Neue Rheinische Zeitung. Nr. 116. Köln, 14. Oktober 1848.[Ungarn] [Fortsetzung] zu stoßen bereit sind; sie dürften, wenn sie noch ankommen, dem Croatencorps in die Flanke fallen. An der croatischen Grenze sollen 20,000 Bosniaken stehen, die bereit sind, Croatien im Rücken anzufallen. Donaufürstenthümer. Kronstadt, 28. Sept. Auf außerordentlichem Wege erhalten wir aus Bukarest vom 27. Sept. Nachmittags 1 Uhr höchst betrübende Nachrichten. Die Freiheit der Romänen ist zu Grabe getragen! Diese Katastrophe hat am 26. Nachmittags stattgefunden. Die Türken haben Bukarest besetzt und ein großes Blutbad angerichtet. Eine große Deputation, welche ins türkische Lager gesandt wurde, nahm man hier gefangen, und eine mächtige Bauernarmee wurde von den Türken umzingelt und abgeschnitten, worauf diese auf mehren Punkten in die Stadt marschirten! Die Aufregung war furchtbar. Mit allen Glocken wurde gestürmt, worein sich ein furchtbares Geheul und Geschrei der Menschen mischte. Plötzlich hörte man eine Kanonade. Die Türken waren mit den Soldaten bei der Kaserne aneinander gerathen. Gegen 200 Menschen blieben dabei todt auf dem Platze, worunter ein Pascha. Ein östreichischer Agentiekorporal wurde von den Türken auf der Straße erschossen. Die Türken haben arg geplündert, und treiben sehr viel Böses. Eine Kaimakamie ist eingesetzt und besteht aus dem russischen General Duhamel, dem Türken Fuad Effendi und dem Kandidaten der Fürstenwürde, Kostaki Kantacuzeno! (S. W.)Polen. Warschau, 3. Oktober. Gestern hielt der Fürst Feldmarschall der bis dahin bei Warschau im Lager liegenden Truppen, welche jetzt in die Winterquartiere entlassen werden, Musterung ab. - Es waren im Ganzen 34,000 Mann, 10,000 Pferde und 212 Geschütze in einer Länge von einer Meile den Festungswerken entlang aufgestellt. Belgien. * Brüssel, 12. Octob. Die Journale des Ministeriums belehren uns, daß in Belgien Freiheit der Meinungen herrsche, und ihre Echo's, die bezahlten belgischen Missionäre verkünden es aller Welt. Das einzig gute Journal des belgischen "Musterstaats" bringt uns für die Wahrheit seiner Behauptung folgende Belege: Gendebien, der edle Patriot, Gendebien, der Mann der Revolution von 1830, der Mann von 1839, wurde aus dem Gemeinderath von Brüssel ausgestoßen. Adolph Roussel, ein Mann von 1830, wurde aus dem Provinzialrath gestoßen, und von der Kammer ausgeschlossen. Joles Bartels, obgleich er es für eine Verläumdung erklärte, daß er die Constitution ändern wolle, wurde aus dem Gemeinderath herausgeschmissen. Ducpetiaux ebenfalls, obgleich er aus der Gesellschaft Alliance desertirt war. Der Major Prove wurde nicht gewählt, weil er zu "roth" sei, obwohl er seine königliche Gesinnung laut verkündete. Professoren wurden zu Verviers und Charleroy wegen ihren demokratischen Ansichten abgesetzt. Französische und deutsche Flüchtlinge wurden an Händen und Füßen gebunden, weil sie Demokraten waren, und fielen in die Hände des edlen Herrn Hody, der als Polizist zu schlau, um die ministerielle Versicherung der Meinungsfreiheit für baare Münze zu nehmen, vielmehr umgekehrt für baare Münze bald Republikaner, bald Phalansterianer, Philantrop und raillirter Leopoldist war, der das katholisch-aristokratische Ministerium de Theux und das bürgerliche des H. Rogier mit gleichmäßigem Fanatismus bediente. Wiertz, einen der berühmtesten belgischen Maler, würdigt man nicht des so vielfach weggeworfenen rothen Bändchens, weil er, so sagt man, Republikaner sei! Ebenso ergeht es dem berühmten Bildhauer Simonis. Weder Ruhm, noch persönlicher Muth, nicht patriotische Aufopferung noch die allgemeine Achtung der Mitbürger sind im Stande, die reinsten Namen der belgischen Demokraten vor Verläumdung zu schützen. Zu Brüssel, zu Lüttich, zu Gent, zu Verviers, zu Charleroy, zu Mons, überall gibt es nicht einen Demokraten, der nicht dem Hasse seiner Mitbürger denunzirt wäre durch diese bezahlten Organe einer Regierung, welche mit ihrer Gunst nur mattherzige Creaturen überschüttet, ohne jeden politischen Charakter, ohne jedes andere Streben als das nach Geld und erbettelten Ehrenstellen, Leute, welche früher gegen ihr eigenes Vaterland conspirirt haben, Renegaten jedes Prinzips, und Verräther aller Parteien. In der Kammer, im Heere, in allen Ministerien, in allen öffentlichen und Privatanstalten werden die ehrenhaftesten Bürger verfolgt und insultirt einzig wegen ihrer demokratischen Gesinnung. Gewöhnliche Kaufleute werden aller Orten in ihrer Ehre und ihren Interessen gekränkt wegen des einfachen Verdachts republikanischer Ansichten. - Es ist Stoff genug vorhanden, zehn unserer Spalten zu füllen oder vielmehr zu besudeln mit der Geschichte der schmutzigen Verläumdungen, welche die Feigheit den Männern von Charakter und Herz, welche sich zu demokratischen Ansichten bekennen, hinter dem Rücken ausheckt, Alles Angesichts dieser Freiheit der Meinungen, welche, wie man sieht, in Belgien regne, mais ne gouverne pas. Französische Republik. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Paris, den 11. Oktober. Der Moniteur sagt heute: "Es ist durchaus falsch, daß Hr. Cavaignac, wie es die "Patrie" anzeigt, einer Versammlung im Palais-National oder irgend einer anderen politischen Winkelzusammenkunft beigewohnt habe, deren Zweck ist, die Wahl des Präsidenten der Republik zu verschieben. Die Note im Moniteur war zu formell und zu klar, um zu gestatten, der Exekutivgewalt einen rückhaltigen Gedanken in einer Frage zuzuschieben, von der es im Gegentheile eine baldige Erledigung wünscht." - In der gestrigen Nationalversammlung wurde folgendes Amendement Proudhon's, vertheilt: "In dem Falle, wo das allgemeine Stimmrecht keinem der Kandidaten zur Präsidentschaft der Republik ein absolutes Mehr gibt, geschieht die definitive Ernennung des Präsidenten durch das Volk von Paris." - Die "Presse" setzt ihren Krieg gegen Cavaignac mit einer wahren Wuth fort. In ihrer heutigen Nummer bringt sie alle Reden aus den Bauchartschen Verhören Arago's, Garnier Pages, Marie's, Lamartine's, Ledru-Rollin's unddes Präsidenten Trouve-Chauvel's, um durch diese Auszüge zu beweisen, daß Cavaignac nicht frühzeitig genug Truppen gegen die Juni-Räuber schickte; er habe die Barrikaden ruhig bauen lassen und somit die Revolution ermuthigt, müsse so rasch als möglich gestürzt werden etc. etc. - Mit Ausnahme weniger demokratischer Organe z. B. der "Reforme", herrscht in allen Journalen heute großer Jubel über die gestrige Parlamentsrede Thiers gegen die Hypothekenbillets. Man entsinnt sich, daß die provisorische Regierung zuerst den alten Plan wieder auffaßte, den Erdboden beweglich zu machen d. h. ihn in Kassenscheine zu verwandeln. Pfandbriefe, Hypothekenscheine oder sogenannte Gültbriefe seien ein zu beschwerliches Papier um es bequem in die Seitentasche zu stecken oder in Gasthöfen damit zu bezahlen. Darum beuteten die Herren Turk und Proudhomme die Idee der wailand provisorischen Regierung aus und schlugen der Nationalversammlung die Schöpfung von "Hypothekenbons" a 50, 100, 200, 500 und 1000 Fr. vor, die Zwangskurs hätten. Faucher, der große Freihandelsmann, wies die Schöpfung eines solchen agrarischen Papiergeldes mit Entsetzen zurück und sagte, Geld sei genung in Frankreich, es fehle nur an Absatz. Man solle um Mosiswillen keine neue Geldsorte am allerwenigsten so verhaßtes Papiergeld (Assignats) schlagen. Thiers, der große Advokat der Bourgeoisie und des konstitutionellen Königthums, bewies haarklein, daß diese Hypothekenbons allen bisherigen Werth um fünfzig Prozent herabdrücken müßte - Grund genug, um ein allgemeines Zeter gegen sie hervorzurufen. Goudchaux, der ehrliche Jude, öffnete wie Shylock alle Schätze der Republik vor den Augen der Versammlung und sagte, daß er mit Hülfe seiner Verträge und Anleihen der gegenwärtigen Krisis noch 17 Monate lang die Spitze bieten könne. Wenn man aber die Hypothekenbons annehme, d. h. den Markt mit zwei Milliarden trügerischen Papiergeldes überschwemme, dann stehe er nicht mehr für die Zukunft ein; die Staatsgläubiger würden ihre Verträge zerreissen und die Rente, die ohnedies schon um 12 1/2 % ttefer stehe als man den armen Dienstboten für ihre Sparpfennige geboten (man verwandelte ihre Büchel bekanntlich in 5 % Rente zum Kurse von 80, der gestern aber nur 67 1/2 und 68 1/2 stand) werde vollends ruinirt, der Nationalbankrot stehe vor der Thüre etc. etc. Diese Erklärung wirkte und nur mit Mühe gelang es dem Berichterstatter Flaudin bis gegen 7 Uhr Abends durchzusetzen:, daß heute der Gegenstand weiter besprochen wurde. - Die hiesige deutsche demokratische Gesellschaft hat dem Journal des Debats eine Erklärung zugeschickt (welche die Reforme heute abdruckt) worin sie im Namen ihrer deutschen Brüder gegen die ewige Neckerei, als wolle das einige demokratisch konstituirte Deutschland Elsaß und Lothringen zurücknehmen, statt sich in Ledru-Rollinscher Manier mit Frankreich zu verbrüdern, energisch protestirt. Hr. Bertin glaubt zwar im Grunde selbst nicht an irgend eine Gefahr, aber er benutzt diesen Text, um seinen Erzfeind, den Februardanton Ledru-Rollin zu bekämpfen. Nationalversammlung. Sitzung vom 11. Oktbr. So eben, Mittags, fand in der Vorhalle eine schmahliche Scene statt. Hr. R. R., Consul in Neapel und nach Amerika bestimmt, ist kürzlich in Paris eingetroffen, um den Minister zur Rede zu stellen, warum er ihn ohne allen Grund versetze und auf diese Weise ruinire? Bastide scheint jedoch den Unzufriedenen kurz abgewiesen zu haben, denn derselbe faßte einen solchen Groll gegen ihn, daß er ihm heute auflauerte und Rache nahm. Als nämlich Bastide sich in Begleitung seines Kabinets-Chefs Hetzel dem Sitzungssaale näherte und durch die Vorhalle schritt, näherte sich ihm obiger Konsul und überschüttete ihn wiederholt mit Vorwürfen. Da ihm der Minister jedoch wenig Rede stand oder ihm sogar ziemlich derb erwiderte, so artete der Konsul in arge Flüche aus und spie dem Minister in das Gesicht. Man kann sich den Eindruck dieser Scene denken. Die Thür- und Saalwächter ergriffen den Wüthenden und führten ihn in sicheren Gewahrsam ab. Bixio, Vice-Präsident, eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung bei leeren Bänken. Prudhomme protestirt gegen einige Ausdrücke im Protokoll. Thiers habe gestern seine Hypothekenbank ein diebisches und abscheuliches Mittel genannt, während doch dasselbe gerade die heiligste Grundlage, das Grundeigenthum, zur Garantie biete. Die Bänke füllen sich allmälig und die Versammlung prüft mehrere Kreditverlangen, unter denen 500,000 Frcs. für Hospitäler deßhalb heftigen Widerspruch hervorrufen, weil man nicht wisse, wohin das Geld komme. Die Geistlichkeit und Spitalverwaltungen vertheilten das Geld willkürlich. Da indessen Senard, Minister des Innern, noch nicht anwesend, so geht die Versammlung zur Tagesordnung, zu den gestern Abend so heftig angegriffenen Hypothekenbillets über. Flandin, Berichterstatter des Acker-Ausschusses, gesteht, daß ihn der glänzende Vortrag des Hrn. Thiers einen Augenblick selbst irre gemacht, aber bei ruhigerer Nachprüfung habe er sich von den glänzenden Irrthümern überzeugt, mit denen nicht nur Hr. Thiers, sondern sogar der Finanzminister Goudchaux das Land berücke. Thiers bestritt daß auf dem gesammten französischen Grundeigenthum mehr als 4 Milliarden Franken Hypothekenschulden haften. Wohlan, ich beweise ihm mit denselben Amtstabellen in der Hand, daß mindestens 12 Milliarden darauf haften, von denen 2 Milliarden in diesem Augenblick eingeklagt sind und viele Eigenthümer an den Bettelstab bringen, wenn man ihnen keine schleunige Hülfe gewährt. Der Finanzminister bekämpft den Vorschlag, weil er ihm den Kredit zerstöre. 2 Milliarden Papierzettel mehr auf dem Geldmarkte müßten den Kredit, den er bei der Bank habe, zerreißen! Trauriges Argument! Hrn. Goudchaux's große Mittel sind: das Anleihen und die Steuer. Eh bien! c'est un trist expedient ruft der Redner. Die Einführung neuer Steuern ist ein sehr trauriges Mittel zur Staatshülfe. Die Furcht vor Ueberschwemmung an den Kassen sei ebenso ungegründet, weil die Ausgabe der neuen Kassenanweisungen nur nach und nach geschehe. Man habe ferner auf die vernichtenden Folgen der Finanzpläne Law's für Frankreich aufmerksam gemacht; man habe die Schrecknisse des Börsenspiels heraufbeschworen und wer ist dieser Zauberer? Hr. Thiers, der größte Börsenspieler u. s. w. (Dieser Theil der Flandin'schen Gegenrede erntete stürmischen Beifall zur Linken, aber ungeheuren Lärm zur Rechten). Der Rest der Rede dreht sich um Kritiken der von Goudchaux angeregten Zahlen und kritischen Finanzmaßregeln. Der Vortrag dauerte über zwei Stunden. Goudchaux, Finanzminister folgt ihm auf die Bühne. Ich habe - beginnt er in dem bekannten großväterlichen Tone - gestern vergessen, Ihnen eine Zahl mitzutheilen. Ich will es jetzt thun. Es sollen also wie bekannt für 2 Milliarden Franken Hypothekenbons geschaffen werden. Diese 2 Milliarden würden unter höchstens 50,000 Grundeigenthümer vertheilt werden. Mit anderen Worten: 50,000 Grundherren würden den Kredit [Ungarn] [Fortsetzung] zu stoßen bereit sind; sie dürften, wenn sie noch ankommen, dem Croatencorps in die Flanke fallen. An der croatischen Grenze sollen 20,000 Bosniaken stehen, die bereit sind, Croatien im Rücken anzufallen. Donaufürstenthümer. Kronstadt, 28. Sept. Auf außerordentlichem Wege erhalten wir aus Bukarest vom 27. Sept. Nachmittags 1 Uhr höchst betrübende Nachrichten. Die Freiheit der Romänen ist zu Grabe getragen! Diese Katastrophe hat am 26. Nachmittags stattgefunden. Die Türken haben Bukarest besetzt und ein großes Blutbad angerichtet. Eine große Deputation, welche ins türkische Lager gesandt wurde, nahm man hier gefangen, und eine mächtige Bauernarmee wurde von den Türken umzingelt und abgeschnitten, worauf diese auf mehren Punkten in die Stadt marschirten! Die Aufregung war furchtbar. Mit allen Glocken wurde gestürmt, worein sich ein furchtbares Geheul und Geschrei der Menschen mischte. Plötzlich hörte man eine Kanonade. Die Türken waren mit den Soldaten bei der Kaserne aneinander gerathen. Gegen 200 Menschen blieben dabei todt auf dem Platze, worunter ein Pascha. Ein östreichischer Agentiekorporal wurde von den Türken auf der Straße erschossen. Die Türken haben arg geplündert, und treiben sehr viel Böses. Eine Kaimakamie ist eingesetzt und besteht aus dem russischen General Duhamel, dem Türken Fuad Effendi und dem Kandidaten der Fürstenwürde, Kostaki Kantacuzeno! (S. W.)Polen. Warschau, 3. Oktober. Gestern hielt der Fürst Feldmarschall der bis dahin bei Warschau im Lager liegenden Truppen, welche jetzt in die Winterquartiere entlassen werden, Musterung ab. ‒ Es waren im Ganzen 34,000 Mann, 10,000 Pferde und 212 Geschütze in einer Länge von einer Meile den Festungswerken entlang aufgestellt. Belgien. * Brüssel, 12. Octob. Die Journale des Ministeriums belehren uns, daß in Belgien Freiheit der Meinungen herrsche, und ihre Echo's, die bezahlten belgischen Missionäre verkünden es aller Welt. Das einzig gute Journal des belgischen „Musterstaats“ bringt uns für die Wahrheit seiner Behauptung folgende Belege: Gendebien, der edle Patriot, Gendebien, der Mann der Revolution von 1830, der Mann von 1839, wurde aus dem Gemeinderath von Brüssel ausgestoßen. Adolph Roussel, ein Mann von 1830, wurde aus dem Provinzialrath gestoßen, und von der Kammer ausgeschlossen. Joles Bartels, obgleich er es für eine Verläumdung erklärte, daß er die Constitution ändern wolle, wurde aus dem Gemeinderath herausgeschmissen. Ducpétiaux ebenfalls, obgleich er aus der Gesellschaft Alliance desertirt war. Der Major Prové wurde nicht gewählt, weil er zu „roth“ sei, obwohl er seine königliche Gesinnung laut verkündete. Professoren wurden zu Verviers und Charleroy wegen ihren demokratischen Ansichten abgesetzt. Französische und deutsche Flüchtlinge wurden an Händen und Füßen gebunden, weil sie Demokraten waren, und fielen in die Hände des edlen Herrn Hody, der als Polizist zu schlau, um die ministerielle Versicherung der Meinungsfreiheit für baare Münze zu nehmen, vielmehr umgekehrt für baare Münze bald Republikaner, bald Phalansterianer, Philantrop und raillirter Leopoldist war, der das katholisch-aristokratische Ministerium de Theux und das bürgerliche des H. Rogier mit gleichmäßigem Fanatismus bediente. Wiertz, einen der berühmtesten belgischen Maler, würdigt man nicht des so vielfach weggeworfenen rothen Bändchens, weil er, so sagt man, Republikaner sei! Ebenso ergeht es dem berühmten Bildhauer Simonis. Weder Ruhm, noch persönlicher Muth, nicht patriotische Aufopferung noch die allgemeine Achtung der Mitbürger sind im Stande, die reinsten Namen der belgischen Demokraten vor Verläumdung zu schützen. Zu Brüssel, zu Lüttich, zu Gent, zu Verviers, zu Charleroy, zu Mons, überall gibt es nicht einen Demokraten, der nicht dem Hasse seiner Mitbürger denunzirt wäre durch diese bezahlten Organe einer Regierung, welche mit ihrer Gunst nur mattherzige Creaturen überschüttet, ohne jeden politischen Charakter, ohne jedes andere Streben als das nach Geld und erbettelten Ehrenstellen, Leute, welche früher gegen ihr eigenes Vaterland conspirirt haben, Renegaten jedes Prinzips, und Verräther aller Parteien. In der Kammer, im Heere, in allen Ministerien, in allen öffentlichen und Privatanstalten werden die ehrenhaftesten Bürger verfolgt und insultirt einzig wegen ihrer demokratischen Gesinnung. Gewöhnliche Kaufleute werden aller Orten in ihrer Ehre und ihren Interessen gekränkt wegen des einfachen Verdachts republikanischer Ansichten. ‒ Es ist Stoff genug vorhanden, zehn unserer Spalten zu füllen oder vielmehr zu besudeln mit der Geschichte der schmutzigen Verläumdungen, welche die Feigheit den Männern von Charakter und Herz, welche sich zu demokratischen Ansichten bekennen, hinter dem Rücken ausheckt, Alles Angesichts dieser Freiheit der Meinungen, welche, wie man sieht, in Belgien règne, mais ne gouverne pas. Französische Republik. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Paris, den 11. Oktober. Der Moniteur sagt heute: „Es ist durchaus falsch, daß Hr. Cavaignac, wie es die „Patrie“ anzeigt, einer Versammlung im Palais-National oder irgend einer anderen politischen Winkelzusammenkunft beigewohnt habe, deren Zweck ist, die Wahl des Präsidenten der Republik zu verschieben. Die Note im Moniteur war zu formell und zu klar, um zu gestatten, der Exekutivgewalt einen rückhaltigen Gedanken in einer Frage zuzuschieben, von der es im Gegentheile eine baldige Erledigung wünscht.“ ‒ In der gestrigen Nationalversammlung wurde folgendes Amendement Proudhon's, vertheilt: „In dem Falle, wo das allgemeine Stimmrecht keinem der Kandidaten zur Präsidentschaft der Republik ein absolutes Mehr gibt, geschieht die definitive Ernennung des Präsidenten durch das Volk von Paris.“ ‒ Die „Presse“ setzt ihren Krieg gegen Cavaignac mit einer wahren Wuth fort. 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Goudchaux, der ehrliche Jude, öffnete wie Shylock alle Schätze der Republik vor den Augen der Versammlung und sagte, daß er mit Hülfe seiner Verträge und Anleihen der gegenwärtigen Krisis noch 17 Monate lang die Spitze bieten könne. 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Hr. Bertin glaubt zwar im Grunde selbst nicht an irgend eine Gefahr, aber er benutzt diesen Text, um seinen Erzfeind, den Februardanton Ledru-Rollin zu bekämpfen. Nationalversammlung. Sitzung vom 11. Oktbr. So eben, Mittags, fand in der Vorhalle eine schmahliche Scene statt. Hr. R. R., Consul in Neapel und nach Amerika bestimmt, ist kürzlich in Paris eingetroffen, um den Minister zur Rede zu stellen, warum er ihn ohne allen Grund versetze und auf diese Weise ruinire? Bastide scheint jedoch den Unzufriedenen kurz abgewiesen zu haben, denn derselbe faßte einen solchen Groll gegen ihn, daß er ihm heute auflauerte und Rache nahm. Als nämlich Bastide sich in Begleitung seines Kabinets-Chefs Hetzel dem Sitzungssaale näherte und durch die Vorhalle schritt, näherte sich ihm obiger Konsul und überschüttete ihn wiederholt mit Vorwürfen. Da ihm der Minister jedoch wenig Rede stand oder ihm sogar ziemlich derb erwiderte, so artete der Konsul in arge Flüche aus und spie dem Minister in das Gesicht. Man kann sich den Eindruck dieser Scene denken. Die Thür- und Saalwächter ergriffen den Wüthenden und führten ihn in sicheren Gewahrsam ab. Bixio, Vice-Präsident, eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung bei leeren Bänken. Prudhomme protestirt gegen einige Ausdrücke im Protokoll. Thiers habe gestern seine Hypothekenbank ein diebisches und abscheuliches Mittel genannt, während doch dasselbe gerade die heiligste Grundlage, das Grundeigenthum, zur Garantie biete. Die Bänke füllen sich allmälig und die Versammlung prüft mehrere Kreditverlangen, unter denen 500,000 Frcs. für Hospitäler deßhalb heftigen Widerspruch hervorrufen, weil man nicht wisse, wohin das Geld komme. Die Geistlichkeit und Spitalverwaltungen vertheilten das Geld willkürlich. 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Der Finanzminister bekämpft den Vorschlag, weil er ihm den Kredit zerstöre. 2 Milliarden Papierzettel mehr auf dem Geldmarkte müßten den Kredit, den er bei der Bank habe, zerreißen! Trauriges Argument! Hrn. Goudchaux's große Mittel sind: das Anleihen und die Steuer. Eh bién! c'est un trist expédient ruft der Redner. Die Einführung neuer Steuern ist ein sehr trauriges Mittel zur Staatshülfe. Die Furcht vor Ueberschwemmung an den Kassen sei ebenso ungegründet, weil die Ausgabe der neuen Kassenanweisungen nur nach und nach geschehe. Man habe ferner auf die vernichtenden Folgen der Finanzpläne Law's für Frankreich aufmerksam gemacht; man habe die Schrecknisse des Börsenspiels heraufbeschworen und wer ist dieser Zauberer? Hr. Thiers, der größte Börsenspieler u. s. w. (Dieser Theil der Flandin'schen Gegenrede erntete stürmischen Beifall zur Linken, aber ungeheuren Lärm zur Rechten). Der Rest der Rede dreht sich um Kritiken der von Goudchaux angeregten Zahlen und kritischen Finanzmaßregeln. Der Vortrag dauerte über zwei Stunden. Goudchaux, Finanzminister folgt ihm auf die Bühne. Ich habe ‒ beginnt er in dem bekannten großväterlichen Tone ‒ gestern vergessen, Ihnen eine Zahl mitzutheilen. Ich will es jetzt thun. Es sollen also wie bekannt für 2 Milliarden Franken Hypothekenbons geschaffen werden. Diese 2 Milliarden würden unter höchstens 50,000 Grundeigenthümer vertheilt werden. Mit anderen Worten: 50,000 Grundherren würden den Kredit <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="0579"/> <div n="1"> <head>[Ungarn]</head> <div xml:id="ar116_018" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> zu stoßen bereit sind; sie dürften, wenn sie noch ankommen, dem Croatencorps in die Flanke fallen.</p> <p>An der croatischen Grenze sollen 20,000 Bosniaken stehen, die bereit sind, Croatien im Rücken anzufallen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar116_019" type="jArticle"> <head>Kronstadt, 28. 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Französische und deutsche Flüchtlinge wurden an Händen und Füßen gebunden, weil sie Demokraten waren, und fielen in die Hände des edlen Herrn <hi rendition="#g">Hody,</hi> der als Polizist zu schlau, um die ministerielle Versicherung der Meinungsfreiheit für baare Münze zu nehmen, vielmehr umgekehrt für baare Münze bald Republikaner, bald Phalansterianer, Philantrop und raillirter Leopoldist war, der das katholisch-aristokratische Ministerium de Theux und das bürgerliche des H. Rogier mit gleichmäßigem Fanatismus bediente.</p> <p>Wiertz, einen der berühmtesten belgischen Maler, würdigt man nicht des so vielfach weggeworfenen rothen Bändchens, weil er, so sagt man, Republikaner sei!</p> <p>Ebenso ergeht es dem berühmten Bildhauer Simonis. Weder Ruhm, noch persönlicher Muth, nicht patriotische Aufopferung noch die allgemeine Achtung der Mitbürger sind im Stande, die reinsten Namen der belgischen Demokraten vor Verläumdung zu schützen.</p> <p>Zu Brüssel, zu Lüttich, zu Gent, zu Verviers, zu Charleroy, zu Mons, überall gibt es nicht einen Demokraten, der nicht dem Hasse seiner Mitbürger denunzirt wäre durch diese bezahlten Organe einer Regierung, welche mit ihrer Gunst nur mattherzige Creaturen überschüttet, ohne jeden politischen Charakter, ohne jedes andere Streben als das nach Geld und erbettelten Ehrenstellen, Leute, welche früher gegen ihr eigenes Vaterland conspirirt haben, Renegaten jedes Prinzips, und Verräther aller Parteien.</p> <p>In der Kammer, im Heere, in allen Ministerien, in allen öffentlichen und Privatanstalten werden die ehrenhaftesten Bürger verfolgt und insultirt einzig wegen ihrer demokratischen Gesinnung.</p> <p>Gewöhnliche Kaufleute werden aller Orten in ihrer Ehre und ihren Interessen gekränkt wegen des einfachen Verdachts republikanischer Ansichten. ‒ Es ist Stoff genug vorhanden, zehn unserer Spalten zu füllen oder vielmehr zu besudeln mit der Geschichte der schmutzigen Verläumdungen, welche die Feigheit den Männern von Charakter und Herz, welche sich zu demokratischen Ansichten bekennen, hinter dem Rücken ausheckt, Alles Angesichts dieser <hi rendition="#g">Freiheit der Meinungen,</hi> welche, wie man sieht, in Belgien règne, mais ne gouverne pas.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar116_022_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Thiers' Rede über eine allgemeine Hypothekenbank mit Zwangskurs, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar116_023" type="jArticle"> <head>Paris, den 11. Oktober.</head> <p>Der Moniteur sagt heute: „Es ist durchaus falsch, daß Hr. Cavaignac, wie es die „Patrie“ anzeigt, einer Versammlung im Palais-National oder irgend einer anderen politischen Winkelzusammenkunft beigewohnt habe, deren Zweck ist, die Wahl des Präsidenten der Republik zu verschieben. Die Note im Moniteur war zu formell und zu klar, um zu gestatten, der Exekutivgewalt einen rückhaltigen Gedanken in einer Frage zuzuschieben, von der es im Gegentheile eine baldige Erledigung wünscht.“</p> <p>‒ In der gestrigen Nationalversammlung wurde folgendes Amendement Proudhon's, vertheilt:</p> <p>„In dem Falle, wo das allgemeine Stimmrecht keinem der Kandidaten zur Präsidentschaft der Republik ein absolutes Mehr gibt, geschieht die definitive Ernennung des Präsidenten durch das Volk von Paris.“</p> <p>‒ Die „Presse“ setzt ihren Krieg gegen Cavaignac mit einer wahren Wuth fort. In ihrer heutigen Nummer bringt sie alle Reden aus den Bauchartschen Verhören Arago's, Garnier Pagés, Marie's, Lamartine's, Ledru-Rollin's unddes Präsidenten Trouvé-Chauvel's, um durch diese Auszüge zu beweisen, daß Cavaignac nicht frühzeitig genug Truppen gegen die Juni-Räuber schickte; er habe die Barrikaden ruhig bauen lassen und somit die Revolution ermuthigt, müsse so rasch als möglich gestürzt werden etc. etc.</p> <p>‒ Mit Ausnahme weniger demokratischer Organe z. B. der „Reforme“, herrscht in allen Journalen heute großer Jubel über die gestrige Parlamentsrede Thiers gegen die Hypothekenbillets. Man entsinnt sich, daß die provisorische Regierung zuerst den alten Plan wieder auffaßte, den Erdboden beweglich zu machen d. h. ihn in Kassenscheine zu verwandeln. Pfandbriefe, Hypothekenscheine oder sogenannte Gültbriefe seien ein zu beschwerliches Papier um es bequem in die Seitentasche zu stecken oder in Gasthöfen damit zu bezahlen. Darum beuteten die Herren Turk und Proudhomme die Idee der wailand provisorischen Regierung aus und schlugen der Nationalversammlung die Schöpfung von „Hypothekenbons“ à 50, 100, 200, 500 und 1000 Fr. vor, die Zwangskurs hätten. Faucher, der große Freihandelsmann, wies die Schöpfung eines solchen agrarischen Papiergeldes mit Entsetzen zurück und sagte, Geld sei genung in Frankreich, es fehle nur an Absatz. Man solle um Mosiswillen keine neue Geldsorte am allerwenigsten so verhaßtes Papiergeld (Assignats) schlagen. Thiers, der große Advokat der Bourgeoisie und des konstitutionellen Königthums, bewies haarklein, daß diese Hypothekenbons allen bisherigen Werth um fünfzig Prozent herabdrücken müßte ‒ Grund genug, um ein allgemeines Zeter gegen sie hervorzurufen. Goudchaux, der ehrliche Jude, öffnete wie Shylock alle Schätze der Republik vor den Augen der Versammlung und sagte, daß er mit Hülfe seiner Verträge und Anleihen der gegenwärtigen Krisis noch 17 Monate lang die Spitze bieten könne. Wenn man aber die Hypothekenbons annehme, d. h. den Markt mit zwei Milliarden trügerischen Papiergeldes überschwemme, dann stehe er nicht mehr für die Zukunft ein; die Staatsgläubiger würden ihre Verträge zerreissen und die Rente, die ohnedies schon um 12 1/2 % ttefer stehe als man den armen Dienstboten für ihre Sparpfennige geboten (man verwandelte ihre Büchel bekanntlich in 5 % Rente zum Kurse von 80, der gestern aber nur 67 1/2 und 68 1/2 stand) werde vollends ruinirt, der Nationalbankrot stehe vor der Thüre etc. etc. Diese Erklärung wirkte und nur mit Mühe gelang es dem Berichterstatter Flaudin bis gegen 7 Uhr Abends durchzusetzen:, daß heute der Gegenstand weiter besprochen wurde.</p> <p>‒ Die hiesige deutsche demokratische Gesellschaft hat dem Journal des Debats eine Erklärung zugeschickt (welche die Reforme heute abdruckt) worin sie im Namen ihrer deutschen Brüder gegen die ewige Neckerei, als wolle das einige demokratisch konstituirte Deutschland Elsaß und Lothringen zurücknehmen, statt sich in Ledru-Rollinscher Manier mit Frankreich zu verbrüdern, energisch protestirt. Hr. Bertin glaubt zwar im Grunde selbst nicht an irgend eine Gefahr, aber er benutzt diesen Text, um seinen Erzfeind, den Februardanton Ledru-Rollin zu bekämpfen.</p> <p>Nationalversammlung. Sitzung vom 11. Oktbr. So eben, Mittags, fand in der Vorhalle eine schmahliche Scene statt. Hr. R. R., Consul in Neapel und nach Amerika bestimmt, ist kürzlich in Paris eingetroffen, um den Minister zur Rede zu stellen, warum er ihn ohne allen Grund versetze und auf diese Weise ruinire? Bastide scheint jedoch den Unzufriedenen kurz abgewiesen zu haben, denn derselbe faßte einen solchen Groll gegen ihn, daß er ihm heute auflauerte und Rache nahm. Als nämlich Bastide sich in Begleitung seines Kabinets-Chefs Hetzel dem Sitzungssaale näherte und durch die Vorhalle schritt, näherte sich ihm obiger Konsul und überschüttete ihn wiederholt mit Vorwürfen. Da ihm der Minister jedoch wenig Rede stand oder ihm sogar ziemlich derb erwiderte, so artete der Konsul in arge Flüche aus und <hi rendition="#g">spie</hi> dem Minister in das Gesicht. Man kann sich den Eindruck dieser Scene denken. Die Thür- und Saalwächter ergriffen den Wüthenden und führten ihn in sicheren Gewahrsam ab.</p> <p><hi rendition="#g">Bixio,</hi> Vice-Präsident, eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung bei leeren Bänken.</p> <p><hi rendition="#g">Prudhomme</hi> protestirt gegen einige Ausdrücke im Protokoll. Thiers habe gestern seine Hypothekenbank ein diebisches und abscheuliches Mittel genannt, während doch dasselbe gerade die heiligste Grundlage, das Grundeigenthum, zur Garantie biete.</p> <p>Die Bänke füllen sich allmälig und die Versammlung prüft mehrere Kreditverlangen, unter denen 500,000 Frcs. für Hospitäler deßhalb heftigen Widerspruch hervorrufen, weil man nicht wisse, wohin das Geld komme. Die Geistlichkeit und Spitalverwaltungen vertheilten das Geld willkürlich.</p> <p>Da indessen Senard, Minister des Innern, noch nicht anwesend, so geht die Versammlung zur Tagesordnung, zu den gestern Abend so heftig angegriffenen Hypothekenbillets über.</p> <p><hi rendition="#g">Flandin,</hi> Berichterstatter des Acker-Ausschusses, gesteht, daß ihn der glänzende Vortrag des Hrn. Thiers einen Augenblick selbst irre gemacht, aber bei ruhigerer Nachprüfung habe er sich von den glänzenden Irrthümern überzeugt, mit denen nicht nur Hr. Thiers, sondern sogar der Finanzminister Goudchaux das Land berücke. Thiers bestritt daß auf dem gesammten französischen Grundeigenthum mehr als 4 Milliarden Franken Hypothekenschulden haften. Wohlan, ich beweise ihm mit denselben Amtstabellen in der Hand, daß mindestens 12 Milliarden darauf haften, von denen 2 Milliarden in diesem Augenblick eingeklagt sind und viele Eigenthümer an den Bettelstab bringen, wenn man ihnen keine schleunige Hülfe gewährt. Der Finanzminister bekämpft den Vorschlag, weil er ihm den Kredit zerstöre. 2 Milliarden Papierzettel mehr auf dem Geldmarkte müßten den Kredit, den er bei der Bank habe, zerreißen! Trauriges Argument! Hrn. Goudchaux's große Mittel sind: das Anleihen und die Steuer. Eh bién! c'est un trist expédient ruft der Redner. Die Einführung neuer Steuern ist ein sehr trauriges Mittel zur Staatshülfe. Die Furcht vor Ueberschwemmung an den Kassen sei ebenso ungegründet, weil die Ausgabe der neuen Kassenanweisungen nur nach und nach geschehe. Man habe ferner auf die vernichtenden Folgen der Finanzpläne Law's für Frankreich aufmerksam gemacht; man habe die Schrecknisse des Börsenspiels heraufbeschworen und wer ist dieser Zauberer? Hr. Thiers, der größte Börsenspieler u. s. w. (Dieser Theil der Flandin'schen Gegenrede erntete stürmischen Beifall zur Linken, aber ungeheuren Lärm zur Rechten). Der Rest der Rede dreht sich um Kritiken der von Goudchaux angeregten Zahlen und kritischen Finanzmaßregeln. Der Vortrag dauerte über zwei Stunden.</p> <p><hi rendition="#g">Goudchaux,</hi> Finanzminister folgt ihm auf die Bühne. Ich habe ‒ beginnt er in dem bekannten großväterlichen Tone ‒ gestern vergessen, Ihnen eine Zahl mitzutheilen. Ich will es jetzt thun. Es sollen also wie bekannt für 2 Milliarden Franken Hypothekenbons geschaffen werden. Diese 2 Milliarden würden unter höchstens 50,000 Grundeigenthümer vertheilt werden. Mit anderen Worten: 50,000 Grundherren würden den Kredit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0579/0003]
[Ungarn] [Fortsetzung] zu stoßen bereit sind; sie dürften, wenn sie noch ankommen, dem Croatencorps in die Flanke fallen.
An der croatischen Grenze sollen 20,000 Bosniaken stehen, die bereit sind, Croatien im Rücken anzufallen.
Donaufürstenthümer. Kronstadt, 28. Sept. Auf außerordentlichem Wege erhalten wir aus Bukarest vom 27. Sept. Nachmittags 1 Uhr höchst betrübende Nachrichten. Die Freiheit der Romänen ist zu Grabe getragen! Diese Katastrophe hat am 26. Nachmittags stattgefunden. Die Türken haben Bukarest besetzt und ein großes Blutbad angerichtet. Eine große Deputation, welche ins türkische Lager gesandt wurde, nahm man hier gefangen, und eine mächtige Bauernarmee wurde von den Türken umzingelt und abgeschnitten, worauf diese auf mehren Punkten in die Stadt marschirten! Die Aufregung war furchtbar. Mit allen Glocken wurde gestürmt, worein sich ein furchtbares Geheul und Geschrei der Menschen mischte. Plötzlich hörte man eine Kanonade. Die Türken waren mit den Soldaten bei der Kaserne aneinander gerathen. Gegen 200 Menschen blieben dabei todt auf dem Platze, worunter ein Pascha. Ein östreichischer Agentiekorporal wurde von den Türken auf der Straße erschossen. Die Türken haben arg geplündert, und treiben sehr viel Böses.
Eine Kaimakamie ist eingesetzt und besteht aus dem russischen General Duhamel, dem Türken Fuad Effendi und dem Kandidaten der Fürstenwürde, Kostaki Kantacuzeno!
(S. W.) Polen. Warschau, 3. Oktober. Gestern hielt der Fürst Feldmarschall der bis dahin bei Warschau im Lager liegenden Truppen, welche jetzt in die Winterquartiere entlassen werden, Musterung ab. ‒ Es waren im Ganzen 34,000 Mann, 10,000 Pferde und 212 Geschütze in einer Länge von einer Meile den Festungswerken entlang aufgestellt.
Belgien. * Brüssel, 12. Octob. Die Journale des Ministeriums belehren uns, daß in Belgien Freiheit der Meinungen herrsche, und ihre Echo's, die bezahlten belgischen Missionäre verkünden es aller Welt. Das einzig gute Journal des belgischen „Musterstaats“ bringt uns für die Wahrheit seiner Behauptung folgende Belege:
Gendebien, der edle Patriot, Gendebien, der Mann der Revolution von 1830, der Mann von 1839, wurde aus dem Gemeinderath von Brüssel ausgestoßen.
Adolph Roussel, ein Mann von 1830, wurde aus dem Provinzialrath gestoßen, und von der Kammer ausgeschlossen.
Joles Bartels, obgleich er es für eine Verläumdung erklärte, daß er die Constitution ändern wolle, wurde aus dem Gemeinderath herausgeschmissen.
Ducpétiaux ebenfalls, obgleich er aus der Gesellschaft Alliance desertirt war.
Der Major Prové wurde nicht gewählt, weil er zu „roth“ sei, obwohl er seine königliche Gesinnung laut verkündete.
Professoren wurden zu Verviers und Charleroy wegen ihren demokratischen Ansichten abgesetzt. Französische und deutsche Flüchtlinge wurden an Händen und Füßen gebunden, weil sie Demokraten waren, und fielen in die Hände des edlen Herrn Hody, der als Polizist zu schlau, um die ministerielle Versicherung der Meinungsfreiheit für baare Münze zu nehmen, vielmehr umgekehrt für baare Münze bald Republikaner, bald Phalansterianer, Philantrop und raillirter Leopoldist war, der das katholisch-aristokratische Ministerium de Theux und das bürgerliche des H. Rogier mit gleichmäßigem Fanatismus bediente.
Wiertz, einen der berühmtesten belgischen Maler, würdigt man nicht des so vielfach weggeworfenen rothen Bändchens, weil er, so sagt man, Republikaner sei!
Ebenso ergeht es dem berühmten Bildhauer Simonis. Weder Ruhm, noch persönlicher Muth, nicht patriotische Aufopferung noch die allgemeine Achtung der Mitbürger sind im Stande, die reinsten Namen der belgischen Demokraten vor Verläumdung zu schützen.
Zu Brüssel, zu Lüttich, zu Gent, zu Verviers, zu Charleroy, zu Mons, überall gibt es nicht einen Demokraten, der nicht dem Hasse seiner Mitbürger denunzirt wäre durch diese bezahlten Organe einer Regierung, welche mit ihrer Gunst nur mattherzige Creaturen überschüttet, ohne jeden politischen Charakter, ohne jedes andere Streben als das nach Geld und erbettelten Ehrenstellen, Leute, welche früher gegen ihr eigenes Vaterland conspirirt haben, Renegaten jedes Prinzips, und Verräther aller Parteien.
In der Kammer, im Heere, in allen Ministerien, in allen öffentlichen und Privatanstalten werden die ehrenhaftesten Bürger verfolgt und insultirt einzig wegen ihrer demokratischen Gesinnung.
Gewöhnliche Kaufleute werden aller Orten in ihrer Ehre und ihren Interessen gekränkt wegen des einfachen Verdachts republikanischer Ansichten. ‒ Es ist Stoff genug vorhanden, zehn unserer Spalten zu füllen oder vielmehr zu besudeln mit der Geschichte der schmutzigen Verläumdungen, welche die Feigheit den Männern von Charakter und Herz, welche sich zu demokratischen Ansichten bekennen, hinter dem Rücken ausheckt, Alles Angesichts dieser Freiheit der Meinungen, welche, wie man sieht, in Belgien règne, mais ne gouverne pas.
Französische Republik. * _ Paris, den 11. Oktober. Der Moniteur sagt heute: „Es ist durchaus falsch, daß Hr. Cavaignac, wie es die „Patrie“ anzeigt, einer Versammlung im Palais-National oder irgend einer anderen politischen Winkelzusammenkunft beigewohnt habe, deren Zweck ist, die Wahl des Präsidenten der Republik zu verschieben. Die Note im Moniteur war zu formell und zu klar, um zu gestatten, der Exekutivgewalt einen rückhaltigen Gedanken in einer Frage zuzuschieben, von der es im Gegentheile eine baldige Erledigung wünscht.“
‒ In der gestrigen Nationalversammlung wurde folgendes Amendement Proudhon's, vertheilt:
„In dem Falle, wo das allgemeine Stimmrecht keinem der Kandidaten zur Präsidentschaft der Republik ein absolutes Mehr gibt, geschieht die definitive Ernennung des Präsidenten durch das Volk von Paris.“
‒ Die „Presse“ setzt ihren Krieg gegen Cavaignac mit einer wahren Wuth fort. In ihrer heutigen Nummer bringt sie alle Reden aus den Bauchartschen Verhören Arago's, Garnier Pagés, Marie's, Lamartine's, Ledru-Rollin's unddes Präsidenten Trouvé-Chauvel's, um durch diese Auszüge zu beweisen, daß Cavaignac nicht frühzeitig genug Truppen gegen die Juni-Räuber schickte; er habe die Barrikaden ruhig bauen lassen und somit die Revolution ermuthigt, müsse so rasch als möglich gestürzt werden etc. etc.
‒ Mit Ausnahme weniger demokratischer Organe z. B. der „Reforme“, herrscht in allen Journalen heute großer Jubel über die gestrige Parlamentsrede Thiers gegen die Hypothekenbillets. Man entsinnt sich, daß die provisorische Regierung zuerst den alten Plan wieder auffaßte, den Erdboden beweglich zu machen d. h. ihn in Kassenscheine zu verwandeln. Pfandbriefe, Hypothekenscheine oder sogenannte Gültbriefe seien ein zu beschwerliches Papier um es bequem in die Seitentasche zu stecken oder in Gasthöfen damit zu bezahlen. Darum beuteten die Herren Turk und Proudhomme die Idee der wailand provisorischen Regierung aus und schlugen der Nationalversammlung die Schöpfung von „Hypothekenbons“ à 50, 100, 200, 500 und 1000 Fr. vor, die Zwangskurs hätten. Faucher, der große Freihandelsmann, wies die Schöpfung eines solchen agrarischen Papiergeldes mit Entsetzen zurück und sagte, Geld sei genung in Frankreich, es fehle nur an Absatz. Man solle um Mosiswillen keine neue Geldsorte am allerwenigsten so verhaßtes Papiergeld (Assignats) schlagen. Thiers, der große Advokat der Bourgeoisie und des konstitutionellen Königthums, bewies haarklein, daß diese Hypothekenbons allen bisherigen Werth um fünfzig Prozent herabdrücken müßte ‒ Grund genug, um ein allgemeines Zeter gegen sie hervorzurufen. Goudchaux, der ehrliche Jude, öffnete wie Shylock alle Schätze der Republik vor den Augen der Versammlung und sagte, daß er mit Hülfe seiner Verträge und Anleihen der gegenwärtigen Krisis noch 17 Monate lang die Spitze bieten könne. Wenn man aber die Hypothekenbons annehme, d. h. den Markt mit zwei Milliarden trügerischen Papiergeldes überschwemme, dann stehe er nicht mehr für die Zukunft ein; die Staatsgläubiger würden ihre Verträge zerreissen und die Rente, die ohnedies schon um 12 1/2 % ttefer stehe als man den armen Dienstboten für ihre Sparpfennige geboten (man verwandelte ihre Büchel bekanntlich in 5 % Rente zum Kurse von 80, der gestern aber nur 67 1/2 und 68 1/2 stand) werde vollends ruinirt, der Nationalbankrot stehe vor der Thüre etc. etc. Diese Erklärung wirkte und nur mit Mühe gelang es dem Berichterstatter Flaudin bis gegen 7 Uhr Abends durchzusetzen:, daß heute der Gegenstand weiter besprochen wurde.
‒ Die hiesige deutsche demokratische Gesellschaft hat dem Journal des Debats eine Erklärung zugeschickt (welche die Reforme heute abdruckt) worin sie im Namen ihrer deutschen Brüder gegen die ewige Neckerei, als wolle das einige demokratisch konstituirte Deutschland Elsaß und Lothringen zurücknehmen, statt sich in Ledru-Rollinscher Manier mit Frankreich zu verbrüdern, energisch protestirt. Hr. Bertin glaubt zwar im Grunde selbst nicht an irgend eine Gefahr, aber er benutzt diesen Text, um seinen Erzfeind, den Februardanton Ledru-Rollin zu bekämpfen.
Nationalversammlung. Sitzung vom 11. Oktbr. So eben, Mittags, fand in der Vorhalle eine schmahliche Scene statt. Hr. R. R., Consul in Neapel und nach Amerika bestimmt, ist kürzlich in Paris eingetroffen, um den Minister zur Rede zu stellen, warum er ihn ohne allen Grund versetze und auf diese Weise ruinire? Bastide scheint jedoch den Unzufriedenen kurz abgewiesen zu haben, denn derselbe faßte einen solchen Groll gegen ihn, daß er ihm heute auflauerte und Rache nahm. Als nämlich Bastide sich in Begleitung seines Kabinets-Chefs Hetzel dem Sitzungssaale näherte und durch die Vorhalle schritt, näherte sich ihm obiger Konsul und überschüttete ihn wiederholt mit Vorwürfen. Da ihm der Minister jedoch wenig Rede stand oder ihm sogar ziemlich derb erwiderte, so artete der Konsul in arge Flüche aus und spie dem Minister in das Gesicht. Man kann sich den Eindruck dieser Scene denken. Die Thür- und Saalwächter ergriffen den Wüthenden und führten ihn in sicheren Gewahrsam ab.
Bixio, Vice-Präsident, eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung bei leeren Bänken.
Prudhomme protestirt gegen einige Ausdrücke im Protokoll. Thiers habe gestern seine Hypothekenbank ein diebisches und abscheuliches Mittel genannt, während doch dasselbe gerade die heiligste Grundlage, das Grundeigenthum, zur Garantie biete.
Die Bänke füllen sich allmälig und die Versammlung prüft mehrere Kreditverlangen, unter denen 500,000 Frcs. für Hospitäler deßhalb heftigen Widerspruch hervorrufen, weil man nicht wisse, wohin das Geld komme. Die Geistlichkeit und Spitalverwaltungen vertheilten das Geld willkürlich.
Da indessen Senard, Minister des Innern, noch nicht anwesend, so geht die Versammlung zur Tagesordnung, zu den gestern Abend so heftig angegriffenen Hypothekenbillets über.
Flandin, Berichterstatter des Acker-Ausschusses, gesteht, daß ihn der glänzende Vortrag des Hrn. Thiers einen Augenblick selbst irre gemacht, aber bei ruhigerer Nachprüfung habe er sich von den glänzenden Irrthümern überzeugt, mit denen nicht nur Hr. Thiers, sondern sogar der Finanzminister Goudchaux das Land berücke. Thiers bestritt daß auf dem gesammten französischen Grundeigenthum mehr als 4 Milliarden Franken Hypothekenschulden haften. Wohlan, ich beweise ihm mit denselben Amtstabellen in der Hand, daß mindestens 12 Milliarden darauf haften, von denen 2 Milliarden in diesem Augenblick eingeklagt sind und viele Eigenthümer an den Bettelstab bringen, wenn man ihnen keine schleunige Hülfe gewährt. Der Finanzminister bekämpft den Vorschlag, weil er ihm den Kredit zerstöre. 2 Milliarden Papierzettel mehr auf dem Geldmarkte müßten den Kredit, den er bei der Bank habe, zerreißen! Trauriges Argument! Hrn. Goudchaux's große Mittel sind: das Anleihen und die Steuer. Eh bién! c'est un trist expédient ruft der Redner. Die Einführung neuer Steuern ist ein sehr trauriges Mittel zur Staatshülfe. Die Furcht vor Ueberschwemmung an den Kassen sei ebenso ungegründet, weil die Ausgabe der neuen Kassenanweisungen nur nach und nach geschehe. Man habe ferner auf die vernichtenden Folgen der Finanzpläne Law's für Frankreich aufmerksam gemacht; man habe die Schrecknisse des Börsenspiels heraufbeschworen und wer ist dieser Zauberer? Hr. Thiers, der größte Börsenspieler u. s. w. (Dieser Theil der Flandin'schen Gegenrede erntete stürmischen Beifall zur Linken, aber ungeheuren Lärm zur Rechten). Der Rest der Rede dreht sich um Kritiken der von Goudchaux angeregten Zahlen und kritischen Finanzmaßregeln. Der Vortrag dauerte über zwei Stunden.
Goudchaux, Finanzminister folgt ihm auf die Bühne. Ich habe ‒ beginnt er in dem bekannten großväterlichen Tone ‒ gestern vergessen, Ihnen eine Zahl mitzutheilen. Ich will es jetzt thun. Es sollen also wie bekannt für 2 Milliarden Franken Hypothekenbons geschaffen werden. Diese 2 Milliarden würden unter höchstens 50,000 Grundeigenthümer vertheilt werden. Mit anderen Worten: 50,000 Grundherren würden den Kredit
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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