Neue Rheinische Zeitung. Nr. 100. Köln, 12. September 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 100. Köln, Dienstag den 12. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Unseren geehrten auswärtigen Abonnenten zeigen wir hiermit an, daß die "Neue Rheinische Zeitung" von heute ab, auf's pünktlichste nach allen Richtungen durch Posten und Eisenbahnen versandt werden wird. Sollten daher Unregelmäßigkeiten in der Absendung stattfinden, so ersuchen wir die geehrten auswärtigen Abonnenten uns durch Reklamations-Briefe hiervon in Kenntniß zu setzen, wonach wir bei den resp. Post- und Eisenbahnbehörden die geeigneten Schritte thun werden. Beschwerden, welche unsere Abonnenten der Stadt Köln zu führen haben, bitten wir rechtzeitig in der Expedition unter Hutmacher Nr. 17 zu machen. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Krisis und die Contrerevolution. -- Verhaftungen). Frankfurt. (Ministerkombination). Berlin. (Die Ministerkrisis. Contrerevolutionäre Pläne. -- Petition der Potsdamer Bürgerwehr. -- Biedere Rede eines Offiziers) Wien. (Reichstag. -- Ministerkombination. -- Annahme der französisch-englischen Vermittelung. -- Vorbereitungen eines Staatsstreichs). Breslau (Das Bürgerwehrgesetz). Dessau. (Das Ministerium Habicht). Altona. (Verhaftung preußischer Soldaten) Hamburg (Der Rückmarsch der Truppen fortgesetzt). Oldenburg. (Die agnatischen Rechte). Mainz. (Die preußische Soldateska). Thüringen. (Volkstag). Prag (Deutsche und Czechen. -- Die industriellen Interessen Oesterreichs). Italien. (Das neapolitanische Geschwader. -- Die modenesische Bürgerwehr. -- Unruhen in Parma. -- Preßprozeß in Florenz -- Die neapolitanischen Kammern vertagt. -- Die sardinischen Kammern sollen aufgelöst werden. -- Angeblich der Friede zwischen Oesterreich und Karl Albert geschlossen). Mailand. (Die Cigarrenraucher). Französische Republik. Paris. (Die Klubs. -- Proudhons Peuple. Vermischtes. -- Wochenbericht des Polizeipräfekten. -- Nationalversammlung). Schweiz. Bern. (Der Präsident der Tagsatzung und die Diplomatie). Großbritannien. London. (Viktoria in Aberdeen; Chartistenverhaftungen in Ashton) Dubl#n (Russell; O'Gorman; Frau Mitchell; Brief John O'Connells.) Ungarn. Hermannstadt. (Truppen nach Pesth. Befürchtungen). Deutschland. ** Köln, 11. Sept. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 11. Sept. Wir richten an die betreffenden Herren vom öffentlichen Ministerium folgende Interpellation: Ist es wahr, daß gestern Nachmittag die Herren Salget und Blum der Jüngere, von Köln, nachdem sie in Kassel bereits einen Arbeiterverein gestiftet hatten, in Wesselingen, wo sie ebenfalls einen solchen zu stiften beabsichtigten, Abends um 8 Uhr, noch ehe sie ein Wort öffentlich gesprochen, noch ehe die Sitzung begonnen hatte, auf Veranlassung des Hrn. Pfarrers durch den Hrn. Bürgermeister v. Geier verhaftet worden sind? Ist es wahr, daß dieser Verhaftung, die übrigens faktisch ist, nichts Anderes zu Grunde liegt, als die Denunziation des Herrn Pastors: die beiden Herren wollten (!) die Arbeiter aufhetzen? Wird das öffentliche Ministerium, wenn die Sache sich so verhält, gegen eine solche empörende Ungesetzlichkeit einschreiten oder wird es -- in Erwartung des Ministeriums Radowitz und der baldigen Aufhebung des freien Associationsrechtes, dem Hrn. Geier seinen Dank votiren? !!! Frankfurt, 9. Sept. Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, daß das neue Reichsministerium wahrscheinlich folgendermaßen zusammengesetzt sein wird: Baron v. Stockmar, Präsident; Stedtmann (!), Inneres; v. Meyern, Krieg; v. Arnim, (früherer Gesandter in Paris), Aeußeres; Compes (!), Justiz; v. Hermann (München), Handel. 149 Berlin, 8. Sept. So eben hat sich hier das Gerücht verbreitet, daß das Ministerium Auerswald nicht nur zu bleiben beschlossen, sondern sogar die Absicht habe, die Nationalversammlung aufzulösen. Im Falle die Potsdamer Camarilla diesen Gewaltstreich wagt, wird die Nationalversammlung ihre Schuldigkeit thun, und an das souveräne Volk appelliren. Die Folgen dieser Maßregel sind unberechenbar, der Sieg nicht zweifelhaft. Die Minister befinden sich heut den ganzen Tag in Potsdam, weshalb die Vereinbarungsversammlung auch die heutige Sitzung bald nach Eröffnung derselben vertagt hat. Der Oberstlieutenant v. Baczenski, Kommandeur des 9. Regiments, soll heute Vormittag folgende Anrede an seine Soldaten im Kasernenhofe gehalten haben: "Soldaten! Ihr wißt was die Nationalversammlung gestern beschlossen hat. Ihr werdet daher wissen, was Eure Schuldigkeit ist. Wir gehorchen allein den Befehlen unseres allergnädigsten Königs und Herrn. Pommern! ich hoffe, daß die Tapferkeit und Treue Eurer Väter Euch zum edlen Vorbilde dienen wird." 40 Berlin, 9. September. Heute wurde an den Präsidenten der National-Versammlung durch den Abgeordneten Krackrügge abgegeben ein von 1565 Bürgerwehrmännern unterzeichneter sehr engerischer Protest gegen den Entwurf des Bürgerwehrgesetzes. Man verlangt ein auf freierer Basis begründetes Volksbewaffnungsrecht und will ergeblich appeliren an die Deutsche National-Versammlung, welche berufen sei, die Grundprincipien der innern und äußeren Verfassung des ganzen deutschen Volkes festzustellen. Man will durch dieses Gesetz die Souverainetät des Volks, die Revolution anerkannt sehen; man findet aber in dem Entwurf das alte gestürzte Regierungs-System wieder. Es erscheint dieser Protest deswegen bedeutsam, weil er eben aus Potsdam und von einer so großen Masse von Bürgerwehrmännern kommt. Ein Begleitschreiben von den Bürgerwehrhauptleuten Bourtzutzschki u. a. verlangt von dem Präsidenten der National-Versammlung ausdrücklich: diesen Protest nicht ohne vorangegangenen Vortrag im Plenum der Versammlung zu den Akten schreiben zu lassen. 103 Berlin, 8. Sept. Der Jubel des Volkes hatte gestern Abend einen unbeschreiblichen Ausdruck. Die ganze Bevölkerung Berlins fühlte sich gleichsam als Mitsieger des siegreich bestandenen Kampfes. Besonders schrieb sich die Bürgerwehr, durch ihre in den Adressen an die Vereinbarer-Versammlung ausgedrückte Festigkeit viel von dem glänzenden Erfolge bei. Es ist gewiß, daß einige unentschiedene Mitglieder des Centrums, wie der Abg. Dunker und Andere nur in Folge der sich mächtig aussprechenden Volksstimme für den Steinschen Antrag stimmten, denn am vergangenen Montag erklärte Dunker in meiner Gegenwart, daß er für Vertagung des Steinschen Antrags stimme, weil er ihn so, wie er gestellt ist, nicht annehmen könne und dagegen stimmen müsse, bis Donnerstag wolle er aber mit seiner Partei eine Vereinbarung versuchen. Durch die Festigkeit der Linken, streng an der Ausführung der Beschlüsse vom 9. August halten zu wollen, wurde jedoch jede Vereinbarung unmöglich. Also nur die Gewalt der öffentlichen Meinung hat die Schwankenden in der Versammlung zu Männern des Volkes gemacht und dadurch die große Majorität von 77 Stimmen erzeugt. (Es hat sich nämlich nachträglich gefunden, daß statt 152, wie gestern vom Bureau der Versammlung proklamirt wurde, nur 142 gegen den Steinschen Antrag gestimmt haben und 219 dafür.) Große Volksmassen zogen gestern Abend vor das Hotel Mylius, wo die Linke ihre Abendversammlungen hält und brachten derselben begeisterte Lebehochs; die versammelten Abgeordneten traten auf die Straße und wurden jubelnd empfangen. Das letzte donnernde Vivat galt Waldeck, den das Volk schon als Ministerpräsident begrüßen zu können glaubte. Dem Abg. Stein brachte das Sängerchor des Handwerkervereins in Begleitung vieler Tausende eine Serenade. Bis spät nach Mitternacht war das Volk unter den Linden, an der politischen Ecke versammelt. Die Zeitungsblätter, welche die Berichte der Sitzung mittheilten, wurden beim Licht der Gaslaternen gelesen und die ausgebotenen Carrikaturen auf die Minister vermehrten die allgemeine Heiterkeit. Wie sich seit gestern alles geändert, wie sich die Majorität der Minister in eine Minorität verändert hat, so scheint auch das Ministerium einen Gewaltstreich ausüben zu wollen, statt daß man bisher nur Gewaltstreiche des Volkes fürchtete. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung machte der Vicepräsident Philipps (der Präsident Grabow ist krank) die Mittheilung, daß ein Schreiben des Staatsministeriums folgenden Inhalts eingegangen sei: "daß das Staatsministerium sich in dem Falle befindet, dem Könige seine Beschlüsse, in Folge der gestrigen Verhandlungen mitzutheilen und stellt es daher anheim, da dasselbe der heutige Sitzung nicht beiwohnen kann, solche zu vertagen." Nach kurzer Debatte vertagt sich die Versammlung in Folge dieses Schreibens bis zur nächsten Sitzung (Montag). Es ist allgemein aufgefallen, daß die Minister nur von ihren gefaßten Beschlüssen sprachen, aber keinesfalls von ihrer Entlassung, die sie nach konstitutionellen Grundsätzen doch jedenfalls dem Könige hätten einreichen müssen. Der Gedanke findet daher immer mehr Raum, daß sich die Herren Schreckenstein und Hansemann um jeden Preis am Ruder halten wollen und einen Gewaltstreich ausüben. Viele wollen dies aus dem letzten Satz der Hansemannschen Rede entnehmen, welcher lautet: "Sie fordern Specielles, was nicht auszuführen ist. Wir thun es nicht! -- Ein solches Ministerium, wie Sie es wollen, wird dann nichts sein, als ein Vollziehungsausschuß. -- (Das Folgende spricht der Minister mit großem Pathos). Die Versammlung sollte darum bedenklicher sein und sich mit dem zufrieden erklären, was die Minister thun. Sie sollte ihre größte Ehre darin bestehen lassen, das Wohl des Landes zu fördern. Ich meinerseits gäbe in solchen Fällen lieber etwas nach und glaube, daß die Versammlung das Wohl des Landes damit fördert. Man hat auf Deutschland und ganz Europa hingewiesen. Die Versammlung werde die Achtung verlieren, wenn sie nachgäbe. (Mit gesteigertem Pathos.) Nein, meine Herren, Sie werden nicht die Achtung verlieren, denn sich selbst mäßigen, ist die höchste Aufgabe der gesetzmäßigen konstituirenden Versammlungen. Und diese Mäßigung sollte Ihnen zur Unehre gereichen? -- Nein! Preußen wird nicht stürzen in der Achtung Europas und Deutschlands. Wollen Sie um Kleinigkeiten -- denn Kleinigkeiten sind es -- einen Konflikt herbeiführen? Es knüpft sich vielleicht daran Preußens Bestehen als große Macht, Berlins Bestehen als Hauptstadt eines großen Staats. Europa, Deutschland werden einen solchen Beschluß nicht für weise halten, er schwächt die Regierung und kann machen, daß Preußens Stern erbleicht." Da Hr. v. Schreckenstein ein großes Gelüste nach einem Bombardement der Stadt Berlin haben soll, so bezieht man die Worte Hansemanns, Berlins Bestehen sei durch die Annahme des Steinschen Antrages gefährdet auf dies Kartätschengelüste. -- Die Beschlüsse des Ministeriums, welche es dem Könige heute vorlegt, können ja möglicherweise einen Aufstand und das Bombardement herbeiführen. 40 Berlin, 9. Sept. Ich theile Ihnen hierdurch mit, daß ich Ihnen nichts von Wichtigkeit mittheilen kann. Dieses ist gewiß eine wichtige Mittheilung in dieser Krisis. Sollte Ihnen aber etwa noch nicht bekannt sein, daß der König die Entlassung des ganzen Gesammt-Ministeriums angenommen, so möge Ihnen dies gesagt sein. So hat wenigstens der Ex-Minister Auerswald, Bruder des Ex-Minister-Präsidenten Auerswald, versichert. Offiziell ist darüber noch nichts. In mehreren Parteiversammlungen wurde gestern Abend versichert, daß, nach der Aussage einiger höherer Offiziere, freilich im Widerspruche mit der National-Zeitung, welche Beckerath als künftigen Minister-Präsidenten bezeichnet, der König in Charlottenburg sich entschlossen habe, den Abgeordneten, Geh. Ober-Tribunalrath Waldeck mit der Bildung des neuen Kabinets zu brauftragen. -- Vor dem Hotel Mylius, in welchem die Linke ihre Versammlungen hält, erschien gestern Abend wieder eine zahllose Volksversammlung, an deren Spitze ein Sängerchor. Man brachte abermals der Linken eine Serenade. Die Abgeordneten Waldeck, Behrends, Stein, d'Ester, Krackrügge, Schulz (Wanzleben), Arnold Ruge (Deputirter aus Frankfurt), Elsner, Temme, Reichenbach, Brill und Behnsch wurden gerufen und sprachen zum Volke. -- Aus den Provinzen kommt ein Sturm von Petitionen um Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August. Es ist zu spät damit. Die Souveränetät der Versammlung ist bereits gesichert (?), und auf das feste Fundament des 9. September wird fortgebaut werden (?). 103 Berlin, 9. Sept. Die Minister haben ihre Entlassung eingereicht, aber der Prinz von Preußen und die Camarilla denken nicht daran, dem konstitutionellen Prinzip gemäß, Mitglieder der Majorität aus der Volksvertretung zu berufen, um sie mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauftragen. Vielmehr schlägt man einen ganz neuen Weg ein. Man will das neue Ministerium nur aus Männern bilden, die nicht Mitglieder der Vereinbarerversammlung sind, damit sie in allen Fragen ungebunden dastehen und sich nach den Umständen drehen und wenden können. Zu diesem Zweck sollen Beckerath, Mewissen und Vincke von Frankfurt und Pinder von Breslau herberufen sein. Auch von Flott- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 100. Köln, Dienstag den 12. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Unseren geehrten auswärtigen Abonnenten zeigen wir hiermit an, daß die „Neue Rheinische Zeitung“ von heute ab, auf's pünktlichste nach allen Richtungen durch Posten und Eisenbahnen versandt werden wird. Sollten daher Unregelmäßigkeiten in der Absendung stattfinden, so ersuchen wir die geehrten auswärtigen Abonnenten uns durch Reklamations-Briefe hiervon in Kenntniß zu setzen, wonach wir bei den resp. Post- und Eisenbahnbehörden die geeigneten Schritte thun werden. Beschwerden, welche unsere Abonnenten der Stadt Köln zu führen haben, bitten wir rechtzeitig in der Expedition unter Hutmacher Nr. 17 zu machen. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Krisis und die Contrerevolution. — Verhaftungen). Frankfurt. (Ministerkombination). Berlin. (Die Ministerkrisis. Contrerevolutionäre Pläne. — Petition der Potsdamer Bürgerwehr. — Biedere Rede eines Offiziers) Wien. (Reichstag. — Ministerkombination. — Annahme der französisch-englischen Vermittelung. — Vorbereitungen eines Staatsstreichs). Breslau (Das Bürgerwehrgesetz). Dessau. (Das Ministerium Habicht). Altona. (Verhaftung preußischer Soldaten) Hamburg (Der Rückmarsch der Truppen fortgesetzt). Oldenburg. (Die agnatischen Rechte). Mainz. (Die preußische Soldateska). Thüringen. (Volkstag). Prag (Deutsche und Czechen. — Die industriellen Interessen Oesterreichs). Italien. (Das neapolitanische Geschwader. — Die modenesische Bürgerwehr. — Unruhen in Parma. — Preßprozeß in Florenz — Die neapolitanischen Kammern vertagt. — Die sardinischen Kammern sollen aufgelöst werden. — Angeblich der Friede zwischen Oesterreich und Karl Albert geschlossen). Mailand. (Die Cigarrenraucher). Französische Republik. Paris. (Die Klubs. — Proudhons Peuple. Vermischtes. — Wochenbericht des Polizeipräfekten. — Nationalversammlung). Schweiz. Bern. (Der Präsident der Tagsatzung und die Diplomatie). Großbritannien. London. (Viktoria in Aberdeen; Chartistenverhaftungen in Ashton) Dubl#n (Russell; O'Gorman; Frau Mitchell; Brief John O'Connells.) Ungarn. Hermannstadt. (Truppen nach Pesth. Befürchtungen). Deutschland. ** Köln, 11. Sept. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 11. Sept. Wir richten an die betreffenden Herren vom öffentlichen Ministerium folgende Interpellation: Ist es wahr, daß gestern Nachmittag die Herren Salget und Blum der Jüngere, von Köln, nachdem sie in Kassel bereits einen Arbeiterverein gestiftet hatten, in Wesselingen, wo sie ebenfalls einen solchen zu stiften beabsichtigten, Abends um 8 Uhr, noch ehe sie ein Wort öffentlich gesprochen, noch ehe die Sitzung begonnen hatte, auf Veranlassung des Hrn. Pfarrers durch den Hrn. Bürgermeister v. Geier verhaftet worden sind? Ist es wahr, daß dieser Verhaftung, die übrigens faktisch ist, nichts Anderes zu Grunde liegt, als die Denunziation des Herrn Pastors: die beiden Herren wollten (!) die Arbeiter aufhetzen? Wird das öffentliche Ministerium, wenn die Sache sich so verhält, gegen eine solche empörende Ungesetzlichkeit einschreiten oder wird es — in Erwartung des Ministeriums Radowitz und der baldigen Aufhebung des freien Associationsrechtes, dem Hrn. Geier seinen Dank votiren? !!! Frankfurt, 9. Sept. Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, daß das neue Reichsministerium wahrscheinlich folgendermaßen zusammengesetzt sein wird: Baron v. Stockmar, Präsident; Stedtmann (!), Inneres; v. Meyern, Krieg; v. Arnim, (früherer Gesandter in Paris), Aeußeres; Compes (!), Justiz; v. Hermann (München), Handel. 149 Berlin, 8. Sept. So eben hat sich hier das Gerücht verbreitet, daß das Ministerium Auerswald nicht nur zu bleiben beschlossen, sondern sogar die Absicht habe, die Nationalversammlung aufzulösen. Im Falle die Potsdamer Camarilla diesen Gewaltstreich wagt, wird die Nationalversammlung ihre Schuldigkeit thun, und an das souveräne Volk appelliren. Die Folgen dieser Maßregel sind unberechenbar, der Sieg nicht zweifelhaft. Die Minister befinden sich heut den ganzen Tag in Potsdam, weshalb die Vereinbarungsversammlung auch die heutige Sitzung bald nach Eröffnung derselben vertagt hat. Der Oberstlieutenant v. Baczenski, Kommandeur des 9. Regiments, soll heute Vormittag folgende Anrede an seine Soldaten im Kasernenhofe gehalten haben: „Soldaten! Ihr wißt was die Nationalversammlung gestern beschlossen hat. Ihr werdet daher wissen, was Eure Schuldigkeit ist. Wir gehorchen allein den Befehlen unseres allergnädigsten Königs und Herrn. Pommern! ich hoffe, daß die Tapferkeit und Treue Eurer Väter Euch zum edlen Vorbilde dienen wird.“ 40 Berlin, 9. September. Heute wurde an den Präsidenten der National-Versammlung durch den Abgeordneten Krackrügge abgegeben ein von 1565 Bürgerwehrmännern unterzeichneter sehr engerischer Protest gegen den Entwurf des Bürgerwehrgesetzes. Man verlangt ein auf freierer Basis begründetes Volksbewaffnungsrecht und will ergeblich appeliren an die Deutsche National-Versammlung, welche berufen sei, die Grundprincipien der innern und äußeren Verfassung des ganzen deutschen Volkes festzustellen. Man will durch dieses Gesetz die Souverainetät des Volks, die Revolution anerkannt sehen; man findet aber in dem Entwurf das alte gestürzte Regierungs-System wieder. Es erscheint dieser Protest deswegen bedeutsam, weil er eben aus Potsdam und von einer so großen Masse von Bürgerwehrmännern kommt. Ein Begleitschreiben von den Bürgerwehrhauptleuten Bourtzutzschki u. a. verlangt von dem Präsidenten der National-Versammlung ausdrücklich: diesen Protest nicht ohne vorangegangenen Vortrag im Plenum der Versammlung zu den Akten schreiben zu lassen. 103 Berlin, 8. Sept. Der Jubel des Volkes hatte gestern Abend einen unbeschreiblichen Ausdruck. Die ganze Bevölkerung Berlins fühlte sich gleichsam als Mitsieger des siegreich bestandenen Kampfes. Besonders schrieb sich die Bürgerwehr, durch ihre in den Adressen an die Vereinbarer-Versammlung ausgedrückte Festigkeit viel von dem glänzenden Erfolge bei. Es ist gewiß, daß einige unentschiedene Mitglieder des Centrums, wie der Abg. Dunker und Andere nur in Folge der sich mächtig aussprechenden Volksstimme für den Steinschen Antrag stimmten, denn am vergangenen Montag erklärte Dunker in meiner Gegenwart, daß er für Vertagung des Steinschen Antrags stimme, weil er ihn so, wie er gestellt ist, nicht annehmen könne und dagegen stimmen müsse, bis Donnerstag wolle er aber mit seiner Partei eine Vereinbarung versuchen. Durch die Festigkeit der Linken, streng an der Ausführung der Beschlüsse vom 9. August halten zu wollen, wurde jedoch jede Vereinbarung unmöglich. Also nur die Gewalt der öffentlichen Meinung hat die Schwankenden in der Versammlung zu Männern des Volkes gemacht und dadurch die große Majorität von 77 Stimmen erzeugt. (Es hat sich nämlich nachträglich gefunden, daß statt 152, wie gestern vom Bureau der Versammlung proklamirt wurde, nur 142 gegen den Steinschen Antrag gestimmt haben und 219 dafür.) Große Volksmassen zogen gestern Abend vor das Hotel Mylius, wo die Linke ihre Abendversammlungen hält und brachten derselben begeisterte Lebehochs; die versammelten Abgeordneten traten auf die Straße und wurden jubelnd empfangen. Das letzte donnernde Vivat galt Waldeck, den das Volk schon als Ministerpräsident begrüßen zu können glaubte. Dem Abg. Stein brachte das Sängerchor des Handwerkervereins in Begleitung vieler Tausende eine Serenade. Bis spät nach Mitternacht war das Volk unter den Linden, an der politischen Ecke versammelt. Die Zeitungsblätter, welche die Berichte der Sitzung mittheilten, wurden beim Licht der Gaslaternen gelesen und die ausgebotenen Carrikaturen auf die Minister vermehrten die allgemeine Heiterkeit. Wie sich seit gestern alles geändert, wie sich die Majorität der Minister in eine Minorität verändert hat, so scheint auch das Ministerium einen Gewaltstreich ausüben zu wollen, statt daß man bisher nur Gewaltstreiche des Volkes fürchtete. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung machte der Vicepräsident Philipps (der Präsident Grabow ist krank) die Mittheilung, daß ein Schreiben des Staatsministeriums folgenden Inhalts eingegangen sei: „daß das Staatsministerium sich in dem Falle befindet, dem Könige seine Beschlüsse, in Folge der gestrigen Verhandlungen mitzutheilen und stellt es daher anheim, da dasselbe der heutige Sitzung nicht beiwohnen kann, solche zu vertagen.“ Nach kurzer Debatte vertagt sich die Versammlung in Folge dieses Schreibens bis zur nächsten Sitzung (Montag). Es ist allgemein aufgefallen, daß die Minister nur von ihren gefaßten Beschlüssen sprachen, aber keinesfalls von ihrer Entlassung, die sie nach konstitutionellen Grundsätzen doch jedenfalls dem Könige hätten einreichen müssen. Der Gedanke findet daher immer mehr Raum, daß sich die Herren Schreckenstein und Hansemann um jeden Preis am Ruder halten wollen und einen Gewaltstreich ausüben. Viele wollen dies aus dem letzten Satz der Hansemannschen Rede entnehmen, welcher lautet: „Sie fordern Specielles, was nicht auszuführen ist. Wir thun es nicht! — Ein solches Ministerium, wie Sie es wollen, wird dann nichts sein, als ein Vollziehungsausschuß. — (Das Folgende spricht der Minister mit großem Pathos). Die Versammlung sollte darum bedenklicher sein und sich mit dem zufrieden erklären, was die Minister thun. Sie sollte ihre größte Ehre darin bestehen lassen, das Wohl des Landes zu fördern. Ich meinerseits gäbe in solchen Fällen lieber etwas nach und glaube, daß die Versammlung das Wohl des Landes damit fördert. Man hat auf Deutschland und ganz Europa hingewiesen. Die Versammlung werde die Achtung verlieren, wenn sie nachgäbe. (Mit gesteigertem Pathos.) Nein, meine Herren, Sie werden nicht die Achtung verlieren, denn sich selbst mäßigen, ist die höchste Aufgabe der gesetzmäßigen konstituirenden Versammlungen. Und diese Mäßigung sollte Ihnen zur Unehre gereichen? — Nein! Preußen wird nicht stürzen in der Achtung Europas und Deutschlands. Wollen Sie um Kleinigkeiten — denn Kleinigkeiten sind es — einen Konflikt herbeiführen? Es knüpft sich vielleicht daran Preußens Bestehen als große Macht, Berlins Bestehen als Hauptstadt eines großen Staats. Europa, Deutschland werden einen solchen Beschluß nicht für weise halten, er schwächt die Regierung und kann machen, daß Preußens Stern erbleicht.“ Da Hr. v. Schreckenstein ein großes Gelüste nach einem Bombardement der Stadt Berlin haben soll, so bezieht man die Worte Hansemanns, Berlins Bestehen sei durch die Annahme des Steinschen Antrages gefährdet auf dies Kartätschengelüste. — Die Beschlüsse des Ministeriums, welche es dem Könige heute vorlegt, können ja möglicherweise einen Aufstand und das Bombardement herbeiführen. 40 Berlin, 9. Sept. Ich theile Ihnen hierdurch mit, daß ich Ihnen nichts von Wichtigkeit mittheilen kann. Dieses ist gewiß eine wichtige Mittheilung in dieser Krisis. Sollte Ihnen aber etwa noch nicht bekannt sein, daß der König die Entlassung des ganzen Gesammt-Ministeriums angenommen, so möge Ihnen dies gesagt sein. So hat wenigstens der Ex-Minister Auerswald, Bruder des Ex-Minister-Präsidenten Auerswald, versichert. Offiziell ist darüber noch nichts. In mehreren Parteiversammlungen wurde gestern Abend versichert, daß, nach der Aussage einiger höherer Offiziere, freilich im Widerspruche mit der National-Zeitung, welche Beckerath als künftigen Minister-Präsidenten bezeichnet, der König in Charlottenburg sich entschlossen habe, den Abgeordneten, Geh. Ober-Tribunalrath Waldeck mit der Bildung des neuen Kabinets zu brauftragen. — Vor dem Hotel Mylius, in welchem die Linke ihre Versammlungen hält, erschien gestern Abend wieder eine zahllose Volksversammlung, an deren Spitze ein Sängerchor. Man brachte abermals der Linken eine Serenade. Die Abgeordneten Waldeck, Behrends, Stein, d'Ester, Krackrügge, Schulz (Wanzleben), Arnold Ruge (Deputirter aus Frankfurt), Elsner, Temme, Reichenbach, Brill und Behnsch wurden gerufen und sprachen zum Volke. — Aus den Provinzen kommt ein Sturm von Petitionen um Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August. Es ist zu spät damit. Die Souveränetät der Versammlung ist bereits gesichert (?), und auf das feste Fundament des 9. September wird fortgebaut werden (?). 103 Berlin, 9. Sept. Die Minister haben ihre Entlassung eingereicht, aber der Prinz von Preußen und die Camarilla denken nicht daran, dem konstitutionellen Prinzip gemäß, Mitglieder der Majorität aus der Volksvertretung zu berufen, um sie mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauftragen. Vielmehr schlägt man einen ganz neuen Weg ein. Man will das neue Ministerium nur aus Männern bilden, die nicht Mitglieder der Vereinbarerversammlung sind, damit sie in allen Fragen ungebunden dastehen und sich nach den Umständen drehen und wenden können. Zu diesem Zweck sollen Beckerath, Mewissen und Vincke von Frankfurt und Pinder von Breslau herberufen sein. Auch von Flott- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0501"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 100. Köln, Dienstag den 12. September. 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.</p> <p>Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. 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Befürchtungen).</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar100_001_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Krisis und die Kontrerevolution. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 691.</bibl> </note> <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln, 11. Sept.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar100_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 11. Sept.</head> <p>Wir richten an die betreffenden Herren vom öffentlichen Ministerium folgende Interpellation:</p> <p>Ist es wahr, daß gestern Nachmittag die Herren Salget und Blum der Jüngere, von Köln, nachdem sie in Kassel bereits einen Arbeiterverein gestiftet hatten, in Wesselingen, wo sie ebenfalls einen solchen zu stiften beabsichtigten, Abends um 8 Uhr, noch ehe sie ein Wort öffentlich gesprochen, noch ehe die Sitzung begonnen hatte, auf Veranlassung des Hrn. Pfarrers durch den Hrn. Bürgermeister v. Geier verhaftet worden sind?</p> <p>Ist es wahr, daß dieser Verhaftung, die übrigens faktisch ist, nichts Anderes zu Grunde liegt, als die Denunziation des Herrn Pastors: die beiden Herren wollten (!) die Arbeiter aufhetzen?</p> <p>Wird das öffentliche Ministerium, wenn die Sache sich so verhält, gegen eine solche empörende Ungesetzlichkeit einschreiten oder wird es — in Erwartung des Ministeriums Radowitz und der baldigen Aufhebung des freien Associationsrechtes, dem Hrn. Geier seinen Dank votiren?</p> </div> <div xml:id="ar100_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 9. Sept.</head> <p>Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, daß das neue Reichsministerium wahrscheinlich folgendermaßen zusammengesetzt sein wird:</p> <p>Baron v. Stockmar, Präsident;</p> <p>Stedtmann (!), Inneres;</p> <p>v. Meyern, Krieg;</p> <p>v. Arnim, (früherer Gesandter in Paris), Aeußeres;</p> <p>Compes (!), Justiz;</p> <p>v. Hermann (München), Handel.</p> </div> <div xml:id="ar100_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>149</author></bibl> Berlin, 8. Sept.</head> <p>So eben hat sich hier das Gerücht verbreitet, daß das Ministerium Auerswald nicht nur zu bleiben beschlossen, sondern sogar die Absicht habe, <hi rendition="#g">die Nationalversammlung aufzulösen</hi>. Im Falle die Potsdamer Camarilla diesen Gewaltstreich wagt, wird die Nationalversammlung ihre Schuldigkeit thun, und an das souveräne Volk appelliren. Die Folgen dieser Maßregel sind unberechenbar, der Sieg nicht zweifelhaft. Die Minister befinden sich heut den ganzen Tag in Potsdam, weshalb die Vereinbarungsversammlung auch die heutige Sitzung bald nach Eröffnung derselben vertagt hat.</p> <p>Der Oberstlieutenant v. Baczenski, Kommandeur des 9. Regiments, soll heute Vormittag folgende Anrede an seine Soldaten im Kasernenhofe gehalten haben: „Soldaten! Ihr wißt was die Nationalversammlung gestern beschlossen hat. Ihr werdet daher wissen, was Eure Schuldigkeit ist. <hi rendition="#g">Wir gehorchen allein den Befehlen unseres allergnädigsten Königs und Herrn</hi>. Pommern! ich hoffe, daß die Tapferkeit und Treue Eurer Väter Euch zum edlen Vorbilde dienen wird.“</p> </div> <div xml:id="ar100_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>40</author></bibl> Berlin, 9. September.</head> <p>Heute wurde an den Präsidenten der National-Versammlung durch den Abgeordneten Krackrügge abgegeben ein von 1565 Bürgerwehrmännern unterzeichneter sehr engerischer Protest gegen den Entwurf des Bürgerwehrgesetzes. Man verlangt ein auf freierer Basis begründetes Volksbewaffnungsrecht und will ergeblich appeliren an die Deutsche National-Versammlung, welche berufen sei, die Grundprincipien der innern und äußeren Verfassung des ganzen deutschen Volkes festzustellen. Man will durch dieses Gesetz die Souverainetät des Volks, die Revolution anerkannt sehen; man findet aber in dem Entwurf das alte gestürzte Regierungs-System wieder. Es erscheint dieser Protest deswegen bedeutsam, weil er eben aus Potsdam und von einer so großen Masse von Bürgerwehrmännern kommt.</p> <p>Ein Begleitschreiben von den Bürgerwehrhauptleuten Bourtzutzschki u. a. verlangt von dem Präsidenten der National-Versammlung ausdrücklich: diesen Protest nicht ohne vorangegangenen Vortrag im Plenum der Versammlung zu den Akten schreiben zu lassen.</p> </div> <div xml:id="ar100_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 8. Sept.</head> <p>Der Jubel des Volkes hatte gestern Abend einen unbeschreiblichen Ausdruck. Die ganze Bevölkerung Berlins fühlte sich gleichsam als Mitsieger des siegreich bestandenen Kampfes. Besonders schrieb sich die Bürgerwehr, durch ihre in den Adressen an die Vereinbarer-Versammlung ausgedrückte Festigkeit viel von dem glänzenden Erfolge bei. Es ist gewiß, daß einige unentschiedene Mitglieder des Centrums, wie der Abg. Dunker und Andere nur in Folge der sich mächtig aussprechenden Volksstimme für den Steinschen Antrag stimmten, denn am vergangenen Montag erklärte Dunker in meiner Gegenwart, daß er für Vertagung des Steinschen Antrags stimme, weil er ihn so, wie er gestellt ist, nicht annehmen könne und dagegen stimmen müsse, bis Donnerstag wolle er aber mit seiner Partei eine Vereinbarung versuchen. Durch die Festigkeit der Linken, streng an der Ausführung der Beschlüsse vom 9. August halten zu wollen, wurde jedoch jede Vereinbarung unmöglich. Also nur die Gewalt der öffentlichen Meinung hat die Schwankenden in der Versammlung zu Männern des Volkes gemacht und dadurch die große Majorität von 77 Stimmen erzeugt. (Es hat sich nämlich nachträglich gefunden, daß statt 152, wie gestern vom Bureau der Versammlung proklamirt wurde, nur 142 gegen den Steinschen Antrag gestimmt haben und 219 dafür.)</p> <p>Große Volksmassen zogen gestern Abend vor das Hotel Mylius, wo die Linke ihre Abendversammlungen hält und brachten derselben begeisterte Lebehochs; die versammelten Abgeordneten traten auf die Straße und wurden jubelnd empfangen. Das letzte donnernde Vivat galt Waldeck, den das Volk schon als Ministerpräsident begrüßen zu können glaubte.</p> <p>Dem Abg. Stein brachte das Sängerchor des Handwerkervereins in Begleitung vieler Tausende eine Serenade.</p> <p>Bis spät nach Mitternacht war das Volk unter den Linden, an der politischen Ecke versammelt. Die Zeitungsblätter, welche die Berichte der Sitzung mittheilten, wurden beim Licht der Gaslaternen gelesen und die ausgebotenen Carrikaturen auf die Minister vermehrten die allgemeine Heiterkeit.</p> <p>Wie sich seit gestern alles geändert, wie sich die Majorität der Minister in eine Minorität verändert hat, so scheint auch das Ministerium einen Gewaltstreich ausüben zu wollen, statt daß man bisher nur Gewaltstreiche des Volkes fürchtete.</p> <p>Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung machte der Vicepräsident Philipps (der Präsident Grabow ist krank) die Mittheilung, daß ein Schreiben des Staatsministeriums folgenden Inhalts eingegangen sei: „daß das Staatsministerium sich in dem Falle befindet, dem Könige seine Beschlüsse, in Folge der gestrigen Verhandlungen mitzutheilen und stellt es daher anheim, da dasselbe der heutige Sitzung nicht beiwohnen kann, solche zu vertagen.“</p> <p>Nach kurzer Debatte vertagt sich die Versammlung in Folge dieses Schreibens bis zur nächsten Sitzung (Montag).</p> <p>Es ist allgemein aufgefallen, daß die Minister nur von ihren gefaßten Beschlüssen sprachen, aber keinesfalls von ihrer Entlassung, die sie nach konstitutionellen Grundsätzen doch jedenfalls dem Könige hätten einreichen müssen. Der Gedanke findet daher immer mehr Raum, daß sich die Herren Schreckenstein und Hansemann um jeden Preis am Ruder halten wollen und einen Gewaltstreich ausüben. Viele wollen dies aus dem letzten Satz der Hansemannschen Rede entnehmen, welcher lautet:</p> <p>„Sie fordern Specielles, was nicht auszuführen ist. Wir thun es nicht! — Ein solches Ministerium, wie Sie es wollen, wird dann nichts sein, als ein Vollziehungsausschuß. — (Das Folgende spricht der Minister mit großem Pathos). Die Versammlung sollte darum bedenklicher sein und sich mit dem zufrieden erklären, was die Minister thun. Sie sollte ihre größte Ehre darin bestehen lassen, das Wohl des Landes zu fördern. Ich meinerseits gäbe in solchen Fällen lieber etwas nach und glaube, daß die Versammlung das Wohl des Landes damit fördert. Man hat auf Deutschland und ganz Europa hingewiesen. Die Versammlung werde die Achtung verlieren, wenn sie nachgäbe. (Mit gesteigertem Pathos.) Nein, meine Herren, Sie werden nicht die Achtung verlieren, denn sich selbst mäßigen, ist die höchste Aufgabe der gesetzmäßigen konstituirenden Versammlungen. Und diese Mäßigung sollte Ihnen zur Unehre gereichen? — Nein! Preußen wird nicht stürzen in der Achtung Europas und Deutschlands. Wollen Sie um Kleinigkeiten — denn Kleinigkeiten sind es — einen Konflikt herbeiführen? Es knüpft sich vielleicht daran Preußens Bestehen als große Macht, Berlins Bestehen als Hauptstadt eines großen Staats. Europa, Deutschland werden einen solchen Beschluß nicht für weise halten, er schwächt die Regierung und kann machen, daß Preußens Stern erbleicht.“</p> <p>Da Hr. v. Schreckenstein ein großes Gelüste nach einem Bombardement der Stadt Berlin haben soll, so bezieht man die Worte Hansemanns, Berlins Bestehen sei durch die Annahme des Steinschen Antrages gefährdet auf dies Kartätschengelüste. — Die Beschlüsse des Ministeriums, welche es dem Könige heute vorlegt, können ja möglicherweise einen Aufstand und das Bombardement herbeiführen.</p> </div> <div xml:id="ar100_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>40</author></bibl> Berlin, 9. Sept.</head> <p>Ich theile Ihnen hierdurch mit, daß ich Ihnen nichts von Wichtigkeit mittheilen kann. Dieses ist gewiß eine wichtige Mittheilung in dieser Krisis. Sollte Ihnen aber etwa noch nicht bekannt sein, daß der König die Entlassung des ganzen Gesammt-Ministeriums angenommen, so möge Ihnen dies gesagt sein. So hat wenigstens der Ex-Minister Auerswald, Bruder des Ex-Minister-Präsidenten Auerswald, versichert. Offiziell ist darüber noch nichts. In mehreren Parteiversammlungen wurde gestern Abend versichert, daß, nach der Aussage einiger höherer Offiziere, freilich im Widerspruche mit der National-Zeitung, welche Beckerath als künftigen Minister-Präsidenten bezeichnet, der König in Charlottenburg sich entschlossen habe, den Abgeordneten, Geh. Ober-Tribunalrath <hi rendition="#g">Waldeck</hi> mit der Bildung des neuen Kabinets zu brauftragen. — Vor dem Hotel Mylius, in welchem die Linke ihre Versammlungen hält, erschien gestern Abend wieder eine zahllose Volksversammlung, an deren Spitze ein Sängerchor. Man brachte abermals der Linken eine Serenade. Die Abgeordneten Waldeck, Behrends, Stein, d'Ester, Krackrügge, Schulz (Wanzleben), Arnold Ruge (Deputirter aus Frankfurt), Elsner, Temme, Reichenbach, Brill und Behnsch wurden gerufen und sprachen zum Volke. — Aus den Provinzen kommt ein Sturm von Petitionen um Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August. Es ist zu spät damit. Die Souveränetät der Versammlung ist bereits gesichert (?), und auf das feste Fundament des 9. September wird fortgebaut werden (?).</p> </div> <div xml:id="ar100_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 9. Sept.</head> <p>Die Minister haben ihre Entlassung eingereicht, aber der Prinz von Preußen und die Camarilla denken nicht daran, dem konstitutionellen Prinzip gemäß, Mitglieder der Majorität aus der Volksvertretung zu berufen, um sie mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauftragen. Vielmehr schlägt man einen ganz neuen Weg ein. Man will das neue Ministerium nur aus Männern bilden, die nicht Mitglieder der Vereinbarerversammlung sind, damit sie in allen Fragen ungebunden dastehen und sich nach den Umständen drehen und wenden können. Zu diesem Zweck sollen Beckerath, Mewissen und Vincke von Frankfurt und Pinder von Breslau herberufen sein. Auch von Flott- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 100. Köln, Dienstag den 12. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
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Beschwerden, welche unsere Abonnenten der Stadt Köln zu führen haben, bitten wir rechtzeitig in der Expedition unter Hutmacher Nr. 17 zu machen.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Krisis und die Contrerevolution. — Verhaftungen). Frankfurt. (Ministerkombination). Berlin. (Die Ministerkrisis. Contrerevolutionäre Pläne. — Petition der Potsdamer Bürgerwehr. — Biedere Rede eines Offiziers) Wien. (Reichstag. — Ministerkombination. — Annahme der französisch-englischen Vermittelung. — Vorbereitungen eines Staatsstreichs). Breslau (Das Bürgerwehrgesetz). Dessau. (Das Ministerium Habicht). Altona. (Verhaftung preußischer Soldaten) Hamburg (Der Rückmarsch der Truppen fortgesetzt). Oldenburg. (Die agnatischen Rechte). Mainz. (Die preußische Soldateska). Thüringen. (Volkstag). Prag (Deutsche und Czechen. — Die industriellen Interessen Oesterreichs).
Italien. (Das neapolitanische Geschwader. — Die modenesische Bürgerwehr. — Unruhen in Parma. — Preßprozeß in Florenz — Die neapolitanischen Kammern vertagt. — Die sardinischen Kammern sollen aufgelöst werden. — Angeblich der Friede zwischen Oesterreich und Karl Albert geschlossen). Mailand. (Die Cigarrenraucher).
Französische Republik. Paris. (Die Klubs. — Proudhons Peuple. Vermischtes. — Wochenbericht des Polizeipräfekten. — Nationalversammlung).
Schweiz. Bern. (Der Präsident der Tagsatzung und die Diplomatie).
Großbritannien. London. (Viktoria in Aberdeen; Chartistenverhaftungen in Ashton) Dubl#n (Russell; O'Gorman; Frau Mitchell; Brief John O'Connells.)
Ungarn. Hermannstadt. (Truppen nach Pesth. Befürchtungen).
Deutschland. ** Köln, 11. Sept. _ * Köln, 11. Sept. Wir richten an die betreffenden Herren vom öffentlichen Ministerium folgende Interpellation:
Ist es wahr, daß gestern Nachmittag die Herren Salget und Blum der Jüngere, von Köln, nachdem sie in Kassel bereits einen Arbeiterverein gestiftet hatten, in Wesselingen, wo sie ebenfalls einen solchen zu stiften beabsichtigten, Abends um 8 Uhr, noch ehe sie ein Wort öffentlich gesprochen, noch ehe die Sitzung begonnen hatte, auf Veranlassung des Hrn. Pfarrers durch den Hrn. Bürgermeister v. Geier verhaftet worden sind?
Ist es wahr, daß dieser Verhaftung, die übrigens faktisch ist, nichts Anderes zu Grunde liegt, als die Denunziation des Herrn Pastors: die beiden Herren wollten (!) die Arbeiter aufhetzen?
Wird das öffentliche Ministerium, wenn die Sache sich so verhält, gegen eine solche empörende Ungesetzlichkeit einschreiten oder wird es — in Erwartung des Ministeriums Radowitz und der baldigen Aufhebung des freien Associationsrechtes, dem Hrn. Geier seinen Dank votiren?
!!! Frankfurt, 9. Sept. Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, daß das neue Reichsministerium wahrscheinlich folgendermaßen zusammengesetzt sein wird:
Baron v. Stockmar, Präsident;
Stedtmann (!), Inneres;
v. Meyern, Krieg;
v. Arnim, (früherer Gesandter in Paris), Aeußeres;
Compes (!), Justiz;
v. Hermann (München), Handel.
149 Berlin, 8. Sept. So eben hat sich hier das Gerücht verbreitet, daß das Ministerium Auerswald nicht nur zu bleiben beschlossen, sondern sogar die Absicht habe, die Nationalversammlung aufzulösen. Im Falle die Potsdamer Camarilla diesen Gewaltstreich wagt, wird die Nationalversammlung ihre Schuldigkeit thun, und an das souveräne Volk appelliren. Die Folgen dieser Maßregel sind unberechenbar, der Sieg nicht zweifelhaft. Die Minister befinden sich heut den ganzen Tag in Potsdam, weshalb die Vereinbarungsversammlung auch die heutige Sitzung bald nach Eröffnung derselben vertagt hat.
Der Oberstlieutenant v. Baczenski, Kommandeur des 9. Regiments, soll heute Vormittag folgende Anrede an seine Soldaten im Kasernenhofe gehalten haben: „Soldaten! Ihr wißt was die Nationalversammlung gestern beschlossen hat. Ihr werdet daher wissen, was Eure Schuldigkeit ist. Wir gehorchen allein den Befehlen unseres allergnädigsten Königs und Herrn. Pommern! ich hoffe, daß die Tapferkeit und Treue Eurer Väter Euch zum edlen Vorbilde dienen wird.“
40 Berlin, 9. September. Heute wurde an den Präsidenten der National-Versammlung durch den Abgeordneten Krackrügge abgegeben ein von 1565 Bürgerwehrmännern unterzeichneter sehr engerischer Protest gegen den Entwurf des Bürgerwehrgesetzes. Man verlangt ein auf freierer Basis begründetes Volksbewaffnungsrecht und will ergeblich appeliren an die Deutsche National-Versammlung, welche berufen sei, die Grundprincipien der innern und äußeren Verfassung des ganzen deutschen Volkes festzustellen. Man will durch dieses Gesetz die Souverainetät des Volks, die Revolution anerkannt sehen; man findet aber in dem Entwurf das alte gestürzte Regierungs-System wieder. Es erscheint dieser Protest deswegen bedeutsam, weil er eben aus Potsdam und von einer so großen Masse von Bürgerwehrmännern kommt.
Ein Begleitschreiben von den Bürgerwehrhauptleuten Bourtzutzschki u. a. verlangt von dem Präsidenten der National-Versammlung ausdrücklich: diesen Protest nicht ohne vorangegangenen Vortrag im Plenum der Versammlung zu den Akten schreiben zu lassen.
103 Berlin, 8. Sept. Der Jubel des Volkes hatte gestern Abend einen unbeschreiblichen Ausdruck. Die ganze Bevölkerung Berlins fühlte sich gleichsam als Mitsieger des siegreich bestandenen Kampfes. Besonders schrieb sich die Bürgerwehr, durch ihre in den Adressen an die Vereinbarer-Versammlung ausgedrückte Festigkeit viel von dem glänzenden Erfolge bei. Es ist gewiß, daß einige unentschiedene Mitglieder des Centrums, wie der Abg. Dunker und Andere nur in Folge der sich mächtig aussprechenden Volksstimme für den Steinschen Antrag stimmten, denn am vergangenen Montag erklärte Dunker in meiner Gegenwart, daß er für Vertagung des Steinschen Antrags stimme, weil er ihn so, wie er gestellt ist, nicht annehmen könne und dagegen stimmen müsse, bis Donnerstag wolle er aber mit seiner Partei eine Vereinbarung versuchen. Durch die Festigkeit der Linken, streng an der Ausführung der Beschlüsse vom 9. August halten zu wollen, wurde jedoch jede Vereinbarung unmöglich. Also nur die Gewalt der öffentlichen Meinung hat die Schwankenden in der Versammlung zu Männern des Volkes gemacht und dadurch die große Majorität von 77 Stimmen erzeugt. (Es hat sich nämlich nachträglich gefunden, daß statt 152, wie gestern vom Bureau der Versammlung proklamirt wurde, nur 142 gegen den Steinschen Antrag gestimmt haben und 219 dafür.)
Große Volksmassen zogen gestern Abend vor das Hotel Mylius, wo die Linke ihre Abendversammlungen hält und brachten derselben begeisterte Lebehochs; die versammelten Abgeordneten traten auf die Straße und wurden jubelnd empfangen. Das letzte donnernde Vivat galt Waldeck, den das Volk schon als Ministerpräsident begrüßen zu können glaubte.
Dem Abg. Stein brachte das Sängerchor des Handwerkervereins in Begleitung vieler Tausende eine Serenade.
Bis spät nach Mitternacht war das Volk unter den Linden, an der politischen Ecke versammelt. Die Zeitungsblätter, welche die Berichte der Sitzung mittheilten, wurden beim Licht der Gaslaternen gelesen und die ausgebotenen Carrikaturen auf die Minister vermehrten die allgemeine Heiterkeit.
Wie sich seit gestern alles geändert, wie sich die Majorität der Minister in eine Minorität verändert hat, so scheint auch das Ministerium einen Gewaltstreich ausüben zu wollen, statt daß man bisher nur Gewaltstreiche des Volkes fürchtete.
Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung machte der Vicepräsident Philipps (der Präsident Grabow ist krank) die Mittheilung, daß ein Schreiben des Staatsministeriums folgenden Inhalts eingegangen sei: „daß das Staatsministerium sich in dem Falle befindet, dem Könige seine Beschlüsse, in Folge der gestrigen Verhandlungen mitzutheilen und stellt es daher anheim, da dasselbe der heutige Sitzung nicht beiwohnen kann, solche zu vertagen.“
Nach kurzer Debatte vertagt sich die Versammlung in Folge dieses Schreibens bis zur nächsten Sitzung (Montag).
Es ist allgemein aufgefallen, daß die Minister nur von ihren gefaßten Beschlüssen sprachen, aber keinesfalls von ihrer Entlassung, die sie nach konstitutionellen Grundsätzen doch jedenfalls dem Könige hätten einreichen müssen. Der Gedanke findet daher immer mehr Raum, daß sich die Herren Schreckenstein und Hansemann um jeden Preis am Ruder halten wollen und einen Gewaltstreich ausüben. Viele wollen dies aus dem letzten Satz der Hansemannschen Rede entnehmen, welcher lautet:
„Sie fordern Specielles, was nicht auszuführen ist. Wir thun es nicht! — Ein solches Ministerium, wie Sie es wollen, wird dann nichts sein, als ein Vollziehungsausschuß. — (Das Folgende spricht der Minister mit großem Pathos). Die Versammlung sollte darum bedenklicher sein und sich mit dem zufrieden erklären, was die Minister thun. Sie sollte ihre größte Ehre darin bestehen lassen, das Wohl des Landes zu fördern. Ich meinerseits gäbe in solchen Fällen lieber etwas nach und glaube, daß die Versammlung das Wohl des Landes damit fördert. Man hat auf Deutschland und ganz Europa hingewiesen. Die Versammlung werde die Achtung verlieren, wenn sie nachgäbe. (Mit gesteigertem Pathos.) Nein, meine Herren, Sie werden nicht die Achtung verlieren, denn sich selbst mäßigen, ist die höchste Aufgabe der gesetzmäßigen konstituirenden Versammlungen. Und diese Mäßigung sollte Ihnen zur Unehre gereichen? — Nein! Preußen wird nicht stürzen in der Achtung Europas und Deutschlands. Wollen Sie um Kleinigkeiten — denn Kleinigkeiten sind es — einen Konflikt herbeiführen? Es knüpft sich vielleicht daran Preußens Bestehen als große Macht, Berlins Bestehen als Hauptstadt eines großen Staats. Europa, Deutschland werden einen solchen Beschluß nicht für weise halten, er schwächt die Regierung und kann machen, daß Preußens Stern erbleicht.“
Da Hr. v. Schreckenstein ein großes Gelüste nach einem Bombardement der Stadt Berlin haben soll, so bezieht man die Worte Hansemanns, Berlins Bestehen sei durch die Annahme des Steinschen Antrages gefährdet auf dies Kartätschengelüste. — Die Beschlüsse des Ministeriums, welche es dem Könige heute vorlegt, können ja möglicherweise einen Aufstand und das Bombardement herbeiführen.
40 Berlin, 9. Sept. Ich theile Ihnen hierdurch mit, daß ich Ihnen nichts von Wichtigkeit mittheilen kann. Dieses ist gewiß eine wichtige Mittheilung in dieser Krisis. Sollte Ihnen aber etwa noch nicht bekannt sein, daß der König die Entlassung des ganzen Gesammt-Ministeriums angenommen, so möge Ihnen dies gesagt sein. So hat wenigstens der Ex-Minister Auerswald, Bruder des Ex-Minister-Präsidenten Auerswald, versichert. Offiziell ist darüber noch nichts. In mehreren Parteiversammlungen wurde gestern Abend versichert, daß, nach der Aussage einiger höherer Offiziere, freilich im Widerspruche mit der National-Zeitung, welche Beckerath als künftigen Minister-Präsidenten bezeichnet, der König in Charlottenburg sich entschlossen habe, den Abgeordneten, Geh. Ober-Tribunalrath Waldeck mit der Bildung des neuen Kabinets zu brauftragen. — Vor dem Hotel Mylius, in welchem die Linke ihre Versammlungen hält, erschien gestern Abend wieder eine zahllose Volksversammlung, an deren Spitze ein Sängerchor. Man brachte abermals der Linken eine Serenade. Die Abgeordneten Waldeck, Behrends, Stein, d'Ester, Krackrügge, Schulz (Wanzleben), Arnold Ruge (Deputirter aus Frankfurt), Elsner, Temme, Reichenbach, Brill und Behnsch wurden gerufen und sprachen zum Volke. — Aus den Provinzen kommt ein Sturm von Petitionen um Aufrechthaltung des Beschlusses vom 9. August. Es ist zu spät damit. Die Souveränetät der Versammlung ist bereits gesichert (?), und auf das feste Fundament des 9. September wird fortgebaut werden (?).
103 Berlin, 9. Sept. Die Minister haben ihre Entlassung eingereicht, aber der Prinz von Preußen und die Camarilla denken nicht daran, dem konstitutionellen Prinzip gemäß, Mitglieder der Majorität aus der Volksvertretung zu berufen, um sie mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauftragen. Vielmehr schlägt man einen ganz neuen Weg ein. Man will das neue Ministerium nur aus Männern bilden, die nicht Mitglieder der Vereinbarerversammlung sind, damit sie in allen Fragen ungebunden dastehen und sich nach den Umständen drehen und wenden können. Zu diesem Zweck sollen Beckerath, Mewissen und Vincke von Frankfurt und Pinder von Breslau herberufen sein. Auch von Flott-
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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