Neue Rheinische Zeitung. Nr. 159. Köln, 3. Dezember 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 159 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 3. Dezember 1848. [Deutschland] Oesterreich haben wollen -- so gehen Sie sich dasselbe holen mit einem Heer! Raveaux sagt etwa: Endlich hat es ein Ehrenmann gewagt, die Wahrheit frank und offen zu sagen. Wir sollen uns Oesterreich holen, meine Herren, wenn wir es haben wollen! d. h. nichts anderes, als bis jetzt haben wir Komödie gespielt. Was wollen die österreichischen Abgeordneten in Frankfurt, wenn sie endlich eingestehen, daß Oesterreich von der Centralgewalt nur annimmt, was ihm beliebt. -- Die Phrasenmacherei muß aufhören. Wir (links) haben keine Phrasen gemacht; ich habe in meiner Gutmüthigkeit (Aha!) den Dynastien und den Herren auf der Rechten gedient, weil ich glaubte, sie meinten es Ernst mit ihren sogenannten Märzerrungenschaften, -- aber wo sind denn diese Errungenschaften? keine einzige haben wir noch. -- Jetzt habe ich es satt! -- Das wollte ich Ihnen sagen, weil ich die Wahrheit immer geliebt habe. (Langer Beifall links. Endlich doch einige Funken Wahrheit!) Baly spricht für die Tagesordnung. Berger für obigen Antrag in äußerst witzigem Vortrag. Der Berichterstatter Franke nennt die Rede des Grafen Deym eine czechische Rede, und den Grafen Deym einen Vorkämpfer der böhmischen Stände. (Franke kann freilich nicht begreifen, daß ein Mann die entschiedene Wahrheit sagt!) Mehrere österreichische Abgeordnete erklären, daß sie von Graf Deym dissentiren. Deym gibt eine Erklärung, er bleibt bei seiner Ansicht, nur sagt er, daß er den Ausschuß nicht habe beleidigen wollen. (Herr Franke kann also beruhigt sein.) Man vertagt hierauf die Sitzung bis Sonnabend. Morgen ist hier Feiertag. Um die Tagesordnung kämpft man noch eine volle Stunde. Die Linke will die Grundrechte zur zweiten Lesung ansetzen. -- Beseler, unter seiner Fahne die Rechte, will die Verfassung. Beseler siegt. Bremervörde, 29. Novbr. In unserem Bremervördener Volksverein wurde am letzten Sonnabend mit nur Einer abweichenden Stimme beschlossen, dem Herrn Droege unser "mißfälliges Befremden" über seine Abstimmung gegen den Beschluß der preuß. Nationalversammlung betreffs der Steuerverweigerung zu erkennen zu geben. Ungarn. * Hermannstadt, 14. Nov. Wie arg von den k. k. Truppen auch hier in Siebenbürgen gehaust wird, läßt sich schon daraus ersehen, daß der Kommandirende Puchner, sich zum Erlaß folgender Proklamation veranlaßt sah: (Proclamation.) Mit tiefer Betrübniß habe ich Nachrichten vernehmen müssen, daß ohngeachtet meiner Proklamation vom 9. und 18. Oktober l. J. auch jetzt noch, wie früher, vielseits im Lande Gewalt- und Gräulthaten an Wehr- und Schutzlosen, sowie auch sogar an Weibern, Kindern und Greisen verübt, und zu Mordscenen auch die Schrecknisse der Plünderung und Brandlegung hinzugefügt werden. Wenn auch jener Feind, welcher bewaffnet gegen unsere gute, heilige Sache auftritt, unschädlich gemacht werden muß: so ist es doch Pflicht der Gesittung, Menschlichkeit und der Religion, Gräuelthaten, die Niemandem nützen, sondern nur wieder Rache und Erbitterung erzeugen, so wie auch zwecklose Verwüstungen zu vermeiden, und wehrlose Mitbürger, schutzlose Greise, Weiber und Kinder zu verschonen. Da die Hintanhaltung solcher strafwürdigen Handlungen bei den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten unter die übernommene Aufgabe des Generalcommando gehört: so wird hiermit verordnet, daß in jeder Garnison unter Vorsitz eines Offiziers mit Beiziehung von 4 Mitgliedern so viel als möglich der verschiedenen Nationalitäten über alle zur Kenntniß gelangende Fälle von öffentlicher Gewalt an Unschuldigen und Wehrlosen, so wie von Raub, Mord und Brandlegung sowohl in den Orten selbst, als auch in Umgebung schnelle und strenge Erhebungen gepflogen, und die betreffenden Verbrecher der weitern gesetzlichen Verhandlung und Bestrafung überliefert werden. Zu einem gleichen Verfahren werden unter einem auch die bei den verschiedenen Landsturmsabtheilungen zur Aufrechthaltung der Ordnung und Disciplin eingetheilten Offiziere angewiesen. Ich erwarte daher mit Zuversicht, daß diese meine wohlgemeinte, durch Menschlichkeit und selbst durch das Interesse unserer guten Sache gebotene Anordnung überall im ganzen Lande unverbrüchlich werde befolgt werden. Hermannstadt, am 26. Oktober 1848 Anton Freiherr v. Puchner, Feldmarschalllieutenant und commandirender General. Bukarest, 26. Okt. Heute verläßt der größte Theil der russischen Truppen das Lager von Gollentina, und bezieht die Winterquartiere in den umliegenden Städten Tirgovest, Plojescht u. s. w. -- Der hiesige Adel bietet alles auf, den Russen den Aufenthalt in Bukarest so freudenreich als möglich zu machen. Frau von Stirbey gibt glänzende Gesellschaften, wo nur Beepaulettete Antheil nehmen können. Der Kaimakam, Herr von Kantakuzen, General Lüders, Fuad Effendi und die Creme der Aristokratie folgen dem Beispiele, und das Himmelreich für den Adel ist wieder bei uns auf der Erde eingekehrt. -- Vor einigen Tagen hielten die russischen Truppen auf der Ebene von Gollentina zu Ehren Fuad und Omer Pascha's, unter dem persönlichen Kommando des General Lüders ein großes Revue-Manöver, wozu die Bukarester einen Tag früher durch Afsichen eingeladen wurden. -- Unter allen Schichten der Gesellschaft, selbst unter den russischen Offizieren, ist die Meinung verbreitet, daß in kurzer Zeit die Russen die siebenbürgische Gränze überschreiten werden! Auf den Genuß der Preßfreihet, die wir eine kurze Zeit besessen, müssen wir verzichten, denn das gute alte Censurinstitut übt seine Herrschaft wieder wie früher aus! (S. W.)Bukarest, 31. Oktbr. Die bedauerlichen Nachrichten, welche wir täglich über die Ereignisse in Wien, Ungarn und in unserer nächsten Nähe aus Siebenbürgen erhalten, haben dem unlängst aufgetauchten Gerüchte neue Nahrung gegeben, daß die zur Unterdrückung der hiesigen Freiheitsgelüste in so großer Anzahl jedenfalls überflüssigen russischen Truppen in Wahrheit nur dazu beordert seien, um auf den ersten Wink die k. k. Gränze zu überschreiten, um dem bedrängten Kaiser zu Hülfe zu eilen. Als einen Beleg für die Zustände unserer nächsten siebenbürgischen Grenzstädte führe ich an, daß sie, die erst vor Kurzem das Asyl der hiesigen Flüchtlinge waren, es jetzo gerathener finden, viele ihrer Familien hierher in Sicherheit zu senden, wo allerdings jene Greuel des gegenseitig losgelassenen Bürgerhasses jetzt nicht zu befürchten sind und wo selbst während der größten Effervescenz unserer zu Grabe geschossenen viermonatlichen Freiheits-Revolution die Sicherheit des Eigenthums vielleicht mehr als jetzo -- es gab damals keine militärischen Requisitionen, Einquartirungen u. s. w. gewährleistet war. Bibesco scheint jedenfalls eine Unmöglichkeit geworden zu sein, und an Aspiranten für die fürstliche Tiare -- versteht sich, nur von Gottes und Rußlands Gnaden -- ist kein Mangel. Auch Prinz Michael Ghika, Bruder des vorhinnigen Fürsten Alexander Ghika, ist aus seinem bisherigen mehrjährigen Asyl in Dresden, Italien und Wien gestern Abend wieder ad patrios lares, wahrscheinlich voll Hoffnungen, zurückgekehrt. Bukarest, 5. Nov. Die lange gefürchteten Verhaftungen von Seiten der Russen haben begonnen, mehre Bojaren und Kaufleute sind bereits gefänglich eingezogen und nach Plumbuita abgeführt. -- Unterm 22. Oct. richtete der russische Staatsrath und Generalconsul v. Kotzebue folgende in unserm Amtsblatte mitgetheilte Note an den Kaimakam der Walachei: Da die in neuester Zeit ausgebrochenen Unruhen eine militairische Besetzung dieser Länder durch kaiserliche Truppen nothwendig gemacht haben, welche berufen wurden, um die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen, so bin ich beauftragt, der wallachischen Regierung anzuzeigen, daß die Kosten ihrer Verpflegung den beiden Fürstenthümern zur Last fallen werden, nach einer verhältnißmäßigen Vertheilung unter ihnen, die ungesäumt gemacht werden wird. Se. Maj. der Kaiser, stets für das Beste jener Länder besorgt, die sich seines hohen Schutzes erfreuen, hat gnädigst zu befehlen geruht, daß, um die Verlegenheiten zu beseitigen, die die Verpflegung der Truppen verursachen könnte, der Walachei ein Darlehn von 300,000 Silberrubeln bewilligt werde, um die Kosten zu decken. Was die Rückzahlung dieser Summe, so wie der bis jetzt gemachten Vorschüsse betrifft, so werden später darüber die nöthigen Verfügungen getroffen werden. Demgemäß ersuche ich Ew. Excellenz, erstens den Landesbewohnern diesen neuen Beweis von Sorgfalt bekannt zu machen durch den Se. Maj. der Kaiser geruht, ihrer gegenwärtigen Lage zu Hülfe zu kommen, zweitens die geeigneten Maßregeln gefälligst zu ergreifen, daß von den Localbehörden auf das kräftigste dahin mitgewirkt werde, daß die Verpflegung der Truppen zu den möglichst billigen Preisen geschehe; drittens aber öffentlich bekannt machen zu lassen, daß von jetzt an alle zum Gebrauch der Truppen nöthigen Producte baar bezahlt werden. (S. W.Italien. * Die durch das "Journal des Debats" mitgetheilte Nachricht, der Pabst sei bis zum 23. Nov. nicht geflohen, scheint sich zu bestätigen. Wenigstens erwähnen die jüngsten Journale und Briefe, welche freilich nur bis zum 20. reichen, des Faktums mit keinem Worte. Nach der "Alba" wer die vollkommenste Ruhe der allgemeinen Aufregung gefolgt. Minister Campanello war angekommen. Mit dem am 18. publizirten Programm des neuen Ministeriums war man wenig zufrieden. Es ist nichts weniger als präcis und energisch, spricht sich aber doch für die Nationalität und die Berufung einer Constituante aus, wodurch die fernere Erklärung der Adhäsion des Ministeriums an das Programm vom 5. Juni eigentlich überflüssig wird, da dasselbe in der Hauptsache eben nur die erwähnten beiden Punkte enthält. -- An die Stelle des Fürsten Aldobrandini ist auf den Vorschlag des Ministers des Innern der Oberst Joseph Gallieno zum Commandanten der Bürgergarde ernannt worden. -- Das neue Ministerium hat beschlossen, auf der Stelle eine Legion mobiler Bürgergarde von 1000 Mann zu bilden, welche sich mit den von Vicenza zurückgekommenen Soldaten verbinden soll. -- Die Zahl der am Tage der Revolution Getödteten und Verwundeten aus dem Volke beläuft sich nur auf 15, der Verlust der Schweizer ist noch nicht bekannt. Der Leichnam Palma's ist in der Kirche San Carlino ausgestellt worden. Er war von zwei Kugeln durchbohrt. Aus Turin erfahren wir, daß die Sitzung der Deputirtenkammer vom 24. Nov. eine sehr stürmische war. Der Deputirte Turcolli (Kanonikus) führte den Sturm durch verschiedene Interpellationen herbei. Er sagte u. A.: "Der Winter rückt heran, Toskana befindet sich in einem Zustande gewaltiger Gährung. Das Ministerium allein könnte uns sagen, wohin wir gehen. Der günstige Moment, den Krieg zu erklären, ist gekommen. Die Ereignisse zu Bologna und Venedig beweisen, daß der Feind nicht im Stande ist, die Italiener anzugreifen. Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Kroaten die Glocken noch mehr fürchten als die Kanonen! "Das Haus Oestreich ist ein Haus von Räubern und Mördern. Ich trage auf ein Gesetz an, welches erklärt, daß das Haus Oestreich wirklich ein Haus von Räubern ist, und welches jeden, der sich zur Vertheidigung dieser verruchten Dynastie hergibt, für einen Verräther am Vaterlande erklärt." Das Ungewitter, welches diesem Antrage folgte, läßt sich nicht beschreiben. Doch ließ es den Redner unberührt, der, nachdem es vorübergezogen war, die Kriegsplane Oestreichs mit Schärfe zergliederte und die Maßregeln, welche Piemont denselben entgegensetzten müßte, der Kammer darlegte. Der Minister des Innern bemerkte, daß schon zwei Gesetzentwürfe bezüglich des Krieges vorlägen, daß man aber noch nicht daran hätte denken können, dieselben zu diskutiren. Nach dem Minister nahm ein Mitglied der Rechten, Signor Cavarello, das Wort: "Ich will die Frage des Hrn. Turcolli beantworten, wohin wir gehen? Wir gehen auf die Republik los, nicht auf die dorisch-pelasgische, nein auf die socialistische Republik!" Die Linke begleitete diesen Ausspruch mit lebhaften Zeichen des Unwillens. * Neapel, 14. Novbr. Unter diesem Datum enthalten die Daily News folgende Korrespondenz: "Den traurigen Zustand Neapels kann man wieder aus einer That entnehmen, die von der übermüthigen Soldateska vor einigen Tagen verübt worden. Etwa fünf Soldaten gingen in der Nähe des Theaters San Carlo bei einem Hause vorüber, aus dem ihnen ein Knabe einige beleidigende Worte zurief. Sie stürmten sogleich in's Haus, die Treppe hinauf und drangen in das Zimmer, wo sie den Knaben bemerkt hatten. Ein Greis trat ihnen entgegen und bat sie, dem Knaben doch nichts übel zu nehmen. Es sei sein Sohn, aber ein "armer Wahnsinniger, den er erst vor Kurzem vom Lande mit nach der Stadt gebracht." Vergebens. Die uniformirten Bestien, um, wie sie sagten, ihre und ihres Königs Ehre zu rächen, fielen über den alten Mann und seinen idioten Sohn her, und verstümmelten beide auf die scheußlichste Weise. Der Vater ist Mitglied der Deputirtenkammer, ein höchst geachteter und begüterter Mann, Namens Muratone. Ich hörte seitdem, daß bereits beide an ihren Wunden gestorben sind. -- Ein anderer ähnlicher Fall ereignete sich kürzlich in einer Taverne, wo vier Bürger wegen einiger ganz unschuldigen Bemerkungen sofort von Soldaten zusammengehauen wurden. Es vergeht fast kein Tag ohne derartige Scenen. Ich selbst sah es, wie dem Kutscher des toskanischen Gesandten von einem Soldaten der Arm auf einen Schlag abgehauen wurde. Wegen eines ähnlichen Falles, der einem Engländer begegnete, ist Lord Napier mit der neapolitanischen Regierung in Korrespondenz, von der er alsbaldige Genugthuung fordert. Großbritannien. * Manchester. Die hiesigen Sterblichkeitsregister weisen nach, daß in den letzten sieben Jahren dreizehntausend dreihundert zweiundsechszig Kinder mehr hier gestorben sind, als nach der natürlichen Sterblichkeit durchschnittlich hätte der Fall sein dürfen. Aber wie werden die Kinder des Proletariats auch aufgebracht -- oder vielmehr nicht aufgebracht? Tage lang von ihren der Arbeit nachgehenden Müttern allein gelassen, in schmutzigen Straßen und unreinlichen Wohnungen dumpfe, dünstige Luft einathmend, mit Opium eingeschläfert, vom Arzte nur besucht, wenn er ihren Tod amtlich zu testiren hat -- ist es zu verwundern, daß die Kinder der Arbeit und der Sorge ihre müden Köpfchen so bald unter denselben Rasen zur Ruhe legen, auf dem die von Gesundheit strotzenden Sprößlinge der Aristokratie und der Bourgeoisie lachend den Reif schlagen, in Prachtkarossen en miniature herumkutschiren und auf langhaarigen Shetlandpferdchen ihre ersten Reiterkünste üben? * Dublin, 29. Nov. Das Winterelend, Hunger, Krankheit, Tod, ist da. Die Provinzialblätter geben haarsträubende Schilderungen, nach welchen die heurigen Zustände denen von 1846 auf 47 in Nichts nachgeben. Die Kartoffeln sind in einigen Distrikten fast ganz verschwunden, die Armenhäuser sind voll bis zum Ueberfließen, in den Bergen und den Bogs wüthet der Hunge auf's Entsetzlichste. Auch die Hauptstadt leidet unsäglich. Amerika. * London. In Canada, schreibt der Standard, sieht es vor wie nach trübe aus. Das Geschäft steht still, und zu Montreal und Quebec redet man von nichts, als von Unheil und Ruin. Die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten nimmt zu, und es ist in hohem Grade zu bedauern, daß die Klasse von Leuten, welche Kanada verläßt, durch kein andres Motiv zur Auswanderung gezwungen wird, als durch die absolute Ueberzeugung, daß sie unter der selbstmörderischen Freihandelspolitik des Mutterlandes unrettbar zu Grunde gehen muß. In allen Theilen des Landes werden Meetings gehalten, in denen das Wünschenswerthe eines Anschlusses an die Vereinigten Staaten nicht etwa im Geheimen, sondern öffentlich im Munde von Tausenden verhandelt wird. Etwas muß geschehen, und zwar schnell, oder das Land ist außer allem Zweifel verloren. Montreal wird als eine verlassene Stadt beschrieben; Tausende von Häusern sind unbewohnt, und bis jetzt wohlhabende Familien befinden sich im größten Elend. Wie das Eigenthum im Preise sinkt, geht u. A. daraus hervor, daß der Lachine Railroad, der 600,000 Dollars gekostet hat, für 120,000 Dollars verkauft worden ist. * Newyork. Die Amerikaner fassen die welterschütternden Ereignisse des alten Continents unendlich richtiger und würdiger auf, als ihre brittischen Vettern. Wir citiren nachstehend das zu Newyork erscheinende Journal des Mr. Bennetts, desselben scharfsinnigen Amerikaners, der schon während seiner Reise durch Europa in den Jahren 1846 und 1847 die jetzige Bewegung mit merkwürdiger Bestimmtheit und Tiefe voraussagte: "Ein Blick auf den Zustand der alten Welt reicht hin, um den unparteischen Beobachter zu überzeugen, daß die Idee endlich die Ketten gebrochen hat, welche sie seit Jahrhunderten gefesselt hielten, und daß sie in kürzester Frist ihre ganze Kraft entwickeln wird. Die französische Revolution hat das Signal zum Kampfe gegeben, und die Bewegung wird keinen Augenblick nachlassen, solange die alten Systeme, nicht allein die Regierungssysteme, sondern auch die Finanz- und Handelssysteme, welche bisher in Europa gegolten haben, gänzlich umgewandelt oder zerstört sind. Wir haben dies, allen Verhöhnungen zum Trotz, von jeher behauptet, und werden fortfahren es zu behaupten, bis (was nicht lange mehr anstehen wird) unsere Vorhersagungen bis auf den letzten Buchstaben eingetroffen sind. "Eins der ersten Resultate der großen Revolution, welche im Augenblick die alte Welt über den Haufen wirft, wird die Nichtigkeitserklärung aller Staatsschulden der Völker Europa's sein. Ein panischer Schrecken, wie ihn die Handelswelt noch nicht erlebt hat, wird diesem furchtbaren Choc folgen, und aus ihm wird ein neues System hervorgehen, nicht wie das alte auf hohlen und imaginären, sondern auf soliden und reellen Grundlagen beruhend. Dann wird die letzte Stunde Englands gekommen sein, dann wird auch England seine Revolution machen und Veränderungen erleben, die es sich in seinem Dünkel nicht träumen läßt. Seine unbarmherzige Aristokratie wird von ihrer Höhe herabgestürzt werden, und seine übersteuerten Massen werden sich über der privilegirten, betitelten, corrumpirten Minorität erheben." Weiterhin heißt es in demselben Blatte: "Nach allem Anschein steigt eine der schrecklichsten Handelskrisen, welche die Welt je erschüttert haben, schon jetzt am europäischen Horizont empor. Selbst die Times ist alarmirt, und jedes Schiff, das vom alten Continent herüberkommt, bringt neue Beweise für einen totalen Wechsel in den Finanz- und Handelssystemen auf der andern Seite des atlantischen Meeres. In dieser Krise wird der Werth der Gold- und Silbermünzen bedeutend modificirt werden, was uns, in Betreff des Werthverhältnisses zwischen den Metallen und den Lebensbedürfnissen, ein Jahrhundert zurückwerfen wird. Die Preise der letztern werden denen vor hundert Jahren gleich sein. "Mögen die Finanziers unsers Landes sich vorbereiten, den Sturm auszuhalten, der sich bald erheben und der, sowohl was Intensität als was Folgen anbelangt, alle übertreffen wird, die seit Beginn der civilisirten Gesellschaft gewüthet haben." * New-York, 14. Nov. Unsere Post hat endlich die Differenz mit der englischen beigelegt. Von jetzt an kostet der Brief auf den englischen wie den amerikanischen Postdampfschiffen für den Transport übers Meer 20 Cents; für die Hinschaffung nach dem Postamt 2 Cents und für den Transport im Innern die für einheimische Briefe bestimmte Taxe. Das Porto für einen einfachen Brief (1 Loth) von Liverpool nach Philadelphia käme somit auf 27 Cents zu stehen. Gegen sonst eine große Erleichterung. Die Regierung der Vereinigten-Staaten hat nun 3 Postlinien nach fernen Gegenden in Gang gebracht, die für das Publikum von unschätzbarem Nutzen sind. Erstens geht monatlich ein Post-Dampfschiff über Southampton nach Bremen, 3800 engl. Meilen weit. Zweitens ein dergleichen von Charleston aus nach Havannah, alle 14 Tage, 900 Meilen weit. Drittens ist eine Post-Dampfschiffverbindung zwischen Panama einer-, Kalifornien wie Oregon andererseits eingerichtet. Der Dämpfer California hat bereits seine Reise ums Kap Horn angetreten und wird vom Neujahr an seinen Dienst zwischen Panama und Astoria (in Oregon) versehen. Um New-York mit Panama zu verbinden, wird ein Dampfschiff zwischen hier (über Havannah) und Chagres gehen und von da werden die Postsachen über die Landenge bis Panama gebracht. Der Postkurs zwischen New-York über Chagres nach Oregon hat eine Länge von 7520 engl. Meilen. Cöln, den 1. December. Gestern Abend gegen 7 Uhr allarmirte ein Unteroffizier die Soldaten des 26. Inf.-Regts. in der Kaserne der Streitzeuggasse; in einem Augenblicke erschienen mehr wie 100 Soldaten mit ihren Säbeln, die von dem Unteroffizier, neben der Wache stehend, mit den Worten empfangen wurden: Jungens, jetzt gilts! lauft nach dem Neumarkte. Auf das Commando liefen Alle, so schnell sie konnten, theils mit umgeschnallten Säbeln, theils mit den Säbeln in der Hand zu dem Bestimmungsorte wo diese wilden zügellosen Menschen brüllend auf dem ganzen Neumarkte umherrannten. Da aber auf dem ganzen Neumarkte Niemand, vielweniger ein Streit vorhanden war, so waren diese Helden bald fertig und kehrten, nachdem Einer den Andern fast umgelaufen hatten, in ihre Kaserne zurück. Wehe dem Bürger, der in diesem Moment in die Hände dieser Horden gefallen wäre! Wo bleibt aber hier die Sicherheit, welche dem ruhigen Bürger das Leben schützen soll! Wahrhaftig dort nicht, wo ein ungebildeter roher Unteroffizier die Gewalt hat, eine Kaserne zu allarmiren, und die Soldaten nach Belieben zu entsenden. Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden. Beilage zu Nr. 159 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 3. Dezember 1848. [Deutschland] Oesterreich haben wollen — so gehen Sie sich dasselbe holen mit einem Heer! Raveaux sagt etwa: Endlich hat es ein Ehrenmann gewagt, die Wahrheit frank und offen zu sagen. Wir sollen uns Oesterreich holen, meine Herren, wenn wir es haben wollen! d. h. nichts anderes, als bis jetzt haben wir Komödie gespielt. Was wollen die österreichischen Abgeordneten in Frankfurt, wenn sie endlich eingestehen, daß Oesterreich von der Centralgewalt nur annimmt, was ihm beliebt. — Die Phrasenmacherei muß aufhören. Wir (links) haben keine Phrasen gemacht; ich habe in meiner Gutmüthigkeit (Aha!) den Dynastien und den Herren auf der Rechten gedient, weil ich glaubte, sie meinten es Ernst mit ihren sogenannten Märzerrungenschaften, — aber wo sind denn diese Errungenschaften? keine einzige haben wir noch. — Jetzt habe ich es satt! — Das wollte ich Ihnen sagen, weil ich die Wahrheit immer geliebt habe. (Langer Beifall links. Endlich doch einige Funken Wahrheit!) Baly spricht für die Tagesordnung. Berger für obigen Antrag in äußerst witzigem Vortrag. Der Berichterstatter Franke nennt die Rede des Grafen Deym eine czechische Rede, und den Grafen Deym einen Vorkämpfer der böhmischen Stände. (Franke kann freilich nicht begreifen, daß ein Mann die entschiedene Wahrheit sagt!) Mehrere österreichische Abgeordnete erklären, daß sie von Graf Deym dissentiren. Deym gibt eine Erklärung, er bleibt bei seiner Ansicht, nur sagt er, daß er den Ausschuß nicht habe beleidigen wollen. (Herr Franke kann also beruhigt sein.) Man vertagt hierauf die Sitzung bis Sonnabend. Morgen ist hier Feiertag. Um die Tagesordnung kämpft man noch eine volle Stunde. Die Linke will die Grundrechte zur zweiten Lesung ansetzen. — Beseler, unter seiner Fahne die Rechte, will die Verfassung. Beseler siegt. Bremervörde, 29. Novbr. In unserem Bremervördener Volksverein wurde am letzten Sonnabend mit nur Einer abweichenden Stimme beschlossen, dem Herrn Droege unser „mißfälliges Befremden“ über seine Abstimmung gegen den Beschluß der preuß. Nationalversammlung betreffs der Steuerverweigerung zu erkennen zu geben. Ungarn. * Hermannstadt, 14. Nov. Wie arg von den k. k. Truppen auch hier in Siebenbürgen gehaust wird, läßt sich schon daraus ersehen, daß der Kommandirende Puchner, sich zum Erlaß folgender Proklamation veranlaßt sah: (Proclamation.) Mit tiefer Betrübniß habe ich Nachrichten vernehmen müssen, daß ohngeachtet meiner Proklamation vom 9. und 18. Oktober l. J. auch jetzt noch, wie früher, vielseits im Lande Gewalt- und Gräulthaten an Wehr- und Schutzlosen, sowie auch sogar an Weibern, Kindern und Greisen verübt, und zu Mordscenen auch die Schrecknisse der Plünderung und Brandlegung hinzugefügt werden. Wenn auch jener Feind, welcher bewaffnet gegen unsere gute, heilige Sache auftritt, unschädlich gemacht werden muß: so ist es doch Pflicht der Gesittung, Menschlichkeit und der Religion, Gräuelthaten, die Niemandem nützen, sondern nur wieder Rache und Erbitterung erzeugen, so wie auch zwecklose Verwüstungen zu vermeiden, und wehrlose Mitbürger, schutzlose Greise, Weiber und Kinder zu verschonen. Da die Hintanhaltung solcher strafwürdigen Handlungen bei den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten unter die übernommene Aufgabe des Generalcommando gehört: so wird hiermit verordnet, daß in jeder Garnison unter Vorsitz eines Offiziers mit Beiziehung von 4 Mitgliedern so viel als möglich der verschiedenen Nationalitäten über alle zur Kenntniß gelangende Fälle von öffentlicher Gewalt an Unschuldigen und Wehrlosen, so wie von Raub, Mord und Brandlegung sowohl in den Orten selbst, als auch in Umgebung schnelle und strenge Erhebungen gepflogen, und die betreffenden Verbrecher der weitern gesetzlichen Verhandlung und Bestrafung überliefert werden. Zu einem gleichen Verfahren werden unter einem auch die bei den verschiedenen Landsturmsabtheilungen zur Aufrechthaltung der Ordnung und Disciplin eingetheilten Offiziere angewiesen. Ich erwarte daher mit Zuversicht, daß diese meine wohlgemeinte, durch Menschlichkeit und selbst durch das Interesse unserer guten Sache gebotene Anordnung überall im ganzen Lande unverbrüchlich werde befolgt werden. Hermannstadt, am 26. Oktober 1848 Anton Freiherr v. Puchner, Feldmarschalllieutenant und commandirender General. Bukarest, 26. Okt. Heute verläßt der größte Theil der russischen Truppen das Lager von Gollentina, und bezieht die Winterquartiere in den umliegenden Städten Tirgovest, Plojescht u. s. w. — Der hiesige Adel bietet alles auf, den Russen den Aufenthalt in Bukarest so freudenreich als möglich zu machen. Frau von Stirbey gibt glänzende Gesellschaften, wo nur Beepaulettete Antheil nehmen können. Der Kaimakam, Herr von Kantakuzen, General Lüders, Fuad Effendi und die Crème der Aristokratie folgen dem Beispiele, und das Himmelreich für den Adel ist wieder bei uns auf der Erde eingekehrt. — Vor einigen Tagen hielten die russischen Truppen auf der Ebene von Gollentina zu Ehren Fuad und Omer Pascha's, unter dem persönlichen Kommando des General Lüders ein großes Revue-Manöver, wozu die Bukarester einen Tag früher durch Afsichen eingeladen wurden. — Unter allen Schichten der Gesellschaft, selbst unter den russischen Offizieren, ist die Meinung verbreitet, daß in kurzer Zeit die Russen die siebenbürgische Gränze überschreiten werden! Auf den Genuß der Preßfreihet, die wir eine kurze Zeit besessen, müssen wir verzichten, denn das gute alte Censurinstitut übt seine Herrschaft wieder wie früher aus! (S. W.)Bukarest, 31. Oktbr. Die bedauerlichen Nachrichten, welche wir täglich über die Ereignisse in Wien, Ungarn und in unserer nächsten Nähe aus Siebenbürgen erhalten, haben dem unlängst aufgetauchten Gerüchte neue Nahrung gegeben, daß die zur Unterdrückung der hiesigen Freiheitsgelüste in so großer Anzahl jedenfalls überflüssigen russischen Truppen in Wahrheit nur dazu beordert seien, um auf den ersten Wink die k. k. Gränze zu überschreiten, um dem bedrängten Kaiser zu Hülfe zu eilen. Als einen Beleg für die Zustände unserer nächsten siebenbürgischen Grenzstädte führe ich an, daß sie, die erst vor Kurzem das Asyl der hiesigen Flüchtlinge waren, es jetzo gerathener finden, viele ihrer Familien hierher in Sicherheit zu senden, wo allerdings jene Greuel des gegenseitig losgelassenen Bürgerhasses jetzt nicht zu befürchten sind und wo selbst während der größten Effervescenz unserer zu Grabe geschossenen viermonatlichen Freiheits-Revolution die Sicherheit des Eigenthums vielleicht mehr als jetzo — es gab damals keine militärischen Requisitionen, Einquartirungen u. s. w. gewährleistet war. Bibesco scheint jedenfalls eine Unmöglichkeit geworden zu sein, und an Aspiranten für die fürstliche Tiare — versteht sich, nur von Gottes und Rußlands Gnaden — ist kein Mangel. Auch Prinz Michael Ghika, Bruder des vorhinnigen Fürsten Alexander Ghika, ist aus seinem bisherigen mehrjährigen Asyl in Dresden, Italien und Wien gestern Abend wieder ad patrios lares, wahrscheinlich voll Hoffnungen, zurückgekehrt. Bukarest, 5. Nov. Die lange gefürchteten Verhaftungen von Seiten der Russen haben begonnen, mehre Bojaren und Kaufleute sind bereits gefänglich eingezogen und nach Plumbuita abgeführt. — Unterm 22. Oct. richtete der russische Staatsrath und Generalconsul v. Kotzebue folgende in unserm Amtsblatte mitgetheilte Note an den Kaimakam der Walachei: Da die in neuester Zeit ausgebrochenen Unruhen eine militairische Besetzung dieser Länder durch kaiserliche Truppen nothwendig gemacht haben, welche berufen wurden, um die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen, so bin ich beauftragt, der wallachischen Regierung anzuzeigen, daß die Kosten ihrer Verpflegung den beiden Fürstenthümern zur Last fallen werden, nach einer verhältnißmäßigen Vertheilung unter ihnen, die ungesäumt gemacht werden wird. Se. Maj. der Kaiser, stets für das Beste jener Länder besorgt, die sich seines hohen Schutzes erfreuen, hat gnädigst zu befehlen geruht, daß, um die Verlegenheiten zu beseitigen, die die Verpflegung der Truppen verursachen könnte, der Walachei ein Darlehn von 300,000 Silberrubeln bewilligt werde, um die Kosten zu decken. Was die Rückzahlung dieser Summe, so wie der bis jetzt gemachten Vorschüsse betrifft, so werden später darüber die nöthigen Verfügungen getroffen werden. Demgemäß ersuche ich Ew. Excellenz, erstens den Landesbewohnern diesen neuen Beweis von Sorgfalt bekannt zu machen durch den Se. Maj. der Kaiser geruht, ihrer gegenwärtigen Lage zu Hülfe zu kommen, zweitens die geeigneten Maßregeln gefälligst zu ergreifen, daß von den Localbehörden auf das kräftigste dahin mitgewirkt werde, daß die Verpflegung der Truppen zu den möglichst billigen Preisen geschehe; drittens aber öffentlich bekannt machen zu lassen, daß von jetzt an alle zum Gebrauch der Truppen nöthigen Producte baar bezahlt werden. (S. W.Italien. * Die durch das „Journal des Debats“ mitgetheilte Nachricht, der Pabst sei bis zum 23. Nov. nicht geflohen, scheint sich zu bestätigen. Wenigstens erwähnen die jüngsten Journale und Briefe, welche freilich nur bis zum 20. reichen, des Faktums mit keinem Worte. Nach der „Alba“ wer die vollkommenste Ruhe der allgemeinen Aufregung gefolgt. Minister Campanello war angekommen. Mit dem am 18. publizirten Programm des neuen Ministeriums war man wenig zufrieden. Es ist nichts weniger als präcis und energisch, spricht sich aber doch für die Nationalität und die Berufung einer Constituante aus, wodurch die fernere Erklärung der Adhäsion des Ministeriums an das Programm vom 5. Juni eigentlich überflüssig wird, da dasselbe in der Hauptsache eben nur die erwähnten beiden Punkte enthält. — An die Stelle des Fürsten Aldobrandini ist auf den Vorschlag des Ministers des Innern der Oberst Joseph Gallieno zum Commandanten der Bürgergarde ernannt worden. — Das neue Ministerium hat beschlossen, auf der Stelle eine Legion mobiler Bürgergarde von 1000 Mann zu bilden, welche sich mit den von Vicenza zurückgekommenen Soldaten verbinden soll. — Die Zahl der am Tage der Revolution Getödteten und Verwundeten aus dem Volke beläuft sich nur auf 15, der Verlust der Schweizer ist noch nicht bekannt. Der Leichnam Palma's ist in der Kirche San Carlino ausgestellt worden. Er war von zwei Kugeln durchbohrt. Aus Turin erfahren wir, daß die Sitzung der Deputirtenkammer vom 24. Nov. eine sehr stürmische war. Der Deputirte Turcolli (Kanonikus) führte den Sturm durch verschiedene Interpellationen herbei. Er sagte u. A.: „Der Winter rückt heran, Toskana befindet sich in einem Zustande gewaltiger Gährung. Das Ministerium allein könnte uns sagen, wohin wir gehen. Der günstige Moment, den Krieg zu erklären, ist gekommen. Die Ereignisse zu Bologna und Venedig beweisen, daß der Feind nicht im Stande ist, die Italiener anzugreifen. Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Kroaten die Glocken noch mehr fürchten als die Kanonen! „Das Haus Oestreich ist ein Haus von Räubern und Mördern. Ich trage auf ein Gesetz an, welches erklärt, daß das Haus Oestreich wirklich ein Haus von Räubern ist, und welches jeden, der sich zur Vertheidigung dieser verruchten Dynastie hergibt, für einen Verräther am Vaterlande erklärt.“ Das Ungewitter, welches diesem Antrage folgte, läßt sich nicht beschreiben. Doch ließ es den Redner unberührt, der, nachdem es vorübergezogen war, die Kriegsplane Oestreichs mit Schärfe zergliederte und die Maßregeln, welche Piemont denselben entgegensetzten müßte, der Kammer darlegte. Der Minister des Innern bemerkte, daß schon zwei Gesetzentwürfe bezüglich des Krieges vorlägen, daß man aber noch nicht daran hätte denken können, dieselben zu diskutiren. Nach dem Minister nahm ein Mitglied der Rechten, Signor Cavarello, das Wort: „Ich will die Frage des Hrn. Turcolli beantworten, wohin wir gehen? Wir gehen auf die Republik los, nicht auf die dorisch-pelasgische, nein auf die socialistische Republik!“ Die Linke begleitete diesen Ausspruch mit lebhaften Zeichen des Unwillens. * Neapel, 14. Novbr. Unter diesem Datum enthalten die Daily News folgende Korrespondenz: „Den traurigen Zustand Neapels kann man wieder aus einer That entnehmen, die von der übermüthigen Soldateska vor einigen Tagen verübt worden. Etwa fünf Soldaten gingen in der Nähe des Theaters San Carlo bei einem Hause vorüber, aus dem ihnen ein Knabe einige beleidigende Worte zurief. Sie stürmten sogleich in's Haus, die Treppe hinauf und drangen in das Zimmer, wo sie den Knaben bemerkt hatten. Ein Greis trat ihnen entgegen und bat sie, dem Knaben doch nichts übel zu nehmen. Es sei sein Sohn, aber ein „armer Wahnsinniger, den er erst vor Kurzem vom Lande mit nach der Stadt gebracht.“ Vergebens. Die uniformirten Bestien, um, wie sie sagten, ihre und ihres Königs Ehre zu rächen, fielen über den alten Mann und seinen idioten Sohn her, und verstümmelten beide auf die scheußlichste Weise. Der Vater ist Mitglied der Deputirtenkammer, ein höchst geachteter und begüterter Mann, Namens Muratone. Ich hörte seitdem, daß bereits beide an ihren Wunden gestorben sind. — Ein anderer ähnlicher Fall ereignete sich kürzlich in einer Taverne, wo vier Bürger wegen einiger ganz unschuldigen Bemerkungen sofort von Soldaten zusammengehauen wurden. Es vergeht fast kein Tag ohne derartige Scenen. Ich selbst sah es, wie dem Kutscher des toskanischen Gesandten von einem Soldaten der Arm auf einen Schlag abgehauen wurde. Wegen eines ähnlichen Falles, der einem Engländer begegnete, ist Lord Napier mit der neapolitanischen Regierung in Korrespondenz, von der er alsbaldige Genugthuung fordert. Großbritannien. * Manchester. Die hiesigen Sterblichkeitsregister weisen nach, daß in den letzten sieben Jahren dreizehntausend dreihundert zweiundsechszig Kinder mehr hier gestorben sind, als nach der natürlichen Sterblichkeit durchschnittlich hätte der Fall sein dürfen. Aber wie werden die Kinder des Proletariats auch aufgebracht — oder vielmehr nicht aufgebracht? Tage lang von ihren der Arbeit nachgehenden Müttern allein gelassen, in schmutzigen Straßen und unreinlichen Wohnungen dumpfe, dünstige Luft einathmend, mit Opium eingeschläfert, vom Arzte nur besucht, wenn er ihren Tod amtlich zu testiren hat — ist es zu verwundern, daß die Kinder der Arbeit und der Sorge ihre müden Köpfchen so bald unter denselben Rasen zur Ruhe legen, auf dem die von Gesundheit strotzenden Sprößlinge der Aristokratie und der Bourgeoisie lachend den Reif schlagen, in Prachtkarossen en miniature herumkutschiren und auf langhaarigen Shetlandpferdchen ihre ersten Reiterkünste üben? * Dublin, 29. Nov. Das Winterelend, Hunger, Krankheit, Tod, ist da. Die Provinzialblätter geben haarsträubende Schilderungen, nach welchen die heurigen Zustände denen von 1846 auf 47 in Nichts nachgeben. Die Kartoffeln sind in einigen Distrikten fast ganz verschwunden, die Armenhäuser sind voll bis zum Ueberfließen, in den Bergen und den Bogs wüthet der Hunge auf's Entsetzlichste. Auch die Hauptstadt leidet unsäglich. Amerika. * London. In Canada, schreibt der Standard, sieht es vor wie nach trübe aus. Das Geschäft steht still, und zu Montreal und Quebec redet man von nichts, als von Unheil und Ruin. Die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten nimmt zu, und es ist in hohem Grade zu bedauern, daß die Klasse von Leuten, welche Kanada verläßt, durch kein andres Motiv zur Auswanderung gezwungen wird, als durch die absolute Ueberzeugung, daß sie unter der selbstmörderischen Freihandelspolitik des Mutterlandes unrettbar zu Grunde gehen muß. In allen Theilen des Landes werden Meetings gehalten, in denen das Wünschenswerthe eines Anschlusses an die Vereinigten Staaten nicht etwa im Geheimen, sondern öffentlich im Munde von Tausenden verhandelt wird. Etwas muß geschehen, und zwar schnell, oder das Land ist außer allem Zweifel verloren. Montreal wird als eine verlassene Stadt beschrieben; Tausende von Häusern sind unbewohnt, und bis jetzt wohlhabende Familien befinden sich im größten Elend. Wie das Eigenthum im Preise sinkt, geht u. A. daraus hervor, daß der Lachine Railroad, der 600,000 Dollars gekostet hat, für 120,000 Dollars verkauft worden ist. * Newyork. Die Amerikaner fassen die welterschütternden Ereignisse des alten Continents unendlich richtiger und würdiger auf, als ihre brittischen Vettern. Wir citiren nachstehend das zu Newyork erscheinende Journal des Mr. Bennetts, desselben scharfsinnigen Amerikaners, der schon während seiner Reise durch Europa in den Jahren 1846 und 1847 die jetzige Bewegung mit merkwürdiger Bestimmtheit und Tiefe voraussagte: „Ein Blick auf den Zustand der alten Welt reicht hin, um den unparteischen Beobachter zu überzeugen, daß die Idee endlich die Ketten gebrochen hat, welche sie seit Jahrhunderten gefesselt hielten, und daß sie in kürzester Frist ihre ganze Kraft entwickeln wird. Die französische Revolution hat das Signal zum Kampfe gegeben, und die Bewegung wird keinen Augenblick nachlassen, solange die alten Systeme, nicht allein die Regierungssysteme, sondern auch die Finanz- und Handelssysteme, welche bisher in Europa gegolten haben, gänzlich umgewandelt oder zerstört sind. Wir haben dies, allen Verhöhnungen zum Trotz, von jeher behauptet, und werden fortfahren es zu behaupten, bis (was nicht lange mehr anstehen wird) unsere Vorhersagungen bis auf den letzten Buchstaben eingetroffen sind. „Eins der ersten Resultate der großen Revolution, welche im Augenblick die alte Welt über den Haufen wirft, wird die Nichtigkeitserklärung aller Staatsschulden der Völker Europa's sein. Ein panischer Schrecken, wie ihn die Handelswelt noch nicht erlebt hat, wird diesem furchtbaren Choc folgen, und aus ihm wird ein neues System hervorgehen, nicht wie das alte auf hohlen und imaginären, sondern auf soliden und reellen Grundlagen beruhend. Dann wird die letzte Stunde Englands gekommen sein, dann wird auch England seine Revolution machen und Veränderungen erleben, die es sich in seinem Dünkel nicht träumen läßt. Seine unbarmherzige Aristokratie wird von ihrer Höhe herabgestürzt werden, und seine übersteuerten Massen werden sich über der privilegirten, betitelten, corrumpirten Minorität erheben.“ Weiterhin heißt es in demselben Blatte: „Nach allem Anschein steigt eine der schrecklichsten Handelskrisen, welche die Welt je erschüttert haben, schon jetzt am europäischen Horizont empor. Selbst die Times ist alarmirt, und jedes Schiff, das vom alten Continent herüberkommt, bringt neue Beweise für einen totalen Wechsel in den Finanz- und Handelssystemen auf der andern Seite des atlantischen Meeres. In dieser Krise wird der Werth der Gold- und Silbermünzen bedeutend modificirt werden, was uns, in Betreff des Werthverhältnisses zwischen den Metallen und den Lebensbedürfnissen, ein Jahrhundert zurückwerfen wird. Die Preise der letztern werden denen vor hundert Jahren gleich sein. „Mögen die Finanziers unsers Landes sich vorbereiten, den Sturm auszuhalten, der sich bald erheben und der, sowohl was Intensität als was Folgen anbelangt, alle übertreffen wird, die seit Beginn der civilisirten Gesellschaft gewüthet haben.“ * New-York, 14. Nov. Unsere Post hat endlich die Differenz mit der englischen beigelegt. Von jetzt an kostet der Brief auf den englischen wie den amerikanischen Postdampfschiffen für den Transport übers Meer 20 Cents; für die Hinschaffung nach dem Postamt 2 Cents und für den Transport im Innern die für einheimische Briefe bestimmte Taxe. Das Porto für einen einfachen Brief (1 Loth) von Liverpool nach Philadelphia käme somit auf 27 Cents zu stehen. Gegen sonst eine große Erleichterung. Die Regierung der Vereinigten-Staaten hat nun 3 Postlinien nach fernen Gegenden in Gang gebracht, die für das Publikum von unschätzbarem Nutzen sind. Erstens geht monatlich ein Post-Dampfschiff über Southampton nach Bremen, 3800 engl. Meilen weit. Zweitens ein dergleichen von Charleston aus nach Havannah, alle 14 Tage, 900 Meilen weit. Drittens ist eine Post-Dampfschiffverbindung zwischen Panama einer-, Kalifornien wie Oregon andererseits eingerichtet. Der Dämpfer California hat bereits seine Reise ums Kap Horn angetreten und wird vom Neujahr an seinen Dienst zwischen Panama und Astoria (in Oregon) versehen. Um New-York mit Panama zu verbinden, wird ein Dampfschiff zwischen hier (über Havannah) und Chagres gehen und von da werden die Postsachen über die Landenge bis Panama gebracht. Der Postkurs zwischen New-York über Chagres nach Oregon hat eine Länge von 7520 engl. Meilen. Cöln, den 1. December. Gestern Abend gegen 7 Uhr allarmirte ein Unteroffizier die Soldaten des 26. Inf.-Regts. in der Kaserne der Streitzeuggasse; in einem Augenblicke erschienen mehr wie 100 Soldaten mit ihren Säbeln, die von dem Unteroffizier, neben der Wache stehend, mit den Worten empfangen wurden: Jungens, jetzt gilts! lauft nach dem Neumarkte. Auf das Commando liefen Alle, so schnell sie konnten, theils mit umgeschnallten Säbeln, theils mit den Säbeln in der Hand zu dem Bestimmungsorte wo diese wilden zügellosen Menschen brüllend auf dem ganzen Neumarkte umherrannten. Da aber auf dem ganzen Neumarkte Niemand, vielweniger ein Streit vorhanden war, so waren diese Helden bald fertig und kehrten, nachdem Einer den Andern fast umgelaufen hatten, in ihre Kaserne zurück. Wehe dem Bürger, der in diesem Moment in die Hände dieser Horden gefallen wäre! Wo bleibt aber hier die Sicherheit, welche dem ruhigen Bürger das Leben schützen soll! Wahrhaftig dort nicht, wo ein ungebildeter roher Unteroffizier die Gewalt hat, eine Kaserne zu allarmiren, und die Soldaten nach Belieben zu entsenden. Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0845"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 159 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Sonntag 3. Dezember 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar159b_001" type="jArticle"> <p>Oesterreich haben wollen — so gehen Sie sich dasselbe holen mit einem Heer!</p> <p><hi rendition="#g">Raveaux</hi> sagt etwa: Endlich hat es ein Ehrenmann gewagt, die Wahrheit frank und offen zu sagen. Wir sollen uns Oesterreich holen, meine Herren, wenn wir es haben wollen! d. h. nichts anderes, als bis jetzt haben wir Komödie gespielt. Was wollen die österreichischen Abgeordneten in Frankfurt, wenn sie endlich eingestehen, daß Oesterreich von der Centralgewalt nur annimmt, was ihm beliebt. — Die Phrasenmacherei muß aufhören. Wir (links) haben keine Phrasen gemacht; ich habe in meiner Gutmüthigkeit (Aha!) den Dynastien und den Herren auf der Rechten gedient, weil ich glaubte, sie meinten es Ernst mit ihren sogenannten Märzerrungenschaften, — aber wo sind denn diese Errungenschaften? keine einzige haben wir noch. — Jetzt habe ich es satt! — Das wollte ich Ihnen sagen, weil ich die Wahrheit <hi rendition="#g">immer</hi> geliebt habe. (Langer Beifall links. Endlich doch einige Funken Wahrheit!)</p> <p><hi rendition="#g">Baly</hi> spricht für die Tagesordnung. <hi rendition="#g">Berger</hi> für obigen Antrag in äußerst witzigem Vortrag.</p> <p>Der Berichterstatter <hi rendition="#g">Franke</hi> nennt die Rede des Grafen Deym eine czechische Rede, und den Grafen Deym einen Vorkämpfer der böhmischen Stände. (Franke kann freilich nicht begreifen, daß ein Mann die entschiedene Wahrheit sagt!) Mehrere österreichische Abgeordnete erklären, daß sie von Graf Deym dissentiren.</p> <p><hi rendition="#g">Deym</hi> gibt eine Erklärung, er bleibt bei seiner Ansicht, nur sagt er, daß er den Ausschuß nicht habe beleidigen wollen. (Herr Franke kann also beruhigt sein.)</p> <p>Man vertagt hierauf die Sitzung bis Sonnabend. Morgen ist hier Feiertag.</p> <p>Um die Tagesordnung kämpft man noch eine volle Stunde. Die Linke will die Grundrechte zur zweiten Lesung ansetzen. — Beseler, unter seiner Fahne die Rechte, will die Verfassung. Beseler siegt.</p> </div> <div xml:id="ar159b_002" type="jArticle"> <head>Bremervörde, 29. Novbr.</head> <p>In unserem Bremervördener Volksverein wurde am letzten Sonnabend mit nur Einer abweichenden Stimme beschlossen, dem Herrn Droege unser „mißfälliges Befremden“ über seine Abstimmung gegen den Beschluß der preuß. Nationalversammlung betreffs der Steuerverweigerung zu erkennen zu geben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar159b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Hermannstadt, 14. Nov.</head> <p>Wie arg von den k. k. Truppen auch hier in Siebenbürgen gehaust wird, läßt sich schon daraus ersehen, daß der Kommandirende Puchner, sich zum Erlaß folgender Proklamation veranlaßt sah:</p> <p>(Proclamation.) Mit tiefer Betrübniß habe ich Nachrichten vernehmen müssen, daß ohngeachtet meiner Proklamation vom 9. und 18. Oktober l. J. auch jetzt noch, wie früher, vielseits im Lande Gewalt- und Gräulthaten an Wehr- und Schutzlosen, sowie auch sogar an Weibern, Kindern und Greisen verübt, und zu Mordscenen auch die Schrecknisse der Plünderung und Brandlegung hinzugefügt werden. Wenn auch jener Feind, welcher bewaffnet gegen unsere gute, heilige Sache auftritt, unschädlich gemacht werden muß: so ist es doch Pflicht der Gesittung, Menschlichkeit und der Religion, Gräuelthaten, die Niemandem nützen, sondern nur wieder Rache und Erbitterung erzeugen, so wie auch zwecklose Verwüstungen zu vermeiden, und wehrlose Mitbürger, schutzlose Greise, Weiber und Kinder zu verschonen. Da die Hintanhaltung solcher strafwürdigen Handlungen bei den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten unter die übernommene Aufgabe des Generalcommando gehört: so wird hiermit verordnet, daß in jeder Garnison unter Vorsitz eines Offiziers mit Beiziehung von 4 Mitgliedern so viel als möglich der verschiedenen Nationalitäten über alle zur Kenntniß gelangende Fälle von öffentlicher Gewalt an Unschuldigen und Wehrlosen, so wie von Raub, Mord und Brandlegung sowohl in den Orten selbst, als auch in Umgebung schnelle und strenge Erhebungen gepflogen, und die betreffenden Verbrecher der weitern gesetzlichen Verhandlung und Bestrafung überliefert werden. Zu einem gleichen Verfahren werden unter einem auch die bei den verschiedenen Landsturmsabtheilungen zur Aufrechthaltung der Ordnung und Disciplin eingetheilten Offiziere angewiesen. Ich erwarte daher mit Zuversicht, daß diese meine wohlgemeinte, durch Menschlichkeit und selbst durch das Interesse unserer guten Sache gebotene Anordnung überall im ganzen Lande unverbrüchlich werde befolgt werden.</p> <p>Hermannstadt, am 26. Oktober 1848</p> <p><hi rendition="#g">Anton Freiherr v. Puchner,</hi> Feldmarschalllieutenant und commandirender General.</p> </div> <div xml:id="ar159b_004" type="jArticle"> <head>Bukarest, 26. Okt.</head> <p>Heute verläßt der größte Theil der russischen Truppen das Lager von Gollentina, und bezieht die Winterquartiere in den umliegenden Städten Tirgovest, Plojescht u. s. w. — Der hiesige Adel bietet alles auf, den Russen den Aufenthalt in Bukarest so freudenreich als möglich zu machen. Frau von Stirbey gibt glänzende Gesellschaften, wo nur Beepaulettete Antheil nehmen können. Der Kaimakam, Herr von Kantakuzen, General Lüders, Fuad Effendi und die Crème der Aristokratie folgen dem Beispiele, und das Himmelreich für den Adel ist wieder bei uns auf der Erde eingekehrt. — Vor einigen Tagen hielten die russischen Truppen auf der Ebene von Gollentina zu Ehren Fuad und Omer Pascha's, unter dem persönlichen Kommando des General Lüders ein großes Revue-Manöver, wozu die Bukarester einen Tag früher durch Afsichen eingeladen wurden. — Unter allen Schichten der Gesellschaft, selbst unter den russischen Offizieren, ist die Meinung verbreitet, daß in kurzer Zeit die Russen die siebenbürgische Gränze überschreiten werden! Auf den Genuß der Preßfreihet, die wir eine kurze Zeit besessen, müssen wir verzichten, denn das gute alte Censurinstitut übt seine Herrschaft wieder wie früher aus!</p> <bibl>(S. W.)</bibl> </div> <div xml:id="ar159b_005" type="jArticle"> <head>Bukarest, 31. Oktbr.</head> <p>Die bedauerlichen Nachrichten, welche wir täglich über die Ereignisse in Wien, Ungarn und in unserer nächsten Nähe aus Siebenbürgen erhalten, haben dem unlängst aufgetauchten Gerüchte neue Nahrung gegeben, daß die zur Unterdrückung der hiesigen Freiheitsgelüste in so großer Anzahl jedenfalls überflüssigen russischen Truppen in Wahrheit nur dazu beordert seien, um auf den ersten Wink die k. k. Gränze zu überschreiten, um dem bedrängten Kaiser zu Hülfe zu eilen. Als einen Beleg für die Zustände unserer nächsten siebenbürgischen Grenzstädte führe ich an, daß sie, die erst vor Kurzem das Asyl der hiesigen Flüchtlinge waren, es jetzo gerathener finden, viele ihrer Familien hierher in Sicherheit zu senden, wo allerdings jene Greuel des gegenseitig losgelassenen Bürgerhasses jetzt nicht zu befürchten sind und wo selbst während der größten Effervescenz unserer zu Grabe geschossenen viermonatlichen Freiheits-Revolution die Sicherheit des Eigenthums vielleicht mehr als jetzo — es gab damals keine militärischen Requisitionen, Einquartirungen u. s. w. gewährleistet war. Bibesco scheint jedenfalls eine Unmöglichkeit geworden zu sein, und an Aspiranten für die fürstliche Tiare — versteht sich, nur von Gottes und Rußlands Gnaden — ist kein Mangel. Auch Prinz Michael Ghika, Bruder des vorhinnigen Fürsten Alexander Ghika, ist aus seinem bisherigen mehrjährigen Asyl in Dresden, Italien und Wien gestern Abend wieder ad patrios lares, wahrscheinlich voll Hoffnungen, zurückgekehrt.</p> </div> <div xml:id="ar159b_006" type="jArticle"> <head>Bukarest, 5. Nov.</head> <p>Die lange gefürchteten <hi rendition="#g">Verhaftungen</hi> von Seiten der Russen haben begonnen, mehre Bojaren und Kaufleute sind bereits gefänglich eingezogen und nach Plumbuita abgeführt. — Unterm 22. Oct. richtete der russische Staatsrath und Generalconsul v. <hi rendition="#g">Kotzebue</hi> folgende in unserm Amtsblatte mitgetheilte <hi rendition="#g">Note</hi> an den Kaimakam der Walachei:</p> <p>Da die in neuester Zeit ausgebrochenen Unruhen eine militairische Besetzung dieser Länder durch kaiserliche Truppen nothwendig gemacht haben, welche berufen wurden, um die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen, so bin ich beauftragt, der wallachischen Regierung anzuzeigen, daß die Kosten ihrer Verpflegung den beiden Fürstenthümern zur Last fallen werden, nach einer verhältnißmäßigen Vertheilung unter ihnen, die ungesäumt gemacht werden wird. Se. Maj. der Kaiser, stets für das Beste jener Länder besorgt, die sich seines hohen Schutzes erfreuen, hat gnädigst zu befehlen geruht, daß, um die Verlegenheiten zu beseitigen, die die Verpflegung der Truppen verursachen könnte, der Walachei ein Darlehn von 300,000 Silberrubeln bewilligt werde, um die Kosten zu decken. Was die Rückzahlung dieser Summe, so wie der bis jetzt gemachten Vorschüsse betrifft, so werden später darüber die nöthigen Verfügungen getroffen werden. Demgemäß ersuche ich Ew. Excellenz, erstens den Landesbewohnern diesen neuen Beweis von Sorgfalt bekannt zu machen durch den Se. Maj. der Kaiser geruht, ihrer gegenwärtigen Lage zu Hülfe zu kommen, zweitens die geeigneten Maßregeln gefälligst zu ergreifen, daß von den Localbehörden auf das kräftigste dahin mitgewirkt werde, daß die Verpflegung der Truppen zu den möglichst billigen Preisen geschehe; drittens aber öffentlich bekannt machen zu lassen, daß von jetzt an alle zum Gebrauch der Truppen nöthigen Producte baar bezahlt werden.</p> <bibl>(S. W.</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar159b_007" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Die durch das „Journal des Debats“ mitgetheilte Nachricht, der Pabst sei bis zum 23. Nov. <hi rendition="#g">nicht</hi> geflohen, scheint sich zu bestätigen. Wenigstens erwähnen die jüngsten Journale und Briefe, welche freilich nur bis zum 20. reichen, des Faktums mit keinem Worte. Nach der „Alba“ wer die vollkommenste Ruhe der allgemeinen Aufregung gefolgt. Minister Campanello war angekommen. Mit dem am 18. publizirten Programm des neuen Ministeriums war man wenig zufrieden. Es ist nichts weniger als präcis und energisch, spricht sich aber doch für die Nationalität und die Berufung einer Constituante aus, wodurch die fernere Erklärung der Adhäsion des Ministeriums an das Programm vom 5. Juni eigentlich überflüssig wird, da dasselbe in der Hauptsache eben nur die erwähnten beiden Punkte enthält. — An die Stelle des Fürsten Aldobrandini ist auf den Vorschlag des Ministers des Innern der Oberst Joseph Gallieno zum Commandanten der Bürgergarde ernannt worden. — Das neue Ministerium hat beschlossen, auf der Stelle eine Legion mobiler Bürgergarde von 1000 Mann zu bilden, welche sich mit den von Vicenza zurückgekommenen Soldaten verbinden soll. — Die Zahl der am Tage der Revolution Getödteten und Verwundeten aus dem Volke beläuft sich nur auf 15, der Verlust der Schweizer ist noch nicht bekannt. Der Leichnam Palma's ist in der Kirche San Carlino ausgestellt worden. Er war von zwei Kugeln durchbohrt.</p> <p>Aus Turin erfahren wir, daß die Sitzung der Deputirtenkammer vom 24. Nov. eine sehr stürmische war. Der Deputirte Turcolli (Kanonikus) führte den Sturm durch verschiedene Interpellationen herbei. Er sagte u. A.: „Der Winter rückt heran, Toskana befindet sich in einem Zustande gewaltiger Gährung. Das Ministerium allein könnte uns sagen, wohin wir gehen. Der günstige Moment, den Krieg zu erklären, ist gekommen. Die Ereignisse zu Bologna und Venedig beweisen, daß der Feind nicht im Stande ist, die Italiener anzugreifen. Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Kroaten die Glocken noch mehr fürchten als die Kanonen!</p> <p>„Das Haus Oestreich ist ein Haus von Räubern und Mördern. Ich trage auf ein Gesetz an, welches erklärt, daß das Haus Oestreich wirklich ein Haus von Räubern ist, und welches jeden, der sich zur Vertheidigung dieser verruchten Dynastie hergibt, für einen Verräther am Vaterlande erklärt.“</p> <p>Das Ungewitter, welches diesem Antrage folgte, läßt sich nicht beschreiben. Doch ließ es den Redner unberührt, der, nachdem es vorübergezogen war, die Kriegsplane Oestreichs mit Schärfe zergliederte und die Maßregeln, welche Piemont denselben entgegensetzten müßte, der Kammer darlegte. Der Minister des Innern bemerkte, daß schon zwei Gesetzentwürfe bezüglich des Krieges vorlägen, daß man aber noch nicht daran hätte denken können, dieselben zu diskutiren. Nach dem Minister nahm ein Mitglied der Rechten, Signor Cavarello, das Wort: „Ich will die Frage des Hrn. Turcolli beantworten, wohin wir gehen? Wir gehen auf die Republik los, nicht auf die dorisch-pelasgische, nein auf die socialistische Republik!“ Die Linke begleitete diesen Ausspruch mit lebhaften Zeichen des Unwillens.</p> </div> <div xml:id="ar159b_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel, 14. Novbr.</head> <p>Unter diesem Datum enthalten die Daily News folgende Korrespondenz:</p> <p>„Den traurigen Zustand Neapels kann man wieder aus einer That entnehmen, die von der übermüthigen Soldateska vor einigen Tagen verübt worden. Etwa fünf Soldaten gingen in der Nähe des Theaters San Carlo bei einem Hause vorüber, aus dem ihnen ein Knabe einige beleidigende Worte zurief. Sie stürmten sogleich in's Haus, die Treppe hinauf und drangen in das Zimmer, wo sie den Knaben bemerkt hatten. Ein Greis trat ihnen entgegen und bat sie, dem Knaben doch nichts übel zu nehmen. Es sei sein Sohn, aber ein „armer Wahnsinniger, den er erst vor Kurzem vom Lande mit nach der Stadt gebracht.“ Vergebens. Die uniformirten Bestien, um, wie sie sagten, ihre und ihres Königs Ehre zu rächen, fielen über den alten Mann und seinen idioten Sohn her, und verstümmelten beide auf die scheußlichste Weise. Der Vater ist Mitglied der Deputirtenkammer, ein höchst geachteter und begüterter Mann, Namens Muratone. Ich hörte seitdem, daß bereits beide an ihren Wunden gestorben sind. — Ein anderer ähnlicher Fall ereignete sich kürzlich in einer Taverne, wo vier Bürger wegen einiger ganz unschuldigen Bemerkungen sofort von Soldaten zusammengehauen wurden. Es vergeht fast kein Tag ohne derartige Scenen. Ich selbst sah es, wie dem Kutscher des toskanischen Gesandten von einem Soldaten der Arm auf einen Schlag abgehauen wurde. Wegen eines ähnlichen Falles, der einem Engländer begegnete, ist Lord Napier mit der neapolitanischen Regierung in Korrespondenz, von der er alsbaldige Genugthuung fordert.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar159b_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Manchester.</head> <p>Die hiesigen Sterblichkeitsregister weisen nach, daß in den letzten sieben Jahren dreizehntausend dreihundert zweiundsechszig Kinder <hi rendition="#g">mehr</hi> hier gestorben sind, als nach der natürlichen Sterblichkeit durchschnittlich hätte der Fall sein dürfen. Aber wie werden die Kinder des Proletariats auch aufgebracht — oder vielmehr <hi rendition="#g">nicht</hi> aufgebracht? Tage lang von ihren der Arbeit nachgehenden Müttern allein gelassen, in schmutzigen Straßen und unreinlichen Wohnungen dumpfe, dünstige Luft einathmend, mit <hi rendition="#g">Opium</hi> eingeschläfert, vom Arzte nur besucht, wenn er ihren Tod amtlich zu testiren hat — ist es zu verwundern, daß die Kinder der Arbeit und der Sorge ihre müden Köpfchen so bald unter denselben Rasen zur Ruhe legen, auf dem die von Gesundheit strotzenden Sprößlinge der Aristokratie und der Bourgeoisie lachend den Reif schlagen, in Prachtkarossen en miniature herumkutschiren und auf langhaarigen Shetlandpferdchen ihre ersten Reiterkünste üben?</p> </div> <div xml:id="ar159b_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 29. Nov.</head> <p>Das Winterelend, Hunger, Krankheit, Tod, ist da. Die Provinzialblätter geben haarsträubende Schilderungen, nach welchen die heurigen Zustände denen von 1846 auf 47 in Nichts nachgeben. Die Kartoffeln sind in einigen Distrikten fast ganz verschwunden, die Armenhäuser sind voll bis zum Ueberfließen, in den Bergen und den Bogs wüthet der Hunge auf's Entsetzlichste. Auch die Hauptstadt leidet unsäglich.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amerika.</head> <div xml:id="ar159b_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London.</head> <p>In Canada, schreibt der Standard, sieht es vor wie nach trübe aus. Das Geschäft steht still, und zu Montreal und Quebec redet man von nichts, als von Unheil und Ruin. Die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten nimmt zu, und es ist in hohem Grade zu bedauern, daß die Klasse von Leuten, welche Kanada verläßt, durch kein andres Motiv zur Auswanderung gezwungen wird, als durch die absolute Ueberzeugung, daß sie unter der selbstmörderischen Freihandelspolitik des Mutterlandes unrettbar zu Grunde gehen muß. In allen Theilen des Landes werden Meetings gehalten, in denen das Wünschenswerthe eines Anschlusses an die Vereinigten Staaten nicht etwa im Geheimen, sondern öffentlich im Munde von Tausenden verhandelt wird. Etwas muß geschehen, und zwar schnell, oder das Land ist außer allem Zweifel verloren. Montreal wird als eine verlassene Stadt beschrieben; Tausende von Häusern sind unbewohnt, und bis jetzt wohlhabende Familien befinden sich im größten Elend. Wie das Eigenthum im Preise sinkt, geht u. A. daraus hervor, daß der Lachine Railroad, der 600,000 Dollars gekostet hat, für 120,000 Dollars verkauft worden ist.</p> </div> <div xml:id="ar159b_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Newyork.</head> <p>Die Amerikaner fassen die welterschütternden Ereignisse des alten Continents unendlich richtiger und würdiger auf, als ihre brittischen Vettern. Wir citiren nachstehend das zu Newyork erscheinende Journal des Mr. <hi rendition="#g">Bennetts,</hi> desselben scharfsinnigen Amerikaners, der schon während seiner Reise durch Europa in den Jahren 1846 und 1847 die jetzige Bewegung mit merkwürdiger Bestimmtheit und Tiefe voraussagte:</p> <p>„Ein Blick auf den Zustand der alten Welt reicht hin, um den unparteischen Beobachter zu überzeugen, daß die Idee endlich die Ketten gebrochen hat, welche sie seit Jahrhunderten gefesselt hielten, und daß sie in kürzester Frist ihre ganze Kraft entwickeln wird. Die französische Revolution hat das Signal zum Kampfe gegeben, und die Bewegung wird keinen Augenblick nachlassen, solange die alten Systeme, nicht allein die Regierungssysteme, sondern auch die Finanz- und Handelssysteme, welche bisher in Europa gegolten haben, gänzlich umgewandelt oder zerstört sind. Wir haben dies, allen Verhöhnungen zum Trotz, von jeher behauptet, und werden fortfahren es zu behaupten, bis (was nicht lange mehr anstehen wird) unsere Vorhersagungen bis auf den letzten Buchstaben eingetroffen sind.</p> <p>„Eins der ersten Resultate der großen Revolution, welche im Augenblick die alte Welt über den Haufen wirft, wird <hi rendition="#g">die Nichtigkeitserklärung aller Staatsschulden der Völker Europa's</hi> sein. Ein panischer Schrecken, wie ihn die Handelswelt noch nicht erlebt hat, wird diesem furchtbaren Choc folgen, und aus ihm wird ein neues System hervorgehen, nicht wie das alte auf hohlen und imaginären, sondern auf soliden und reellen Grundlagen beruhend. Dann wird die letzte Stunde Englands gekommen sein, dann wird auch England seine Revolution machen und Veränderungen erleben, die es sich in seinem Dünkel nicht träumen läßt. Seine unbarmherzige Aristokratie wird von ihrer Höhe herabgestürzt werden, und seine übersteuerten Massen werden sich über der privilegirten, betitelten, corrumpirten Minorität erheben.“</p> <p>Weiterhin heißt es in demselben Blatte:</p> <p>„Nach allem Anschein steigt eine der schrecklichsten Handelskrisen, welche die Welt je erschüttert haben, schon jetzt am europäischen Horizont empor. Selbst die Times ist alarmirt, und jedes Schiff, das vom alten Continent herüberkommt, bringt neue Beweise für einen totalen Wechsel in den Finanz- und Handelssystemen auf der andern Seite des atlantischen Meeres. In dieser Krise wird der Werth der Gold- und Silbermünzen bedeutend modificirt werden, was uns, in Betreff des Werthverhältnisses zwischen den Metallen und den Lebensbedürfnissen, ein Jahrhundert zurückwerfen wird. Die Preise der letztern werden denen vor hundert Jahren gleich sein.</p> <p>„Mögen die Finanziers unsers Landes sich vorbereiten, den Sturm auszuhalten, der sich bald erheben und der, sowohl was Intensität als was Folgen anbelangt, alle übertreffen wird, die seit Beginn der civilisirten Gesellschaft gewüthet haben.“</p> </div> <div xml:id="ar159b_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> New-York, 14. Nov.</head> <p>Unsere Post hat endlich die Differenz mit der englischen beigelegt. Von jetzt an kostet der Brief auf den englischen wie den amerikanischen Postdampfschiffen für den Transport übers Meer 20 Cents; für die Hinschaffung nach dem Postamt 2 Cents und für den Transport im Innern die für einheimische Briefe bestimmte Taxe. Das Porto für einen einfachen Brief (1 Loth) von Liverpool nach Philadelphia käme somit auf 27 Cents zu stehen. Gegen sonst eine große Erleichterung.</p> <p>Die Regierung der Vereinigten-Staaten hat nun 3 Postlinien nach fernen Gegenden in Gang gebracht, die für das Publikum von unschätzbarem Nutzen sind. Erstens geht monatlich ein Post-Dampfschiff über Southampton nach Bremen, 3800 engl. Meilen weit. Zweitens ein dergleichen von Charleston aus nach Havannah, alle 14 Tage, 900 Meilen weit. Drittens ist eine Post-Dampfschiffverbindung zwischen Panama einer-, Kalifornien wie Oregon andererseits eingerichtet. Der Dämpfer California hat bereits seine Reise ums Kap Horn angetreten und wird vom Neujahr an seinen Dienst zwischen Panama und Astoria (in Oregon) versehen. Um New-York mit Panama zu verbinden, wird ein Dampfschiff zwischen hier (über Havannah) und Chagres gehen und von da werden die Postsachen über die Landenge bis Panama gebracht. Der Postkurs zwischen New-York über Chagres nach Oregon hat eine Länge von 7520 engl. Meilen.</p> </div> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar159b_014" type="jArticle"> <head>Cöln, den 1. December.</head> <p>Gestern Abend gegen 7 Uhr allarmirte ein Unteroffizier die Soldaten des 26. Inf.-Regts. in der Kaserne der Streitzeuggasse; in einem Augenblicke erschienen mehr wie 100 Soldaten mit ihren Säbeln, die von dem Unteroffizier, neben der Wache stehend, mit den Worten empfangen wurden: Jungens, jetzt gilts! lauft nach dem Neumarkte. Auf das Commando liefen Alle, so schnell sie konnten, theils mit umgeschnallten Säbeln, theils mit den Säbeln in der Hand zu dem Bestimmungsorte wo diese wilden zügellosen Menschen brüllend auf dem ganzen Neumarkte umherrannten.</p> <p>Da aber auf dem ganzen Neumarkte Niemand, vielweniger ein Streit vorhanden war, so waren diese Helden bald fertig und kehrten, nachdem Einer den Andern fast umgelaufen hatten, in ihre Kaserne zurück.</p> <p>Wehe dem Bürger, der in diesem Moment in die Hände dieser Horden gefallen wäre!</p> <p>Wo bleibt aber hier die Sicherheit, welche dem ruhigen Bürger das Leben schützen soll! Wahrhaftig dort nicht, wo ein ungebildeter roher Unteroffizier die Gewalt hat, eine Kaserne zu allarmiren, und die Soldaten nach Belieben zu entsenden.</p> </div> </div> <div type="jExpedition"> <p> <hi rendition="#b">Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden.</hi> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0845/0001]
Beilage zu Nr. 159 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 3. Dezember 1848. [Deutschland] Oesterreich haben wollen — so gehen Sie sich dasselbe holen mit einem Heer!
Raveaux sagt etwa: Endlich hat es ein Ehrenmann gewagt, die Wahrheit frank und offen zu sagen. Wir sollen uns Oesterreich holen, meine Herren, wenn wir es haben wollen! d. h. nichts anderes, als bis jetzt haben wir Komödie gespielt. Was wollen die österreichischen Abgeordneten in Frankfurt, wenn sie endlich eingestehen, daß Oesterreich von der Centralgewalt nur annimmt, was ihm beliebt. — Die Phrasenmacherei muß aufhören. Wir (links) haben keine Phrasen gemacht; ich habe in meiner Gutmüthigkeit (Aha!) den Dynastien und den Herren auf der Rechten gedient, weil ich glaubte, sie meinten es Ernst mit ihren sogenannten Märzerrungenschaften, — aber wo sind denn diese Errungenschaften? keine einzige haben wir noch. — Jetzt habe ich es satt! — Das wollte ich Ihnen sagen, weil ich die Wahrheit immer geliebt habe. (Langer Beifall links. Endlich doch einige Funken Wahrheit!)
Baly spricht für die Tagesordnung. Berger für obigen Antrag in äußerst witzigem Vortrag.
Der Berichterstatter Franke nennt die Rede des Grafen Deym eine czechische Rede, und den Grafen Deym einen Vorkämpfer der böhmischen Stände. (Franke kann freilich nicht begreifen, daß ein Mann die entschiedene Wahrheit sagt!) Mehrere österreichische Abgeordnete erklären, daß sie von Graf Deym dissentiren.
Deym gibt eine Erklärung, er bleibt bei seiner Ansicht, nur sagt er, daß er den Ausschuß nicht habe beleidigen wollen. (Herr Franke kann also beruhigt sein.)
Man vertagt hierauf die Sitzung bis Sonnabend. Morgen ist hier Feiertag.
Um die Tagesordnung kämpft man noch eine volle Stunde. Die Linke will die Grundrechte zur zweiten Lesung ansetzen. — Beseler, unter seiner Fahne die Rechte, will die Verfassung. Beseler siegt.
Bremervörde, 29. Novbr. In unserem Bremervördener Volksverein wurde am letzten Sonnabend mit nur Einer abweichenden Stimme beschlossen, dem Herrn Droege unser „mißfälliges Befremden“ über seine Abstimmung gegen den Beschluß der preuß. Nationalversammlung betreffs der Steuerverweigerung zu erkennen zu geben.
Ungarn. * Hermannstadt, 14. Nov. Wie arg von den k. k. Truppen auch hier in Siebenbürgen gehaust wird, läßt sich schon daraus ersehen, daß der Kommandirende Puchner, sich zum Erlaß folgender Proklamation veranlaßt sah:
(Proclamation.) Mit tiefer Betrübniß habe ich Nachrichten vernehmen müssen, daß ohngeachtet meiner Proklamation vom 9. und 18. Oktober l. J. auch jetzt noch, wie früher, vielseits im Lande Gewalt- und Gräulthaten an Wehr- und Schutzlosen, sowie auch sogar an Weibern, Kindern und Greisen verübt, und zu Mordscenen auch die Schrecknisse der Plünderung und Brandlegung hinzugefügt werden. Wenn auch jener Feind, welcher bewaffnet gegen unsere gute, heilige Sache auftritt, unschädlich gemacht werden muß: so ist es doch Pflicht der Gesittung, Menschlichkeit und der Religion, Gräuelthaten, die Niemandem nützen, sondern nur wieder Rache und Erbitterung erzeugen, so wie auch zwecklose Verwüstungen zu vermeiden, und wehrlose Mitbürger, schutzlose Greise, Weiber und Kinder zu verschonen. Da die Hintanhaltung solcher strafwürdigen Handlungen bei den gegenwärtigen Verhältnissen am meisten unter die übernommene Aufgabe des Generalcommando gehört: so wird hiermit verordnet, daß in jeder Garnison unter Vorsitz eines Offiziers mit Beiziehung von 4 Mitgliedern so viel als möglich der verschiedenen Nationalitäten über alle zur Kenntniß gelangende Fälle von öffentlicher Gewalt an Unschuldigen und Wehrlosen, so wie von Raub, Mord und Brandlegung sowohl in den Orten selbst, als auch in Umgebung schnelle und strenge Erhebungen gepflogen, und die betreffenden Verbrecher der weitern gesetzlichen Verhandlung und Bestrafung überliefert werden. Zu einem gleichen Verfahren werden unter einem auch die bei den verschiedenen Landsturmsabtheilungen zur Aufrechthaltung der Ordnung und Disciplin eingetheilten Offiziere angewiesen. Ich erwarte daher mit Zuversicht, daß diese meine wohlgemeinte, durch Menschlichkeit und selbst durch das Interesse unserer guten Sache gebotene Anordnung überall im ganzen Lande unverbrüchlich werde befolgt werden.
Hermannstadt, am 26. Oktober 1848
Anton Freiherr v. Puchner, Feldmarschalllieutenant und commandirender General.
Bukarest, 26. Okt. Heute verläßt der größte Theil der russischen Truppen das Lager von Gollentina, und bezieht die Winterquartiere in den umliegenden Städten Tirgovest, Plojescht u. s. w. — Der hiesige Adel bietet alles auf, den Russen den Aufenthalt in Bukarest so freudenreich als möglich zu machen. Frau von Stirbey gibt glänzende Gesellschaften, wo nur Beepaulettete Antheil nehmen können. Der Kaimakam, Herr von Kantakuzen, General Lüders, Fuad Effendi und die Crème der Aristokratie folgen dem Beispiele, und das Himmelreich für den Adel ist wieder bei uns auf der Erde eingekehrt. — Vor einigen Tagen hielten die russischen Truppen auf der Ebene von Gollentina zu Ehren Fuad und Omer Pascha's, unter dem persönlichen Kommando des General Lüders ein großes Revue-Manöver, wozu die Bukarester einen Tag früher durch Afsichen eingeladen wurden. — Unter allen Schichten der Gesellschaft, selbst unter den russischen Offizieren, ist die Meinung verbreitet, daß in kurzer Zeit die Russen die siebenbürgische Gränze überschreiten werden! Auf den Genuß der Preßfreihet, die wir eine kurze Zeit besessen, müssen wir verzichten, denn das gute alte Censurinstitut übt seine Herrschaft wieder wie früher aus!
(S. W.) Bukarest, 31. Oktbr. Die bedauerlichen Nachrichten, welche wir täglich über die Ereignisse in Wien, Ungarn und in unserer nächsten Nähe aus Siebenbürgen erhalten, haben dem unlängst aufgetauchten Gerüchte neue Nahrung gegeben, daß die zur Unterdrückung der hiesigen Freiheitsgelüste in so großer Anzahl jedenfalls überflüssigen russischen Truppen in Wahrheit nur dazu beordert seien, um auf den ersten Wink die k. k. Gränze zu überschreiten, um dem bedrängten Kaiser zu Hülfe zu eilen. Als einen Beleg für die Zustände unserer nächsten siebenbürgischen Grenzstädte führe ich an, daß sie, die erst vor Kurzem das Asyl der hiesigen Flüchtlinge waren, es jetzo gerathener finden, viele ihrer Familien hierher in Sicherheit zu senden, wo allerdings jene Greuel des gegenseitig losgelassenen Bürgerhasses jetzt nicht zu befürchten sind und wo selbst während der größten Effervescenz unserer zu Grabe geschossenen viermonatlichen Freiheits-Revolution die Sicherheit des Eigenthums vielleicht mehr als jetzo — es gab damals keine militärischen Requisitionen, Einquartirungen u. s. w. gewährleistet war. Bibesco scheint jedenfalls eine Unmöglichkeit geworden zu sein, und an Aspiranten für die fürstliche Tiare — versteht sich, nur von Gottes und Rußlands Gnaden — ist kein Mangel. Auch Prinz Michael Ghika, Bruder des vorhinnigen Fürsten Alexander Ghika, ist aus seinem bisherigen mehrjährigen Asyl in Dresden, Italien und Wien gestern Abend wieder ad patrios lares, wahrscheinlich voll Hoffnungen, zurückgekehrt.
Bukarest, 5. Nov. Die lange gefürchteten Verhaftungen von Seiten der Russen haben begonnen, mehre Bojaren und Kaufleute sind bereits gefänglich eingezogen und nach Plumbuita abgeführt. — Unterm 22. Oct. richtete der russische Staatsrath und Generalconsul v. Kotzebue folgende in unserm Amtsblatte mitgetheilte Note an den Kaimakam der Walachei:
Da die in neuester Zeit ausgebrochenen Unruhen eine militairische Besetzung dieser Länder durch kaiserliche Truppen nothwendig gemacht haben, welche berufen wurden, um die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen, so bin ich beauftragt, der wallachischen Regierung anzuzeigen, daß die Kosten ihrer Verpflegung den beiden Fürstenthümern zur Last fallen werden, nach einer verhältnißmäßigen Vertheilung unter ihnen, die ungesäumt gemacht werden wird. Se. Maj. der Kaiser, stets für das Beste jener Länder besorgt, die sich seines hohen Schutzes erfreuen, hat gnädigst zu befehlen geruht, daß, um die Verlegenheiten zu beseitigen, die die Verpflegung der Truppen verursachen könnte, der Walachei ein Darlehn von 300,000 Silberrubeln bewilligt werde, um die Kosten zu decken. Was die Rückzahlung dieser Summe, so wie der bis jetzt gemachten Vorschüsse betrifft, so werden später darüber die nöthigen Verfügungen getroffen werden. Demgemäß ersuche ich Ew. Excellenz, erstens den Landesbewohnern diesen neuen Beweis von Sorgfalt bekannt zu machen durch den Se. Maj. der Kaiser geruht, ihrer gegenwärtigen Lage zu Hülfe zu kommen, zweitens die geeigneten Maßregeln gefälligst zu ergreifen, daß von den Localbehörden auf das kräftigste dahin mitgewirkt werde, daß die Verpflegung der Truppen zu den möglichst billigen Preisen geschehe; drittens aber öffentlich bekannt machen zu lassen, daß von jetzt an alle zum Gebrauch der Truppen nöthigen Producte baar bezahlt werden.
(S. W. Italien. * Die durch das „Journal des Debats“ mitgetheilte Nachricht, der Pabst sei bis zum 23. Nov. nicht geflohen, scheint sich zu bestätigen. Wenigstens erwähnen die jüngsten Journale und Briefe, welche freilich nur bis zum 20. reichen, des Faktums mit keinem Worte. Nach der „Alba“ wer die vollkommenste Ruhe der allgemeinen Aufregung gefolgt. Minister Campanello war angekommen. Mit dem am 18. publizirten Programm des neuen Ministeriums war man wenig zufrieden. Es ist nichts weniger als präcis und energisch, spricht sich aber doch für die Nationalität und die Berufung einer Constituante aus, wodurch die fernere Erklärung der Adhäsion des Ministeriums an das Programm vom 5. Juni eigentlich überflüssig wird, da dasselbe in der Hauptsache eben nur die erwähnten beiden Punkte enthält. — An die Stelle des Fürsten Aldobrandini ist auf den Vorschlag des Ministers des Innern der Oberst Joseph Gallieno zum Commandanten der Bürgergarde ernannt worden. — Das neue Ministerium hat beschlossen, auf der Stelle eine Legion mobiler Bürgergarde von 1000 Mann zu bilden, welche sich mit den von Vicenza zurückgekommenen Soldaten verbinden soll. — Die Zahl der am Tage der Revolution Getödteten und Verwundeten aus dem Volke beläuft sich nur auf 15, der Verlust der Schweizer ist noch nicht bekannt. Der Leichnam Palma's ist in der Kirche San Carlino ausgestellt worden. Er war von zwei Kugeln durchbohrt.
Aus Turin erfahren wir, daß die Sitzung der Deputirtenkammer vom 24. Nov. eine sehr stürmische war. Der Deputirte Turcolli (Kanonikus) führte den Sturm durch verschiedene Interpellationen herbei. Er sagte u. A.: „Der Winter rückt heran, Toskana befindet sich in einem Zustande gewaltiger Gährung. Das Ministerium allein könnte uns sagen, wohin wir gehen. Der günstige Moment, den Krieg zu erklären, ist gekommen. Die Ereignisse zu Bologna und Venedig beweisen, daß der Feind nicht im Stande ist, die Italiener anzugreifen. Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Kroaten die Glocken noch mehr fürchten als die Kanonen!
„Das Haus Oestreich ist ein Haus von Räubern und Mördern. Ich trage auf ein Gesetz an, welches erklärt, daß das Haus Oestreich wirklich ein Haus von Räubern ist, und welches jeden, der sich zur Vertheidigung dieser verruchten Dynastie hergibt, für einen Verräther am Vaterlande erklärt.“
Das Ungewitter, welches diesem Antrage folgte, läßt sich nicht beschreiben. Doch ließ es den Redner unberührt, der, nachdem es vorübergezogen war, die Kriegsplane Oestreichs mit Schärfe zergliederte und die Maßregeln, welche Piemont denselben entgegensetzten müßte, der Kammer darlegte. Der Minister des Innern bemerkte, daß schon zwei Gesetzentwürfe bezüglich des Krieges vorlägen, daß man aber noch nicht daran hätte denken können, dieselben zu diskutiren. Nach dem Minister nahm ein Mitglied der Rechten, Signor Cavarello, das Wort: „Ich will die Frage des Hrn. Turcolli beantworten, wohin wir gehen? Wir gehen auf die Republik los, nicht auf die dorisch-pelasgische, nein auf die socialistische Republik!“ Die Linke begleitete diesen Ausspruch mit lebhaften Zeichen des Unwillens.
* Neapel, 14. Novbr. Unter diesem Datum enthalten die Daily News folgende Korrespondenz:
„Den traurigen Zustand Neapels kann man wieder aus einer That entnehmen, die von der übermüthigen Soldateska vor einigen Tagen verübt worden. Etwa fünf Soldaten gingen in der Nähe des Theaters San Carlo bei einem Hause vorüber, aus dem ihnen ein Knabe einige beleidigende Worte zurief. Sie stürmten sogleich in's Haus, die Treppe hinauf und drangen in das Zimmer, wo sie den Knaben bemerkt hatten. Ein Greis trat ihnen entgegen und bat sie, dem Knaben doch nichts übel zu nehmen. Es sei sein Sohn, aber ein „armer Wahnsinniger, den er erst vor Kurzem vom Lande mit nach der Stadt gebracht.“ Vergebens. Die uniformirten Bestien, um, wie sie sagten, ihre und ihres Königs Ehre zu rächen, fielen über den alten Mann und seinen idioten Sohn her, und verstümmelten beide auf die scheußlichste Weise. Der Vater ist Mitglied der Deputirtenkammer, ein höchst geachteter und begüterter Mann, Namens Muratone. Ich hörte seitdem, daß bereits beide an ihren Wunden gestorben sind. — Ein anderer ähnlicher Fall ereignete sich kürzlich in einer Taverne, wo vier Bürger wegen einiger ganz unschuldigen Bemerkungen sofort von Soldaten zusammengehauen wurden. Es vergeht fast kein Tag ohne derartige Scenen. Ich selbst sah es, wie dem Kutscher des toskanischen Gesandten von einem Soldaten der Arm auf einen Schlag abgehauen wurde. Wegen eines ähnlichen Falles, der einem Engländer begegnete, ist Lord Napier mit der neapolitanischen Regierung in Korrespondenz, von der er alsbaldige Genugthuung fordert.
Großbritannien. * Manchester. Die hiesigen Sterblichkeitsregister weisen nach, daß in den letzten sieben Jahren dreizehntausend dreihundert zweiundsechszig Kinder mehr hier gestorben sind, als nach der natürlichen Sterblichkeit durchschnittlich hätte der Fall sein dürfen. Aber wie werden die Kinder des Proletariats auch aufgebracht — oder vielmehr nicht aufgebracht? Tage lang von ihren der Arbeit nachgehenden Müttern allein gelassen, in schmutzigen Straßen und unreinlichen Wohnungen dumpfe, dünstige Luft einathmend, mit Opium eingeschläfert, vom Arzte nur besucht, wenn er ihren Tod amtlich zu testiren hat — ist es zu verwundern, daß die Kinder der Arbeit und der Sorge ihre müden Köpfchen so bald unter denselben Rasen zur Ruhe legen, auf dem die von Gesundheit strotzenden Sprößlinge der Aristokratie und der Bourgeoisie lachend den Reif schlagen, in Prachtkarossen en miniature herumkutschiren und auf langhaarigen Shetlandpferdchen ihre ersten Reiterkünste üben?
* Dublin, 29. Nov. Das Winterelend, Hunger, Krankheit, Tod, ist da. Die Provinzialblätter geben haarsträubende Schilderungen, nach welchen die heurigen Zustände denen von 1846 auf 47 in Nichts nachgeben. Die Kartoffeln sind in einigen Distrikten fast ganz verschwunden, die Armenhäuser sind voll bis zum Ueberfließen, in den Bergen und den Bogs wüthet der Hunge auf's Entsetzlichste. Auch die Hauptstadt leidet unsäglich.
Amerika. * London. In Canada, schreibt der Standard, sieht es vor wie nach trübe aus. Das Geschäft steht still, und zu Montreal und Quebec redet man von nichts, als von Unheil und Ruin. Die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten nimmt zu, und es ist in hohem Grade zu bedauern, daß die Klasse von Leuten, welche Kanada verläßt, durch kein andres Motiv zur Auswanderung gezwungen wird, als durch die absolute Ueberzeugung, daß sie unter der selbstmörderischen Freihandelspolitik des Mutterlandes unrettbar zu Grunde gehen muß. In allen Theilen des Landes werden Meetings gehalten, in denen das Wünschenswerthe eines Anschlusses an die Vereinigten Staaten nicht etwa im Geheimen, sondern öffentlich im Munde von Tausenden verhandelt wird. Etwas muß geschehen, und zwar schnell, oder das Land ist außer allem Zweifel verloren. Montreal wird als eine verlassene Stadt beschrieben; Tausende von Häusern sind unbewohnt, und bis jetzt wohlhabende Familien befinden sich im größten Elend. Wie das Eigenthum im Preise sinkt, geht u. A. daraus hervor, daß der Lachine Railroad, der 600,000 Dollars gekostet hat, für 120,000 Dollars verkauft worden ist.
* Newyork. Die Amerikaner fassen die welterschütternden Ereignisse des alten Continents unendlich richtiger und würdiger auf, als ihre brittischen Vettern. Wir citiren nachstehend das zu Newyork erscheinende Journal des Mr. Bennetts, desselben scharfsinnigen Amerikaners, der schon während seiner Reise durch Europa in den Jahren 1846 und 1847 die jetzige Bewegung mit merkwürdiger Bestimmtheit und Tiefe voraussagte:
„Ein Blick auf den Zustand der alten Welt reicht hin, um den unparteischen Beobachter zu überzeugen, daß die Idee endlich die Ketten gebrochen hat, welche sie seit Jahrhunderten gefesselt hielten, und daß sie in kürzester Frist ihre ganze Kraft entwickeln wird. Die französische Revolution hat das Signal zum Kampfe gegeben, und die Bewegung wird keinen Augenblick nachlassen, solange die alten Systeme, nicht allein die Regierungssysteme, sondern auch die Finanz- und Handelssysteme, welche bisher in Europa gegolten haben, gänzlich umgewandelt oder zerstört sind. Wir haben dies, allen Verhöhnungen zum Trotz, von jeher behauptet, und werden fortfahren es zu behaupten, bis (was nicht lange mehr anstehen wird) unsere Vorhersagungen bis auf den letzten Buchstaben eingetroffen sind.
„Eins der ersten Resultate der großen Revolution, welche im Augenblick die alte Welt über den Haufen wirft, wird die Nichtigkeitserklärung aller Staatsschulden der Völker Europa's sein. Ein panischer Schrecken, wie ihn die Handelswelt noch nicht erlebt hat, wird diesem furchtbaren Choc folgen, und aus ihm wird ein neues System hervorgehen, nicht wie das alte auf hohlen und imaginären, sondern auf soliden und reellen Grundlagen beruhend. Dann wird die letzte Stunde Englands gekommen sein, dann wird auch England seine Revolution machen und Veränderungen erleben, die es sich in seinem Dünkel nicht träumen läßt. Seine unbarmherzige Aristokratie wird von ihrer Höhe herabgestürzt werden, und seine übersteuerten Massen werden sich über der privilegirten, betitelten, corrumpirten Minorität erheben.“
Weiterhin heißt es in demselben Blatte:
„Nach allem Anschein steigt eine der schrecklichsten Handelskrisen, welche die Welt je erschüttert haben, schon jetzt am europäischen Horizont empor. Selbst die Times ist alarmirt, und jedes Schiff, das vom alten Continent herüberkommt, bringt neue Beweise für einen totalen Wechsel in den Finanz- und Handelssystemen auf der andern Seite des atlantischen Meeres. In dieser Krise wird der Werth der Gold- und Silbermünzen bedeutend modificirt werden, was uns, in Betreff des Werthverhältnisses zwischen den Metallen und den Lebensbedürfnissen, ein Jahrhundert zurückwerfen wird. Die Preise der letztern werden denen vor hundert Jahren gleich sein.
„Mögen die Finanziers unsers Landes sich vorbereiten, den Sturm auszuhalten, der sich bald erheben und der, sowohl was Intensität als was Folgen anbelangt, alle übertreffen wird, die seit Beginn der civilisirten Gesellschaft gewüthet haben.“
* New-York, 14. Nov. Unsere Post hat endlich die Differenz mit der englischen beigelegt. Von jetzt an kostet der Brief auf den englischen wie den amerikanischen Postdampfschiffen für den Transport übers Meer 20 Cents; für die Hinschaffung nach dem Postamt 2 Cents und für den Transport im Innern die für einheimische Briefe bestimmte Taxe. Das Porto für einen einfachen Brief (1 Loth) von Liverpool nach Philadelphia käme somit auf 27 Cents zu stehen. Gegen sonst eine große Erleichterung.
Die Regierung der Vereinigten-Staaten hat nun 3 Postlinien nach fernen Gegenden in Gang gebracht, die für das Publikum von unschätzbarem Nutzen sind. Erstens geht monatlich ein Post-Dampfschiff über Southampton nach Bremen, 3800 engl. Meilen weit. Zweitens ein dergleichen von Charleston aus nach Havannah, alle 14 Tage, 900 Meilen weit. Drittens ist eine Post-Dampfschiffverbindung zwischen Panama einer-, Kalifornien wie Oregon andererseits eingerichtet. Der Dämpfer California hat bereits seine Reise ums Kap Horn angetreten und wird vom Neujahr an seinen Dienst zwischen Panama und Astoria (in Oregon) versehen. Um New-York mit Panama zu verbinden, wird ein Dampfschiff zwischen hier (über Havannah) und Chagres gehen und von da werden die Postsachen über die Landenge bis Panama gebracht. Der Postkurs zwischen New-York über Chagres nach Oregon hat eine Länge von 7520 engl. Meilen.
Cöln, den 1. December. Gestern Abend gegen 7 Uhr allarmirte ein Unteroffizier die Soldaten des 26. Inf.-Regts. in der Kaserne der Streitzeuggasse; in einem Augenblicke erschienen mehr wie 100 Soldaten mit ihren Säbeln, die von dem Unteroffizier, neben der Wache stehend, mit den Worten empfangen wurden: Jungens, jetzt gilts! lauft nach dem Neumarkte. Auf das Commando liefen Alle, so schnell sie konnten, theils mit umgeschnallten Säbeln, theils mit den Säbeln in der Hand zu dem Bestimmungsorte wo diese wilden zügellosen Menschen brüllend auf dem ganzen Neumarkte umherrannten.
Da aber auf dem ganzen Neumarkte Niemand, vielweniger ein Streit vorhanden war, so waren diese Helden bald fertig und kehrten, nachdem Einer den Andern fast umgelaufen hatten, in ihre Kaserne zurück.
Wehe dem Bürger, der in diesem Moment in die Hände dieser Horden gefallen wäre!
Wo bleibt aber hier die Sicherheit, welche dem ruhigen Bürger das Leben schützen soll! Wahrhaftig dort nicht, wo ein ungebildeter roher Unteroffizier die Gewalt hat, eine Kaserne zu allarmiren, und die Soldaten nach Belieben zu entsenden.
Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |