Neue Rheinische Zeitung. Nr. 72. Köln, 11. August 1848.schlagen: "An die Stelle der Todesstrafe tritt zehnjährige bis lebenswierige Zwangsarbeit, Zuchthaus oder Festungsstrafe." Der Justiz-Minister erklärt sich gegen dies Amendement, da es dadurch vorkommen würde, daß ein zum Tode verurtheilter nur zu zehnjähriger Strafe verurtheilt wird, während ein anderer Verbrecher, der nach bisherigen Gesetzen nur zu lebenswieriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, härter behandelt würde. Es wird aber gegenwärtig die Umarbeitung des Strafgesetzbuchs vorbereitet und dabei alles berücksichtigt werden, bei Festsetzung der Strafen über die verschiedenen Verbrechen, damit sie im Verhältniß zu einander stehen. Abg. Jung erklärt sich für das Amendement, da die Rheinprovinz durch den Gesetz-Entwurf benachtheiligt ist, indem nach demselben dort nur auf Zwangsarbeit erkannt werden muß, während dem Richter in den andern Provinzen die Wahl zwischen Zuchthaus- und Festungsstrafe gelassen wird, welches bei politischen Vergehen, als Hochverrath etc. besonders zu berücksichtigen ist. Nachdem noch mehrere Redner wie v. Daniels und Tamnau gegen das Amendement gesprochen haben, wird es verworfen und der §. 2. in seiner ursprünglichen Fassung angenommen. §. 3. lautet: "Die Verwandlung schon erkannter Todesstrafen erfolgt durch die zuständigen Gerichte" und wird ohne Debatte angenommen. Ueber das ganze Gesetz wird in der Freitagssitzung abgestimmt werden. Der Abg. Köhler hat schon vor 8 Tagen den Antrag gestellt, "die Versammlung wolle beschließen: die Satzung: das Leben des Menschen ist unverletzlich: die Todesstrafe ist abgeschafft", werde in die Verfassungs-Urkunde aufgenommen." Es hatten sich aber schon zu viel Mitglieder entfernt, um einen so wichtigen Theil der Verfassungs-Urkunde zu berathen; wie sich der Abg. v. Auerswald ausdrückte, deshalb wurde auch der Antrag verworfen, nicht des Prinzips halber, da man doch für Aufhebung der Todesstrafe gestimmt hat. Die Kommission für Berg- und Hüttenwesen hat so eben ihren Bericht, die Anträge der Abgeordneten Harkort, Hambloch, Schadt, Krackrügge und Müller (aus Brieg), betreffend: über die Regulirung und Gleichstellung der Bergwerks-Abgaben, den Mitgliedern der Vereinbarungs-Versammlung überreichen lassen. Nachdem die Kommission alle ihre Gründe auseinandergesetzt und alle Einwendungen widerlegt hat, schlägt sie im Einverständniß mit den Antragstellern, folgenden Gesetzentwurf vor: § 1. Vom 1. September 1848 ab sollen die dem Staat gebührenden Bergwerksabgaben im ganzen Königreich nach gleichem Maßstab erhoben werden. § 2. Sie zerfallen:a) in eine fixe Steuer von 2 Thlr. 20 Sgr. (10 Francs) von 381 Morgen (1 Quadrat Kilometer); Alle übrigen bisher an den Staat entrichteten Bergwerksabgaben sind mit dem 1. September 1848 aufgehoben. § 3. Bis zum Erlaß eines neuen Berggesetzes kommen für die Ermittelung und die Erhebung die für das linke Rheinufer geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Dekret vom 6. Mai 1811; K. O. vom 30. August 1820) zur Anwendung. § 4. Die Entrichtung der den Standesherren oder anderen Privaten gebührenden Zehnten übernimmt der Staat. Den Betrag der auf diese Art entrichteten Zehnten zieht er verhältnißmäßig von sämmtlichen gleichartigen Gruben der Landestheile rechts des Rheines wieder ein. § 5. Das gegenwärtige Gesetz bezieht sich nicht auf solche Abgaben, welche sonst noch an Korporationen, Institute und Privaten (Kirche, Schule, Knappschaftskasse etc.) zu entrichten sind. Die dem Berichte angehängte, vergleichende Zusammenstellung der im Jahre 1847 im ganzen preußischen Staate aufgekommenen Bergwerkssteuern an Zehnt etc. ergibt folgendes Resultat:Geldwerth der gewonnenen Produkte Thlr. 7,642,788 11 Sg. 9 Pf. Der Abgeordnete Pohle hat eine schleunige Interpellation an das Kriegsministerium gerichtet: 1) ob das Kriegsministerium nicht geneigt sei, die, in der an des Königs Majestät gerichteten und durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. genehmigte Proposition des Staatsministerii vom 31. Mai c., betreffend die Festsetzung eines Maximums des pensionsberechtigenden Einkommens der Civilbeamten etc., enthaltene Zusage:daß das Kriegsministerium einen gleichen Vorschlag hinsichtlich der Pensionen für das stehende Heer unverweilt vorlegen werde, 2) Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. sind die Reisekosten-Vergütungen für Civilbeamte etc. auf billige Pauschquanta reducirt worden. Diese Kabinets-Ordre gründet sich auf einen Vorschlag des Staatsministeriums vom 29. Mai c., welcher eine anderweitige Vorlage in nahe Aussicht stellt, wodurch die Vergütung der Reisekosten der zum stehenden Heere gehörenden Personen nach denselben Maßgaben regulirt werden soll. - Ich erlaube mir zu fragen: Wann diese Ersparnißmaßregel in Bezug auf das stehende Heer nunmehr zu erwarten steht? Die Abgeordneten Teichmann und Hepche beantragen folgende höchst schleunige Interpellation an das königl. Staats-Ministerium, betreffend die in Schweidnitz (Provinz Schlesien) am 31. v. M. Statt gefundenen blutigen Ereignisse. 1) Sind Einem hohen Staatsministerium die blutigen Ereignisse bekannt, welche am 31. v. und 1. d. M. zu Schweidnitz Statt gefunden haben, und durch den dortigen Kommandanten veranlaßt sind? 2) Was ist event. wegen Untersuchung dieser unglücklichen Vorfälle geschehen? 3) Welche Maßregeln gedenkt Ein hohes Staatsministerium zu ergreifen, um das Land vor dem Wiedervorkommen solcher Ereignisse zu sichern? Diese Interpellation nebst der des Abgeordneten Elsner, welcher die Zurückziehung des Militärs aus Hirschberg will, ferner die wegen der Konstabler von Rodbertus und v. Berg und eine so eben angekündigte des Abgeordneten Klingenberg über die Zerwürfnisse im Löbauer Kreise, haben die Priorität auf der zu morgen angesetzten Sitzung. * - Die Bürgerwehr Berlins hat an die Schweidnitzer folgende Adresse erlassen: "Kameraden! Den zu einem, die Kräftigung und Einigung unseres deutschen Vaterlandes bezweckenden Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr ward die schreckliche Kunde dessen, was sich vor drei Tagen innerhalb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz begeben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen des alten Soldatenthums gefallen sind. Seid überzeugt Kameraden, daß Euer Schmerz auch der unsre ist und daß wir entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt, diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten eine neue Blume für den Straus der Freiheit und Gesetzlichkeit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in diesem Augenblick erfüllt." Ritters Schnapphahnski machte die Runde in den höchsten Kreisen. Die ewigen Götter zürnten erschrecklich. Zeus Kronion drohte mit Donner und Blitz, mit Magdeburg und Spandau, und wäre die arme Ballettänzerin, der verrauschten Liebe gedenkend, nicht so artig gewesen, den verhängnißvollen Schmuck, aus übertriebener, künstlerischer Hochherzigkeit, freiwillig zurückzuerstatten, so hätte ihn leicht das Geschick auf der Flucht erreichen können und ach, seines Bleibens wäre vielleicht gewesen, wo da ist Heulen und Zähnklappen, Hafergrütze, Brod und Wasser. Die Franzosen würden in Betreff dieses Diamanten-Abenteuers sagen: "Monsieur le Chavalier de Schnapphahnski avait frise le eode penal." (Fortsetzung folgt.) (Neue Königsberger Zeitung.) Wie wir hören, haben wir vom konstitutionellen Preußenverein folgende Erlasse zu erwarten: 1) Die deutsche Sprache ist in Preußen abgeschafft. Fortan muß Jeder preußisch sprechen. 2) Die deutschen Eigennamen, wie Fischer, Müller, Schulz u. a. werden abgelegt. An ihre Stelle treten urpreußische, als da sind Perkunos, Potrimpos, Waidewut, Samo u. a. 3) Die deutsche Kultur wird verbannt. Die Einwohner Preußens dürfen fortan nur noch Bernsteinhandel, Fischerei und Hirschjagd treiben. Jeder Preuße trinkt nicht mehr Rheinwein und Bairisches Bier, sondern - Meth. 4) Um Preußen vor dem Untergang in Deutschland zu bewahren, wird eine russische Gränzsperre an der Weichsel eingerichtet. [Deutschland] Schwerin, 2. August. Am 31. Juli fanden in Kraase und Groß-Dratow bei Waren Tumultscenen Statt. Nachdem nämlich die schiedskommissarischen Verhandlungen über die Verhältnisse der Taglöhner auf den genannten Gütern kein den Anforderungen der Letztern entsprechendes Resultat gehabt, verbreiteten sich Gerüchte von einem, von den Taglöhnern zu Kraase und andern Ortschaften der Umgegend beabsichtigten Angriff auf das dort stationirte Militär, in Folge dessen letzteres von Waren aus Verstärkung erhielt. Am 31. Juli gegen Abend erschienen sämmtliche Taglöhner in Groß-Dratow auf dem Hofe und verlangten von dem Gutsherrn, mit ihnen nach Kraase zu ziehen und die Entfernung des Militärs zu bewirken; der Aufforderung, den Hof zu verlassen, leisteten sie keine Folge, und konnten, bei fortdauernder Widersetzlichkeit, erst durch flaches Einhauen des Militärs zur Ordnung gebracht werden. Die kraaser Leute setzten die Erntearbeit ruhig fort, als von Möllenhagen ein mit Sensen, Heugabeln etc. bewaffneter Haufe von 60-70 Taglöhnern anrückte und das ihm entgegengeschickte Militär mit größter Heftigkeit angriff. Scharfes Einhauen der Kavallerie hatte nur einen neuen, verstärkten Angriff zur Folge, sodaß endlich vom Feuergewehre Gebrauch gemacht werden mußte, wobei einer der Taglöhner getödtet, drei andere stark und drei leicht verwundet wurden. 39 Leute wurden mit den Waffen in der Hand zur Haft gebracht, die übrigen auseinandergesprengt. Sämmtliche Gefangene, Verwundete und der Gebliebene gehörten nach Möllenhagen. (H. C.)Nordhausen, 3. Aug. Hier sind gestern ernsthafte Ruhestörungen vorgefallen und mußte Generalmarsch geschlagen werden; Verwundungen kamen vor und es fielen einige Schüsse, ohne jedoch zu verletzen. In Folge dessen hat heute der Stadtrath strenge Ordnungsmaßregeln angeordnet. (Berl. Z.)Aus Bayern, im August. Die preußische Regierung hat an sämmtliche deutsche Höfe einen Vorschlag ergehen lassen zu einer Vereinbarung wegen Ausführung des Beschlusses der deutschen Nationalversammlung vom 28. Juni 1848 in Betreff der am Sitze der provisorischen Centralgewalt für Deutschland von den Landesregierungen zu be[#]iellenden Bevollmächtigten. In dem Collegium dieser Bevollmächtigten sollen diesem Gutachten zufolge als Einheiten vertreten werden: 1) Oestreich, 2) Preußen, 3) Bayern, 4) Königreich Sachsen mit Sachsen-Weimar, sowie mit den herzoglich sächsischen, fürstlich schwarzburgischen und fürstlich reuß'schen Landen, 5) Würtemberg und Baden mit den fürstlich hohenzollern'schen Landen, 6) Hannover mit Oldenburg, Mecklenburg, Braunschweig, Holstein und Lauenburg, Schaumburg, Lippe und den freien Hansestädten, 7) die beiden hessischen Hauptstaaten mit Hessen-Homburg, Nassau und Frankfurt. Die Vertreter der gedachten sieben Einheiten sollen einen Rath bilden, der über die gemeinsamen mit der pro. Centralgewalt zu verhandelnden Angelegenheiten der von ihnen vertretenen Regierungen nach Stimmenmehrheit Beschlüsse faßt. Bei dergleichen Beschlußfassungen sollen Oesterreich und Preußen jedes für sich drei Stimmen abzugeben haben, und können sich, wenn sie es für nöthig finden, durch eben so viele Bevollmächtigte im Rathe vertreten lassen. Jede von den übrigen Kurien soll eine Stimme führen. (N. C.) 15 Wien, 5. August. In der heutigen Sitzung des konstituirenden Reichstages ward eine der wichtigsten Fragen, vielleicht die Lebensfrage der Monarchie, zum ersten Male beregt. Finanzminister Kraus sprach über den Zustand der Finanzen, schon früher die Achillesferse der Staatsgewalt, die nun ebenfalls gefeit werden soll. Kraus gestand offen in seinem Vortrage den schlimmen, ja gefahrdrohenden Zustand der Finanzen, die namentlich durch den mehrmonatlichen Revolutionszustand, den italiänischen Krieg und den unregelmäßigen und verminderten Eingang der indirekten Abgaben in so bedeutendem Grade herabgedrückt würden, daß nur die enormen, trotz dem organisirten Aussaugesystem der frühern Verwaltung noch reich sprudelnden Hilfsquellen und die aufopfernde Vaterlandsliebe der Völker die Heraufführung einer glücklichen Aera möglich machen. Die Grundzüge des Finanzplanes, dessen numerische Einzelheiten nächster Tage der Reichsversammlung vorgelegt werden sollen, lassen uns der Versicherung des Ministeriums, daß es auf die ausgedehnteste Uebertragung der freisinnigsten Ideen auch in diesen Zweig der Verwaltung redlich hinarbeiten wolle, Glauben schenken und können ungefähr in Folgendem zusammengefaßt werden: ein verhältnißmäßiges Besteuerungssystem, mithin eine Einkommensteuer; die Last des Haushaltes soll fortan nicht mehr fast ausschließlich den Armen drücken und die Schultern der Privilegirten nur leichthin streifen. Modifikation der Zölle behufs der Ermöglichung und Erleichterung des Anschlusses an Deutschland. Die Linke begrüßte diesen Punkt mit lebhaftem Beifall, während das, freilich ministerielle, Centrum sich ganz theilnahmslos verhielt und die Herren der Rechten eo ipso nicht sonderlichen Geschmack daran fanden. Herabsetzung des Salzpreises, Aufhebung der Judensteuer; ein Tribut, der nicht schwer fallen kann, da Ungarn und Böhmen diese schmachvolle Bürde bereits faktisch abgeschüttelt, die deutschen Erbstaaten eine höchst schwache jüdische Bevölkerung besitzen. Modifikation des Stempelwesens, das in seinen frühern Verhältnissen die schmächlichste Bevorzugung des Reichen, eine der drückendsten Bürden des Armen enthielt. Aufhebung des Lotto, Herabsetzung des Posttarifes, Reduktion des Militärs, sobald es die Weltlage gestattet, Vereinfachung des Geschäftsganges, namentlich durch eine neu zu organisirende Municipalverfassung, mithin Verminderung des Beamtenheeres, das wie ein Alp erstickend auf Oesterreich gelegen. - Aus Pesth läuft so eben die höchst wichtige Nachricht ein, daß die ungarische Nationalversammlung am 3. d. die Allianz mit Deutschland einstimmig ausgesprochen. Auch Kossuth sprach in längerer Rede zu Gunsten der Motion und scheint daher die falsche Stellung, in welche er in letzterer Zeit Ungarn gegenüber Oesterreich und Deutschland gebracht, zu begreifen und aufgeben zu wollen. Nyiry, der heldenmüthige Führer der äußersten Linken setzte überdies das Amendement durch, daß "Ungarn im Falle eines Krieges Oesterreichs mit Deutschland gegen Deutschland niemals Hilfe leisten werde". - Morgen feiert die akademische Legion die Wiedergeburt Deutschlands. Für morgen sieht man der definitiven Entscheidung entgegen, welche die Reichstagsdeputation über die Rückkehr des Kaisers bringen wird und die Nachricht dürfte entscheidend sein für das Schicksal Oesterreichs, entscheidend für die Dynastie, die ihrem Sturze nie so nahe war, die ihm sicher nicht entgeht, wenn wir auch diesmal durch leere Versprechungen genarrt werden, die man in Innsbruck eben so leicht giebt, als man sie vergißt. Ahnte der Hof die Gefahr, die dem Throne droht, die ihn in Innsbruck unvermeidlich erreichen muß, er würde mit derselben Hast, mit welcher er sie verlassen, zurückeilen in die Burg seiner Ahnen. Mit solch eiserner Konsequenz fortgesetzte Kränkung und Verhöhnung kann und wird jedoch das Volk nicht verzeihen und das verhängnißvolle "zu spät" dürfte noch einmal im Donnerrufe der Millionen durch die Lüfte brausen, daß selbst die ewig festen Alpen Tyrols darob in ihren Grundvesten erbebten. 61 Wien, 6. August. Wer die deutsche Bewegungsposse in imponiremdem Sonntagskleide sehen will, der komme hieher. Nirgendwo gibt es eine so zahlreiche, so prächtige und wohleinexerzirte Nationalgarde und Bürgerwehr, nirgendwo eine akademische Legion von so mächtigem Ansehen, nirgendwo gibt es so viele und so schöne deutsche Fahnen und Fackelzüge, kurz nirgendwo sieht Deutschland so glänzend aus, als hier. Kein Wunder also, daß ein deutsches Gemüth a la Heckscher vor Entzücken außer sich gerathen mußte; hat Wien in seiner Herrlichkeit doch mich selber bestochen. So eben hat unter prächtigem Sonnenschein die Huldigung statt gefunden. Etwa 100,000 geputzte Menschen, Nationalgarden und Legionäre mögen auf dem Glacis versammelt gewesen sein. Auch ein Häuflein Militär, Infanterie und Dragoner, war des Erzherzogs wegen auf Befehl des östreichischen Kriegsministers Latour, der sich um die Befehle eines Peuker wenig scheeren mag, ausgerückt. An seiner schwarzgelben Fahne entdeckte ich mit Staunen einen höchst unsichtbaren schwarz-gold-rothen Bandstreifen. Seiner gestern berichteten Aeußerung getreu hatte Latour dem übrigen sehr zahlreichen Militär erlaubt, in den Kasernen zu bleiben und sich dort, je nach Gefallen, zu belustigen. Morgen aber muß sämmtliches Militär auf dem Glacis stehen, um zu Ehren der italienischen Armee bei einem Gottesdienste zu trauern. Da die Italiener durchaus Oestreicher bleiben müssen und niemals Italiener werden dürfen, so schließt sich dieser Soldatendemonstration natürlich sämmtlicher revolutionärer Verstand von Wien an, nämlich die Nationalgarde, die Legion, alle Klubs und die ganze radikale Presse. Das Ministerium beschäftigt sich damit, einige Preßprozesse wider solche einzuleiten, die wie der Studentenkurier Nr. 36 und 38 den Krieg in Italien als einen freiheitsmörderischen bezeichneten. Auch hat es drei Juden, die zur Camarilla Rothschilds gehören, bereits zu Unterstaatssekretären in verschiedenen Ministerien ernannt, worauf sogleich gestern eine Erklärung des Finanzministers über den betrübten Stand der Finanzen im Reichstag erfolgte. Rothschild und seine Camarilla besitzen nämlich noch gar viel östreichisches Papier, welches sie dem armen Volke gern gegen klingende Münze, die man demselben schon fast ganz abgenommen hat, eintauschen möchten. Unterdessen bietet die Innsbrucker Camarilla seit einigen Tagen Alles auf, einen Sturm heraufzubeschwören; sie ließ zu dem Ende eine Menge Katzenmusiken aufführen, die Arbeiter bestechen und das Gerücht verbreiten, die Aula würde, Füster an der Spitze, heute die Republik proklamiren. In Folge dieser Manöver, die kein Resultat hervorzubringen vermochten, waren die Straßenecken gestern mit beschwichtigenden Plakaten bedeckt, in welchen die Bevölkerung angegangen wird, sich, was auch kommen möge, ruhig zu verhalten und dem Reichstag zu vertrauen. Gleichwohl liegt über Wien eine drückende Gewitterschwüle. Die an den Kaiser gesendete Reichstagsdeputation wird morgen zurückerwartet und man weiß, daß der Kaiser nicht kommen wird, da die Camarilla als Bedingung seiner Rückkehr die Auflösung der akademischen Legion und Modifizirung der Nationalgarde, die Auflösung des Sicherheitsausschusses und ein Ministerium Stadion verlangt hat. Die hiesige demokratische Presse fährt fort über Italien eine Meinung zu haben, die sie der Demokratie unwürdig macht. So sagt die Konstitution von gestern, deren Redakteur hier für einen Republikaner gilt: "Wenn Radetzky unter dem alten Knutensystem die Knechtung Italiens mit eiserner Hand vollführen geholfen, wenn er auch in neuerer Zeit vielleicht einige unzeitgemäße Maßregeln getroffen - so war sein Auftreten eine Konsequenz seines Eides - eine Reihe von Thaten des militärischen Gehorsams. Radetzky's Laufbahn ist von Heldenthaten bezeichnet." Selbst Windischgrätz findet Gnade: "Wenn der aristokratische Windischgrätz als Haudegen, vielleicht als Tyrann den Prager Aufstand bekämpft, so hat er, da das Militär noch immer nicht die neue Verfassung beschworen, vielleicht nicht gesetzwidrig gehandelt." - Was denken Sie von dem demokratischen Verstande eines Blattes, das die Leute mit der Konsequenz des Eides zusammenschießen läßt? Der berüchtigte Bandit Metternichs, der Bauer Szela, wollte durchaus zum Abgeordneten in den Reichstag gewählt werden! fiel aber durch, indem an seiner Statt ein anderer Namens Kobinlica gewählt wurde. Darüber erbost schrieb Szela einen vehementen Brief an den Minister des Innern, in welchem auch folgende Stelle vorkommt: "Habe ich denn keine Auszeichnung verdient? ich war ja im Jahre 1846 zum Bauernkönig erhoben worden, wurde gefürchtet und verehrt; habe ich denn damals dem höchsten Schatze nicht genug Ausgaben gespart? habe ich nicht die Revolution in Galizien erdrückt? damals hat man mich gebraucht, jetzt vergißt man mich, besonders jetzt bei den Wahlen zum Deputirten. Wäre ich gewählt, so hätte ich mir aus den 302 fl. Reisegeldern und den 200 fl. Monatgeldern etwas ersparen können, und auf dem Reichstag könnte ich bequem sitzen, hingegen der aus dem Bezirke Kimpolnez gewählte Lukian Kobinlica, ist nichts als ein gemeiner Bauer, der im Jahre 1846 die Einwohner desselben Ortes anfiel, ihnen den Mund verstopfte, sie kreu- schlagen: „An die Stelle der Todesstrafe tritt zehnjährige bis lebenswierige Zwangsarbeit, Zuchthaus oder Festungsstrafe.“ Der Justiz-Minister erklärt sich gegen dies Amendement, da es dadurch vorkommen würde, daß ein zum Tode verurtheilter nur zu zehnjähriger Strafe verurtheilt wird, während ein anderer Verbrecher, der nach bisherigen Gesetzen nur zu lebenswieriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, härter behandelt würde. Es wird aber gegenwärtig die Umarbeitung des Strafgesetzbuchs vorbereitet und dabei alles berücksichtigt werden, bei Festsetzung der Strafen über die verschiedenen Verbrechen, damit sie im Verhältniß zu einander stehen. Abg. Jung erklärt sich für das Amendement, da die Rheinprovinz durch den Gesetz-Entwurf benachtheiligt ist, indem nach demselben dort nur auf Zwangsarbeit erkannt werden muß, während dem Richter in den andern Provinzen die Wahl zwischen Zuchthaus- und Festungsstrafe gelassen wird, welches bei politischen Vergehen, als Hochverrath etc. besonders zu berücksichtigen ist. Nachdem noch mehrere Redner wie v. Daniels und Tamnau gegen das Amendement gesprochen haben, wird es verworfen und der §. 2. in seiner ursprünglichen Fassung angenommen. §. 3. lautet: „Die Verwandlung schon erkannter Todesstrafen erfolgt durch die zuständigen Gerichte“ und wird ohne Debatte angenommen. Ueber das ganze Gesetz wird in der Freitagssitzung abgestimmt werden. Der Abg. Köhler hat schon vor 8 Tagen den Antrag gestellt, „die Versammlung wolle beschließen: die Satzung: das Leben des Menschen ist unverletzlich: die Todesstrafe ist abgeschafft“, werde in die Verfassungs-Urkunde aufgenommen.“ Es hatten sich aber schon zu viel Mitglieder entfernt, um einen so wichtigen Theil der Verfassungs-Urkunde zu berathen; wie sich der Abg. v. Auerswald ausdrückte, deshalb wurde auch der Antrag verworfen, nicht des Prinzips halber, da man doch für Aufhebung der Todesstrafe gestimmt hat. Die Kommission für Berg- und Hüttenwesen hat so eben ihren Bericht, die Anträge der Abgeordneten Harkort, Hambloch, Schadt, Krackrügge und Müller (aus Brieg), betreffend: über die Regulirung und Gleichstellung der Bergwerks-Abgaben, den Mitgliedern der Vereinbarungs-Versammlung überreichen lassen. Nachdem die Kommission alle ihre Gründe auseinandergesetzt und alle Einwendungen widerlegt hat, schlägt sie im Einverständniß mit den Antragstellern, folgenden Gesetzentwurf vor: § 1. Vom 1. September 1848 ab sollen die dem Staat gebührenden Bergwerksabgaben im ganzen Königreich nach gleichem Maßstab erhoben werden. § 2. Sie zerfallen:a) in eine fixe Steuer von 2 Thlr. 20 Sgr. (10 Francs) von 381 Morgen (1 Quadrat Kilometer); Alle übrigen bisher an den Staat entrichteten Bergwerksabgaben sind mit dem 1. September 1848 aufgehoben. § 3. Bis zum Erlaß eines neuen Berggesetzes kommen für die Ermittelung und die Erhebung die für das linke Rheinufer geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Dekret vom 6. Mai 1811; K. O. vom 30. August 1820) zur Anwendung. § 4. Die Entrichtung der den Standesherren oder anderen Privaten gebührenden Zehnten übernimmt der Staat. Den Betrag der auf diese Art entrichteten Zehnten zieht er verhältnißmäßig von sämmtlichen gleichartigen Gruben der Landestheile rechts des Rheines wieder ein. § 5. Das gegenwärtige Gesetz bezieht sich nicht auf solche Abgaben, welche sonst noch an Korporationen, Institute und Privaten (Kirche, Schule, Knappschaftskasse etc.) zu entrichten sind. Die dem Berichte angehängte, vergleichende Zusammenstellung der im Jahre 1847 im ganzen preußischen Staate aufgekommenen Bergwerkssteuern an Zehnt etc. ergibt folgendes Resultat:Geldwerth der gewonnenen Produkte Thlr. 7,642,788 11 Sg. 9 Pf. Der Abgeordnete Pohle hat eine schleunige Interpellation an das Kriegsministerium gerichtet: 1) ob das Kriegsministerium nicht geneigt sei, die, in der an des Königs Majestät gerichteten und durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. genehmigte Proposition des Staatsministerii vom 31. Mai c., betreffend die Festsetzung eines Maximums des pensionsberechtigenden Einkommens der Civilbeamten etc., enthaltene Zusage:daß das Kriegsministerium einen gleichen Vorschlag hinsichtlich der Pensionen für das stehende Heer unverweilt vorlegen werde, 2) Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. sind die Reisekosten-Vergütungen für Civilbeamte etc. auf billige Pauschquanta reducirt worden. Diese Kabinets-Ordre gründet sich auf einen Vorschlag des Staatsministeriums vom 29. Mai c., welcher eine anderweitige Vorlage in nahe Aussicht stellt, wodurch die Vergütung der Reisekosten der zum stehenden Heere gehörenden Personen nach denselben Maßgaben regulirt werden soll. ‒ Ich erlaube mir zu fragen: Wann diese Ersparnißmaßregel in Bezug auf das stehende Heer nunmehr zu erwarten steht? Die Abgeordneten Teichmann und Hepche beantragen folgende höchst schleunige Interpellation an das königl. Staats-Ministerium, betreffend die in Schweidnitz (Provinz Schlesien) am 31. v. M. Statt gefundenen blutigen Ereignisse. 1) Sind Einem hohen Staatsministerium die blutigen Ereignisse bekannt, welche am 31. v. und 1. d. M. zu Schweidnitz Statt gefunden haben, und durch den dortigen Kommandanten veranlaßt sind? 2) Was ist event. wegen Untersuchung dieser unglücklichen Vorfälle geschehen? 3) Welche Maßregeln gedenkt Ein hohes Staatsministerium zu ergreifen, um das Land vor dem Wiedervorkommen solcher Ereignisse zu sichern? Diese Interpellation nebst der des Abgeordneten Elsner, welcher die Zurückziehung des Militärs aus Hirschberg will, ferner die wegen der Konstabler von Rodbertus und v. Berg und eine so eben angekündigte des Abgeordneten Klingenberg über die Zerwürfnisse im Löbauer Kreise, haben die Priorität auf der zu morgen angesetzten Sitzung. * ‒ Die Bürgerwehr Berlins hat an die Schweidnitzer folgende Adresse erlassen: „Kameraden! Den zu einem, die Kräftigung und Einigung unseres deutschen Vaterlandes bezweckenden Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr ward die schreckliche Kunde dessen, was sich vor drei Tagen innerhalb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz begeben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen des alten Soldatenthums gefallen sind. Seid überzeugt Kameraden, daß Euer Schmerz auch der unsre ist und daß wir entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt, diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten eine neue Blume für den Straus der Freiheit und Gesetzlichkeit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in diesem Augenblick erfüllt.“ Ritters Schnapphahnski machte die Runde in den höchsten Kreisen. Die ewigen Götter zürnten erschrecklich. Zeus Kronion drohte mit Donner und Blitz, mit Magdeburg und Spandau, und wäre die arme Ballettänzerin, der verrauschten Liebe gedenkend, nicht so artig gewesen, den verhängnißvollen Schmuck, aus übertriebener, künstlerischer Hochherzigkeit, freiwillig zurückzuerstatten, so hätte ihn leicht das Geschick auf der Flucht erreichen können und ach, seines Bleibens wäre vielleicht gewesen, wo da ist Heulen und Zähnklappen, Hafergrütze, Brod und Wasser. Die Franzosen würden in Betreff dieses Diamanten-Abenteuers sagen: „Monsieur le Chavalier de Schnapphahnski avait frisé le eode pénal.“ (Fortsetzung folgt.) (Neue Königsberger Zeitung.) Wie wir hören, haben wir vom konstitutionellen Preußenverein folgende Erlasse zu erwarten: 1) Die deutsche Sprache ist in Preußen abgeschafft. Fortan muß Jeder preußisch sprechen. 2) Die deutschen Eigennamen, wie Fischer, Müller, Schulz u. a. werden abgelegt. An ihre Stelle treten urpreußische, als da sind Perkunos, Potrimpos, Waidewut, Samo u. a. 3) Die deutsche Kultur wird verbannt. Die Einwohner Preußens dürfen fortan nur noch Bernsteinhandel, Fischerei und Hirschjagd treiben. Jeder Preuße trinkt nicht mehr Rheinwein und Bairisches Bier, sondern ‒ Meth. 4) Um Preußen vor dem Untergang in Deutschland zu bewahren, wird eine russische Gränzsperre an der Weichsel eingerichtet. [Deutschland] Schwerin, 2. August. Am 31. Juli fanden in Kraase und Groß-Dratow bei Waren Tumultscenen Statt. Nachdem nämlich die schiedskommissarischen Verhandlungen über die Verhältnisse der Taglöhner auf den genannten Gütern kein den Anforderungen der Letztern entsprechendes Resultat gehabt, verbreiteten sich Gerüchte von einem, von den Taglöhnern zu Kraase und andern Ortschaften der Umgegend beabsichtigten Angriff auf das dort stationirte Militär, in Folge dessen letzteres von Waren aus Verstärkung erhielt. Am 31. Juli gegen Abend erschienen sämmtliche Taglöhner in Groß-Dratow auf dem Hofe und verlangten von dem Gutsherrn, mit ihnen nach Kraase zu ziehen und die Entfernung des Militärs zu bewirken; der Aufforderung, den Hof zu verlassen, leisteten sie keine Folge, und konnten, bei fortdauernder Widersetzlichkeit, erst durch flaches Einhauen des Militärs zur Ordnung gebracht werden. Die kraaser Leute setzten die Erntearbeit ruhig fort, als von Möllenhagen ein mit Sensen, Heugabeln etc. bewaffneter Haufe von 60‒70 Taglöhnern anrückte und das ihm entgegengeschickte Militär mit größter Heftigkeit angriff. Scharfes Einhauen der Kavallerie hatte nur einen neuen, verstärkten Angriff zur Folge, sodaß endlich vom Feuergewehre Gebrauch gemacht werden mußte, wobei einer der Taglöhner getödtet, drei andere stark und drei leicht verwundet wurden. 39 Leute wurden mit den Waffen in der Hand zur Haft gebracht, die übrigen auseinandergesprengt. Sämmtliche Gefangene, Verwundete und der Gebliebene gehörten nach Möllenhagen. (H. C.)Nordhausen, 3. Aug. Hier sind gestern ernsthafte Ruhestörungen vorgefallen und mußte Generalmarsch geschlagen werden; Verwundungen kamen vor und es fielen einige Schüsse, ohne jedoch zu verletzen. In Folge dessen hat heute der Stadtrath strenge Ordnungsmaßregeln angeordnet. (Berl. Z.)Aus Bayern, im August. Die preußische Regierung hat an sämmtliche deutsche Höfe einen Vorschlag ergehen lassen zu einer Vereinbarung wegen Ausführung des Beschlusses der deutschen Nationalversammlung vom 28. Juni 1848 in Betreff der am Sitze der provisorischen Centralgewalt für Deutschland von den Landesregierungen zu be[#]iellenden Bevollmächtigten. In dem Collegium dieser Bevollmächtigten sollen diesem Gutachten zufolge als Einheiten vertreten werden: 1) Oestreich, 2) Preußen, 3) Bayern, 4) Königreich Sachsen mit Sachsen-Weimar, sowie mit den herzoglich sächsischen, fürstlich schwarzburgischen und fürstlich reuß'schen Landen, 5) Würtemberg und Baden mit den fürstlich hohenzollern'schen Landen, 6) Hannover mit Oldenburg, Mecklenburg, Braunschweig, Holstein und Lauenburg, Schaumburg, Lippe und den freien Hansestädten, 7) die beiden hessischen Hauptstaaten mit Hessen-Homburg, Nassau und Frankfurt. Die Vertreter der gedachten sieben Einheiten sollen einen Rath bilden, der über die gemeinsamen mit der pro. Centralgewalt zu verhandelnden Angelegenheiten der von ihnen vertretenen Regierungen nach Stimmenmehrheit Beschlüsse faßt. Bei dergleichen Beschlußfassungen sollen Oesterreich und Preußen jedes für sich drei Stimmen abzugeben haben, und können sich, wenn sie es für nöthig finden, durch eben so viele Bevollmächtigte im Rathe vertreten lassen. Jede von den übrigen Kurien soll eine Stimme führen. (N. C.) 15 Wien, 5. August. In der heutigen Sitzung des konstituirenden Reichstages ward eine der wichtigsten Fragen, vielleicht die Lebensfrage der Monarchie, zum ersten Male beregt. Finanzminister Kraus sprach über den Zustand der Finanzen, schon früher die Achillesferse der Staatsgewalt, die nun ebenfalls gefeit werden soll. Kraus gestand offen in seinem Vortrage den schlimmen, ja gefahrdrohenden Zustand der Finanzen, die namentlich durch den mehrmonatlichen Revolutionszustand, den italiänischen Krieg und den unregelmäßigen und verminderten Eingang der indirekten Abgaben in so bedeutendem Grade herabgedrückt würden, daß nur die enormen, trotz dem organisirten Aussaugesystem der frühern Verwaltung noch reich sprudelnden Hilfsquellen und die aufopfernde Vaterlandsliebe der Völker die Heraufführung einer glücklichen Aera möglich machen. Die Grundzüge des Finanzplanes, dessen numerische Einzelheiten nächster Tage der Reichsversammlung vorgelegt werden sollen, lassen uns der Versicherung des Ministeriums, daß es auf die ausgedehnteste Uebertragung der freisinnigsten Ideen auch in diesen Zweig der Verwaltung redlich hinarbeiten wolle, Glauben schenken und können ungefähr in Folgendem zusammengefaßt werden: ein verhältnißmäßiges Besteuerungssystem, mithin eine Einkommensteuer; die Last des Haushaltes soll fortan nicht mehr fast ausschließlich den Armen drücken und die Schultern der Privilegirten nur leichthin streifen. Modifikation der Zölle behufs der Ermöglichung und Erleichterung des Anschlusses an Deutschland. Die Linke begrüßte diesen Punkt mit lebhaftem Beifall, während das, freilich ministerielle, Centrum sich ganz theilnahmslos verhielt und die Herren der Rechten eo ipso nicht sonderlichen Geschmack daran fanden. Herabsetzung des Salzpreises, Aufhebung der Judensteuer; ein Tribut, der nicht schwer fallen kann, da Ungarn und Böhmen diese schmachvolle Bürde bereits faktisch abgeschüttelt, die deutschen Erbstaaten eine höchst schwache jüdische Bevölkerung besitzen. Modifikation des Stempelwesens, das in seinen frühern Verhältnissen die schmächlichste Bevorzugung des Reichen, eine der drückendsten Bürden des Armen enthielt. Aufhebung des Lotto, Herabsetzung des Posttarifes, Reduktion des Militärs, sobald es die Weltlage gestattet, Vereinfachung des Geschäftsganges, namentlich durch eine neu zu organisirende Municipalverfassung, mithin Verminderung des Beamtenheeres, das wie ein Alp erstickend auf Oesterreich gelegen. ‒ Aus Pesth läuft so eben die höchst wichtige Nachricht ein, daß die ungarische Nationalversammlung am 3. d. die Allianz mit Deutschland einstimmig ausgesprochen. Auch Kossuth sprach in längerer Rede zu Gunsten der Motion und scheint daher die falsche Stellung, in welche er in letzterer Zeit Ungarn gegenüber Oesterreich und Deutschland gebracht, zu begreifen und aufgeben zu wollen. Nyiry, der heldenmüthige Führer der äußersten Linken setzte überdies das Amendement durch, daß „Ungarn im Falle eines Krieges Oesterreichs mit Deutschland gegen Deutschland niemals Hilfe leisten werde“. ‒ Morgen feiert die akademische Legion die Wiedergeburt Deutschlands. Für morgen sieht man der definitiven Entscheidung entgegen, welche die Reichstagsdeputation über die Rückkehr des Kaisers bringen wird und die Nachricht dürfte entscheidend sein für das Schicksal Oesterreichs, entscheidend für die Dynastie, die ihrem Sturze nie so nahe war, die ihm sicher nicht entgeht, wenn wir auch diesmal durch leere Versprechungen genarrt werden, die man in Innsbruck eben so leicht giebt, als man sie vergißt. Ahnte der Hof die Gefahr, die dem Throne droht, die ihn in Innsbruck unvermeidlich erreichen muß, er würde mit derselben Hast, mit welcher er sie verlassen, zurückeilen in die Burg seiner Ahnen. Mit solch eiserner Konsequenz fortgesetzte Kränkung und Verhöhnung kann und wird jedoch das Volk nicht verzeihen und das verhängnißvolle „zu spät“ dürfte noch einmal im Donnerrufe der Millionen durch die Lüfte brausen, daß selbst die ewig festen Alpen Tyrols darob in ihren Grundvesten erbebten. 61 Wien, 6. August. Wer die deutsche Bewegungsposse in imponiremdem Sonntagskleide sehen will, der komme hieher. Nirgendwo gibt es eine so zahlreiche, so prächtige und wohleinexerzirte Nationalgarde und Bürgerwehr, nirgendwo eine akademische Legion von so mächtigem Ansehen, nirgendwo gibt es so viele und so schöne deutsche Fahnen und Fackelzüge, kurz nirgendwo sieht Deutschland so glänzend aus, als hier. Kein Wunder also, daß ein deutsches Gemüth à la Heckscher vor Entzücken außer sich gerathen mußte; hat Wien in seiner Herrlichkeit doch mich selber bestochen. So eben hat unter prächtigem Sonnenschein die Huldigung statt gefunden. Etwa 100,000 geputzte Menschen, Nationalgarden und Legionäre mögen auf dem Glacis versammelt gewesen sein. Auch ein Häuflein Militär, Infanterie und Dragoner, war des Erzherzogs wegen auf Befehl des östreichischen Kriegsministers Latour, der sich um die Befehle eines Peuker wenig scheeren mag, ausgerückt. An seiner schwarzgelben Fahne entdeckte ich mit Staunen einen höchst unsichtbaren schwarz-gold-rothen Bandstreifen. Seiner gestern berichteten Aeußerung getreu hatte Latour dem übrigen sehr zahlreichen Militär erlaubt, in den Kasernen zu bleiben und sich dort, je nach Gefallen, zu belustigen. Morgen aber muß sämmtliches Militär auf dem Glacis stehen, um zu Ehren der italienischen Armee bei einem Gottesdienste zu trauern. Da die Italiener durchaus Oestreicher bleiben müssen und niemals Italiener werden dürfen, so schließt sich dieser Soldatendemonstration natürlich sämmtlicher revolutionärer Verstand von Wien an, nämlich die Nationalgarde, die Legion, alle Klubs und die ganze radikale Presse. Das Ministerium beschäftigt sich damit, einige Preßprozesse wider solche einzuleiten, die wie der Studentenkurier Nr. 36 und 38 den Krieg in Italien als einen freiheitsmörderischen bezeichneten. Auch hat es drei Juden, die zur Camarilla Rothschilds gehören, bereits zu Unterstaatssekretären in verschiedenen Ministerien ernannt, worauf sogleich gestern eine Erklärung des Finanzministers über den betrübten Stand der Finanzen im Reichstag erfolgte. Rothschild und seine Camarilla besitzen nämlich noch gar viel östreichisches Papier, welches sie dem armen Volke gern gegen klingende Münze, die man demselben schon fast ganz abgenommen hat, eintauschen möchten. Unterdessen bietet die Innsbrucker Camarilla seit einigen Tagen Alles auf, einen Sturm heraufzubeschwören; sie ließ zu dem Ende eine Menge Katzenmusiken aufführen, die Arbeiter bestechen und das Gerücht verbreiten, die Aula würde, Füster an der Spitze, heute die Republik proklamiren. In Folge dieser Manöver, die kein Resultat hervorzubringen vermochten, waren die Straßenecken gestern mit beschwichtigenden Plakaten bedeckt, in welchen die Bevölkerung angegangen wird, sich, was auch kommen möge, ruhig zu verhalten und dem Reichstag zu vertrauen. Gleichwohl liegt über Wien eine drückende Gewitterschwüle. Die an den Kaiser gesendete Reichstagsdeputation wird morgen zurückerwartet und man weiß, daß der Kaiser nicht kommen wird, da die Camarilla als Bedingung seiner Rückkehr die Auflösung der akademischen Legion und Modifizirung der Nationalgarde, die Auflösung des Sicherheitsausschusses und ein Ministerium Stadion verlangt hat. Die hiesige demokratische Presse fährt fort über Italien eine Meinung zu haben, die sie der Demokratie unwürdig macht. So sagt die Konstitution von gestern, deren Redakteur hier für einen Republikaner gilt: „Wenn Radetzky unter dem alten Knutensystem die Knechtung Italiens mit eiserner Hand vollführen geholfen, wenn er auch in neuerer Zeit vielleicht einige unzeitgemäße Maßregeln getroffen ‒ so war sein Auftreten eine Konsequenz seines Eides ‒ eine Reihe von Thaten des militärischen Gehorsams. Radetzky's Laufbahn ist von Heldenthaten bezeichnet.“ Selbst Windischgrätz findet Gnade: „Wenn der aristokratische Windischgrätz als Haudegen, vielleicht als Tyrann den Prager Aufstand bekämpft, so hat er, da das Militär noch immer nicht die neue Verfassung beschworen, vielleicht nicht gesetzwidrig gehandelt.“ ‒ Was denken Sie von dem demokratischen Verstande eines Blattes, das die Leute mit der Konsequenz des Eides zusammenschießen läßt? Der berüchtigte Bandit Metternichs, der Bauer Szela, wollte durchaus zum Abgeordneten in den Reichstag gewählt werden! fiel aber durch, indem an seiner Statt ein anderer Namens Kobinlica gewählt wurde. Darüber erbost schrieb Szela einen vehementen Brief an den Minister des Innern, in welchem auch folgende Stelle vorkommt: „Habe ich denn keine Auszeichnung verdient? ich war ja im Jahre 1846 zum Bauernkönig erhoben worden, wurde gefürchtet und verehrt; habe ich denn damals dem höchsten Schatze nicht genug Ausgaben gespart? habe ich nicht die Revolution in Galizien erdrückt? damals hat man mich gebraucht, jetzt vergißt man mich, besonders jetzt bei den Wahlen zum Deputirten. Wäre ich gewählt, so hätte ich mir aus den 302 fl. Reisegeldern und den 200 fl. Monatgeldern etwas ersparen können, und auf dem Reichstag könnte ich bequem sitzen, hingegen der aus dem Bezirke Kimpolnez gewählte Lukian Kobinlica, ist nichts als ein gemeiner Bauer, der im Jahre 1846 die Einwohner desselben Ortes anfiel, ihnen den Mund verstopfte, sie kreu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar072_008" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0365"/> schlagen:</p> <p>„An die Stelle der Todesstrafe tritt zehnjährige bis lebenswierige Zwangsarbeit, Zuchthaus oder Festungsstrafe.“</p> <p>Der Justiz-Minister erklärt sich gegen dies Amendement, da es dadurch vorkommen würde, daß ein zum Tode verurtheilter nur zu zehnjähriger Strafe verurtheilt wird, während ein anderer Verbrecher, der nach bisherigen Gesetzen nur zu lebenswieriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, härter behandelt würde. Es wird aber gegenwärtig die Umarbeitung des Strafgesetzbuchs vorbereitet und dabei alles berücksichtigt werden, bei Festsetzung der Strafen über die verschiedenen Verbrechen, damit sie im Verhältniß zu einander stehen.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Jung</hi> erklärt sich für das Amendement, da die Rheinprovinz durch den Gesetz-Entwurf benachtheiligt ist, indem nach demselben dort nur auf Zwangsarbeit erkannt werden muß, während dem Richter in den andern Provinzen die Wahl zwischen Zuchthaus- und Festungsstrafe gelassen wird, welches bei politischen Vergehen, als Hochverrath etc. besonders zu berücksichtigen ist.</p> <p>Nachdem noch mehrere Redner wie <hi rendition="#g">v. Daniels</hi> und <hi rendition="#g">Tamnau</hi> gegen das Amendement gesprochen haben, wird es verworfen und der §. 2. in seiner ursprünglichen Fassung angenommen.</p> <p>§. 3. lautet: „Die Verwandlung schon erkannter Todesstrafen erfolgt durch die zuständigen Gerichte“ und wird ohne Debatte angenommen.</p> <p>Ueber das ganze Gesetz wird in der Freitagssitzung abgestimmt werden.</p> <p>Der Abg. <hi rendition="#g">Köhler</hi> hat schon vor 8 Tagen den Antrag gestellt, „die Versammlung wolle beschließen: die Satzung: <hi rendition="#g">das Leben des Menschen ist unverletzlich: die Todesstrafe ist abgeschafft</hi>“, werde in die Verfassungs-Urkunde aufgenommen.“</p> <p>Es hatten sich aber schon zu viel Mitglieder entfernt, um einen so wichtigen Theil der Verfassungs-Urkunde zu berathen; wie sich der Abg. <hi rendition="#g">v. Auerswald</hi> ausdrückte, deshalb wurde auch der Antrag verworfen, nicht des Prinzips halber, da man doch für Aufhebung der Todesstrafe gestimmt hat.</p> <p>Die Kommission für Berg- und Hüttenwesen hat so eben ihren Bericht, die Anträge der Abgeordneten <hi rendition="#g">Harkort, Hambloch, Schadt, Krackrügge</hi> und <hi rendition="#g">Müller</hi> (aus Brieg), betreffend: <hi rendition="#g">über die Regulirung und Gleichstellung der Bergwerks-Abgaben,</hi> den Mitgliedern der Vereinbarungs-Versammlung überreichen lassen. Nachdem die Kommission alle ihre Gründe auseinandergesetzt und alle Einwendungen widerlegt hat, schlägt sie im Einverständniß mit den Antragstellern, folgenden Gesetzentwurf vor:</p> <p>§ 1. Vom 1. September 1848 ab sollen die dem Staat gebührenden Bergwerksabgaben im ganzen Königreich nach gleichem Maßstab erhoben werden.</p> <p>§ 2. Sie zerfallen:<hi rendition="#et">a) in eine fixe Steuer von 2 Thlr. 20 Sgr. (10 Francs) von 381 Morgen (1 Quadrat Kilometer);<lb/> b) in eine proportionelle Steuer, welche 5 pCt. des Reinertrags nicht übersteigen darf;<lb/> c) in einen Beschlag von 10 pCt. der fixen Steuer als Fond für Steuernachlässe zu Gunsten solcher Bergwerks-Eigenthümer, welche Verluste oder Unglücksfälle erlitten haben.</hi> </p> <p>Alle übrigen bisher an den Staat entrichteten Bergwerksabgaben sind mit dem 1. September 1848 aufgehoben.</p> <p>§ 3. Bis zum Erlaß eines neuen Berggesetzes kommen für die Ermittelung und die Erhebung die für das linke Rheinufer geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Dekret vom 6. Mai 1811; K. O. vom 30. August 1820) zur Anwendung.</p> <p>§ 4. Die Entrichtung der den Standesherren oder anderen Privaten gebührenden Zehnten übernimmt der Staat. Den Betrag der auf diese Art entrichteten Zehnten zieht er verhältnißmäßig von sämmtlichen gleichartigen Gruben der Landestheile rechts des Rheines wieder ein.</p> <p>§ 5. Das gegenwärtige Gesetz bezieht sich nicht auf solche Abgaben, welche sonst noch an Korporationen, Institute und Privaten (Kirche, Schule, Knappschaftskasse etc.) zu entrichten sind.</p> <p>Die dem Berichte angehängte, vergleichende Zusammenstellung der im Jahre 1847 im ganzen preußischen Staate aufgekommenen Bergwerkssteuern an Zehnt etc. ergibt folgendes Resultat:<hi rendition="#et">Geldwerth der gewonnenen Produkte Thlr. 7,642,788 11 Sg. 9 Pf.<lb/> Ausbeute aller Bergwerke Thlr. 1,575,983 8 Sg. 4 Pf.<lb/> Zubuße mehrerer Bergwerke Thlr. 813,747 5 Sg. 5 Pf.<lb/> An Gefällen und Sporteln sind zu der landesherrl. Kasse geflossen Thlr. 688,090 18 Sg. 5 Pf.<lb/> Eine Steuer zu 5 pCt. von der reinen Ausbeute würde betragen haben Thlr. 38,111 24 Sg. - Pf.</hi> </p> <p>Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Pohle</hi> hat eine schleunige Interpellation an das Kriegsministerium gerichtet: 1) ob das Kriegsministerium nicht geneigt sei, die, in der an des Königs Majestät gerichteten und durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. genehmigte Proposition des Staatsministerii vom 31. Mai c., betreffend die Festsetzung eines Maximums des pensionsberechtigenden Einkommens der Civilbeamten etc., enthaltene Zusage:<hi rendition="#et">daß das Kriegsministerium einen gleichen Vorschlag hinsichtlich der Pensionen für das stehende Heer <hi rendition="#g">unverweilt</hi> vorlegen werde,<lb/> nunmehr sofort in Erfüllung gehen zu lassen?</hi> </p> <p>2) Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. sind die Reisekosten-Vergütungen für Civilbeamte etc. auf billige Pauschquanta reducirt worden. Diese Kabinets-Ordre gründet sich auf einen Vorschlag des Staatsministeriums vom 29. Mai c., welcher eine anderweitige Vorlage in nahe Aussicht stellt, wodurch die Vergütung der Reisekosten der zum <hi rendition="#g">stehenden Heere</hi> gehörenden Personen nach denselben Maßgaben regulirt werden soll. ‒ Ich erlaube mir zu fragen:</p> <p>Wann diese Ersparnißmaßregel in Bezug auf das stehende Heer nunmehr zu erwarten steht?</p> <p>Die Abgeordneten <hi rendition="#g">Teichmann</hi> und <hi rendition="#g">Hepche</hi> beantragen folgende <hi rendition="#g">höchst schleunige</hi> Interpellation an das königl. Staats-Ministerium, betreffend die in Schweidnitz (Provinz Schlesien) am 31. v. M. Statt gefundenen blutigen Ereignisse.</p> <p>1) Sind Einem hohen Staatsministerium die blutigen Ereignisse bekannt, welche am 31. v. und 1. d. M. zu Schweidnitz Statt gefunden haben, und durch den dortigen Kommandanten veranlaßt sind?</p> <p>2) Was ist event. wegen Untersuchung dieser unglücklichen Vorfälle geschehen?</p> <p>3) Welche Maßregeln gedenkt Ein hohes Staatsministerium zu ergreifen, um das Land vor dem Wiedervorkommen solcher Ereignisse zu sichern?</p> <p>Diese Interpellation nebst der des Abgeordneten <hi rendition="#g">Elsner,</hi> welcher die Zurückziehung des Militärs aus Hirschberg will, ferner die wegen der Konstabler von <hi rendition="#g">Rodbertus</hi> und <hi rendition="#g">v. Berg</hi> und eine so eben angekündigte des Abgeordneten <hi rendition="#g">Klingenberg</hi> über die Zerwürfnisse im Löbauer Kreise, haben die Priorität auf der zu morgen angesetzten Sitzung.</p> </div> <div xml:id="ar072_009" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>‒ Die Bürgerwehr Berlins hat an die Schweidnitzer folgende Adresse erlassen:</p> <p><hi rendition="#g">„Kameraden!</hi> Den zu einem, die Kräftigung und Einigung unseres deutschen Vaterlandes bezweckenden Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr ward die schreckliche Kunde dessen, was sich vor drei Tagen innerhalb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz begeben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen des alten Soldatenthums gefallen sind. Seid überzeugt Kameraden, daß Euer Schmerz auch der unsre ist und daß wir entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt, diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten eine neue Blume für den Straus der Freiheit und Gesetzlichkeit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in diesem Augenblick erfüllt.“</p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar072_003a" type="jArticle"> <p>Ritters Schnapphahnski machte die Runde in den höchsten Kreisen. Die ewigen Götter zürnten erschrecklich. Zeus Kronion drohte mit Donner und Blitz, mit Magdeburg und Spandau, und wäre die arme Ballettänzerin, der verrauschten Liebe gedenkend, nicht so artig gewesen, den verhängnißvollen Schmuck, aus übertriebener, künstlerischer Hochherzigkeit, freiwillig zurückzuerstatten, so hätte ihn leicht das Geschick auf der Flucht erreichen können und ach, seines Bleibens wäre vielleicht gewesen, wo da ist Heulen und Zähnklappen, Hafergrütze, Brod und Wasser.</p> <p>Die Franzosen würden in Betreff dieses Diamanten-Abenteuers sagen: „Monsieur le Chavalier de Schnapphahnski avait frisé le eode pénal.“</p> <p> <ref type="link">(Fortsetzung folgt.)</ref> </p> </div> <div xml:id="ar072_004" type="jArticle"> <bibl>(Neue Königsberger Zeitung.)</bibl> <p>Wie wir hören, haben wir vom konstitutionellen Preußenverein folgende Erlasse zu erwarten: 1) Die deutsche Sprache ist in Preußen abgeschafft. Fortan muß <hi rendition="#g">Jeder preußisch sprechen.</hi> 2) Die deutschen Eigennamen, wie Fischer, Müller, Schulz u. a. werden abgelegt. An ihre Stelle treten urpreußische, als da sind Perkunos, Potrimpos, Waidewut, Samo u. a. 3) Die deutsche Kultur wird verbannt. Die Einwohner Preußens dürfen fortan nur noch Bernsteinhandel, Fischerei und Hirschjagd treiben. Jeder Preuße trinkt nicht mehr Rheinwein und Bairisches Bier, sondern ‒ Meth. 4) Um Preußen vor dem Untergang in Deutschland zu bewahren, wird eine russische Gränzsperre an der Weichsel eingerichtet.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar072_010" type="jArticle"> <head>Schwerin, 2. August.</head> <p>Am 31. Juli fanden in Kraase und Groß-Dratow bei Waren Tumultscenen Statt. Nachdem nämlich die schiedskommissarischen Verhandlungen über die Verhältnisse der Taglöhner auf den genannten Gütern kein den Anforderungen der Letztern entsprechendes Resultat gehabt, verbreiteten sich Gerüchte von einem, von den Taglöhnern zu Kraase und andern Ortschaften der Umgegend beabsichtigten Angriff auf das dort stationirte Militär, in Folge dessen letzteres von Waren aus Verstärkung erhielt. Am 31. Juli gegen Abend erschienen sämmtliche Taglöhner in Groß-Dratow auf dem Hofe und verlangten von dem Gutsherrn, mit ihnen nach Kraase zu ziehen und die Entfernung des Militärs zu bewirken; der Aufforderung, den Hof zu verlassen, leisteten sie keine Folge, und konnten, bei fortdauernder Widersetzlichkeit, erst durch flaches Einhauen des Militärs zur Ordnung gebracht werden. Die kraaser Leute setzten die Erntearbeit ruhig fort, als von Möllenhagen ein mit Sensen, Heugabeln etc. bewaffneter Haufe von 60‒70 Taglöhnern anrückte und das ihm entgegengeschickte Militär mit größter Heftigkeit angriff. Scharfes Einhauen der Kavallerie hatte nur einen neuen, verstärkten Angriff zur Folge, sodaß endlich vom Feuergewehre Gebrauch gemacht werden mußte, wobei einer der Taglöhner getödtet, drei andere stark und drei leicht verwundet wurden. 39 Leute wurden mit den Waffen in der Hand zur Haft gebracht, die übrigen auseinandergesprengt. Sämmtliche Gefangene, Verwundete und der Gebliebene gehörten nach Möllenhagen.</p> <bibl>(H. C.)</bibl> </div> <div xml:id="ar072_011" type="jArticle"> <head>Nordhausen, 3. Aug.</head> <p>Hier sind gestern ernsthafte Ruhestörungen vorgefallen und mußte Generalmarsch geschlagen werden; Verwundungen kamen vor und es fielen einige Schüsse, ohne jedoch zu verletzen. In Folge dessen hat heute der Stadtrath strenge Ordnungsmaßregeln angeordnet.</p> <bibl>(Berl. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar072_012" type="jArticle"> <head>Aus Bayern, im August.</head> <p>Die preußische Regierung hat an sämmtliche deutsche Höfe einen Vorschlag ergehen lassen zu einer Vereinbarung wegen Ausführung des Beschlusses der deutschen Nationalversammlung vom 28. Juni 1848 in Betreff der am Sitze der provisorischen Centralgewalt für Deutschland von den Landesregierungen zu be[#]iellenden Bevollmächtigten. In dem Collegium dieser Bevollmächtigten sollen diesem Gutachten zufolge als Einheiten vertreten werden: 1) Oestreich, 2) Preußen, 3) Bayern, 4) Königreich Sachsen mit Sachsen-Weimar, sowie mit den herzoglich sächsischen, fürstlich schwarzburgischen und fürstlich reuß'schen Landen, 5) Würtemberg und Baden mit den fürstlich hohenzollern'schen Landen, 6) Hannover mit Oldenburg, Mecklenburg, Braunschweig, Holstein und Lauenburg, Schaumburg, Lippe und den freien Hansestädten, 7) die beiden hessischen Hauptstaaten mit Hessen-Homburg, Nassau und Frankfurt. Die Vertreter der gedachten sieben Einheiten sollen einen Rath bilden, der über die gemeinsamen mit der pro. Centralgewalt zu verhandelnden Angelegenheiten der von ihnen vertretenen Regierungen nach Stimmenmehrheit Beschlüsse faßt. Bei dergleichen Beschlußfassungen sollen Oesterreich und Preußen jedes für sich drei Stimmen abzugeben haben, und können sich, wenn sie es für nöthig finden, durch eben so viele Bevollmächtigte im Rathe vertreten lassen. Jede von den übrigen Kurien soll eine Stimme führen.</p> <bibl>(N. C.)</bibl> </div> <div xml:id="ar072_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Wien, 5. August.</head> <p>In der heutigen Sitzung des konstituirenden Reichstages ward eine der wichtigsten Fragen, vielleicht die Lebensfrage der Monarchie, zum ersten Male beregt. Finanzminister <hi rendition="#g">Kraus</hi> sprach über den Zustand der Finanzen, schon früher die Achillesferse der Staatsgewalt, die nun ebenfalls gefeit werden soll. Kraus gestand offen in seinem Vortrage den schlimmen, ja gefahrdrohenden Zustand der Finanzen, die namentlich durch den mehrmonatlichen Revolutionszustand, den italiänischen Krieg und den unregelmäßigen und verminderten Eingang der indirekten Abgaben in so bedeutendem Grade herabgedrückt würden, daß nur die enormen, trotz dem organisirten Aussaugesystem der frühern Verwaltung noch reich sprudelnden Hilfsquellen und die aufopfernde Vaterlandsliebe der Völker die Heraufführung einer glücklichen Aera möglich machen. Die Grundzüge des Finanzplanes, dessen numerische Einzelheiten nächster Tage der Reichsversammlung vorgelegt werden sollen, lassen uns der Versicherung des Ministeriums, daß es auf die ausgedehnteste Uebertragung der freisinnigsten Ideen auch in diesen Zweig der Verwaltung redlich hinarbeiten wolle, Glauben schenken und können ungefähr in Folgendem zusammengefaßt werden: ein verhältnißmäßiges Besteuerungssystem, mithin eine <hi rendition="#g">Einkommensteuer;</hi> die Last des Haushaltes soll fortan nicht mehr fast ausschließlich den Armen drücken und die Schultern der Privilegirten nur leichthin streifen. <hi rendition="#g">Modifikation der Zölle behufs der Ermöglichung und Erleichterung des Anschlusses an Deutschland.</hi> Die Linke begrüßte diesen Punkt mit lebhaftem Beifall, während das, freilich ministerielle, Centrum sich ganz theilnahmslos verhielt und die Herren der Rechten eo ipso nicht sonderlichen Geschmack daran fanden. <hi rendition="#g">Herabsetzung des Salzpreises, Aufhebung der Judensteuer;</hi> ein Tribut, der nicht schwer fallen kann, da Ungarn und Böhmen diese schmachvolle Bürde bereits faktisch abgeschüttelt, die deutschen Erbstaaten eine höchst schwache jüdische Bevölkerung besitzen. <hi rendition="#g">Modifikation des Stempelwesens,</hi> das in seinen frühern Verhältnissen die schmächlichste Bevorzugung des Reichen, eine der drückendsten Bürden des Armen enthielt. <hi rendition="#g">Aufhebung des Lotto, Herabsetzung des Posttarifes, Reduktion des Militärs,</hi> sobald es die Weltlage gestattet, <hi rendition="#g">Vereinfachung des Geschäftsganges,</hi> namentlich durch eine neu zu organisirende Municipalverfassung, mithin <hi rendition="#g">Verminderung des Beamtenheeres,</hi> das wie ein Alp erstickend auf Oesterreich gelegen. ‒ Aus Pesth läuft so eben die höchst wichtige Nachricht ein, daß die ungarische Nationalversammlung am 3. d. <hi rendition="#g">die Allianz mit Deutschland einstimmig ausgesprochen.</hi> Auch Kossuth sprach in längerer Rede zu Gunsten der Motion und scheint daher die falsche Stellung, in welche er in letzterer Zeit Ungarn gegenüber Oesterreich und Deutschland gebracht, zu begreifen und aufgeben zu wollen. Nyiry, der heldenmüthige Führer der äußersten Linken setzte überdies das Amendement durch, daß „Ungarn im Falle eines Krieges Oesterreichs mit Deutschland gegen Deutschland <hi rendition="#g">niemals</hi> Hilfe leisten werde“. ‒ Morgen feiert die akademische Legion die Wiedergeburt Deutschlands.</p> <p>Für morgen sieht man der definitiven Entscheidung entgegen, welche die Reichstagsdeputation über die Rückkehr des Kaisers bringen wird und die Nachricht dürfte entscheidend sein für das Schicksal Oesterreichs, entscheidend für die Dynastie, die ihrem Sturze nie so nahe war, die ihm sicher nicht entgeht, wenn wir auch diesmal durch leere Versprechungen genarrt werden, die man in Innsbruck eben so leicht giebt, als man sie vergißt. Ahnte der Hof die Gefahr, die dem Throne droht, die ihn in Innsbruck unvermeidlich erreichen muß, er würde mit derselben Hast, mit welcher er sie verlassen, zurückeilen in die Burg seiner Ahnen. Mit solch eiserner Konsequenz fortgesetzte Kränkung und Verhöhnung kann und wird jedoch das Volk nicht verzeihen und das verhängnißvolle „zu spät“ dürfte noch einmal im Donnerrufe der Millionen durch die Lüfte brausen, daß selbst die ewig festen Alpen Tyrols darob in ihren Grundvesten erbebten.</p> </div> <div xml:id="ar072_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 6. August.</head> <p>Wer die deutsche Bewegungsposse in imponiremdem Sonntagskleide sehen will, der komme hieher. Nirgendwo gibt es eine so zahlreiche, so prächtige und wohleinexerzirte Nationalgarde und Bürgerwehr, nirgendwo eine akademische Legion von so mächtigem Ansehen, nirgendwo gibt es so viele und so schöne deutsche Fahnen und Fackelzüge, kurz nirgendwo sieht Deutschland so glänzend aus, als hier. Kein Wunder also, daß ein deutsches Gemüth à la Heckscher vor Entzücken außer sich gerathen mußte; hat Wien in seiner Herrlichkeit doch mich selber bestochen. So eben hat unter prächtigem Sonnenschein die Huldigung statt gefunden. Etwa 100,000 geputzte Menschen, Nationalgarden und Legionäre mögen auf dem Glacis versammelt gewesen sein. Auch ein Häuflein Militär, Infanterie und Dragoner, war des <hi rendition="#g">Erzherzogs</hi> wegen auf Befehl des östreichischen Kriegsministers Latour, der sich um die Befehle eines Peuker wenig scheeren mag, ausgerückt. An seiner schwarzgelben Fahne entdeckte ich mit Staunen einen höchst unsichtbaren schwarz-gold-rothen Bandstreifen. Seiner gestern berichteten Aeußerung getreu hatte Latour dem übrigen sehr zahlreichen Militär erlaubt, in den Kasernen zu bleiben und sich dort, je nach Gefallen, zu belustigen. Morgen aber muß sämmtliches Militär auf dem Glacis stehen, um zu Ehren der italienischen Armee bei einem Gottesdienste zu trauern. Da die Italiener durchaus Oestreicher bleiben müssen und niemals Italiener werden dürfen, so schließt sich dieser Soldatendemonstration natürlich sämmtlicher revolutionärer Verstand von Wien an, nämlich die Nationalgarde, die Legion, alle Klubs und die ganze radikale Presse.</p> <p>Das Ministerium beschäftigt sich damit, einige Preßprozesse wider solche einzuleiten, die wie der Studentenkurier Nr. 36 und 38 den Krieg in Italien als einen freiheitsmörderischen bezeichneten. Auch hat es drei Juden, die zur Camarilla Rothschilds gehören, bereits zu Unterstaatssekretären in verschiedenen Ministerien ernannt, worauf sogleich gestern eine Erklärung des Finanzministers über den betrübten Stand der Finanzen im Reichstag erfolgte. Rothschild und seine Camarilla besitzen nämlich noch gar viel östreichisches Papier, welches sie dem armen Volke gern gegen klingende Münze, die man demselben schon fast ganz abgenommen hat, eintauschen möchten. Unterdessen bietet die Innsbrucker Camarilla seit einigen Tagen Alles auf, einen Sturm heraufzubeschwören; sie ließ zu dem Ende eine Menge Katzenmusiken aufführen, die Arbeiter bestechen und das Gerücht verbreiten, die Aula würde, Füster an der Spitze, heute die Republik proklamiren. In Folge dieser Manöver, die kein Resultat hervorzubringen vermochten, waren die Straßenecken gestern mit beschwichtigenden Plakaten bedeckt, in welchen die Bevölkerung angegangen wird, sich, was auch kommen möge, ruhig zu verhalten und dem Reichstag zu vertrauen. Gleichwohl liegt über Wien eine drückende Gewitterschwüle. Die an den Kaiser gesendete Reichstagsdeputation wird morgen zurückerwartet und man weiß, daß der Kaiser nicht kommen wird, da die Camarilla als Bedingung seiner Rückkehr die Auflösung der akademischen Legion und Modifizirung der Nationalgarde, die Auflösung des Sicherheitsausschusses und ein Ministerium Stadion verlangt hat.</p> <p>Die hiesige demokratische Presse fährt fort über Italien eine Meinung zu haben, die sie der Demokratie unwürdig macht. So sagt die <hi rendition="#g">Konstitution</hi> von gestern, deren Redakteur hier für einen Republikaner gilt: „Wenn Radetzky unter dem alten Knutensystem die Knechtung Italiens mit eiserner Hand vollführen geholfen, wenn er auch in neuerer Zeit <hi rendition="#g">vielleicht</hi> einige unzeitgemäße Maßregeln getroffen ‒ so war sein Auftreten eine <hi rendition="#g">Konsequenz seines Eides</hi> ‒ eine Reihe von Thaten des militärischen Gehorsams. Radetzky's Laufbahn ist von Heldenthaten bezeichnet.“ Selbst Windischgrätz findet Gnade: „Wenn der aristokratische Windischgrätz als Haudegen, vielleicht als <hi rendition="#g">Tyrann</hi> den Prager Aufstand bekämpft, so hat er, da das Militär noch immer nicht die neue Verfassung beschworen, <hi rendition="#g">vielleicht</hi> nicht gesetzwidrig gehandelt.“ ‒ Was denken Sie von dem demokratischen Verstande eines Blattes, das die Leute mit der Konsequenz des Eides zusammenschießen läßt?</p> <p>Der berüchtigte Bandit Metternichs, der Bauer Szela, wollte durchaus zum Abgeordneten in den Reichstag gewählt werden! fiel aber durch, indem an seiner Statt ein anderer Namens Kobinlica gewählt wurde. Darüber erbost schrieb Szela einen vehementen Brief an den Minister des Innern, in welchem auch folgende Stelle vorkommt: „Habe ich denn keine Auszeichnung verdient? ich war ja im Jahre 1846 zum Bauernkönig erhoben worden, wurde gefürchtet und verehrt; habe ich denn damals dem höchsten Schatze nicht genug Ausgaben gespart? habe ich nicht die Revolution in Galizien erdrückt? damals hat man mich gebraucht, jetzt vergißt man mich, besonders jetzt bei den Wahlen zum Deputirten. Wäre ich gewählt, so hätte ich mir aus den 302 fl. Reisegeldern und den 200 fl. Monatgeldern etwas ersparen können, und auf dem Reichstag könnte ich bequem sitzen, hingegen der aus dem Bezirke Kimpolnez gewählte <hi rendition="#g">Lukian Kobinlica, ist nichts als ein gemeiner Bauer, der im Jahre 1846 die Einwohner desselben Ortes anfiel, ihnen den Mund verstopfte, sie kreu- </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0365/0003]
schlagen:
„An die Stelle der Todesstrafe tritt zehnjährige bis lebenswierige Zwangsarbeit, Zuchthaus oder Festungsstrafe.“
Der Justiz-Minister erklärt sich gegen dies Amendement, da es dadurch vorkommen würde, daß ein zum Tode verurtheilter nur zu zehnjähriger Strafe verurtheilt wird, während ein anderer Verbrecher, der nach bisherigen Gesetzen nur zu lebenswieriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, härter behandelt würde. Es wird aber gegenwärtig die Umarbeitung des Strafgesetzbuchs vorbereitet und dabei alles berücksichtigt werden, bei Festsetzung der Strafen über die verschiedenen Verbrechen, damit sie im Verhältniß zu einander stehen.
Abg. Jung erklärt sich für das Amendement, da die Rheinprovinz durch den Gesetz-Entwurf benachtheiligt ist, indem nach demselben dort nur auf Zwangsarbeit erkannt werden muß, während dem Richter in den andern Provinzen die Wahl zwischen Zuchthaus- und Festungsstrafe gelassen wird, welches bei politischen Vergehen, als Hochverrath etc. besonders zu berücksichtigen ist.
Nachdem noch mehrere Redner wie v. Daniels und Tamnau gegen das Amendement gesprochen haben, wird es verworfen und der §. 2. in seiner ursprünglichen Fassung angenommen.
§. 3. lautet: „Die Verwandlung schon erkannter Todesstrafen erfolgt durch die zuständigen Gerichte“ und wird ohne Debatte angenommen.
Ueber das ganze Gesetz wird in der Freitagssitzung abgestimmt werden.
Der Abg. Köhler hat schon vor 8 Tagen den Antrag gestellt, „die Versammlung wolle beschließen: die Satzung: das Leben des Menschen ist unverletzlich: die Todesstrafe ist abgeschafft“, werde in die Verfassungs-Urkunde aufgenommen.“
Es hatten sich aber schon zu viel Mitglieder entfernt, um einen so wichtigen Theil der Verfassungs-Urkunde zu berathen; wie sich der Abg. v. Auerswald ausdrückte, deshalb wurde auch der Antrag verworfen, nicht des Prinzips halber, da man doch für Aufhebung der Todesstrafe gestimmt hat.
Die Kommission für Berg- und Hüttenwesen hat so eben ihren Bericht, die Anträge der Abgeordneten Harkort, Hambloch, Schadt, Krackrügge und Müller (aus Brieg), betreffend: über die Regulirung und Gleichstellung der Bergwerks-Abgaben, den Mitgliedern der Vereinbarungs-Versammlung überreichen lassen. Nachdem die Kommission alle ihre Gründe auseinandergesetzt und alle Einwendungen widerlegt hat, schlägt sie im Einverständniß mit den Antragstellern, folgenden Gesetzentwurf vor:
§ 1. Vom 1. September 1848 ab sollen die dem Staat gebührenden Bergwerksabgaben im ganzen Königreich nach gleichem Maßstab erhoben werden.
§ 2. Sie zerfallen:a) in eine fixe Steuer von 2 Thlr. 20 Sgr. (10 Francs) von 381 Morgen (1 Quadrat Kilometer);
b) in eine proportionelle Steuer, welche 5 pCt. des Reinertrags nicht übersteigen darf;
c) in einen Beschlag von 10 pCt. der fixen Steuer als Fond für Steuernachlässe zu Gunsten solcher Bergwerks-Eigenthümer, welche Verluste oder Unglücksfälle erlitten haben.
Alle übrigen bisher an den Staat entrichteten Bergwerksabgaben sind mit dem 1. September 1848 aufgehoben.
§ 3. Bis zum Erlaß eines neuen Berggesetzes kommen für die Ermittelung und die Erhebung die für das linke Rheinufer geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Dekret vom 6. Mai 1811; K. O. vom 30. August 1820) zur Anwendung.
§ 4. Die Entrichtung der den Standesherren oder anderen Privaten gebührenden Zehnten übernimmt der Staat. Den Betrag der auf diese Art entrichteten Zehnten zieht er verhältnißmäßig von sämmtlichen gleichartigen Gruben der Landestheile rechts des Rheines wieder ein.
§ 5. Das gegenwärtige Gesetz bezieht sich nicht auf solche Abgaben, welche sonst noch an Korporationen, Institute und Privaten (Kirche, Schule, Knappschaftskasse etc.) zu entrichten sind.
Die dem Berichte angehängte, vergleichende Zusammenstellung der im Jahre 1847 im ganzen preußischen Staate aufgekommenen Bergwerkssteuern an Zehnt etc. ergibt folgendes Resultat:Geldwerth der gewonnenen Produkte Thlr. 7,642,788 11 Sg. 9 Pf.
Ausbeute aller Bergwerke Thlr. 1,575,983 8 Sg. 4 Pf.
Zubuße mehrerer Bergwerke Thlr. 813,747 5 Sg. 5 Pf.
An Gefällen und Sporteln sind zu der landesherrl. Kasse geflossen Thlr. 688,090 18 Sg. 5 Pf.
Eine Steuer zu 5 pCt. von der reinen Ausbeute würde betragen haben Thlr. 38,111 24 Sg. - Pf.
Der Abgeordnete Pohle hat eine schleunige Interpellation an das Kriegsministerium gerichtet: 1) ob das Kriegsministerium nicht geneigt sei, die, in der an des Königs Majestät gerichteten und durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. genehmigte Proposition des Staatsministerii vom 31. Mai c., betreffend die Festsetzung eines Maximums des pensionsberechtigenden Einkommens der Civilbeamten etc., enthaltene Zusage:daß das Kriegsministerium einen gleichen Vorschlag hinsichtlich der Pensionen für das stehende Heer unverweilt vorlegen werde,
nunmehr sofort in Erfüllung gehen zu lassen?
2) Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 10. Juni c. sind die Reisekosten-Vergütungen für Civilbeamte etc. auf billige Pauschquanta reducirt worden. Diese Kabinets-Ordre gründet sich auf einen Vorschlag des Staatsministeriums vom 29. Mai c., welcher eine anderweitige Vorlage in nahe Aussicht stellt, wodurch die Vergütung der Reisekosten der zum stehenden Heere gehörenden Personen nach denselben Maßgaben regulirt werden soll. ‒ Ich erlaube mir zu fragen:
Wann diese Ersparnißmaßregel in Bezug auf das stehende Heer nunmehr zu erwarten steht?
Die Abgeordneten Teichmann und Hepche beantragen folgende höchst schleunige Interpellation an das königl. Staats-Ministerium, betreffend die in Schweidnitz (Provinz Schlesien) am 31. v. M. Statt gefundenen blutigen Ereignisse.
1) Sind Einem hohen Staatsministerium die blutigen Ereignisse bekannt, welche am 31. v. und 1. d. M. zu Schweidnitz Statt gefunden haben, und durch den dortigen Kommandanten veranlaßt sind?
2) Was ist event. wegen Untersuchung dieser unglücklichen Vorfälle geschehen?
3) Welche Maßregeln gedenkt Ein hohes Staatsministerium zu ergreifen, um das Land vor dem Wiedervorkommen solcher Ereignisse zu sichern?
Diese Interpellation nebst der des Abgeordneten Elsner, welcher die Zurückziehung des Militärs aus Hirschberg will, ferner die wegen der Konstabler von Rodbertus und v. Berg und eine so eben angekündigte des Abgeordneten Klingenberg über die Zerwürfnisse im Löbauer Kreise, haben die Priorität auf der zu morgen angesetzten Sitzung.
* ‒ Die Bürgerwehr Berlins hat an die Schweidnitzer folgende Adresse erlassen:
„Kameraden! Den zu einem, die Kräftigung und Einigung unseres deutschen Vaterlandes bezweckenden Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr ward die schreckliche Kunde dessen, was sich vor drei Tagen innerhalb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz begeben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen des alten Soldatenthums gefallen sind. Seid überzeugt Kameraden, daß Euer Schmerz auch der unsre ist und daß wir entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt, diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten eine neue Blume für den Straus der Freiheit und Gesetzlichkeit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in diesem Augenblick erfüllt.“
Ritters Schnapphahnski machte die Runde in den höchsten Kreisen. Die ewigen Götter zürnten erschrecklich. Zeus Kronion drohte mit Donner und Blitz, mit Magdeburg und Spandau, und wäre die arme Ballettänzerin, der verrauschten Liebe gedenkend, nicht so artig gewesen, den verhängnißvollen Schmuck, aus übertriebener, künstlerischer Hochherzigkeit, freiwillig zurückzuerstatten, so hätte ihn leicht das Geschick auf der Flucht erreichen können und ach, seines Bleibens wäre vielleicht gewesen, wo da ist Heulen und Zähnklappen, Hafergrütze, Brod und Wasser.
Die Franzosen würden in Betreff dieses Diamanten-Abenteuers sagen: „Monsieur le Chavalier de Schnapphahnski avait frisé le eode pénal.“
(Fortsetzung folgt.)
(Neue Königsberger Zeitung.) Wie wir hören, haben wir vom konstitutionellen Preußenverein folgende Erlasse zu erwarten: 1) Die deutsche Sprache ist in Preußen abgeschafft. Fortan muß Jeder preußisch sprechen. 2) Die deutschen Eigennamen, wie Fischer, Müller, Schulz u. a. werden abgelegt. An ihre Stelle treten urpreußische, als da sind Perkunos, Potrimpos, Waidewut, Samo u. a. 3) Die deutsche Kultur wird verbannt. Die Einwohner Preußens dürfen fortan nur noch Bernsteinhandel, Fischerei und Hirschjagd treiben. Jeder Preuße trinkt nicht mehr Rheinwein und Bairisches Bier, sondern ‒ Meth. 4) Um Preußen vor dem Untergang in Deutschland zu bewahren, wird eine russische Gränzsperre an der Weichsel eingerichtet.
[Deutschland] Schwerin, 2. August. Am 31. Juli fanden in Kraase und Groß-Dratow bei Waren Tumultscenen Statt. Nachdem nämlich die schiedskommissarischen Verhandlungen über die Verhältnisse der Taglöhner auf den genannten Gütern kein den Anforderungen der Letztern entsprechendes Resultat gehabt, verbreiteten sich Gerüchte von einem, von den Taglöhnern zu Kraase und andern Ortschaften der Umgegend beabsichtigten Angriff auf das dort stationirte Militär, in Folge dessen letzteres von Waren aus Verstärkung erhielt. Am 31. Juli gegen Abend erschienen sämmtliche Taglöhner in Groß-Dratow auf dem Hofe und verlangten von dem Gutsherrn, mit ihnen nach Kraase zu ziehen und die Entfernung des Militärs zu bewirken; der Aufforderung, den Hof zu verlassen, leisteten sie keine Folge, und konnten, bei fortdauernder Widersetzlichkeit, erst durch flaches Einhauen des Militärs zur Ordnung gebracht werden. Die kraaser Leute setzten die Erntearbeit ruhig fort, als von Möllenhagen ein mit Sensen, Heugabeln etc. bewaffneter Haufe von 60‒70 Taglöhnern anrückte und das ihm entgegengeschickte Militär mit größter Heftigkeit angriff. Scharfes Einhauen der Kavallerie hatte nur einen neuen, verstärkten Angriff zur Folge, sodaß endlich vom Feuergewehre Gebrauch gemacht werden mußte, wobei einer der Taglöhner getödtet, drei andere stark und drei leicht verwundet wurden. 39 Leute wurden mit den Waffen in der Hand zur Haft gebracht, die übrigen auseinandergesprengt. Sämmtliche Gefangene, Verwundete und der Gebliebene gehörten nach Möllenhagen.
(H. C.) Nordhausen, 3. Aug. Hier sind gestern ernsthafte Ruhestörungen vorgefallen und mußte Generalmarsch geschlagen werden; Verwundungen kamen vor und es fielen einige Schüsse, ohne jedoch zu verletzen. In Folge dessen hat heute der Stadtrath strenge Ordnungsmaßregeln angeordnet.
(Berl. Z.) Aus Bayern, im August. Die preußische Regierung hat an sämmtliche deutsche Höfe einen Vorschlag ergehen lassen zu einer Vereinbarung wegen Ausführung des Beschlusses der deutschen Nationalversammlung vom 28. Juni 1848 in Betreff der am Sitze der provisorischen Centralgewalt für Deutschland von den Landesregierungen zu be[#]iellenden Bevollmächtigten. In dem Collegium dieser Bevollmächtigten sollen diesem Gutachten zufolge als Einheiten vertreten werden: 1) Oestreich, 2) Preußen, 3) Bayern, 4) Königreich Sachsen mit Sachsen-Weimar, sowie mit den herzoglich sächsischen, fürstlich schwarzburgischen und fürstlich reuß'schen Landen, 5) Würtemberg und Baden mit den fürstlich hohenzollern'schen Landen, 6) Hannover mit Oldenburg, Mecklenburg, Braunschweig, Holstein und Lauenburg, Schaumburg, Lippe und den freien Hansestädten, 7) die beiden hessischen Hauptstaaten mit Hessen-Homburg, Nassau und Frankfurt. Die Vertreter der gedachten sieben Einheiten sollen einen Rath bilden, der über die gemeinsamen mit der pro. Centralgewalt zu verhandelnden Angelegenheiten der von ihnen vertretenen Regierungen nach Stimmenmehrheit Beschlüsse faßt. Bei dergleichen Beschlußfassungen sollen Oesterreich und Preußen jedes für sich drei Stimmen abzugeben haben, und können sich, wenn sie es für nöthig finden, durch eben so viele Bevollmächtigte im Rathe vertreten lassen. Jede von den übrigen Kurien soll eine Stimme führen.
(N. C.) 15 Wien, 5. August. In der heutigen Sitzung des konstituirenden Reichstages ward eine der wichtigsten Fragen, vielleicht die Lebensfrage der Monarchie, zum ersten Male beregt. Finanzminister Kraus sprach über den Zustand der Finanzen, schon früher die Achillesferse der Staatsgewalt, die nun ebenfalls gefeit werden soll. Kraus gestand offen in seinem Vortrage den schlimmen, ja gefahrdrohenden Zustand der Finanzen, die namentlich durch den mehrmonatlichen Revolutionszustand, den italiänischen Krieg und den unregelmäßigen und verminderten Eingang der indirekten Abgaben in so bedeutendem Grade herabgedrückt würden, daß nur die enormen, trotz dem organisirten Aussaugesystem der frühern Verwaltung noch reich sprudelnden Hilfsquellen und die aufopfernde Vaterlandsliebe der Völker die Heraufführung einer glücklichen Aera möglich machen. Die Grundzüge des Finanzplanes, dessen numerische Einzelheiten nächster Tage der Reichsversammlung vorgelegt werden sollen, lassen uns der Versicherung des Ministeriums, daß es auf die ausgedehnteste Uebertragung der freisinnigsten Ideen auch in diesen Zweig der Verwaltung redlich hinarbeiten wolle, Glauben schenken und können ungefähr in Folgendem zusammengefaßt werden: ein verhältnißmäßiges Besteuerungssystem, mithin eine Einkommensteuer; die Last des Haushaltes soll fortan nicht mehr fast ausschließlich den Armen drücken und die Schultern der Privilegirten nur leichthin streifen. Modifikation der Zölle behufs der Ermöglichung und Erleichterung des Anschlusses an Deutschland. Die Linke begrüßte diesen Punkt mit lebhaftem Beifall, während das, freilich ministerielle, Centrum sich ganz theilnahmslos verhielt und die Herren der Rechten eo ipso nicht sonderlichen Geschmack daran fanden. Herabsetzung des Salzpreises, Aufhebung der Judensteuer; ein Tribut, der nicht schwer fallen kann, da Ungarn und Böhmen diese schmachvolle Bürde bereits faktisch abgeschüttelt, die deutschen Erbstaaten eine höchst schwache jüdische Bevölkerung besitzen. Modifikation des Stempelwesens, das in seinen frühern Verhältnissen die schmächlichste Bevorzugung des Reichen, eine der drückendsten Bürden des Armen enthielt. Aufhebung des Lotto, Herabsetzung des Posttarifes, Reduktion des Militärs, sobald es die Weltlage gestattet, Vereinfachung des Geschäftsganges, namentlich durch eine neu zu organisirende Municipalverfassung, mithin Verminderung des Beamtenheeres, das wie ein Alp erstickend auf Oesterreich gelegen. ‒ Aus Pesth läuft so eben die höchst wichtige Nachricht ein, daß die ungarische Nationalversammlung am 3. d. die Allianz mit Deutschland einstimmig ausgesprochen. Auch Kossuth sprach in längerer Rede zu Gunsten der Motion und scheint daher die falsche Stellung, in welche er in letzterer Zeit Ungarn gegenüber Oesterreich und Deutschland gebracht, zu begreifen und aufgeben zu wollen. Nyiry, der heldenmüthige Führer der äußersten Linken setzte überdies das Amendement durch, daß „Ungarn im Falle eines Krieges Oesterreichs mit Deutschland gegen Deutschland niemals Hilfe leisten werde“. ‒ Morgen feiert die akademische Legion die Wiedergeburt Deutschlands.
Für morgen sieht man der definitiven Entscheidung entgegen, welche die Reichstagsdeputation über die Rückkehr des Kaisers bringen wird und die Nachricht dürfte entscheidend sein für das Schicksal Oesterreichs, entscheidend für die Dynastie, die ihrem Sturze nie so nahe war, die ihm sicher nicht entgeht, wenn wir auch diesmal durch leere Versprechungen genarrt werden, die man in Innsbruck eben so leicht giebt, als man sie vergißt. Ahnte der Hof die Gefahr, die dem Throne droht, die ihn in Innsbruck unvermeidlich erreichen muß, er würde mit derselben Hast, mit welcher er sie verlassen, zurückeilen in die Burg seiner Ahnen. Mit solch eiserner Konsequenz fortgesetzte Kränkung und Verhöhnung kann und wird jedoch das Volk nicht verzeihen und das verhängnißvolle „zu spät“ dürfte noch einmal im Donnerrufe der Millionen durch die Lüfte brausen, daß selbst die ewig festen Alpen Tyrols darob in ihren Grundvesten erbebten.
61 Wien, 6. August. Wer die deutsche Bewegungsposse in imponiremdem Sonntagskleide sehen will, der komme hieher. Nirgendwo gibt es eine so zahlreiche, so prächtige und wohleinexerzirte Nationalgarde und Bürgerwehr, nirgendwo eine akademische Legion von so mächtigem Ansehen, nirgendwo gibt es so viele und so schöne deutsche Fahnen und Fackelzüge, kurz nirgendwo sieht Deutschland so glänzend aus, als hier. Kein Wunder also, daß ein deutsches Gemüth à la Heckscher vor Entzücken außer sich gerathen mußte; hat Wien in seiner Herrlichkeit doch mich selber bestochen. So eben hat unter prächtigem Sonnenschein die Huldigung statt gefunden. Etwa 100,000 geputzte Menschen, Nationalgarden und Legionäre mögen auf dem Glacis versammelt gewesen sein. Auch ein Häuflein Militär, Infanterie und Dragoner, war des Erzherzogs wegen auf Befehl des östreichischen Kriegsministers Latour, der sich um die Befehle eines Peuker wenig scheeren mag, ausgerückt. An seiner schwarzgelben Fahne entdeckte ich mit Staunen einen höchst unsichtbaren schwarz-gold-rothen Bandstreifen. Seiner gestern berichteten Aeußerung getreu hatte Latour dem übrigen sehr zahlreichen Militär erlaubt, in den Kasernen zu bleiben und sich dort, je nach Gefallen, zu belustigen. Morgen aber muß sämmtliches Militär auf dem Glacis stehen, um zu Ehren der italienischen Armee bei einem Gottesdienste zu trauern. Da die Italiener durchaus Oestreicher bleiben müssen und niemals Italiener werden dürfen, so schließt sich dieser Soldatendemonstration natürlich sämmtlicher revolutionärer Verstand von Wien an, nämlich die Nationalgarde, die Legion, alle Klubs und die ganze radikale Presse.
Das Ministerium beschäftigt sich damit, einige Preßprozesse wider solche einzuleiten, die wie der Studentenkurier Nr. 36 und 38 den Krieg in Italien als einen freiheitsmörderischen bezeichneten. Auch hat es drei Juden, die zur Camarilla Rothschilds gehören, bereits zu Unterstaatssekretären in verschiedenen Ministerien ernannt, worauf sogleich gestern eine Erklärung des Finanzministers über den betrübten Stand der Finanzen im Reichstag erfolgte. Rothschild und seine Camarilla besitzen nämlich noch gar viel östreichisches Papier, welches sie dem armen Volke gern gegen klingende Münze, die man demselben schon fast ganz abgenommen hat, eintauschen möchten. Unterdessen bietet die Innsbrucker Camarilla seit einigen Tagen Alles auf, einen Sturm heraufzubeschwören; sie ließ zu dem Ende eine Menge Katzenmusiken aufführen, die Arbeiter bestechen und das Gerücht verbreiten, die Aula würde, Füster an der Spitze, heute die Republik proklamiren. In Folge dieser Manöver, die kein Resultat hervorzubringen vermochten, waren die Straßenecken gestern mit beschwichtigenden Plakaten bedeckt, in welchen die Bevölkerung angegangen wird, sich, was auch kommen möge, ruhig zu verhalten und dem Reichstag zu vertrauen. Gleichwohl liegt über Wien eine drückende Gewitterschwüle. Die an den Kaiser gesendete Reichstagsdeputation wird morgen zurückerwartet und man weiß, daß der Kaiser nicht kommen wird, da die Camarilla als Bedingung seiner Rückkehr die Auflösung der akademischen Legion und Modifizirung der Nationalgarde, die Auflösung des Sicherheitsausschusses und ein Ministerium Stadion verlangt hat.
Die hiesige demokratische Presse fährt fort über Italien eine Meinung zu haben, die sie der Demokratie unwürdig macht. So sagt die Konstitution von gestern, deren Redakteur hier für einen Republikaner gilt: „Wenn Radetzky unter dem alten Knutensystem die Knechtung Italiens mit eiserner Hand vollführen geholfen, wenn er auch in neuerer Zeit vielleicht einige unzeitgemäße Maßregeln getroffen ‒ so war sein Auftreten eine Konsequenz seines Eides ‒ eine Reihe von Thaten des militärischen Gehorsams. Radetzky's Laufbahn ist von Heldenthaten bezeichnet.“ Selbst Windischgrätz findet Gnade: „Wenn der aristokratische Windischgrätz als Haudegen, vielleicht als Tyrann den Prager Aufstand bekämpft, so hat er, da das Militär noch immer nicht die neue Verfassung beschworen, vielleicht nicht gesetzwidrig gehandelt.“ ‒ Was denken Sie von dem demokratischen Verstande eines Blattes, das die Leute mit der Konsequenz des Eides zusammenschießen läßt?
Der berüchtigte Bandit Metternichs, der Bauer Szela, wollte durchaus zum Abgeordneten in den Reichstag gewählt werden! fiel aber durch, indem an seiner Statt ein anderer Namens Kobinlica gewählt wurde. Darüber erbost schrieb Szela einen vehementen Brief an den Minister des Innern, in welchem auch folgende Stelle vorkommt: „Habe ich denn keine Auszeichnung verdient? ich war ja im Jahre 1846 zum Bauernkönig erhoben worden, wurde gefürchtet und verehrt; habe ich denn damals dem höchsten Schatze nicht genug Ausgaben gespart? habe ich nicht die Revolution in Galizien erdrückt? damals hat man mich gebraucht, jetzt vergißt man mich, besonders jetzt bei den Wahlen zum Deputirten. Wäre ich gewählt, so hätte ich mir aus den 302 fl. Reisegeldern und den 200 fl. Monatgeldern etwas ersparen können, und auf dem Reichstag könnte ich bequem sitzen, hingegen der aus dem Bezirke Kimpolnez gewählte Lukian Kobinlica, ist nichts als ein gemeiner Bauer, der im Jahre 1846 die Einwohner desselben Ortes anfiel, ihnen den Mund verstopfte, sie kreu-
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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