Neue Rheinische Zeitung. Nr. 99. Köln, 10. September 1848. Beilage.mittelst anderer Zugeständnisse den Wiener Hof zur Mitbewirkung eines Friedens zwischen Ungarn einer- und den Kroaten und Raizen andererseits zu bewegen. Französische Republik. Paris, 7. Sept. Die Pforte hat die französische Republik anerkannt. General Aupick, unser dortiger bevollmächtigter Minister, ist am 26. August um 1 Uhr Mittags vom Sultan in feierlicher Audienz empfangen worden. -- Der "Moniteur" enthält heute 22 Ernennungen von Schiffskapitänen und Lieutenants der Kriegsmarine. -- Bei Tortoni verbreitete sich diesen Morgen wiederholt das Gerücht, daß das vor Venedig lagernde, aus zwölf Fahrzeugen (2 Fregatten, 1 Korvette, 4 Briggs, 1 Schooner und 4 Dämpfern) bestehende östreichische Geschwader diese Stadt bombardirt habe. -- Die italienischen Posten gehen uns mit wahrhaft exemplarischer Unregelmäßigkeit seit Radetzky's Rückkehr nach Mailand zu. -- Man schreibt aus Toulon vom 3. Sept. an den "Spectateur Republicain": "So eben läuft hier der Befehl ein, alle Dampffregatten sofort zu rüsten. Man jagt hinter den Mechanikern und sucht die Matrosen aller Orten. Diese Fregatten werden nach Marseille eilen, um dort das 20. und 33. Linien-Regiment, einige Artillerie und eine Ingenieurkompagnie an Bord zu nehmen General Moltiere wird als Befehlshaber dieser Expedition bezeichnet. Kein Mensch weiß, wohin ihre Fahrt geht. -- Die ehemalige Kammer-Linke trifft endlich Anstalten die Republik anzuerkennen. Ihre Führer, Odilon-Barrot, Duvergier de Hauranne, Leon de Malleville, de Lasteyrie, Lacrosse, Abatucci, Havin, de Tocqueville etc. pflogen gestern Abend eine mehrstündige Unterredung im ersten Büreausaale mit dem Kriegsminister, General Lamoriciere. Man scheint übereingekommen, Odilon-Barrot werde von der Kanzel herab in einer der nächsten Sitzungen diese Adhesion verkünden. Großes Ereigniß. -- Der Spectateur Republicain gibt zu verstehen, die National-Versammlung müsse sich ausruhen und einen Monat Ferien halten. Er schlägt dafür den November vor. -- Der Independant de Marseille weigerte sich, Kaution zu stellen und wurde deshalb vor die Geschwornen gestellt. Dieselben haben ihn freigesprochen. Nationalversammlung. Sitzung vom 7. September. Präsident Marrast. Tagesordnung: die Diskussion des 1. Artikel der neuen Verfassung. Jean Reynaud, hat ein langes Amendement gestellt, dessen 6. Artikel er indeß von vornherein zurückzieht. Nachdem Dufaure das ganze Amendement bekämpft, zieht Reynaud es ganz zurück. Marrast: Wir kommen jetzt zum Amendement Deville's. Ich hätte, setzt er hinzu, dies Amendement gar nicht drucken lassen sollen. Allein man hätte mir dies vielleicht als einen Mißbrauch ausgelegt. Mehrere Stimmen: keine Diskussion! Deville (lebhaft auf der Tribüne) Ihr wollet mich zu sprechen hindern? Ist das Eure Redefreiheit? Seid doch wenigstens parlamentarisch. Mein Antrag ist ernstlich. Ich stimmte gegen das Belagerungsgesetz. Oh, ich bin ein alter Soldat, ich war lange auf den Schlachtfeldern und kenne die Annehmlichkeit des Säbelregiments (fortwährende Unterbrechungen.) Man hat Euch vorgesagt, daß der Belagerungsstand gar keinen Einfluß auf unsere Verfassungsberathungen üben werde. Schöne Redensarten! Habt ihr das Schicksal unsrer beiden Kollegen Caussidiere und Louis Blanc vergessen? Louis Blanc wurde nur in Anklagestand versetzt wegen Worte, die er auf dieser Bühne ausgesprochen, (Lärm) wollt Ihr mich wirklich ersticken? (Sprechen Sie! Sprechen Sie!) Ihr behauptet, ich sei frei auf dieser Stelle? O, Täuschung! Eine schöne Freiheit in Mitten dieses Tumults an Unterbrechungen ... Ich danke für solche Freiheit, ich verzichte aufs Wort ....(Er geht ab) Martin (aus Straßburg eilt auf die Bühne). Im Namen des Verfassungs-Ausschusses drücke ich den Wunsch aus, den Antragsteller zu hören. Er möge sein Amendement entwickeln. Deville besteigt wieder die Bühne und schimpft verbissen und unter unzähligen Stürmen der Rechten auf das Säbel-Regiment. Er werde sich wohl hüten, zu sprechen, wie er denke. Wer bürge ihm dafür, daß man ihn nicht vor ein Kriegsgericht stelle? In gewöhnlichen Zeiten könne man zur Zeitungspresse seine Zuflucht nehmen. Aber auch dieser Weg sei gesperrt. Unter einem Säbelregiment dürfe man keine Verfassung berathen Dieses Deville'sche Amendement beginnt: "In Gegenwart Gottes, unter der Herrschaft des Belagerungsstandes, die Alle Freiheit vernichtet, und ganz besonders die Preßfreiheit aufhebt und nach Belieben gewährt. Unter dem Regiment der Militär-Obrigkeit, welche gar keine Kenntniß von den Bedürfnissen der Gesellschaft hat, die durch ihr bloßes Dasein den Ausdruck der öffentlichen Meinung hemmt und somit jede Berathung der Verfassung unmöglich macht. Unter diesem inintelligenten, expeditiven und schrecklichen Einflusse und dem allgemeinen Drucke der auf Paris lastet, proklamirt und dekrutirt die National-Versammlung wie folgt:" Martin (Straßburger) verlangt die Question. Prealable, d. h.: daß man in keine Diskussion trete. Dies geschieht. Die Versammlung verwirft das impertinente Amendement durch Abstimmung. Bauchart stellt den Zwischensatz "Und durch graduelle Reduktion der Steuern die Summe der Vortheile u. s. w. Er entwickelt ihn. Laussat bekämpft ihn. Ein Glied unterstützt ihn, und ohne wesentliche Veranlassung bricht ein fürchterlicher Tumult los. Man schreit nach Abstimmung durch blaue und weiße Zettel, Andere verlangen namentliche Abstimmung. Man schreitet zu Ersterem. Das Amendement wird mit 397 gegen 339 angenommen. (Sensation). Quinet entwickelt sein Amendement. Doch dasselbe fällt durch wie alle übrigen und Art. I. geht durch. Ebenso Artikel II. ohne erhebliche Diskussion. Artikel III. wird angenommen. Artikel IV. ebenfalls. Artikel V. gab zu einiger Diskussion Veranlassung. Er lautet bekanntlich: "Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, wie sie gewärtigt, die ihrige geachtet zu sehen, und keinen Krieg in Aussicht auf Eroberung unternimmt und niemals die Waffen gegen die Freiheit eines Volkes zieht." Francisque Bouvet will ein Amendement stellen, fällt aber durch. Dufauxe erklärt erklärt es für unnütz. Die ursprüngliche Fassung bleibt. Artikel VI., nichts sagend, geht ohne Weiteres durch Artikel VII., ziemlich weitschweifig, ruft Delongrais auf die Bühne, um die Phrase: "Die Bürger haben nach Maßgabe ihres Vermögens zu den Staatslasten beizutragen etc.," zu amendiren. Delongrais wollte en proportion an die Stelle ge#etzt wissen. Er ist kein Freund der Progessivsteuern. Vivien schlug ihn mit wenigen Worten. Der Verfassungsausschuß, sagte er, habe en raison gesetzt, weil er sich weder über die proportionelle, noch über die progressive Besteuerung der Bürger ein Urtheil anmaße. Das sei Sache der Spezialgesetze. Der ganze Artikel ging durch. Artel VIII. wird für die nächste Sitzung aufgespart. Das Gerücht geht, die Regierung habe Depeschen erhalten, die ihr anzeigen, daß Oesterreich die Mediation annehme. Die Sitzung wird um 1/4 6 Uhr geschlossen. Spanien. Madrid, 2. Sept. Am 28. August wurden in Kadix 12 Sekonde-Lieutenans, 9 Sergenten und 57 andere Hochverräther als des Republikanismus bezüchtigt, am Bord der neuen Fregatte Zafiro nach den Philippinen eingeschifft. -- Die Unruhen und Cabrera'schen Ueberfälle in Katalonien dauern fort. Großbritannien. * London, 7. Sept. Wie es gewöhnlich nach dem Schluß der Parlamentsdebatten geht, sind die englischen Blätter jetzt wieder von Zeit zu Zeit darum verlegen, wie sie den Raum ihrer Riesenspalten mit interessanten Nachrichten füllen sollen. Man sieht dies schon in den ersten Tagen. Die Times macht Auszüge aus Punch; der Standard citirt den Economist und das Chronicle drukt wieder alle vier Kolleginnen ab. Augenblicklich bildet die Feierlichkeit der Parlamentsvertagung noch den Hauptgegenstand der Konversation. Die Engländer freuen sich, daß Alles bei ihnen so prächtig ruhig von statten geht und sie können es nicht unterlassen, diese ihre Freude den anwesenden französischen Flüchtlingen wiederholt an den Tag zu legen. Die Times hat jetzt schon den dritten größern Artikel über Louis Blanc gegeben; sie fügt ihren bisherigen Bemerkungen indeß nichts Neues mehr hinzu und das Resultat aller ihrer Raisonnements ist nur, daß es John Bull unendliche Befriedigung verursacht, außer der Juli-Dynastie nun auch das provisorische Gouvernement des Februar an englischer Küste zu wissen. Der Standard setzt seine Betrachtungen über Lamartine und Ledru Rollin fort und kann es sich gar nicht ausreden, daß Beide ihre Hände recht tief in den Taschen der Republik gehabt haben. Aus Irland hört man, daß Lord John Russell in den nächsten Tagen über Belfast nach Schottland reisen wird, um dort mit der Königin zusammenzutreffen. In der Handelswelt gab es in den letzten Tagen nicht viel Neues. Die Nachrichten aus den Fabrikdistrikten bleiben günstig. * London, 7. Sept. Es sind jüngst wiederholt Experimente mit Anwendung zusammengepreßter Luft auf Lokomotion gemacht worden. Es ergab sich dabei als Resultat, daß ein Wagen, durch komprimirte Luft bewegt, in kaum einer Stunde 8 Lieues zurücklegte. Der Druck, welcher auf die Luft ausgeübt wurde, betrug mehr als 50 Atmosphären. Es ist große Aussicht, daß der Dampf auf Eisenbahnen etc. durch die zusammengepreßte Luft ersetzt werden wird. Dies gäbe, gegen die jetzigen Kosten gehalten, eine Ersparniß von 75 Prozent. Nachtrag. !!! Frankfurt, 8. Sept. 74ste Sitzung der National-Versammlung. Präsident: v. Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte. Präsident: Durch die gestrige Wahl ist der Verfassungsausschuß in folgenden 5 Mitgliedern ergänzt worden: Compes, Rieser, v. Rotenhahn, Zell, Briegleb. Rappard interpellirt die beiden zur Berichterstattung der Waffenstillstandsfrage bestimmten Ausschüsse: Die Anträge in der Landesversammlung von Schleswig-Holstein über Fortbestehen der Beschlüsse der provisorischen Regierung u. s. w. sind einstimmig angenommen worden. (lautes Bravo links und linkes Centrum.) Dieser Beschluß soll der National-Versammlung und dem Reichsverweser vorgelegt werden, mit dem Bemerken, daß die Ausführung des Waffenstillstandes ganz unmöglich sei. In einer ungeheuren Volksversammlung in Kiel ist der Beschluß gefaßt worden, von der provisorischen Regierung unter keiner Bedingung zu lassen; alle Steuern nur an sie zu zahlen (lautes Bravo) -- keiner andern Regierung zu gehorchen (schallendes Bravo!) -- und für diese Grundsätze bis auf den letzten Mann zu kämpfen. -- Hr. v. Moltke ist zwar ins Land gekommen, aber die Männer, die mit ihm zusammen regieren sollen, haben sich von ihm entfernt. -- Er (Moltke) hat sich um Schutz an die provisorische Regierung wenden müssen. (horribles Gelächter links.) -- Diese hat ihm einen Reisepaß ausgestellt. (schallender Beifall.) -- Schon hat man in manchen Theilen der Herzogthümer preußischen Offizieren nicht mehr Folge geleistet. (hört! hört!) Man wird den Krieg allein fortführen! -- Der Geist der Aufregung ist auch im Begriff, sich den Bundestruppen mitzutheilen! (hört!) Deshalb frägt Rappard die Ausschüsse: "ob nicht in Betracht dieser Umstände, bis spätestens Morgen der Bericht erstattet werden könnte?" Zachariä antwortet: Der Ausschuß bietet alles Mögliche auf, um diesen Bericht zu beschleunigen. Heckscher (Exminister). Mit hohler Grabesstimme. Hr. Rappard hat mit lebhaften Farben geschildert, was geschehen ist, und was geschehen wird, wenn die Nat.-Verf. den Waffenstillstand billigt. -- Aber ich möchte Ihnen die Frage an's Herz legen, was wird geschehen, wenn man den Waffenstillstand verwirft? Schodder beantragt: Morgen Nachmittag eine Sitzung anzuberaumen, in welcher der Bericht in dieser Sache zu erstatten sei. Wurm: Die engere Kommission, welche die beiden Ausschüsse in dieser Frage niedergesetzt haben (sie besteht aus Dahlmann, Cucumus und Wurm) giebt sich die größte Mühe. Ich selbst, trotzdem mir doch dies nicht zuzumuthen, war in der Druckerei. Aber bis dato sind von allen hierher gehörigen Aktenstücken nur drei Bogen gedruckt. Woran diese Verzögerung liegt ist uns räthselhaft. Zachariä bemerkt: auf Schröders Antrag einzugehen sei unmöglich. Wiegard: Unsere stenographischen Berichte in fast 6 Bogen täglich, werden stets in 12 Stunden gedruckt, und hier sind in 88 Stunden nur 3 Bogen gedruckt; ich beantrage: das Büreau der Nationalversammlung zu beauftragen, die Verzögerung des Druckes zu untersuchen. Dieser Antrag wird fast einstimmig angenommen. Simson und Haßler aus Ulm werden sofort als Untersuchungs-Commission in die Druckerei geschickt. -- Tagesordnung. Die altbackenen Grundrechte. § 14. (Fortsetzung der Diskussion.) Der Wortlaut des § und Minor: Erachten haben sie in einem frühern Blatte. (Soiron präsidirt.) Löwe aus Kalbe spricht in einer langweiligen durch stürmischen Schlußruf unterbrochenen Rede für den Paragraphen. -- Kurth aus Bunzlau: Daß die Kirche vom Staat unabhängig sein muß, darüber sind wir einig; nur über die Mittel sind wir nicht einer Ansicht. -- Wenn die Kirche das demokratische Element in sich aufgenommen hat, ist sie dem Staate nicht mehr gefährlich. -- Aber ehe dies geschieht wird es noch lange dauern, Für das 2te Minoritätserachten mit einem von ihm gestellten Amendement. -- (Schluß! Schluß!) Salzwedel aus Gumbinnen ist nicht zufrieden mit der Fassung des Ausschusses. So wie Frankreich unser Vorbild in allen politischen Fragen, so müssen wir Deutsche für alle moralischen Fragen das Muster der Welt sein. (Schluß! Schluß!) A. Bally (aus Beuthen, Adjudant von Radowitz). Wir wollen volle Unabhängigkeit der Kirche. (Schluß!) Wir wollen Freiheit überall. (Schluß!) Daß das Volk die Lostrennung der Kirche vom Staat will, geht aus der Masse von Bittschriften in diesem Sinne hervor. Der Werth dieser Petitionen ist zwar angetastet worden, aber für die in meiner Heimath abgefaßten wenigstens kann ich einstehen. (Schluß!) Redner (sehr erzürnt): Lassen Sie mich reden, so lange ich rede ist die Rede mein Eigenthum, wenn ich fertig bin, können Sie ihre Bemerkungen machen. (Schluß!) Ich beantrage für mein mit vielen Freunden gestelltes Amendement namentliche Abstimmung, (Schluß!) damit die Namen Derer bekannt werden, die die Finsterlinge in diesem Hause sind. (Großer Tumult. Links: Zur Ordnung!) Schluß der Debatte über § 14; der bekannte Berichterstatter, Herr Beseler, spricht für die Fassung des Ausschusses ungefähr eine volle Stunde. Prato beantragt namentliche Abstimmung über § 14. Lassaulx beantragt namentliche Abstimmung über das erste Minoritätserachten zu § 14. Beckerath beantragt namentliche Abstimmung über das zweite Minoritätserachten zu § 14. Salzwedel namentliche Abstimmung für sein Amendement. Rösler (Oels) namentliche Abstimmung für D'Esterles Amendement. Simson (Königsberg) verliest sämmtliche Amendements, deren Anzahl Legion ist, zur Unterstützungsfrage. Gagern bittet, in der Unterstützung der Amendements vorsichtig zu sein. Denn wenn alle Amendements zur Abstimmung kommen sollten, müßte man drei Tage abstimmen. Diese Nachricht bewirkt, daß mehrere Amendements zurückgezogen, und viele nicht unterstützt werden. Die Druckerei-Untersuchungskommission, der sich Wurm und Max v. Gagern angeschlossen, ist indessen zurückgekommen, und erstattet durch Hrn. Simson im Hauptsächlichsten folgenden Bericht: Der Drucker erklärt, bis heute Abend 5 Uhr 29 Druckbogen von den zu der Waffenstillstandssache gehörigen Drucksachen fertig haben zu wollen. -- 23 Bogen sind bereis fertig vorgewiesen. Die einzelnen Manuscripte sind bereits seit dem 4ten nach und nach zum Druck gegeben. Die Verzögerung ist allein durch die Masse der Manuscripte herbeigeführt worden, und dadurch, daß erst in der Druckerei selbst die Manuscripte zum Druck geordnet worden sind. Die Vesammlung beschließt über diesen Gegenstand Tagesordnung. (§ 14. der Grundrechte). Schlör (Baiern) beantragt bei der ganz enormen Masse von Amendements, dieselben in der Ordnung, wie sie zur Abstimmung kommen sollen, drucken zu lassen und an einem andern Tage abzustimmen. Dieser Antrag wird angenommen, und somit ist es mit der Tagesordnung wieder vorbei. Blum interpellirt Herrn Dahlmann: Wie weit es mit der Bildung eines Reichsministeriums gekommen sei? Wenn die Interpellation nicht genügend beantwortet werden sollte, wird er einen Antrag stellen. N. N. meint, einzelne Abgeordnete dürfen nicht interpellirt werden, und beantragt: Die Versammlung solle Herrn Dahlmann nicht gestatten zu antworten. (Gelächter.) Der Antrag bleibt ununterstützt. Dahlmann (sehr mystisch): Es genügt zu erklären, Unterhandlungen sind angeknüpft; an Eiser fehlt es nicht; in diesem Augenblick ist aber noch kein Resultat da; man solle sich nicht mit Kombinationen quälen. Blum beantragt: In Erwägung der großen Wichtigkeit und Dringlichkeit, den Beschluß vom 5. schnell auszuführen, solle man Morgen Sitzung halten, und in derselben eine Deputation an den Reichsverweser wählen, die denselben um schleunigste Beendigung der Ministerkrisis ersucht. Die Versammlung verwirft die Dringlichkeit dieses Antrags. Schoder zieht seinen Antrag (S. oben) zurück. Präsident: So wäre denn die heutige Tagesordnung erschöpft. (Links: § 15 diskutiren.) Es stellt sich jedoch heraus, daß man früher einmal beschlossen hat, § 15 nicht eher vorzunehmen, bis über § 14 abgestimmt ist (warum? weiß Niemand); deshalb, und weil sonst auch nichts mehr vorliegt, muß man wohl oder übel die Sitzung schließen. Schluß 12 1/2 Uhr. Morgen und Sonntag keine Sitzung. -- Montag, wenn nicht die Ausschüsse mittlerweile fertig werden, Grundrechte. Amtliche Nachrichten. Monats-Uebersicht der preußischen Bank. Gemäß §. 99 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846. Aktiva. 1) Geprägtes Geld und Barren 12,546,500 Rthlr. 2) Kassen-Anweisungen und Darlehns-Kassen-Scheine 2,911,000 Rthlr. 3) Wechsel-Bestände. 11,433,200 Rthlr. 4) Lombard-Bestände. 13,307,600 Rthlr. 5) Staats-Papiere, verschiedene Forderungen und Aktiva. 12,791,700 Rthlr. Passiva. 6) Banknoten im Umlauf. 15,074,000 Rthlr 7) Depositen-Kapitalien 19,646,300 Rthlr 8) Darlehn des Staats in Kassen-Anweisungen (nach Rückzahlung von 4,900,000 Rthlr., cfr. §. 29 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846). 1,100,000 Rthlr 9) Guthaben der Staats-Kassen, Institute und Privat-Personen, mit Einschluß des Giro-Verkehrs. 5081,100 Rthlr Berlin, den 31. August 1848. Königlich preußisches Haupt-Bank-Direktorium. (gez.) v. Lamprecht. Witt Reichenbach. Meyen. Schmidt. Woywod. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. mittelst anderer Zugeständnisse den Wiener Hof zur Mitbewirkung eines Friedens zwischen Ungarn einer- und den Kroaten und Raizen andererseits zu bewegen. Französische Republik. Paris, 7. Sept. Die Pforte hat die französische Republik anerkannt. General Aupick, unser dortiger bevollmächtigter Minister, ist am 26. August um 1 Uhr Mittags vom Sultan in feierlicher Audienz empfangen worden. — Der „Moniteur“ enthält heute 22 Ernennungen von Schiffskapitänen und Lieutenants der Kriegsmarine. — Bei Tortoni verbreitete sich diesen Morgen wiederholt das Gerücht, daß das vor Venedig lagernde, aus zwölf Fahrzeugen (2 Fregatten, 1 Korvette, 4 Briggs, 1 Schooner und 4 Dämpfern) bestehende östreichische Geschwader diese Stadt bombardirt habe. — Die italienischen Posten gehen uns mit wahrhaft exemplarischer Unregelmäßigkeit seit Radetzky's Rückkehr nach Mailand zu. — Man schreibt aus Toulon vom 3. Sept. an den „Spectateur Republicain“: „So eben läuft hier der Befehl ein, alle Dampffregatten sofort zu rüsten. Man jagt hinter den Mechanikern und sucht die Matrosen aller Orten. Diese Fregatten werden nach Marseille eilen, um dort das 20. und 33. Linien-Regiment, einige Artillerie und eine Ingenieurkompagnie an Bord zu nehmen General Moltiere wird als Befehlshaber dieser Expedition bezeichnet. Kein Mensch weiß, wohin ihre Fahrt geht. — Die ehemalige Kammer-Linke trifft endlich Anstalten die Republik anzuerkennen. Ihre Führer, Odilon-Barrot, Duvergier de Hauranne, Leon de Malleville, de Lasteyrie, Lacrosse, Abatucci, Havin, de Tocqueville etc. pflogen gestern Abend eine mehrstündige Unterredung im ersten Büreausaale mit dem Kriegsminister, General Lamoriciere. Man scheint übereingekommen, Odilon-Barrot werde von der Kanzel herab in einer der nächsten Sitzungen diese Adhesion verkünden. Großes Ereigniß. — Der Spectateur Republicain gibt zu verstehen, die National-Versammlung müsse sich ausruhen und einen Monat Ferien halten. Er schlägt dafür den November vor. — Der Independant de Marseille weigerte sich, Kaution zu stellen und wurde deshalb vor die Geschwornen gestellt. Dieselben haben ihn freigesprochen. Nationalversammlung. Sitzung vom 7. September. Präsident Marrast. Tagesordnung: die Diskussion des 1. Artikel der neuen Verfassung. Jean Reynaud, hat ein langes Amendement gestellt, dessen 6. Artikel er indeß von vornherein zurückzieht. Nachdem Dufaure das ganze Amendement bekämpft, zieht Reynaud es ganz zurück. Marrast: Wir kommen jetzt zum Amendement Deville's. Ich hätte, setzt er hinzu, dies Amendement gar nicht drucken lassen sollen. Allein man hätte mir dies vielleicht als einen Mißbrauch ausgelegt. Mehrere Stimmen: keine Diskussion! Deville (lebhaft auf der Tribüne) Ihr wollet mich zu sprechen hindern? Ist das Eure Redefreiheit? Seid doch wenigstens parlamentarisch. Mein Antrag ist ernstlich. Ich stimmte gegen das Belagerungsgesetz. Oh, ich bin ein alter Soldat, ich war lange auf den Schlachtfeldern und kenne die Annehmlichkeit des Säbelregiments (fortwährende Unterbrechungen.) Man hat Euch vorgesagt, daß der Belagerungsstand gar keinen Einfluß auf unsere Verfassungsberathungen üben werde. Schöne Redensarten! Habt ihr das Schicksal unsrer beiden Kollegen Caussidiere und Louis Blanc vergessen? Louis Blanc wurde nur in Anklagestand versetzt wegen Worte, die er auf dieser Bühne ausgesprochen, (Lärm) wollt Ihr mich wirklich ersticken? (Sprechen Sie! Sprechen Sie!) Ihr behauptet, ich sei frei auf dieser Stelle? O, Täuschung! Eine schöne Freiheit in Mitten dieses Tumults an Unterbrechungen … Ich danke für solche Freiheit, ich verzichte aufs Wort ‥‥(Er geht ab) Martin (aus Straßburg eilt auf die Bühne). Im Namen des Verfassungs-Ausschusses drücke ich den Wunsch aus, den Antragsteller zu hören. Er möge sein Amendement entwickeln. Deville besteigt wieder die Bühne und schimpft verbissen und unter unzähligen Stürmen der Rechten auf das Säbel-Regiment. Er werde sich wohl hüten, zu sprechen, wie er denke. Wer bürge ihm dafür, daß man ihn nicht vor ein Kriegsgericht stelle? In gewöhnlichen Zeiten könne man zur Zeitungspresse seine Zuflucht nehmen. Aber auch dieser Weg sei gesperrt. Unter einem Säbelregiment dürfe man keine Verfassung berathen Dieses Deville'sche Amendement beginnt: „In Gegenwart Gottes, unter der Herrschaft des Belagerungsstandes, die Alle Freiheit vernichtet, und ganz besonders die Preßfreiheit aufhebt und nach Belieben gewährt. Unter dem Regiment der Militär-Obrigkeit, welche gar keine Kenntniß von den Bedürfnissen der Gesellschaft hat, die durch ihr bloßes Dasein den Ausdruck der öffentlichen Meinung hemmt und somit jede Berathung der Verfassung unmöglich macht. Unter diesem inintelligenten, expeditiven und schrecklichen Einflusse und dem allgemeinen Drucke der auf Paris lastet, proklamirt und dekrutirt die National-Versammlung wie folgt:“ Martin (Straßburger) verlangt die Question. Prealable, d. h.: daß man in keine Diskussion trete. Dies geschieht. Die Versammlung verwirft das impertinente Amendement durch Abstimmung. Bauchart stellt den Zwischensatz „Und durch graduelle Reduktion der Steuern die Summe der Vortheile u. s. w. Er entwickelt ihn. Laussat bekämpft ihn. Ein Glied unterstützt ihn, und ohne wesentliche Veranlassung bricht ein fürchterlicher Tumult los. Man schreit nach Abstimmung durch blaue und weiße Zettel, Andere verlangen namentliche Abstimmung. Man schreitet zu Ersterem. Das Amendement wird mit 397 gegen 339 angenommen. (Sensation). Quinet entwickelt sein Amendement. Doch dasselbe fällt durch wie alle übrigen und Art. I. geht durch. Ebenso Artikel II. ohne erhebliche Diskussion. Artikel III. wird angenommen. Artikel IV. ebenfalls. Artikel V. gab zu einiger Diskussion Veranlassung. Er lautet bekanntlich: „Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, wie sie gewärtigt, die ihrige geachtet zu sehen, und keinen Krieg in Aussicht auf Eroberung unternimmt und niemals die Waffen gegen die Freiheit eines Volkes zieht.“ Francisque Bouvet will ein Amendement stellen, fällt aber durch. Dufauxe erklärt erklärt es für unnütz. Die ursprüngliche Fassung bleibt. Artikel VI., nichts sagend, geht ohne Weiteres durch Artikel VII., ziemlich weitschweifig, ruft Delongrais auf die Bühne, um die Phrase: „Die Bürger haben nach Maßgabe ihres Vermögens zu den Staatslasten beizutragen etc.,“ zu amendiren. Delongrais wollte en proportion an die Stelle ge#etzt wissen. Er ist kein Freund der Progessivsteuern. Vivien schlug ihn mit wenigen Worten. Der Verfassungsausschuß, sagte er, habe en raison gesetzt, weil er sich weder über die proportionelle, noch über die progressive Besteuerung der Bürger ein Urtheil anmaße. Das sei Sache der Spezialgesetze. Der ganze Artikel ging durch. Artel VIII. wird für die nächste Sitzung aufgespart. Das Gerücht geht, die Regierung habe Depeschen erhalten, die ihr anzeigen, daß Oesterreich die Mediation annehme. Die Sitzung wird um 1/4 6 Uhr geschlossen. Spanien. Madrid, 2. Sept. Am 28. August wurden in Kadix 12 Sekonde-Lieutenans, 9 Sergenten und 57 andere Hochverräther als des Republikanismus bezüchtigt, am Bord der neuen Fregatte Zafiro nach den Philippinen eingeschifft. — Die Unruhen und Cabrera'schen Ueberfälle in Katalonien dauern fort. Großbritannien. * London, 7. Sept. Wie es gewöhnlich nach dem Schluß der Parlamentsdebatten geht, sind die englischen Blätter jetzt wieder von Zeit zu Zeit darum verlegen, wie sie den Raum ihrer Riesenspalten mit interessanten Nachrichten füllen sollen. Man sieht dies schon in den ersten Tagen. Die Times macht Auszüge aus Punch; der Standard citirt den Economist und das Chronicle drukt wieder alle vier Kolleginnen ab. Augenblicklich bildet die Feierlichkeit der Parlamentsvertagung noch den Hauptgegenstand der Konversation. Die Engländer freuen sich, daß Alles bei ihnen so prächtig ruhig von statten geht und sie können es nicht unterlassen, diese ihre Freude den anwesenden französischen Flüchtlingen wiederholt an den Tag zu legen. Die Times hat jetzt schon den dritten größern Artikel über Louis Blanc gegeben; sie fügt ihren bisherigen Bemerkungen indeß nichts Neues mehr hinzu und das Resultat aller ihrer Raisonnements ist nur, daß es John Bull unendliche Befriedigung verursacht, außer der Juli-Dynastie nun auch das provisorische Gouvernement des Februar an englischer Küste zu wissen. Der Standard setzt seine Betrachtungen über Lamartine und Ledru Rollin fort und kann es sich gar nicht ausreden, daß Beide ihre Hände recht tief in den Taschen der Republik gehabt haben. Aus Irland hört man, daß Lord John Russell in den nächsten Tagen über Belfast nach Schottland reisen wird, um dort mit der Königin zusammenzutreffen. In der Handelswelt gab es in den letzten Tagen nicht viel Neues. Die Nachrichten aus den Fabrikdistrikten bleiben günstig. * London, 7. Sept. Es sind jüngst wiederholt Experimente mit Anwendung zusammengepreßter Luft auf Lokomotion gemacht worden. Es ergab sich dabei als Resultat, daß ein Wagen, durch komprimirte Luft bewegt, in kaum einer Stunde 8 Lieues zurücklegte. Der Druck, welcher auf die Luft ausgeübt wurde, betrug mehr als 50 Atmosphären. Es ist große Aussicht, daß der Dampf auf Eisenbahnen etc. durch die zusammengepreßte Luft ersetzt werden wird. Dies gäbe, gegen die jetzigen Kosten gehalten, eine Ersparniß von 75 Prozent. Nachtrag. !!! Frankfurt, 8. Sept. 74ste Sitzung der National-Versammlung. Präsident: v. Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte. Präsident: Durch die gestrige Wahl ist der Verfassungsausschuß in folgenden 5 Mitgliedern ergänzt worden: Compes, Rieser, v. Rotenhahn, Zell, Briegleb. Rappard interpellirt die beiden zur Berichterstattung der Waffenstillstandsfrage bestimmten Ausschüsse: Die Anträge in der Landesversammlung von Schleswig-Holstein über Fortbestehen der Beschlüsse der provisorischen Regierung u. s. w. sind einstimmig angenommen worden. (lautes Bravo links und linkes Centrum.) Dieser Beschluß soll der National-Versammlung und dem Reichsverweser vorgelegt werden, mit dem Bemerken, daß die Ausführung des Waffenstillstandes ganz unmöglich sei. In einer ungeheuren Volksversammlung in Kiel ist der Beschluß gefaßt worden, von der provisorischen Regierung unter keiner Bedingung zu lassen; alle Steuern nur an sie zu zahlen (lautes Bravo) — keiner andern Regierung zu gehorchen (schallendes Bravo!) — und für diese Grundsätze bis auf den letzten Mann zu kämpfen. — Hr. v. Moltke ist zwar ins Land gekommen, aber die Männer, die mit ihm zusammen regieren sollen, haben sich von ihm entfernt. — Er (Moltke) hat sich um Schutz an die provisorische Regierung wenden müssen. (horribles Gelächter links.) — Diese hat ihm einen Reisepaß ausgestellt. (schallender Beifall.) — Schon hat man in manchen Theilen der Herzogthümer preußischen Offizieren nicht mehr Folge geleistet. (hört! hört!) Man wird den Krieg allein fortführen! — Der Geist der Aufregung ist auch im Begriff, sich den Bundestruppen mitzutheilen! (hört!) Deshalb frägt Rappard die Ausschüsse: „ob nicht in Betracht dieser Umstände, bis spätestens Morgen der Bericht erstattet werden könnte?“ Zachariä antwortet: Der Ausschuß bietet alles Mögliche auf, um diesen Bericht zu beschleunigen. Heckscher (Exminister). Mit hohler Grabesstimme. Hr. Rappard hat mit lebhaften Farben geschildert, was geschehen ist, und was geschehen wird, wenn die Nat.-Verf. den Waffenstillstand billigt. — Aber ich möchte Ihnen die Frage an's Herz legen, was wird geschehen, wenn man den Waffenstillstand verwirft? Schodder beantragt: Morgen Nachmittag eine Sitzung anzuberaumen, in welcher der Bericht in dieser Sache zu erstatten sei. Wurm: Die engere Kommission, welche die beiden Ausschüsse in dieser Frage niedergesetzt haben (sie besteht aus Dahlmann, Cucumus und Wurm) giebt sich die größte Mühe. Ich selbst, trotzdem mir doch dies nicht zuzumuthen, war in der Druckerei. Aber bis dato sind von allen hierher gehörigen Aktenstücken nur drei Bogen gedruckt. Woran diese Verzögerung liegt ist uns räthselhaft. Zachariä bemerkt: auf Schröders Antrag einzugehen sei unmöglich. Wiegard: Unsere stenographischen Berichte in fast 6 Bogen täglich, werden stets in 12 Stunden gedruckt, und hier sind in 88 Stunden nur 3 Bogen gedruckt; ich beantrage: das Büreau der Nationalversammlung zu beauftragen, die Verzögerung des Druckes zu untersuchen. Dieser Antrag wird fast einstimmig angenommen. Simson und Haßler aus Ulm werden sofort als Untersuchungs-Commission in die Druckerei geschickt. — Tagesordnung. Die altbackenen Grundrechte. § 14. (Fortsetzung der Diskussion.) Der Wortlaut des § und Minor: Erachten haben sie in einem frühern Blatte. (Soiron präsidirt.) Löwe aus Kalbe spricht in einer langweiligen durch stürmischen Schlußruf unterbrochenen Rede für den Paragraphen. — Kurth aus Bunzlau: Daß die Kirche vom Staat unabhängig sein muß, darüber sind wir einig; nur über die Mittel sind wir nicht einer Ansicht. — Wenn die Kirche das demokratische Element in sich aufgenommen hat, ist sie dem Staate nicht mehr gefährlich. — Aber ehe dies geschieht wird es noch lange dauern, Für das 2te Minoritätserachten mit einem von ihm gestellten Amendement. — (Schluß! Schluß!) Salzwedel aus Gumbinnen ist nicht zufrieden mit der Fassung des Ausschusses. So wie Frankreich unser Vorbild in allen politischen Fragen, so müssen wir Deutsche für alle moralischen Fragen das Muster der Welt sein. (Schluß! Schluß!) A. Bally (aus Beuthen, Adjudant von Radowitz). Wir wollen volle Unabhängigkeit der Kirche. (Schluß!) Wir wollen Freiheit überall. (Schluß!) Daß das Volk die Lostrennung der Kirche vom Staat will, geht aus der Masse von Bittschriften in diesem Sinne hervor. Der Werth dieser Petitionen ist zwar angetastet worden, aber für die in meiner Heimath abgefaßten wenigstens kann ich einstehen. (Schluß!) Redner (sehr erzürnt): Lassen Sie mich reden, so lange ich rede ist die Rede mein Eigenthum, wenn ich fertig bin, können Sie ihre Bemerkungen machen. (Schluß!) Ich beantrage für mein mit vielen Freunden gestelltes Amendement namentliche Abstimmung, (Schluß!) damit die Namen Derer bekannt werden, die die Finsterlinge in diesem Hause sind. (Großer Tumult. Links: Zur Ordnung!) Schluß der Debatte über § 14; der bekannte Berichterstatter, Herr Beseler, spricht für die Fassung des Ausschusses ungefähr eine volle Stunde. Prato beantragt namentliche Abstimmung über § 14. Lassaulx beantragt namentliche Abstimmung über das erste Minoritätserachten zu § 14. Beckerath beantragt namentliche Abstimmung über das zweite Minoritätserachten zu § 14. Salzwedel namentliche Abstimmung für sein Amendement. Rösler (Oels) namentliche Abstimmung für D'Esterles Amendement. Simson (Königsberg) verliest sämmtliche Amendements, deren Anzahl Legion ist, zur Unterstützungsfrage. Gagern bittet, in der Unterstützung der Amendements vorsichtig zu sein. Denn wenn alle Amendements zur Abstimmung kommen sollten, müßte man drei Tage abstimmen. Diese Nachricht bewirkt, daß mehrere Amendements zurückgezogen, und viele nicht unterstützt werden. Die Druckerei-Untersuchungskommission, der sich Wurm und Max v. Gagern angeschlossen, ist indessen zurückgekommen, und erstattet durch Hrn. Simson im Hauptsächlichsten folgenden Bericht: Der Drucker erklärt, bis heute Abend 5 Uhr 29 Druckbogen von den zu der Waffenstillstandssache gehörigen Drucksachen fertig haben zu wollen. — 23 Bogen sind bereis fertig vorgewiesen. Die einzelnen Manuscripte sind bereits seit dem 4ten nach und nach zum Druck gegeben. Die Verzögerung ist allein durch die Masse der Manuscripte herbeigeführt worden, und dadurch, daß erst in der Druckerei selbst die Manuscripte zum Druck geordnet worden sind. Die Vesammlung beschließt über diesen Gegenstand Tagesordnung. (§ 14. der Grundrechte). Schlör (Baiern) beantragt bei der ganz enormen Masse von Amendements, dieselben in der Ordnung, wie sie zur Abstimmung kommen sollen, drucken zu lassen und an einem andern Tage abzustimmen. Dieser Antrag wird angenommen, und somit ist es mit der Tagesordnung wieder vorbei. Blum interpellirt Herrn Dahlmann: Wie weit es mit der Bildung eines Reichsministeriums gekommen sei? Wenn die Interpellation nicht genügend beantwortet werden sollte, wird er einen Antrag stellen. N. N. meint, einzelne Abgeordnete dürfen nicht interpellirt werden, und beantragt: Die Versammlung solle Herrn Dahlmann nicht gestatten zu antworten. (Gelächter.) Der Antrag bleibt ununterstützt. Dahlmann (sehr mystisch): Es genügt zu erklären, Unterhandlungen sind angeknüpft; an Eiser fehlt es nicht; in diesem Augenblick ist aber noch kein Resultat da; man solle sich nicht mit Kombinationen quälen. Blum beantragt: In Erwägung der großen Wichtigkeit und Dringlichkeit, den Beschluß vom 5. schnell auszuführen, solle man Morgen Sitzung halten, und in derselben eine Deputation an den Reichsverweser wählen, die denselben um schleunigste Beendigung der Ministerkrisis ersucht. Die Versammlung verwirft die Dringlichkeit dieses Antrags. Schoder zieht seinen Antrag (S. oben) zurück. Präsident: So wäre denn die heutige Tagesordnung erschöpft. (Links: § 15 diskutiren.) Es stellt sich jedoch heraus, daß man früher einmal beschlossen hat, § 15 nicht eher vorzunehmen, bis über § 14 abgestimmt ist (warum? weiß Niemand); deshalb, und weil sonst auch nichts mehr vorliegt, muß man wohl oder übel die Sitzung schließen. Schluß 12 1/2 Uhr. Morgen und Sonntag keine Sitzung. — Montag, wenn nicht die Ausschüsse mittlerweile fertig werden, Grundrechte. Amtliche Nachrichten. Monats-Uebersicht der preußischen Bank. Gemäß §. 99 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846. Aktiva. 1) Geprägtes Geld und Barren 12,546,500 Rthlr. 2) Kassen-Anweisungen und Darlehns-Kassen-Scheine 2,911,000 Rthlr. 3) Wechsel-Bestände. 11,433,200 Rthlr. 4) Lombard-Bestände. 13,307,600 Rthlr. 5) Staats-Papiere, verschiedene Forderungen und Aktiva. 12,791,700 Rthlr. Passiva. 6) Banknoten im Umlauf. 15,074,000 Rthlr 7) Depositen-Kapitalien 19,646,300 Rthlr 8) Darlehn des Staats in Kassen-Anweisungen (nach Rückzahlung von 4,900,000 Rthlr., cfr. §. 29 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846). 1,100,000 Rthlr 9) Guthaben der Staats-Kassen, Institute und Privat-Personen, mit Einschluß des Giro-Verkehrs. 5081,100 Rthlr Berlin, den 31. August 1848. Königlich preußisches Haupt-Bank-Direktorium. (gez.) v. Lamprecht. Witt Reichenbach. Meyen. Schmidt. Woywod. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Der Gerant: Korff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar099b_021" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0500"/> mittelst anderer Zugeständnisse den Wiener Hof zur Mitbewirkung eines Friedens zwischen Ungarn einer- und den Kroaten und Raizen andererseits zu bewegen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar099b_022" type="jArticle"> <head>Paris, 7. Sept.</head> <p>Die Pforte hat die französische Republik anerkannt. General Aupick, unser dortiger bevollmächtigter Minister, ist am 26. August um 1 Uhr Mittags vom Sultan in feierlicher Audienz empfangen worden.</p> <p>— Der „Moniteur“ enthält heute 22 Ernennungen von Schiffskapitänen und Lieutenants der Kriegsmarine.</p> <p>— Bei Tortoni verbreitete sich diesen Morgen wiederholt das Gerücht, daß das vor Venedig lagernde, aus zwölf Fahrzeugen (2 Fregatten, 1 Korvette, 4 Briggs, 1 Schooner und 4 Dämpfern) bestehende östreichische Geschwader diese Stadt bombardirt habe.</p> <p>— Die italienischen Posten gehen uns mit wahrhaft exemplarischer Unregelmäßigkeit seit Radetzky's Rückkehr nach Mailand zu.</p> <p>— Man schreibt aus Toulon vom 3. Sept. an den „Spectateur Republicain“: „So eben läuft hier der Befehl ein, alle Dampffregatten sofort zu rüsten. Man jagt hinter den Mechanikern und sucht die Matrosen aller Orten. Diese Fregatten werden nach Marseille eilen, um dort das 20. und 33. Linien-Regiment, einige Artillerie und eine Ingenieurkompagnie an Bord zu nehmen General Moltiere wird als Befehlshaber dieser Expedition bezeichnet. Kein Mensch weiß, wohin ihre Fahrt geht.</p> <p>— Die ehemalige Kammer-Linke trifft endlich Anstalten die Republik anzuerkennen. Ihre Führer, Odilon-Barrot, Duvergier de Hauranne, Leon de Malleville, de Lasteyrie, Lacrosse, Abatucci, Havin, de Tocqueville etc. pflogen gestern Abend eine mehrstündige Unterredung im ersten Büreausaale mit dem Kriegsminister, General Lamoriciere. Man scheint übereingekommen, Odilon-Barrot werde von der Kanzel herab in einer der nächsten Sitzungen diese Adhesion verkünden. Großes Ereigniß.</p> <p>— Der Spectateur Republicain gibt zu verstehen, die National-Versammlung müsse sich ausruhen und einen Monat Ferien halten. Er schlägt dafür den November vor.</p> <p>— Der Independant de Marseille weigerte sich, Kaution zu stellen und wurde deshalb vor die Geschwornen gestellt. Dieselben haben ihn freigesprochen.</p> <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 7. September. Präsident Marrast. Tagesordnung: die Diskussion des 1. Artikel der neuen Verfassung.</p> <p>Jean Reynaud, hat ein langes Amendement gestellt, dessen 6. Artikel er indeß von vornherein zurückzieht. Nachdem Dufaure das ganze Amendement bekämpft, zieht Reynaud es ganz zurück.</p> <p>Marrast: Wir kommen jetzt zum Amendement Deville's. Ich hätte, setzt er hinzu, dies Amendement gar nicht drucken lassen sollen. Allein man hätte mir dies vielleicht als einen Mißbrauch ausgelegt.</p> <p>Mehrere Stimmen: keine Diskussion!</p> <p>Deville (lebhaft auf der Tribüne) Ihr wollet mich zu sprechen hindern? Ist das Eure Redefreiheit? Seid doch wenigstens parlamentarisch. Mein Antrag ist ernstlich. Ich stimmte gegen das Belagerungsgesetz. Oh, ich bin ein alter Soldat, ich war lange auf den Schlachtfeldern und kenne die Annehmlichkeit des Säbelregiments (fortwährende Unterbrechungen.) Man hat Euch vorgesagt, daß der Belagerungsstand gar keinen Einfluß auf unsere Verfassungsberathungen üben werde. Schöne Redensarten! Habt ihr das Schicksal unsrer beiden Kollegen Caussidiere und Louis Blanc vergessen? Louis Blanc wurde nur in Anklagestand versetzt wegen Worte, die er auf dieser Bühne ausgesprochen, (Lärm) wollt Ihr mich wirklich ersticken? (Sprechen Sie! Sprechen Sie!) Ihr behauptet, ich sei frei auf dieser Stelle? O, Täuschung! Eine schöne Freiheit in Mitten dieses Tumults an Unterbrechungen … Ich danke für solche Freiheit, ich verzichte aufs Wort ‥‥(Er geht ab)</p> <p><hi rendition="#g">Martin</hi> (aus Straßburg eilt auf die Bühne). Im Namen des Verfassungs-Ausschusses drücke ich den Wunsch aus, den Antragsteller zu hören. Er möge sein Amendement entwickeln.</p> <p>Deville besteigt wieder die Bühne und schimpft verbissen und unter unzähligen Stürmen der Rechten auf das Säbel-Regiment. Er werde sich wohl hüten, zu sprechen, wie er denke. Wer bürge ihm dafür, daß man ihn nicht vor ein Kriegsgericht stelle? In gewöhnlichen Zeiten könne man zur Zeitungspresse seine Zuflucht nehmen. Aber auch dieser Weg sei gesperrt. Unter einem Säbelregiment dürfe man keine Verfassung berathen</p> <p rendition="#et">Dieses Deville'sche Amendement beginnt: „In Gegenwart Gottes, unter der Herrschaft des Belagerungsstandes, die Alle Freiheit vernichtet, und ganz besonders die Preßfreiheit aufhebt und nach Belieben gewährt. Unter dem Regiment der Militär-Obrigkeit, welche gar keine Kenntniß von den Bedürfnissen der Gesellschaft hat, die durch ihr bloßes Dasein den Ausdruck der öffentlichen Meinung hemmt und somit jede Berathung der Verfassung unmöglich macht. Unter diesem inintelligenten, expeditiven und schrecklichen Einflusse und dem allgemeinen Drucke der auf Paris lastet, proklamirt und dekrutirt die National-Versammlung wie folgt:“</p> <p>Martin (Straßburger) verlangt die Question. Prealable, d. h.: daß man in keine Diskussion trete.</p> <p>Dies geschieht. Die Versammlung verwirft das impertinente Amendement durch Abstimmung.</p> <p>Bauchart stellt den Zwischensatz „Und durch graduelle Reduktion der Steuern die Summe der Vortheile u. s. w.</p> <p>Er entwickelt ihn.</p> <p>Laussat bekämpft ihn.</p> <p>Ein Glied unterstützt ihn, und ohne wesentliche Veranlassung bricht ein fürchterlicher Tumult los. Man schreit nach Abstimmung durch blaue und weiße Zettel, Andere verlangen namentliche Abstimmung. Man schreitet zu Ersterem. Das Amendement wird mit 397 gegen 339 angenommen. (Sensation).</p> <p>Quinet entwickelt sein Amendement. Doch dasselbe fällt durch wie alle übrigen und Art. I. geht durch.</p> <p>Ebenso Artikel II. ohne erhebliche Diskussion.</p> <p>Artikel III. wird angenommen.</p> <p>Artikel IV. ebenfalls.</p> <p>Artikel V. gab zu einiger Diskussion Veranlassung. Er lautet bekanntlich:</p> <p rendition="#et">„Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, wie sie gewärtigt, die ihrige geachtet zu sehen, und keinen Krieg in Aussicht auf Eroberung unternimmt und niemals die Waffen gegen die Freiheit eines Volkes zieht.“</p> <p>Francisque Bouvet will ein Amendement stellen, fällt aber durch.</p> <p>Dufauxe erklärt erklärt es für unnütz.</p> <p>Die ursprüngliche Fassung bleibt.</p> <p>Artikel VI., nichts sagend, geht ohne Weiteres durch</p> <p>Artikel VII., ziemlich weitschweifig, ruft Delongrais auf die Bühne, um die Phrase: „Die Bürger haben nach Maßgabe ihres Vermögens zu den Staatslasten beizutragen etc.,“ zu amendiren. Delongrais wollte en proportion an die Stelle ge#etzt wissen. Er ist kein Freund der Progessivsteuern.</p> <p>Vivien schlug ihn mit wenigen Worten. Der Verfassungsausschuß, sagte er, habe en raison gesetzt, weil er sich weder über die proportionelle, noch über die progressive Besteuerung der Bürger ein Urtheil anmaße. Das sei Sache der Spezialgesetze.</p> <p>Der ganze Artikel ging durch.</p> <p>Artel VIII. wird für die nächste Sitzung aufgespart.</p> <p>Das Gerücht geht, die Regierung habe Depeschen erhalten, die ihr anzeigen, daß <hi rendition="#g">Oesterreich die Mediation annehme</hi>.</p> <p>Die Sitzung wird um 1/4 6 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Spanien.</head> <div xml:id="ar099b_023" type="jArticle"> <head>Madrid, 2. Sept.</head> <p>Am 28. August wurden in Kadix 12 Sekonde-Lieutenans, 9 Sergenten und 57 andere Hochverräther als des Republikanismus bezüchtigt, am Bord der neuen Fregatte Zafiro nach den Philippinen eingeschifft.</p> <p>— Die Unruhen und Cabrera'schen Ueberfälle in Katalonien dauern fort.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar099b_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 7. Sept.</head> <p>Wie es gewöhnlich nach dem Schluß der Parlamentsdebatten geht, sind die englischen Blätter jetzt wieder von Zeit zu Zeit darum verlegen, wie sie den Raum ihrer Riesenspalten mit interessanten Nachrichten füllen sollen. Man sieht dies schon in den ersten Tagen. Die Times macht Auszüge aus Punch; der Standard citirt den Economist und das Chronicle drukt wieder alle vier Kolleginnen ab. Augenblicklich bildet die Feierlichkeit der Parlamentsvertagung noch den Hauptgegenstand der Konversation. Die Engländer freuen sich, daß Alles bei ihnen so prächtig ruhig von statten geht und sie können es nicht unterlassen, diese ihre Freude den anwesenden französischen Flüchtlingen wiederholt an den Tag zu legen. Die Times hat jetzt schon den dritten größern Artikel über Louis Blanc gegeben; sie fügt ihren bisherigen Bemerkungen indeß nichts Neues mehr hinzu und das Resultat aller ihrer Raisonnements ist nur, daß es John Bull unendliche Befriedigung verursacht, außer der Juli-Dynastie nun auch das provisorische Gouvernement des Februar an englischer Küste zu wissen.</p> <p>Der Standard setzt seine Betrachtungen über Lamartine und Ledru Rollin fort und kann es sich gar nicht ausreden, daß Beide ihre Hände recht tief in den Taschen der Republik gehabt haben.</p> <p>Aus Irland hört man, daß Lord John Russell in den nächsten Tagen über Belfast nach Schottland reisen wird, um dort mit der Königin zusammenzutreffen.</p> <p>In der Handelswelt gab es in den letzten Tagen nicht viel Neues. Die Nachrichten aus den Fabrikdistrikten bleiben günstig.</p> </div> <div xml:id="ar099b_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 7. Sept.</head> <p>Es sind jüngst wiederholt Experimente mit Anwendung zusammengepreßter Luft auf Lokomotion gemacht worden. Es ergab sich dabei als Resultat, daß ein Wagen, durch komprimirte Luft bewegt, in kaum einer Stunde 8 Lieues zurücklegte. Der Druck, welcher auf die Luft ausgeübt wurde, betrug mehr als 50 Atmosphären. Es ist große Aussicht, daß der Dampf auf Eisenbahnen etc. durch die zusammengepreßte Luft ersetzt werden wird. Dies gäbe, gegen die jetzigen Kosten gehalten, eine Ersparniß von 75 Prozent.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Nachtrag.</head> <div xml:id="ar099b_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 8. Sept.</head> <p>74ste Sitzung der National-Versammlung. Präsident: v. Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi>: Durch die gestrige Wahl ist der Verfassungsausschuß in folgenden 5 Mitgliedern ergänzt worden: Compes, Rieser, v. Rotenhahn, Zell, Briegleb.</p> <p><hi rendition="#g">Rappard</hi> interpellirt die beiden zur Berichterstattung der Waffenstillstandsfrage bestimmten Ausschüsse:</p> <p rendition="#et">Die Anträge in der Landesversammlung von Schleswig-Holstein über Fortbestehen der Beschlüsse der provisorischen Regierung u. s. w. sind einstimmig angenommen worden. (lautes Bravo links und linkes Centrum.)</p> <p>Dieser Beschluß soll der National-Versammlung und dem Reichsverweser vorgelegt werden, mit dem Bemerken, daß die Ausführung des Waffenstillstandes ganz unmöglich sei.</p> <p>In einer ungeheuren Volksversammlung in Kiel ist der Beschluß gefaßt worden, von der provisorischen Regierung unter keiner Bedingung zu lassen; alle Steuern nur an <hi rendition="#g">sie</hi> zu zahlen (lautes Bravo) — keiner andern Regierung zu gehorchen (schallendes Bravo!) — und für diese Grundsätze bis auf den letzten Mann zu kämpfen. — Hr. v. Moltke ist zwar ins Land gekommen, aber die Männer, die mit ihm zusammen regieren sollen, haben sich von ihm entfernt. — Er (Moltke) hat sich um Schutz an die provisorische Regierung wenden müssen. (horribles Gelächter links.) — Diese hat ihm einen Reisepaß ausgestellt. (schallender Beifall.) — Schon hat man in manchen Theilen der Herzogthümer preußischen Offizieren nicht mehr Folge geleistet. (hört! hört!) Man wird den Krieg allein fortführen! — Der Geist der Aufregung ist auch im Begriff, sich den Bundestruppen mitzutheilen! (hört!)</p> <p><hi rendition="#g">Deshalb</hi> frägt <hi rendition="#g">Rappard</hi> die Ausschüsse: „ob nicht in Betracht dieser Umstände, bis spätestens Morgen der Bericht erstattet werden könnte?“</p> <p><hi rendition="#g">Zachariä</hi> antwortet: Der Ausschuß bietet alles Mögliche auf, um diesen Bericht zu beschleunigen.</p> <p><hi rendition="#g">Heckscher</hi> (Exminister). Mit hohler Grabesstimme. Hr. Rappard hat mit lebhaften Farben geschildert, was geschehen ist, und was geschehen wird, wenn die Nat.-Verf. den Waffenstillstand billigt. — Aber ich möchte Ihnen die Frage an's Herz legen, was wird geschehen, wenn man den Waffenstillstand verwirft?</p> <p><hi rendition="#g">Schodder</hi> beantragt: Morgen Nachmittag eine Sitzung anzuberaumen, in welcher der Bericht in dieser Sache zu erstatten sei.</p> <p><hi rendition="#g">Wurm</hi>: Die engere Kommission, welche die beiden Ausschüsse in dieser Frage niedergesetzt haben (sie besteht aus Dahlmann, Cucumus und Wurm) giebt sich die größte Mühe. Ich selbst, trotzdem mir doch dies nicht zuzumuthen, war in der Druckerei. Aber bis dato sind von allen hierher gehörigen Aktenstücken nur drei Bogen gedruckt. Woran diese Verzögerung liegt ist uns räthselhaft.</p> <p>Zachariä bemerkt: auf Schröders Antrag einzugehen sei unmöglich.</p> <p>Wiegard: Unsere stenographischen Berichte in fast 6 Bogen täglich, werden stets in 12 Stunden gedruckt, und hier sind in 88 Stunden nur 3 Bogen gedruckt; ich beantrage: das Büreau der Nationalversammlung zu beauftragen, die Verzögerung des Druckes zu untersuchen.</p> <p>Dieser Antrag wird fast einstimmig angenommen.</p> <p>Simson und Haßler aus Ulm werden sofort als Untersuchungs-Commission in die Druckerei geschickt. —</p> <p>Tagesordnung. Die altbackenen Grundrechte. § 14. (Fortsetzung der Diskussion.) Der Wortlaut des § und Minor: Erachten haben sie in einem frühern Blatte. (Soiron präsidirt.)</p> <p>Löwe aus Kalbe spricht in einer langweiligen durch stürmischen Schlußruf unterbrochenen Rede für den Paragraphen. —</p> <p>Kurth aus Bunzlau: Daß die Kirche vom Staat unabhängig sein muß, darüber sind wir einig; nur über die Mittel sind wir nicht einer Ansicht. — Wenn die Kirche das demokratische Element in sich aufgenommen hat, ist sie dem Staate nicht mehr gefährlich. — Aber ehe dies geschieht wird es noch lange dauern, Für das 2te Minoritätserachten mit einem von ihm gestellten Amendement. — (Schluß! Schluß!)</p> <p>Salzwedel aus Gumbinnen ist nicht zufrieden mit der Fassung des Ausschusses. So wie Frankreich unser Vorbild in allen politischen Fragen, so müssen wir Deutsche für alle moralischen Fragen das Muster der Welt sein. (Schluß! Schluß!)</p> <p>A. Bally (aus Beuthen, Adjudant von Radowitz). Wir wollen volle Unabhängigkeit der Kirche. (Schluß!) Wir wollen Freiheit überall. (Schluß!) Daß das Volk die Lostrennung der Kirche vom Staat will, geht aus der Masse von Bittschriften in diesem Sinne hervor. Der Werth dieser Petitionen ist zwar angetastet worden, aber für die in meiner Heimath abgefaßten wenigstens kann ich einstehen. (Schluß!) Redner (sehr erzürnt): Lassen Sie mich reden, so lange ich rede ist die Rede mein Eigenthum, wenn ich fertig bin, können Sie ihre Bemerkungen machen. (Schluß!) Ich beantrage für mein mit vielen Freunden gestelltes Amendement namentliche Abstimmung, (Schluß!) damit die Namen Derer bekannt werden, die die Finsterlinge in diesem Hause sind. (Großer Tumult. Links: Zur Ordnung!)</p> <p>Schluß der Debatte über § 14; der bekannte Berichterstatter, Herr Beseler, spricht für die Fassung des Ausschusses ungefähr eine volle Stunde.</p> <p><hi rendition="#g">Prato</hi> beantragt namentliche Abstimmung über § 14.</p> <p><hi rendition="#g">Lassaulx</hi> beantragt namentliche Abstimmung über das erste Minoritätserachten zu § 14.</p> <p><hi rendition="#g">Beckerath</hi> beantragt namentliche Abstimmung über das zweite Minoritätserachten zu § 14.</p> <p><hi rendition="#g">Salzwedel</hi> namentliche Abstimmung für sein Amendement.</p> <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> (Oels) namentliche Abstimmung für D'Esterles Amendement.</p> <p><hi rendition="#g">Simson</hi> (Königsberg) verliest sämmtliche Amendements, deren Anzahl Legion ist, zur Unterstützungsfrage.</p> <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> bittet, in der Unterstützung der Amendements vorsichtig zu sein. Denn wenn alle Amendements zur Abstimmung kommen sollten, müßte man drei Tage abstimmen.</p> <p>Diese Nachricht bewirkt, daß mehrere Amendements zurückgezogen, und viele nicht unterstützt werden.</p> <p>Die Druckerei-Untersuchungskommission, der sich Wurm und Max v. Gagern angeschlossen, ist indessen zurückgekommen, und erstattet durch Hrn. Simson im Hauptsächlichsten folgenden Bericht:</p> <p>Der Drucker erklärt, bis heute Abend 5 Uhr 29 Druckbogen von den zu der Waffenstillstandssache gehörigen Drucksachen fertig haben zu wollen. — 23 Bogen sind bereis fertig vorgewiesen. Die einzelnen Manuscripte sind bereits seit dem 4ten nach und nach zum Druck gegeben. Die Verzögerung ist allein durch die Masse der Manuscripte herbeigeführt worden, und dadurch, daß erst in der Druckerei selbst die Manuscripte zum Druck geordnet worden sind.</p> <p>Die Vesammlung beschließt über diesen Gegenstand Tagesordnung. (§ 14. der Grundrechte).</p> <p><hi rendition="#g">Schlör</hi> (Baiern) beantragt bei der ganz enormen Masse von Amendements, dieselben in der Ordnung, wie sie zur Abstimmung kommen sollen, drucken zu lassen und an einem andern Tage abzustimmen.</p> <p>Dieser Antrag wird angenommen, und somit ist es mit der Tagesordnung wieder vorbei.</p> <p><hi rendition="#g">Blum</hi> interpellirt Herrn Dahlmann: Wie weit es mit der Bildung eines Reichsministeriums gekommen sei? Wenn die Interpellation nicht genügend beantwortet werden sollte, wird er einen Antrag stellen.</p> <p>N. N. meint, einzelne Abgeordnete dürfen nicht interpellirt werden, und beantragt: Die Versammlung solle Herrn Dahlmann nicht gestatten zu antworten. (Gelächter.) Der Antrag bleibt ununterstützt.</p> <p><hi rendition="#g">Dahlmann</hi> (sehr mystisch): Es genügt zu erklären, Unterhandlungen sind angeknüpft; an Eiser fehlt es nicht; in diesem Augenblick ist aber noch kein Resultat da; man solle sich nicht mit Kombinationen quälen.</p> <p><hi rendition="#g">Blum</hi> beantragt: In Erwägung der großen Wichtigkeit und Dringlichkeit, den Beschluß vom 5. schnell auszuführen, solle man Morgen Sitzung halten, und in derselben eine Deputation an den Reichsverweser wählen, die denselben um schleunigste Beendigung der Ministerkrisis ersucht.</p> <p>Die Versammlung verwirft die Dringlichkeit dieses Antrags.</p> <p><hi rendition="#g">Schoder</hi> zieht seinen Antrag (S. oben) zurück.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident:</hi> So wäre denn die heutige Tagesordnung erschöpft. (Links: § 15 diskutiren.)</p> <p>Es stellt sich jedoch heraus, daß man früher einmal beschlossen hat, § 15 nicht eher vorzunehmen, bis über § 14 abgestimmt ist (warum? weiß Niemand); deshalb, und weil sonst auch nichts mehr vorliegt, muß man wohl oder übel die Sitzung schließen. Schluß 12 1/2 Uhr. Morgen und Sonntag keine Sitzung. — Montag, wenn nicht die Ausschüsse mittlerweile fertig werden, Grundrechte.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amtliche Nachrichten.</head> <div type="jAn"> <p>Monats-Uebersicht der preußischen Bank.</p> <p>Gemäß §. 99 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846.</p> <p>Aktiva.</p> <p>1) Geprägtes Geld und Barren 12,546,500 Rthlr.</p> <p>2) Kassen-Anweisungen und Darlehns-Kassen-Scheine 2,911,000 Rthlr.</p> <p>3) Wechsel-Bestände. 11,433,200 Rthlr.</p> <p>4) Lombard-Bestände. 13,307,600 Rthlr.</p> <p>5) Staats-Papiere, verschiedene Forderungen und Aktiva. 12,791,700 Rthlr.</p> <p>Passiva.</p> <p>6) Banknoten im Umlauf. 15,074,000 Rthlr</p> <p>7) Depositen-Kapitalien 19,646,300 Rthlr</p> <p>8) Darlehn des Staats in Kassen-Anweisungen (nach Rückzahlung von 4,900,000 Rthlr., cfr. §. 29 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846). 1,100,000 Rthlr</p> <p>9) Guthaben der Staats-Kassen, Institute und Privat-Personen, mit Einschluß des Giro-Verkehrs. 5081,100 Rthlr</p> <p>Berlin, den 31. August 1848.</p> <p>Königlich preußisches Haupt-Bank-Direktorium.</p> <p>(gez.) v. Lamprecht. Witt Reichenbach. Meyen. Schmidt. Woywod.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handels-Nachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="imprint"> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff</hi>.<lb/> Druck von J. W. <hi rendition="#g">Dietz,</hi> unter Hutmacher Nr. 17.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0500/0002]
mittelst anderer Zugeständnisse den Wiener Hof zur Mitbewirkung eines Friedens zwischen Ungarn einer- und den Kroaten und Raizen andererseits zu bewegen.
Französische Republik. Paris, 7. Sept. Die Pforte hat die französische Republik anerkannt. General Aupick, unser dortiger bevollmächtigter Minister, ist am 26. August um 1 Uhr Mittags vom Sultan in feierlicher Audienz empfangen worden.
— Der „Moniteur“ enthält heute 22 Ernennungen von Schiffskapitänen und Lieutenants der Kriegsmarine.
— Bei Tortoni verbreitete sich diesen Morgen wiederholt das Gerücht, daß das vor Venedig lagernde, aus zwölf Fahrzeugen (2 Fregatten, 1 Korvette, 4 Briggs, 1 Schooner und 4 Dämpfern) bestehende östreichische Geschwader diese Stadt bombardirt habe.
— Die italienischen Posten gehen uns mit wahrhaft exemplarischer Unregelmäßigkeit seit Radetzky's Rückkehr nach Mailand zu.
— Man schreibt aus Toulon vom 3. Sept. an den „Spectateur Republicain“: „So eben läuft hier der Befehl ein, alle Dampffregatten sofort zu rüsten. Man jagt hinter den Mechanikern und sucht die Matrosen aller Orten. Diese Fregatten werden nach Marseille eilen, um dort das 20. und 33. Linien-Regiment, einige Artillerie und eine Ingenieurkompagnie an Bord zu nehmen General Moltiere wird als Befehlshaber dieser Expedition bezeichnet. Kein Mensch weiß, wohin ihre Fahrt geht.
— Die ehemalige Kammer-Linke trifft endlich Anstalten die Republik anzuerkennen. Ihre Führer, Odilon-Barrot, Duvergier de Hauranne, Leon de Malleville, de Lasteyrie, Lacrosse, Abatucci, Havin, de Tocqueville etc. pflogen gestern Abend eine mehrstündige Unterredung im ersten Büreausaale mit dem Kriegsminister, General Lamoriciere. Man scheint übereingekommen, Odilon-Barrot werde von der Kanzel herab in einer der nächsten Sitzungen diese Adhesion verkünden. Großes Ereigniß.
— Der Spectateur Republicain gibt zu verstehen, die National-Versammlung müsse sich ausruhen und einen Monat Ferien halten. Er schlägt dafür den November vor.
— Der Independant de Marseille weigerte sich, Kaution zu stellen und wurde deshalb vor die Geschwornen gestellt. Dieselben haben ihn freigesprochen.
Nationalversammlung. Sitzung vom 7. September. Präsident Marrast. Tagesordnung: die Diskussion des 1. Artikel der neuen Verfassung.
Jean Reynaud, hat ein langes Amendement gestellt, dessen 6. Artikel er indeß von vornherein zurückzieht. Nachdem Dufaure das ganze Amendement bekämpft, zieht Reynaud es ganz zurück.
Marrast: Wir kommen jetzt zum Amendement Deville's. Ich hätte, setzt er hinzu, dies Amendement gar nicht drucken lassen sollen. Allein man hätte mir dies vielleicht als einen Mißbrauch ausgelegt.
Mehrere Stimmen: keine Diskussion!
Deville (lebhaft auf der Tribüne) Ihr wollet mich zu sprechen hindern? Ist das Eure Redefreiheit? Seid doch wenigstens parlamentarisch. Mein Antrag ist ernstlich. Ich stimmte gegen das Belagerungsgesetz. Oh, ich bin ein alter Soldat, ich war lange auf den Schlachtfeldern und kenne die Annehmlichkeit des Säbelregiments (fortwährende Unterbrechungen.) Man hat Euch vorgesagt, daß der Belagerungsstand gar keinen Einfluß auf unsere Verfassungsberathungen üben werde. Schöne Redensarten! Habt ihr das Schicksal unsrer beiden Kollegen Caussidiere und Louis Blanc vergessen? Louis Blanc wurde nur in Anklagestand versetzt wegen Worte, die er auf dieser Bühne ausgesprochen, (Lärm) wollt Ihr mich wirklich ersticken? (Sprechen Sie! Sprechen Sie!) Ihr behauptet, ich sei frei auf dieser Stelle? O, Täuschung! Eine schöne Freiheit in Mitten dieses Tumults an Unterbrechungen … Ich danke für solche Freiheit, ich verzichte aufs Wort ‥‥(Er geht ab)
Martin (aus Straßburg eilt auf die Bühne). Im Namen des Verfassungs-Ausschusses drücke ich den Wunsch aus, den Antragsteller zu hören. Er möge sein Amendement entwickeln.
Deville besteigt wieder die Bühne und schimpft verbissen und unter unzähligen Stürmen der Rechten auf das Säbel-Regiment. Er werde sich wohl hüten, zu sprechen, wie er denke. Wer bürge ihm dafür, daß man ihn nicht vor ein Kriegsgericht stelle? In gewöhnlichen Zeiten könne man zur Zeitungspresse seine Zuflucht nehmen. Aber auch dieser Weg sei gesperrt. Unter einem Säbelregiment dürfe man keine Verfassung berathen
Dieses Deville'sche Amendement beginnt: „In Gegenwart Gottes, unter der Herrschaft des Belagerungsstandes, die Alle Freiheit vernichtet, und ganz besonders die Preßfreiheit aufhebt und nach Belieben gewährt. Unter dem Regiment der Militär-Obrigkeit, welche gar keine Kenntniß von den Bedürfnissen der Gesellschaft hat, die durch ihr bloßes Dasein den Ausdruck der öffentlichen Meinung hemmt und somit jede Berathung der Verfassung unmöglich macht. Unter diesem inintelligenten, expeditiven und schrecklichen Einflusse und dem allgemeinen Drucke der auf Paris lastet, proklamirt und dekrutirt die National-Versammlung wie folgt:“
Martin (Straßburger) verlangt die Question. Prealable, d. h.: daß man in keine Diskussion trete.
Dies geschieht. Die Versammlung verwirft das impertinente Amendement durch Abstimmung.
Bauchart stellt den Zwischensatz „Und durch graduelle Reduktion der Steuern die Summe der Vortheile u. s. w.
Er entwickelt ihn.
Laussat bekämpft ihn.
Ein Glied unterstützt ihn, und ohne wesentliche Veranlassung bricht ein fürchterlicher Tumult los. Man schreit nach Abstimmung durch blaue und weiße Zettel, Andere verlangen namentliche Abstimmung. Man schreitet zu Ersterem. Das Amendement wird mit 397 gegen 339 angenommen. (Sensation).
Quinet entwickelt sein Amendement. Doch dasselbe fällt durch wie alle übrigen und Art. I. geht durch.
Ebenso Artikel II. ohne erhebliche Diskussion.
Artikel III. wird angenommen.
Artikel IV. ebenfalls.
Artikel V. gab zu einiger Diskussion Veranlassung. Er lautet bekanntlich:
„Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, wie sie gewärtigt, die ihrige geachtet zu sehen, und keinen Krieg in Aussicht auf Eroberung unternimmt und niemals die Waffen gegen die Freiheit eines Volkes zieht.“
Francisque Bouvet will ein Amendement stellen, fällt aber durch.
Dufauxe erklärt erklärt es für unnütz.
Die ursprüngliche Fassung bleibt.
Artikel VI., nichts sagend, geht ohne Weiteres durch
Artikel VII., ziemlich weitschweifig, ruft Delongrais auf die Bühne, um die Phrase: „Die Bürger haben nach Maßgabe ihres Vermögens zu den Staatslasten beizutragen etc.,“ zu amendiren. Delongrais wollte en proportion an die Stelle ge#etzt wissen. Er ist kein Freund der Progessivsteuern.
Vivien schlug ihn mit wenigen Worten. Der Verfassungsausschuß, sagte er, habe en raison gesetzt, weil er sich weder über die proportionelle, noch über die progressive Besteuerung der Bürger ein Urtheil anmaße. Das sei Sache der Spezialgesetze.
Der ganze Artikel ging durch.
Artel VIII. wird für die nächste Sitzung aufgespart.
Das Gerücht geht, die Regierung habe Depeschen erhalten, die ihr anzeigen, daß Oesterreich die Mediation annehme.
Die Sitzung wird um 1/4 6 Uhr geschlossen.
Spanien. Madrid, 2. Sept. Am 28. August wurden in Kadix 12 Sekonde-Lieutenans, 9 Sergenten und 57 andere Hochverräther als des Republikanismus bezüchtigt, am Bord der neuen Fregatte Zafiro nach den Philippinen eingeschifft.
— Die Unruhen und Cabrera'schen Ueberfälle in Katalonien dauern fort.
Großbritannien. * London, 7. Sept. Wie es gewöhnlich nach dem Schluß der Parlamentsdebatten geht, sind die englischen Blätter jetzt wieder von Zeit zu Zeit darum verlegen, wie sie den Raum ihrer Riesenspalten mit interessanten Nachrichten füllen sollen. Man sieht dies schon in den ersten Tagen. Die Times macht Auszüge aus Punch; der Standard citirt den Economist und das Chronicle drukt wieder alle vier Kolleginnen ab. Augenblicklich bildet die Feierlichkeit der Parlamentsvertagung noch den Hauptgegenstand der Konversation. Die Engländer freuen sich, daß Alles bei ihnen so prächtig ruhig von statten geht und sie können es nicht unterlassen, diese ihre Freude den anwesenden französischen Flüchtlingen wiederholt an den Tag zu legen. Die Times hat jetzt schon den dritten größern Artikel über Louis Blanc gegeben; sie fügt ihren bisherigen Bemerkungen indeß nichts Neues mehr hinzu und das Resultat aller ihrer Raisonnements ist nur, daß es John Bull unendliche Befriedigung verursacht, außer der Juli-Dynastie nun auch das provisorische Gouvernement des Februar an englischer Küste zu wissen.
Der Standard setzt seine Betrachtungen über Lamartine und Ledru Rollin fort und kann es sich gar nicht ausreden, daß Beide ihre Hände recht tief in den Taschen der Republik gehabt haben.
Aus Irland hört man, daß Lord John Russell in den nächsten Tagen über Belfast nach Schottland reisen wird, um dort mit der Königin zusammenzutreffen.
In der Handelswelt gab es in den letzten Tagen nicht viel Neues. Die Nachrichten aus den Fabrikdistrikten bleiben günstig.
* London, 7. Sept. Es sind jüngst wiederholt Experimente mit Anwendung zusammengepreßter Luft auf Lokomotion gemacht worden. Es ergab sich dabei als Resultat, daß ein Wagen, durch komprimirte Luft bewegt, in kaum einer Stunde 8 Lieues zurücklegte. Der Druck, welcher auf die Luft ausgeübt wurde, betrug mehr als 50 Atmosphären. Es ist große Aussicht, daß der Dampf auf Eisenbahnen etc. durch die zusammengepreßte Luft ersetzt werden wird. Dies gäbe, gegen die jetzigen Kosten gehalten, eine Ersparniß von 75 Prozent.
Nachtrag. !!! Frankfurt, 8. Sept. 74ste Sitzung der National-Versammlung. Präsident: v. Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der Grundrechte.
Präsident: Durch die gestrige Wahl ist der Verfassungsausschuß in folgenden 5 Mitgliedern ergänzt worden: Compes, Rieser, v. Rotenhahn, Zell, Briegleb.
Rappard interpellirt die beiden zur Berichterstattung der Waffenstillstandsfrage bestimmten Ausschüsse:
Die Anträge in der Landesversammlung von Schleswig-Holstein über Fortbestehen der Beschlüsse der provisorischen Regierung u. s. w. sind einstimmig angenommen worden. (lautes Bravo links und linkes Centrum.)
Dieser Beschluß soll der National-Versammlung und dem Reichsverweser vorgelegt werden, mit dem Bemerken, daß die Ausführung des Waffenstillstandes ganz unmöglich sei.
In einer ungeheuren Volksversammlung in Kiel ist der Beschluß gefaßt worden, von der provisorischen Regierung unter keiner Bedingung zu lassen; alle Steuern nur an sie zu zahlen (lautes Bravo) — keiner andern Regierung zu gehorchen (schallendes Bravo!) — und für diese Grundsätze bis auf den letzten Mann zu kämpfen. — Hr. v. Moltke ist zwar ins Land gekommen, aber die Männer, die mit ihm zusammen regieren sollen, haben sich von ihm entfernt. — Er (Moltke) hat sich um Schutz an die provisorische Regierung wenden müssen. (horribles Gelächter links.) — Diese hat ihm einen Reisepaß ausgestellt. (schallender Beifall.) — Schon hat man in manchen Theilen der Herzogthümer preußischen Offizieren nicht mehr Folge geleistet. (hört! hört!) Man wird den Krieg allein fortführen! — Der Geist der Aufregung ist auch im Begriff, sich den Bundestruppen mitzutheilen! (hört!)
Deshalb frägt Rappard die Ausschüsse: „ob nicht in Betracht dieser Umstände, bis spätestens Morgen der Bericht erstattet werden könnte?“
Zachariä antwortet: Der Ausschuß bietet alles Mögliche auf, um diesen Bericht zu beschleunigen.
Heckscher (Exminister). Mit hohler Grabesstimme. Hr. Rappard hat mit lebhaften Farben geschildert, was geschehen ist, und was geschehen wird, wenn die Nat.-Verf. den Waffenstillstand billigt. — Aber ich möchte Ihnen die Frage an's Herz legen, was wird geschehen, wenn man den Waffenstillstand verwirft?
Schodder beantragt: Morgen Nachmittag eine Sitzung anzuberaumen, in welcher der Bericht in dieser Sache zu erstatten sei.
Wurm: Die engere Kommission, welche die beiden Ausschüsse in dieser Frage niedergesetzt haben (sie besteht aus Dahlmann, Cucumus und Wurm) giebt sich die größte Mühe. Ich selbst, trotzdem mir doch dies nicht zuzumuthen, war in der Druckerei. Aber bis dato sind von allen hierher gehörigen Aktenstücken nur drei Bogen gedruckt. Woran diese Verzögerung liegt ist uns räthselhaft.
Zachariä bemerkt: auf Schröders Antrag einzugehen sei unmöglich.
Wiegard: Unsere stenographischen Berichte in fast 6 Bogen täglich, werden stets in 12 Stunden gedruckt, und hier sind in 88 Stunden nur 3 Bogen gedruckt; ich beantrage: das Büreau der Nationalversammlung zu beauftragen, die Verzögerung des Druckes zu untersuchen.
Dieser Antrag wird fast einstimmig angenommen.
Simson und Haßler aus Ulm werden sofort als Untersuchungs-Commission in die Druckerei geschickt. —
Tagesordnung. Die altbackenen Grundrechte. § 14. (Fortsetzung der Diskussion.) Der Wortlaut des § und Minor: Erachten haben sie in einem frühern Blatte. (Soiron präsidirt.)
Löwe aus Kalbe spricht in einer langweiligen durch stürmischen Schlußruf unterbrochenen Rede für den Paragraphen. —
Kurth aus Bunzlau: Daß die Kirche vom Staat unabhängig sein muß, darüber sind wir einig; nur über die Mittel sind wir nicht einer Ansicht. — Wenn die Kirche das demokratische Element in sich aufgenommen hat, ist sie dem Staate nicht mehr gefährlich. — Aber ehe dies geschieht wird es noch lange dauern, Für das 2te Minoritätserachten mit einem von ihm gestellten Amendement. — (Schluß! Schluß!)
Salzwedel aus Gumbinnen ist nicht zufrieden mit der Fassung des Ausschusses. So wie Frankreich unser Vorbild in allen politischen Fragen, so müssen wir Deutsche für alle moralischen Fragen das Muster der Welt sein. (Schluß! Schluß!)
A. Bally (aus Beuthen, Adjudant von Radowitz). Wir wollen volle Unabhängigkeit der Kirche. (Schluß!) Wir wollen Freiheit überall. (Schluß!) Daß das Volk die Lostrennung der Kirche vom Staat will, geht aus der Masse von Bittschriften in diesem Sinne hervor. Der Werth dieser Petitionen ist zwar angetastet worden, aber für die in meiner Heimath abgefaßten wenigstens kann ich einstehen. (Schluß!) Redner (sehr erzürnt): Lassen Sie mich reden, so lange ich rede ist die Rede mein Eigenthum, wenn ich fertig bin, können Sie ihre Bemerkungen machen. (Schluß!) Ich beantrage für mein mit vielen Freunden gestelltes Amendement namentliche Abstimmung, (Schluß!) damit die Namen Derer bekannt werden, die die Finsterlinge in diesem Hause sind. (Großer Tumult. Links: Zur Ordnung!)
Schluß der Debatte über § 14; der bekannte Berichterstatter, Herr Beseler, spricht für die Fassung des Ausschusses ungefähr eine volle Stunde.
Prato beantragt namentliche Abstimmung über § 14.
Lassaulx beantragt namentliche Abstimmung über das erste Minoritätserachten zu § 14.
Beckerath beantragt namentliche Abstimmung über das zweite Minoritätserachten zu § 14.
Salzwedel namentliche Abstimmung für sein Amendement.
Rösler (Oels) namentliche Abstimmung für D'Esterles Amendement.
Simson (Königsberg) verliest sämmtliche Amendements, deren Anzahl Legion ist, zur Unterstützungsfrage.
Gagern bittet, in der Unterstützung der Amendements vorsichtig zu sein. Denn wenn alle Amendements zur Abstimmung kommen sollten, müßte man drei Tage abstimmen.
Diese Nachricht bewirkt, daß mehrere Amendements zurückgezogen, und viele nicht unterstützt werden.
Die Druckerei-Untersuchungskommission, der sich Wurm und Max v. Gagern angeschlossen, ist indessen zurückgekommen, und erstattet durch Hrn. Simson im Hauptsächlichsten folgenden Bericht:
Der Drucker erklärt, bis heute Abend 5 Uhr 29 Druckbogen von den zu der Waffenstillstandssache gehörigen Drucksachen fertig haben zu wollen. — 23 Bogen sind bereis fertig vorgewiesen. Die einzelnen Manuscripte sind bereits seit dem 4ten nach und nach zum Druck gegeben. Die Verzögerung ist allein durch die Masse der Manuscripte herbeigeführt worden, und dadurch, daß erst in der Druckerei selbst die Manuscripte zum Druck geordnet worden sind.
Die Vesammlung beschließt über diesen Gegenstand Tagesordnung. (§ 14. der Grundrechte).
Schlör (Baiern) beantragt bei der ganz enormen Masse von Amendements, dieselben in der Ordnung, wie sie zur Abstimmung kommen sollen, drucken zu lassen und an einem andern Tage abzustimmen.
Dieser Antrag wird angenommen, und somit ist es mit der Tagesordnung wieder vorbei.
Blum interpellirt Herrn Dahlmann: Wie weit es mit der Bildung eines Reichsministeriums gekommen sei? Wenn die Interpellation nicht genügend beantwortet werden sollte, wird er einen Antrag stellen.
N. N. meint, einzelne Abgeordnete dürfen nicht interpellirt werden, und beantragt: Die Versammlung solle Herrn Dahlmann nicht gestatten zu antworten. (Gelächter.) Der Antrag bleibt ununterstützt.
Dahlmann (sehr mystisch): Es genügt zu erklären, Unterhandlungen sind angeknüpft; an Eiser fehlt es nicht; in diesem Augenblick ist aber noch kein Resultat da; man solle sich nicht mit Kombinationen quälen.
Blum beantragt: In Erwägung der großen Wichtigkeit und Dringlichkeit, den Beschluß vom 5. schnell auszuführen, solle man Morgen Sitzung halten, und in derselben eine Deputation an den Reichsverweser wählen, die denselben um schleunigste Beendigung der Ministerkrisis ersucht.
Die Versammlung verwirft die Dringlichkeit dieses Antrags.
Schoder zieht seinen Antrag (S. oben) zurück.
Präsident: So wäre denn die heutige Tagesordnung erschöpft. (Links: § 15 diskutiren.)
Es stellt sich jedoch heraus, daß man früher einmal beschlossen hat, § 15 nicht eher vorzunehmen, bis über § 14 abgestimmt ist (warum? weiß Niemand); deshalb, und weil sonst auch nichts mehr vorliegt, muß man wohl oder übel die Sitzung schließen. Schluß 12 1/2 Uhr. Morgen und Sonntag keine Sitzung. — Montag, wenn nicht die Ausschüsse mittlerweile fertig werden, Grundrechte.
Amtliche Nachrichten. Monats-Uebersicht der preußischen Bank.
Gemäß §. 99 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846.
Aktiva.
1) Geprägtes Geld und Barren 12,546,500 Rthlr.
2) Kassen-Anweisungen und Darlehns-Kassen-Scheine 2,911,000 Rthlr.
3) Wechsel-Bestände. 11,433,200 Rthlr.
4) Lombard-Bestände. 13,307,600 Rthlr.
5) Staats-Papiere, verschiedene Forderungen und Aktiva. 12,791,700 Rthlr.
Passiva.
6) Banknoten im Umlauf. 15,074,000 Rthlr
7) Depositen-Kapitalien 19,646,300 Rthlr
8) Darlehn des Staats in Kassen-Anweisungen (nach Rückzahlung von 4,900,000 Rthlr., cfr. §. 29 der Bank-Ordnung vom 5. Oktober 1846). 1,100,000 Rthlr
9) Guthaben der Staats-Kassen, Institute und Privat-Personen, mit Einschluß des Giro-Verkehrs. 5081,100 Rthlr
Berlin, den 31. August 1848.
Königlich preußisches Haupt-Bank-Direktorium.
(gez.) v. Lamprecht. Witt Reichenbach. Meyen. Schmidt. Woywod.
Handels-Nachrichten. _ Der Gerant: Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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