Neue Rheinische Zeitung. Nr. 109. Köln, 22. September 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 109. Köln, Freitag den 22. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren I. I. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr. 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht Deutschland Köln. (Neuestes aus Berlin. - Armeebefehl Wrangels. - Das Ministerium der Contre-Revolution. - Die Truppen in Potsdam marschfertig. - "Faedrelandet" über den Waffenstillstand. - Demolirung des Adam'schen Hauses in Koblenz. - Volksversammlung). Düsseldorf. (Anklage-Akt gegen Freiligrath). Elberfeld. (v. d. Heydt nach Berlin) Berlin. (Beckerath gescheitert. - Vereinbarungssitzung - Soldaten-Exzesse). Breslau. (Soldaten-Exzesse). Wien. (Radetzky's Schaaren. - Das schwarz-gelbe Komplott. - Ungarn und Kroaten. - Reichstag. - Wandernde Demokraten). Frankfurt. (Amtliches. - Schilderung des Kamfes - National-Versammlung). Rendsburg. (Das Grundgesetz publizirt). Ungarn. Pesth. (Kriegsrüstungen). Agram. (Vom Kriegsschauplatz). Italien. (Lazzarenische Unruhen in Neapel. - Die Erhebung der Sizilianer. - Das Parlament in Palermo. - Anleihe. - Karl Albert in Turin. - Proklamation an die Nationalgarden. - Der Waffenstillstand. - Der Oesterreichische Kommandant in Monza). Franz. Republik. Paris. (Journalschau. - Die Legitimisten im Süden. - Die Wahlen. - Aus Italien. - National-Versammlung). Großbritannien. London. (James Roß und Sir I. Franklin). Dublin. (Der Aufstand unterdrückt). Deutschland. * Köln, 21. Sept. Wir erhalten folgendes Extrablatt der Berliner Zeitungshalle. Sind die darin enthaltenen Nachrichten begründet, so dürfen wir uns auf einen blutigen Zusammenstoß und auf eine entscheidende Schlacht gefaßt machen. Wir geben zuerst den Armee-Befehl des General Wrangel, der in der folgenden Nachricht citirt wird und der folgendermaßen lautet: "Armee-Befehl. Potsdam, den 17. Sept. 1848. Seine Majestät der König haben mir einen neuen Beweis Seiner Gnade und Seines Vertrauens gegeben, indem Sie mir mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 15. d. M. den Oberbefehl über die sämmtlichen in den Marken stehenden Truppen ertheilt haben. Meine Aufgabe ist, die öffentliche Ruhe in diesen Landen, da, wo sie gestört wird, wieder herzustellen, wenn die Kräfte der guten Bürger hierzu nicht ausreichen. Die Aufgabe ist schwer und mit großer Verantwortung verknüpft, das verkenne ich nicht, aber sie wird ausgeführt werden; dafür bürgen mir das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Soldaten und seinem Offizier, seinem Führer, durch welches sich die preußische Armee, so lange sie besteht, immer rühmlichst ausgezeichnet hat, sowie die Liebe und die treue Hingebung für den König, von der wir Alle gleich erfüllt sind. Ich gebe mich indeß der bestimmten Hoffnung hin, daß ich keine Veranlassung erhalten werde, mit der militärischen Macht einzuschreiten, denn auch mein Vertrauen zu den Bürgern, daß sie ebenfalls nur das Gute wollen, steht fest; es ist ja ihr eigener Heerd, den sie und ich beschützen sollen. Es sind jedoch im Lande auch Elemente vorhanden, welche zur Ungesetzlichkeit verführen wollen, sie sind zwar nur gering, aber desto kräftiger treten sie hervor, während die guten Elemente sich zurückhalten. Diesen letztern will ich fortan zunächst eine moralische Stütze sein, um ihnen die Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu erleichtern, ohne die keine gesetzliche Freiheit möglich ist. In Potsdam habe ich schon die erfreulichsten Beweise erhalten, wie dessen Bewohner mit der ganzen Bürgerwehr sich zu diesem Zweck gern um mich schaaren. Dies war mir um so erfreulicher und um so werthvoller, als es schon am ersten Tage meiner Uebernahme des Oberbefehls in den Marken geschah; es erfüllt mich deshalb mit Hoffnung und Vertrauen für die Zukunft. - Soldaten! laßt Euch nicht irre leiten von den Reden und Proklamationen, welche von Euch unbekannten Leuten an Euch gerichtet werden; hört nicht darauf, wenn sie auch noch so schmeichelhaft für Euch klingen und sie Eure Zukunft mit herrlichen Worten ausmalen, sobald Ihr die Euch gegebenen Rathschläge befolgt. Zu den Versammlungen, wo dergleichen Reden an Euch gehalten werden sollen, geht lieber gar nicht hin; hört dagegen auf meine Stimme, die Stimme Eures Generals, sie ist wohlgemeint! Haltet fest an Euren Offizieren, wie diese an Euch; zwischen beiden darf sich kein fremdes Element einschleichen. Habt Ihr gerechte Wünsche, so tragt sie Euren Offizieren in der gesetzlichen Weise vor, von Niemand wird Euch sicherer geholfen werden, als von diesen, denn Niemand kennt Eure Bedürfnisse besser als sie, und Niemand ist mehr von dem Wunsche beseelt, Euch mit Rath und That beizustehen. - Als Beweis, in welchem Grade ich nicht nur für Euer Wohl als Soldat, sondern auch für Euer häusliches Wohl zu sorgen bereit bin, bestimme ich hiermit, daß die durch Einziehung von Reserven auf die Kriegsstärke gesetzten Infanterie-Bataillone sofort auf 900 Mann vermindert werden, und binnen Kurzem hoffe ich eine abermalige Verminderung derselben bis auf 800 Mann eintreten lassen zu können. Zu der ersten Entlassung sind zunächst alle Reklamirten und dann Diejenigen aus den ältesten Reserven zu bestimmen, deren häusliche Anwesenheit dringend nothwendig ist; nach deren Berücksichtigung hat das unparteiische Loos unter den ältesten Reserven zu entscheiden. Zum Schluß rufe ich Euch zu, Offiziere und Soldaten! haltet fest in Eurem gegenseitigen Vertrauen und an Euren theuren König! Er lebe dreimal hoch! Der Oberbefehlshaber in den Marken. (Gez.) v. Wrangel. Die Nachricht selbst lautet wie folgt: Potsdam, 19. September, Nachmittags 2 Uhr. Das hiesige Militär, Kavallerie, Artillerie und Infanterie hat in einem Extra-Appell, 1 Uhr Mittags, die strengste Ordre erhalten, sich marschfertig zu machen. Die Soldaten selbst glauben nicht anders, als daß es nach Berlin gehen soll, vielleicht heut Abend, oder morgen früh. Denn kein Soldat darf seine Wohnung verlassen; Jeder ist angewiesen, den Befehl geheim zu halten. Fleisch und Reis ist den Leuten geliefert. - Die Offiziere fühlen sich sichtlich stark. - Stehen wir auf einem Krater? Dieses kurze Schreiben erhalten wir so eben (6 1/2 Uhr) aus Potsdam. Der Verfasser hat sich uns genannt und erklärt, daß er für die Nachricht bürge. Wir dürfen dieselbe dem Publikum nicht vorenthalten, um so weniger nach dem heutigen Wrangel'schen Armeebefehl, und nachdem wir jetzt als gewiß erfahren, daß folgende Ministerkombination zu Stande gekommen sei: Pfuel, (von Höllenstein) Premier, also vollständig reaktionär. ** Köln, 21. Septbr. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 21. Sept. Am gestrigen Abend fand auf den Aufruf des Sicherheitsausschusses, des demokratischen und des Arbeitervereins eine Volksversammlung im Eiser'schen Saale statt, in welcher eine Proklamation beschlossen wurde, dahin lautend: 1. die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung, mit Ausnahme derjenigen, welche sich dem Volk bereit erklärt haben auszutreten, sind Volksverräther; 2. die Frankfurter Barrikadenkämpfer haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht. Diese Proklamation wird durch Maueranschläge und weiterhin durch die Presse möglichst verbreitet werden. * Köln, 20. Sept. Reisende erzählen, daß in Koblenz das Haus des Abg. Adams, welcher sich an dem volksverrätherischen Beschluß über Annahme des Waffenstillstands betheiligte, vom Volke demolirt worden sei. 15 Düsseldorf. Am 16. d. M. haben die Herren Appellations-Gerichtsräthe Krey (Präsident), v. Gerolt, v. Fuchsius, v. Drüffel und Hermes zu Köln auf Antrag des Herrn Prokurators Ackermann den Dichter F. Freiligrath an den hierselbst am künftigen Montag zusammentretenden Assisenhof verwiesen. Der Anklageakt schließt folgendermaßen: "Demnach wird F. Freiligrath angeklagt, im August d. J. durch das Vortragen des von ihm verfaßten Gedichtes "die Todten an die Lebenden" in einer öffentlichen Versammlung zu Düsseldorf, so wie auch durch den Druck desselben die Bürger direkt aufgereizt zu haben, sich gegen die landesherrliche Macht zu bewaffnen, auch die bestehende Staatsverfassung umzustürzen. Verbrechen gegen Art. 102 und 87 des Str. G. B." Der Art. 102 droht mit dem Tode, wenn die Aufregung Erfolg, und mit Verbannung, wenn sie keinen Erfolg gehabt hat. In dem Anklageakte wider Wulff heißt es ausdrücklich, daß die von ihm verursachte Aufreizung keinen Erfolg gehabt habe. Es ist also Absicht, daß in dem Anklageakte wider Freiligrath gar nichts davon erwähnt ist. Am 3. Oktober wird die Sache contra Freiligrath, am 4. die contra Wulff verhandelt werden. Von den Konstellationen am politischen Himmel wird es abhangen, ob man der angeblichen Aufreizung Freiligrath's Erfolg beimessen wird oder nicht. 106 Elberfeld, 20. Sept. Gestern Abend ist August v. d. Heydt nach Berlin berufen und heute schon dorthin abgereist. Also mit einem solchen abgestandenen Vereinigten Landtagsritter will sich Beckerath rekrutiren? In der ersten Volksversammlung, die hier stattfand, sagte dieser Ex-Abgeordnete wörtlich: "Dieser Mensch, (der König nämlich) hat uns immer getäuscht, er verdient kein Vertrauen, wir müssen jetzt Garantien haben." Und in der letzten Philisterversammlung sagte derselbige Ex-Abgeordnete: "die Nationalversammlung hat am 7. d. M. die heiligen Rechte der Krone verkannt und müsse sofort aufgelöst werden." Der Ex-Abgeordnete und hoffnungsvolle Ministerkandidat wird nun wohl in Berlin die Versammlung sofort auflösen, um somehr, als er es in Elberfeld so trefflich verstanden hat, anarchische Bestrebungen niederzuhalten und zwei Katzenmusiken vermittelst der Polizei zu widerstehen. 103 Berlin, 19. Sept. Unsere Ministerkrisis, die man heute beendigt glaubte, fängt wieder von Neuem an. Schon gestern Nachmittag verbreitete sich das Gerücht, Beckerath hätte den erhaltenen Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums in die Hände des Königs zurückgegeben, welches heute von allen Seiten bestätigt wird. Man erzählt, daß Hr. Beckerath dem Könige ein ganz liberales Programm vorgelegt hatte, ein Programm, welches sich der Unterstützung der Centren zu erfreuen gehabt und aus deren Mitte er wohl Einen oder Mehrere ins Ministerium gezogen hätte. Er verlangte vor Allem die Genehmigung des Königs zu den Beschlüssen der Vereinbarerversammlung, namentlich für die bereits angenommenen: Gesetz über Abschaffung der Todesstrafe, Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und für den Steinschen Antrag vom 7. September. Der König soll aber beharrlich seine Zustimmung für diese Gesetze und Beschlüsse der Vereinbarer verweigern und deshalb mußte Beckerath auf die Bildung des neuen Ministeriums verzichten. Er beabsichtigte schon gestern Abend wieder abzureisen, soll aber auf dringendes Ersuchen des Königs noch einige Tage hier bleiben. Die Umgebung des Königs soll einen sehr großen Einfluß auf seine Beschlüsse haben und ihn zu Gewaltmaßregeln anspornen. Der heute bekannt gewordene Armeebefehl des General Wrangel, der zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen zwischen Oder und Elbe ernannt ist, hat einen schlechten Eindruck in der ganzen Stadt hervorgebracht. Man sieht darin gerade das Gegentheil von dem, was der Steinsche Antrag bezwecken sollte und glaubt, daß Radowitz und die Kamarilla ihre Hände dabei im Spiele haben. Es ist nicht mehr möglich, in dieser Verwirrung klar zu sehen. An der Börse fängt die Bourgeoisie an, sehr ängstlich zu werden. Die Reichen zittern schon vor der in Aussicht stehenden Einschließung Berlins, im Falle die Vereinbarerversammlung aufgelöst würde, was diese Leute jetzt als gewiß voraussetzen. So nähern wir uns von allen Seiten der Entscheidung. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 109. Köln, Freitag den 22. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren I. I. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr. 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht Deutschland Köln. (Neuestes aus Berlin. ‒ Armeebefehl Wrangels. ‒ Das Ministerium der Contre-Revolution. ‒ Die Truppen in Potsdam marschfertig. ‒ „Faedrelandet“ über den Waffenstillstand. ‒ Demolirung des Adam'schen Hauses in Koblenz. ‒ Volksversammlung). Düsseldorf. (Anklage-Akt gegen Freiligrath). Elberfeld. (v. d. Heydt nach Berlin) Berlin. 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Sind die darin enthaltenen Nachrichten begründet, so dürfen wir uns auf einen blutigen Zusammenstoß und auf eine entscheidende Schlacht gefaßt machen. Wir geben zuerst den Armee-Befehl des General Wrangel, der in der folgenden Nachricht citirt wird und der folgendermaßen lautet: „Armee-Befehl. Potsdam, den 17. Sept. 1848. Seine Majestät der König haben mir einen neuen Beweis Seiner Gnade und Seines Vertrauens gegeben, indem Sie mir mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 15. d. M. den Oberbefehl über die sämmtlichen in den Marken stehenden Truppen ertheilt haben. Meine Aufgabe ist, die öffentliche Ruhe in diesen Landen, da, wo sie gestört wird, wieder herzustellen, wenn die Kräfte der guten Bürger hierzu nicht ausreichen. Die Aufgabe ist schwer und mit großer Verantwortung verknüpft, das verkenne ich nicht, aber sie wird ausgeführt werden; dafür bürgen mir das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Soldaten und seinem Offizier, seinem Führer, durch welches sich die preußische Armee, so lange sie besteht, immer rühmlichst ausgezeichnet hat, sowie die Liebe und die treue Hingebung für den König, von der wir Alle gleich erfüllt sind. Ich gebe mich indeß der bestimmten Hoffnung hin, daß ich keine Veranlassung erhalten werde, mit der militärischen Macht einzuschreiten, denn auch mein Vertrauen zu den Bürgern, daß sie ebenfalls nur das Gute wollen, steht fest; es ist ja ihr eigener Heerd, den sie und ich beschützen sollen. Es sind jedoch im Lande auch Elemente vorhanden, welche zur Ungesetzlichkeit verführen wollen, sie sind zwar nur gering, aber desto kräftiger treten sie hervor, während die guten Elemente sich zurückhalten. Diesen letztern will ich fortan zunächst eine moralische Stütze sein, um ihnen die Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu erleichtern, ohne die keine gesetzliche Freiheit möglich ist. In Potsdam habe ich schon die erfreulichsten Beweise erhalten, wie dessen Bewohner mit der ganzen Bürgerwehr sich zu diesem Zweck gern um mich schaaren. Dies war mir um so erfreulicher und um so werthvoller, als es schon am ersten Tage meiner Uebernahme des Oberbefehls in den Marken geschah; es erfüllt mich deshalb mit Hoffnung und Vertrauen für die Zukunft. ‒ Soldaten! laßt Euch nicht irre leiten von den Reden und Proklamationen, welche von Euch unbekannten Leuten an Euch gerichtet werden; hört nicht darauf, wenn sie auch noch so schmeichelhaft für Euch klingen und sie Eure Zukunft mit herrlichen Worten ausmalen, sobald Ihr die Euch gegebenen Rathschläge befolgt. 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Fleisch und Reis ist den Leuten geliefert. ‒ Die Offiziere fühlen sich sichtlich stark. ‒ Stehen wir auf einem Krater? Dieses kurze Schreiben erhalten wir so eben (6 1/2 Uhr) aus Potsdam. Der Verfasser hat sich uns genannt und erklärt, daß er für die Nachricht bürge. Wir dürfen dieselbe dem Publikum nicht vorenthalten, um so weniger nach dem heutigen Wrangel'schen Armeebefehl, und nachdem wir jetzt als gewiß erfahren, daß folgende Ministerkombination zu Stande gekommen sei: Pfuel, (von Höllenstein) Premier, also vollständig reaktionär. ** Köln, 21. Septbr. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 21. Sept. Am gestrigen Abend fand auf den Aufruf des Sicherheitsausschusses, des demokratischen und des Arbeitervereins eine Volksversammlung im Eiser'schen Saale statt, in welcher eine Proklamation beschlossen wurde, dahin lautend: 1. die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung, mit Ausnahme derjenigen, welche sich dem Volk bereit erklärt haben auszutreten, sind Volksverräther; 2. die Frankfurter Barrikadenkämpfer haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht. Diese Proklamation wird durch Maueranschläge und weiterhin durch die Presse möglichst verbreitet werden. * Köln, 20. Sept. Reisende erzählen, daß in Koblenz das Haus des Abg. Adams, welcher sich an dem volksverrätherischen Beschluß über Annahme des Waffenstillstands betheiligte, vom Volke demolirt worden sei. 15 Düsseldorf. Am 16. d. M. haben die Herren Appellations-Gerichtsräthe Krey (Präsident), v. Gerolt, v. Fuchsius, v. Drüffel und Hermes zu Köln auf Antrag des Herrn Prokurators Ackermann den Dichter F. Freiligrath an den hierselbst am künftigen Montag zusammentretenden Assisenhof verwiesen. Der Anklageakt schließt folgendermaßen: „Demnach wird F. Freiligrath angeklagt, im August d. J. durch das Vortragen des von ihm verfaßten Gedichtes „die Todten an die Lebenden“ in einer öffentlichen Versammlung zu Düsseldorf, so wie auch durch den Druck desselben die Bürger direkt aufgereizt zu haben, sich gegen die landesherrliche Macht zu bewaffnen, auch die bestehende Staatsverfassung umzustürzen. Verbrechen gegen Art. 102 und 87 des Str. G. B.“ Der Art. 102 droht mit dem Tode, wenn die Aufregung Erfolg, und mit Verbannung, wenn sie keinen Erfolg gehabt hat. In dem Anklageakte wider Wulff heißt es ausdrücklich, daß die von ihm verursachte Aufreizung keinen Erfolg gehabt habe. Es ist also Absicht, daß in dem Anklageakte wider Freiligrath gar nichts davon erwähnt ist. Am 3. Oktober wird die Sache contra Freiligrath, am 4. die contra Wulff verhandelt werden. Von den Konstellationen am politischen Himmel wird es abhangen, ob man der angeblichen Aufreizung Freiligrath's Erfolg beimessen wird oder nicht. 106 Elberfeld, 20. Sept. Gestern Abend ist August v. d. Heydt nach Berlin berufen und heute schon dorthin abgereist. Also mit einem solchen abgestandenen Vereinigten Landtagsritter will sich Beckerath rekrutiren? In der ersten Volksversammlung, die hier stattfand, sagte dieser Ex-Abgeordnete wörtlich: „Dieser Mensch, (der König nämlich) hat uns immer getäuscht, er verdient kein Vertrauen, wir müssen jetzt Garantien haben.“ Und in der letzten Philisterversammlung sagte derselbige Ex-Abgeordnete: „die Nationalversammlung hat am 7. d. M. die heiligen Rechte der Krone verkannt und müsse sofort aufgelöst werden.“ Der Ex-Abgeordnete und hoffnungsvolle Ministerkandidat wird nun wohl in Berlin die Versammlung sofort auflösen, um somehr, als er es in Elberfeld so trefflich verstanden hat, anarchische Bestrebungen niederzuhalten und zwei Katzenmusiken vermittelst der Polizei zu widerstehen. 103 Berlin, 19. Sept. Unsere Ministerkrisis, die man heute beendigt glaubte, fängt wieder von Neuem an. Schon gestern Nachmittag verbreitete sich das Gerücht, Beckerath hätte den erhaltenen Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums in die Hände des Königs zurückgegeben, welches heute von allen Seiten bestätigt wird. Man erzählt, daß Hr. Beckerath dem Könige ein ganz liberales Programm vorgelegt hatte, ein Programm, welches sich der Unterstützung der Centren zu erfreuen gehabt und aus deren Mitte er wohl Einen oder Mehrere ins Ministerium gezogen hätte. Er verlangte vor Allem die Genehmigung des Königs zu den Beschlüssen der Vereinbarerversammlung, namentlich für die bereits angenommenen: Gesetz über Abschaffung der Todesstrafe, Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und für den Steinschen Antrag vom 7. September. Der König soll aber beharrlich seine Zustimmung für diese Gesetze und Beschlüsse der Vereinbarer verweigern und deshalb mußte Beckerath auf die Bildung des neuen Ministeriums verzichten. Er beabsichtigte schon gestern Abend wieder abzureisen, soll aber auf dringendes Ersuchen des Königs noch einige Tage hier bleiben. Die Umgebung des Königs soll einen sehr großen Einfluß auf seine Beschlüsse haben und ihn zu Gewaltmaßregeln anspornen. Der heute bekannt gewordene Armeebefehl des General Wrangel, der zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen zwischen Oder und Elbe ernannt ist, hat einen schlechten Eindruck in der ganzen Stadt hervorgebracht. Man sieht darin gerade das Gegentheil von dem, was der Steinsche Antrag bezwecken sollte und glaubt, daß Radowitz und die Kamarilla ihre Hände dabei im Spiele haben. Es ist nicht mehr möglich, in dieser Verwirrung klar zu sehen. An der Börse fängt die Bourgeoisie an, sehr ängstlich zu werden. Die Reichen zittern schon vor der in Aussicht stehenden Einschließung Berlins, im Falle die Vereinbarerversammlung aufgelöst würde, was diese Leute jetzt als gewiß voraussetzen. So nähern wir uns von allen Seiten der Entscheidung. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0541"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 109. Köln, Freitag den 22. September. 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. 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Zu der ersten Entlassung sind zunächst alle Reklamirten und dann Diejenigen aus den ältesten Reserven zu bestimmen, deren häusliche Anwesenheit dringend nothwendig ist; nach deren Berücksichtigung hat das unparteiische Loos unter den ältesten Reserven zu entscheiden. Zum Schluß rufe ich Euch zu, <hi rendition="#g">Offiziere und Soldaten! haltet fest in Eurem gegenseitigen Vertrauen und an Euren theuren König!</hi> Er lebe dreimal hoch! Der Oberbefehlshaber in den Marken.</p> <p>(Gez.) <hi rendition="#g">v. Wrangel.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar109_002" type="jArticle"> <p>Die Nachricht selbst lautet wie folgt:</p> <p> <hi rendition="#b">Potsdam, 19. September, Nachmittags 2 Uhr.</hi> </p> <p>Das hiesige Militär, <hi rendition="#g">Kavallerie, Artillerie</hi> und <hi rendition="#g">Infanterie</hi> hat in einem Extra-Appell, 1 Uhr Mittags, die strengste Ordre erhalten, sich <hi rendition="#g">marschfertig</hi> zu machen. 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Wir dürfen dieselbe dem Publikum nicht vorenthalten, um so weniger nach dem heutigen Wrangel'schen Armeebefehl, und nachdem wir jetzt als gewiß erfahren, daß folgende <hi rendition="#g">Ministerkombination zu Stande gekommen sei:</hi> </p> <p>Pfuel, (von Höllenstein) Premier,<lb/> Bonin, Inneres,<lb/> Eichmann, Kultus,<lb/> Wentzel, Justiz,<lb/> Dönhoff, Auswärtiges ‒</p> <p> <hi rendition="#g">also vollständig reaktionär.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar109_003_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Fædrelandet über den Waffenstillstand. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 733.</bibl> </note> <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln, 21. Septbr.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar109_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 21. Sept.</head> <p>Am gestrigen Abend fand auf den Aufruf des Sicherheitsausschusses, des demokratischen und des Arbeitervereins eine Volksversammlung im Eiser'schen Saale statt, in welcher eine Proklamation beschlossen wurde, dahin lautend:</p> <p>1. die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung, mit Ausnahme derjenigen, welche sich dem Volk bereit erklärt haben auszutreten, sind <hi rendition="#g">Volksverräther;</hi> </p> <p>2. die Frankfurter Barrikadenkämpfer haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.</p> <p>Diese Proklamation wird durch Maueranschläge und weiterhin durch die Presse möglichst verbreitet werden.</p> </div> <div xml:id="ar109_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 20. Sept.</head> <p>Reisende erzählen, daß in Koblenz das Haus des Abg. Adams, welcher sich an dem volksverrätherischen Beschluß über Annahme des Waffenstillstands betheiligte, vom Volke demolirt worden sei.</p> </div> <div xml:id="ar109_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Düsseldorf.</head> <p>Am 16. d. M. haben die Herren Appellations-Gerichtsräthe Krey (Präsident), v. Gerolt, v. Fuchsius, v. Drüffel und Hermes zu Köln auf Antrag des Herrn Prokurators Ackermann den Dichter F. Freiligrath an den hierselbst am künftigen Montag zusammentretenden Assisenhof verwiesen. Der Anklageakt schließt folgendermaßen:</p> <p>„Demnach wird F. Freiligrath angeklagt, im August d. J. durch das Vortragen des von ihm verfaßten Gedichtes „die Todten an die Lebenden“ in einer öffentlichen Versammlung zu Düsseldorf, so wie auch durch den Druck desselben die Bürger direkt aufgereizt zu haben, sich gegen die landesherrliche Macht zu bewaffnen, auch die bestehende Staatsverfassung umzustürzen.</p> <p>Verbrechen gegen Art. 102 und 87 des Str. G. B.“</p> <p>Der Art. 102 droht mit dem Tode, wenn die Aufregung Erfolg, und mit Verbannung, wenn sie keinen Erfolg gehabt hat. In dem Anklageakte wider Wulff heißt es ausdrücklich, daß die von ihm verursachte Aufreizung keinen Erfolg gehabt habe. Es ist also Absicht, daß in dem Anklageakte wider Freiligrath gar nichts davon erwähnt ist. Am 3. Oktober wird die Sache contra Freiligrath, am 4. die contra Wulff verhandelt werden. Von den Konstellationen am politischen Himmel wird es abhangen, ob man der angeblichen Aufreizung Freiligrath's Erfolg beimessen wird oder nicht.</p> </div> <div xml:id="ar109_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>106</author></bibl> Elberfeld, 20. Sept.</head> <p>Gestern Abend ist August v. d. Heydt nach Berlin berufen und heute schon dorthin abgereist. Also mit einem solchen abgestandenen Vereinigten Landtagsritter will sich Beckerath rekrutiren? In der <hi rendition="#g">ersten</hi> Volksversammlung, die hier stattfand, sagte dieser Ex-Abgeordnete wörtlich: „<hi rendition="#g">Dieser Mensch,</hi> (der König nämlich) hat uns immer <hi rendition="#g">getäuscht, er verdient kein Vertrauen,</hi> wir müssen jetzt Garantien haben.“ Und in der <hi rendition="#g">letzten</hi> Philisterversammlung sagte derselbige Ex-Abgeordnete: „die Nationalversammlung hat am 7. d. M. die heiligen Rechte der Krone verkannt und müsse sofort aufgelöst werden.“</p> <p>Der Ex-Abgeordnete und hoffnungsvolle Ministerkandidat wird nun wohl in Berlin die Versammlung sofort auflösen, um somehr, als er es in Elberfeld so trefflich verstanden hat, anarchische Bestrebungen niederzuhalten und <hi rendition="#g">zwei</hi> Katzenmusiken vermittelst der Polizei zu widerstehen.</p> </div> <div xml:id="ar109_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 19. Sept.</head> <p>Unsere Ministerkrisis, die man heute beendigt glaubte, fängt wieder von Neuem an. Schon gestern Nachmittag verbreitete sich das Gerücht, Beckerath hätte den erhaltenen Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums in die Hände des Königs zurückgegeben, welches heute von allen Seiten bestätigt wird. Man erzählt, daß Hr. Beckerath dem Könige ein ganz liberales Programm vorgelegt hatte, ein Programm, welches sich der Unterstützung der Centren zu erfreuen gehabt und aus deren Mitte er wohl Einen oder Mehrere ins Ministerium gezogen hätte. Er verlangte vor Allem die Genehmigung des Königs zu den Beschlüssen der Vereinbarerversammlung, namentlich für die bereits angenommenen: Gesetz über Abschaffung der Todesstrafe, Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und für den Steinschen Antrag vom 7. September. Der König soll aber beharrlich seine Zustimmung für diese Gesetze und Beschlüsse der Vereinbarer verweigern und deshalb mußte Beckerath auf die Bildung des neuen Ministeriums verzichten. Er beabsichtigte schon gestern Abend wieder abzureisen, soll aber auf dringendes Ersuchen des Königs noch einige Tage hier bleiben. Die Umgebung des Königs soll einen sehr großen Einfluß auf seine Beschlüsse haben und ihn zu Gewaltmaßregeln anspornen.</p> <p>Der heute bekannt gewordene Armeebefehl des General Wrangel, der zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen zwischen Oder und Elbe ernannt ist, hat einen schlechten Eindruck in der ganzen Stadt hervorgebracht. Man sieht darin gerade das Gegentheil von dem, was der Steinsche Antrag bezwecken sollte und glaubt, daß Radowitz und die Kamarilla ihre Hände dabei im Spiele haben. Es ist nicht mehr möglich, in dieser Verwirrung klar zu sehen. An der Börse fängt die Bourgeoisie an, sehr ängstlich zu werden. Die Reichen zittern schon vor der in Aussicht stehenden Einschließung Berlins, im Falle die Vereinbarerversammlung aufgelöst würde, was diese Leute jetzt als gewiß voraussetzen. So nähern wir uns von allen Seiten der Entscheidung.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0541/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 109. Köln, Freitag den 22. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
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Uebersicht Deutschland Köln. (Neuestes aus Berlin. ‒ Armeebefehl Wrangels. ‒ Das Ministerium der Contre-Revolution. ‒ Die Truppen in Potsdam marschfertig. ‒ „Faedrelandet“ über den Waffenstillstand. ‒ Demolirung des Adam'schen Hauses in Koblenz. ‒ Volksversammlung). Düsseldorf. (Anklage-Akt gegen Freiligrath). Elberfeld. (v. d. Heydt nach Berlin) Berlin. (Beckerath gescheitert. ‒ Vereinbarungssitzung ‒ Soldaten-Exzesse). Breslau. (Soldaten-Exzesse). Wien. (Radetzky's Schaaren. ‒ Das schwarz-gelbe Komplott. ‒ Ungarn und Kroaten. ‒ Reichstag. ‒ Wandernde Demokraten). Frankfurt. (Amtliches. ‒ Schilderung des Kamfes ‒ National-Versammlung). Rendsburg. (Das Grundgesetz publizirt).
Ungarn. Pesth. (Kriegsrüstungen). Agram. (Vom Kriegsschauplatz).
Italien. (Lazzarenische Unruhen in Neapel. ‒ Die Erhebung der Sizilianer. ‒ Das Parlament in Palermo. ‒ Anleihe. ‒ Karl Albert in Turin. ‒ Proklamation an die Nationalgarden. ‒ Der Waffenstillstand. ‒ Der Oesterreichische Kommandant in Monza).
Franz. Republik. Paris. (Journalschau. ‒ Die Legitimisten im Süden. ‒ Die Wahlen. ‒ Aus Italien. ‒ National-Versammlung).
Großbritannien. London. (James Roß und Sir I. Franklin). Dublin. (Der Aufstand unterdrückt).
Deutschland. * Köln, 21. Sept. Wir erhalten folgendes Extrablatt der Berliner Zeitungshalle. Sind die darin enthaltenen Nachrichten begründet, so dürfen wir uns auf einen blutigen Zusammenstoß und auf eine entscheidende Schlacht gefaßt machen.
Wir geben zuerst den Armee-Befehl des General Wrangel, der in der folgenden Nachricht citirt wird und der folgendermaßen lautet:
„Armee-Befehl. Potsdam, den 17. Sept. 1848. Seine Majestät der König haben mir einen neuen Beweis Seiner Gnade und Seines Vertrauens gegeben, indem Sie mir mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 15. d. M. den Oberbefehl über die sämmtlichen in den Marken stehenden Truppen ertheilt haben. Meine Aufgabe ist, die öffentliche Ruhe in diesen Landen, da, wo sie gestört wird, wieder herzustellen, wenn die Kräfte der guten Bürger hierzu nicht ausreichen. Die Aufgabe ist schwer und mit großer Verantwortung verknüpft, das verkenne ich nicht, aber sie wird ausgeführt werden; dafür bürgen mir das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Soldaten und seinem Offizier, seinem Führer, durch welches sich die preußische Armee, so lange sie besteht, immer rühmlichst ausgezeichnet hat, sowie die Liebe und die treue Hingebung für den König, von der wir Alle gleich erfüllt sind. Ich gebe mich indeß der bestimmten Hoffnung hin, daß ich keine Veranlassung erhalten werde, mit der militärischen Macht einzuschreiten, denn auch mein Vertrauen zu den Bürgern, daß sie ebenfalls nur das Gute wollen, steht fest; es ist ja ihr eigener Heerd, den sie und ich beschützen sollen. Es sind jedoch im Lande auch Elemente vorhanden, welche zur Ungesetzlichkeit verführen wollen, sie sind zwar nur gering, aber desto kräftiger treten sie hervor, während die guten Elemente sich zurückhalten. Diesen letztern will ich fortan zunächst eine moralische Stütze sein, um ihnen die Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu erleichtern, ohne die keine gesetzliche Freiheit möglich ist. In Potsdam habe ich schon die erfreulichsten Beweise erhalten, wie dessen Bewohner mit der ganzen Bürgerwehr sich zu diesem Zweck gern um mich schaaren. Dies war mir um so erfreulicher und um so werthvoller, als es schon am ersten Tage meiner Uebernahme des Oberbefehls in den Marken geschah; es erfüllt mich deshalb mit Hoffnung und Vertrauen für die Zukunft. ‒ Soldaten! laßt Euch nicht irre leiten von den Reden und Proklamationen, welche von Euch unbekannten Leuten an Euch gerichtet werden; hört nicht darauf, wenn sie auch noch so schmeichelhaft für Euch klingen und sie Eure Zukunft mit herrlichen Worten ausmalen, sobald Ihr die Euch gegebenen Rathschläge befolgt. Zu den Versammlungen, wo dergleichen Reden an Euch gehalten werden sollen, geht lieber gar nicht hin; hört dagegen auf meine Stimme, die Stimme Eures Generals, sie ist wohlgemeint! Haltet fest an Euren Offizieren, wie diese an Euch; zwischen beiden darf sich kein fremdes Element einschleichen. Habt Ihr gerechte Wünsche, so tragt sie Euren Offizieren in der gesetzlichen Weise vor, von Niemand wird Euch sicherer geholfen werden, als von diesen, denn Niemand kennt Eure Bedürfnisse besser als sie, und Niemand ist mehr von dem Wunsche beseelt, Euch mit Rath und That beizustehen. ‒ Als Beweis, in welchem Grade ich nicht nur für Euer Wohl als Soldat, sondern auch für Euer häusliches Wohl zu sorgen bereit bin, bestimme ich hiermit, daß die durch Einziehung von Reserven auf die Kriegsstärke gesetzten Infanterie-Bataillone sofort auf 900 Mann vermindert werden, und binnen Kurzem hoffe ich eine abermalige Verminderung derselben bis auf 800 Mann eintreten lassen zu können. Zu der ersten Entlassung sind zunächst alle Reklamirten und dann Diejenigen aus den ältesten Reserven zu bestimmen, deren häusliche Anwesenheit dringend nothwendig ist; nach deren Berücksichtigung hat das unparteiische Loos unter den ältesten Reserven zu entscheiden. Zum Schluß rufe ich Euch zu, Offiziere und Soldaten! haltet fest in Eurem gegenseitigen Vertrauen und an Euren theuren König! Er lebe dreimal hoch! Der Oberbefehlshaber in den Marken.
(Gez.) v. Wrangel.
Die Nachricht selbst lautet wie folgt:
Potsdam, 19. September, Nachmittags 2 Uhr.
Das hiesige Militär, Kavallerie, Artillerie und Infanterie hat in einem Extra-Appell, 1 Uhr Mittags, die strengste Ordre erhalten, sich marschfertig zu machen. Die Soldaten selbst glauben nicht anders, als daß es nach Berlin gehen soll, vielleicht heut Abend, oder morgen früh. Denn kein Soldat darf seine Wohnung verlassen; Jeder ist angewiesen, den Befehl geheim zu halten. Fleisch und Reis ist den Leuten geliefert. ‒ Die Offiziere fühlen sich sichtlich stark. ‒ Stehen wir auf einem Krater?
Dieses kurze Schreiben erhalten wir so eben (6 1/2 Uhr) aus Potsdam. Der Verfasser hat sich uns genannt und erklärt, daß er für die Nachricht bürge. Wir dürfen dieselbe dem Publikum nicht vorenthalten, um so weniger nach dem heutigen Wrangel'schen Armeebefehl, und nachdem wir jetzt als gewiß erfahren, daß folgende Ministerkombination zu Stande gekommen sei:
Pfuel, (von Höllenstein) Premier,
Bonin, Inneres,
Eichmann, Kultus,
Wentzel, Justiz,
Dönhoff, Auswärtiges ‒
also vollständig reaktionär.
** Köln, 21. Septbr. _ * Köln, 21. Sept. Am gestrigen Abend fand auf den Aufruf des Sicherheitsausschusses, des demokratischen und des Arbeitervereins eine Volksversammlung im Eiser'schen Saale statt, in welcher eine Proklamation beschlossen wurde, dahin lautend:
1. die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung, mit Ausnahme derjenigen, welche sich dem Volk bereit erklärt haben auszutreten, sind Volksverräther;
2. die Frankfurter Barrikadenkämpfer haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.
Diese Proklamation wird durch Maueranschläge und weiterhin durch die Presse möglichst verbreitet werden.
* Köln, 20. Sept. Reisende erzählen, daß in Koblenz das Haus des Abg. Adams, welcher sich an dem volksverrätherischen Beschluß über Annahme des Waffenstillstands betheiligte, vom Volke demolirt worden sei.
15 Düsseldorf. Am 16. d. M. haben die Herren Appellations-Gerichtsräthe Krey (Präsident), v. Gerolt, v. Fuchsius, v. Drüffel und Hermes zu Köln auf Antrag des Herrn Prokurators Ackermann den Dichter F. Freiligrath an den hierselbst am künftigen Montag zusammentretenden Assisenhof verwiesen. Der Anklageakt schließt folgendermaßen:
„Demnach wird F. Freiligrath angeklagt, im August d. J. durch das Vortragen des von ihm verfaßten Gedichtes „die Todten an die Lebenden“ in einer öffentlichen Versammlung zu Düsseldorf, so wie auch durch den Druck desselben die Bürger direkt aufgereizt zu haben, sich gegen die landesherrliche Macht zu bewaffnen, auch die bestehende Staatsverfassung umzustürzen.
Verbrechen gegen Art. 102 und 87 des Str. G. B.“
Der Art. 102 droht mit dem Tode, wenn die Aufregung Erfolg, und mit Verbannung, wenn sie keinen Erfolg gehabt hat. In dem Anklageakte wider Wulff heißt es ausdrücklich, daß die von ihm verursachte Aufreizung keinen Erfolg gehabt habe. Es ist also Absicht, daß in dem Anklageakte wider Freiligrath gar nichts davon erwähnt ist. Am 3. Oktober wird die Sache contra Freiligrath, am 4. die contra Wulff verhandelt werden. Von den Konstellationen am politischen Himmel wird es abhangen, ob man der angeblichen Aufreizung Freiligrath's Erfolg beimessen wird oder nicht.
106 Elberfeld, 20. Sept. Gestern Abend ist August v. d. Heydt nach Berlin berufen und heute schon dorthin abgereist. Also mit einem solchen abgestandenen Vereinigten Landtagsritter will sich Beckerath rekrutiren? In der ersten Volksversammlung, die hier stattfand, sagte dieser Ex-Abgeordnete wörtlich: „Dieser Mensch, (der König nämlich) hat uns immer getäuscht, er verdient kein Vertrauen, wir müssen jetzt Garantien haben.“ Und in der letzten Philisterversammlung sagte derselbige Ex-Abgeordnete: „die Nationalversammlung hat am 7. d. M. die heiligen Rechte der Krone verkannt und müsse sofort aufgelöst werden.“
Der Ex-Abgeordnete und hoffnungsvolle Ministerkandidat wird nun wohl in Berlin die Versammlung sofort auflösen, um somehr, als er es in Elberfeld so trefflich verstanden hat, anarchische Bestrebungen niederzuhalten und zwei Katzenmusiken vermittelst der Polizei zu widerstehen.
103 Berlin, 19. Sept. Unsere Ministerkrisis, die man heute beendigt glaubte, fängt wieder von Neuem an. Schon gestern Nachmittag verbreitete sich das Gerücht, Beckerath hätte den erhaltenen Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums in die Hände des Königs zurückgegeben, welches heute von allen Seiten bestätigt wird. Man erzählt, daß Hr. Beckerath dem Könige ein ganz liberales Programm vorgelegt hatte, ein Programm, welches sich der Unterstützung der Centren zu erfreuen gehabt und aus deren Mitte er wohl Einen oder Mehrere ins Ministerium gezogen hätte. Er verlangte vor Allem die Genehmigung des Königs zu den Beschlüssen der Vereinbarerversammlung, namentlich für die bereits angenommenen: Gesetz über Abschaffung der Todesstrafe, Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und für den Steinschen Antrag vom 7. September. Der König soll aber beharrlich seine Zustimmung für diese Gesetze und Beschlüsse der Vereinbarer verweigern und deshalb mußte Beckerath auf die Bildung des neuen Ministeriums verzichten. Er beabsichtigte schon gestern Abend wieder abzureisen, soll aber auf dringendes Ersuchen des Königs noch einige Tage hier bleiben. Die Umgebung des Königs soll einen sehr großen Einfluß auf seine Beschlüsse haben und ihn zu Gewaltmaßregeln anspornen.
Der heute bekannt gewordene Armeebefehl des General Wrangel, der zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen zwischen Oder und Elbe ernannt ist, hat einen schlechten Eindruck in der ganzen Stadt hervorgebracht. Man sieht darin gerade das Gegentheil von dem, was der Steinsche Antrag bezwecken sollte und glaubt, daß Radowitz und die Kamarilla ihre Hände dabei im Spiele haben. Es ist nicht mehr möglich, in dieser Verwirrung klar zu sehen. An der Börse fängt die Bourgeoisie an, sehr ängstlich zu werden. Die Reichen zittern schon vor der in Aussicht stehenden Einschließung Berlins, im Falle die Vereinbarerversammlung aufgelöst würde, was diese Leute jetzt als gewiß voraussetzen. So nähern wir uns von allen Seiten der Entscheidung.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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