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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 161. Köln, 6. Dezember 1848.

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setzlich verfahren wäre, und ein schriftlicher Befehl zur Legitimation, war bei der amtlichen Eigenschaft der Deputation nach dem Gesetze nicht erforderlich. Kann somit die Haussuchung überhaupt nicht für eine ungesetzliche gehalten werden, so ist auch der Polizei-Sergeant, welcher dabei zur Assistenz zugezogen wurde, nicht strafbar.

Berlin, den 27. November 1848.

Der Staats-Anwalt Neumann."

An den Abgeordneten Herrn Lipski Wohlgeboren hier.

Berlin, 2. Dez.

Während der kurzen Dauer des Justizministeriums Kisker ist von demselben auch durch das Justizministerial-Blatt der Entwurf einer Justiz-Reorganisation bekannt gemacht worden, welcher den kurz vorher vom Ministerium Auerswald in dieser Beziehung gemachten Verheißungen völlig widerspricht; denn es wird zufolge dieses Entwurfes das Recht der freien Verhandlungen der Parteien in deren Civilrechts-Streitigkeiten noch immer nicht anerkannt, es bleiben demnach auch wieder die älteren Provinzen der so nöthigen Institute, wie der des Friedensgerichts, des Familienrathes in Vormundschaftssachen etc. beraubt, hingegen werden dadurch die Richter fortwährend wieder mit Geschäften überhäuft, wovon sie gänzlich fern gehalten werden sollten, wie z. B. vom Kassen- und Hypothekenwesen etc. Der rheinische Revisionshof hat sich dadurch verpflichtet erachtet, in einer an das Staatsministerium gestern gerichteten Erklärung wegen des gedachten Entwurfes seine völlig abweichende Ansicht auszusprechen und besonders im allgemeinen Interesse der Rechtspflege, so wie auch in jenem der Rheinprovinz gegen die in erwähntem Entwurfe ausgesprochene Vereinigung des rheinischen Revisions- und Kassationshofes mit dem für die älteren Provinzen hier bestehenden Geh. Ober-Tribunal, desgleichen auch gegen die Aufhebung des königl. Justiz-Senats in Ehrenbreitenstein und gegen die Vereinigung desselben mit dem Oberlandesgericht zu Arnsberg förmlich zu protestiren. Dieser Protest ist von sämmtlich hier anwesenden Räthen des rheinischen Revisions- und Kassationshofes sowie des öffentlichen Ministeriums unterzeichnet.

(D. Z.)
* Berlin, 2. Dez.

Die von Wrangel so sehr fetirte und umarmte "Tante Voß" enthält heute folgende Elegie auf die gegenwärtigen Berliner Zustände:

"Trotz der vollkommenen Ruhe, deren wir uns erfreuen, liegen dennoch alle Geschäfte noch mehr als früher darnieder. Die Klagen der Geschäftsleute sind eben so allgemein als eindringlich. Das Steigen der Effekten an der Börse ist ein so singuläres Faktum, daß es in ganz besondern Gründen beruhen muß; leider übt es auf die Hebung des Verkehrs im Allgemeinen nicht den geringsten Einfluß. Einzelne Geschäftsmänner versichern, seit vierzehn Tagen nicht für die geringste Summe umgesetzt zu haben."

Man vergleiche damit folgende Stelle in der neuesten Nr. der biedern "Kreuzritterin", die Berlin's Handel und Wandel natürlich im rosigsten Lichte darzustellen hat. Sie sagt:

"Trotz aller Versicherungen der zur Opposition gehörenden Korrespondenzen und Tagesblätter, daß die gewerblichen und Handelsverhältnisse in Folge des Belagerungszustandes immer mehr darniederliegen, ist dies eine Unwahrheit. Der Verkehr steigt mit jedem Tage, der Handwerker hat wieder zu thun, weil die öffentliche Sicherheit und das Vertrauen wiedergekehrt sind."

Breslau, 3. Dezember.

Ein Bauernaufstand gegen die Gutsherrschaft in dem Dorfe Liptin, Leobschützer Kreises, ist durch rechtzeittige Herbeischaffung militärischer Hülfe unterdrückt worden. Vor mehr als 20 Jahren hat ein großer Theil der Bauern dieses Dorfes einen Theil ihrer Grundstücke wegen verschiedenartiger Schulden durch richterlichen Spruch an die Gutsherrschaft verloren. Die Absicht der Wiedererlangung derselben hat die Eigenthümer dieser Bauergüter seither immer rege erhalten, da ihnen die Rechtlichkeit obigen Verfahrens nicht einleuchten will. Es wurden in der letzten Zeit vielfach Berathungen geflogen und endlich eröffnete man der Herrschaft, daß man die betreffenden Grundstücke einfach durch Herstellung der alten Grenzlinie wieder an sich zu ziehen gedenke. -- Die Herrschaft berief sofort den Landrathamtsverweser, der es bei der drohenden Haltung der Bauern für das Gerathenste hielt, aus Leobschütz 20 Husaren zu requiriren. Die Bauern schienen anfangs Lust zu haben, Widerstand zu leisten, einer mußte am am Sturmläuten verhindert und die Gefangennehmung der Rädelsführer mit Gewalt bewerkstelligt werden. Sechs Personen, darunter der Scholze und sein Sohn, wurden verhaftet. Infanterie aus Ratibor löste hierauf die Husaren ab, um die Ruhe weiter zu sichern.

(Schl. Ztg)
Brieg, 2. Decbr.

Der §. 1. der köngl. sanctionirten Landwehrordnung lautet: "Die Landwehr bildet einen Theil der bewaffneten Macht, sie tritt indeß nur bei ausbrechendem Kriege und bei den jährlichen Uebungen zusammen." Der Brauer Girwert aus Jelline bei Strehlen erklärte: er könne sich nach diesem Gesetz nicht für verpflichtet halten, jetzt zur Landwehr einzutreten! -- Er wurde augenbliklich nicht weiter dazu genöthigt.

Am 27. November c., früh 1/2 8 Uhr, wurde er ohne Verhaftsbefehl durch Gensd'armen in seiner Wohnung arretirt und nach Brieg zum militairischen Untersuchungsarrest abgeführt.

§. 74. der obgedachten Landwehrordnung sagt aber ausdrücklich: daß die Landwehr nur unter den Kriegsartikeln steht, wenn sie versammelt ist, sonst unter dem persönlichen Richter.

Am 29. Nachmittags hat Girwert noch keinen Verhaftsbefehl gesehen, ist noch nicht zum Verhör gekommen! Feldwebel Gabriel hat ihm nur gesagt: ein Schreiben des Bataillons-Commandeur verfüge, seine Einkleidung und Abführung in Untersuchungsarrest, und Lieutenant Busse hat ihn am 27. mit den Worten entlassen: er werde morgen die Geisteskranken (?) besuchen.

[unleserliches Material] * Einem aus Wien hier angelangten Privatschreiben entnehmen wir Folgendes:

Wien, 29. Nov. Du hoffst noch für unser Vaterland, -- ich habe aufgehört zu hoffen, wenigstens in Oesterreich wird für Deutschland die Freiheit nicht geboren. Ich habe geträumt, -- ein schöner Traum, der mir unser Vaterland im Glanze der Freiheit, in der Allgewalt der Einigkeit, im Frieden der Gleichheit und Brüderlichkeit zeigte, -- Kanonendonner weckte mich, mein Blick fiel auf die Feuersäulen brennender Häuser, auf die Leichen der Freiheitskämpfer. Da erfüllte mit Schmerz, unendlicher Schmerz; Wien erschien mir wie das Grab meines liebsten Kindes, aber ich hoffte noch, daß aus diesem Grabe verklärter und schöner die Freiheit auferstehen würde. Diese Hoffnung ist jetzt hin; denn, wer wird wahnsinnig genug sein, sich für ein Volk zu opfern, das ruhig zusieht, wenn die edelsten Männer wie gemeine Verbrecher hingeschlachtet werden, für ein Volk, das seine Freiheitshelden verhöhnt, das Jelachich mit Vivats im Theater empfängt, das Windischgrätz Dankadressen in Masse zuschickt und ihn flehentlich bittet, ihren Schmerbäuchen auch ferner seinen milden Schutz angedeihen zu lassen, und ihm als ihrem Befreier und Erlöser Weihrauch zuwedelt. -- So ist hier das Volk, -- es sind nicht einzelne, nein, ganze, fast alle Korporationen haben diese Adressen unterschrieben, sogar auch das Buchhandlungs-Gremium.

Wohl hast Du Recht, das Maaß der Schande des Frankfurter Parlaments ist voll! -- Was hat es gethan, um von Wien die Gräuel abzuwenden? Was, um Blum's, Messenhauser's, Becher's etc. Tod zu sühnen und fernere Gräuel zu unterdrücken? Was, um Berlin gegen die Ränke eines Königs zu schützen? -- Seine Kommissäre haben an den allerhöchsten Tafeln gespeis't, und wären beinahe auch nach Wien gekommen; doch fehlte es den Herren vermuthlich an Zeit, die sie besser am Olmützer Hof zu Gelde machen konnten. -- Wie's jetzt in Preußen steht, weiß ich nicht, (ich lese keine Zeitung, es widert mich an) vermuthlich wird auch dort die Reaktion siegen und unter lauten Versicherungen, die Freiheit des Volkes nicht antasteu zu wollen, alle Freiheit nach und nach wieder nehmen.

In Kremsier haben die Sitzungen begonnen, zu der sich die Deputirten der Linken, trotz ihrer frühern Erklärung: dort nicht tagen zu können, in außerordentlicher Konsequenz eingefunden haben. Jetzt werden alle Teufelskünste in Bewegung gesetzt, um die 12 freisinnigsten Deputirten, unter denen Borrosch, hinauszubeißen, wozu die Czechen sich sehr bereitwillig hergeben; sind diese beseitigt, so wird eine fertige Verfassung der Kammer zur Gutheißung vorgelegt werden, und dann gute Nacht ihr Deutsche in Oestreich, dann werden die Czechen den Lohn für ihre Thaten verlangen und die Deutschen knechten wollen. Wahrscheinlicher aber ist, daß der morsche Bau des östreichischen Staates früher schon zusammenstürzt; die Finanzen sind fürchterlich und stellen einen Staatsbanquerot in nächste Aussicht. Silbergeld sieht man fast nie, statt dessen in 2 auch 4 Theile zerschnittene Gulden-Banknoten statt 15 und 30 Kr. Seit vorgestern beginnen die Operationen der Gesammtarmee gegen Ungarn, doch hört man noch nichts über den Erfolg; die Ungarn sollen sich stark verschanzt haben, doch werden auch sie der Uebermacht wohl erliegen.

Kremsier, 29. Nov.

Die Berichte aus Wien betrüben jeden Freund der Freiheit und der Demokratie. Nicht etwa über das Militärgericht herrscht Mißmuth, denn das Erschießen hat aufgehört und die übrigen Urtheile werden wohl nur theilweise in Ausführung kommen. Bach erklärte auf eine Interpellation wegen der Prager Junivorfälle: er werde keine politischen Tendenzprozesse unterstützen, und derselbe Bach sitzt jetzt auch im Ministerium, und müßte sein Portefeuille niederlegen, wenn diese Gerichtsprozedur fortdauern sollte. In dieser Beziehung beruhigt man sich, selbst bevor noch die Antwort auf Schuselka's Interpellation wegen Fortdauer der Militärdiktatnr gegeben ist. Allein Mißmuth und Trübsinn beschleicht Jeden, der das Getriebe des jetzigen Gemeinderathes und der sonstigen Bürger in Wien beobachtet. Derselbe Gemeinderath, wenn auch nicht ganz dieselben Individuen, wedelte vor 4 Wochen um Stifft und Collegen herum, votirte Hunderttausende für die Garden, Pensionen für die Waisen und Wittwen der für das Vaterland Gefallenen u. dgl., und jetzt erscheint er mit einer Dankadresse vor dem Marschall, der gezwungen war, Bomben in ihre Stadt zu-werfen und das hochnothpeinliche Gericht einzuführen. Das pure Schicklichkeitsgefühl hätte diesen Leuten sagen müssen, daß die Brandstätten erst wieder überbaut, und die Leichen schon verwes't sein sollten, ehe man einen solchen Schritt machte. Auch Fürst Windischgrätz mag das Unpassende gefühlt haben. Seine Antwort ist bezeichnend. Die Stimme, die sich unisono erhebt, mag dem Fürsten gesagt haben, daß er in seiner Treue für den Thron wie in seiner Sorge für den Kaiserstaat doch mehr that, als die Noth und die Klugheit geboten. Daß er falsch unterrichtet ist, beweist eine Proklamation, welche sagt: daß nun die "Haupträdelsführer" bestraft seien. Es gab gar keine Haupträdelsführ, so wie die ganze Oktoberrevolution kein Haupt hatte, und die Rädelsführer waren glücklicher als die Hineingezogenen und Verirrten, indem sie glücklich über die Gränze kamen. -- Jellachich sagte den Ueberreichern der Adresse: "warum kamen sie nicht vor 4 Wochen?" und Welden äußerte: "statt Adressen lieber Thaten, Ihre Feinde sitzen auf der Linken im Reichstag." -- Das sind bezeichnende Anreden, worauf die Wiener wahrscheinlich einen gehorsamsten Diener machten.

(Corresp. Bl. a. B.)
Prag, 1. Dezember.

Die Programme des linken Centrums und das der Linken im östreichischen Reichstage, die gestern und heute hier bekannt wurden, haben sehr großes Aufsehen erregt. Vor Allem fällt es auf, daß die Linke, die bisher die Idee der Centralisation Oestreichs so mächtig vertrat, nun plötzlich die ursprünglich von der czechischen Partei angeregte Idee der Föderation Oestreichs in ihr Programm aufnahm. Allein diese Sinnesänderung hat sehr gewichtige Motive. Die Linke des Reichstags wollte und will noch heute eine innige und dauernde Verbindung mit Deutschland. Bei dem Widerwillen des größern Theils der slavischen Partei gegen jede Verbindung mit Deutschland sahen sie die Unmöglichkeit, auf dem Wege der Centralisation ihr Ziel zu erreichen, sehr wohl ein, und kamen daher zur Annahme eines Föderativstaates, wo wenigstens der deutsche Theil Oestreichs für die innige Verbindung mit Deutschland gerettet werden kann. Alle Parteien sind nun darin einig, daß die Konstituirung des neuen Oestreichs nur durch Gründung eines Föderativstaats möglich sei. Die beiden Programme stimmen darin überein, daß sie die Autonomie und Selbstständigkeit der einzelnen Landestheile, insoweit es mit einer Centralgewalt (in Wien) verträglich ist, anerkennen, daß sie die Exekutivgewalt dem Kaiser ausschließlich einräumen, daß sie dem Kaiser nur ein beschränktes Veto zugestehen, und daß sie Parlamente für die einzelnen Ländertheile bestimmen. Worin sie sich aber wesentlich unterscheiden, ist in der Bestimmung, was man unter einzelnen Ländertheilen zu verstehen habe.

Das linke Centrum, jeder Entschiedenheit abhold, will die alte Eintheilung in Provinzen beibehalten, diese in Kreise getheilt, mit möglichster Berücksichtigung der Nationalität, an der Spitze einer jeden Provinz einen Gouverneur, der dem Ministerium verantwortlich ist. Die Linke hingegen will eine Eintheilung Oestreichs als eines Föderativstaats in fünf Nationsstaaten: 1) Polnisch-, 2) Czechisch-, 3) Slowenisch-, 4) Deutsch-, 5) Italienisch-Oestreich, mit möglichst genauer Sonderung der Nationalitäten, an der Spitze eines jeden Nationalstaats ein Staatssekretariat, das dem Parlamente des Staats verantwortlich ist. Der Centralgewalt sind gewisse Gegenstände von allgemeiner Wichtigkeit reservirt. Die gesetzgebende Gewalt übt der Senat aus, der aus einer Kammer besteht, und theils durch direkte Wahl aus dem Volke hevorgeht, theils durch Wahl aus einzelnen Parlamenten gebildet wird. Das linke Centrum will zwei Kammern, von denen die erste aus von den Provinziallandtagen gewählten Vertretern, die zweite aus den vom Volke gewählten bestehen soll.

(D. A. Z.)
Leipzig, 28. Nov.

Nachdem am vorigen Sonntage die Leichenfeier für Robert Blum auf das glänzendste begangen und von seiner Partei nur gerügt worden ist, daß sich weder die königlichen Behörden, noch die Geistlichkeit oder die Besatzung dabei betheiligt haben: erscheint gestern ein Frauenzimmer aus Wien, welches an Madame Blum einen mit Bleistift geschriebenen Zettel überbringt, worauf die Worte stehen: "An diesem Zeichen werdet ihr erkennen, daß ich noch lebe. Robert Blum." Es erzählt zugleich: Während alle Verurtheilten im Stadtgraben erschossen worden sind, habe man Robert Blum ganz allein in die jetzt einsame Brigittenau geführt, dort sei aber an einem ganz Anderen das Todesurtheil vollstreckt worden, und seltsamer Weise treffen auch die Personen-Beschreibungen, welche die wenigen dabei anwesend gewesenen Civil-Personen von dem Hingerichteten geben, mit dem Aeußeren Robert Blum's gar nicht überein. Diesem soll, wie die Berichterstatterin fortfährt, eine Kapuze über den Kopf gestülpt, und er in ein Kloster gebracht worden sein, um dort seine deutsch-katholischen Ketzereien abzubüßen. Wie handgreiflich auch die Unwahrheit dieses Berichts ist, so findet er dennoch im Volke Glauben, welches seine Meinung besonders darauf stützt, daß die Auslieferung von Blum's Leiche in Wien verweigert worden ist. Wir sehen mithin noch Abenteuern wie mit dem portugiesischen Sebastian oder dem russischen Dimitri entgegen.

(Hannov. Z.)
Roermond, 2, Dec.

Trotzdem die konstituirende Deutsche National-Versammlung zu Frankfurt das Herzogthum Limburg als einen unzertrennbaren Theil Deutschlands erklärt hat, haben heute die Wahlverhandlungen der Abgeordneten für die erste und zweite Kammer der Vertreter Limburg's in dem Haag Statt gefunden.

Italien.
*

Unsre Nachrichten aus Rom gehen bis zum 23. Nov. Man trug sich damals allgemein schon mit dem Gerücht, die Mission Rosmini's nach Paris habe zum Zweck, die Hülfe der französischen Regierung gegen die Revolution anzurufen. Nach dem "Corriere" von Genua war die ganze Romagna über den Sieg des römischen Volkes in einem Zustande freudiger Trunkenheit. Am 21. hatte Minister Sterbini der Gesellschaft "Circolo popolare" die nachstehende patriotische Aufforderung zukommen lassen: "der unterzeichnete Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten ladet den Circolo popolare ein, für ein jedes Quartier zwei Bürger zu ernennen, welche sich mit dem Ministerium über schleunige und ausführbare Mittel zu berathen haben, wie man dem Volke, nach den Bedürfnissen jedes Quartiers und durch allgemeine nützliche Arbeiten, so bald wie möglich Beschäftigung geben kann. Gez. P. Sterbini."

Am 25. Nov. glaubte man zu Turin mit Gewißheit annehmen zu dürfen, daß der längst gewünschte Ministerwechsel, oder doch wenigstens eine Modifikation des Kabinets, ehestens stattfinden würde. Der Schluß der Parlamentssitzung wurde auf den 15. Dez. erwartet. Allen Kriegsreserwisten, deren Anwesenheit zu Hause nöthig ist, hatte das Kriegsministerium unbeschränkten Urlaub ertheilt.

Die Kammer hatte einen Antrag des Generals Antonini, einen nach Venedig zu schicken, den Succurs betreffend, in Erwägung genommen.

Schweiz.
* Rheinfelden, 25. November.

Unter diesem Datum bringt die "M. Abdz." folgende Erklärung eines schweizer Bürgers über die gegen die Schweiz von Deutschland aus geschleuderten offiziellen und offiziösen Lügen:

"Die Frankfurter Noten an die Schweiz sind bekannt, und eben so bekannt ist, daß die Schweiz nicht darnach pfeifen und tanzen will. Zu diesem Nichtwollen hat sie aber als selbstständige freie Nation nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, so lange nicht durch Aktenstücke die gegen sie vorgebrachten Beschuldigungen als Thatsachen dargethan werden. Dies ist auf vielfaches Verlangen verweigert worden, weil dem Reichsministerium der Beweis der grundlosen Beschuldigungen unmöglich war, und die Schweiz ihre Nichtbetheiligung an den Bewegungen in Baden glänzend darthat und ihre Verwunderung nebenbei ausdrückte, daß Frankreich von dem Frankfurter Riesen nicht der Krieg erklärt worden sei, da doch von französischem Gebiet aus wirklich bewaffnete Uebergänge stattfanden. Statt allen Beweises will nun die Centralgewalt ihre reichsförderlichen Feindseligkeiten beginnen und damit die Schweiz partout in ein schlechtes Licht gestellt werde, wirft sie -- die Centralgewalt -- ihren Schatten auf dieselbe, und nun ist allerdings die Schweiz in den Augen von ganz Deutschland schwarz!

"Ein solcher Schatten fiel auch in die "Augsb. Allg. Ztg." vom 16. Nov. unter dem Titel: "Aktenstücke über die deutschen Flüchtlinge." Daß dazu "deutsche Unverantwortlichkeit" nöthig ist, geht aus dem heillosen Lügenberichte hervor; denn in der Schweiz, wo unbedingte Preßfreiheit, aber auch volle Verantwortlichkeit zu Hause ist, würde solche schamlose Verdächtigung und Nachbarverläumdung nicht möglich sein, jedenfalls aber nicht ungeahndet bleiben. Schaffhausen ist bereits klagend aufgetreten gegen die Augsburgerin, andere Angefeindete werden folgen, wenn sie es der Mühe werth erachten; ich selber aber, der ich einen unüberwindlichen Degout vor der deutschen Gerichtspflege habe, vertheidige mich durch die Presse.

"Die Augsburgerin führt zwei Berichte der Aemter Säckingen und Lörrach an, nach welchen ich erstens den Flüchtling Hollinger beherberge, zweitens auf amtliche Anfragen über Hecker und Genossen keine Auskunft gäbe, und drittens jeden Schutz gegen Insulten der Flüchtlinge verweigere. Das ist das peinliche Aktenstück gegen den Unterzeichneten, das die angedrohten Maßregeln gegen die Schweiz mitbegründen soll. Meine Antwort auf diese Bosheit folgt also:

"Besagter Hollinger wohnte seit 5 Jahren als hiesiger Insaße bei mir in der Miethe; sein Benehmen war so untadelhaft schweizerisch, daß ich ihn noch 20 Jahre als Zinsmann behalten hätte, wenn nicht die hohe eidgenössische Regierung ihn vorderhand landein gewiesen hätte; daß mir die deutsche Regierung übrigens in mein Hausrecht reden will, geht absolut nicht an, und eine drüben mißliebige Person muß mir erst ebenso mißliebig sein, bevor ich ihr das Quartier künde. Wollte die Schweiz derartigen Anmuthungen nachkommen, so müßte voraussichtlich bald die ganze Eidgenossenschaft Platz machen und in einem neuen Zwing-Uri ein Obdach suchen. -- Was die Anfragen wegen Hecker betrifft, so sind keine an mich gestellt worden, und wäre dies wirklich der Fall gewesen, so geht die "amtliche Freundnachbarlichkeit" nicht so weit, daß ich Geheimnisse (in welche ich ubrigens nicht eingeweiht war) verrätherisch eröffnen sollte. Schweizer-Beamte haben in diesem Punkte freien Willen; Rechenschaft über Oeffentlichkeiten und Thaten werden von ihnen verlangt, nicht aber Denunciation. Hätten mich nun die Aemter Lörrach und Säckingen befragt, wie Hecker das Bier geschmeckt oder dergleichen, so würde ich auf diese ebenso menschen- als volksfreundliche Frage wieder freundlich geantwortet haben, obwohl ich städtischer und nicht Bezirks-Amtmann bin, bei welchem eigentlich anzufragen ist. -- Was endlich die Schutzverweigerung gegen Insulte der Flüchtlinge betrifft, so bin ich nie um Schutz angegangen worden, was auch ganz natürlich war, denn die wenigen Flüchtlinge (Langsdorf, Schwerter, Dengler, Freund, Schnauffer, Reiter und Habich), welche sich in hiesiger Gemeinde aufhielten, erwarben sich Aller Achtung, und Insulten ihrerseits fanden so wenig statt, als sie zu erwarten waren.

"Der Boden der Insultirung ist drüben überm Rhein, denn nicht nur, daß die deutschen Republikaner drüben gekränkt und gemartert wurden und noch werden, die Schamlosigkeit geht drüben so weit, daß Schweizer, weil sie Republikaner sind und wie es Menschenpflicht ist, politisch Unglücklichen Schutz gewähren, thätlich mißhandelt werden, wie unter Andern ein aargauischer Amtmann von einem Sackinger Thurmwart, Angesichts des Amtmanns Stieder so auf die Brust gestoßen wurde, daß er Blut spie, und warum? weil er nach dem Gitterfenster hinauf sah, wo Struve einst gefangen gesessen! -- Wo das Unrecht ist, das beweist wieder der bewaffnete Ueberfall von 40 Bundes-Soldaten auf das Dorf Rafz (?), wo Weißhaar ausgehoben werden sollte und wo die Helden durch ein Dutzend Bauern und 3 Schulknaben über die Grenze gejagt wurden! Wo das Unrecht ist, beweist der ehemalige Gesandte in der Schweiz Raveaux, der mit der bezeichnenden Erklärung abdankte: daß Ehre, Pflicht und Gewissen ihm nicht ferner gestatten, in diesem Dienst zu verbleiben! Ich meine, diese Worte richten über jede Verdächtigung der politischen Haltung der Schweiz. -- Die Unruhen drüben werden nicht von der Schweiz hinübergetragen, sie wachsen drüben und die Regierung sät den alten Unmuth, der unter der Inquisition und Zensur schon da war und den nicht erst die Preßfreiheit brachte.

"Die Preßfreiheit will die Unzufriedenheit abschaffen, und darum geißelt sie die schändlichen Mißbräuche der Gewalt, denen kein 1000jähriger Bestand Rechtskraft verleiht. Hätte Baden z. B. dieselbe Constitution wie die Schweiz, dürfte, wie in unserm Aargau, der deutsche Bauer keinen Rappen Steuer zahlen, so würde Friede und Ordnung wie bei uns auch drüben sein! Daß dieser Zustand der Steuerfreiheit fast durchweg durch Anwendung der reichen Domänen- und Staatsfonds durch die Abschaffung gewisser Hemmnisse drüben ebenso möglich wäre wie in der Schweiz, merken die Leute drüben mehr und mehr, und weil sie darnach in ihrem guten Rechte streben, und aber durch Gewalt zurückgehalten werden vorderhand, darum ist drüben Unzufriedenheit, Hader, Elend und Armuth, darum sind drüben die Kerker gefüllt unn hier bei uns die ein Asyl suchenden Flüchtlinge! Die Wahrheit liegt fast immer nahe, aber sie dünkt gewissen Leuten ein gar häßlich Ding, und darum halten sie's mit der Lüge, und darum verdächtigen sie die schweizerische Republik! Thatsachen aber sprechen und eine solche ist die Nothwendigkeit einer deutschen Republik, wie das Parlament uns selber eingesteht, und sie wird kommen trotz allen Gegenbemühungen, dafür bürgt der Geist des Jahrhunderts, der auch das Fortbestehen der freien Schweiz verbürgt und darum sind wir getrost, wie sehr das Reichsministerium brülle.

J. A. Bröchin.

setzlich verfahren wäre, und ein schriftlicher Befehl zur Legitimation, war bei der amtlichen Eigenschaft der Deputation nach dem Gesetze nicht erforderlich. Kann somit die Haussuchung überhaupt nicht für eine ungesetzliche gehalten werden, so ist auch der Polizei-Sergeant, welcher dabei zur Assistenz zugezogen wurde, nicht strafbar.

Berlin, den 27. November 1848.

Der Staats-Anwalt Neumann.“

An den Abgeordneten Herrn Lipski Wohlgeboren hier.

Berlin, 2. Dez.

Während der kurzen Dauer des Justizministeriums Kisker ist von demselben auch durch das Justizministerial-Blatt der Entwurf einer Justiz-Reorganisation bekannt gemacht worden, welcher den kurz vorher vom Ministerium Auerswald in dieser Beziehung gemachten Verheißungen völlig widerspricht; denn es wird zufolge dieses Entwurfes das Recht der freien Verhandlungen der Parteien in deren Civilrechts-Streitigkeiten noch immer nicht anerkannt, es bleiben demnach auch wieder die älteren Provinzen der so nöthigen Institute, wie der des Friedensgerichts, des Familienrathes in Vormundschaftssachen etc. beraubt, hingegen werden dadurch die Richter fortwährend wieder mit Geschäften überhäuft, wovon sie gänzlich fern gehalten werden sollten, wie z. B. vom Kassen- und Hypothekenwesen etc. Der rheinische Revisionshof hat sich dadurch verpflichtet erachtet, in einer an das Staatsministerium gestern gerichteten Erklärung wegen des gedachten Entwurfes seine völlig abweichende Ansicht auszusprechen und besonders im allgemeinen Interesse der Rechtspflege, so wie auch in jenem der Rheinprovinz gegen die in erwähntem Entwurfe ausgesprochene Vereinigung des rheinischen Revisions- und Kassationshofes mit dem für die älteren Provinzen hier bestehenden Geh. Ober-Tribunal, desgleichen auch gegen die Aufhebung des königl. Justiz-Senats in Ehrenbreitenstein und gegen die Vereinigung desselben mit dem Oberlandesgericht zu Arnsberg förmlich zu protestiren. Dieser Protest ist von sämmtlich hier anwesenden Räthen des rheinischen Revisions- und Kassationshofes sowie des öffentlichen Ministeriums unterzeichnet.

(D. Z.)
* Berlin, 2. Dez.

Die von Wrangel so sehr fetirte und umarmte „Tante Voß“ enthält heute folgende Elegie auf die gegenwärtigen Berliner Zustände:

„Trotz der vollkommenen Ruhe, deren wir uns erfreuen, liegen dennoch alle Geschäfte noch mehr als früher darnieder. Die Klagen der Geschäftsleute sind eben so allgemein als eindringlich. Das Steigen der Effekten an der Börse ist ein so singuläres Faktum, daß es in ganz besondern Gründen beruhen muß; leider übt es auf die Hebung des Verkehrs im Allgemeinen nicht den geringsten Einfluß. Einzelne Geschäftsmänner versichern, seit vierzehn Tagen nicht für die geringste Summe umgesetzt zu haben.“

Man vergleiche damit folgende Stelle in der neuesten Nr. der biedern „Kreuzritterin“, die Berlin's Handel und Wandel natürlich im rosigsten Lichte darzustellen hat. Sie sagt:

„Trotz aller Versicherungen der zur Opposition gehörenden Korrespondenzen und Tagesblätter, daß die gewerblichen und Handelsverhältnisse in Folge des Belagerungszustandes immer mehr darniederliegen, ist dies eine Unwahrheit. Der Verkehr steigt mit jedem Tage, der Handwerker hat wieder zu thun, weil die öffentliche Sicherheit und das Vertrauen wiedergekehrt sind.“

Breslau, 3. Dezember.

Ein Bauernaufstand gegen die Gutsherrschaft in dem Dorfe Liptin, Leobschützer Kreises, ist durch rechtzeittige Herbeischaffung militärischer Hülfe unterdrückt worden. Vor mehr als 20 Jahren hat ein großer Theil der Bauern dieses Dorfes einen Theil ihrer Grundstücke wegen verschiedenartiger Schulden durch richterlichen Spruch an die Gutsherrschaft verloren. Die Absicht der Wiedererlangung derselben hat die Eigenthümer dieser Bauergüter seither immer rege erhalten, da ihnen die Rechtlichkeit obigen Verfahrens nicht einleuchten will. Es wurden in der letzten Zeit vielfach Berathungen geflogen und endlich eröffnete man der Herrschaft, daß man die betreffenden Grundstücke einfach durch Herstellung der alten Grenzlinie wieder an sich zu ziehen gedenke. — Die Herrschaft berief sofort den Landrathamtsverweser, der es bei der drohenden Haltung der Bauern für das Gerathenste hielt, aus Leobschütz 20 Husaren zu requiriren. Die Bauern schienen anfangs Lust zu haben, Widerstand zu leisten, einer mußte am am Sturmläuten verhindert und die Gefangennehmung der Rädelsführer mit Gewalt bewerkstelligt werden. Sechs Personen, darunter der Scholze und sein Sohn, wurden verhaftet. Infanterie aus Ratibor löste hierauf die Husaren ab, um die Ruhe weiter zu sichern.

(Schl. Ztg)
Brieg, 2. Decbr.

Der §. 1. der köngl. sanctionirten Landwehrordnung lautet: „Die Landwehr bildet einen Theil der bewaffneten Macht, sie tritt indeß nur bei ausbrechendem Kriege und bei den jährlichen Uebungen zusammen.“ Der Brauer Girwert aus Jelline bei Strehlen erklärte: er könne sich nach diesem Gesetz nicht für verpflichtet halten, jetzt zur Landwehr einzutreten! — Er wurde augenbliklich nicht weiter dazu genöthigt.

Am 27. November c., früh 1/2 8 Uhr, wurde er ohne Verhaftsbefehl durch Gensd'armen in seiner Wohnung arretirt und nach Brieg zum militairischen Untersuchungsarrest abgeführt.

§. 74. der obgedachten Landwehrordnung sagt aber ausdrücklich: daß die Landwehr nur unter den Kriegsartikeln steht, wenn sie versammelt ist, sonst unter dem persönlichen Richter.

Am 29. Nachmittags hat Girwert noch keinen Verhaftsbefehl gesehen, ist noch nicht zum Verhör gekommen! Feldwebel Gabriel hat ihm nur gesagt: ein Schreiben des Bataillons-Commandeur verfüge, seine Einkleidung und Abführung in Untersuchungsarrest, und Lieutenant Busse hat ihn am 27. mit den Worten entlassen: er werde morgen die Geisteskranken (?) besuchen.

[unleserliches Material] * Einem aus Wien hier angelangten Privatschreiben entnehmen wir Folgendes:

Wien, 29. Nov. Du hoffst noch für unser Vaterland, — ich habe aufgehört zu hoffen, wenigstens in Oesterreich wird für Deutschland die Freiheit nicht geboren. Ich habe geträumt, — ein schöner Traum, der mir unser Vaterland im Glanze der Freiheit, in der Allgewalt der Einigkeit, im Frieden der Gleichheit und Brüderlichkeit zeigte, — Kanonendonner weckte mich, mein Blick fiel auf die Feuersäulen brennender Häuser, auf die Leichen der Freiheitskämpfer. Da erfüllte mit Schmerz, unendlicher Schmerz; Wien erschien mir wie das Grab meines liebsten Kindes, aber ich hoffte noch, daß aus diesem Grabe verklärter und schöner die Freiheit auferstehen würde. Diese Hoffnung ist jetzt hin; denn, wer wird wahnsinnig genug sein, sich für ein Volk zu opfern, das ruhig zusieht, wenn die edelsten Männer wie gemeine Verbrecher hingeschlachtet werden, für ein Volk, das seine Freiheitshelden verhöhnt, das Jelachich mit Vivats im Theater empfängt, das Windischgrätz Dankadressen in Masse zuschickt und ihn flehentlich bittet, ihren Schmerbäuchen auch ferner seinen milden Schutz angedeihen zu lassen, und ihm als ihrem Befreier und Erlöser Weihrauch zuwedelt. — So ist hier das Volk, — es sind nicht einzelne, nein, ganze, fast alle Korporationen haben diese Adressen unterschrieben, sogar auch das Buchhandlungs-Gremium.

Wohl hast Du Recht, das Maaß der Schande des Frankfurter Parlaments ist voll! — Was hat es gethan, um von Wien die Gräuel abzuwenden? Was, um Blum's, Messenhauser's, Becher's etc. Tod zu sühnen und fernere Gräuel zu unterdrücken? Was, um Berlin gegen die Ränke eines Königs zu schützen? — Seine Kommissäre haben an den allerhöchsten Tafeln gespeis't, und wären beinahe auch nach Wien gekommen; doch fehlte es den Herren vermuthlich an Zeit, die sie besser am Olmützer Hof zu Gelde machen konnten. — Wie's jetzt in Preußen steht, weiß ich nicht, (ich lese keine Zeitung, es widert mich an) vermuthlich wird auch dort die Reaktion siegen und unter lauten Versicherungen, die Freiheit des Volkes nicht antasteu zu wollen, alle Freiheit nach und nach wieder nehmen.

In Kremsier haben die Sitzungen begonnen, zu der sich die Deputirten der Linken, trotz ihrer frühern Erklärung: dort nicht tagen zu können, in außerordentlicher Konsequenz eingefunden haben. Jetzt werden alle Teufelskünste in Bewegung gesetzt, um die 12 freisinnigsten Deputirten, unter denen Borrosch, hinauszubeißen, wozu die Czechen sich sehr bereitwillig hergeben; sind diese beseitigt, so wird eine fertige Verfassung der Kammer zur Gutheißung vorgelegt werden, und dann gute Nacht ihr Deutsche in Oestreich, dann werden die Czechen den Lohn für ihre Thaten verlangen und die Deutschen knechten wollen. Wahrscheinlicher aber ist, daß der morsche Bau des östreichischen Staates früher schon zusammenstürzt; die Finanzen sind fürchterlich und stellen einen Staatsbanquerot in nächste Aussicht. Silbergeld sieht man fast nie, statt dessen in 2 auch 4 Theile zerschnittene Gulden-Banknoten statt 15 und 30 Kr. Seit vorgestern beginnen die Operationen der Gesammtarmee gegen Ungarn, doch hört man noch nichts über den Erfolg; die Ungarn sollen sich stark verschanzt haben, doch werden auch sie der Uebermacht wohl erliegen.

Kremsier, 29. Nov.

Die Berichte aus Wien betrüben jeden Freund der Freiheit und der Demokratie. Nicht etwa über das Militärgericht herrscht Mißmuth, denn das Erschießen hat aufgehört und die übrigen Urtheile werden wohl nur theilweise in Ausführung kommen. Bach erklärte auf eine Interpellation wegen der Prager Junivorfälle: er werde keine politischen Tendenzprozesse unterstützen, und derselbe Bach sitzt jetzt auch im Ministerium, und müßte sein Portefeuille niederlegen, wenn diese Gerichtsprozedur fortdauern sollte. In dieser Beziehung beruhigt man sich, selbst bevor noch die Antwort auf Schuselka's Interpellation wegen Fortdauer der Militärdiktatnr gegeben ist. Allein Mißmuth und Trübsinn beschleicht Jeden, der das Getriebe des jetzigen Gemeinderathes und der sonstigen Bürger in Wien beobachtet. Derselbe Gemeinderath, wenn auch nicht ganz dieselben Individuen, wedelte vor 4 Wochen um Stifft und Collegen herum, votirte Hunderttausende für die Garden, Pensionen für die Waisen und Wittwen der für das Vaterland Gefallenen u. dgl., und jetzt erscheint er mit einer Dankadresse vor dem Marschall, der gezwungen war, Bomben in ihre Stadt zu-werfen und das hochnothpeinliche Gericht einzuführen. Das pure Schicklichkeitsgefühl hätte diesen Leuten sagen müssen, daß die Brandstätten erst wieder überbaut, und die Leichen schon verwes't sein sollten, ehe man einen solchen Schritt machte. Auch Fürst Windischgrätz mag das Unpassende gefühlt haben. Seine Antwort ist bezeichnend. Die Stimme, die sich unisono erhebt, mag dem Fürsten gesagt haben, daß er in seiner Treue für den Thron wie in seiner Sorge für den Kaiserstaat doch mehr that, als die Noth und die Klugheit geboten. Daß er falsch unterrichtet ist, beweist eine Proklamation, welche sagt: daß nun die „Haupträdelsführer“ bestraft seien. Es gab gar keine Haupträdelsführ, so wie die ganze Oktoberrevolution kein Haupt hatte, und die Rädelsführer waren glücklicher als die Hineingezogenen und Verirrten, indem sie glücklich über die Gränze kamen. — Jellachich sagte den Ueberreichern der Adresse: „warum kamen sie nicht vor 4 Wochen?“ und Welden äußerte: „statt Adressen lieber Thaten, Ihre Feinde sitzen auf der Linken im Reichstag.“ — Das sind bezeichnende Anreden, worauf die Wiener wahrscheinlich einen gehorsamsten Diener machten.

(Corresp. Bl. a. B.)
Prag, 1. Dezember.

Die Programme des linken Centrums und das der Linken im östreichischen Reichstage, die gestern und heute hier bekannt wurden, haben sehr großes Aufsehen erregt. Vor Allem fällt es auf, daß die Linke, die bisher die Idee der Centralisation Oestreichs so mächtig vertrat, nun plötzlich die ursprünglich von der czechischen Partei angeregte Idee der Föderation Oestreichs in ihr Programm aufnahm. Allein diese Sinnesänderung hat sehr gewichtige Motive. Die Linke des Reichstags wollte und will noch heute eine innige und dauernde Verbindung mit Deutschland. Bei dem Widerwillen des größern Theils der slavischen Partei gegen jede Verbindung mit Deutschland sahen sie die Unmöglichkeit, auf dem Wege der Centralisation ihr Ziel zu erreichen, sehr wohl ein, und kamen daher zur Annahme eines Föderativstaates, wo wenigstens der deutsche Theil Oestreichs für die innige Verbindung mit Deutschland gerettet werden kann. Alle Parteien sind nun darin einig, daß die Konstituirung des neuen Oestreichs nur durch Gründung eines Föderativstaats möglich sei. Die beiden Programme stimmen darin überein, daß sie die Autonomie und Selbstständigkeit der einzelnen Landestheile, insoweit es mit einer Centralgewalt (in Wien) verträglich ist, anerkennen, daß sie die Exekutivgewalt dem Kaiser ausschließlich einräumen, daß sie dem Kaiser nur ein beschränktes Veto zugestehen, und daß sie Parlamente für die einzelnen Ländertheile bestimmen. Worin sie sich aber wesentlich unterscheiden, ist in der Bestimmung, was man unter einzelnen Ländertheilen zu verstehen habe.

Das linke Centrum, jeder Entschiedenheit abhold, will die alte Eintheilung in Provinzen beibehalten, diese in Kreise getheilt, mit möglichster Berücksichtigung der Nationalität, an der Spitze einer jeden Provinz einen Gouverneur, der dem Ministerium verantwortlich ist. Die Linke hingegen will eine Eintheilung Oestreichs als eines Föderativstaats in fünf Nationsstaaten: 1) Polnisch-, 2) Czechisch-, 3) Slowenisch-, 4) Deutsch-, 5) Italienisch-Oestreich, mit möglichst genauer Sonderung der Nationalitäten, an der Spitze eines jeden Nationalstaats ein Staatssekretariat, das dem Parlamente des Staats verantwortlich ist. Der Centralgewalt sind gewisse Gegenstände von allgemeiner Wichtigkeit reservirt. Die gesetzgebende Gewalt übt der Senat aus, der aus einer Kammer besteht, und theils durch direkte Wahl aus dem Volke hevorgeht, theils durch Wahl aus einzelnen Parlamenten gebildet wird. Das linke Centrum will zwei Kammern, von denen die erste aus von den Provinziallandtagen gewählten Vertretern, die zweite aus den vom Volke gewählten bestehen soll.

(D. A. Z.)
Leipzig, 28. Nov.

Nachdem am vorigen Sonntage die Leichenfeier für Robert Blum auf das glänzendste begangen und von seiner Partei nur gerügt worden ist, daß sich weder die königlichen Behörden, noch die Geistlichkeit oder die Besatzung dabei betheiligt haben: erscheint gestern ein Frauenzimmer aus Wien, welches an Madame Blum einen mit Bleistift geschriebenen Zettel überbringt, worauf die Worte stehen: „An diesem Zeichen werdet ihr erkennen, daß ich noch lebe. Robert Blum.“ Es erzählt zugleich: Während alle Verurtheilten im Stadtgraben erschossen worden sind, habe man Robert Blum ganz allein in die jetzt einsame Brigittenau geführt, dort sei aber an einem ganz Anderen das Todesurtheil vollstreckt worden, und seltsamer Weise treffen auch die Personen-Beschreibungen, welche die wenigen dabei anwesend gewesenen Civil-Personen von dem Hingerichteten geben, mit dem Aeußeren Robert Blum's gar nicht überein. Diesem soll, wie die Berichterstatterin fortfährt, eine Kapuze über den Kopf gestülpt, und er in ein Kloster gebracht worden sein, um dort seine deutsch-katholischen Ketzereien abzubüßen. Wie handgreiflich auch die Unwahrheit dieses Berichts ist, so findet er dennoch im Volke Glauben, welches seine Meinung besonders darauf stützt, daß die Auslieferung von Blum's Leiche in Wien verweigert worden ist. Wir sehen mithin noch Abenteuern wie mit dem portugiesischen Sebastian oder dem russischen Dimitri entgegen.

(Hannov. Z.)
Roermond, 2, Dec.

Trotzdem die konstituirende Deutsche National-Versammlung zu Frankfurt das Herzogthum Limburg als einen unzertrennbaren Theil Deutschlands erklärt hat, haben heute die Wahlverhandlungen der Abgeordneten für die erste und zweite Kammer der Vertreter Limburg's in dem Haag Statt gefunden.

Italien.
*

Unsre Nachrichten aus Rom gehen bis zum 23. Nov. Man trug sich damals allgemein schon mit dem Gerücht, die Mission Rosmini's nach Paris habe zum Zweck, die Hülfe der französischen Regierung gegen die Revolution anzurufen. Nach dem „Corriere“ von Genua war die ganze Romagna über den Sieg des römischen Volkes in einem Zustande freudiger Trunkenheit. Am 21. hatte Minister Sterbini der Gesellschaft „Circolo popolare“ die nachstehende patriotische Aufforderung zukommen lassen: „der unterzeichnete Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten ladet den Circolo popolare ein, für ein jedes Quartier zwei Bürger zu ernennen, welche sich mit dem Ministerium über schleunige und ausführbare Mittel zu berathen haben, wie man dem Volke, nach den Bedürfnissen jedes Quartiers und durch allgemeine nützliche Arbeiten, so bald wie möglich Beschäftigung geben kann. Gez. P. Sterbini.“

Am 25. Nov. glaubte man zu Turin mit Gewißheit annehmen zu dürfen, daß der längst gewünschte Ministerwechsel, oder doch wenigstens eine Modifikation des Kabinets, ehestens stattfinden würde. Der Schluß der Parlamentssitzung wurde auf den 15. Dez. erwartet. Allen Kriegsreserwisten, deren Anwesenheit zu Hause nöthig ist, hatte das Kriegsministerium unbeschränkten Urlaub ertheilt.

Die Kammer hatte einen Antrag des Generals Antonini, einen nach Venedig zu schicken, den Succurs betreffend, in Erwägung genommen.

Schweiz.
* Rheinfelden, 25. November.

Unter diesem Datum bringt die „M. Abdz.“ folgende Erklärung eines schweizer Bürgers über die gegen die Schweiz von Deutschland aus geschleuderten offiziellen und offiziösen Lügen:

„Die Frankfurter Noten an die Schweiz sind bekannt, und eben so bekannt ist, daß die Schweiz nicht darnach pfeifen und tanzen will. Zu diesem Nichtwollen hat sie aber als selbstständige freie Nation nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, so lange nicht durch Aktenstücke die gegen sie vorgebrachten Beschuldigungen als Thatsachen dargethan werden. Dies ist auf vielfaches Verlangen verweigert worden, weil dem Reichsministerium der Beweis der grundlosen Beschuldigungen unmöglich war, und die Schweiz ihre Nichtbetheiligung an den Bewegungen in Baden glänzend darthat und ihre Verwunderung nebenbei ausdrückte, daß Frankreich von dem Frankfurter Riesen nicht der Krieg erklärt worden sei, da doch von französischem Gebiet aus wirklich bewaffnete Uebergänge stattfanden. Statt allen Beweises will nun die Centralgewalt ihre reichsförderlichen Feindseligkeiten beginnen und damit die Schweiz partout in ein schlechtes Licht gestellt werde, wirft sie — die Centralgewalt — ihren Schatten auf dieselbe, und nun ist allerdings die Schweiz in den Augen von ganz Deutschland schwarz!

„Ein solcher Schatten fiel auch in die „Augsb. Allg. Ztg.“ vom 16. Nov. unter dem Titel: „Aktenstücke über die deutschen Flüchtlinge.“ Daß dazu „deutsche Unverantwortlichkeit“ nöthig ist, geht aus dem heillosen Lügenberichte hervor; denn in der Schweiz, wo unbedingte Preßfreiheit, aber auch volle Verantwortlichkeit zu Hause ist, würde solche schamlose Verdächtigung und Nachbarverläumdung nicht möglich sein, jedenfalls aber nicht ungeahndet bleiben. Schaffhausen ist bereits klagend aufgetreten gegen die Augsburgerin, andere Angefeindete werden folgen, wenn sie es der Mühe werth erachten; ich selber aber, der ich einen unüberwindlichen Degout vor der deutschen Gerichtspflege habe, vertheidige mich durch die Presse.

„Die Augsburgerin führt zwei Berichte der Aemter Säckingen und Lörrach an, nach welchen ich erstens den Flüchtling Hollinger beherberge, zweitens auf amtliche Anfragen über Hecker und Genossen keine Auskunft gäbe, und drittens jeden Schutz gegen Insulten der Flüchtlinge verweigere. Das ist das peinliche Aktenstück gegen den Unterzeichneten, das die angedrohten Maßregeln gegen die Schweiz mitbegründen soll. Meine Antwort auf diese Bosheit folgt also:

„Besagter Hollinger wohnte seit 5 Jahren als hiesiger Insaße bei mir in der Miethe; sein Benehmen war so untadelhaft schweizerisch, daß ich ihn noch 20 Jahre als Zinsmann behalten hätte, wenn nicht die hohe eidgenössische Regierung ihn vorderhand landein gewiesen hätte; daß mir die deutsche Regierung übrigens in mein Hausrecht reden will, geht absolut nicht an, und eine drüben mißliebige Person muß mir erst ebenso mißliebig sein, bevor ich ihr das Quartier künde. Wollte die Schweiz derartigen Anmuthungen nachkommen, so müßte voraussichtlich bald die ganze Eidgenossenschaft Platz machen und in einem neuen Zwing-Uri ein Obdach suchen. — Was die Anfragen wegen Hecker betrifft, so sind keine an mich gestellt worden, und wäre dies wirklich der Fall gewesen, so geht die „amtliche Freundnachbarlichkeit“ nicht so weit, daß ich Geheimnisse (in welche ich ubrigens nicht eingeweiht war) verrätherisch eröffnen sollte. Schweizer-Beamte haben in diesem Punkte freien Willen; Rechenschaft über Oeffentlichkeiten und Thaten werden von ihnen verlangt, nicht aber Denunciation. Hätten mich nun die Aemter Lörrach und Säckingen befragt, wie Hecker das Bier geschmeckt oder dergleichen, so würde ich auf diese ebenso menschen- als volksfreundliche Frage wieder freundlich geantwortet haben, obwohl ich städtischer und nicht Bezirks-Amtmann bin, bei welchem eigentlich anzufragen ist. — Was endlich die Schutzverweigerung gegen Insulte der Flüchtlinge betrifft, so bin ich nie um Schutz angegangen worden, was auch ganz natürlich war, denn die wenigen Flüchtlinge (Langsdorf, Schwerter, Dengler, Freund, Schnauffer, Reiter und Habich), welche sich in hiesiger Gemeinde aufhielten, erwarben sich Aller Achtung, und Insulten ihrerseits fanden so wenig statt, als sie zu erwarten waren.

„Der Boden der Insultirung ist drüben überm Rhein, denn nicht nur, daß die deutschen Republikaner drüben gekränkt und gemartert wurden und noch werden, die Schamlosigkeit geht drüben so weit, daß Schweizer, weil sie Republikaner sind und wie es Menschenpflicht ist, politisch Unglücklichen Schutz gewähren, thätlich mißhandelt werden, wie unter Andern ein aargauischer Amtmann von einem Sackinger Thurmwart, Angesichts des Amtmanns Stieder so auf die Brust gestoßen wurde, daß er Blut spie, und warum? weil er nach dem Gitterfenster hinauf sah, wo Struve einst gefangen gesessen! — Wo das Unrecht ist, das beweist wieder der bewaffnete Ueberfall von 40 Bundes-Soldaten auf das Dorf Rafz (?), wo Weißhaar ausgehoben werden sollte und wo die Helden durch ein Dutzend Bauern und 3 Schulknaben über die Grenze gejagt wurden! Wo das Unrecht ist, beweist der ehemalige Gesandte in der Schweiz Raveaux, der mit der bezeichnenden Erklärung abdankte: daß Ehre, Pflicht und Gewissen ihm nicht ferner gestatten, in diesem Dienst zu verbleiben! Ich meine, diese Worte richten über jede Verdächtigung der politischen Haltung der Schweiz. — Die Unruhen drüben werden nicht von der Schweiz hinübergetragen, sie wachsen drüben und die Regierung sät den alten Unmuth, der unter der Inquisition und Zensur schon da war und den nicht erst die Preßfreiheit brachte.

„Die Preßfreiheit will die Unzufriedenheit abschaffen, und darum geißelt sie die schändlichen Mißbräuche der Gewalt, denen kein 1000jähriger Bestand Rechtskraft verleiht. Hätte Baden z. B. dieselbe Constitution wie die Schweiz, dürfte, wie in unserm Aargau, der deutsche Bauer keinen Rappen Steuer zahlen, so würde Friede und Ordnung wie bei uns auch drüben sein! Daß dieser Zustand der Steuerfreiheit fast durchweg durch Anwendung der reichen Domänen- und Staatsfonds durch die Abschaffung gewisser Hemmnisse drüben ebenso möglich wäre wie in der Schweiz, merken die Leute drüben mehr und mehr, und weil sie darnach in ihrem guten Rechte streben, und aber durch Gewalt zurückgehalten werden vorderhand, darum ist drüben Unzufriedenheit, Hader, Elend und Armuth, darum sind drüben die Kerker gefüllt unn hier bei uns die ein Asyl suchenden Flüchtlinge! Die Wahrheit liegt fast immer nahe, aber sie dünkt gewissen Leuten ein gar häßlich Ding, und darum halten sie's mit der Lüge, und darum verdächtigen sie die schweizerische Republik! Thatsachen aber sprechen und eine solche ist die Nothwendigkeit einer deutschen Republik, wie das Parlament uns selber eingesteht, und sie wird kommen trotz allen Gegenbemühungen, dafür bürgt der Geist des Jahrhunderts, der auch das Fortbestehen der freien Schweiz verbürgt und darum sind wir getrost, wie sehr das Reichsministerium brülle.

J. A. Bröchin.

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0002" n="0858"/>
setzlich verfahren wäre, und ein schriftlicher Befehl zur Legitimation, war bei der amtlichen Eigenschaft der Deputation nach dem Gesetze nicht erforderlich. Kann somit die Haussuchung überhaupt nicht für eine ungesetzliche gehalten werden, so ist auch der Polizei-Sergeant, welcher dabei zur Assistenz zugezogen wurde, nicht strafbar.</p>
          <p>Berlin, den 27. November 1848.</p>
          <p>Der Staats-Anwalt <hi rendition="#g">Neumann</hi>.&#x201C;</p>
          <p>An den Abgeordneten Herrn <hi rendition="#g">Lipski</hi> Wohlgeboren hier.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar161_008" type="jArticle">
          <head>Berlin, 2. Dez.</head>
          <p>Während der kurzen Dauer des Justizministeriums Kisker ist von demselben auch durch das Justizministerial-Blatt der Entwurf einer Justiz-Reorganisation bekannt gemacht worden, welcher den kurz vorher vom Ministerium Auerswald in dieser Beziehung gemachten Verheißungen völlig widerspricht; denn es wird zufolge dieses Entwurfes das Recht der freien Verhandlungen der Parteien in deren Civilrechts-Streitigkeiten noch immer nicht anerkannt, es bleiben demnach auch wieder die älteren Provinzen der so nöthigen Institute, wie der des Friedensgerichts, des Familienrathes in Vormundschaftssachen etc. beraubt, hingegen werden dadurch die Richter fortwährend wieder mit Geschäften überhäuft, wovon sie gänzlich fern gehalten werden sollten, wie z. B. vom Kassen- und Hypothekenwesen etc. Der rheinische Revisionshof hat sich dadurch verpflichtet erachtet, in einer an das Staatsministerium gestern gerichteten Erklärung wegen des gedachten Entwurfes seine völlig abweichende Ansicht auszusprechen und besonders im allgemeinen Interesse der Rechtspflege, so wie auch in jenem der Rheinprovinz gegen die in erwähntem Entwurfe ausgesprochene Vereinigung des rheinischen Revisions- und Kassationshofes mit dem für die älteren Provinzen hier bestehenden Geh. Ober-Tribunal, desgleichen auch gegen die Aufhebung des königl. Justiz-Senats in Ehrenbreitenstein und gegen die Vereinigung desselben mit dem Oberlandesgericht zu Arnsberg förmlich zu protestiren. Dieser Protest ist von sämmtlich hier anwesenden Räthen des rheinischen Revisions- und Kassationshofes sowie des öffentlichen Ministeriums unterzeichnet.</p>
          <bibl>(D. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar161_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 2. Dez.</head>
          <p>Die von Wrangel so sehr fetirte und umarmte &#x201E;Tante Voß&#x201C; enthält heute folgende Elegie auf die gegenwärtigen Berliner Zustände:</p>
          <p>&#x201E;Trotz der vollkommenen Ruhe, deren wir uns erfreuen, liegen dennoch alle Geschäfte noch mehr als früher darnieder. Die Klagen der Geschäftsleute sind eben so allgemein als eindringlich. Das Steigen der Effekten an der Börse ist ein so singuläres Faktum, daß es in ganz besondern Gründen beruhen muß; leider übt es auf die Hebung des Verkehrs im Allgemeinen nicht den geringsten Einfluß. Einzelne Geschäftsmänner versichern, seit vierzehn Tagen nicht für die geringste Summe umgesetzt zu haben.&#x201C;</p>
          <p>Man vergleiche damit folgende Stelle in der neuesten Nr. der biedern &#x201E;Kreuzritterin&#x201C;, die Berlin's Handel und Wandel natürlich im rosigsten Lichte darzustellen hat. Sie sagt:</p>
          <p>&#x201E;Trotz aller Versicherungen der zur Opposition gehörenden Korrespondenzen und Tagesblätter, daß die gewerblichen und Handelsverhältnisse in Folge des Belagerungszustandes immer mehr darniederliegen, ist dies eine Unwahrheit. Der Verkehr steigt mit jedem Tage, der Handwerker hat wieder zu thun, weil die öffentliche Sicherheit und das Vertrauen wiedergekehrt sind.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar161_010" type="jArticle">
          <head>Breslau, 3. Dezember.</head>
          <p>Ein Bauernaufstand gegen die Gutsherrschaft in dem Dorfe Liptin, Leobschützer Kreises, ist durch rechtzeittige Herbeischaffung militärischer Hülfe unterdrückt worden. Vor mehr als 20 Jahren hat ein großer Theil der Bauern dieses Dorfes einen Theil ihrer Grundstücke wegen verschiedenartiger Schulden durch richterlichen Spruch an die Gutsherrschaft verloren. Die Absicht der Wiedererlangung derselben hat die Eigenthümer dieser Bauergüter seither immer rege erhalten, da ihnen die Rechtlichkeit obigen Verfahrens nicht einleuchten will. Es wurden in der letzten Zeit vielfach Berathungen geflogen und endlich eröffnete man der Herrschaft, daß man die betreffenden Grundstücke einfach durch Herstellung der alten Grenzlinie wieder an sich zu ziehen gedenke. &#x2014; Die Herrschaft berief sofort den Landrathamtsverweser, der es bei der drohenden Haltung der Bauern für das Gerathenste hielt, aus Leobschütz 20 Husaren zu requiriren. Die Bauern schienen anfangs Lust zu haben, Widerstand zu leisten, einer mußte am am Sturmläuten verhindert und die Gefangennehmung der Rädelsführer mit Gewalt bewerkstelligt werden. Sechs Personen, darunter der Scholze und sein Sohn, wurden verhaftet. Infanterie aus Ratibor löste hierauf die Husaren ab, um die Ruhe weiter zu sichern.</p>
          <bibl>(Schl. Ztg)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar161_011" type="jArticle">
          <head>Brieg, 2. Decbr.</head>
          <p>Der §. 1. der köngl. sanctionirten Landwehrordnung lautet: &#x201E;Die Landwehr bildet einen Theil der bewaffneten Macht, sie tritt indeß nur bei ausbrechendem Kriege und bei den jährlichen Uebungen zusammen.&#x201C; Der Brauer Girwert aus Jelline bei Strehlen erklärte: er könne sich nach diesem Gesetz nicht für verpflichtet halten, jetzt zur Landwehr einzutreten! &#x2014; Er wurde augenbliklich nicht weiter dazu genöthigt.</p>
          <p>Am 27. November c., früh 1/2 8 Uhr, wurde er ohne Verhaftsbefehl durch Gensd'armen in seiner Wohnung arretirt und nach Brieg zum militairischen Untersuchungsarrest abgeführt.</p>
          <p>§. 74. der obgedachten Landwehrordnung sagt aber ausdrücklich: daß die Landwehr nur unter den Kriegsartikeln steht, wenn sie versammelt ist, sonst unter dem persönlichen Richter.</p>
          <p>Am 29. Nachmittags hat Girwert noch keinen Verhaftsbefehl gesehen, ist noch nicht zum Verhör gekommen! Feldwebel Gabriel hat ihm nur gesagt: ein Schreiben des Bataillons-Commandeur verfüge, seine Einkleidung und Abführung in Untersuchungsarrest, und Lieutenant Busse hat ihn am 27. mit den Worten entlassen: er werde morgen die Geisteskranken (?) besuchen.</p>
        </div>
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          <p><gap reason="illegible"/> * Einem aus <hi rendition="#g">Wien</hi> hier angelangten Privatschreiben entnehmen wir Folgendes:</p>
          <p><hi rendition="#g">Wien</hi>, 29. Nov. Du hoffst noch für unser Vaterland, &#x2014; ich habe aufgehört zu hoffen, wenigstens in Oesterreich wird für Deutschland die Freiheit nicht geboren. Ich habe geträumt, &#x2014; ein schöner Traum, der mir unser Vaterland im Glanze der Freiheit, in der Allgewalt der Einigkeit, im Frieden der Gleichheit und Brüderlichkeit zeigte, &#x2014; Kanonendonner weckte mich, mein Blick fiel auf die Feuersäulen brennender Häuser, auf die Leichen der Freiheitskämpfer. Da erfüllte mit Schmerz, unendlicher Schmerz; Wien erschien mir wie das Grab meines liebsten Kindes, aber ich hoffte noch, daß aus diesem Grabe verklärter und schöner die Freiheit auferstehen würde. <hi rendition="#g">Diese</hi> Hoffnung ist jetzt hin; denn, wer wird wahnsinnig genug sein, sich für ein Volk zu opfern, das ruhig zusieht, wenn die edelsten Männer wie gemeine Verbrecher hingeschlachtet werden, für ein Volk, das seine Freiheitshelden verhöhnt, das Jelachich mit Vivats im Theater empfängt, das Windischgrätz Dankadressen in Masse zuschickt und ihn flehentlich bittet, ihren Schmerbäuchen auch ferner seinen milden Schutz angedeihen zu lassen, und ihm als ihrem Befreier und Erlöser Weihrauch zuwedelt. &#x2014; So ist hier das Volk, &#x2014; es sind nicht einzelne, nein, ganze, fast alle Korporationen haben diese Adressen unterschrieben, sogar auch das Buchhandlungs-Gremium.</p>
          <p>Wohl hast Du Recht, das Maaß der Schande des Frankfurter Parlaments ist voll! &#x2014; Was hat es gethan, um von Wien die Gräuel abzuwenden? Was, um Blum's, Messenhauser's, Becher's etc. Tod zu sühnen und fernere Gräuel zu unterdrücken? Was, um Berlin gegen die Ränke eines Königs zu schützen? &#x2014; Seine Kommissäre haben an den allerhöchsten Tafeln gespeis't, und wären beinahe auch nach Wien gekommen; doch fehlte es den Herren vermuthlich an Zeit, die sie besser am Olmützer Hof zu Gelde machen konnten. &#x2014; Wie's jetzt in Preußen steht, weiß ich nicht, (ich lese keine Zeitung, es widert mich an) vermuthlich wird auch dort die Reaktion siegen und unter lauten Versicherungen, die Freiheit des Volkes nicht antasteu zu wollen, alle Freiheit nach und nach wieder nehmen.</p>
          <p>In Kremsier haben die Sitzungen begonnen, zu der sich die Deputirten der Linken, trotz ihrer frühern Erklärung: dort nicht tagen zu können, in außerordentlicher Konsequenz eingefunden haben. Jetzt werden alle Teufelskünste in Bewegung gesetzt, um die 12 freisinnigsten Deputirten, unter denen Borrosch, hinauszubeißen, wozu die Czechen sich sehr bereitwillig hergeben; sind diese beseitigt, so wird eine fertige Verfassung der Kammer zur Gutheißung vorgelegt werden, und dann gute Nacht ihr Deutsche in Oestreich, dann werden die Czechen den Lohn für ihre Thaten verlangen und die Deutschen knechten wollen. Wahrscheinlicher aber ist, daß der morsche Bau des östreichischen Staates früher schon zusammenstürzt; die Finanzen sind fürchterlich und stellen einen Staatsbanquerot in nächste Aussicht. Silbergeld sieht man fast nie, statt dessen in 2 auch 4 Theile zerschnittene Gulden-Banknoten statt 15 und 30 Kr. Seit vorgestern beginnen die Operationen der Gesammtarmee gegen Ungarn, doch hört man noch nichts über den Erfolg; die Ungarn sollen sich stark verschanzt haben, doch werden auch sie der Uebermacht wohl erliegen.</p>
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          <head>Kremsier, 29. Nov.</head>
          <p>Die Berichte aus Wien betrüben jeden Freund der Freiheit und der Demokratie. Nicht etwa über das Militärgericht herrscht Mißmuth, denn das Erschießen hat aufgehört und die übrigen Urtheile werden wohl nur theilweise in Ausführung kommen. Bach erklärte auf eine Interpellation wegen der Prager Junivorfälle: er werde keine politischen Tendenzprozesse unterstützen, und derselbe Bach sitzt jetzt auch im Ministerium, und müßte sein Portefeuille niederlegen, wenn diese Gerichtsprozedur fortdauern sollte. In dieser Beziehung beruhigt man sich, selbst bevor noch die Antwort auf Schuselka's Interpellation wegen Fortdauer der Militärdiktatnr gegeben ist. Allein Mißmuth und Trübsinn beschleicht Jeden, der das Getriebe des jetzigen Gemeinderathes und der sonstigen Bürger in Wien beobachtet. Derselbe Gemeinderath, wenn auch nicht ganz dieselben Individuen, wedelte vor 4 Wochen um Stifft und Collegen herum, votirte Hunderttausende für die Garden, Pensionen für die Waisen und Wittwen der für das Vaterland Gefallenen u. dgl., und jetzt erscheint er mit einer Dankadresse vor dem Marschall, der <hi rendition="#g">gezwungen</hi> war, Bomben in ihre Stadt zu-werfen und das hochnothpeinliche Gericht einzuführen. Das pure Schicklichkeitsgefühl hätte diesen Leuten sagen müssen, daß die Brandstätten erst wieder überbaut, und die Leichen schon verwes't sein sollten, ehe man einen solchen Schritt machte. Auch Fürst Windischgrätz mag das Unpassende gefühlt haben. Seine Antwort ist bezeichnend. Die Stimme, die sich unisono erhebt, mag dem Fürsten gesagt haben, daß er in seiner Treue für den Thron wie in seiner Sorge für den Kaiserstaat doch mehr that, als die Noth und die Klugheit geboten. Daß er falsch unterrichtet ist, beweist eine Proklamation, welche sagt: daß nun die &#x201E;Haupträdelsführer&#x201C; bestraft seien. Es gab gar keine Haupträdelsführ, so wie die ganze Oktoberrevolution kein Haupt hatte, und die Rädelsführer waren glücklicher als die Hineingezogenen und Verirrten, indem sie glücklich über die Gränze kamen. &#x2014; Jellachich sagte den Ueberreichern der Adresse: &#x201E;warum kamen sie nicht vor 4 Wochen?&#x201C; und Welden äußerte: &#x201E;statt Adressen lieber Thaten, Ihre Feinde sitzen auf der Linken im Reichstag.&#x201C; &#x2014; Das sind bezeichnende Anreden, worauf die Wiener wahrscheinlich einen gehorsamsten Diener machten.</p>
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          <p>Das linke Centrum, jeder Entschiedenheit abhold, will die alte Eintheilung in Provinzen beibehalten, diese in Kreise getheilt, mit möglichster Berücksichtigung der Nationalität, an der Spitze einer jeden Provinz einen Gouverneur, der dem Ministerium verantwortlich ist. Die Linke hingegen will eine Eintheilung Oestreichs als eines Föderativstaats in fünf Nationsstaaten: 1) Polnisch-, 2) Czechisch-, 3) Slowenisch-, 4) Deutsch-, 5) Italienisch-Oestreich, mit möglichst genauer Sonderung der Nationalitäten, an der Spitze eines jeden Nationalstaats ein Staatssekretariat, das dem Parlamente des Staats verantwortlich ist. Der Centralgewalt sind gewisse Gegenstände von allgemeiner Wichtigkeit reservirt. Die gesetzgebende Gewalt übt der Senat aus, der aus einer Kammer besteht, und theils durch direkte Wahl aus dem Volke hevorgeht, theils durch Wahl aus einzelnen Parlamenten gebildet wird. Das linke Centrum will zwei Kammern, von denen die erste aus von den Provinziallandtagen gewählten Vertretern, die zweite aus den vom Volke gewählten bestehen soll.</p>
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          <head>Leipzig, 28. Nov.</head>
          <p>Nachdem am vorigen Sonntage die Leichenfeier für Robert Blum auf das glänzendste begangen und von seiner Partei nur gerügt worden ist, daß sich weder die königlichen Behörden, noch die Geistlichkeit oder die Besatzung dabei betheiligt haben: erscheint gestern ein Frauenzimmer aus Wien, welches an Madame Blum einen mit Bleistift geschriebenen Zettel überbringt, worauf die Worte stehen: &#x201E;An diesem Zeichen werdet ihr erkennen, daß ich noch lebe. Robert Blum.&#x201C; Es erzählt zugleich: Während alle Verurtheilten im Stadtgraben erschossen worden sind, habe man Robert Blum ganz allein in die jetzt einsame Brigittenau geführt, dort sei aber an einem ganz Anderen das Todesurtheil vollstreckt worden, und seltsamer Weise treffen auch die Personen-Beschreibungen, welche die wenigen dabei anwesend gewesenen Civil-Personen von dem Hingerichteten geben, mit dem Aeußeren Robert Blum's gar nicht überein. Diesem soll, wie die Berichterstatterin fortfährt, eine Kapuze über den Kopf gestülpt, und er in ein Kloster gebracht worden sein, um dort seine deutsch-katholischen Ketzereien abzubüßen. Wie handgreiflich auch die Unwahrheit dieses Berichts ist, so findet er dennoch im Volke Glauben, welches seine Meinung besonders darauf stützt, daß die Auslieferung von Blum's Leiche in Wien verweigert worden ist. Wir sehen mithin noch Abenteuern wie mit dem portugiesischen Sebastian oder dem russischen Dimitri entgegen.</p>
          <bibl>(Hannov. Z.)</bibl>
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          <head>Roermond, 2, Dec.</head>
          <p>Trotzdem die konstituirende Deutsche National-Versammlung zu Frankfurt das Herzogthum Limburg als einen unzertrennbaren Theil Deutschlands erklärt hat, haben heute die Wahlverhandlungen der Abgeordneten für die erste und zweite Kammer der Vertreter Limburg's in dem Haag Statt gefunden.</p>
        </div>
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      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
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          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Unsre Nachrichten aus Rom gehen bis zum 23. Nov. Man trug sich damals allgemein schon mit dem Gerücht, die Mission Rosmini's nach Paris habe zum Zweck, die Hülfe der französischen Regierung gegen die Revolution anzurufen. Nach dem &#x201E;Corriere&#x201C; von Genua war die ganze Romagna über den Sieg des römischen Volkes in einem Zustande freudiger Trunkenheit. Am 21. hatte Minister Sterbini der Gesellschaft &#x201E;Circolo popolare&#x201C; die nachstehende patriotische Aufforderung zukommen lassen: &#x201E;der unterzeichnete Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten ladet den Circolo popolare ein, für ein jedes Quartier zwei Bürger zu ernennen, welche sich mit dem Ministerium über schleunige und ausführbare Mittel zu berathen haben, wie man dem Volke, nach den Bedürfnissen jedes Quartiers und durch allgemeine nützliche Arbeiten, so bald wie möglich Beschäftigung geben kann. Gez. P. Sterbini.&#x201C;</p>
          <p>Am 25. Nov. glaubte man zu Turin mit Gewißheit annehmen zu dürfen, daß der längst gewünschte Ministerwechsel, oder doch wenigstens eine Modifikation des Kabinets, ehestens stattfinden würde. Der Schluß der Parlamentssitzung wurde auf den 15. Dez. erwartet. Allen Kriegsreserwisten, deren Anwesenheit zu Hause nöthig ist, hatte das Kriegsministerium unbeschränkten Urlaub ertheilt.</p>
          <p>Die Kammer hatte einen Antrag des Generals Antonini, einen nach Venedig zu schicken, den Succurs betreffend, in Erwägung genommen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar161_018" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rheinfelden, 25. November.</head>
          <p>Unter diesem Datum bringt die &#x201E;M. Abdz.&#x201C; folgende Erklärung eines schweizer Bürgers über die gegen die Schweiz von Deutschland aus geschleuderten offiziellen und offiziösen Lügen:</p>
          <p>&#x201E;Die Frankfurter Noten an die Schweiz sind bekannt, und eben so bekannt ist, daß die Schweiz nicht darnach pfeifen und tanzen will. Zu diesem Nichtwollen hat sie aber als selbstständige freie Nation nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, so lange nicht durch Aktenstücke die gegen sie vorgebrachten Beschuldigungen als Thatsachen dargethan werden. Dies ist auf vielfaches Verlangen verweigert worden, weil dem Reichsministerium der Beweis der grundlosen Beschuldigungen unmöglich war, und die Schweiz ihre Nichtbetheiligung an den Bewegungen in Baden glänzend darthat und ihre Verwunderung nebenbei ausdrückte, daß Frankreich von dem Frankfurter Riesen nicht der Krieg erklärt worden sei, da doch von französischem Gebiet aus wirklich bewaffnete Uebergänge stattfanden. Statt allen Beweises will nun die Centralgewalt ihre reichsförderlichen Feindseligkeiten beginnen und damit die Schweiz partout in ein schlechtes Licht gestellt werde, wirft sie &#x2014; die Centralgewalt &#x2014; ihren Schatten auf dieselbe, und nun ist allerdings die Schweiz in den Augen von ganz Deutschland schwarz!</p>
          <p>&#x201E;Ein solcher Schatten fiel auch in die &#x201E;Augsb. Allg. Ztg.&#x201C; vom 16. Nov. unter dem Titel: &#x201E;Aktenstücke über die deutschen Flüchtlinge.&#x201C; Daß dazu &#x201E;deutsche Unverantwortlichkeit&#x201C; nöthig ist, geht aus dem heillosen Lügenberichte hervor; denn in der Schweiz, wo unbedingte Preßfreiheit, aber auch volle Verantwortlichkeit zu Hause ist, würde solche schamlose Verdächtigung und Nachbarverläumdung nicht möglich sein, jedenfalls aber nicht ungeahndet bleiben. Schaffhausen ist bereits klagend aufgetreten gegen die Augsburgerin, andere Angefeindete werden folgen, wenn sie es der Mühe werth erachten; ich selber aber, der ich einen unüberwindlichen Degout vor der deutschen Gerichtspflege habe, vertheidige mich durch die Presse.</p>
          <p>&#x201E;Die Augsburgerin führt zwei Berichte der Aemter Säckingen und Lörrach an, nach welchen ich erstens den Flüchtling Hollinger beherberge, zweitens auf amtliche Anfragen über Hecker und Genossen keine Auskunft gäbe, und drittens jeden Schutz gegen Insulten der Flüchtlinge verweigere. Das ist das peinliche Aktenstück gegen den Unterzeichneten, das die angedrohten Maßregeln gegen die Schweiz mitbegründen soll. Meine Antwort auf diese Bosheit folgt also:</p>
          <p>&#x201E;Besagter Hollinger wohnte seit 5 Jahren als hiesiger Insaße bei mir in der Miethe; sein Benehmen war so untadelhaft schweizerisch, daß ich ihn noch 20 Jahre als Zinsmann behalten hätte, wenn nicht die hohe eidgenössische Regierung ihn vorderhand <hi rendition="#g">landein</hi> gewiesen hätte; daß mir die deutsche Regierung übrigens in mein Hausrecht reden will, geht absolut nicht an, und eine drüben mißliebige Person muß mir erst ebenso mißliebig sein, bevor ich ihr das Quartier künde. Wollte die Schweiz derartigen Anmuthungen nachkommen, so müßte voraussichtlich bald die ganze Eidgenossenschaft Platz machen und in einem neuen Zwing-Uri ein Obdach suchen. &#x2014; Was die Anfragen wegen Hecker betrifft, so sind keine an mich gestellt worden, und wäre dies wirklich der Fall gewesen, so geht die &#x201E;amtliche Freundnachbarlichkeit&#x201C; nicht so weit, daß ich Geheimnisse (in welche ich ubrigens nicht eingeweiht war) verrätherisch eröffnen sollte. <hi rendition="#g">Schweizer</hi>-Beamte haben in diesem Punkte freien Willen; Rechenschaft über Oeffentlichkeiten und Thaten werden von ihnen verlangt, nicht aber <hi rendition="#g">Denunciation</hi>. Hätten mich nun die Aemter Lörrach und Säckingen befragt, wie Hecker das Bier geschmeckt oder dergleichen, so würde ich auf diese ebenso menschen- als volksfreundliche Frage wieder freundlich geantwortet haben, obwohl ich städtischer und nicht Bezirks-Amtmann bin, bei welchem eigentlich anzufragen ist. &#x2014; Was endlich die Schutzverweigerung gegen Insulte der Flüchtlinge betrifft, so bin ich nie um Schutz angegangen worden, was auch ganz natürlich war, denn die wenigen Flüchtlinge (Langsdorf, Schwerter, Dengler, Freund, Schnauffer, Reiter und Habich), welche sich in hiesiger Gemeinde aufhielten, erwarben sich Aller Achtung, und Insulten ihrerseits fanden so wenig statt, als sie zu erwarten waren.</p>
          <p>&#x201E;Der Boden der Insultirung ist drüben überm Rhein, denn nicht nur, daß die deutschen Republikaner drüben gekränkt und gemartert wurden und noch werden, die Schamlosigkeit geht drüben so weit, daß Schweizer, weil sie Republikaner sind und wie es Menschenpflicht ist, politisch Unglücklichen Schutz gewähren, thätlich mißhandelt werden, wie unter Andern ein aargauischer Amtmann von einem Sackinger Thurmwart, Angesichts des Amtmanns Stieder so auf die Brust gestoßen wurde, daß er Blut spie, und warum? weil er nach dem Gitterfenster hinauf sah, wo Struve einst gefangen gesessen! &#x2014; Wo das Unrecht ist, das beweist wieder der bewaffnete Ueberfall von 40 Bundes-Soldaten auf das Dorf Rafz (?), wo Weißhaar ausgehoben werden sollte und wo die Helden durch ein Dutzend Bauern und 3 Schulknaben über die Grenze gejagt wurden! Wo das Unrecht ist, beweist der ehemalige Gesandte in der Schweiz Raveaux, der mit der bezeichnenden Erklärung abdankte: daß Ehre, Pflicht und Gewissen ihm nicht ferner gestatten, in diesem Dienst zu verbleiben! Ich meine, diese Worte richten über jede Verdächtigung der politischen Haltung der Schweiz. &#x2014; Die Unruhen drüben werden nicht von der Schweiz hinübergetragen, sie wachsen drüben und die Regierung sät den alten Unmuth, der unter der Inquisition und Zensur schon da war und den nicht erst die Preßfreiheit brachte.</p>
          <p>&#x201E;Die Preßfreiheit will die Unzufriedenheit abschaffen, und darum geißelt sie die schändlichen Mißbräuche der Gewalt, denen kein 1000jähriger Bestand Rechtskraft verleiht. Hätte Baden z. B. dieselbe Constitution wie die Schweiz, dürfte, wie in unserm Aargau, der deutsche Bauer keinen Rappen Steuer zahlen, so würde Friede und Ordnung wie bei uns auch drüben sein! Daß dieser Zustand der Steuerfreiheit fast durchweg durch Anwendung der reichen Domänen- und Staatsfonds durch die Abschaffung gewisser Hemmnisse drüben ebenso möglich wäre wie in der Schweiz, merken die Leute drüben mehr und mehr, und weil sie darnach in ihrem guten Rechte streben, und aber durch Gewalt zurückgehalten werden vorderhand, darum ist drüben Unzufriedenheit, Hader, Elend und Armuth, darum sind drüben die Kerker gefüllt unn hier bei uns die ein Asyl suchenden Flüchtlinge! Die Wahrheit liegt fast immer nahe, aber sie dünkt gewissen Leuten ein gar häßlich Ding, und darum halten sie's mit der Lüge, und darum verdächtigen sie die schweizerische Republik! Thatsachen aber sprechen und eine solche ist die Nothwendigkeit einer deutschen Republik, wie das Parlament uns selber eingesteht, und sie wird kommen trotz allen Gegenbemühungen, dafür bürgt der Geist des Jahrhunderts, der auch das Fortbestehen der freien Schweiz verbürgt und darum sind wir getrost, wie sehr das Reichsministerium brülle.</p>
          <p>J. A. <hi rendition="#g">Bröchin</hi>.</p>
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</TEI>
[0858/0002] setzlich verfahren wäre, und ein schriftlicher Befehl zur Legitimation, war bei der amtlichen Eigenschaft der Deputation nach dem Gesetze nicht erforderlich. Kann somit die Haussuchung überhaupt nicht für eine ungesetzliche gehalten werden, so ist auch der Polizei-Sergeant, welcher dabei zur Assistenz zugezogen wurde, nicht strafbar. Berlin, den 27. November 1848. Der Staats-Anwalt Neumann.“ An den Abgeordneten Herrn Lipski Wohlgeboren hier. Berlin, 2. Dez. Während der kurzen Dauer des Justizministeriums Kisker ist von demselben auch durch das Justizministerial-Blatt der Entwurf einer Justiz-Reorganisation bekannt gemacht worden, welcher den kurz vorher vom Ministerium Auerswald in dieser Beziehung gemachten Verheißungen völlig widerspricht; denn es wird zufolge dieses Entwurfes das Recht der freien Verhandlungen der Parteien in deren Civilrechts-Streitigkeiten noch immer nicht anerkannt, es bleiben demnach auch wieder die älteren Provinzen der so nöthigen Institute, wie der des Friedensgerichts, des Familienrathes in Vormundschaftssachen etc. beraubt, hingegen werden dadurch die Richter fortwährend wieder mit Geschäften überhäuft, wovon sie gänzlich fern gehalten werden sollten, wie z. B. vom Kassen- und Hypothekenwesen etc. Der rheinische Revisionshof hat sich dadurch verpflichtet erachtet, in einer an das Staatsministerium gestern gerichteten Erklärung wegen des gedachten Entwurfes seine völlig abweichende Ansicht auszusprechen und besonders im allgemeinen Interesse der Rechtspflege, so wie auch in jenem der Rheinprovinz gegen die in erwähntem Entwurfe ausgesprochene Vereinigung des rheinischen Revisions- und Kassationshofes mit dem für die älteren Provinzen hier bestehenden Geh. Ober-Tribunal, desgleichen auch gegen die Aufhebung des königl. Justiz-Senats in Ehrenbreitenstein und gegen die Vereinigung desselben mit dem Oberlandesgericht zu Arnsberg förmlich zu protestiren. Dieser Protest ist von sämmtlich hier anwesenden Räthen des rheinischen Revisions- und Kassationshofes sowie des öffentlichen Ministeriums unterzeichnet. (D. Z.) * Berlin, 2. Dez. Die von Wrangel so sehr fetirte und umarmte „Tante Voß“ enthält heute folgende Elegie auf die gegenwärtigen Berliner Zustände: „Trotz der vollkommenen Ruhe, deren wir uns erfreuen, liegen dennoch alle Geschäfte noch mehr als früher darnieder. Die Klagen der Geschäftsleute sind eben so allgemein als eindringlich. Das Steigen der Effekten an der Börse ist ein so singuläres Faktum, daß es in ganz besondern Gründen beruhen muß; leider übt es auf die Hebung des Verkehrs im Allgemeinen nicht den geringsten Einfluß. Einzelne Geschäftsmänner versichern, seit vierzehn Tagen nicht für die geringste Summe umgesetzt zu haben.“ Man vergleiche damit folgende Stelle in der neuesten Nr. der biedern „Kreuzritterin“, die Berlin's Handel und Wandel natürlich im rosigsten Lichte darzustellen hat. Sie sagt: „Trotz aller Versicherungen der zur Opposition gehörenden Korrespondenzen und Tagesblätter, daß die gewerblichen und Handelsverhältnisse in Folge des Belagerungszustandes immer mehr darniederliegen, ist dies eine Unwahrheit. Der Verkehr steigt mit jedem Tage, der Handwerker hat wieder zu thun, weil die öffentliche Sicherheit und das Vertrauen wiedergekehrt sind.“ Breslau, 3. Dezember. Ein Bauernaufstand gegen die Gutsherrschaft in dem Dorfe Liptin, Leobschützer Kreises, ist durch rechtzeittige Herbeischaffung militärischer Hülfe unterdrückt worden. Vor mehr als 20 Jahren hat ein großer Theil der Bauern dieses Dorfes einen Theil ihrer Grundstücke wegen verschiedenartiger Schulden durch richterlichen Spruch an die Gutsherrschaft verloren. Die Absicht der Wiedererlangung derselben hat die Eigenthümer dieser Bauergüter seither immer rege erhalten, da ihnen die Rechtlichkeit obigen Verfahrens nicht einleuchten will. Es wurden in der letzten Zeit vielfach Berathungen geflogen und endlich eröffnete man der Herrschaft, daß man die betreffenden Grundstücke einfach durch Herstellung der alten Grenzlinie wieder an sich zu ziehen gedenke. — Die Herrschaft berief sofort den Landrathamtsverweser, der es bei der drohenden Haltung der Bauern für das Gerathenste hielt, aus Leobschütz 20 Husaren zu requiriren. Die Bauern schienen anfangs Lust zu haben, Widerstand zu leisten, einer mußte am am Sturmläuten verhindert und die Gefangennehmung der Rädelsführer mit Gewalt bewerkstelligt werden. Sechs Personen, darunter der Scholze und sein Sohn, wurden verhaftet. Infanterie aus Ratibor löste hierauf die Husaren ab, um die Ruhe weiter zu sichern. (Schl. Ztg) Brieg, 2. Decbr. Der §. 1. der köngl. sanctionirten Landwehrordnung lautet: „Die Landwehr bildet einen Theil der bewaffneten Macht, sie tritt indeß nur bei ausbrechendem Kriege und bei den jährlichen Uebungen zusammen.“ Der Brauer Girwert aus Jelline bei Strehlen erklärte: er könne sich nach diesem Gesetz nicht für verpflichtet halten, jetzt zur Landwehr einzutreten! — Er wurde augenbliklich nicht weiter dazu genöthigt. Am 27. November c., früh 1/2 8 Uhr, wurde er ohne Verhaftsbefehl durch Gensd'armen in seiner Wohnung arretirt und nach Brieg zum militairischen Untersuchungsarrest abgeführt. §. 74. der obgedachten Landwehrordnung sagt aber ausdrücklich: daß die Landwehr nur unter den Kriegsartikeln steht, wenn sie versammelt ist, sonst unter dem persönlichen Richter. Am 29. Nachmittags hat Girwert noch keinen Verhaftsbefehl gesehen, ist noch nicht zum Verhör gekommen! Feldwebel Gabriel hat ihm nur gesagt: ein Schreiben des Bataillons-Commandeur verfüge, seine Einkleidung und Abführung in Untersuchungsarrest, und Lieutenant Busse hat ihn am 27. mit den Worten entlassen: er werde morgen die Geisteskranken (?) besuchen. _ * Einem aus Wien hier angelangten Privatschreiben entnehmen wir Folgendes: Wien, 29. Nov. Du hoffst noch für unser Vaterland, — ich habe aufgehört zu hoffen, wenigstens in Oesterreich wird für Deutschland die Freiheit nicht geboren. Ich habe geträumt, — ein schöner Traum, der mir unser Vaterland im Glanze der Freiheit, in der Allgewalt der Einigkeit, im Frieden der Gleichheit und Brüderlichkeit zeigte, — Kanonendonner weckte mich, mein Blick fiel auf die Feuersäulen brennender Häuser, auf die Leichen der Freiheitskämpfer. Da erfüllte mit Schmerz, unendlicher Schmerz; Wien erschien mir wie das Grab meines liebsten Kindes, aber ich hoffte noch, daß aus diesem Grabe verklärter und schöner die Freiheit auferstehen würde. Diese Hoffnung ist jetzt hin; denn, wer wird wahnsinnig genug sein, sich für ein Volk zu opfern, das ruhig zusieht, wenn die edelsten Männer wie gemeine Verbrecher hingeschlachtet werden, für ein Volk, das seine Freiheitshelden verhöhnt, das Jelachich mit Vivats im Theater empfängt, das Windischgrätz Dankadressen in Masse zuschickt und ihn flehentlich bittet, ihren Schmerbäuchen auch ferner seinen milden Schutz angedeihen zu lassen, und ihm als ihrem Befreier und Erlöser Weihrauch zuwedelt. — So ist hier das Volk, — es sind nicht einzelne, nein, ganze, fast alle Korporationen haben diese Adressen unterschrieben, sogar auch das Buchhandlungs-Gremium. Wohl hast Du Recht, das Maaß der Schande des Frankfurter Parlaments ist voll! — Was hat es gethan, um von Wien die Gräuel abzuwenden? Was, um Blum's, Messenhauser's, Becher's etc. Tod zu sühnen und fernere Gräuel zu unterdrücken? Was, um Berlin gegen die Ränke eines Königs zu schützen? — Seine Kommissäre haben an den allerhöchsten Tafeln gespeis't, und wären beinahe auch nach Wien gekommen; doch fehlte es den Herren vermuthlich an Zeit, die sie besser am Olmützer Hof zu Gelde machen konnten. — Wie's jetzt in Preußen steht, weiß ich nicht, (ich lese keine Zeitung, es widert mich an) vermuthlich wird auch dort die Reaktion siegen und unter lauten Versicherungen, die Freiheit des Volkes nicht antasteu zu wollen, alle Freiheit nach und nach wieder nehmen. In Kremsier haben die Sitzungen begonnen, zu der sich die Deputirten der Linken, trotz ihrer frühern Erklärung: dort nicht tagen zu können, in außerordentlicher Konsequenz eingefunden haben. Jetzt werden alle Teufelskünste in Bewegung gesetzt, um die 12 freisinnigsten Deputirten, unter denen Borrosch, hinauszubeißen, wozu die Czechen sich sehr bereitwillig hergeben; sind diese beseitigt, so wird eine fertige Verfassung der Kammer zur Gutheißung vorgelegt werden, und dann gute Nacht ihr Deutsche in Oestreich, dann werden die Czechen den Lohn für ihre Thaten verlangen und die Deutschen knechten wollen. Wahrscheinlicher aber ist, daß der morsche Bau des östreichischen Staates früher schon zusammenstürzt; die Finanzen sind fürchterlich und stellen einen Staatsbanquerot in nächste Aussicht. Silbergeld sieht man fast nie, statt dessen in 2 auch 4 Theile zerschnittene Gulden-Banknoten statt 15 und 30 Kr. Seit vorgestern beginnen die Operationen der Gesammtarmee gegen Ungarn, doch hört man noch nichts über den Erfolg; die Ungarn sollen sich stark verschanzt haben, doch werden auch sie der Uebermacht wohl erliegen. Kremsier, 29. Nov. Die Berichte aus Wien betrüben jeden Freund der Freiheit und der Demokratie. Nicht etwa über das Militärgericht herrscht Mißmuth, denn das Erschießen hat aufgehört und die übrigen Urtheile werden wohl nur theilweise in Ausführung kommen. Bach erklärte auf eine Interpellation wegen der Prager Junivorfälle: er werde keine politischen Tendenzprozesse unterstützen, und derselbe Bach sitzt jetzt auch im Ministerium, und müßte sein Portefeuille niederlegen, wenn diese Gerichtsprozedur fortdauern sollte. In dieser Beziehung beruhigt man sich, selbst bevor noch die Antwort auf Schuselka's Interpellation wegen Fortdauer der Militärdiktatnr gegeben ist. Allein Mißmuth und Trübsinn beschleicht Jeden, der das Getriebe des jetzigen Gemeinderathes und der sonstigen Bürger in Wien beobachtet. Derselbe Gemeinderath, wenn auch nicht ganz dieselben Individuen, wedelte vor 4 Wochen um Stifft und Collegen herum, votirte Hunderttausende für die Garden, Pensionen für die Waisen und Wittwen der für das Vaterland Gefallenen u. dgl., und jetzt erscheint er mit einer Dankadresse vor dem Marschall, der gezwungen war, Bomben in ihre Stadt zu-werfen und das hochnothpeinliche Gericht einzuführen. Das pure Schicklichkeitsgefühl hätte diesen Leuten sagen müssen, daß die Brandstätten erst wieder überbaut, und die Leichen schon verwes't sein sollten, ehe man einen solchen Schritt machte. Auch Fürst Windischgrätz mag das Unpassende gefühlt haben. Seine Antwort ist bezeichnend. Die Stimme, die sich unisono erhebt, mag dem Fürsten gesagt haben, daß er in seiner Treue für den Thron wie in seiner Sorge für den Kaiserstaat doch mehr that, als die Noth und die Klugheit geboten. Daß er falsch unterrichtet ist, beweist eine Proklamation, welche sagt: daß nun die „Haupträdelsführer“ bestraft seien. Es gab gar keine Haupträdelsführ, so wie die ganze Oktoberrevolution kein Haupt hatte, und die Rädelsführer waren glücklicher als die Hineingezogenen und Verirrten, indem sie glücklich über die Gränze kamen. — Jellachich sagte den Ueberreichern der Adresse: „warum kamen sie nicht vor 4 Wochen?“ und Welden äußerte: „statt Adressen lieber Thaten, Ihre Feinde sitzen auf der Linken im Reichstag.“ — Das sind bezeichnende Anreden, worauf die Wiener wahrscheinlich einen gehorsamsten Diener machten. (Corresp. Bl. a. B.) Prag, 1. Dezember. Die Programme des linken Centrums und das der Linken im östreichischen Reichstage, die gestern und heute hier bekannt wurden, haben sehr großes Aufsehen erregt. Vor Allem fällt es auf, daß die Linke, die bisher die Idee der Centralisation Oestreichs so mächtig vertrat, nun plötzlich die ursprünglich von der czechischen Partei angeregte Idee der Föderation Oestreichs in ihr Programm aufnahm. Allein diese Sinnesänderung hat sehr gewichtige Motive. Die Linke des Reichstags wollte und will noch heute eine innige und dauernde Verbindung mit Deutschland. Bei dem Widerwillen des größern Theils der slavischen Partei gegen jede Verbindung mit Deutschland sahen sie die Unmöglichkeit, auf dem Wege der Centralisation ihr Ziel zu erreichen, sehr wohl ein, und kamen daher zur Annahme eines Föderativstaates, wo wenigstens der deutsche Theil Oestreichs für die innige Verbindung mit Deutschland gerettet werden kann. Alle Parteien sind nun darin einig, daß die Konstituirung des neuen Oestreichs nur durch Gründung eines Föderativstaats möglich sei. Die beiden Programme stimmen darin überein, daß sie die Autonomie und Selbstständigkeit der einzelnen Landestheile, insoweit es mit einer Centralgewalt (in Wien) verträglich ist, anerkennen, daß sie die Exekutivgewalt dem Kaiser ausschließlich einräumen, daß sie dem Kaiser nur ein beschränktes Veto zugestehen, und daß sie Parlamente für die einzelnen Ländertheile bestimmen. Worin sie sich aber wesentlich unterscheiden, ist in der Bestimmung, was man unter einzelnen Ländertheilen zu verstehen habe. Das linke Centrum, jeder Entschiedenheit abhold, will die alte Eintheilung in Provinzen beibehalten, diese in Kreise getheilt, mit möglichster Berücksichtigung der Nationalität, an der Spitze einer jeden Provinz einen Gouverneur, der dem Ministerium verantwortlich ist. Die Linke hingegen will eine Eintheilung Oestreichs als eines Föderativstaats in fünf Nationsstaaten: 1) Polnisch-, 2) Czechisch-, 3) Slowenisch-, 4) Deutsch-, 5) Italienisch-Oestreich, mit möglichst genauer Sonderung der Nationalitäten, an der Spitze eines jeden Nationalstaats ein Staatssekretariat, das dem Parlamente des Staats verantwortlich ist. Der Centralgewalt sind gewisse Gegenstände von allgemeiner Wichtigkeit reservirt. Die gesetzgebende Gewalt übt der Senat aus, der aus einer Kammer besteht, und theils durch direkte Wahl aus dem Volke hevorgeht, theils durch Wahl aus einzelnen Parlamenten gebildet wird. Das linke Centrum will zwei Kammern, von denen die erste aus von den Provinziallandtagen gewählten Vertretern, die zweite aus den vom Volke gewählten bestehen soll. (D. A. Z.) Leipzig, 28. Nov. Nachdem am vorigen Sonntage die Leichenfeier für Robert Blum auf das glänzendste begangen und von seiner Partei nur gerügt worden ist, daß sich weder die königlichen Behörden, noch die Geistlichkeit oder die Besatzung dabei betheiligt haben: erscheint gestern ein Frauenzimmer aus Wien, welches an Madame Blum einen mit Bleistift geschriebenen Zettel überbringt, worauf die Worte stehen: „An diesem Zeichen werdet ihr erkennen, daß ich noch lebe. Robert Blum.“ Es erzählt zugleich: Während alle Verurtheilten im Stadtgraben erschossen worden sind, habe man Robert Blum ganz allein in die jetzt einsame Brigittenau geführt, dort sei aber an einem ganz Anderen das Todesurtheil vollstreckt worden, und seltsamer Weise treffen auch die Personen-Beschreibungen, welche die wenigen dabei anwesend gewesenen Civil-Personen von dem Hingerichteten geben, mit dem Aeußeren Robert Blum's gar nicht überein. Diesem soll, wie die Berichterstatterin fortfährt, eine Kapuze über den Kopf gestülpt, und er in ein Kloster gebracht worden sein, um dort seine deutsch-katholischen Ketzereien abzubüßen. Wie handgreiflich auch die Unwahrheit dieses Berichts ist, so findet er dennoch im Volke Glauben, welches seine Meinung besonders darauf stützt, daß die Auslieferung von Blum's Leiche in Wien verweigert worden ist. Wir sehen mithin noch Abenteuern wie mit dem portugiesischen Sebastian oder dem russischen Dimitri entgegen. (Hannov. Z.) Roermond, 2, Dec. Trotzdem die konstituirende Deutsche National-Versammlung zu Frankfurt das Herzogthum Limburg als einen unzertrennbaren Theil Deutschlands erklärt hat, haben heute die Wahlverhandlungen der Abgeordneten für die erste und zweite Kammer der Vertreter Limburg's in dem Haag Statt gefunden. Italien. * Unsre Nachrichten aus Rom gehen bis zum 23. Nov. Man trug sich damals allgemein schon mit dem Gerücht, die Mission Rosmini's nach Paris habe zum Zweck, die Hülfe der französischen Regierung gegen die Revolution anzurufen. Nach dem „Corriere“ von Genua war die ganze Romagna über den Sieg des römischen Volkes in einem Zustande freudiger Trunkenheit. Am 21. hatte Minister Sterbini der Gesellschaft „Circolo popolare“ die nachstehende patriotische Aufforderung zukommen lassen: „der unterzeichnete Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten ladet den Circolo popolare ein, für ein jedes Quartier zwei Bürger zu ernennen, welche sich mit dem Ministerium über schleunige und ausführbare Mittel zu berathen haben, wie man dem Volke, nach den Bedürfnissen jedes Quartiers und durch allgemeine nützliche Arbeiten, so bald wie möglich Beschäftigung geben kann. Gez. P. Sterbini.“ Am 25. Nov. glaubte man zu Turin mit Gewißheit annehmen zu dürfen, daß der längst gewünschte Ministerwechsel, oder doch wenigstens eine Modifikation des Kabinets, ehestens stattfinden würde. Der Schluß der Parlamentssitzung wurde auf den 15. Dez. erwartet. Allen Kriegsreserwisten, deren Anwesenheit zu Hause nöthig ist, hatte das Kriegsministerium unbeschränkten Urlaub ertheilt. Die Kammer hatte einen Antrag des Generals Antonini, einen nach Venedig zu schicken, den Succurs betreffend, in Erwägung genommen. Schweiz. * Rheinfelden, 25. November. Unter diesem Datum bringt die „M. Abdz.“ folgende Erklärung eines schweizer Bürgers über die gegen die Schweiz von Deutschland aus geschleuderten offiziellen und offiziösen Lügen: „Die Frankfurter Noten an die Schweiz sind bekannt, und eben so bekannt ist, daß die Schweiz nicht darnach pfeifen und tanzen will. Zu diesem Nichtwollen hat sie aber als selbstständige freie Nation nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, so lange nicht durch Aktenstücke die gegen sie vorgebrachten Beschuldigungen als Thatsachen dargethan werden. Dies ist auf vielfaches Verlangen verweigert worden, weil dem Reichsministerium der Beweis der grundlosen Beschuldigungen unmöglich war, und die Schweiz ihre Nichtbetheiligung an den Bewegungen in Baden glänzend darthat und ihre Verwunderung nebenbei ausdrückte, daß Frankreich von dem Frankfurter Riesen nicht der Krieg erklärt worden sei, da doch von französischem Gebiet aus wirklich bewaffnete Uebergänge stattfanden. Statt allen Beweises will nun die Centralgewalt ihre reichsförderlichen Feindseligkeiten beginnen und damit die Schweiz partout in ein schlechtes Licht gestellt werde, wirft sie — die Centralgewalt — ihren Schatten auf dieselbe, und nun ist allerdings die Schweiz in den Augen von ganz Deutschland schwarz! „Ein solcher Schatten fiel auch in die „Augsb. Allg. Ztg.“ vom 16. Nov. unter dem Titel: „Aktenstücke über die deutschen Flüchtlinge.“ Daß dazu „deutsche Unverantwortlichkeit“ nöthig ist, geht aus dem heillosen Lügenberichte hervor; denn in der Schweiz, wo unbedingte Preßfreiheit, aber auch volle Verantwortlichkeit zu Hause ist, würde solche schamlose Verdächtigung und Nachbarverläumdung nicht möglich sein, jedenfalls aber nicht ungeahndet bleiben. Schaffhausen ist bereits klagend aufgetreten gegen die Augsburgerin, andere Angefeindete werden folgen, wenn sie es der Mühe werth erachten; ich selber aber, der ich einen unüberwindlichen Degout vor der deutschen Gerichtspflege habe, vertheidige mich durch die Presse. „Die Augsburgerin führt zwei Berichte der Aemter Säckingen und Lörrach an, nach welchen ich erstens den Flüchtling Hollinger beherberge, zweitens auf amtliche Anfragen über Hecker und Genossen keine Auskunft gäbe, und drittens jeden Schutz gegen Insulten der Flüchtlinge verweigere. Das ist das peinliche Aktenstück gegen den Unterzeichneten, das die angedrohten Maßregeln gegen die Schweiz mitbegründen soll. Meine Antwort auf diese Bosheit folgt also: „Besagter Hollinger wohnte seit 5 Jahren als hiesiger Insaße bei mir in der Miethe; sein Benehmen war so untadelhaft schweizerisch, daß ich ihn noch 20 Jahre als Zinsmann behalten hätte, wenn nicht die hohe eidgenössische Regierung ihn vorderhand landein gewiesen hätte; daß mir die deutsche Regierung übrigens in mein Hausrecht reden will, geht absolut nicht an, und eine drüben mißliebige Person muß mir erst ebenso mißliebig sein, bevor ich ihr das Quartier künde. Wollte die Schweiz derartigen Anmuthungen nachkommen, so müßte voraussichtlich bald die ganze Eidgenossenschaft Platz machen und in einem neuen Zwing-Uri ein Obdach suchen. — Was die Anfragen wegen Hecker betrifft, so sind keine an mich gestellt worden, und wäre dies wirklich der Fall gewesen, so geht die „amtliche Freundnachbarlichkeit“ nicht so weit, daß ich Geheimnisse (in welche ich ubrigens nicht eingeweiht war) verrätherisch eröffnen sollte. Schweizer-Beamte haben in diesem Punkte freien Willen; Rechenschaft über Oeffentlichkeiten und Thaten werden von ihnen verlangt, nicht aber Denunciation. Hätten mich nun die Aemter Lörrach und Säckingen befragt, wie Hecker das Bier geschmeckt oder dergleichen, so würde ich auf diese ebenso menschen- als volksfreundliche Frage wieder freundlich geantwortet haben, obwohl ich städtischer und nicht Bezirks-Amtmann bin, bei welchem eigentlich anzufragen ist. — Was endlich die Schutzverweigerung gegen Insulte der Flüchtlinge betrifft, so bin ich nie um Schutz angegangen worden, was auch ganz natürlich war, denn die wenigen Flüchtlinge (Langsdorf, Schwerter, Dengler, Freund, Schnauffer, Reiter und Habich), welche sich in hiesiger Gemeinde aufhielten, erwarben sich Aller Achtung, und Insulten ihrerseits fanden so wenig statt, als sie zu erwarten waren. „Der Boden der Insultirung ist drüben überm Rhein, denn nicht nur, daß die deutschen Republikaner drüben gekränkt und gemartert wurden und noch werden, die Schamlosigkeit geht drüben so weit, daß Schweizer, weil sie Republikaner sind und wie es Menschenpflicht ist, politisch Unglücklichen Schutz gewähren, thätlich mißhandelt werden, wie unter Andern ein aargauischer Amtmann von einem Sackinger Thurmwart, Angesichts des Amtmanns Stieder so auf die Brust gestoßen wurde, daß er Blut spie, und warum? weil er nach dem Gitterfenster hinauf sah, wo Struve einst gefangen gesessen! — Wo das Unrecht ist, das beweist wieder der bewaffnete Ueberfall von 40 Bundes-Soldaten auf das Dorf Rafz (?), wo Weißhaar ausgehoben werden sollte und wo die Helden durch ein Dutzend Bauern und 3 Schulknaben über die Grenze gejagt wurden! Wo das Unrecht ist, beweist der ehemalige Gesandte in der Schweiz Raveaux, der mit der bezeichnenden Erklärung abdankte: daß Ehre, Pflicht und Gewissen ihm nicht ferner gestatten, in diesem Dienst zu verbleiben! Ich meine, diese Worte richten über jede Verdächtigung der politischen Haltung der Schweiz. — Die Unruhen drüben werden nicht von der Schweiz hinübergetragen, sie wachsen drüben und die Regierung sät den alten Unmuth, der unter der Inquisition und Zensur schon da war und den nicht erst die Preßfreiheit brachte. „Die Preßfreiheit will die Unzufriedenheit abschaffen, und darum geißelt sie die schändlichen Mißbräuche der Gewalt, denen kein 1000jähriger Bestand Rechtskraft verleiht. Hätte Baden z. B. dieselbe Constitution wie die Schweiz, dürfte, wie in unserm Aargau, der deutsche Bauer keinen Rappen Steuer zahlen, so würde Friede und Ordnung wie bei uns auch drüben sein! Daß dieser Zustand der Steuerfreiheit fast durchweg durch Anwendung der reichen Domänen- und Staatsfonds durch die Abschaffung gewisser Hemmnisse drüben ebenso möglich wäre wie in der Schweiz, merken die Leute drüben mehr und mehr, und weil sie darnach in ihrem guten Rechte streben, und aber durch Gewalt zurückgehalten werden vorderhand, darum ist drüben Unzufriedenheit, Hader, Elend und Armuth, darum sind drüben die Kerker gefüllt unn hier bei uns die ein Asyl suchenden Flüchtlinge! Die Wahrheit liegt fast immer nahe, aber sie dünkt gewissen Leuten ein gar häßlich Ding, und darum halten sie's mit der Lüge, und darum verdächtigen sie die schweizerische Republik! Thatsachen aber sprechen und eine solche ist die Nothwendigkeit einer deutschen Republik, wie das Parlament uns selber eingesteht, und sie wird kommen trotz allen Gegenbemühungen, dafür bürgt der Geist des Jahrhunderts, der auch das Fortbestehen der freien Schweiz verbürgt und darum sind wir getrost, wie sehr das Reichsministerium brülle. J. A. Bröchin.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 161. Köln, 6. Dezember 1848, S. 0858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz161_1848/2>, abgerufen am 28.04.2024.