Neue Rheinische Zeitung. Nr. 127. Köln, 27. Oktober 1848.[Deutschland] [Fortsetzung] nun die Genehmigung nothwendig ist oder nicht, zu den Gesetzen der Frankfurter Versammlung hängt von der Competenz dieser und unserer Versammlung ab. Denken Sie sich den Fall, daß der Reichstag in Frankfurt in den Fall käme, Beschlüsse gegen die Rechte des Volkes zu fassen, wenn er beschlösse gegen die Bürger Wiens die auswärtigen croatischen Horden zu unterstützen, könnten wir dann diesen Beschlüssen beistimmen. Nimmermehr hat es aber in der Absicht liegen können, der Frankfurter Versammlung eine Oberherrschaft in den inneren Angelegenheiten ganz Deutschlands zu zugestehen. Deshalb müssen wir diese Versammlung auf die Annahme der Reichsverfassung beschränken. Wie kann der Reichsjustizminister sich die Gewalt zuschreiben, in alle innern Angelegenheiten der Einzelstaaten einzuschreiten. Betrachten Sie die Länder, die 5 Meilen im Umkreise von Frankfurt liegen, ihnen ist die erste Errungenschaft der Revolution, das freie Versammlungsrecht genommen. Eine andere Bestimmung jenes Erlasses der Centralgewalt, greift in die Preßgesetzgebung ein, und ich glaube nicht ob einer unserer Gerichtshöfe danach handeln darf. Es wiederholt sich hier dasjenige, was in Carlsbad vorgefallen; es ist ganz gleich ob man durch leichtsinnige Strafen die Presse fesselt, oder die Censur. Die Centralgewalt führt Krieg, Krieg mit dem eigenen Volke, Sie versammelt 10,000 Mann in Frankfurt, wie 50,000 Mann um Berlin versammelt sind. Wir können der Centralgewalt alle diese Befugnisse nicht zugestehen und ich glaube, daß ich den Antrag vollständig werde motivirt haben. Abg. Fleischer bestreitet die Dringlichkeit und verliest, zur Entgegnung des Antragstellers, Stellen aus seiner im Juli gehaltenen Reden. Er fügt hinzu, daß wir kein einziges deutsches Justizverfahren erlangen können, wenn die Gesetze erst in allen Staaten genehmigt werden müssen. Abg. v. Berg: Meine Ansichten sind mit der des Abg. Waldeck in der deutschen Angelegenheit nicht übereinstimmend, so bin ich doch einverstanden über die Dringlichkeit dieses Antrages. Wenn Sie erwägen, daß vielleicht in diesem Augenblicke schon unsere Gerichtshöfe nach den Frankfurter Erlassen urtheilen sollen, so muß doch festgesetzt werden ob wir dieselben genehmigen müssen. Wie wir den Uebergriffen der Frankfurter Versammlung vorbeugen können, sehe ich nicht ein, da uns nur die öffentliche Meinung dazu bestimmen könnte. Abg. Dunker erkennt zwar an, daß der erste Theil des Antrages ein nothwendiger ist, aber nicht so außerordentlich dringlich; der Redner laßt sich sehr weitläufig über die Competenz der Versammlung aus. Wenn aber der Abg. Waldeck so glühende Worte gegen den Kriegszustand den die Frankfurter Versammlung angeordnet gefunden, so hätte ich auch gewünscht er hätte mit glühenden Worten deren Ursache, der Mörder Lichnowski's und Auerswalds gedacht. Abg. Temme: Der Richt hat sich nicht allein darum zu bekümmern, ob ein Gesetz verfassungsmäßig verkündet, sondern auch ob das Gesetz verfassungsmäßig berathen und angenommen sei. Es kommt jetzt darauf an, welche Theilnahme uns, bei Erlassung der Gesetze zukommt. Früher hatte der König, nach dem Allge. Land-Recht allein das Recht Gesetze zu erlassen. Er war Souverain. Im Jahre 1815 wurde festgestellt, daß die Vertreter des Volkes die Gesetze berathen sollen. Aber die Volksvertretung wurde nicht eingeführt. Hierauf kam im März d. J. die Revolution. Das Gesetz vom 8. Apeil sagt, daß die gegenwärtige Versammlung die Befugniß zur Genehmigung aller Gesetze habe. Es frägt sich nun, wie es mit den von der Frankfurter Centralgewalt ausgegangenen Gesetze zu halten ist; in wie fern wir eine Berathung oder eine Genehmigung dieser Gesetze beanspruchen. Es frägt sich aber auch, zu welchen Gesetzen die Centralgewalt befugt ist. Nach den Gesetze vom 28. Juni hat sich die Centralgewalt nur mit den äußeren und allgem. Angelegenheiten Deutschlands, aber nicht mit innern zu befassen. Der Zwang eines Staatenbundes ist kein anderer, als kräftig nach Außen und frei nach Innen zu sein. Der Centralgewalt bleibt die Herstellung eines gemeinsamen Heerwesens, einer gemeinsamen Zollgesetzgebung, aber sie darf nicht in unsere Strafgesetze eingreifen. So gut wie die Frankfurter Versammlung 15 Jahre Gefängnißstrafe festsetzte, hätte sie ja auch Todesstrafe ansetzen können, die wir abgeschafft haben, können wir demnach ihre Gesetze genehmigen? Das Frankfurter Parlament war befugt, zur Sicherung eine Strafgesetzgebung von den einzelnen Staaten zu verlangen. Alle Gesetze jenes Parlaments müssen erst unsere Genehmigung erhalten. Das war die juristische Seite. Jetzt will ich zur politischen übergehen. Wir haben eine Revolution gehabt. Drei Mal waren wir im Laufe dieses Jahrhunderts unterdrückt. Die Revolution im März war eine sittliche, sie war hervorgerufen durch die Carlsbader Beschlüsse und die langjährige Unterdrückung. Ich muß aber befürchten, daß das Frankfurter Parlament auf einem falschen Wege ist. Die Centralgewalt will die freie Presse und das freie Versammlungsrecht unterdrücken. ""Wir haben die Freiheit nicht errungen, um sie an das Frankfurter Parlament wegzuwerfen."" Abg. Reichenssperger. Durch den Waldeck'schen Antrag werden wir um ein Menschenalter zurückgeworfen. Man sprach uns von Reaktion. Gab es aber je einen reaktionärern Antrag als dieser. Hätten die Minister vor einigen Wochen es gewagt, einen solchen Antrag zu machen, so würde man sie wahrscheinlich als Vaterlandsverräther in Anklagezustand versetzt haben, ein Mißtrauensvotum wäre zu wenig gewesen. - Ich will Ihnen zeigen, in welcher Weise man in Deutschland die Omnipotenz der Frankfurter Versammlung festgestellt glaubt. Es traten wohl formelle Gründe gegen die höchste Competenz dieser Versammlung auf und das Vorparlament ging darüber hinweg. Der Fünfziger-Ausschuß setzte sogar fest, daß während der Dauer der deutschen Nationalversammlung keine andere konstituirende Versammlung in den Einzelstaaten zusammenberufen werden dürfe. Sogar der König nahm in seiner Thronrede, als er unsere Versammlung eröffnete, auf diesen Beschluß Bezug und nur wegen der dringendsten Verhaltnisse wurden wir zusammenberufen. - Offenheit und Entschiedenheit ist die Pflicht eines Jeden. Sagen wir offen heraus, was wir wollen. - Man erwidert von jener Seite, daß man ja einverstanden sei, das Frankfurter Parlament habe die deutsche Reichsverfassung zu berathen. Wenn man aber der Competenz der hiesigen konstituirenden Versammlung auch andere Angelegenheiten zuschreiben will, was ich auch anerkannt habe, so steht dies auch der Frankfurter Versammlung zu. Wie soll es aber werden, wenn diese Versammlung beschließt und wir sollen erst noch unsere Zustimmung geben. Abg. Waldeck. Als im Juli der Jacobi'sche Antrag gestellt war, wurden zwei Wege der Entgegnung eingeschlagen. Der Eine, die Verdächtigung Derjenigen, welche den Antrag unterstützten. Der Andere die Competenz. Heute greift man zu denselben Mitteln. Man verdächtigt unsern Antrag. Wenn die Frankfurter Versammlung über Alles solle beschließen können, wozu sind wir denn hier versammelt. Wenn man uns entgegenstellte, daß jedes Gesetz alsdann zuvor von 38 Versammlungen genehmigt werden müsse, so muß man nicht allgemeine Gesetze mit den verwechseln, welche in den Einzelstaaten festgesetzt werden müssen. Wenn man uns vorwirft, daß wir den Tod Auerswald's und Lichnowski's nicht gemißbilligt hätten, so kann ich Ihnen erklären, daß wir diesen Mord allerdings mißbilligen, aber wir konnten dem damaligen Berg'schen Antrage nicht beistimmen, weil noch eine Truppenunterstützung mit dem Antrage untheilbar verbunden war. Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit des Antrages mit 174 gegen 173 Stimmen verworfen. Die Rechte, das rechte Cenerum und das Centrum (Partei Unruh) stimmten gegen die Dringlichkeit. - Hierauf kommt der Bericht der Kommission für Weber- und Spinner-Angelegenheiten über den D'Ester'schen Antrag zur Berathung. - Die Kommission ist der Ansicht: Die Kommission, überzeugt von der dringenden Nothwendigkeit der helfenden Mitwirkung des Staats und in Anerkennung der Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Mittel beantragt daher: Eine hohe Versammlung wolle beschließen, das Staatsministerium unter Ueberreichung der vorerwähnten Petitionen dringend zu ersuchen, unter Berücksichtigung der in den gedachten Petitionen enthaltenen Anträge und des betreffenden Antrags der Abgeordneten der Kreise Herford, Bielefeld, Halle, Minden und Lübbecke, und Wiedenbrück, ihre Subsistenz sichernde Arbeit zu verschaffen. Der Abg. Milde spricht gegen diesen Antrag, da die Staatsgelder nicht dazu da seien, um einzelne Kreise auf Kosten des ganzen Staates zu unterstützen. Er schlägt vielmehr ein Amendement vor, welches ein Associationssystem will. Nachdem mehrere Redner über diese Angelegenheit gesprochen, wird der Antrag mit einem kleinen Zusatze vom Abg. Milde einstimmig angenommen. Alsdann geht man noch zur Fortsetzung der Berathung über das Gesetz wegen Aufhebung verschiedener Lasten und Abgaben über. * Berlin, 24. Oktbr. Julius, Redakteur der "Zeitungshalle hat sich der Untersuchungshaft bekanntlich durch Flucht entzogen und auch der Steckbrief hat ihn nicht erreicht. V. Zitzewitz, bei dem hiesigen Polizeipräsidio beschäftigter Kammergerichts-Assessor, erschien heute im Lokale der Zeitungshalle, und eröffnete Julius' Vater, der Staatsanwalt habe in einer Zuschrift das Polizeipräsidium beauftragt, Julius in Kenntniß zu setzen, daß man von seiner Verhaftung abstehe. Er werde darauf antragen, daß der Prozeß gegen ihn sogleich zur Verhandlung komme. Zitzewitz fordert Julius Vater auf, Julius Sohn davon in Kenntniß zu setzen. Die Parkets gleichen sich überall, wie ein faules Ei dem andern. Die "Reform" bringt folgende Notiz: Berlin, 23. Oktbr. Heute stand der Schriftsteller Hopf als Verfasser des Gedichtes "an den König!" so wie der Drucker und der Verkäufer desselben vor Gericht unter der Anklage der Majestätsbeleidigung. Der Gerichtshof sprach das Nichtschuldig aus, weil in dem veröffentlichten Gedichte nichts enthalten sei, was die Absicht, die Person des Königs zu kränken, dokumentire, obschon, hieß es in dem Grunde des Urtheils, das Unpassende seines Inhalts von dem Gerichte wohl erkannt sei. Die "Reform" schließt mit der ultranaiven Frage: "Seit wann, fragen wir, beschäftigen sich die Gerichtshöfe mit Gedichten?" Wir erlauben uns der "Reform," deren guten Willen wir übrigens anerkennen, zu antworten, daß der eine Chenier wegen eines Gedichtes geköpft und der einzige Beranger unter der Restauration und unter Louis Philipp zuchthauslich gemaßregelt worden ist. Die "Reform" hätte vielmehr fragen sollen: Seit wann haben die Pfaffen der Jurisprudenz, diese Ritter der moralischen Weltordnung, "Sinn für Poesie," wann haben sie überhaupt "Sinn," den sens Commun gehabt? * Berlin, 24. Okt. Die "Neue Preußische Zeitung" Ritterin vom Landwehrkreuz "mit Gott für König und Vaterland," die wir dem Publikum der "N. Rh. Z." als Verdauungspulver empfehlen, bringt folgende Neuigkeiten: 1) "Vielleicht schickt Jellachich eine namhafte Anzahl aus Wien" - nämlich Mitglieder auf den Demokratenkongreß; 2) von den 84 Vereinbarern der Rheinprovinz sitzen 47 auf der rechten Seite, 7 schwanken, 7 gehören zur Linken, 23 zur äußersten Linken; 3) der selbst nach der "Kölnischen Zeitung" schwachsinnige Ferdinand von Oestreich, der kaiserliche Idiot lautet in der Sprache der N. Preuß. Z. also: "Der Kaiser von Oestreich sitzt noch auf seinem Thron, und dieser Thron, er steht fester wie ein Fels in den Wogen der Empörung. Wie ein wahrer Herrscher, der stets zugleich ein wahrer Vater, redet der Kaiser seine Völker an, und dem Worte folgt die That auf dem Fuße nach, ja sie eilt ihm voran." Die "Neue Preußische Zeitung" macht den Dalei-Lama-Dienst begreiflich und erwirbt sich so großes Verdienst um die Kulturgeschichte. Die Antwort des Ministers Bonin auf das Plakat der Kanalarbeiter ist zu unbedeutend, um sie zu geben. Nur merkwürdig, daß die Minister den Arbeitern jetzt antworten! Rothe Minister. Breslau, 22. Okt. Mittags 4 Uhr. Der Zug ist gestern Abend von Floridsdorf abgegangen. Wien ist vollständig cernirt. Die Verbindung für die Post, Parlamentäre und diplomatische Depeschen wird durch Kähne über die Donau bewerkstelligt. An dem Brückenkopf stehen die Truppen von Windischgrätz. Der französische Gesandte hat offiziell erklärt, er würde ein Bombardement von Wien für einen casus belli ansehen. Die Stadt hat auf 15 Tage Lebensmittel. Ein Wiener Offizier wurde gestern als Parlamentär in dem Lager von Windischgrätz mit verbundenen Augen herumgeführt. Ein italienisches, polnisches, ungarisches und croatisches Korps hat sich dem Kommandanten Messenhauser vollständig zur Verfügung gestellt. Auf sämmtlichen Stationen der Nordbahn sind bedeutende Militärmassen aufgestellt. (A. O.-Z.)Elbing, 18. Okt. Ueber die Vorgänge in Elbing geben wir noch folgenden Bericht der B. Z.-H.: Elbing, 18. Okt. Wie Ihnen schon bekannt, haben die hier zahlreich ihren Wittwensitz einnehmenden abgedankten Offiziere adlicher Vollblutrace einen sogenannten "Preußenverein" konstituirt, und dazu nach Weise der Reaktion, Mitglieder, besonders unter der niedern Bürger- und Volksklasse, zu werben gesucht. Zum Vorsteheramte gehören: ein gewisser, als Major verabschiedeter v. Baczko, konfiszirten Geistes; ein cidevant Lieutenant v. Sternfeld, ein Naboh durch Erbschaft von einem wildfremden Menschen; der hiesige Postmeister von Schwerin, in der Schlacht mit einem vorüberfahrenden Wagen hier, lahm blessirt, so daß er die Meinung erregt: es sei pro patria bei Belle-Alliance oder irgendwo sonst geschehen. In der Stadt und auf dem Lande wurden auf bekannte Art Proselyten geworben, und so eine Anzahl zusammengebracht. Von diesem Vereine ging nun die Idee aus, am Abend des 15. Oktober die Stadt zu illuminiren. In Betracht jedoch der bedeutenden Fortschritte, welche die Cholera hier macht, und die natürlich durch einen Zusammenfluß von Menschen auf den Straßen, und durch die Ueberfüllungen in Genussen aller Art noch mehr Nahrung erhalten würde, forderte der Magistrat, in Verbindung mit der Sanitäts-Kommission, auf, die Illumination zu unterlassen, Statt derselben aber eine Sammlung für die Cholerakranken und ihre Hinterbliebenen, zu veranstalten. Der Verein versprach es, sowie dafür zu sorgen, daß von seiner Seite keine Störungen der offentlichen Ruhe ausgehen sollten. Aber es kam anders. - Schon erregte es Besorgniß, daß Sackträger und andere Tagearbeiter Tags vorher Knüttel fertigten und fertigen ließen, welche mit Eisen beschlagen und mit scharfen eisernen Spitzen versehen waren, und durch Riemen am Arme hingen. Ein Bote Halling und Schumacher Kröning sahen sie und erzählten es öffentlich. Auch ging ein Sattler Hartung in den Branntweinhäusern umher, zeigte den Tagearbeitern die Zeichnung eines Gewehres mit Bayonnett, zugleich auch, wo sie auf dasselbe im Kampfe mit der Bürgerwehr mit ihren Knütteln schlagen müßten, um die Bayonnette zu zerbrechen. Geld und Branntwein wurden von Andern unter jene Arbeiter vertheilt, mit dem Zusatze: "erfrischt Euch und macht Euch lustig." Andere wieder traten unter Gruppen jener Arbeiter, und ermahnten sie: die Liberalen todtzuschlagen und aufzuhängen. So vorbereitet erschien der 15. Oktober. Die Bürgerwehr paradirte unter Vortragung der schwarz-weißen und schwarz-roth-goldenen Fahne, und brachte auf dem neuen Markte dem Könige, auch dem Reichsverweser, Lebehochs aus. Auf dem Platze wehten an einem Maste beide Fahnen, die preußische oben, die deutsche unter ihr. Nachdem diese Parade vorbei war, erschienen die Gewerke mit ihren Fahnen, denen sich der Preußenverein angeschlossen, unter Anführung des v. Baczko. Der Zug ging ebenfalls auf den neuen Markt, wo ein Bierschenker, bei dem sich der Preußenverein versammelt hatte, eine Art Rede hielt, die Jemand anders für ihn aufgesetzt hatte. Sonderbar genug kommen darin auch Worte der Einheit Deutschlands, und wie man daran festhalten müßte, vor. Aber das war Komodie, die ihre Erklärung schon Nachmittags dadurch erhielt, daß Seitens des Preußenvereins auf Abnahme der deutschen Fahne von jenem Maste bei der Polizei angetragen wurde. Eine Schwäche der Behörde stellt sich hier zunächst darin heraus, daß sie in die Abnahme willigte. Während alles dieses Treibens des Preußenvereins, und der durch ihn aufgeregten Menge, verhielten sich die Demokraten ruhig und in würdevoller Haltung. Es wurde immer später, und es sammelten sich immer mehr Gruppen der niedern Klassen auf den Märkten und in den Straßen, besonders in der Breitenstraße, wo Jakob von Riesen wohnt. Dieser ist einer der wackersten Bürger hiesiger Stadt, ein Wohlthäter der Armen, ein aufgeklärter Mann, ein Freund der Demokratie! Schon vorigen Jahres suchte stupide Bosheit, Brodneid und Rachsucht der Reaktianäre, ihn an seinem Eigenthume zu schädigen. Sein anderes Haus in der Kettenbrunnenstraße wurde damals theilweise demolirt. Es wurde Abend, und Mitglieder des Preußenvereins illuminirten. Wer nicht illuminirt hatte, dem wurden die Fenster eingeschlagen. Nun stellten Viele Lichte an die oberen Fenster. Das gab noch mehr Gelegenheit zum Fenstereinwerfen der unbeleuchtet gebliebenen Häuser. Wüthendes Geschrei der besoffen gemachten Menge ertönte, gemischt von Mordgeschrei. Ein Theil der Bürgerwehr trat zusammen, fraternisirte aber theilweise mit jener Bande. Generalmarsch ließ der Oberkommandeur der Bürgerwehr nicht schlagen. Warum nicht? ist unbekannt. Die zusamengekommene Bürgerwehr war zu schwach, um zu imponiren. Die Husarenschwadron saß auf. Beide verhielten sich ruhig und ließen sich, von Steinen durch die Masse geworfen, verhöhnen, verletzen. Es wurde immer toller von der Menge gehandelt, Bürgerwehrmänner schwer verletzt. Aufrufe zum Auseinandergehen fruchteten wenig, die Polizei ließ die Aufruhrakte nicht publiciren, obgleich sie dazu von Befehlshabern der Bürgerwehr aufgefordert wurde. Da endlich führte ein Theil der Bürgerwehr Bajonett-Atraken aus, es fielen auch aus ihrer Mitte einige Schüsse, gleichzeitig aber wurde, wie es heißt, aus der Gesellenherberge in der Fischerstraße, auf die Bürgerwehr geschossen, Mitglieder des Preußenvereins warfen mit Gegenständen aus den Fenstern auf die Bürgerwehr. Da endlich hauen die Husaren scharf ein und im Nu hat sich vornehmes und niederes Gesindel verlaufen! Es gab etwa ein halbes Dutzend Todte, besonders in den Reihen der Tumultuanten, und eine Menge zum Theil schwer Verwundeter. Der Chef der hiesigen Husarenschwadron suchte nämlich vergebens die Menge durch gütliche Ansprache zum Auseinandergehen zu bewegen. Es wurde auf ihn und die Husaren mit Steinen geworfen und zwei solcher Steine trafen ihn so unglücklich, daß er, schwer verletzt, besinnungslos vom Pferde stürzt. Da übernahm der Prem.-Lieut. v. Krafft das Kommande, stürzte sich mit der Schwadron auf die Brüllenden und - gesäubert waren die Straßen! Ruhe trat ein und die Nacht verging ohne weitere Störung. Der folgende Tag gestattete die Schlachtfelder in Augenschein zu nehmen, Todte und Verwundete waren fortgeschafft. Man fand das Haus eines Schumachers in der Fischerstraße, eines liberalen Mannes, demolirt, desgleichen auch zum Theil das Haus van Riesen's, das die Wüthenden sogar anzünden wollten. Jenen Schuhmacher und seinen Schwager, Beide an dem verhängnißvollen Abende in der Bürgerwehr stehend, verfolgt man jetzt, angeblich: weil durch sie Tumultuanten getödtet seien. An demselben Tage erschien ein requirirtes Kommando der ostpreußischen Jäger von 108 Mann, welche mit ihrem Gros in Braunsberg garnisoniren. Als die Tumultuanten vom vorigen Abend dies sahen, verhilten sie sich ziemlich ruhig. Doch Nachmittags schien die zweite Auflage folgen zu wollen. Es versammelten sich nämlich eine Menge Gesellen, 4 bis 500 an der Zahl, in jener Herberge in der Fischerstraße. Alle Vorübergehenden, von denen sie glaubten, daß sie zu den Demokraten gehörten, wurden in der pöbelhaftesten Weise von ihnen mit Schimpfworten verfolgt. Die vorübergehenden Jäger ließen sie hoch leben und suchten mit ihnen zu fraternisiren. Doch diese Jäger, gebildete Leute, verschmähten solche Versuche, ermahnten zur Ruhe und drohten andernfalls mit ihren Kugeln. Das und die Fertigkeit der Husarenschwadron zum Dreinschlagen setzten diese Preußen-Vereins-Menschen in Furcht. Die Ruhe wurde nicht gestört, aber das Feuer glimmt unter der Asche! Man könnte vielleicht für dauernde Ruhe bürgen, wenn die alten Pensionaire die Stadt verlassen und sich einen andern Aufenthalt wählen würden! Die Jäger sollen diese Woche durch Musketiere abgelöst werden, Elbing aber bleibende Garnison erhalten. Sehen Sie, was aus diesem meist so freisinnigen Elbing geworden! Seine Physiognomie fing sich zu ändern an gerade von der Zeit, wo die Obengenannten ihre Wittwensitze hier aufschlugen, und dann weiter von da ab, wo Monopolist Wernich mit seinem "Anzeiger" umsattelte. Troppau. An die Garden und waffenfähige Mannschaft Schlesiens! Die Sache der Freiheit steht auf dem Spiele. Freiheit oder Knechtschaft heißt die Losung! In allen Ländern der Monarchie erheben sich die Nationalgarden, die Hüter der Freiheit, um die finstern Plane einer freiheitsmörderischen Partei zu vernichten. Schlesiens Garde darf nicht zurückstehen, wo es gilt, die Freiheit gegen jeden Angriff, er komme woher er wolle, zu beschützen! - Schlesier! die Freiheit ist das höchste Gut, - sie muß gewahrt werden! Drum rüstet Euch, Ihr wißt nicht, was in der nächsten Zukunft bevorsteht! Bereitet Euch vor, wenn es sein muß, Eure Heimath zu verlassen, um für die Freiheit zu kämpfen! Euer Glück steht und fällt mit ihr! - Sobald Ihr auf den Bergen Feuerzeichen seht, pflanzt sie weiter fort, und eilt bewaffnet in die Euch nächstgelegenen Städte. Dort werdet Ihr Eure nähere Bestimmung erfahren. Wien ist auf das Furchtbarste bedrängt - Wien, der Heerd, der Hort unserer Freiheit! Vielleicht muß ein Theil von Euch mit den andern tapfern Brüdern dorthin eilen! Haltet Euch auf Alles gefaßt! Wer seinen Arm nicht mehr der Freiheit leihen kann, unterstütze ihre Vertheidigung durch andere Gaben jeder Art, mit Geld, Munition u. s. w. Namentlich Ihr, schlesische Frauen, auf Euch und Eure Vaterlandsliebe blickt die Freiheit voll Erwartung der kräftigsten Unterstützung ihrer heiligen Sache! Seid stark, einig und wachsam - dann müssen wir siegen! Die Nationalgarde Troppau's. 100 Aus dem deutschen Reiche. Fortwährend langen Unteroffiziere und Soldaten des in und bei Sigmaringen stehenden Leibregiments geschlossen in München an, um wegen Widersetzung, Insubordination u. s. w. prozessirt zu werden. Die Reichstruppen von Sigmaringen haben sich jetzt nämlich wieder in ein "baierisches" Leibregiment verwandelt. Die Reichsgewalt hat nach Lübeck Reichstruppen beordert, - die vor ihrem Marsche nach Lübeck "Oldenburger" und "Mecklenburger" hießen. Unter ihrem Schutze sind viele Verhaftungen vorgenommen worden. Das großherzoglichdarmstädtische Ministerium hat in Exekution des Reichserlasses sämmtlichen Regierungskommissaren besondere Wachsamkeit und Thätigkeit zur Verhütung und Verfolgung von Vergehen empfohlen, welche durch die Presse und die Volksversammlungen unternommen werden. Auf die Reichsarmee gestützt, verkündet der Riesenstaat Hessen-Darmstadt: "die exekutiven Behörden sollten die Gerichte in der Ausführung ihrer Befehle kräftig unterstützen und in der Anwendung der dafür zu Gebot stehenden Mitteln nicht aus ängstlicher Besorgniß wegen deren Unzulänglichkeit - zurückweichen, indem es keineswegs an Macht fehle, verbrecherische Unternehmungen niederzuhalten." Entendu? In Oberingelheim sind aus bis jetzt unbekannten Gründen um 11 Uhr des 23. Oktober preußische Reichstruppen einquartirt worden. Die Reichszeitung (zu Braunschweig erscheinend: Redakteur Andree, Jahn's Schüler) poltert gegen den Berliner demokratischen Kongreß. Der Reichsminister des Innern, Ritter Anton v. Schmerling, Exbundestagspräsident, und nach eigener, nicht bestätigter Angabe, Exwiener Barrikadenkämpfer, hat unter dem 22. Okt. ein Rundschreiben an seine Kollegen, die übrigen Minister des Innern der außerhalb des Reichs existirenden deutschen Einzelstaaten erlassen, worin er ihnen die bezüglich der Befreiung des Grundbesitzes von der Frankfurter Versammlung gefaßten Beschlüsse zur baldigen Ausführung empfiehlt. Es soll dies die gesunkene Popularität des Reichsministeriums heben. "Es bleibt aber natürlich den Einzelstaaten überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze zu vermitteln." In Hannover haben die Truppen am 18. Okt. die schwarz-roth-goldene Kokarde angelegt. Den Meiningen'schen und Koburg'schen Landen ist für den 30. Oktober das Eintreffen von 5000 bis 6000 hannöver'scher Reichstruppen mit "schwarz-roth-goldener Kokarde" angesagt. In Altenburg stellte Abg. Dölitzsch den Antrag: die Landschaft möge beschließen, daß das Ministerium das Reichsministerium um Zurückziehung der dahier conzentrirten Reichstruppen angehe. Das Ministerium erklärte natürlich, seine Stellung zur Reichsgewalt erlaube ihm keinen solchen Protest. In der 101. Sitzung der Frankfurter Versammlung (v. 23. Okt.) stellte sich der Reichs-Unterstaatssekretär, der Buchhändler Bassermann, auf demokratisch-republikanischen Boden, und entwickelte mit gewohnter Reichslogik folgende Reichskonsequenzen: 1) Frankreich sei eine Republik; die Regierung Frankreichs sei demnach eine republikanische Regierung; diese republikanische Regierung mache Gesetze zur Maßregelung der Klubs; a fortiori sei also "wohl auch" die Centralgewalt zu ähnlicher Regelung befugt. 2) In den Demokratieen herrsche das Gesetz der Majorität; die Ungarn bildeten in den aufgeregten Landestheilen Ungarns die Minderzahl; also seien die Croaten, demokratisch zu reden, gerechtfertigt. 3) Die Wiener Revolution sei ein verbrecherischer Krawall, (obwohl in dem aufgeregten Wien die Gutgesinnten in der "Minderzahl" sich befinden.) [Deutschland] [Fortsetzung] nun die Genehmigung nothwendig ist oder nicht, zu den Gesetzen der Frankfurter Versammlung hängt von der Competenz dieser und unserer Versammlung ab. Denken Sie sich den Fall, daß der Reichstag in Frankfurt in den Fall käme, Beschlüsse gegen die Rechte des Volkes zu fassen, wenn er beschlösse gegen die Bürger Wiens die auswärtigen croatischen Horden zu unterstützen, könnten wir dann diesen Beschlüssen beistimmen. Nimmermehr hat es aber in der Absicht liegen können, der Frankfurter Versammlung eine Oberherrschaft in den inneren Angelegenheiten ganz Deutschlands zu zugestehen. Deshalb müssen wir diese Versammlung auf die Annahme der Reichsverfassung beschränken. Wie kann der Reichsjustizminister sich die Gewalt zuschreiben, in alle innern Angelegenheiten der Einzelstaaten einzuschreiten. Betrachten Sie die Länder, die 5 Meilen im Umkreise von Frankfurt liegen, ihnen ist die erste Errungenschaft der Revolution, das freie Versammlungsrecht genommen. Eine andere Bestimmung jenes Erlasses der Centralgewalt, greift in die Preßgesetzgebung ein, und ich glaube nicht ob einer unserer Gerichtshöfe danach handeln darf. Es wiederholt sich hier dasjenige, was in Carlsbad vorgefallen; es ist ganz gleich ob man durch leichtsinnige Strafen die Presse fesselt, oder die Censur. Die Centralgewalt führt Krieg, Krieg mit dem eigenen Volke, Sie versammelt 10,000 Mann in Frankfurt, wie 50,000 Mann um Berlin versammelt sind. Wir können der Centralgewalt alle diese Befugnisse nicht zugestehen und ich glaube, daß ich den Antrag vollständig werde motivirt haben. Abg. Fleischer bestreitet die Dringlichkeit und verliest, zur Entgegnung des Antragstellers, Stellen aus seiner im Juli gehaltenen Reden. Er fügt hinzu, daß wir kein einziges deutsches Justizverfahren erlangen können, wenn die Gesetze erst in allen Staaten genehmigt werden müssen. Abg. v. Berg: Meine Ansichten sind mit der des Abg. Waldeck in der deutschen Angelegenheit nicht übereinstimmend, so bin ich doch einverstanden über die Dringlichkeit dieses Antrages. Wenn Sie erwägen, daß vielleicht in diesem Augenblicke schon unsere Gerichtshöfe nach den Frankfurter Erlassen urtheilen sollen, so muß doch festgesetzt werden ob wir dieselben genehmigen müssen. Wie wir den Uebergriffen der Frankfurter Versammlung vorbeugen können, sehe ich nicht ein, da uns nur die öffentliche Meinung dazu bestimmen könnte. Abg. Dunker erkennt zwar an, daß der erste Theil des Antrages ein nothwendiger ist, aber nicht so außerordentlich dringlich; der Redner laßt sich sehr weitläufig über die Competenz der Versammlung aus. Wenn aber der Abg. Waldeck so glühende Worte gegen den Kriegszustand den die Frankfurter Versammlung angeordnet gefunden, so hätte ich auch gewünscht er hätte mit glühenden Worten deren Ursache, der Mörder Lichnowski's und Auerswalds gedacht. Abg. Temme: Der Richt hat sich nicht allein darum zu bekümmern, ob ein Gesetz verfassungsmäßig verkündet, sondern auch ob das Gesetz verfassungsmäßig berathen und angenommen sei. Es kommt jetzt darauf an, welche Theilnahme uns, bei Erlassung der Gesetze zukommt. Früher hatte der König, nach dem Allge. Land-Recht allein das Recht Gesetze zu erlassen. Er war Souverain. Im Jahre 1815 wurde festgestellt, daß die Vertreter des Volkes die Gesetze berathen sollen. Aber die Volksvertretung wurde nicht eingeführt. Hierauf kam im März d. J. die Revolution. Das Gesetz vom 8. Apeil sagt, daß die gegenwärtige Versammlung die Befugniß zur Genehmigung aller Gesetze habe. Es frägt sich nun, wie es mit den von der Frankfurter Centralgewalt ausgegangenen Gesetze zu halten ist; in wie fern wir eine Berathung oder eine Genehmigung dieser Gesetze beanspruchen. Es frägt sich aber auch, zu welchen Gesetzen die Centralgewalt befugt ist. Nach den Gesetze vom 28. Juni hat sich die Centralgewalt nur mit den äußeren und allgem. Angelegenheiten Deutschlands, aber nicht mit innern zu befassen. Der Zwang eines Staatenbundes ist kein anderer, als kräftig nach Außen und frei nach Innen zu sein. Der Centralgewalt bleibt die Herstellung eines gemeinsamen Heerwesens, einer gemeinsamen Zollgesetzgebung, aber sie darf nicht in unsere Strafgesetze eingreifen. So gut wie die Frankfurter Versammlung 15 Jahre Gefängnißstrafe festsetzte, hätte sie ja auch Todesstrafe ansetzen können, die wir abgeschafft haben, können wir demnach ihre Gesetze genehmigen? Das Frankfurter Parlament war befugt, zur Sicherung eine Strafgesetzgebung von den einzelnen Staaten zu verlangen. Alle Gesetze jenes Parlaments müssen erst unsere Genehmigung erhalten. Das war die juristische Seite. Jetzt will ich zur politischen übergehen. Wir haben eine Revolution gehabt. Drei Mal waren wir im Laufe dieses Jahrhunderts unterdrückt. Die Revolution im März war eine sittliche, sie war hervorgerufen durch die Carlsbader Beschlüsse und die langjährige Unterdrückung. Ich muß aber befürchten, daß das Frankfurter Parlament auf einem falschen Wege ist. Die Centralgewalt will die freie Presse und das freie Versammlungsrecht unterdrücken. „„Wir haben die Freiheit nicht errungen, um sie an das Frankfurter Parlament wegzuwerfen.““ Abg. Reichenssperger. Durch den Waldeck'schen Antrag werden wir um ein Menschenalter zurückgeworfen. Man sprach uns von Reaktion. Gab es aber je einen reaktionärern Antrag als dieser. Hätten die Minister vor einigen Wochen es gewagt, einen solchen Antrag zu machen, so würde man sie wahrscheinlich als Vaterlandsverräther in Anklagezustand versetzt haben, ein Mißtrauensvotum wäre zu wenig gewesen. ‒ Ich will Ihnen zeigen, in welcher Weise man in Deutschland die Omnipotenz der Frankfurter Versammlung festgestellt glaubt. Es traten wohl formelle Gründe gegen die höchste Competenz dieser Versammlung auf und das Vorparlament ging darüber hinweg. Der Fünfziger-Ausschuß setzte sogar fest, daß während der Dauer der deutschen Nationalversammlung keine andere konstituirende Versammlung in den Einzelstaaten zusammenberufen werden dürfe. Sogar der König nahm in seiner Thronrede, als er unsere Versammlung eröffnete, auf diesen Beschluß Bezug und nur wegen der dringendsten Verhaltnisse wurden wir zusammenberufen. ‒ Offenheit und Entschiedenheit ist die Pflicht eines Jeden. Sagen wir offen heraus, was wir wollen. ‒ Man erwidert von jener Seite, daß man ja einverstanden sei, das Frankfurter Parlament habe die deutsche Reichsverfassung zu berathen. Wenn man aber der Competenz der hiesigen konstituirenden Versammlung auch andere Angelegenheiten zuschreiben will, was ich auch anerkannt habe, so steht dies auch der Frankfurter Versammlung zu. Wie soll es aber werden, wenn diese Versammlung beschließt und wir sollen erst noch unsere Zustimmung geben. Abg. Waldeck. Als im Juli der Jacobi'sche Antrag gestellt war, wurden zwei Wege der Entgegnung eingeschlagen. Der Eine, die Verdächtigung Derjenigen, welche den Antrag unterstützten. Der Andere die Competenz. Heute greift man zu denselben Mitteln. Man verdächtigt unsern Antrag. Wenn die Frankfurter Versammlung über Alles solle beschließen können, wozu sind wir denn hier versammelt. Wenn man uns entgegenstellte, daß jedes Gesetz alsdann zuvor von 38 Versammlungen genehmigt werden müsse, so muß man nicht allgemeine Gesetze mit den verwechseln, welche in den Einzelstaaten festgesetzt werden müssen. Wenn man uns vorwirft, daß wir den Tod Auerswald's und Lichnowski's nicht gemißbilligt hätten, so kann ich Ihnen erklären, daß wir diesen Mord allerdings mißbilligen, aber wir konnten dem damaligen Berg'schen Antrage nicht beistimmen, weil noch eine Truppenunterstützung mit dem Antrage untheilbar verbunden war. Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit des Antrages mit 174 gegen 173 Stimmen verworfen. Die Rechte, das rechte Cenerum und das Centrum (Partei Unruh) stimmten gegen die Dringlichkeit. ‒ Hierauf kommt der Bericht der Kommission für Weber- und Spinner-Angelegenheiten über den D'Ester'schen Antrag zur Berathung. ‒ Die Kommission ist der Ansicht: Die Kommission, überzeugt von der dringenden Nothwendigkeit der helfenden Mitwirkung des Staats und in Anerkennung der Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Mittel beantragt daher: Eine hohe Versammlung wolle beschließen, das Staatsministerium unter Ueberreichung der vorerwähnten Petitionen dringend zu ersuchen, unter Berücksichtigung der in den gedachten Petitionen enthaltenen Anträge und des betreffenden Antrags der Abgeordneten der Kreise Herford, Bielefeld, Halle, Minden und Lübbecke, und Wiedenbrück, ihre Subsistenz sichernde Arbeit zu verschaffen. Der Abg. Milde spricht gegen diesen Antrag, da die Staatsgelder nicht dazu da seien, um einzelne Kreise auf Kosten des ganzen Staates zu unterstützen. Er schlägt vielmehr ein Amendement vor, welches ein Associationssystem will. Nachdem mehrere Redner über diese Angelegenheit gesprochen, wird der Antrag mit einem kleinen Zusatze vom Abg. Milde einstimmig angenommen. Alsdann geht man noch zur Fortsetzung der Berathung über das Gesetz wegen Aufhebung verschiedener Lasten und Abgaben über. * Berlin, 24. Oktbr. Julius, Redakteur der „Zeitungshalle hat sich der Untersuchungshaft bekanntlich durch Flucht entzogen und auch der Steckbrief hat ihn nicht erreicht. V. Zitzewitz, bei dem hiesigen Polizeipräsidio beschäftigter Kammergerichts-Assessor, erschien heute im Lokale der Zeitungshalle, und eröffnete Julius' Vater, der Staatsanwalt habe in einer Zuschrift das Polizeipräsidium beauftragt, Julius in Kenntniß zu setzen, daß man von seiner Verhaftung abstehe. Er werde darauf antragen, daß der Prozeß gegen ihn sogleich zur Verhandlung komme. Zitzewitz fordert Julius Vater auf, Julius Sohn davon in Kenntniß zu setzen. Die Parkets gleichen sich überall, wie ein faules Ei dem andern. Die „Reform“ bringt folgende Notiz: Berlin, 23. Oktbr. Heute stand der Schriftsteller Hopf als Verfasser des Gedichtes „an den König!“ so wie der Drucker und der Verkäufer desselben vor Gericht unter der Anklage der Majestätsbeleidigung. Der Gerichtshof sprach das Nichtschuldig aus, weil in dem veröffentlichten Gedichte nichts enthalten sei, was die Absicht, die Person des Königs zu kränken, dokumentire, obschon, hieß es in dem Grunde des Urtheils, das Unpassende seines Inhalts von dem Gerichte wohl erkannt sei. Die „Reform“ schließt mit der ultranaiven Frage: „Seit wann, fragen wir, beschäftigen sich die Gerichtshöfe mit Gedichten?“ Wir erlauben uns der „Reform,“ deren guten Willen wir übrigens anerkennen, zu antworten, daß der eine Chenier wegen eines Gedichtes geköpft und der einzige Beranger unter der Restauration und unter Louis Philipp zuchthauslich gemaßregelt worden ist. Die „Reform“ hätte vielmehr fragen sollen: Seit wann haben die Pfaffen der Jurisprudenz, diese Ritter der moralischen Weltordnung, „Sinn für Poesie,“ wann haben sie überhaupt „Sinn,“ den sens Commun gehabt? * Berlin, 24. Okt. Die „Neue Preußische Zeitung“ Ritterin vom Landwehrkreuz „mit Gott für König und Vaterland,“ die wir dem Publikum der „N. Rh. Z.“ als Verdauungspulver empfehlen, bringt folgende Neuigkeiten: 1) „Vielleicht schickt Jellachich eine namhafte Anzahl aus Wien“ ‒ nämlich Mitglieder auf den Demokratenkongreß; 2) von den 84 Vereinbarern der Rheinprovinz sitzen 47 auf der rechten Seite, 7 schwanken, 7 gehören zur Linken, 23 zur äußersten Linken; 3) der selbst nach der „Kölnischen Zeitung“ schwachsinnige Ferdinand von Oestreich, der kaiserliche Idiot lautet in der Sprache der N. Preuß. Z. also: „Der Kaiser von Oestreich sitzt noch auf seinem Thron, und dieser Thron, er steht fester wie ein Fels in den Wogen der Empörung. Wie ein wahrer Herrscher, der stets zugleich ein wahrer Vater, redet der Kaiser seine Völker an, und dem Worte folgt die That auf dem Fuße nach, ja sie eilt ihm voran.“ Die „Neue Preußische Zeitung“ macht den Dalei-Lama-Dienst begreiflich und erwirbt sich so großes Verdienst um die Kulturgeschichte. Die Antwort des Ministers Bonin auf das Plakat der Kanalarbeiter ist zu unbedeutend, um sie zu geben. Nur merkwürdig, daß die Minister den Arbeitern jetzt antworten! Rothe Minister. Breslau, 22. Okt. Mittags 4 Uhr. Der Zug ist gestern Abend von Floridsdorf abgegangen. Wien ist vollständig cernirt. Die Verbindung für die Post, Parlamentäre und diplomatische Depeschen wird durch Kähne über die Donau bewerkstelligt. An dem Brückenkopf stehen die Truppen von Windischgrätz. Der französische Gesandte hat offiziell erklärt, er würde ein Bombardement von Wien für einen casus belli ansehen. Die Stadt hat auf 15 Tage Lebensmittel. Ein Wiener Offizier wurde gestern als Parlamentär in dem Lager von Windischgrätz mit verbundenen Augen herumgeführt. Ein italienisches, polnisches, ungarisches und croatisches Korps hat sich dem Kommandanten Messenhauser vollständig zur Verfügung gestellt. Auf sämmtlichen Stationen der Nordbahn sind bedeutende Militärmassen aufgestellt. (A. O.-Z.)Elbing, 18. Okt. Ueber die Vorgänge in Elbing geben wir noch folgenden Bericht der B. Z.-H.: Elbing, 18. Okt. Wie Ihnen schon bekannt, haben die hier zahlreich ihren Wittwensitz einnehmenden abgedankten Offiziere adlicher Vollblutrace einen sogenannten „Preußenverein“ konstituirt, und dazu nach Weise der Reaktion, Mitglieder, besonders unter der niedern Bürger- und Volksklasse, zu werben gesucht. Zum Vorsteheramte gehören: ein gewisser, als Major verabschiedeter v. Baczko, konfiszirten Geistes; ein cidevant Lieutenant v. Sternfeld, ein Naboh durch Erbschaft von einem wildfremden Menschen; der hiesige Postmeister von Schwerin, in der Schlacht mit einem vorüberfahrenden Wagen hier, lahm blessirt, so daß er die Meinung erregt: es sei pro patria bei Belle-Alliance oder irgendwo sonst geschehen. In der Stadt und auf dem Lande wurden auf bekannte Art Proselyten geworben, und so eine Anzahl zusammengebracht. Von diesem Vereine ging nun die Idee aus, am Abend des 15. Oktober die Stadt zu illuminiren. In Betracht jedoch der bedeutenden Fortschritte, welche die Cholera hier macht, und die natürlich durch einen Zusammenfluß von Menschen auf den Straßen, und durch die Ueberfüllungen in Genussen aller Art noch mehr Nahrung erhalten würde, forderte der Magistrat, in Verbindung mit der Sanitäts-Kommission, auf, die Illumination zu unterlassen, Statt derselben aber eine Sammlung für die Cholerakranken und ihre Hinterbliebenen, zu veranstalten. Der Verein versprach es, sowie dafür zu sorgen, daß von seiner Seite keine Störungen der offentlichen Ruhe ausgehen sollten. Aber es kam anders. ‒ Schon erregte es Besorgniß, daß Sackträger und andere Tagearbeiter Tags vorher Knüttel fertigten und fertigen ließen, welche mit Eisen beschlagen und mit scharfen eisernen Spitzen versehen waren, und durch Riemen am Arme hingen. Ein Bote Halling und Schumacher Kröning sahen sie und erzählten es öffentlich. Auch ging ein Sattler Hartung in den Branntweinhäusern umher, zeigte den Tagearbeitern die Zeichnung eines Gewehres mit Bayonnett, zugleich auch, wo sie auf dasselbe im Kampfe mit der Bürgerwehr mit ihren Knütteln schlagen müßten, um die Bayonnette zu zerbrechen. Geld und Branntwein wurden von Andern unter jene Arbeiter vertheilt, mit dem Zusatze: „erfrischt Euch und macht Euch lustig.“ Andere wieder traten unter Gruppen jener Arbeiter, und ermahnten sie: die Liberalen todtzuschlagen und aufzuhängen. So vorbereitet erschien der 15. Oktober. Die Bürgerwehr paradirte unter Vortragung der schwarz-weißen und schwarz-roth-goldenen Fahne, und brachte auf dem neuen Markte dem Könige, auch dem Reichsverweser, Lebehochs aus. Auf dem Platze wehten an einem Maste beide Fahnen, die preußische oben, die deutsche unter ihr. Nachdem diese Parade vorbei war, erschienen die Gewerke mit ihren Fahnen, denen sich der Preußenverein angeschlossen, unter Anführung des v. Baczko. Der Zug ging ebenfalls auf den neuen Markt, wo ein Bierschenker, bei dem sich der Preußenverein versammelt hatte, eine Art Rede hielt, die Jemand anders für ihn aufgesetzt hatte. Sonderbar genug kommen darin auch Worte der Einheit Deutschlands, und wie man daran festhalten müßte, vor. Aber das war Komodie, die ihre Erklärung schon Nachmittags dadurch erhielt, daß Seitens des Preußenvereins auf Abnahme der deutschen Fahne von jenem Maste bei der Polizei angetragen wurde. Eine Schwäche der Behörde stellt sich hier zunächst darin heraus, daß sie in die Abnahme willigte. Während alles dieses Treibens des Preußenvereins, und der durch ihn aufgeregten Menge, verhielten sich die Demokraten ruhig und in würdevoller Haltung. Es wurde immer später, und es sammelten sich immer mehr Gruppen der niedern Klassen auf den Märkten und in den Straßen, besonders in der Breitenstraße, wo Jakob von Riesen wohnt. Dieser ist einer der wackersten Bürger hiesiger Stadt, ein Wohlthäter der Armen, ein aufgeklärter Mann, ein Freund der Demokratie! Schon vorigen Jahres suchte stupide Bosheit, Brodneid und Rachsucht der Reaktianäre, ihn an seinem Eigenthume zu schädigen. Sein anderes Haus in der Kettenbrunnenstraße wurde damals theilweise demolirt. Es wurde Abend, und Mitglieder des Preußenvereins illuminirten. Wer nicht illuminirt hatte, dem wurden die Fenster eingeschlagen. Nun stellten Viele Lichte an die oberen Fenster. Das gab noch mehr Gelegenheit zum Fenstereinwerfen der unbeleuchtet gebliebenen Häuser. Wüthendes Geschrei der besoffen gemachten Menge ertönte, gemischt von Mordgeschrei. Ein Theil der Bürgerwehr trat zusammen, fraternisirte aber theilweise mit jener Bande. Generalmarsch ließ der Oberkommandeur der Bürgerwehr nicht schlagen. Warum nicht? ist unbekannt. Die zusamengekommene Bürgerwehr war zu schwach, um zu imponiren. Die Husarenschwadron saß auf. Beide verhielten sich ruhig und ließen sich, von Steinen durch die Masse geworfen, verhöhnen, verletzen. Es wurde immer toller von der Menge gehandelt, Bürgerwehrmänner schwer verletzt. Aufrufe zum Auseinandergehen fruchteten wenig, die Polizei ließ die Aufruhrakte nicht publiciren, obgleich sie dazu von Befehlshabern der Bürgerwehr aufgefordert wurde. Da endlich führte ein Theil der Bürgerwehr Bajonett-Atraken aus, es fielen auch aus ihrer Mitte einige Schüsse, gleichzeitig aber wurde, wie es heißt, aus der Gesellenherberge in der Fischerstraße, auf die Bürgerwehr geschossen, Mitglieder des Preußenvereins warfen mit Gegenständen aus den Fenstern auf die Bürgerwehr. Da endlich hauen die Husaren scharf ein und im Nu hat sich vornehmes und niederes Gesindel verlaufen! Es gab etwa ein halbes Dutzend Todte, besonders in den Reihen der Tumultuanten, und eine Menge zum Theil schwer Verwundeter. Der Chef der hiesigen Husarenschwadron suchte nämlich vergebens die Menge durch gütliche Ansprache zum Auseinandergehen zu bewegen. Es wurde auf ihn und die Husaren mit Steinen geworfen und zwei solcher Steine trafen ihn so unglücklich, daß er, schwer verletzt, besinnungslos vom Pferde stürzt. Da übernahm der Prem.-Lieut. v. Krafft das Kommande, stürzte sich mit der Schwadron auf die Brüllenden und ‒ gesäubert waren die Straßen! Ruhe trat ein und die Nacht verging ohne weitere Störung. Der folgende Tag gestattete die Schlachtfelder in Augenschein zu nehmen, Todte und Verwundete waren fortgeschafft. Man fand das Haus eines Schumachers in der Fischerstraße, eines liberalen Mannes, demolirt, desgleichen auch zum Theil das Haus van Riesen's, das die Wüthenden sogar anzünden wollten. Jenen Schuhmacher und seinen Schwager, Beide an dem verhängnißvollen Abende in der Bürgerwehr stehend, verfolgt man jetzt, angeblich: weil durch sie Tumultuanten getödtet seien. An demselben Tage erschien ein requirirtes Kommando der ostpreußischen Jäger von 108 Mann, welche mit ihrem Gros in Braunsberg garnisoniren. Als die Tumultuanten vom vorigen Abend dies sahen, verhilten sie sich ziemlich ruhig. Doch Nachmittags schien die zweite Auflage folgen zu wollen. Es versammelten sich nämlich eine Menge Gesellen, 4 bis 500 an der Zahl, in jener Herberge in der Fischerstraße. Alle Vorübergehenden, von denen sie glaubten, daß sie zu den Demokraten gehörten, wurden in der pöbelhaftesten Weise von ihnen mit Schimpfworten verfolgt. Die vorübergehenden Jäger ließen sie hoch leben und suchten mit ihnen zu fraternisiren. Doch diese Jäger, gebildete Leute, verschmähten solche Versuche, ermahnten zur Ruhe und drohten andernfalls mit ihren Kugeln. Das und die Fertigkeit der Husarenschwadron zum Dreinschlagen setzten diese Preußen-Vereins-Menschen in Furcht. Die Ruhe wurde nicht gestört, aber das Feuer glimmt unter der Asche! Man könnte vielleicht für dauernde Ruhe bürgen, wenn die alten Pensionaire die Stadt verlassen und sich einen andern Aufenthalt wählen würden! Die Jäger sollen diese Woche durch Musketiere abgelöst werden, Elbing aber bleibende Garnison erhalten. Sehen Sie, was aus diesem meist so freisinnigen Elbing geworden! Seine Physiognomie fing sich zu ändern an gerade von der Zeit, wo die Obengenannten ihre Wittwensitze hier aufschlugen, und dann weiter von da ab, wo Monopolist Wernich mit seinem „Anzeiger“ umsattelte. Troppau. An die Garden und waffenfähige Mannschaft Schlesiens! Die Sache der Freiheit steht auf dem Spiele. Freiheit oder Knechtschaft heißt die Losung! In allen Ländern der Monarchie erheben sich die Nationalgarden, die Hüter der Freiheit, um die finstern Plane einer freiheitsmörderischen Partei zu vernichten. Schlesiens Garde darf nicht zurückstehen, wo es gilt, die Freiheit gegen jeden Angriff, er komme woher er wolle, zu beschützen! ‒ Schlesier! die Freiheit ist das höchste Gut, ‒ sie muß gewahrt werden! Drum rüstet Euch, Ihr wißt nicht, was in der nächsten Zukunft bevorsteht! Bereitet Euch vor, wenn es sein muß, Eure Heimath zu verlassen, um für die Freiheit zu kämpfen! Euer Glück steht und fällt mit ihr! ‒ Sobald Ihr auf den Bergen Feuerzeichen seht, pflanzt sie weiter fort, und eilt bewaffnet in die Euch nächstgelegenen Städte. Dort werdet Ihr Eure nähere Bestimmung erfahren. Wien ist auf das Furchtbarste bedrängt ‒ Wien, der Heerd, der Hort unserer Freiheit! Vielleicht muß ein Theil von Euch mit den andern tapfern Brüdern dorthin eilen! Haltet Euch auf Alles gefaßt! Wer seinen Arm nicht mehr der Freiheit leihen kann, unterstütze ihre Vertheidigung durch andere Gaben jeder Art, mit Geld, Munition u. s. w. Namentlich Ihr, schlesische Frauen, auf Euch und Eure Vaterlandsliebe blickt die Freiheit voll Erwartung der kräftigsten Unterstützung ihrer heiligen Sache! Seid stark, einig und wachsam ‒ dann müssen wir siegen! Die Nationalgarde Troppau's. 100 Aus dem deutschen Reiche. Fortwährend langen Unteroffiziere und Soldaten des in und bei Sigmaringen stehenden Leibregiments geschlossen in München an, um wegen Widersetzung, Insubordination u. s. w. prozessirt zu werden. Die Reichstruppen von Sigmaringen haben sich jetzt nämlich wieder in ein „baierisches“ Leibregiment verwandelt. Die Reichsgewalt hat nach Lübeck Reichstruppen beordert, ‒ die vor ihrem Marsche nach Lübeck „Oldenburger“ und „Mecklenburger“ hießen. Unter ihrem Schutze sind viele Verhaftungen vorgenommen worden. Das großherzoglichdarmstädtische Ministerium hat in Exekution des Reichserlasses sämmtlichen Regierungskommissaren besondere Wachsamkeit und Thätigkeit zur Verhütung und Verfolgung von Vergehen empfohlen, welche durch die Presse und die Volksversammlungen unternommen werden. Auf die Reichsarmee gestützt, verkündet der Riesenstaat Hessen-Darmstadt: „die exekutiven Behörden sollten die Gerichte in der Ausführung ihrer Befehle kräftig unterstützen und in der Anwendung der dafür zu Gebot stehenden Mitteln nicht aus ängstlicher Besorgniß wegen deren Unzulänglichkeit ‒ zurückweichen, indem es keineswegs an Macht fehle, verbrecherische Unternehmungen niederzuhalten.“ Entendu? In Oberingelheim sind aus bis jetzt unbekannten Gründen um 11 Uhr des 23. Oktober preußische Reichstruppen einquartirt worden. Die Reichszeitung (zu Braunschweig erscheinend: Redakteur Andrée, Jahn's Schüler) poltert gegen den Berliner demokratischen Kongreß. Der Reichsminister des Innern, Ritter Anton v. Schmerling, Exbundestagspräsident, und nach eigener, nicht bestätigter Angabe, Exwiener Barrikadenkämpfer, hat unter dem 22. Okt. ein Rundschreiben an seine Kollegen, die übrigen Minister des Innern der außerhalb des Reichs existirenden deutschen Einzelstaaten erlassen, worin er ihnen die bezüglich der Befreiung des Grundbesitzes von der Frankfurter Versammlung gefaßten Beschlüsse zur baldigen Ausführung empfiehlt. Es soll dies die gesunkene Popularität des Reichsministeriums heben. „Es bleibt aber natürlich den Einzelstaaten überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze zu vermitteln.“ In Hannover haben die Truppen am 18. Okt. die schwarz-roth-goldene Kokarde angelegt. Den Meiningen'schen und Koburg'schen Landen ist für den 30. Oktober das Eintreffen von 5000 bis 6000 hannöver'scher Reichstruppen mit „schwarz-roth-goldener Kokarde“ angesagt. In Altenburg stellte Abg. Dölitzsch den Antrag: die Landschaft möge beschließen, daß das Ministerium das Reichsministerium um Zurückziehung der dahier conzentrirten Reichstruppen angehe. Das Ministerium erklärte natürlich, seine Stellung zur Reichsgewalt erlaube ihm keinen solchen Protest. In der 101. Sitzung der Frankfurter Versammlung (v. 23. Okt.) stellte sich der Reichs-Unterstaatssekretär, der Buchhändler Bassermann, auf demokratisch-republikanischen Boden, und entwickelte mit gewohnter Reichslogik folgende Reichskonsequenzen: 1) Frankreich sei eine Republik; die Regierung Frankreichs sei demnach eine republikanische Regierung; diese republikanische Regierung mache Gesetze zur Maßregelung der Klubs; a fortiori sei also „wohl auch“ die Centralgewalt zu ähnlicher Regelung befugt. 2) In den Demokratieen herrsche das Gesetz der Majorität; die Ungarn bildeten in den aufgeregten Landestheilen Ungarns die Minderzahl; also seien die Croaten, demokratisch zu reden, gerechtfertigt. 3) Die Wiener Revolution sei ein verbrecherischer Krawall, (obwohl in dem aufgeregten Wien die Gutgesinnten in der „Minderzahl“ sich befinden.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="0639"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar127_013" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> nun die Genehmigung nothwendig ist oder nicht, zu den Gesetzen der Frankfurter Versammlung hängt von der Competenz dieser und unserer Versammlung ab. Denken Sie sich den Fall, daß der Reichstag in Frankfurt in den Fall käme, Beschlüsse gegen die Rechte des Volkes zu fassen, wenn er beschlösse gegen die Bürger Wiens die auswärtigen croatischen Horden zu unterstützen, könnten wir dann diesen Beschlüssen beistimmen. Nimmermehr hat es aber in der Absicht liegen können, der Frankfurter Versammlung eine Oberherrschaft in den inneren Angelegenheiten ganz Deutschlands zu zugestehen. Deshalb müssen wir diese Versammlung auf die Annahme der Reichsverfassung beschränken. Wie kann der Reichsjustizminister sich die Gewalt zuschreiben, in alle innern Angelegenheiten der Einzelstaaten einzuschreiten. Betrachten Sie die Länder, die 5 Meilen im Umkreise von Frankfurt liegen, ihnen ist die erste Errungenschaft der Revolution, das freie Versammlungsrecht genommen. Eine andere Bestimmung jenes Erlasses der Centralgewalt, greift in die Preßgesetzgebung ein, und ich glaube nicht ob einer unserer Gerichtshöfe danach handeln darf. Es wiederholt sich hier dasjenige, was in Carlsbad vorgefallen; es ist ganz gleich ob man durch leichtsinnige Strafen die Presse fesselt, oder die Censur. Die Centralgewalt führt Krieg, Krieg mit dem eigenen Volke, Sie versammelt 10,000 Mann in Frankfurt, wie 50,000 Mann um Berlin versammelt sind. Wir können der Centralgewalt alle diese Befugnisse nicht zugestehen und ich glaube, daß ich den Antrag vollständig werde motivirt haben.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Fleischer</hi> bestreitet die Dringlichkeit und verliest, zur Entgegnung des Antragstellers, Stellen aus seiner im Juli gehaltenen Reden. Er fügt hinzu, daß wir kein einziges deutsches Justizverfahren erlangen können, wenn die Gesetze erst in allen Staaten genehmigt werden müssen.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">v. Berg:</hi> Meine Ansichten sind mit der des Abg. Waldeck in der deutschen Angelegenheit nicht übereinstimmend, so bin ich doch einverstanden über die Dringlichkeit dieses Antrages. Wenn Sie erwägen, daß vielleicht in diesem Augenblicke schon unsere Gerichtshöfe nach den Frankfurter Erlassen urtheilen sollen, so muß doch festgesetzt werden ob wir dieselben genehmigen müssen. Wie <hi rendition="#g">wir</hi> den Uebergriffen der Frankfurter Versammlung vorbeugen können, sehe ich nicht ein, da uns nur die öffentliche Meinung dazu bestimmen könnte.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Dunker</hi> erkennt zwar an, daß der erste Theil des Antrages ein nothwendiger ist, aber nicht so außerordentlich dringlich; der Redner laßt sich sehr weitläufig über die Competenz der Versammlung aus. Wenn aber der Abg. Waldeck so glühende Worte gegen den Kriegszustand den die Frankfurter Versammlung angeordnet gefunden, so hätte ich auch gewünscht er hätte mit glühenden Worten deren Ursache, der Mörder Lichnowski's und Auerswalds gedacht.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Temme:</hi> Der Richt hat sich nicht allein darum zu bekümmern, ob ein Gesetz verfassungsmäßig verkündet, sondern auch ob das Gesetz verfassungsmäßig berathen und angenommen sei. Es kommt jetzt darauf an, welche Theilnahme uns, bei Erlassung der Gesetze zukommt. Früher hatte der König, nach dem Allge. Land-Recht allein das Recht Gesetze zu erlassen. Er war Souverain. Im Jahre 1815 wurde festgestellt, daß die Vertreter des Volkes die Gesetze berathen sollen. Aber die Volksvertretung wurde nicht eingeführt. Hierauf kam im März d. J. die Revolution. Das Gesetz vom 8. Apeil sagt, daß die gegenwärtige Versammlung die Befugniß zur Genehmigung aller Gesetze habe. Es frägt sich nun, wie es mit den von der Frankfurter Centralgewalt ausgegangenen Gesetze zu halten ist; in wie fern wir eine Berathung oder eine Genehmigung dieser Gesetze beanspruchen. Es frägt sich aber auch, zu welchen Gesetzen die Centralgewalt befugt ist. Nach den Gesetze vom 28. Juni hat sich die Centralgewalt nur mit den äußeren und allgem. Angelegenheiten Deutschlands, aber nicht mit innern zu befassen. Der Zwang eines Staatenbundes ist kein anderer, als kräftig nach Außen und frei nach Innen zu sein. Der Centralgewalt bleibt die Herstellung eines gemeinsamen Heerwesens, einer gemeinsamen Zollgesetzgebung, aber sie darf nicht in unsere Strafgesetze eingreifen. So gut wie die Frankfurter Versammlung 15 Jahre Gefängnißstrafe festsetzte, hätte sie ja auch Todesstrafe ansetzen können, die wir abgeschafft haben, können wir demnach ihre Gesetze genehmigen? Das Frankfurter Parlament war befugt, zur Sicherung eine Strafgesetzgebung von den einzelnen Staaten zu verlangen. Alle Gesetze jenes Parlaments müssen erst unsere Genehmigung erhalten. Das war die juristische Seite. Jetzt will ich zur politischen übergehen. Wir haben eine Revolution gehabt. Drei Mal waren wir im Laufe dieses Jahrhunderts unterdrückt. Die Revolution im März war eine sittliche, sie war hervorgerufen durch die Carlsbader Beschlüsse und die langjährige Unterdrückung. Ich muß aber befürchten, daß das Frankfurter Parlament auf einem falschen Wege ist. Die Centralgewalt will die freie Presse und das freie Versammlungsrecht unterdrücken. „„Wir haben die Freiheit nicht errungen, um sie an das Frankfurter Parlament wegzuwerfen.““</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Reichenssperger.</hi> Durch den Waldeck'schen Antrag werden wir um ein Menschenalter zurückgeworfen. Man sprach uns von Reaktion. Gab es aber je einen reaktionärern Antrag als dieser. Hätten die Minister vor einigen Wochen es gewagt, einen solchen Antrag zu machen, so würde man sie wahrscheinlich als Vaterlandsverräther in Anklagezustand versetzt haben, ein Mißtrauensvotum wäre zu wenig gewesen. ‒ Ich will Ihnen zeigen, in welcher Weise man in Deutschland die Omnipotenz der Frankfurter Versammlung festgestellt glaubt. Es traten wohl formelle Gründe gegen die höchste Competenz dieser Versammlung auf und das Vorparlament ging darüber hinweg. Der Fünfziger-Ausschuß setzte sogar fest, daß während der Dauer der deutschen Nationalversammlung keine andere konstituirende Versammlung in den Einzelstaaten zusammenberufen werden dürfe. Sogar der König nahm in seiner Thronrede, als er unsere Versammlung eröffnete, auf diesen Beschluß Bezug und nur wegen der dringendsten Verhaltnisse wurden wir zusammenberufen. ‒ Offenheit und Entschiedenheit ist die Pflicht eines Jeden. Sagen wir offen heraus, was wir wollen. ‒ Man erwidert von jener Seite, daß man ja einverstanden sei, das Frankfurter Parlament habe die deutsche Reichsverfassung zu berathen. Wenn man aber der Competenz der hiesigen konstituirenden Versammlung auch andere Angelegenheiten zuschreiben will, was ich auch anerkannt habe, so steht dies auch der Frankfurter Versammlung zu. Wie soll es aber werden, wenn diese Versammlung beschließt und wir sollen erst noch unsere Zustimmung geben.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Waldeck.</hi> Als im Juli der Jacobi'sche Antrag gestellt war, wurden zwei Wege der Entgegnung eingeschlagen. Der Eine, die Verdächtigung Derjenigen, welche den Antrag unterstützten. Der Andere die Competenz. Heute greift man zu denselben Mitteln. Man verdächtigt unsern Antrag. Wenn die Frankfurter Versammlung über Alles solle beschließen können, wozu sind <hi rendition="#g">wir</hi> denn hier versammelt. Wenn man uns entgegenstellte, daß jedes Gesetz alsdann zuvor von 38 Versammlungen genehmigt werden müsse, so muß man nicht allgemeine Gesetze mit den verwechseln, welche in den Einzelstaaten festgesetzt werden müssen. Wenn man uns vorwirft, daß wir den Tod Auerswald's und Lichnowski's nicht gemißbilligt hätten, so kann ich Ihnen erklären, daß wir diesen Mord allerdings mißbilligen, aber wir konnten dem damaligen Berg'schen Antrage nicht beistimmen, weil noch eine Truppenunterstützung mit dem Antrage untheilbar verbunden war.</p> <p>Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit des Antrages mit 174 gegen 173 Stimmen verworfen. Die Rechte, das rechte Cenerum und das Centrum (Partei Unruh) stimmten gegen die Dringlichkeit. ‒</p> <p>Hierauf kommt der Bericht der Kommission für Weber- und Spinner-Angelegenheiten über den D'Ester'schen Antrag zur Berathung. ‒ Die Kommission ist der Ansicht:<lb/> 1) daß den Spinnern und Webern lohnende und ihre Subsistenz sichernde Arbeit verschafft werde;<lb/> 2) daß ihnen zu dem Zwecke angemessene Vorschüsse auf ihre industriellen Produkte gemacht werden;<lb/> 3) daß die Art und Weise der Ausführung dieser Zwecke durch Sachverständige festgestellt werde;<lb/> 4) daß die erforderlichen Mittel zur Erreichung derselben durch den Staat hergegeben werden.</p> <p>Die Kommission, überzeugt von der dringenden Nothwendigkeit der helfenden Mitwirkung des Staats und in Anerkennung der Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Mittel beantragt daher:</p> <p>Eine hohe Versammlung wolle beschließen, das Staatsministerium unter Ueberreichung der vorerwähnten Petitionen dringend zu ersuchen, unter Berücksichtigung der in den gedachten Petitionen enthaltenen Anträge und des betreffenden Antrags der Abgeordneten der Kreise Herford, Bielefeld, Halle, Minden und Lübbecke, und Wiedenbrück, ihre Subsistenz sichernde Arbeit zu verschaffen.</p> <p>Der Abg. <hi rendition="#g">Milde</hi> spricht gegen diesen Antrag, da die Staatsgelder nicht dazu da seien, um einzelne Kreise auf Kosten des ganzen Staates zu unterstützen. Er schlägt vielmehr ein Amendement vor, welches ein Associationssystem will.</p> <p>Nachdem mehrere Redner über diese Angelegenheit gesprochen, wird der Antrag mit einem kleinen Zusatze vom Abg. <hi rendition="#g">Milde</hi> einstimmig angenommen.</p> <p>Alsdann geht man noch zur Fortsetzung der Berathung über das Gesetz wegen Aufhebung verschiedener Lasten und Abgaben über.</p> </div> <div xml:id="ar127_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 24. Oktbr.</head> <p><hi rendition="#g">Julius,</hi> Redakteur der „Zeitungshalle hat sich der Untersuchungshaft bekanntlich durch Flucht entzogen und auch der Steckbrief hat ihn nicht erreicht. V. <hi rendition="#g">Zitzewitz,</hi> bei dem hiesigen Polizeipräsidio beschäftigter Kammergerichts-Assessor, erschien heute im Lokale der Zeitungshalle, und eröffnete Julius' Vater, der <hi rendition="#g">Staatsanwalt</hi> habe in einer Zuschrift das Polizeipräsidium beauftragt, Julius in Kenntniß zu setzen, daß man von seiner Verhaftung abstehe. Er werde darauf antragen, daß der Prozeß gegen ihn sogleich zur Verhandlung komme. <hi rendition="#g">Zitzewitz</hi> fordert Julius Vater auf, Julius Sohn davon in Kenntniß zu setzen. Die Parkets gleichen sich überall, wie ein faules Ei dem andern.</p> <p>Die „<hi rendition="#g">Reform</hi>“ bringt folgende Notiz:</p> <p>Berlin, 23. Oktbr. Heute stand der Schriftsteller Hopf als <choice><sic>Verfasier</sic><corr>Verfasser</corr></choice> des Gedichtes „an den König!“ so wie der Drucker und der Verkäufer desselben vor Gericht unter der Anklage der Majestätsbeleidigung. Der Gerichtshof sprach das Nichtschuldig aus, weil in dem veröffentlichten Gedichte nichts enthalten sei, was die Absicht, die Person des Königs zu kränken, dokumentire, obschon, hieß es in dem Grunde des Urtheils, das Unpassende seines Inhalts von dem Gerichte wohl erkannt sei.</p> <p>Die <hi rendition="#g">„Reform“</hi> schließt mit der ultranaiven Frage: „Seit wann, fragen wir, beschäftigen sich die Gerichtshöfe mit Gedichten?“ Wir erlauben uns der „Reform,“ deren guten Willen wir übrigens anerkennen, zu antworten, daß der eine <hi rendition="#g">Chenier</hi> wegen eines Gedichtes geköpft und der einzige <hi rendition="#g">Beranger</hi> unter der Restauration und unter Louis Philipp zuchthauslich gemaßregelt worden ist.</p> <p>Die „<hi rendition="#g">Reform</hi>“ hätte vielmehr fragen sollen: Seit wann haben die Pfaffen der Jurisprudenz, diese Ritter der moralischen Weltordnung, „Sinn für Poesie,“ wann haben sie überhaupt „Sinn,“ den sens Commun gehabt?</p> </div> <div xml:id="ar127_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 24. Okt.</head> <p>Die <hi rendition="#g">„Neue Preußische Zeitung“</hi> Ritterin vom Landwehrkreuz „mit Gott für König und Vaterland,“ die wir dem Publikum der „N. Rh. Z.“ als <hi rendition="#g">Verdauungspulver</hi> empfehlen, bringt folgende Neuigkeiten: 1) „Vielleicht schickt Jellachich eine namhafte Anzahl aus Wien“ ‒ nämlich Mitglieder auf den Demokratenkongreß; 2) von den 84 Vereinbarern der Rheinprovinz sitzen 47 auf der rechten Seite, 7 schwanken, 7 gehören zur Linken, 23 zur äußersten Linken; 3) der selbst nach der <hi rendition="#g">„Kölnischen Zeitung“</hi> schwachsinnige Ferdinand von Oestreich, der <hi rendition="#g">kaiserliche Idiot</hi> lautet in der Sprache der N. Preuß. Z. <hi rendition="#g">also:</hi> </p> <p>„Der Kaiser von Oestreich sitzt noch auf seinem Thron, und dieser Thron, er steht fester wie ein Fels in den Wogen der Empörung. Wie ein wahrer Herrscher, der stets zugleich ein wahrer Vater, redet der Kaiser seine Völker an, und dem Worte folgt die That auf dem Fuße nach, <hi rendition="#g">ja sie eilt ihm voran.</hi>“</p> <p>Die <hi rendition="#g">„Neue Preußische Zeitung“</hi> macht den <hi rendition="#g">Dalei-Lama-Dienst</hi> begreiflich und erwirbt sich so großes Verdienst um die Kulturgeschichte.</p> <p>Die Antwort des Ministers <hi rendition="#g">Bonin</hi> auf das Plakat der Kanalarbeiter ist zu unbedeutend, um sie zu geben. Nur merkwürdig, daß die Minister den Arbeitern jetzt antworten! Rothe Minister.</p> </div> <div xml:id="ar127_016" type="jArticle"> <head>Breslau, 22. Okt.</head> <p>Mittags 4 Uhr. Der Zug ist gestern Abend von Floridsdorf abgegangen. Wien ist vollständig cernirt. Die Verbindung für die Post, Parlamentäre und diplomatische Depeschen wird durch Kähne über die Donau bewerkstelligt. An dem Brückenkopf stehen die Truppen von Windischgrätz. Der französische Gesandte hat offiziell erklärt, er würde ein Bombardement von Wien für einen casus belli ansehen. Die Stadt hat auf 15 Tage Lebensmittel. Ein Wiener Offizier wurde gestern als Parlamentär in dem Lager von Windischgrätz mit verbundenen Augen herumgeführt. Ein italienisches, polnisches, ungarisches und croatisches Korps hat sich dem Kommandanten Messenhauser vollständig zur Verfügung gestellt. Auf sämmtlichen Stationen der Nordbahn sind bedeutende Militärmassen aufgestellt.</p> <bibl>(A. O.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar127_017" type="jArticle"> <head>Elbing, 18. Okt.</head> <p>Ueber die Vorgänge in Elbing geben wir noch folgenden Bericht der B. Z.-H.:</p> <p><hi rendition="#g">Elbing,</hi> 18. Okt. Wie Ihnen schon bekannt, haben die hier zahlreich ihren Wittwensitz einnehmenden abgedankten Offiziere adlicher Vollblutrace einen sogenannten „Preußenverein“ konstituirt, und dazu nach Weise der Reaktion, Mitglieder, besonders unter der niedern Bürger- und Volksklasse, zu werben gesucht. Zum Vorsteheramte gehören: ein gewisser, als Major verabschiedeter v. Baczko, konfiszirten Geistes; ein cidevant Lieutenant v. Sternfeld, ein Naboh durch Erbschaft von einem wildfremden Menschen; der hiesige Postmeister von Schwerin, in der Schlacht mit einem vorüberfahrenden Wagen hier, lahm blessirt, so daß er die Meinung erregt: es sei pro patria bei Belle-Alliance oder irgendwo sonst geschehen. In der Stadt und auf dem Lande wurden auf bekannte Art Proselyten geworben, und so eine Anzahl zusammengebracht. Von diesem Vereine ging nun die Idee aus, am Abend des 15. Oktober die Stadt zu illuminiren. In Betracht jedoch der bedeutenden Fortschritte, welche die Cholera hier macht, und die natürlich durch einen Zusammenfluß von Menschen auf den Straßen, und durch die Ueberfüllungen in Genussen aller Art noch mehr Nahrung erhalten würde, forderte der Magistrat, in Verbindung mit der Sanitäts-Kommission, auf, die Illumination zu unterlassen, Statt derselben aber eine Sammlung für die Cholerakranken und ihre Hinterbliebenen, zu veranstalten. Der Verein versprach es, sowie dafür zu sorgen, daß von seiner Seite keine Störungen der offentlichen Ruhe ausgehen sollten. Aber es kam anders. ‒ Schon erregte es Besorgniß, daß Sackträger und andere Tagearbeiter Tags vorher Knüttel fertigten und fertigen ließen, welche mit Eisen beschlagen und mit scharfen eisernen Spitzen versehen waren, und durch Riemen am Arme hingen. Ein Bote Halling und Schumacher Kröning sahen sie und erzählten es öffentlich. Auch ging ein Sattler Hartung in den Branntweinhäusern umher, zeigte den Tagearbeitern die Zeichnung eines Gewehres mit Bayonnett, zugleich auch, wo sie auf dasselbe im Kampfe mit der Bürgerwehr mit ihren Knütteln schlagen müßten, um die Bayonnette zu zerbrechen. Geld und Branntwein wurden von Andern unter jene Arbeiter vertheilt, mit dem Zusatze: „erfrischt Euch und macht Euch lustig.“ Andere wieder traten unter Gruppen jener Arbeiter, und ermahnten sie: die Liberalen todtzuschlagen und aufzuhängen. So vorbereitet erschien der 15. Oktober. Die Bürgerwehr paradirte unter Vortragung der schwarz-weißen und schwarz-roth-goldenen Fahne, und brachte auf dem neuen Markte dem Könige, auch dem Reichsverweser, Lebehochs aus. Auf dem Platze wehten an einem Maste beide Fahnen, die preußische oben, die deutsche unter ihr. Nachdem diese Parade vorbei war, erschienen die Gewerke mit ihren Fahnen, denen sich der Preußenverein angeschlossen, unter Anführung des v. Baczko. Der Zug ging ebenfalls auf den neuen Markt, wo ein Bierschenker, bei dem sich der Preußenverein versammelt hatte, eine Art Rede hielt, die Jemand anders für ihn aufgesetzt hatte. Sonderbar genug kommen darin auch Worte der Einheit Deutschlands, und wie man daran festhalten müßte, vor. Aber das war Komodie, die ihre Erklärung schon Nachmittags dadurch erhielt, daß Seitens des Preußenvereins auf Abnahme der deutschen Fahne von jenem Maste bei der Polizei angetragen wurde. Eine Schwäche der Behörde stellt sich hier zunächst darin heraus, daß sie in die Abnahme willigte. Während alles dieses Treibens des Preußenvereins, und der durch ihn aufgeregten Menge, verhielten sich die Demokraten ruhig und in würdevoller Haltung. Es wurde immer später, und es sammelten sich immer mehr Gruppen der niedern Klassen auf den Märkten und in den Straßen, besonders in der Breitenstraße, wo Jakob von Riesen wohnt. Dieser ist einer der wackersten Bürger hiesiger Stadt, ein Wohlthäter der Armen, ein aufgeklärter Mann, ein Freund der Demokratie! Schon vorigen Jahres suchte stupide Bosheit, Brodneid und Rachsucht der Reaktianäre, ihn an seinem Eigenthume zu schädigen. Sein anderes Haus in der Kettenbrunnenstraße wurde damals theilweise demolirt. Es wurde Abend, und Mitglieder des Preußenvereins illuminirten. Wer nicht illuminirt hatte, dem wurden die Fenster eingeschlagen. Nun stellten Viele Lichte an die oberen Fenster. Das gab noch mehr Gelegenheit zum Fenstereinwerfen der unbeleuchtet gebliebenen Häuser. Wüthendes Geschrei der besoffen gemachten Menge ertönte, gemischt von Mordgeschrei. Ein Theil der Bürgerwehr trat zusammen, fraternisirte aber theilweise mit jener Bande. Generalmarsch ließ der Oberkommandeur der Bürgerwehr nicht schlagen. Warum nicht? ist unbekannt. Die zusamengekommene Bürgerwehr war zu schwach, um zu imponiren. Die Husarenschwadron saß auf. Beide verhielten sich ruhig und ließen sich, von Steinen durch die Masse geworfen, verhöhnen, verletzen. Es wurde immer toller von der Menge gehandelt, Bürgerwehrmänner schwer verletzt. Aufrufe zum Auseinandergehen fruchteten wenig, die Polizei ließ die Aufruhrakte nicht publiciren, obgleich sie dazu von Befehlshabern der Bürgerwehr aufgefordert wurde. Da endlich führte ein Theil der Bürgerwehr Bajonett-Atraken aus, es fielen auch aus ihrer Mitte einige Schüsse, gleichzeitig aber wurde, wie es heißt, aus der Gesellenherberge in der Fischerstraße, auf die Bürgerwehr geschossen, Mitglieder des Preußenvereins warfen mit Gegenständen aus den Fenstern auf die Bürgerwehr. Da endlich hauen die Husaren scharf ein und im Nu hat sich vornehmes und niederes Gesindel verlaufen! Es gab etwa ein halbes Dutzend Todte, besonders in den Reihen der Tumultuanten, und eine Menge zum Theil schwer Verwundeter. Der Chef der hiesigen Husarenschwadron suchte nämlich vergebens die Menge durch gütliche Ansprache zum Auseinandergehen zu bewegen. Es wurde auf ihn und die Husaren mit Steinen geworfen und zwei solcher Steine trafen ihn so unglücklich, daß er, schwer verletzt, besinnungslos vom Pferde stürzt. Da übernahm der Prem.-Lieut. v. Krafft das Kommande, stürzte sich mit der Schwadron auf die Brüllenden und ‒ gesäubert waren die Straßen! Ruhe trat ein und die Nacht verging ohne weitere Störung. Der folgende Tag gestattete die Schlachtfelder in Augenschein zu nehmen, Todte und Verwundete waren fortgeschafft. Man fand das Haus eines Schumachers in der Fischerstraße, eines liberalen Mannes, demolirt, desgleichen auch zum Theil das Haus van Riesen's, das die Wüthenden sogar anzünden wollten. Jenen Schuhmacher und seinen Schwager, Beide an dem verhängnißvollen Abende in der Bürgerwehr stehend, verfolgt man jetzt, angeblich: weil durch sie Tumultuanten getödtet seien. An demselben Tage erschien ein requirirtes Kommando der ostpreußischen Jäger von 108 Mann, welche mit ihrem Gros in Braunsberg garnisoniren. Als die Tumultuanten vom vorigen Abend dies sahen, verhilten sie sich ziemlich ruhig. Doch Nachmittags schien die zweite Auflage folgen zu wollen. Es versammelten sich nämlich eine Menge Gesellen, 4 bis 500 an der Zahl, in jener Herberge in der Fischerstraße. Alle Vorübergehenden, von denen sie glaubten, daß sie zu den Demokraten gehörten, wurden in der pöbelhaftesten Weise von ihnen mit Schimpfworten verfolgt. Die vorübergehenden Jäger ließen sie hoch leben und suchten mit ihnen zu fraternisiren. Doch diese Jäger, gebildete Leute, verschmähten solche Versuche, ermahnten zur Ruhe und drohten andernfalls mit ihren Kugeln. Das und die Fertigkeit der Husarenschwadron zum Dreinschlagen setzten diese Preußen-Vereins-Menschen in Furcht. Die Ruhe wurde nicht gestört, aber das Feuer glimmt unter der Asche! Man könnte vielleicht für dauernde Ruhe bürgen, wenn die alten Pensionaire die Stadt verlassen und sich einen andern Aufenthalt wählen würden! Die Jäger sollen diese Woche durch Musketiere abgelöst werden, Elbing aber bleibende Garnison erhalten. Sehen Sie, was aus diesem meist so freisinnigen Elbing geworden! Seine Physiognomie fing sich zu ändern an gerade von der Zeit, wo die Obengenannten ihre Wittwensitze hier aufschlugen, und dann weiter von da ab, wo Monopolist Wernich mit seinem „Anzeiger“ umsattelte.</p> </div> <div xml:id="ar127_018" type="jArticle"> <head>Troppau.</head> <p>An die Garden und waffenfähige Mannschaft Schlesiens!</p> <p>Die Sache der Freiheit steht auf dem Spiele. Freiheit oder Knechtschaft heißt die Losung! In allen Ländern der Monarchie erheben sich die Nationalgarden, die Hüter der Freiheit, um die finstern Plane einer freiheitsmörderischen Partei zu vernichten. Schlesiens Garde darf nicht zurückstehen, wo es gilt, die Freiheit gegen jeden Angriff, er komme woher er wolle, zu beschützen! ‒ Schlesier! die Freiheit ist das höchste Gut, ‒ sie muß gewahrt werden! Drum rüstet Euch, Ihr wißt nicht, was in der nächsten Zukunft bevorsteht! Bereitet Euch vor, wenn es sein muß, Eure Heimath zu verlassen, um für die Freiheit zu kämpfen! Euer Glück steht und fällt mit ihr! ‒ Sobald Ihr auf den Bergen Feuerzeichen seht, pflanzt sie weiter fort, und eilt bewaffnet in die Euch nächstgelegenen Städte. Dort werdet Ihr Eure nähere Bestimmung erfahren. Wien ist auf das Furchtbarste bedrängt ‒ Wien, der Heerd, der Hort unserer Freiheit! Vielleicht muß ein Theil von Euch mit den andern tapfern Brüdern dorthin eilen! Haltet Euch auf Alles gefaßt! Wer seinen Arm nicht mehr der Freiheit leihen kann, unterstütze ihre Vertheidigung durch andere Gaben jeder Art, mit Geld, Munition u. s. w. Namentlich Ihr, schlesische Frauen, auf Euch und Eure Vaterlandsliebe blickt die Freiheit voll Erwartung der kräftigsten Unterstützung ihrer heiligen Sache! Seid stark, einig und wachsam ‒ dann müssen wir siegen!</p> <p> <hi rendition="#g">Die Nationalgarde Troppau's.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar127_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>100</author></bibl> Aus dem deutschen Reiche.</head> <p>Fortwährend langen Unteroffiziere und Soldaten des in und bei Sigmaringen stehenden Leibregiments geschlossen in <hi rendition="#g">München</hi> an, um wegen Widersetzung, Insubordination u. s. w. prozessirt zu werden.</p> <p>Die <hi rendition="#g">Reichstruppen</hi> von Sigmaringen haben sich jetzt nämlich wieder in ein „baierisches“ Leibregiment verwandelt.</p> <p>Die Reichsgewalt hat nach <hi rendition="#g">Lübeck</hi> Reichstruppen beordert, ‒ die vor ihrem Marsche nach Lübeck „Oldenburger“ und „Mecklenburger“ hießen. Unter ihrem Schutze sind viele Verhaftungen vorgenommen worden.</p> <p>Das <hi rendition="#g">großherzoglichdarmstädtische</hi> Ministerium hat in Exekution des Reichserlasses sämmtlichen Regierungskommissaren besondere Wachsamkeit und Thätigkeit zur Verhütung und Verfolgung von Vergehen empfohlen, welche durch die Presse und die Volksversammlungen unternommen werden. Auf die Reichsarmee gestützt, verkündet der Riesenstaat Hessen-Darmstadt: „die exekutiven Behörden sollten die Gerichte in der Ausführung ihrer Befehle kräftig unterstützen und in der Anwendung der dafür zu Gebot stehenden Mitteln nicht aus ängstlicher Besorgniß wegen deren Unzulänglichkeit ‒ zurückweichen, indem es keineswegs an Macht fehle, verbrecherische Unternehmungen niederzuhalten.“ Entendu?</p> <p>In <hi rendition="#g">Oberingelheim</hi> sind aus bis jetzt unbekannten Gründen um 11 Uhr des 23. Oktober preußische <hi rendition="#g">Reichstruppen</hi> einquartirt worden.</p> <p>Die <hi rendition="#g">Reichszeitung</hi> (zu Braunschweig erscheinend: Redakteur <hi rendition="#g">Andrée,</hi> Jahn's Schüler) poltert gegen den Berliner demokratischen Kongreß.</p> <p>Der <hi rendition="#g">Reichsminister</hi> des Innern, Ritter Anton v. <hi rendition="#g">Schmerling,</hi> Exbundestagspräsident, und nach eigener, nicht bestätigter Angabe, Exwiener Barrikadenkämpfer, hat unter dem 22. Okt. ein Rundschreiben an seine Kollegen, die übrigen Minister des Innern der außerhalb des Reichs existirenden deutschen Einzelstaaten erlassen, worin er ihnen die bezüglich der Befreiung des Grundbesitzes von der Frankfurter Versammlung gefaßten Beschlüsse zur baldigen Ausführung empfiehlt. Es soll dies die gesunkene Popularität des Reichsministeriums heben. „Es bleibt aber natürlich den Einzelstaaten überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze zu vermitteln.“</p> <p>In <hi rendition="#g">Hannover</hi> haben die Truppen am 18. Okt. die schwarz-roth-goldene Kokarde angelegt.</p> <p>Den <hi rendition="#g">Meiningen'schen</hi> und <hi rendition="#g">Koburg'schen</hi> Landen ist für den 30. Oktober das Eintreffen von 5000 bis 6000 <hi rendition="#g">hannöver'scher</hi> Reichstruppen mit „schwarz-roth-goldener Kokarde“ angesagt.</p> <p>In <hi rendition="#g">Altenburg</hi> stellte Abg. Dölitzsch den Antrag: die Landschaft möge beschließen, daß das Ministerium das <hi rendition="#g">Reichsministerium</hi> um Zurückziehung der dahier conzentrirten Reichstruppen angehe. Das Ministerium erklärte natürlich, seine Stellung zur Reichsgewalt erlaube ihm keinen solchen Protest.</p> <p>In der 101. Sitzung der Frankfurter Versammlung (v. 23. Okt.) stellte sich der Reichs-Unterstaatssekretär, der Buchhändler <hi rendition="#g">Bassermann,</hi> auf demokratisch-republikanischen Boden, und entwickelte mit gewohnter Reichslogik folgende Reichskonsequenzen:</p> <p>1) Frankreich sei eine <hi rendition="#g">Republik;</hi> die Regierung Frankreichs sei demnach eine republikanische Regierung; diese republikanische Regierung mache Gesetze zur Maßregelung der Klubs; a fortiori sei <hi rendition="#g">also</hi> „wohl auch“ die Centralgewalt zu ähnlicher Regelung befugt.</p> <p>2) In den <hi rendition="#g">Demokratieen</hi> herrsche das Gesetz der Majorität; die <hi rendition="#g">Ungarn</hi> bildeten in den aufgeregten Landestheilen Ungarns die Minderzahl; also seien die <hi rendition="#g">Croaten,</hi> demokratisch zu reden, gerechtfertigt.</p> <p>3) Die <hi rendition="#g">Wiener</hi> Revolution sei ein verbrecherischer Krawall, (obwohl in dem aufgeregten Wien die Gutgesinnten in der „Minderzahl“ sich befinden.)</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0639/0003]
[Deutschland] [Fortsetzung] nun die Genehmigung nothwendig ist oder nicht, zu den Gesetzen der Frankfurter Versammlung hängt von der Competenz dieser und unserer Versammlung ab. Denken Sie sich den Fall, daß der Reichstag in Frankfurt in den Fall käme, Beschlüsse gegen die Rechte des Volkes zu fassen, wenn er beschlösse gegen die Bürger Wiens die auswärtigen croatischen Horden zu unterstützen, könnten wir dann diesen Beschlüssen beistimmen. Nimmermehr hat es aber in der Absicht liegen können, der Frankfurter Versammlung eine Oberherrschaft in den inneren Angelegenheiten ganz Deutschlands zu zugestehen. Deshalb müssen wir diese Versammlung auf die Annahme der Reichsverfassung beschränken. Wie kann der Reichsjustizminister sich die Gewalt zuschreiben, in alle innern Angelegenheiten der Einzelstaaten einzuschreiten. Betrachten Sie die Länder, die 5 Meilen im Umkreise von Frankfurt liegen, ihnen ist die erste Errungenschaft der Revolution, das freie Versammlungsrecht genommen. Eine andere Bestimmung jenes Erlasses der Centralgewalt, greift in die Preßgesetzgebung ein, und ich glaube nicht ob einer unserer Gerichtshöfe danach handeln darf. Es wiederholt sich hier dasjenige, was in Carlsbad vorgefallen; es ist ganz gleich ob man durch leichtsinnige Strafen die Presse fesselt, oder die Censur. Die Centralgewalt führt Krieg, Krieg mit dem eigenen Volke, Sie versammelt 10,000 Mann in Frankfurt, wie 50,000 Mann um Berlin versammelt sind. Wir können der Centralgewalt alle diese Befugnisse nicht zugestehen und ich glaube, daß ich den Antrag vollständig werde motivirt haben.
Abg. Fleischer bestreitet die Dringlichkeit und verliest, zur Entgegnung des Antragstellers, Stellen aus seiner im Juli gehaltenen Reden. Er fügt hinzu, daß wir kein einziges deutsches Justizverfahren erlangen können, wenn die Gesetze erst in allen Staaten genehmigt werden müssen.
Abg. v. Berg: Meine Ansichten sind mit der des Abg. Waldeck in der deutschen Angelegenheit nicht übereinstimmend, so bin ich doch einverstanden über die Dringlichkeit dieses Antrages. Wenn Sie erwägen, daß vielleicht in diesem Augenblicke schon unsere Gerichtshöfe nach den Frankfurter Erlassen urtheilen sollen, so muß doch festgesetzt werden ob wir dieselben genehmigen müssen. Wie wir den Uebergriffen der Frankfurter Versammlung vorbeugen können, sehe ich nicht ein, da uns nur die öffentliche Meinung dazu bestimmen könnte.
Abg. Dunker erkennt zwar an, daß der erste Theil des Antrages ein nothwendiger ist, aber nicht so außerordentlich dringlich; der Redner laßt sich sehr weitläufig über die Competenz der Versammlung aus. Wenn aber der Abg. Waldeck so glühende Worte gegen den Kriegszustand den die Frankfurter Versammlung angeordnet gefunden, so hätte ich auch gewünscht er hätte mit glühenden Worten deren Ursache, der Mörder Lichnowski's und Auerswalds gedacht.
Abg. Temme: Der Richt hat sich nicht allein darum zu bekümmern, ob ein Gesetz verfassungsmäßig verkündet, sondern auch ob das Gesetz verfassungsmäßig berathen und angenommen sei. Es kommt jetzt darauf an, welche Theilnahme uns, bei Erlassung der Gesetze zukommt. Früher hatte der König, nach dem Allge. Land-Recht allein das Recht Gesetze zu erlassen. Er war Souverain. Im Jahre 1815 wurde festgestellt, daß die Vertreter des Volkes die Gesetze berathen sollen. Aber die Volksvertretung wurde nicht eingeführt. Hierauf kam im März d. J. die Revolution. Das Gesetz vom 8. Apeil sagt, daß die gegenwärtige Versammlung die Befugniß zur Genehmigung aller Gesetze habe. Es frägt sich nun, wie es mit den von der Frankfurter Centralgewalt ausgegangenen Gesetze zu halten ist; in wie fern wir eine Berathung oder eine Genehmigung dieser Gesetze beanspruchen. Es frägt sich aber auch, zu welchen Gesetzen die Centralgewalt befugt ist. Nach den Gesetze vom 28. Juni hat sich die Centralgewalt nur mit den äußeren und allgem. Angelegenheiten Deutschlands, aber nicht mit innern zu befassen. Der Zwang eines Staatenbundes ist kein anderer, als kräftig nach Außen und frei nach Innen zu sein. Der Centralgewalt bleibt die Herstellung eines gemeinsamen Heerwesens, einer gemeinsamen Zollgesetzgebung, aber sie darf nicht in unsere Strafgesetze eingreifen. So gut wie die Frankfurter Versammlung 15 Jahre Gefängnißstrafe festsetzte, hätte sie ja auch Todesstrafe ansetzen können, die wir abgeschafft haben, können wir demnach ihre Gesetze genehmigen? Das Frankfurter Parlament war befugt, zur Sicherung eine Strafgesetzgebung von den einzelnen Staaten zu verlangen. Alle Gesetze jenes Parlaments müssen erst unsere Genehmigung erhalten. Das war die juristische Seite. Jetzt will ich zur politischen übergehen. Wir haben eine Revolution gehabt. Drei Mal waren wir im Laufe dieses Jahrhunderts unterdrückt. Die Revolution im März war eine sittliche, sie war hervorgerufen durch die Carlsbader Beschlüsse und die langjährige Unterdrückung. Ich muß aber befürchten, daß das Frankfurter Parlament auf einem falschen Wege ist. Die Centralgewalt will die freie Presse und das freie Versammlungsrecht unterdrücken. „„Wir haben die Freiheit nicht errungen, um sie an das Frankfurter Parlament wegzuwerfen.““
Abg. Reichenssperger. Durch den Waldeck'schen Antrag werden wir um ein Menschenalter zurückgeworfen. Man sprach uns von Reaktion. Gab es aber je einen reaktionärern Antrag als dieser. Hätten die Minister vor einigen Wochen es gewagt, einen solchen Antrag zu machen, so würde man sie wahrscheinlich als Vaterlandsverräther in Anklagezustand versetzt haben, ein Mißtrauensvotum wäre zu wenig gewesen. ‒ Ich will Ihnen zeigen, in welcher Weise man in Deutschland die Omnipotenz der Frankfurter Versammlung festgestellt glaubt. Es traten wohl formelle Gründe gegen die höchste Competenz dieser Versammlung auf und das Vorparlament ging darüber hinweg. Der Fünfziger-Ausschuß setzte sogar fest, daß während der Dauer der deutschen Nationalversammlung keine andere konstituirende Versammlung in den Einzelstaaten zusammenberufen werden dürfe. Sogar der König nahm in seiner Thronrede, als er unsere Versammlung eröffnete, auf diesen Beschluß Bezug und nur wegen der dringendsten Verhaltnisse wurden wir zusammenberufen. ‒ Offenheit und Entschiedenheit ist die Pflicht eines Jeden. Sagen wir offen heraus, was wir wollen. ‒ Man erwidert von jener Seite, daß man ja einverstanden sei, das Frankfurter Parlament habe die deutsche Reichsverfassung zu berathen. Wenn man aber der Competenz der hiesigen konstituirenden Versammlung auch andere Angelegenheiten zuschreiben will, was ich auch anerkannt habe, so steht dies auch der Frankfurter Versammlung zu. Wie soll es aber werden, wenn diese Versammlung beschließt und wir sollen erst noch unsere Zustimmung geben.
Abg. Waldeck. Als im Juli der Jacobi'sche Antrag gestellt war, wurden zwei Wege der Entgegnung eingeschlagen. Der Eine, die Verdächtigung Derjenigen, welche den Antrag unterstützten. Der Andere die Competenz. Heute greift man zu denselben Mitteln. Man verdächtigt unsern Antrag. Wenn die Frankfurter Versammlung über Alles solle beschließen können, wozu sind wir denn hier versammelt. Wenn man uns entgegenstellte, daß jedes Gesetz alsdann zuvor von 38 Versammlungen genehmigt werden müsse, so muß man nicht allgemeine Gesetze mit den verwechseln, welche in den Einzelstaaten festgesetzt werden müssen. Wenn man uns vorwirft, daß wir den Tod Auerswald's und Lichnowski's nicht gemißbilligt hätten, so kann ich Ihnen erklären, daß wir diesen Mord allerdings mißbilligen, aber wir konnten dem damaligen Berg'schen Antrage nicht beistimmen, weil noch eine Truppenunterstützung mit dem Antrage untheilbar verbunden war.
Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit des Antrages mit 174 gegen 173 Stimmen verworfen. Die Rechte, das rechte Cenerum und das Centrum (Partei Unruh) stimmten gegen die Dringlichkeit. ‒
Hierauf kommt der Bericht der Kommission für Weber- und Spinner-Angelegenheiten über den D'Ester'schen Antrag zur Berathung. ‒ Die Kommission ist der Ansicht:
1) daß den Spinnern und Webern lohnende und ihre Subsistenz sichernde Arbeit verschafft werde;
2) daß ihnen zu dem Zwecke angemessene Vorschüsse auf ihre industriellen Produkte gemacht werden;
3) daß die Art und Weise der Ausführung dieser Zwecke durch Sachverständige festgestellt werde;
4) daß die erforderlichen Mittel zur Erreichung derselben durch den Staat hergegeben werden.
Die Kommission, überzeugt von der dringenden Nothwendigkeit der helfenden Mitwirkung des Staats und in Anerkennung der Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Mittel beantragt daher:
Eine hohe Versammlung wolle beschließen, das Staatsministerium unter Ueberreichung der vorerwähnten Petitionen dringend zu ersuchen, unter Berücksichtigung der in den gedachten Petitionen enthaltenen Anträge und des betreffenden Antrags der Abgeordneten der Kreise Herford, Bielefeld, Halle, Minden und Lübbecke, und Wiedenbrück, ihre Subsistenz sichernde Arbeit zu verschaffen.
Der Abg. Milde spricht gegen diesen Antrag, da die Staatsgelder nicht dazu da seien, um einzelne Kreise auf Kosten des ganzen Staates zu unterstützen. Er schlägt vielmehr ein Amendement vor, welches ein Associationssystem will.
Nachdem mehrere Redner über diese Angelegenheit gesprochen, wird der Antrag mit einem kleinen Zusatze vom Abg. Milde einstimmig angenommen.
Alsdann geht man noch zur Fortsetzung der Berathung über das Gesetz wegen Aufhebung verschiedener Lasten und Abgaben über.
* Berlin, 24. Oktbr. Julius, Redakteur der „Zeitungshalle hat sich der Untersuchungshaft bekanntlich durch Flucht entzogen und auch der Steckbrief hat ihn nicht erreicht. V. Zitzewitz, bei dem hiesigen Polizeipräsidio beschäftigter Kammergerichts-Assessor, erschien heute im Lokale der Zeitungshalle, und eröffnete Julius' Vater, der Staatsanwalt habe in einer Zuschrift das Polizeipräsidium beauftragt, Julius in Kenntniß zu setzen, daß man von seiner Verhaftung abstehe. Er werde darauf antragen, daß der Prozeß gegen ihn sogleich zur Verhandlung komme. Zitzewitz fordert Julius Vater auf, Julius Sohn davon in Kenntniß zu setzen. Die Parkets gleichen sich überall, wie ein faules Ei dem andern.
Die „Reform“ bringt folgende Notiz:
Berlin, 23. Oktbr. Heute stand der Schriftsteller Hopf als Verfasser des Gedichtes „an den König!“ so wie der Drucker und der Verkäufer desselben vor Gericht unter der Anklage der Majestätsbeleidigung. Der Gerichtshof sprach das Nichtschuldig aus, weil in dem veröffentlichten Gedichte nichts enthalten sei, was die Absicht, die Person des Königs zu kränken, dokumentire, obschon, hieß es in dem Grunde des Urtheils, das Unpassende seines Inhalts von dem Gerichte wohl erkannt sei.
Die „Reform“ schließt mit der ultranaiven Frage: „Seit wann, fragen wir, beschäftigen sich die Gerichtshöfe mit Gedichten?“ Wir erlauben uns der „Reform,“ deren guten Willen wir übrigens anerkennen, zu antworten, daß der eine Chenier wegen eines Gedichtes geköpft und der einzige Beranger unter der Restauration und unter Louis Philipp zuchthauslich gemaßregelt worden ist.
Die „Reform“ hätte vielmehr fragen sollen: Seit wann haben die Pfaffen der Jurisprudenz, diese Ritter der moralischen Weltordnung, „Sinn für Poesie,“ wann haben sie überhaupt „Sinn,“ den sens Commun gehabt?
* Berlin, 24. Okt. Die „Neue Preußische Zeitung“ Ritterin vom Landwehrkreuz „mit Gott für König und Vaterland,“ die wir dem Publikum der „N. Rh. Z.“ als Verdauungspulver empfehlen, bringt folgende Neuigkeiten: 1) „Vielleicht schickt Jellachich eine namhafte Anzahl aus Wien“ ‒ nämlich Mitglieder auf den Demokratenkongreß; 2) von den 84 Vereinbarern der Rheinprovinz sitzen 47 auf der rechten Seite, 7 schwanken, 7 gehören zur Linken, 23 zur äußersten Linken; 3) der selbst nach der „Kölnischen Zeitung“ schwachsinnige Ferdinand von Oestreich, der kaiserliche Idiot lautet in der Sprache der N. Preuß. Z. also:
„Der Kaiser von Oestreich sitzt noch auf seinem Thron, und dieser Thron, er steht fester wie ein Fels in den Wogen der Empörung. Wie ein wahrer Herrscher, der stets zugleich ein wahrer Vater, redet der Kaiser seine Völker an, und dem Worte folgt die That auf dem Fuße nach, ja sie eilt ihm voran.“
Die „Neue Preußische Zeitung“ macht den Dalei-Lama-Dienst begreiflich und erwirbt sich so großes Verdienst um die Kulturgeschichte.
Die Antwort des Ministers Bonin auf das Plakat der Kanalarbeiter ist zu unbedeutend, um sie zu geben. Nur merkwürdig, daß die Minister den Arbeitern jetzt antworten! Rothe Minister.
Breslau, 22. Okt. Mittags 4 Uhr. Der Zug ist gestern Abend von Floridsdorf abgegangen. Wien ist vollständig cernirt. Die Verbindung für die Post, Parlamentäre und diplomatische Depeschen wird durch Kähne über die Donau bewerkstelligt. An dem Brückenkopf stehen die Truppen von Windischgrätz. Der französische Gesandte hat offiziell erklärt, er würde ein Bombardement von Wien für einen casus belli ansehen. Die Stadt hat auf 15 Tage Lebensmittel. Ein Wiener Offizier wurde gestern als Parlamentär in dem Lager von Windischgrätz mit verbundenen Augen herumgeführt. Ein italienisches, polnisches, ungarisches und croatisches Korps hat sich dem Kommandanten Messenhauser vollständig zur Verfügung gestellt. Auf sämmtlichen Stationen der Nordbahn sind bedeutende Militärmassen aufgestellt.
(A. O.-Z.) Elbing, 18. Okt. Ueber die Vorgänge in Elbing geben wir noch folgenden Bericht der B. Z.-H.:
Elbing, 18. Okt. Wie Ihnen schon bekannt, haben die hier zahlreich ihren Wittwensitz einnehmenden abgedankten Offiziere adlicher Vollblutrace einen sogenannten „Preußenverein“ konstituirt, und dazu nach Weise der Reaktion, Mitglieder, besonders unter der niedern Bürger- und Volksklasse, zu werben gesucht. Zum Vorsteheramte gehören: ein gewisser, als Major verabschiedeter v. Baczko, konfiszirten Geistes; ein cidevant Lieutenant v. Sternfeld, ein Naboh durch Erbschaft von einem wildfremden Menschen; der hiesige Postmeister von Schwerin, in der Schlacht mit einem vorüberfahrenden Wagen hier, lahm blessirt, so daß er die Meinung erregt: es sei pro patria bei Belle-Alliance oder irgendwo sonst geschehen. In der Stadt und auf dem Lande wurden auf bekannte Art Proselyten geworben, und so eine Anzahl zusammengebracht. Von diesem Vereine ging nun die Idee aus, am Abend des 15. Oktober die Stadt zu illuminiren. In Betracht jedoch der bedeutenden Fortschritte, welche die Cholera hier macht, und die natürlich durch einen Zusammenfluß von Menschen auf den Straßen, und durch die Ueberfüllungen in Genussen aller Art noch mehr Nahrung erhalten würde, forderte der Magistrat, in Verbindung mit der Sanitäts-Kommission, auf, die Illumination zu unterlassen, Statt derselben aber eine Sammlung für die Cholerakranken und ihre Hinterbliebenen, zu veranstalten. Der Verein versprach es, sowie dafür zu sorgen, daß von seiner Seite keine Störungen der offentlichen Ruhe ausgehen sollten. Aber es kam anders. ‒ Schon erregte es Besorgniß, daß Sackträger und andere Tagearbeiter Tags vorher Knüttel fertigten und fertigen ließen, welche mit Eisen beschlagen und mit scharfen eisernen Spitzen versehen waren, und durch Riemen am Arme hingen. Ein Bote Halling und Schumacher Kröning sahen sie und erzählten es öffentlich. Auch ging ein Sattler Hartung in den Branntweinhäusern umher, zeigte den Tagearbeitern die Zeichnung eines Gewehres mit Bayonnett, zugleich auch, wo sie auf dasselbe im Kampfe mit der Bürgerwehr mit ihren Knütteln schlagen müßten, um die Bayonnette zu zerbrechen. Geld und Branntwein wurden von Andern unter jene Arbeiter vertheilt, mit dem Zusatze: „erfrischt Euch und macht Euch lustig.“ Andere wieder traten unter Gruppen jener Arbeiter, und ermahnten sie: die Liberalen todtzuschlagen und aufzuhängen. So vorbereitet erschien der 15. Oktober. Die Bürgerwehr paradirte unter Vortragung der schwarz-weißen und schwarz-roth-goldenen Fahne, und brachte auf dem neuen Markte dem Könige, auch dem Reichsverweser, Lebehochs aus. Auf dem Platze wehten an einem Maste beide Fahnen, die preußische oben, die deutsche unter ihr. Nachdem diese Parade vorbei war, erschienen die Gewerke mit ihren Fahnen, denen sich der Preußenverein angeschlossen, unter Anführung des v. Baczko. Der Zug ging ebenfalls auf den neuen Markt, wo ein Bierschenker, bei dem sich der Preußenverein versammelt hatte, eine Art Rede hielt, die Jemand anders für ihn aufgesetzt hatte. Sonderbar genug kommen darin auch Worte der Einheit Deutschlands, und wie man daran festhalten müßte, vor. Aber das war Komodie, die ihre Erklärung schon Nachmittags dadurch erhielt, daß Seitens des Preußenvereins auf Abnahme der deutschen Fahne von jenem Maste bei der Polizei angetragen wurde. Eine Schwäche der Behörde stellt sich hier zunächst darin heraus, daß sie in die Abnahme willigte. Während alles dieses Treibens des Preußenvereins, und der durch ihn aufgeregten Menge, verhielten sich die Demokraten ruhig und in würdevoller Haltung. Es wurde immer später, und es sammelten sich immer mehr Gruppen der niedern Klassen auf den Märkten und in den Straßen, besonders in der Breitenstraße, wo Jakob von Riesen wohnt. Dieser ist einer der wackersten Bürger hiesiger Stadt, ein Wohlthäter der Armen, ein aufgeklärter Mann, ein Freund der Demokratie! Schon vorigen Jahres suchte stupide Bosheit, Brodneid und Rachsucht der Reaktianäre, ihn an seinem Eigenthume zu schädigen. Sein anderes Haus in der Kettenbrunnenstraße wurde damals theilweise demolirt. Es wurde Abend, und Mitglieder des Preußenvereins illuminirten. Wer nicht illuminirt hatte, dem wurden die Fenster eingeschlagen. Nun stellten Viele Lichte an die oberen Fenster. Das gab noch mehr Gelegenheit zum Fenstereinwerfen der unbeleuchtet gebliebenen Häuser. Wüthendes Geschrei der besoffen gemachten Menge ertönte, gemischt von Mordgeschrei. Ein Theil der Bürgerwehr trat zusammen, fraternisirte aber theilweise mit jener Bande. Generalmarsch ließ der Oberkommandeur der Bürgerwehr nicht schlagen. Warum nicht? ist unbekannt. Die zusamengekommene Bürgerwehr war zu schwach, um zu imponiren. Die Husarenschwadron saß auf. Beide verhielten sich ruhig und ließen sich, von Steinen durch die Masse geworfen, verhöhnen, verletzen. Es wurde immer toller von der Menge gehandelt, Bürgerwehrmänner schwer verletzt. Aufrufe zum Auseinandergehen fruchteten wenig, die Polizei ließ die Aufruhrakte nicht publiciren, obgleich sie dazu von Befehlshabern der Bürgerwehr aufgefordert wurde. Da endlich führte ein Theil der Bürgerwehr Bajonett-Atraken aus, es fielen auch aus ihrer Mitte einige Schüsse, gleichzeitig aber wurde, wie es heißt, aus der Gesellenherberge in der Fischerstraße, auf die Bürgerwehr geschossen, Mitglieder des Preußenvereins warfen mit Gegenständen aus den Fenstern auf die Bürgerwehr. Da endlich hauen die Husaren scharf ein und im Nu hat sich vornehmes und niederes Gesindel verlaufen! Es gab etwa ein halbes Dutzend Todte, besonders in den Reihen der Tumultuanten, und eine Menge zum Theil schwer Verwundeter. Der Chef der hiesigen Husarenschwadron suchte nämlich vergebens die Menge durch gütliche Ansprache zum Auseinandergehen zu bewegen. Es wurde auf ihn und die Husaren mit Steinen geworfen und zwei solcher Steine trafen ihn so unglücklich, daß er, schwer verletzt, besinnungslos vom Pferde stürzt. Da übernahm der Prem.-Lieut. v. Krafft das Kommande, stürzte sich mit der Schwadron auf die Brüllenden und ‒ gesäubert waren die Straßen! Ruhe trat ein und die Nacht verging ohne weitere Störung. Der folgende Tag gestattete die Schlachtfelder in Augenschein zu nehmen, Todte und Verwundete waren fortgeschafft. Man fand das Haus eines Schumachers in der Fischerstraße, eines liberalen Mannes, demolirt, desgleichen auch zum Theil das Haus van Riesen's, das die Wüthenden sogar anzünden wollten. Jenen Schuhmacher und seinen Schwager, Beide an dem verhängnißvollen Abende in der Bürgerwehr stehend, verfolgt man jetzt, angeblich: weil durch sie Tumultuanten getödtet seien. An demselben Tage erschien ein requirirtes Kommando der ostpreußischen Jäger von 108 Mann, welche mit ihrem Gros in Braunsberg garnisoniren. Als die Tumultuanten vom vorigen Abend dies sahen, verhilten sie sich ziemlich ruhig. Doch Nachmittags schien die zweite Auflage folgen zu wollen. Es versammelten sich nämlich eine Menge Gesellen, 4 bis 500 an der Zahl, in jener Herberge in der Fischerstraße. Alle Vorübergehenden, von denen sie glaubten, daß sie zu den Demokraten gehörten, wurden in der pöbelhaftesten Weise von ihnen mit Schimpfworten verfolgt. Die vorübergehenden Jäger ließen sie hoch leben und suchten mit ihnen zu fraternisiren. Doch diese Jäger, gebildete Leute, verschmähten solche Versuche, ermahnten zur Ruhe und drohten andernfalls mit ihren Kugeln. Das und die Fertigkeit der Husarenschwadron zum Dreinschlagen setzten diese Preußen-Vereins-Menschen in Furcht. Die Ruhe wurde nicht gestört, aber das Feuer glimmt unter der Asche! Man könnte vielleicht für dauernde Ruhe bürgen, wenn die alten Pensionaire die Stadt verlassen und sich einen andern Aufenthalt wählen würden! Die Jäger sollen diese Woche durch Musketiere abgelöst werden, Elbing aber bleibende Garnison erhalten. Sehen Sie, was aus diesem meist so freisinnigen Elbing geworden! Seine Physiognomie fing sich zu ändern an gerade von der Zeit, wo die Obengenannten ihre Wittwensitze hier aufschlugen, und dann weiter von da ab, wo Monopolist Wernich mit seinem „Anzeiger“ umsattelte.
Troppau. An die Garden und waffenfähige Mannschaft Schlesiens!
Die Sache der Freiheit steht auf dem Spiele. Freiheit oder Knechtschaft heißt die Losung! In allen Ländern der Monarchie erheben sich die Nationalgarden, die Hüter der Freiheit, um die finstern Plane einer freiheitsmörderischen Partei zu vernichten. Schlesiens Garde darf nicht zurückstehen, wo es gilt, die Freiheit gegen jeden Angriff, er komme woher er wolle, zu beschützen! ‒ Schlesier! die Freiheit ist das höchste Gut, ‒ sie muß gewahrt werden! Drum rüstet Euch, Ihr wißt nicht, was in der nächsten Zukunft bevorsteht! Bereitet Euch vor, wenn es sein muß, Eure Heimath zu verlassen, um für die Freiheit zu kämpfen! Euer Glück steht und fällt mit ihr! ‒ Sobald Ihr auf den Bergen Feuerzeichen seht, pflanzt sie weiter fort, und eilt bewaffnet in die Euch nächstgelegenen Städte. Dort werdet Ihr Eure nähere Bestimmung erfahren. Wien ist auf das Furchtbarste bedrängt ‒ Wien, der Heerd, der Hort unserer Freiheit! Vielleicht muß ein Theil von Euch mit den andern tapfern Brüdern dorthin eilen! Haltet Euch auf Alles gefaßt! Wer seinen Arm nicht mehr der Freiheit leihen kann, unterstütze ihre Vertheidigung durch andere Gaben jeder Art, mit Geld, Munition u. s. w. Namentlich Ihr, schlesische Frauen, auf Euch und Eure Vaterlandsliebe blickt die Freiheit voll Erwartung der kräftigsten Unterstützung ihrer heiligen Sache! Seid stark, einig und wachsam ‒ dann müssen wir siegen!
Die Nationalgarde Troppau's.
100 Aus dem deutschen Reiche. Fortwährend langen Unteroffiziere und Soldaten des in und bei Sigmaringen stehenden Leibregiments geschlossen in München an, um wegen Widersetzung, Insubordination u. s. w. prozessirt zu werden.
Die Reichstruppen von Sigmaringen haben sich jetzt nämlich wieder in ein „baierisches“ Leibregiment verwandelt.
Die Reichsgewalt hat nach Lübeck Reichstruppen beordert, ‒ die vor ihrem Marsche nach Lübeck „Oldenburger“ und „Mecklenburger“ hießen. Unter ihrem Schutze sind viele Verhaftungen vorgenommen worden.
Das großherzoglichdarmstädtische Ministerium hat in Exekution des Reichserlasses sämmtlichen Regierungskommissaren besondere Wachsamkeit und Thätigkeit zur Verhütung und Verfolgung von Vergehen empfohlen, welche durch die Presse und die Volksversammlungen unternommen werden. Auf die Reichsarmee gestützt, verkündet der Riesenstaat Hessen-Darmstadt: „die exekutiven Behörden sollten die Gerichte in der Ausführung ihrer Befehle kräftig unterstützen und in der Anwendung der dafür zu Gebot stehenden Mitteln nicht aus ängstlicher Besorgniß wegen deren Unzulänglichkeit ‒ zurückweichen, indem es keineswegs an Macht fehle, verbrecherische Unternehmungen niederzuhalten.“ Entendu?
In Oberingelheim sind aus bis jetzt unbekannten Gründen um 11 Uhr des 23. Oktober preußische Reichstruppen einquartirt worden.
Die Reichszeitung (zu Braunschweig erscheinend: Redakteur Andrée, Jahn's Schüler) poltert gegen den Berliner demokratischen Kongreß.
Der Reichsminister des Innern, Ritter Anton v. Schmerling, Exbundestagspräsident, und nach eigener, nicht bestätigter Angabe, Exwiener Barrikadenkämpfer, hat unter dem 22. Okt. ein Rundschreiben an seine Kollegen, die übrigen Minister des Innern der außerhalb des Reichs existirenden deutschen Einzelstaaten erlassen, worin er ihnen die bezüglich der Befreiung des Grundbesitzes von der Frankfurter Versammlung gefaßten Beschlüsse zur baldigen Ausführung empfiehlt. Es soll dies die gesunkene Popularität des Reichsministeriums heben. „Es bleibt aber natürlich den Einzelstaaten überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze zu vermitteln.“
In Hannover haben die Truppen am 18. Okt. die schwarz-roth-goldene Kokarde angelegt.
Den Meiningen'schen und Koburg'schen Landen ist für den 30. Oktober das Eintreffen von 5000 bis 6000 hannöver'scher Reichstruppen mit „schwarz-roth-goldener Kokarde“ angesagt.
In Altenburg stellte Abg. Dölitzsch den Antrag: die Landschaft möge beschließen, daß das Ministerium das Reichsministerium um Zurückziehung der dahier conzentrirten Reichstruppen angehe. Das Ministerium erklärte natürlich, seine Stellung zur Reichsgewalt erlaube ihm keinen solchen Protest.
In der 101. Sitzung der Frankfurter Versammlung (v. 23. Okt.) stellte sich der Reichs-Unterstaatssekretär, der Buchhändler Bassermann, auf demokratisch-republikanischen Boden, und entwickelte mit gewohnter Reichslogik folgende Reichskonsequenzen:
1) Frankreich sei eine Republik; die Regierung Frankreichs sei demnach eine republikanische Regierung; diese republikanische Regierung mache Gesetze zur Maßregelung der Klubs; a fortiori sei also „wohl auch“ die Centralgewalt zu ähnlicher Regelung befugt.
2) In den Demokratieen herrsche das Gesetz der Majorität; die Ungarn bildeten in den aufgeregten Landestheilen Ungarns die Minderzahl; also seien die Croaten, demokratisch zu reden, gerechtfertigt.
3) Die Wiener Revolution sei ein verbrecherischer Krawall, (obwohl in dem aufgeregten Wien die Gutgesinnten in der „Minderzahl“ sich befinden.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |