge dränge das Turiner Kabinet jetzt endlich selbst auf Intervention, die es bisher abgewiesen hatte In Turin selbst seien Unruhen ausgebrochen.

‒ Amalfi aus Venedig hat dem General Cavaignac geradezu erklärt, daß Venedig unfehlbar wieder in die Hände Oestreichs zurückfalle, wenn Frankreich sich nicht ins Mittel lege. Welche Antwort das Kabinet ihm gegeben, ist natürlich noch Staatsgeheimniß.

‒ Der Moniteur bringt diesen Morgen ein Dekret Cavaignac's das eine Kommission ernennt, welche der Exekutivgewalt vorzuschlagen: in welche Gegend des Weltmeeres und auf welche Weise die Juni- und Mai-Verurtheilten überzuschiffen seien?

‒ Der Anfang der heutigen Sitzung der National-Versammlung verspricht Interesse. Bauchart ein Advokat aus Bourg und Mitglied der National-Versammlung, den die Untersuchungskommission für die Mai- und Juni-Ereignisse zum Berichterstatter wählte, wird heute seinen Generalbericht vorlegen. Derselbe wird wohl sofort in die Druckerei wandern. Die gestrigen Gerüchte von Verhaftung Ledrü Rollins, Caussidieres und Louis Blanc's scheinen sich nicht zu bestätigen. Bauchart's ganze Einleitung mußte übrigens radikal umgeändert werden, da sie durch einen Brief A. Huber's an die Untersuchungs-Kommission, worin sich derselbe als alleiniger Urheber des 15. Mai auf unwidersprechliche Weise kundgibt, gleich einem Kartenhause vom Winde niedergerissen wurde. Der Brief Huberts beweist klar, daß weder am 15. Mai, noch im Juni von einem Komplott eine Rede war. Hubert bietet sich an, sich zu stellen, falls man die unschuldigen Opfer in Vincennes frei lasse.

‒ Heute Abend große musikalische Soirée bei dem Präsidenten Armand Marrast.

‒ Die Instruktion schreitet voraus, und die den Insurgenten vorgeworfenen Gräuelthaten stellen sich in einem andern Lichte heraus.

1) Die Kugel, welche den General Regrier getödtet, ist von einem Soldaten der Garnison abgeschossen worden und zwar aus persönlicher Rache gegen den General.

2) Der Tod des Generals Brea war nur ein Vergeltungsakt: eine halbe Stunde vorher hatte der General 4 Insurgenten niederschießen lassen, die in seine Hände gefallen.

Nationalversammlung. Sitzung vom 3. August. Das Gerücht, daß Bauchart's Bericht über die Untersuchung der Mai-und Juni-Ereignisse, die Verhaftung Caussidière's, Louis Blanc's u. A. nach sich ziehen könnte, hatte alle Plätze gefüllt, als Marrast die Sitzung um 1 1/2 Uhr eröffnete.

Montalembert legt eine Bittschrift nieder, in welcher der Patriarch von Jerusalem um Schutz des heil. Grabes bittet. Diese Bittschrift wurde dem Grafen vom Pabst Pius IX. zugestellt. Sie wird an den Minister des Auswärtigen später wahrscheinlich überwiesen, um die geeigneten Maßregeln zu treffen.

Bauchart besteigt die Bühne. Präsident Marrast fordert die Versammlung auf, der Vorlesung des Berichts über die Mai-und Juni-Scenen, die größte Aufmerksamkeit zu schenken, da dessen Anträge auf Ergreifung neuer gerichtlicher Maßregeln lauten. (Aufsehen.) Bauchart beginnt demnächst die Vorlesung des voluminösen Aktenstücks nebst seinen zahlreichen Beilagen. Den Anfang bilden die Dekrete, welche die Einleitung der Untersuchung anordnen. Diese sei eine politische, keine gerichtliche. Ursprünglich nur durch die Junirevolution hervorgerufen, sei sie auf die Maiereignisse ausgedehnt worden. Die Verhöre seien leicht von statten gegangen, dennoch hätten viele Zeugen große Behutsamkeit an den Tag gelegt, und viele hätten sich nur durch die Schrecken der Junirevolution zu Geständnissen bewegen lassen. Der Bericht entwirft eine Schilderung des Charakters der Erstürmung der Nationalversammlung am 15. Mai, beleuchtet den Einfluß der Luxemburg-Kommission und ihrer beiden Vorsteher, Louis Blanc und Albert. Er nennt den Charakter jenes Sturms eher einen politischen als sozialen. Die Junirevolution sei dagegen entschieden sozial; der Ausbruch der im Luxemburg gepredigten Lehre. Die Kommission habe streng nachgeforscht, ob einzelne Glieder der Februar-Regierung sich an den Ereignissen indirekt betheiligt oder ob Anhänger der gestürzten Monarchie in dieselben verwickelt? Die Kommission habe keine direkten Verbindungen gefunden; selbst nicht einmal sichere Spuren seien vorhanden. (La Commission n'y en a point vu de traces.) Die sozialistischen Lehren im Luxemburg, die von der Provisorischen Regierung in die Departements entsendeten Kommissarien, die Häupter der Klubs und vorzüglich die aus den geheimen Geldern des Ministeriums des Innern besoldeten Agenten, sind die vorzüglichsten Urheber jener Ereignisse. (Erstaunen, Ledrü-Rollin protestirt durch einige Zurufe.) Der Minister des Innern. Herr Ledrü-Rollin, fährt Bauchart fort, hat gegen obige Angaben protestirt; aber wir haben uns nur zur sehr von dem Einfluß der im Ministerio des Innern mit George Sand's Hülfe redigirten Bülletins überzeugt. Die Bewaffnung der Fremdenlegionen gegen Belgien etc. aus dem Arsenale der Republik beweise nicht minder die geheime Hand der Provisorischen Regierung, in deren Schooße dieserhalb sogar heftige Mißhelligkeiten ausgebrochen, woüber der Referent das Zeugniß Arago's vorliest. Prinzipiell schreibt die Kommission abermals den im Luxemburg gepredigten Grundsätzen den verderblichsten Einfluß zu. Die Berichte des „Moniteur“ hätten bei Weitem nicht Alles veröffentlicht was bei den dortigen Verhandlungen gesprochen worden. (Louis Blanc: Ich verlange das Wort!‥) Viele Stellen seien unterdrückt worden, und den Schnellschreibern, die wir eidlich verhörten, die Weisung gegeben worden, die heftigsten Sätze wegzulassen. Daß selbige einen Klassenkampf hervorrufen mußten, hätten die Mai-Excesse deutlich bestätigt. Die Gründung eines Ministeriums des Fortschritts oder der Arbeit, für Hrn. Louis Blanc wohlverstanden, habe den Arbeitern den Kopf verdreht; die Privatindustrie zu tödten und den Staat an die Spitze der Produktion zu stellen, sei ein Grundsatz, den die Nationalversammlung mit Recht bekämpft

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        <titlePart type="main">1. Beilage zu Nr. 67 der Neuen Rh. Zeitg. </titlePart>
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          <docDate>Sonntag 6. August 1848.</docDate>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi>Köln. (Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung).      Frankfurt. (National-Versammlung: § 7 der Grundrechte). Berlin. (Neue Exzesse in      Charlottenburg. &#x2012; Bornemann gewählt. &#x2012; Demonstration bei Held und dem Kriegsminister. &#x2012; Rimpler      Bürgergeneral. &#x2012; Die Setzer. &#x2012; Die Hallischen Deputirten. &#x2012; Herr Held). Schweidnitz. (Die      Soldateska). Jena. (Demokratischer Kongreß Thüringens). Dresden. (Arbeitseinstellung      sämmtlicher Buchdruckergehülfen). Prag. (Leo Thun's Schreiben an den Minister des Innern und      dessen Antwort). Wien. (Der bevorstehende Bürgerkrieg. &#x2012; Ein Plakat. &#x2012; Konstituirende      Reichsversammlung vom 31. Juli. &#x2012; Nachricht aus Italien. Mainz. (Die angeklagten Demokraten      freigesprochen). Göttingen. (Exzesse). Hannover. (Stegen frei). Hamburg. (Ueber die      Waffenstillstandsunterhandlungen). Apenrade. (Alarm wegen angeblichen Vorrückens der      Dänen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi>Mailand. (Karl Albert's Proklamation an die Soldaten. &#x2012;      Garibaldi und Mazzini. &#x2012; Brescia soll kapitulirt haben und Karl Albert sich über den Po      zurückziehen). Verona. (Der Rückzug der Piemontesen. &#x2012; Karl Alberts Gesuch um Französische      Hülfe). Turin. (Kammerverhandlungen). Neapel. (Das Kriegsgericht im Fort St. Elmo. &#x2012; Aufstand      in der Provinz Lecce). Palermo. (Sardinische Dämpfer vor Messina. &#x2012; Gerücht einer      Tripel-Allianz).</p>
        <p><hi rendition="#g">Schweiz</hi> Lugano. (Auswanderung aus der Lombardei).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> Paris. (Journalschau. &#x2012; Huberts Brief. &#x2012; Ueber      den Tod der Generale Regrier und Brea. &#x2012; Vermischtes. &#x2012; Sitzung der National-Versammlung vom 3.      August).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Der Standard über Lord Hardinge). Dublin.      (Lord Hardinges. &#x2012; Arrestationen. &#x2012; Gerücht über O'Brien. &#x2012; Stimmung bei Limmerick. &#x2012;      Rathkeale. &#x2012; Carrick-on-Suir. &#x2012; Tipperary. &#x2012; Cork).</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi>Pesth. (Befehl zur Entwaffnung der raizischen      Ortschaften).</p>
        <p><hi rendition="#g">Türkei.</hi> Belgrad. (Ruhestörung durch einen türkischen Soldaten      veranlaßt).</p>
        <p><hi rendition="#g">Amerika.</hi> (Die Sklavenfrage. &#x2012; Organisirung der neuerworbenen Gebiete.      &#x2012; Reciprocitätsbill in Betreff kanadischer Produkten. &#x2012; Die Präsidentschaftskandidaten. &#x2012; Der      Bürgerkrieg in Mexiko. &#x2012; Paredes plündert; sein Pronunciaraiento. &#x2012; Widerstand der Bürger in      Tampico. &#x2012; Die Weißen und die Indianer in Pucatan, Porto Rico und Martinique).</p>
      </div>
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        <head>[Italien]</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 6. August 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 507.</bibl>                </note>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 28. Juli.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 6. August 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 507.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Palermo, 21. Juli.</head>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 2. Aug.</head>
          <p>Die Wuth der Bourgeoisie über Proudhon's Rede ist namenlos. Der &#x201E; Commerce&#x201C; heult: &#x201E;Woher       die entsetzliche moralische Geistes- und Herzensseuche, die man Socialismus nennt? Dieses       krebsartige Leiden, das lächerlich wäre, wenn es nicht eine sehr traurige Seite darböte! Das       kommt von dem Unterricht in den Schulen, wo die sogenannten klassischen Studien vorwiegen,       statt professionell und wissenschaftlich zu sein. Die ewigen Wahrheiten der Nationalökonomie       sollten den jungen Seelen dort eingeprägt werden. Die Professoren würden die gesunden Lehren       eines Adam Smith und Say verbreiten, und sich mit Ekel abwenden von denen eines St. Simon und       Fourier. Nur dann wird man dies Gift der Herren Barbès, Cabet und P. Leroux wirkungslos machen       können. &#x201C; Was besonders die Väter des Vaterlandes erschütterte, war Proudhon's Satz: der       Miethsmann und Pächter brauche eigentlich nicht mehr Miethe zu zahlen; hierüber gerieth der       Minister des Innern, Advokat Senard (der Kartätschenmann von Rouen) laut Augenzeugen in       krampfiges Zucken, und stolperte nach der Tribüne; nur mit Mühe hielten die um seine       Gesundheit besorgten Freunde ihn von einem Gegensermon ab. Daß Proudhon ihnen einen &#x201E; baldigen       Tod&#x201C; prophezeite und sagte: &#x201E; durch Ausstreichung des Arbeitsanrechts öffnet ihr ja Thor und       Thür dem Insurrektionsrecht&#x201C;, erregte bei vielen Honorabeln ein nervöses Lachen. Der Corsaire       verlangt heute seine Arrestation, &#x201E;auf daß er Gesellschaft leiste seinen Junijüngern, die       hinter den Barrikaden Eigenthum mit Diebstahl verwechselten&#x201C;, und im lindesten Fall eine Zelle       im Irrenhause.</p>
          <p>So viel ist klar, das honntteproprietärische Frankreich wird von der Montagssitzung noch       lange an bösen Träumen leiden. &#x201E;Her mit den Handschellen und Knebeln, heult das Journal de       Rouen, her mit der fliegenden (Mobile) Gensdarmerie, dem neuen Hülfskorps des redlichen       Pflügers gegen die Diebstahls- und Prostitutionsprofessoren von Paris, unsere Kerkermauern       sind noch dick, und unsere Assisen sind noch zuverlässig; diese modernen Rothhäute, diese       Menschenfresser und Skalpirer werden von unsern Mobilschaaren gehetzt werden u. s. w. &#x201C; Der       &#x201E;Commerce&#x201C; druckt einen Brief Louis Blanc's ab, worin es heißt: &#x201E;Herr Redakteur, auf Ihren       Vorwurf, ich hätte die Arbeitsgarantie, das Arbeitsrecht aufgestellt, antworte ich: ich bin       stolz darauf. Sie klagen mich ferner an: Haß gegen das Kapital gepredigt zu haben: das ist       falsch und zudem mißverständlich. Sie schreiben die Nationalwerkstätten mir zu; ich habe schon       zweimal öffentlich diese Lüge widerlegt. Sie sagen: ich hätte Plünderung der reichen Leute       gelehrt; was Ihnen, mein Herr, wohl schwer zu beweisen fallen möchte; ich habe aber stets       gegen die Verletzung des Eigenthums der Armen, d. h. der Arbeit, geeifert, und werde es       stets.' Worauf das volksfeindliche Blatt erwidert: &#x201E;Herr Louis Blatt hat in seiner Schrift       Organisation der Arbeit gegen die Tyrannei des Kapitals gepredigt. In wiefern er in die       Nationalateliers verwickelt war, wird die Geschichte (lies der Militärprozeß) aufhellen. Er       lehrte zwar nicht offene, brutale &#x201E;Angriffe&#x201C; auf das sauer und wohl erworbene (!) Besitzthum       der Reichen; allein durch seine lieblichen Socialwerkstätten hätte er bald die       Privatindustriellen ruinirt, folglich indirekt Raub verübt. Seltsam genug hat Herr Louis Blanc       gestern gegen Proudhon gestimmt.&#x201C; Das Univers spöttelt über die schwächlichen Gegner       Proudhon's und L. Blanc's: der Voltärianismus sei freilich außer Stande, die Feinde Gottes zu       besiegen, zumal da diese Socialisten mehr Geist und Wissen besäßen als hundert       rationalistische Staatswesen und Universitätspedanten. &#x2012; Das Aufblühen des &#x201E;vertraulichen       Verkehrs und Erwerbs&#x201C; zeigt sich unstreitig auch in den 8000 Suppenschüsseln, die die Garnison       als tägliches Almosen an Hungerleider austheilt; ein alter Kniff zugleich, den persönlichen       Volkshaß gegen das Militär zu besänftigen, schon unter Ludwig Philipp zuweilen gebräuchlich. &#x2012;       Jetzt wimmelt es von impertinenten Bildern aller Art, worin die Insurgenten als Teufel       dargestellt werden, und die Ordnungsmänner als Götter; nur <hi rendition="#g">ein</hi> Gegenbild erschien, und es ward <hi rendition="#g">sofort in drei Zeitungen dem        Polizeipräfekten denuncirt</hi> mit den Worten: &#x201E;Man bittet Sie, den öffentlichen Weg von       diesem moralischen Unrath zu säubern.&#x201C; &#x2012; Die Kunde von Irlands Fehlschlägen entzückt das       Siècle und das fromm-katholische Univers; die Börse war indeß gestern sehr unruhig wegen       Italien, das man zum Teufel wünscht. Krieg sei ein großes Malheur, seufzt das Krämerblatt, und       &#x201E;höchstens nur der Socialpartei angenehm.&#x201C; In den Provinzen wird durch Brandstiften der       antisociale Grimm der Bauern rege gehalten; aus Bordeaux schreibt man: &#x201E;seht, die Räuber,       welche Gott aus dem Himmel stürzen und den redlichen Eigenthümer aus seinem Besitzthum treiben       möchten, die sogenannten Socialreformer rächen sich jetzt und zünden eure Saaten an, aber die       himmlischen Heerschaaren und die Gensdarmen werden euch schirmen.&#x201C; &#x2012; &#x201E;Wenn jetzt neu gewählt       wird, sagt das &#x201E;Journal&#x201C; des Monsieur Karr, dann laßt uns Acht haben auf die 77,000 Pariser       Wähler, die einen Proudhon in die Kammer schickten. Diese Verehrer des systematischen       Diebstahls werden wieder stimmen wie <hi rendition="#g">ein</hi> Mann, werden uns vielleicht       einen Cabet, einen Raspail obendrein schicken wollen. Da man sie nun <hi rendition="#g">noch        nicht</hi> (!) des Votirens verlustig machen kann, so bleibt den Ehrenmännern, den echten       Republikanern nur übrig, auf's strengste zusammen zu halten und jene Rotte durch Wahlkraft zu       besiegen. Es genügt, den Plan Raspail's zu kennen: durch Staatsankauf sämmtlicher Kleidungs-       Eßwaaren und Möbelmagazine vermöge Papiergeld, den niederen Klassen Abhülfe zu schaffen &#x2012; und       es wird wohl Niemand der höheren Klassen etwas gegen eine <hi rendition="#g">ewige</hi> Gefangenhaltung des strafbaren Aufwieglers einzuwenden finden. Auch Proudhon dürfte einem       gleichen Ziele entgegen reisen. Der Gesellschaftsorganismus thut ganz gut, sich durch <hi rendition="#g">alle erdenklichen Heilmittel</hi> dieses so zudringlichen Ungeziefers (vermine       importune) zu entledigen&#x201C; u. s. w.</p>
        </div>
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          <head>Paris, 2. August.</head>
          <p><hi rendition="#g">Hubert,</hi> einer der Flüchtlinge und Angeklagten vom 15. Mai, gibt in       einem Briefe an die Reforme Aufschlüsse über diese Demonstration.</p>
          <p>&#x201E;Glücklicher als meine in den Kasematten schmachtenden Freunde, ist es mir gelungen, trotz       aller Nachsuchungen, in der schirmenden Wohnung eines Freundes Schutz zu finden gegen das       Proseriptionsurtheil, das auch mich treffen sollte. Ich höre, daß die Untersuchungskommission,       die mit dem Berichte über den Charak-<lb/><cb n="2"/>
ter und die Ursachen der Manifestation vom 15. Mai und der Juni-Insurrektion       beauftragt war, ihre Arbeit vollendet hat, und sie nächstens der Kammer vorlegen wird. Ich       will keineswegs den moralischen Werth der Kommission, noch ihre Unparteilichkeit in Abrede       stellen; aber wie auch immer dieser Bericht ausfallen mag, so würde er immer unvollständig       sein, und den Feinden und Verläumdern der alten Demokraten neuen Stoff geben, wenn ich es       unterließe, neue wesentliche Dètails hinzuzufügen, die ich allein nur geben kann.</p>
          <p>Haupturheber der Manifestation vom 15. Mai, und ganz besonders mit den Männern bekannt, die       Antheil daran genommen haben, werde ich alle Auskunft darüber geben, die ich meiner Lage       schuldig zu sein glaube &#x2026; Niemand kann die Wahrhaftigkeit meiner Worte in Zweifel ziehen. Zu       jeder Zeit, in den Kerkern des Exkönigs, wie sen dem 24. Februar, habe ich den Muth gehabt,       meine Meinung zu behaupten, und die Verantwortlichkeit meiner Akte zu übernehmen&#x2026;. Soldat der       Republik seit 1830, dreizehn Jahre lang im Kerker und jetzt wiederum proscribirt, habe ich des       Leidens genug gekannt, um mich jetzt auch nur im Mindesten zu beklagen&#x2026;.Die Geschichte wird       später die Blutmänner namhaft machen, welche die Republik entehrt haben. Sie wird zeigen, wie       leicht es gewesen, dieses entsetzliche Blutbad zu vermeiden, und richten, ob man mit der       Schneide des Säbels und mit Proscriptionsdekreten zur Lösung der sozialen Fragen gelangt, die       jetzt alle Klassen der Gesellschaft bewegen&#x2026;. Was die Reaktion nie dem Volke verzeihen wird,       ist nicht die Manifestation vom 15. Mai, sondern die Revolution vom 24. Februar. Was die       Reaktion <hi rendition="#g">uns</hi> nie verzeihen wird, ist, daß wir diese Revolution durch       ein 17jähriges Kämpfen vorbereitet haben&#x2026;. Weil wir mit dem Volke sympathisiren, weil wir eine       Republik wollen, die dem Arbeiter für seine Arbeit etwas anders gibt, als Elend, klagte man       uns an, Raub und Mord organisiren zu wollen&#x2026;. Wie sehr es nun auch in Euren Plan passen mag,       einen Zusammenhang zwischen den Mai-und Juni-Ereignissen herauszufinden, so wird es Euch nie       gelingen, und das Endresultat aller Eurer Nachforschungen wird immer mit der Erklärung endigen       müssen: </p>
          <p>1) Es gab und konnte am 15. Mai kein Komplott existiren; denn ein einziger Mann war der       Urheber dieser Volksmanifestation. </p>
          <p>2) Es konnte zwischen diesen beiden Ereignissen kein Zusammenhang Statt finden, weil dieser       Mann, obgleich damals frei, keinen direkten noch indirekten Antheil an der Insurrektion       genommen hat. </p>
          <p>Die gerichtliche Instruktion vor dem 23. Juni und die nachfolgende Untersuchung werden       hinlänglich herausgestellt haben, daß ich dieser Mann war. </p>
          <p>Ich habe auf den Wunsch einer großen Anzahl von Delegirten irländischer, polnischer und       italienischer Demokraten die Klubs und Korporationen zusammen berufen, um eine Manifestation       zu Gunsten Polens zu veranstalten.</p>
          <p>Ich habe es gethan, mit der ausdrücklichen Bedingung, daß diese Manifestation einen       friedlichen Charakter haben sollte. Ich habe diese Manifestation zu wiederholten Malen       hinausgeschoben, auf den Wunsch meines Freundes Barbes, der zuerst die Meinung und den Willen       der Nationalversammlung kennen wollte. Ich setze noch hinzu, daß am 14. Mai, als ich für den       kommenden Tag die nöthigen Anstalten zu einer <hi rendition="#g">friedfertigen</hi> Manifestation machte, mein Freund Barbes aus Gründen, die mir leider erst später bekannt       wurden, mich allenthalben aufsuchte, um mich zu einer neuen Vertagung zu bestimmen&#x2026;</p>
        </div>
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          <head>Paris, 3. August.</head>
          <p>Hr. Goudchaur ist noch Minister. Die Rue de Poitiers, die ihn mit ihren vierhundert       Gladiatoren niederrennen wollte, weil er gewagt hatte, eine Idee der provisorischen Regierung       zu der seinigen zu machen, vermochte nur 338 in's Feld zu stellen und so entschlüpfte der <hi rendition="#g">honnette Jude</hi> noch einmal ihren Schlägen. Doch wird der Waffenstillstand       nicht lange dauern. Das <hi rendition="#g">Journal Rothschilds</hi> sagt: &#x201E;Die Berathung hatte       eine Wichtigkeit angenommen, auf welche man nicht gefaßt war; die finanzielle Frage war so zu       sagen vor der politischen gewichen. Hr. Goudchaur selbst war es, der sie zu <hi rendition="#g">unserem großen Erstaunen</hi> auf dieses Gebiet hinübergespielt. Wir haben dem ehrenvollen       Charakter, den guten Gesinnungen, dem versöhnlichen und gemäßigten Geiste des Hrn. Goudchaur       häufig Gerechtigkeit widerfahren lassen, heute können wir ihm dasselbe Lob nicht spenden. Mit       aller Unpartheilichkeit der Welt können wir nicht verschweigen, daß Hr. Goudchaur ganz und gar       aus seinem Charakter und parlamentarischen Gebräuchen heraustrat. Er war dießmal weder       versöhnlich noch mäßig. Er war vielmehr ganz das Gegentheil. Und das Erstaunenswertheste bei       der Debatte ist der Umstand, daß Hr. Goudchaur aus eigenem Antriebe, ohne alle       Herausforderung, ohne ernsten Beweggrund und ohne allen Pretext, könnte man sagen, so heftig       wurde. In einem Wort, seine Rede bleibt ein Räthsel für uns.&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Nach Guerrieri, trafen Albert Ricci aus Turin und Amalfi aus Venedig bei Cavaignac ein, um       sich mit der Exekutionsgewalt über die Vertreibung der Oestreicher aus Italien zu       besprechen.</p>
          <p>&#x2012; Den Debats zu Folge dränge das Turiner Kabinet jetzt endlich selbst auf Intervention, die       es bisher abgewiesen hatte In Turin selbst seien Unruhen ausgebrochen.</p>
          <p>&#x2012; Amalfi aus Venedig hat dem General Cavaignac geradezu erklärt, daß Venedig unfehlbar       wieder in die Hände Oestreichs zurückfalle, wenn Frankreich sich nicht ins Mittel lege. Welche       Antwort das Kabinet ihm gegeben, ist natürlich noch Staatsgeheimniß.</p>
          <p>&#x2012; Der Moniteur bringt diesen Morgen ein Dekret Cavaignac's das eine Kommission ernennt,       welche der Exekutivgewalt vorzuschlagen: in welche Gegend des Weltmeeres und auf welche Weise       die Juni- und Mai-Verurtheilten überzuschiffen seien?</p>
          <p>&#x2012; Der Anfang der heutigen Sitzung der National-Versammlung verspricht Interesse. Bauchart       ein Advokat aus Bourg und Mitglied der National-Versammlung, den die Untersuchungskommission       für die Mai- und Juni-Ereignisse zum Berichterstatter wählte, wird heute seinen Generalbericht       vorlegen. Derselbe wird wohl sofort in die Druckerei wandern. Die gestrigen Gerüchte von       Verhaftung Ledrü Rollins, Caussidieres und Louis Blanc's scheinen sich nicht zu bestätigen.       Bauchart's ganze Einleitung mußte übrigens radikal umgeändert werden, da sie durch einen Brief       A. Huber's an die Untersuchungs-Kommission, worin sich derselbe als alleiniger Urheber des 15.       Mai auf unwidersprechliche Weise kundgibt, gleich einem Kartenhause vom Winde niedergerissen       wurde. Der Brief Huberts beweist klar, daß weder am 15. Mai, noch im Juni von einem Komplott       eine Rede war. Hubert bietet sich an, sich zu stellen, falls man die unschuldigen Opfer in       Vincennes frei lasse.</p>
          <p>&#x2012; Heute Abend große musikalische Soirée bei dem Präsidenten Armand Marrast.</p>
          <p>&#x2012; Die Instruktion schreitet voraus, und die den Insurgenten vorgeworfenen Gräuelthaten       stellen sich in einem andern Lichte heraus.</p>
          <p>1) Die Kugel, welche den General Regrier getödtet, ist von einem Soldaten der Garnison       abgeschossen worden und zwar aus persönlicher Rache gegen den General.</p>
          <p>2) Der Tod des Generals Brea war nur ein Vergeltungsakt: eine halbe Stunde vorher hatte der       General 4 Insurgenten niederschießen lassen, die in seine Hände gefallen. </p>
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          <p> &#x2012; <hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 3. August. Das Gerücht, daß       Bauchart's Bericht über die Untersuchung der Mai-und Juni-Ereignisse, die Verhaftung       Caussidière's, Louis Blanc's u. A. nach sich ziehen könnte, hatte alle Plätze gefüllt, als       Marrast die Sitzung um 1 1/2 Uhr eröffnete.</p>
          <p>Montalembert legt eine Bittschrift nieder, in welcher der Patriarch von Jerusalem um Schutz       des heil. Grabes bittet. Diese Bittschrift wurde dem Grafen vom Pabst Pius IX. zugestellt. Sie       wird an den Minister des Auswärtigen später wahrscheinlich überwiesen, um die geeigneten       Maßregeln zu treffen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bauchart</hi> besteigt die Bühne. Präsident Marrast fordert die       Versammlung auf, der Vorlesung des Berichts über die Mai-und Juni-Scenen, die größte       Aufmerksamkeit zu schenken, da dessen Anträge auf Ergreifung neuer gerichtlicher Maßregeln       lauten. (Aufsehen.) Bauchart beginnt demnächst die Vorlesung des voluminösen Aktenstücks nebst       seinen zahlreichen Beilagen. Den Anfang bilden die Dekrete, welche die Einleitung der       Untersuchung anordnen. Diese sei eine politische, keine gerichtliche. Ursprünglich nur durch       die Junirevolution hervorgerufen, sei sie auf die Maiereignisse ausgedehnt worden. Die Verhöre       seien leicht von statten gegangen, dennoch hätten viele Zeugen große Behutsamkeit an den Tag       gelegt, und viele hätten sich nur durch die Schrecken der Junirevolution zu Geständnissen       bewegen lassen. Der Bericht entwirft eine Schilderung des Charakters der Erstürmung der       Nationalversammlung am 15. Mai, beleuchtet den Einfluß der Luxemburg-Kommission und ihrer       beiden Vorsteher, Louis Blanc und Albert. Er nennt den Charakter jenes Sturms eher einen       politischen als sozialen. Die Junirevolution sei dagegen entschieden sozial; der Ausbruch der       im Luxemburg gepredigten Lehre. Die Kommission habe streng nachgeforscht, ob einzelne Glieder       der Februar-Regierung sich an den Ereignissen indirekt betheiligt oder ob Anhänger der       gestürzten Monarchie in dieselben verwickelt? Die Kommission habe keine direkten Verbindungen       gefunden; selbst nicht einmal sichere Spuren seien vorhanden. (La Commission n'y en a point vu       de traces.) Die sozialistischen Lehren im Luxemburg, die von der Provisorischen Regierung in       die Departements entsendeten Kommissarien, die Häupter der Klubs und vorzüglich die aus den       geheimen Geldern des Ministeriums des Innern besoldeten Agenten, sind die vorzüglichsten       Urheber jener Ereignisse. (Erstaunen, Ledrü-Rollin protestirt durch einige Zurufe.) Der       Minister des Innern. Herr Ledrü-Rollin, fährt Bauchart fort, hat gegen obige Angaben       protestirt; aber wir haben uns nur zur sehr von dem Einfluß der im Ministerio des Innern mit       George Sand's Hülfe redigirten Bülletins überzeugt. Die Bewaffnung der Fremdenlegionen gegen       Belgien etc. aus dem Arsenale der Republik beweise nicht minder die geheime Hand der       Provisorischen Regierung, in deren Schooße dieserhalb sogar heftige Mißhelligkeiten       ausgebrochen, woüber der Referent das Zeugniß Arago's vorliest. Prinzipiell schreibt die       Kommission abermals den im Luxemburg gepredigten Grundsätzen den verderblichsten Einfluß zu.       Die Berichte des &#x201E;Moniteur&#x201C; hätten bei Weitem nicht Alles veröffentlicht was bei den dortigen       Verhandlungen gesprochen worden. (Louis Blanc: Ich verlange das Wort!&#x2025;) Viele Stellen seien       unterdrückt worden, und den Schnellschreibern, die wir <hi rendition="#g">eidlich</hi> verhörten, die Weisung gegeben worden, die heftigsten Sätze wegzulassen. Daß selbige einen       Klassenkampf hervorrufen mußten, hätten die Mai-Excesse deutlich bestätigt. Die Gründung eines       Ministeriums des Fortschritts oder der Arbeit, für Hrn. Louis Blanc wohlverstanden, habe den       Arbeitern den Kopf verdreht; die Privatindustrie zu tödten und den Staat an die Spitze der       Produktion zu stellen, sei ein Grundsatz, den die Nationalversammlung mit Recht bekämpft
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[0337/0001] 1. Beilage zu Nr. 67 der Neuen Rh. Zeitg. Sonntag 6. August 1848. Uebersicht. Deutschland.Köln. (Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung). Frankfurt. (National-Versammlung: § 7 der Grundrechte). Berlin. (Neue Exzesse in Charlottenburg. ‒ Bornemann gewählt. ‒ Demonstration bei Held und dem Kriegsminister. ‒ Rimpler Bürgergeneral. ‒ Die Setzer. ‒ Die Hallischen Deputirten. ‒ Herr Held). Schweidnitz. (Die Soldateska). Jena. (Demokratischer Kongreß Thüringens). Dresden. (Arbeitseinstellung sämmtlicher Buchdruckergehülfen). Prag. (Leo Thun's Schreiben an den Minister des Innern und dessen Antwort). Wien. (Der bevorstehende Bürgerkrieg. ‒ Ein Plakat. ‒ Konstituirende Reichsversammlung vom 31. Juli. ‒ Nachricht aus Italien. Mainz. (Die angeklagten Demokraten freigesprochen). Göttingen. (Exzesse). Hannover. (Stegen frei). Hamburg. (Ueber die Waffenstillstandsunterhandlungen). Apenrade. (Alarm wegen angeblichen Vorrückens der Dänen). Italien.Mailand. (Karl Albert's Proklamation an die Soldaten. ‒ Garibaldi und Mazzini. ‒ Brescia soll kapitulirt haben und Karl Albert sich über den Po zurückziehen). Verona. (Der Rückzug der Piemontesen. ‒ Karl Alberts Gesuch um Französische Hülfe). Turin. (Kammerverhandlungen). Neapel. (Das Kriegsgericht im Fort St. Elmo. ‒ Aufstand in der Provinz Lecce). Palermo. (Sardinische Dämpfer vor Messina. ‒ Gerücht einer Tripel-Allianz). Schweiz Lugano. (Auswanderung aus der Lombardei). Französische Republik. Paris. (Journalschau. ‒ Huberts Brief. ‒ Ueber den Tod der Generale Regrier und Brea. ‒ Vermischtes. ‒ Sitzung der National-Versammlung vom 3. August). Großbritannien. London. (Der Standard über Lord Hardinge). Dublin. (Lord Hardinges. ‒ Arrestationen. ‒ Gerücht über O'Brien. ‒ Stimmung bei Limmerick. ‒ Rathkeale. ‒ Carrick-on-Suir. ‒ Tipperary. ‒ Cork). Ungarn.Pesth. (Befehl zur Entwaffnung der raizischen Ortschaften). Türkei. Belgrad. (Ruhestörung durch einen türkischen Soldaten veranlaßt). Amerika. (Die Sklavenfrage. ‒ Organisirung der neuerworbenen Gebiete. ‒ Reciprocitätsbill in Betreff kanadischer Produkten. ‒ Die Präsidentschaftskandidaten. ‒ Der Bürgerkrieg in Mexiko. ‒ Paredes plündert; sein Pronunciaraiento. ‒ Widerstand der Bürger in Tampico. ‒ Die Weißen und die Indianer in Pucatan, Porto Rico und Martinique). [Italien] _ * Turin, 28. Juli. _ * Palermo, 21. Juli. _ Französische Republik. 17 Paris, 2. Aug. Die Wuth der Bourgeoisie über Proudhon's Rede ist namenlos. Der „ Commerce“ heult: „Woher die entsetzliche moralische Geistes- und Herzensseuche, die man Socialismus nennt? Dieses krebsartige Leiden, das lächerlich wäre, wenn es nicht eine sehr traurige Seite darböte! Das kommt von dem Unterricht in den Schulen, wo die sogenannten klassischen Studien vorwiegen, statt professionell und wissenschaftlich zu sein. Die ewigen Wahrheiten der Nationalökonomie sollten den jungen Seelen dort eingeprägt werden. Die Professoren würden die gesunden Lehren eines Adam Smith und Say verbreiten, und sich mit Ekel abwenden von denen eines St. Simon und Fourier. Nur dann wird man dies Gift der Herren Barbès, Cabet und P. Leroux wirkungslos machen können. “ Was besonders die Väter des Vaterlandes erschütterte, war Proudhon's Satz: der Miethsmann und Pächter brauche eigentlich nicht mehr Miethe zu zahlen; hierüber gerieth der Minister des Innern, Advokat Senard (der Kartätschenmann von Rouen) laut Augenzeugen in krampfiges Zucken, und stolperte nach der Tribüne; nur mit Mühe hielten die um seine Gesundheit besorgten Freunde ihn von einem Gegensermon ab. Daß Proudhon ihnen einen „ baldigen Tod“ prophezeite und sagte: „ durch Ausstreichung des Arbeitsanrechts öffnet ihr ja Thor und Thür dem Insurrektionsrecht“, erregte bei vielen Honorabeln ein nervöses Lachen. Der Corsaire verlangt heute seine Arrestation, „auf daß er Gesellschaft leiste seinen Junijüngern, die hinter den Barrikaden Eigenthum mit Diebstahl verwechselten“, und im lindesten Fall eine Zelle im Irrenhause. So viel ist klar, das honntteproprietärische Frankreich wird von der Montagssitzung noch lange an bösen Träumen leiden. „Her mit den Handschellen und Knebeln, heult das Journal de Rouen, her mit der fliegenden (Mobile) Gensdarmerie, dem neuen Hülfskorps des redlichen Pflügers gegen die Diebstahls- und Prostitutionsprofessoren von Paris, unsere Kerkermauern sind noch dick, und unsere Assisen sind noch zuverlässig; diese modernen Rothhäute, diese Menschenfresser und Skalpirer werden von unsern Mobilschaaren gehetzt werden u. s. w. “ Der „Commerce“ druckt einen Brief Louis Blanc's ab, worin es heißt: „Herr Redakteur, auf Ihren Vorwurf, ich hätte die Arbeitsgarantie, das Arbeitsrecht aufgestellt, antworte ich: ich bin stolz darauf. Sie klagen mich ferner an: Haß gegen das Kapital gepredigt zu haben: das ist falsch und zudem mißverständlich. Sie schreiben die Nationalwerkstätten mir zu; ich habe schon zweimal öffentlich diese Lüge widerlegt. Sie sagen: ich hätte Plünderung der reichen Leute gelehrt; was Ihnen, mein Herr, wohl schwer zu beweisen fallen möchte; ich habe aber stets gegen die Verletzung des Eigenthums der Armen, d. h. der Arbeit, geeifert, und werde es stets.' Worauf das volksfeindliche Blatt erwidert: „Herr Louis Blatt hat in seiner Schrift Organisation der Arbeit gegen die Tyrannei des Kapitals gepredigt. In wiefern er in die Nationalateliers verwickelt war, wird die Geschichte (lies der Militärprozeß) aufhellen. Er lehrte zwar nicht offene, brutale „Angriffe“ auf das sauer und wohl erworbene (!) Besitzthum der Reichen; allein durch seine lieblichen Socialwerkstätten hätte er bald die Privatindustriellen ruinirt, folglich indirekt Raub verübt. Seltsam genug hat Herr Louis Blanc gestern gegen Proudhon gestimmt.“ Das Univers spöttelt über die schwächlichen Gegner Proudhon's und L. Blanc's: der Voltärianismus sei freilich außer Stande, die Feinde Gottes zu besiegen, zumal da diese Socialisten mehr Geist und Wissen besäßen als hundert rationalistische Staatswesen und Universitätspedanten. ‒ Das Aufblühen des „vertraulichen Verkehrs und Erwerbs“ zeigt sich unstreitig auch in den 8000 Suppenschüsseln, die die Garnison als tägliches Almosen an Hungerleider austheilt; ein alter Kniff zugleich, den persönlichen Volkshaß gegen das Militär zu besänftigen, schon unter Ludwig Philipp zuweilen gebräuchlich. ‒ Jetzt wimmelt es von impertinenten Bildern aller Art, worin die Insurgenten als Teufel dargestellt werden, und die Ordnungsmänner als Götter; nur ein Gegenbild erschien, und es ward sofort in drei Zeitungen dem Polizeipräfekten denuncirt mit den Worten: „Man bittet Sie, den öffentlichen Weg von diesem moralischen Unrath zu säubern.“ ‒ Die Kunde von Irlands Fehlschlägen entzückt das Siècle und das fromm-katholische Univers; die Börse war indeß gestern sehr unruhig wegen Italien, das man zum Teufel wünscht. Krieg sei ein großes Malheur, seufzt das Krämerblatt, und „höchstens nur der Socialpartei angenehm.“ In den Provinzen wird durch Brandstiften der antisociale Grimm der Bauern rege gehalten; aus Bordeaux schreibt man: „seht, die Räuber, welche Gott aus dem Himmel stürzen und den redlichen Eigenthümer aus seinem Besitzthum treiben möchten, die sogenannten Socialreformer rächen sich jetzt und zünden eure Saaten an, aber die himmlischen Heerschaaren und die Gensdarmen werden euch schirmen.“ ‒ „Wenn jetzt neu gewählt wird, sagt das „Journal“ des Monsieur Karr, dann laßt uns Acht haben auf die 77,000 Pariser Wähler, die einen Proudhon in die Kammer schickten. Diese Verehrer des systematischen Diebstahls werden wieder stimmen wie ein Mann, werden uns vielleicht einen Cabet, einen Raspail obendrein schicken wollen. Da man sie nun noch nicht (!) des Votirens verlustig machen kann, so bleibt den Ehrenmännern, den echten Republikanern nur übrig, auf's strengste zusammen zu halten und jene Rotte durch Wahlkraft zu besiegen. Es genügt, den Plan Raspail's zu kennen: durch Staatsankauf sämmtlicher Kleidungs- Eßwaaren und Möbelmagazine vermöge Papiergeld, den niederen Klassen Abhülfe zu schaffen ‒ und es wird wohl Niemand der höheren Klassen etwas gegen eine ewige Gefangenhaltung des strafbaren Aufwieglers einzuwenden finden. Auch Proudhon dürfte einem gleichen Ziele entgegen reisen. Der Gesellschaftsorganismus thut ganz gut, sich durch alle erdenklichen Heilmittel dieses so zudringlichen Ungeziefers (vermine importune) zu entledigen“ u. s. w. Paris, 2. August. Hubert, einer der Flüchtlinge und Angeklagten vom 15. Mai, gibt in einem Briefe an die Reforme Aufschlüsse über diese Demonstration. „Glücklicher als meine in den Kasematten schmachtenden Freunde, ist es mir gelungen, trotz aller Nachsuchungen, in der schirmenden Wohnung eines Freundes Schutz zu finden gegen das Proseriptionsurtheil, das auch mich treffen sollte. Ich höre, daß die Untersuchungskommission, die mit dem Berichte über den Charak- ter und die Ursachen der Manifestation vom 15. Mai und der Juni-Insurrektion beauftragt war, ihre Arbeit vollendet hat, und sie nächstens der Kammer vorlegen wird. Ich will keineswegs den moralischen Werth der Kommission, noch ihre Unparteilichkeit in Abrede stellen; aber wie auch immer dieser Bericht ausfallen mag, so würde er immer unvollständig sein, und den Feinden und Verläumdern der alten Demokraten neuen Stoff geben, wenn ich es unterließe, neue wesentliche Dètails hinzuzufügen, die ich allein nur geben kann. Haupturheber der Manifestation vom 15. Mai, und ganz besonders mit den Männern bekannt, die Antheil daran genommen haben, werde ich alle Auskunft darüber geben, die ich meiner Lage schuldig zu sein glaube … Niemand kann die Wahrhaftigkeit meiner Worte in Zweifel ziehen. Zu jeder Zeit, in den Kerkern des Exkönigs, wie sen dem 24. Februar, habe ich den Muth gehabt, meine Meinung zu behaupten, und die Verantwortlichkeit meiner Akte zu übernehmen…. Soldat der Republik seit 1830, dreizehn Jahre lang im Kerker und jetzt wiederum proscribirt, habe ich des Leidens genug gekannt, um mich jetzt auch nur im Mindesten zu beklagen….Die Geschichte wird später die Blutmänner namhaft machen, welche die Republik entehrt haben. Sie wird zeigen, wie leicht es gewesen, dieses entsetzliche Blutbad zu vermeiden, und richten, ob man mit der Schneide des Säbels und mit Proscriptionsdekreten zur Lösung der sozialen Fragen gelangt, die jetzt alle Klassen der Gesellschaft bewegen…. Was die Reaktion nie dem Volke verzeihen wird, ist nicht die Manifestation vom 15. Mai, sondern die Revolution vom 24. Februar. Was die Reaktion uns nie verzeihen wird, ist, daß wir diese Revolution durch ein 17jähriges Kämpfen vorbereitet haben…. Weil wir mit dem Volke sympathisiren, weil wir eine Republik wollen, die dem Arbeiter für seine Arbeit etwas anders gibt, als Elend, klagte man uns an, Raub und Mord organisiren zu wollen…. Wie sehr es nun auch in Euren Plan passen mag, einen Zusammenhang zwischen den Mai-und Juni-Ereignissen herauszufinden, so wird es Euch nie gelingen, und das Endresultat aller Eurer Nachforschungen wird immer mit der Erklärung endigen müssen: 1) Es gab und konnte am 15. Mai kein Komplott existiren; denn ein einziger Mann war der Urheber dieser Volksmanifestation. 2) Es konnte zwischen diesen beiden Ereignissen kein Zusammenhang Statt finden, weil dieser Mann, obgleich damals frei, keinen direkten noch indirekten Antheil an der Insurrektion genommen hat. Die gerichtliche Instruktion vor dem 23. Juni und die nachfolgende Untersuchung werden hinlänglich herausgestellt haben, daß ich dieser Mann war. Ich habe auf den Wunsch einer großen Anzahl von Delegirten irländischer, polnischer und italienischer Demokraten die Klubs und Korporationen zusammen berufen, um eine Manifestation zu Gunsten Polens zu veranstalten. Ich habe es gethan, mit der ausdrücklichen Bedingung, daß diese Manifestation einen friedlichen Charakter haben sollte. Ich habe diese Manifestation zu wiederholten Malen hinausgeschoben, auf den Wunsch meines Freundes Barbes, der zuerst die Meinung und den Willen der Nationalversammlung kennen wollte. Ich setze noch hinzu, daß am 14. Mai, als ich für den kommenden Tag die nöthigen Anstalten zu einer friedfertigen Manifestation machte, mein Freund Barbes aus Gründen, die mir leider erst später bekannt wurden, mich allenthalben aufsuchte, um mich zu einer neuen Vertagung zu bestimmen… Paris, 3. August. Hr. Goudchaur ist noch Minister. Die Rue de Poitiers, die ihn mit ihren vierhundert Gladiatoren niederrennen wollte, weil er gewagt hatte, eine Idee der provisorischen Regierung zu der seinigen zu machen, vermochte nur 338 in's Feld zu stellen und so entschlüpfte der honnette Jude noch einmal ihren Schlägen. Doch wird der Waffenstillstand nicht lange dauern. Das Journal Rothschilds sagt: „Die Berathung hatte eine Wichtigkeit angenommen, auf welche man nicht gefaßt war; die finanzielle Frage war so zu sagen vor der politischen gewichen. Hr. Goudchaur selbst war es, der sie zu unserem großen Erstaunen auf dieses Gebiet hinübergespielt. Wir haben dem ehrenvollen Charakter, den guten Gesinnungen, dem versöhnlichen und gemäßigten Geiste des Hrn. Goudchaur häufig Gerechtigkeit widerfahren lassen, heute können wir ihm dasselbe Lob nicht spenden. Mit aller Unpartheilichkeit der Welt können wir nicht verschweigen, daß Hr. Goudchaur ganz und gar aus seinem Charakter und parlamentarischen Gebräuchen heraustrat. Er war dießmal weder versöhnlich noch mäßig. Er war vielmehr ganz das Gegentheil. Und das Erstaunenswertheste bei der Debatte ist der Umstand, daß Hr. Goudchaur aus eigenem Antriebe, ohne alle Herausforderung, ohne ernsten Beweggrund und ohne allen Pretext, könnte man sagen, so heftig wurde. In einem Wort, seine Rede bleibt ein Räthsel für uns.“ ‒ Nach Guerrieri, trafen Albert Ricci aus Turin und Amalfi aus Venedig bei Cavaignac ein, um sich mit der Exekutionsgewalt über die Vertreibung der Oestreicher aus Italien zu besprechen. ‒ Den Debats zu Folge dränge das Turiner Kabinet jetzt endlich selbst auf Intervention, die es bisher abgewiesen hatte In Turin selbst seien Unruhen ausgebrochen. ‒ Amalfi aus Venedig hat dem General Cavaignac geradezu erklärt, daß Venedig unfehlbar wieder in die Hände Oestreichs zurückfalle, wenn Frankreich sich nicht ins Mittel lege. Welche Antwort das Kabinet ihm gegeben, ist natürlich noch Staatsgeheimniß. ‒ Der Moniteur bringt diesen Morgen ein Dekret Cavaignac's das eine Kommission ernennt, welche der Exekutivgewalt vorzuschlagen: in welche Gegend des Weltmeeres und auf welche Weise die Juni- und Mai-Verurtheilten überzuschiffen seien? ‒ Der Anfang der heutigen Sitzung der National-Versammlung verspricht Interesse. Bauchart ein Advokat aus Bourg und Mitglied der National-Versammlung, den die Untersuchungskommission für die Mai- und Juni-Ereignisse zum Berichterstatter wählte, wird heute seinen Generalbericht vorlegen. Derselbe wird wohl sofort in die Druckerei wandern. Die gestrigen Gerüchte von Verhaftung Ledrü Rollins, Caussidieres und Louis Blanc's scheinen sich nicht zu bestätigen. Bauchart's ganze Einleitung mußte übrigens radikal umgeändert werden, da sie durch einen Brief A. Huber's an die Untersuchungs-Kommission, worin sich derselbe als alleiniger Urheber des 15. Mai auf unwidersprechliche Weise kundgibt, gleich einem Kartenhause vom Winde niedergerissen wurde. Der Brief Huberts beweist klar, daß weder am 15. Mai, noch im Juni von einem Komplott eine Rede war. Hubert bietet sich an, sich zu stellen, falls man die unschuldigen Opfer in Vincennes frei lasse. ‒ Heute Abend große musikalische Soirée bei dem Präsidenten Armand Marrast. ‒ Die Instruktion schreitet voraus, und die den Insurgenten vorgeworfenen Gräuelthaten stellen sich in einem andern Lichte heraus. 1) Die Kugel, welche den General Regrier getödtet, ist von einem Soldaten der Garnison abgeschossen worden und zwar aus persönlicher Rache gegen den General. 2) Der Tod des Generals Brea war nur ein Vergeltungsakt: eine halbe Stunde vorher hatte der General 4 Insurgenten niederschießen lassen, die in seine Hände gefallen. ‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 3. August. Das Gerücht, daß Bauchart's Bericht über die Untersuchung der Mai-und Juni-Ereignisse, die Verhaftung Caussidière's, Louis Blanc's u. A. nach sich ziehen könnte, hatte alle Plätze gefüllt, als Marrast die Sitzung um 1 1/2 Uhr eröffnete. Montalembert legt eine Bittschrift nieder, in welcher der Patriarch von Jerusalem um Schutz des heil. Grabes bittet. Diese Bittschrift wurde dem Grafen vom Pabst Pius IX. zugestellt. Sie wird an den Minister des Auswärtigen später wahrscheinlich überwiesen, um die geeigneten Maßregeln zu treffen. Bauchart besteigt die Bühne. Präsident Marrast fordert die Versammlung auf, der Vorlesung des Berichts über die Mai-und Juni-Scenen, die größte Aufmerksamkeit zu schenken, da dessen Anträge auf Ergreifung neuer gerichtlicher Maßregeln lauten. (Aufsehen.) Bauchart beginnt demnächst die Vorlesung des voluminösen Aktenstücks nebst seinen zahlreichen Beilagen. Den Anfang bilden die Dekrete, welche die Einleitung der Untersuchung anordnen. Diese sei eine politische, keine gerichtliche. Ursprünglich nur durch die Junirevolution hervorgerufen, sei sie auf die Maiereignisse ausgedehnt worden. Die Verhöre seien leicht von statten gegangen, dennoch hätten viele Zeugen große Behutsamkeit an den Tag gelegt, und viele hätten sich nur durch die Schrecken der Junirevolution zu Geständnissen bewegen lassen. Der Bericht entwirft eine Schilderung des Charakters der Erstürmung der Nationalversammlung am 15. Mai, beleuchtet den Einfluß der Luxemburg-Kommission und ihrer beiden Vorsteher, Louis Blanc und Albert. Er nennt den Charakter jenes Sturms eher einen politischen als sozialen. Die Junirevolution sei dagegen entschieden sozial; der Ausbruch der im Luxemburg gepredigten Lehre. Die Kommission habe streng nachgeforscht, ob einzelne Glieder der Februar-Regierung sich an den Ereignissen indirekt betheiligt oder ob Anhänger der gestürzten Monarchie in dieselben verwickelt? Die Kommission habe keine direkten Verbindungen gefunden; selbst nicht einmal sichere Spuren seien vorhanden. (La Commission n'y en a point vu de traces.) Die sozialistischen Lehren im Luxemburg, die von der Provisorischen Regierung in die Departements entsendeten Kommissarien, die Häupter der Klubs und vorzüglich die aus den geheimen Geldern des Ministeriums des Innern besoldeten Agenten, sind die vorzüglichsten Urheber jener Ereignisse. (Erstaunen, Ledrü-Rollin protestirt durch einige Zurufe.) Der Minister des Innern. Herr Ledrü-Rollin, fährt Bauchart fort, hat gegen obige Angaben protestirt; aber wir haben uns nur zur sehr von dem Einfluß der im Ministerio des Innern mit George Sand's Hülfe redigirten Bülletins überzeugt. Die Bewaffnung der Fremdenlegionen gegen Belgien etc. aus dem Arsenale der Republik beweise nicht minder die geheime Hand der Provisorischen Regierung, in deren Schooße dieserhalb sogar heftige Mißhelligkeiten ausgebrochen, woüber der Referent das Zeugniß Arago's vorliest. Prinzipiell schreibt die Kommission abermals den im Luxemburg gepredigten Grundsätzen den verderblichsten Einfluß zu. Die Berichte des „Moniteur“ hätten bei Weitem nicht Alles veröffentlicht was bei den dortigen Verhandlungen gesprochen worden. (Louis Blanc: Ich verlange das Wort!‥) Viele Stellen seien unterdrückt worden, und den Schnellschreibern, die wir eidlich verhörten, die Weisung gegeben worden, die heftigsten Sätze wegzulassen. Daß selbige einen Klassenkampf hervorrufen mußten, hätten die Mai-Excesse deutlich bestätigt. Die Gründung eines Ministeriums des Fortschritts oder der Arbeit, für Hrn. Louis Blanc wohlverstanden, habe den Arbeitern den Kopf verdreht; die Privatindustrie zu tödten und den Staat an die Spitze der Produktion zu stellen, sei ein Grundsatz, den die Nationalversammlung mit Recht bekämpft

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 67. Köln, 6. August 1848. Beilage, S. 0337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz067b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.