Neue Rheinische Zeitung. Nr. 180. Köln, 28. Dezember 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 180 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Donnerstag 28. Dezember 1848. [Deutschland] diesen versammelten sich tobende Rotten, insonderheit Ziegelarbeiter, welche schon seit geraumer Zeit durch gewisse Individuen gegen die angeblichen Königsfeinde hierselbst aufgereizt und zu Excessen gedungen, an 8 bis 10 verschiedenen Orten, sogar in dem nicht zum Stadtterrain gehörigen Gute Althof-Lötzen, sämmtliche nicht illuminirte Fenster mit Steinen einwarfen, durch die Würfe Menschenleben gefährdeten, Personen auf der Straße mit Schimpfreden und Thätlichkeiten insultirten, in die Häuser drangen, selbige demolirten und die gefährlichsten Drohungen ausstießen. Insonderheit soll ein bei der hiesigen Festungs-Ziegelei beschäftigtes Individuum die Tumultuanten zu weitern Excessen durch die Worte: "das ist recht, wer nicht illuminirt, ist ein Feind des Königs" aufgemuntert haben. Durch ein kraftiges Einschreiten der Orts-, Kreis-, Polizei- und Militärbehörden hätte diesem vierstündigen Unwesen zeitig genug entgegengewirkt, und namentlich die nach und nach erfolgte Zertrümmerung diverser Fenster abgewendet werden können. Es geschah aber, daß die Wachtmannschaft des hiesigen Militär-Kommandos den Bürgermeister nicht kannte und jede Assistenz verweigerte, daß der Kommando-Offizier auf die Requisition des Bürgermeisters äußerte: "er könne diese Hilfe ohne Anweisung des Hauptmann Westphal nicht leisten," daß dieser militärische Hilfe nicht für nöthig hielt, daß der hiesige Landrath der Aufforderung ungeachtet und obschon der Bürgermeister augenblicklich nicht zur Stelle war, sich weigerte, das Haus eines Bürgers vor dem weitern Zertrümmern der Fenster zu schützen, und während der ganzen Dauer des Scandals im Handwerkerverein mit den daselbst versammelten Personen ruhig die Verfassungs-Urkunde besprach und aus Bowlen trank, die man den Handwerkern und Kleinbürgern zu präpariren für gut befunden hatte, daß kein thätiger Gensdarm sichtbar war. Erwägt man neben dieser Passivität, das sonstige Verhalten des Herrn Landraths, daß er vor einiger Zeit eine Adresse an den König zur Unterschrift im ganzen Kreise verbreitet hat, daß stupide Menschen aus Veranlassung dieser Adresse gegen Personen auf dem Lande, welche die Adresse nicht mit unterschrieben und deshalb als Königsfeinde und Verräther verschrieen wurden, massenhaft die gröbsten Excesse verübt haben, daß der Landrath früher einmal zu dreien Ziegelarbeitern geäußert hat: "wer auf den König schimpft, den könnt ihr ins Gesicht schlagen," und dem hiesigen Rektor am 9. d. M. den Rath gegeben hat: "Erleuchten Sie, sonst werden Ihnen die Fenster eingeschlagen," daß ferner ein hiesiger für Volks-Justiz schwärmender Offizier dem Handwerker-Vereine ein Klubmitglied als einen solchen Mann bezeichnet hat, der den König nicht wolle, daß andere Klubmitglieder von Fanatikern ähnlicher Sorte als Hochverräther geschildert worden sind, daß einer der Anstifter des Tumults den Beschädigten bereits Schadenersatz geleistet hat; so muß jeder Unbefangene erkennen, daß die Tumultuanten nicht proprio motu, sondern auf Anordnung und im Solde der Reaktionspartei gewirkt haben, und daß der ganze Scandal niemals eine solche Ausdehnung gewonnen hätte, wenn die Kreispolizei- und Militärbehörden den Willen gehabt hätten, mit Energie einzuschreiten. Es wird Sorge des Gerichts sein, die bei diesem Tumulte vorgefallene Ungesetzlichkeiten mit aller Strenge zu rügen. Lötzen, den 16. December 1848. Der constitutionelle Klub. Kremsier, 21. Dez. Heute war eine interessante Reichstagssitzung. Die Grundrechte wurden zum ersten Mal in der Kammer verlesen. § 1 bestimmt: "Alle Staatsgewalten gehen vom Volk aus und werden auf die in der Constitution festgesetzte Weise geübt." Wir fürchten, man wird viel davon abzwacken. Der Antrag des Finanzausschusses, dem Ministerium 50 Mill. Fl. zu kreditiren, erregte eine derartige Debatte, daß erst gegen 8 1/2 Uhr Abends, nach nur einstündiger Mittagsrast, die Sitzung zum Schlusse kam. Alle Polen sprachen gegen den Kredit, darunter Abg. Borkowski sehr geistvoll; er sagte: wir sind keine konstituirende, sondern eine schuldenmachende Kammer. Unter denen, die dafür sprachen, ist Abg. Schuselka, der sich selbst als einen Schwarzgelben angab; allein er hoffe, daß zu den beiden östreichischen Farben auch das deutsche Roth kommen werde, als Freund und Bundesgenosse. Auch Minister Kraus sprach, und endlich wurden, statt des Antrags von 50 Mill. Fl., auf Antrag des Abg. Wiser die verlangten vollen 80 Mill. Fl. bewilligt. Die andern Punkte wurden unverändert nach dem Finanzausschußantrag angenommen. Dann vertagte sich die Versammlung bis zum 3. Jan. (D. A. Z.) * R Dresden, 24. Dez. Die Wahlschlachten sind größtentheils geschlagen und der Gesammtsieg verspricht trotz des offenen Wortes " unseres Märzministerium" ganz entschieden für die Partei der Demokratie auszufallen, von welcher sich das Ministerium, im blinden Glauben an das Michelthum des sächsischen Volkes, durch jenes offene Wort losgesagt hat. Will der Verfasser jenes offenen Wortes, Minister von der Pfordten, in der That nur mit der Majorität regieren, so muß er den entgegengesetzten Weg von dem des Ministerium Brandenburg in Berlin einschlagen, er muß sein Gesammtministerium auflösen und den Kammern weichen. Wir haben hier von dem eigentlichen Ministerpräsidenten Dr. Braun gänzlich geschwiegen, weil er in der That die Null hinter der Eins des talentvollen aber unpopulären Pfordten ist. In Leipzig, wo die Wahlschlacht zuerst zu Ende ging, und welches zwei Abgeordnete in die erste Kammer zu wählen hatte, ist ein Kandidat der Konservativen und einer der Demokraten Prof. Dr. Steinacker und Bürgermeister Klinger gewählt worden; Beide gehen nicht in allen Punkten ganz mit dem Wahlmanifeste ihrer Parteien. In die zweite Kammer haben die Konservativen zwei Kandidaten (Stadtgerichtsrath Steche und Archidiakon Dr. Fischer), die Demokraten Einen (Literat Jaekel) durchgebracht, so daß die Wahl eine halbe genannt werden muß. Dresdens 6 Plätze in die zweite Kammer haben 5 Demokraten: Adv. Th. Kell, Gardeoberl. Müller, Kürschnermeister Stadtrath Klette, Adv. Blöde und Dr. phil. H. Herz, und ein Kandidat der Konservativen, der nicht eben sehr geistreiche Kommissionsrath Spitzner, errungen. Letzterer eben auch nur, weil die überaus thätige Reaktionspartei den Umstand, daß der Kandidat der Demokraten, Dr. med. Hirschel ein Israelit ist, und die sehr reaktionäre Gesinnung des Regierungs-Kommissar vom 74. Wahlbezirk, Stadtrath Heydenreich, tüchtig ausbeuteten. Man hat nämlich den Gewerbtreibenden vorgespiegelt, wenn Dr. Hirschel in die Kammer käme, so würde man die Juden "vollends emanzipiren," und dann würden alle Gewerbe ruinirt. Tzschirner ist sowohl in Budissin als in Pulsnitz gewählt; er wird die Budissiner Wahl annehmen, und die Pulsnitzer werden Hirschel gern wählen, weil dort die Wähler ein sehr demokratisches Völkchen sind. Ueberhaupt steht schon ziemlich fest, daß die Demokratie in der II. Kammer wenigstens zwei Drittel, in der I. wenigstens die volle Hälfte der Stimmen für sich haben wird. Wie tief im sächsischen Volke der Republikanismus schon wurzelt, darüber mag der Umstand Zeugniß geben, daß selbst unsere königl. Garde-Infanterie-Division so republikanisch gesinnt ist, daß man, um Aergerniß zu vermeiden, sie unter dem Vorwande der Sparsamkeit urplötzlich zum 1. Jan. 1849 auflöst. Die Bürgerwehr wird die Ehre haben in der Sylvesternacht das Residenzschloß zu bewachen. Am 1. Jan. selbst wird dann Linien-Infanterie einrücken. * Schwerin, 20. Dcbr. In der gestrigen Landtagssitzung kam eine Petition aus Röbel zur Sprache, die von 2 Reaktionärs unterzeichnet, von der Kammer verlangt, sie solle "im Namen des mecklenburgischen Volkes dem Fürsten Windischgrätz erklären, daß er sich durch sein energisches Auftreten gegen die Anarchisten zu Wien um das deutsche Vaterland wohl verdient gemacht habe." Der Petitionsausschuß beantragt natürlich Tagesordnung. Der Abgeordnete Genzke bemerkt dabei: "Es sei Allen sattsam bekannt, daß in Röbel und dem Stuhr'schen Winkel zuerst in Mecklenburg die Croaten aufgetaucht seien, und wenn nun auch allerdings die Vermuthung nahe liege, daß sie mit den östreichischen Croaten in Meinungsübereinstimmung lebten, so hätten sie doch billig allein und auf eigne Faust ihre Adressen an die Kroatenführer Windischgrätz und Jellachich ablassen können. Wenn sie aber die Frechheit so weit getrieben, zu verlangen, daß auch diese Versammlung im Namen des mecklenburgischen Volks ein Anerkennungs-Schreiben an jenen rohen Kriegsknecht richten solle, so sei dies ein offener Hohn, den man als der Würde dieses Hauses zuwiderlaufend mit Entschiedenheit zurückweisen müsse. Denn wohin solle es führen, wenn man dies nicht thue? Da würde man nächsten Tags verlangen, daß auch für Wrangel ein ähnlicher Beschluß gefaßt werde. Abg. Otto Grabow stellte den Antrag: "Ohne weitere Debatte über diese Adresse zur Tagesordnung überzugehen;" der Antrag wird angenommen. !!! Frankfurt, 23. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung. 1. Fortsetzung der Berathung über den vom Verfassungsausschuß vorgelegten Entwurf "der Reichstag," und zwar über Artikel VII. § 24 und folgende. 2. Ersatzwahlen in den völkerrechtlichen Ausschuß für den ausgetretenen Abgeordneten Stenzel und die zeitweise abwesenden Abgeordneten Heckscher und Raumer aus Berlin. 3. Berathung der von den Abgeordneten v. Trützschler, Marcks und Grumbrecht, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses erstatteten drei Berichte über verschiedene an die verfassunggebende Reichsversammlung gelangte Petitionen und Eingaben. 4. Berathung über den vom Abgeordneten Carl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über Anträge und Petitionen, das Eisenbahnwesen betreffend. 5. Berathung der Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte: a. über zwei von dem Abgeordneten Heisterbergk gestellte Anträge -- erstattet vom Abgeordneten Stavenhagen; 6. Berathung des vom Abgeordneten Kirchgeßner, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über den Antrag des Abgeordneten Pinckert, die Präsidentenwahlen betreffend. 7. Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses, erstatteten Berichts über ein Gesuch des Pfarrers F. W Schellenberg zu Cleeberg, Seelenverkäuferei betreffend. Von der sehr fetten Tagesordnung wird wohl nicht viel drankommen. Die Bänke sind weidnachtsleer. Die Theilnahmlosigkeit allgemein. Herr Thinnes zeigt an, daß er sich besonnen hat, und seine Person der National-Versammlung nicht entziehen will. (Er hatte vor einigen Tagen seinen Austritt angezeigt.) Nach einigem Disput wird Thinnes der Versammlung erhalten. Reitter und Consorten beantragen: 100,000 Exemplare der deutschen Grundrechte abzudrucken und sie den Abgeordneten zur Vertheilung in ihren Wahlkreisen zu übergeben. -- Man zankt einige Minuten über diesen Antrag und bringt ihn dann zur Abstimmung. Die Majorität ist (meiner Meinung nach) entschieden dafür -- aber Simson läßt die Gegenprobe machen d. h. nichts anderes, als er sagt den Centren: Meine Herren, ziehen Sie den Fall in genaue Erwägung. Bei der Gegenprobe ist die Annahme wirklich zweifelhaft, weil jetzt viele gegen den Antrag stimmen, die erst dafür stimmten, z. B. von Gagern. Man zählt die Stimmen, der Antrag wird mit 153 Stimmen gegen 146 angenommen. Die ganze rechte Seite stimmte dagegen. Graf Deym findet nachträglich, daß die Nationalversammlung mit diesem Antrag überrascht worden ist. Man beschließt, das Reichsministerium mit Ausführung dieses Antrages (nun Beschlusses) zu beauftragen. Hierauf geht man zur Tagesordnung über und erledigt Punkt 2 (S. o.) Gewahlt wurden Schmerling und Evertsbusch. ad 2 der Tagesordnung wurden folgende §§. des Entwurfs vom "Reichstag" ohne Diskussion angenommen. Artikel VII. §. 24. "Jedes der beiden Häuser wählt seinen Präsidenten und die Vicepräsidenten für sich, sowie die Schriftführer." (Die Dauer eines Präsidiums blieb offen.) §. 25. "Die Sitzungen beider Hauser sind öffentlich. Die Geschäftsordnung eines jeden Hauses bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können." Wigard. Schreiner. Römer. wird verworfen. §. 26. "Jedes Haus prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über ihre Zulassung." angenommen. §. 27. "Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: "Ich schwöre, die deutsche Reichsverfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten so wahr mir Gott helfe." angenommen. §. 28. "Jedes Haus hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens im Hause zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung jedes Hauses; eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Hälfte sämmtlicher Mitglieder an der Abstimmung Theil nimmt, und eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet." angenommen. §. 29. "Weder Ueberbringer von Bittschriften, noch überhaupt Deputationen sollen in den Häusern zugelassen werden." §. 30. "Jedes Haus hat das Recht, sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben, mit Ausnahme derjenigen Punkte, welche die geschäftlichen Beziehungen beider Häuser zu einander betreffen. Diese werden durch Uebereinkunft beider Häuser geordnet. Artikel VIII. § 31. "Ein Mitglied des Reichstages darf während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Zustimmung des Hauses, zu welchem es gehört, wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That." § 32. "In diesem letzteren Falle ist dem betreffenden Hause von der angeordneten Maßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis zum Schluß der Sitzungsperiode zu verfügen." § 33. "Dieselbe Befugniß steht jedem Hause in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zu Eröffnung der Sitzungen verhängt worden ist." § 34. "Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch (Amendement von Raveaux und Genossen angenommen) verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden." Der Edle von Baumbach-Kirchheim hat zu § 34 amendirt: "Den Fall der beleidigten Privatehre ausgenommen." Mit 162 gegen 157 wurde dies verworfen. Artikel IX. § 35. "Die Reichsminister haben das Recht, den Verhandlungen beider Häuser des Reichstags beizuwohnen, und von denselben gehört zu werden." § 36. "Die Reichsminister haben die Verpflichtung, auf Verlangen jedes der Häuser des Reichstages in demselben zu erscheinen und Auskunft zu ertheilen." Angenommen. § 37. "Die Reichsminister können nicht Mitglieder des Staatenhauses sein." Angenommen. § 38. "Wenn ein Mitglied des Volkshauses im Reichsdienst ein Amt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält jedenfalls seinen Sitz im Hause, bis die neue Wahl stattgefunden hat." Angenommen. Somit der Entwurf vom "Reichstag" erledigt. Hierauf schlägt Professor Beseler vor, die Sitzung zu schließen, und eine Vertagung bis zum 28. d. M. eintreten zu lassen, auch an jenem Tage noch eine unschuldige Tagesordnung festzustellen, da wohl noch sehr wenig Mitglieder bis dahin anwesend sein würden. Dieser menschenfreundliche Antrag, der mich mit Beseler versöhnt, wird angenommen. Nach einer Protestation von Radowitz und Consorten gegen den Betreffs der Grundrechte gefaßten Beschluß, womit diese Herren sich dem deutschen Volk zum Neujahr empfehlen, wird die Session um 12 Uhr Mittag geschlossen. Ungarn. 15 Klausenburg (in Siebenbürgen), 10. Dez. Das liebe deutsche Volk ist in neuer und neuester Zeit von Abgesandten, Adressen und Zeitungsartikeln überschwemmt worden, um ihm zu beweisen, daß 200 Stunden von seinen Gränzen ein Hause Teutonen wohnt, der die Tugenden der Ur-Väter in einem solchen Grade bewahrt hat, daß auf ihn das Mutterland nicht nur mit Stolz, sondern auch mit thätiger Sympathie hinsehen soll. Nun, aus dieser Entfernung betrachtet, mögen diese Leutchen wirklich wie riesenhafte Teutonen erscheinen. Wer aber Gelegenheit gehabt hat, die Sachsen näher kennen zu lernen, wird dieses Völkchen mit ganz andern Augen ansehen. Die Sachsen -- die Sachsen sind nicht ein Theil unseres sächsischen Stammes, sondern nur eine bedeutende Anzahl von ausgewanderten Familien aus dem Reiche, die den Namen Sachsen angenommen haben, und die viel richtiger Vlamen heißen würden -- also, die sogenannten Sachsen, vor ungefähr 800 Jahren vom Schicksale unter ein energisches und thatkräftiges Volk geworfen, hätten die beste Gelegenheit gehabt, die urdeutsche Festigkeit, Beharrlichkeit und Kraft, gepaart mit Offenheit, auf das Glänzendste zu beweisen. Aber sie scheinen diese Tugenden gar nicht mitgebracht zu haben, denn sonst wären sie wahrscheinlich längst ehrenvoll untergegangen, da von zwei gleich harten Körpern von verschiedener Größe, die sich fortwährend reiben, nothwendig der eine vernichtet werden muß. Was hat also die Sachsen erhalten? Ihre knechtische Gesinnung, die sie immer den Fürsten als die gehorsamsten Werkzeuge gezeigt hat. Für die loyalen Dienste wurden dann die Sachsen mit Privilegien, deren Ueberschreitung man nicht zu fürchten brauchte, überschüttet, und von den Fürsten gegen die Ungarn geschützt. Um sich von dieser knechtischen Gesinnung zu überzeugen, lese man die Adressen, die die Sachsen in diesem Jahre an den Kaiser und die österreichische Regierung gerichtet haben und man wird eine Sprache finden, die kaum eines Bedienten würdig ist. Können das wohl Deutsche sein? Die Sachsen selbst unterscheiden sorgfältig Sachsen und Deutsche. Sachsen heißen die Nachkommen der zuerst Eingewanderten und Deutsche, die später aus Deutschland Nachgekommenen. Die Letzteren sind den Ersteren nicht ebenbürtig. Die Beamtenwelt (die Kamarilla der Sachsen) gleichviel ob geistlich oder weltlich, rekrutirt sich aus Ersteren und bildet eine hermetisch geschlossene Kaste. Bisweilen thun die Sachsen uns Deutschen die Ehre an, sich auch Deutsche zu nennen, aber nur, wenn sie deutsche Sympathien für sich in Anspruch nehmen wollen und wenn ihnen der deutsche Patriotismus nichts kostet. Wie sehr das Letztere wahr ist, werden mir alle Deutsche, namentlich alle deutschen Handwerker bestätigen, die je das Glück gehabt, die so oft ausposaunte Gastfreundschaft und Liebe der Sachsen für die Deutschen kennen zu lernen. Die Sprache der Sachsen ist ein Idiom, welches mit der holländischen Sprache mehr Aehnlichkeit hat, als mit der deutschen. Deutsch spricht wohl ein jeder gebildete Sachse, aber er lernt es in der Schule, wie jeder Ausländer. Im Hause, und bis in die angesehnsten Häuser hinauf, selbst in den Kirchen auf dem Lande, wird das sogenannte sächsisch gesprochen. Mit der größten Hartnäckigkeit halten sie an diesem Kauderwelsch (denn Sprache kann man es füglich nicht nennen), weil sie mit dessem Verluste den Untergang ihrer Nationalität befürchten. Da dieses Idiom keiner Literatur fähig ist, so haben die Sachsen die deutsche Literatur adoptirt. Es gehen daher jährlich junge Sachsen nach Deutschland, um dort frische Milch zu saugen. So rühmlich dieses Streben auch ist, so wird dadurch den Sachsen gar wenig deutscher Geist eingeflößt. Denn ein Theil dieser jungen Leute kommt nach Hause, und bringt, wenn es hoch kommt, mit einem burschikosen Anstrich einige Studentenlieder mit, der andere, der wirklich deutsche Wissenschaft und deutsches Leben hat kennen lernen, erstickt in wenigen Jahren in dem Sumpfe der Philisterei und des hartnäckigen Sachsenthums. In politischer Hinsicht ist bei dem Sachsen auch nicht der deutsche Geist zu erkennen. Waren leider die Deutschen in der Politik schwach, so waren sie doch nie hinterlistig, nie egoistisch. Wie dem Sachsen im Leben ein offnes, ehrliches und kräftiges Auftreten fehlt, so auch in der Politik. Er tritt leise auf, ist sehr still und bedächtig, stellt anscheinend gar kein Hinderniß entgegen; dann aber ist er ungemein zäh im passiven Widerstande. Um das zu belegen, will ich das Verfahren der Sachsen in neuester Zeit kurz zusammenstellen. Als die Union Siebenbürgen's mit Ungarn ausgesprochen werden sollte, protestirten die Sachsen zwar, schickten aber doch ihre Deputirten zum Landtage nach Klausenburg. Die Deputirten nun, die in Siebenbürgen nur der Ausdruck ihrer Kommittenten sind, stimmten für die Union. Die Sachsen, namentlich die Hermannstädter, erklärten, die Deputirten hätten ihre Vollmachten überschritten, ließen es aber dabei bewenden. Darauf wurden Deputirte zum kombinirten Landtage nach Pesth geschickt. Später, als die Angelegenheiten der Ungarn, der kroatischen Händel wegen, mißlich standen, glaubten die klugen Sachsen, jetzt sicher gegen die Beilage zu Nr. 180 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Donnerstag 28. Dezember 1848. [Deutschland] diesen versammelten sich tobende Rotten, insonderheit Ziegelarbeiter, welche schon seit geraumer Zeit durch gewisse Individuen gegen die angeblichen Königsfeinde hierselbst aufgereizt und zu Excessen gedungen, an 8 bis 10 verschiedenen Orten, sogar in dem nicht zum Stadtterrain gehörigen Gute Althof-Lötzen, sämmtliche nicht illuminirte Fenster mit Steinen einwarfen, durch die Würfe Menschenleben gefährdeten, Personen auf der Straße mit Schimpfreden und Thätlichkeiten insultirten, in die Häuser drangen, selbige demolirten und die gefährlichsten Drohungen ausstießen. Insonderheit soll ein bei der hiesigen Festungs-Ziegelei beschäftigtes Individuum die Tumultuanten zu weitern Excessen durch die Worte: „das ist recht, wer nicht illuminirt, ist ein Feind des Königs“ aufgemuntert haben. Durch ein kraftiges Einschreiten der Orts-, Kreis-, Polizei- und Militärbehörden hätte diesem vierstündigen Unwesen zeitig genug entgegengewirkt, und namentlich die nach und nach erfolgte Zertrümmerung diverser Fenster abgewendet werden können. Es geschah aber, daß die Wachtmannschaft des hiesigen Militär-Kommandos den Bürgermeister nicht kannte und jede Assistenz verweigerte, daß der Kommando-Offizier auf die Requisition des Bürgermeisters äußerte: „er könne diese Hilfe ohne Anweisung des Hauptmann Westphal nicht leisten,“ daß dieser militärische Hilfe nicht für nöthig hielt, daß der hiesige Landrath der Aufforderung ungeachtet und obschon der Bürgermeister augenblicklich nicht zur Stelle war, sich weigerte, das Haus eines Bürgers vor dem weitern Zertrümmern der Fenster zu schützen, und während der ganzen Dauer des Scandals im Handwerkerverein mit den daselbst versammelten Personen ruhig die Verfassungs-Urkunde besprach und aus Bowlen trank, die man den Handwerkern und Kleinbürgern zu präpariren für gut befunden hatte, daß kein thätiger Gensdarm sichtbar war. Erwägt man neben dieser Passivität, das sonstige Verhalten des Herrn Landraths, daß er vor einiger Zeit eine Adresse an den König zur Unterschrift im ganzen Kreise verbreitet hat, daß stupide Menschen aus Veranlassung dieser Adresse gegen Personen auf dem Lande, welche die Adresse nicht mit unterschrieben und deshalb als Königsfeinde und Verräther verschrieen wurden, massenhaft die gröbsten Excesse verübt haben, daß der Landrath früher einmal zu dreien Ziegelarbeitern geäußert hat: „wer auf den König schimpft, den könnt ihr ins Gesicht schlagen,“ und dem hiesigen Rektor am 9. d. M. den Rath gegeben hat: „Erleuchten Sie, sonst werden Ihnen die Fenster eingeschlagen,“ daß ferner ein hiesiger für Volks-Justiz schwärmender Offizier dem Handwerker-Vereine ein Klubmitglied als einen solchen Mann bezeichnet hat, der den König nicht wolle, daß andere Klubmitglieder von Fanatikern ähnlicher Sorte als Hochverräther geschildert worden sind, daß einer der Anstifter des Tumults den Beschädigten bereits Schadenersatz geleistet hat; so muß jeder Unbefangene erkennen, daß die Tumultuanten nicht proprio motu, sondern auf Anordnung und im Solde der Reaktionspartei gewirkt haben, und daß der ganze Scandal niemals eine solche Ausdehnung gewonnen hätte, wenn die Kreispolizei- und Militärbehörden den Willen gehabt hätten, mit Energie einzuschreiten. Es wird Sorge des Gerichts sein, die bei diesem Tumulte vorgefallene Ungesetzlichkeiten mit aller Strenge zu rügen. Lötzen, den 16. December 1848. Der constitutionelle Klub. Kremsier, 21. Dez. Heute war eine interessante Reichstagssitzung. Die Grundrechte wurden zum ersten Mal in der Kammer verlesen. § 1 bestimmt: „Alle Staatsgewalten gehen vom Volk aus und werden auf die in der Constitution festgesetzte Weise geübt.“ Wir fürchten, man wird viel davon abzwacken. Der Antrag des Finanzausschusses, dem Ministerium 50 Mill. Fl. zu kreditiren, erregte eine derartige Debatte, daß erst gegen 8 1/2 Uhr Abends, nach nur einstündiger Mittagsrast, die Sitzung zum Schlusse kam. Alle Polen sprachen gegen den Kredit, darunter Abg. Borkowski sehr geistvoll; er sagte: wir sind keine konstituirende, sondern eine schuldenmachende Kammer. Unter denen, die dafür sprachen, ist Abg. Schuselka, der sich selbst als einen Schwarzgelben angab; allein er hoffe, daß zu den beiden östreichischen Farben auch das deutsche Roth kommen werde, als Freund und Bundesgenosse. Auch Minister Kraus sprach, und endlich wurden, statt des Antrags von 50 Mill. Fl., auf Antrag des Abg. Wiser die verlangten vollen 80 Mill. Fl. bewilligt. Die andern Punkte wurden unverändert nach dem Finanzausschußantrag angenommen. Dann vertagte sich die Versammlung bis zum 3. Jan. (D. A. Z.) * R Dresden, 24. Dez. Die Wahlschlachten sind größtentheils geschlagen und der Gesammtsieg verspricht trotz des offenen Wortes „ unseres Märzministerium“ ganz entschieden für die Partei der Demokratie auszufallen, von welcher sich das Ministerium, im blinden Glauben an das Michelthum des sächsischen Volkes, durch jenes offene Wort losgesagt hat. Will der Verfasser jenes offenen Wortes, Minister von der Pfordten, in der That nur mit der Majorität regieren, so muß er den entgegengesetzten Weg von dem des Ministerium Brandenburg in Berlin einschlagen, er muß sein Gesammtministerium auflösen und den Kammern weichen. Wir haben hier von dem eigentlichen Ministerpräsidenten Dr. Braun gänzlich geschwiegen, weil er in der That die Null hinter der Eins des talentvollen aber unpopulären Pfordten ist. In Leipzig, wo die Wahlschlacht zuerst zu Ende ging, und welches zwei Abgeordnete in die erste Kammer zu wählen hatte, ist ein Kandidat der Konservativen und einer der Demokraten Prof. Dr. Steinacker und Bürgermeister Klinger gewählt worden; Beide gehen nicht in allen Punkten ganz mit dem Wahlmanifeste ihrer Parteien. In die zweite Kammer haben die Konservativen zwei Kandidaten (Stadtgerichtsrath Steche und Archidiakon Dr. Fischer), die Demokraten Einen (Literat Jaekel) durchgebracht, so daß die Wahl eine halbe genannt werden muß. Dresdens 6 Plätze in die zweite Kammer haben 5 Demokraten: Adv. Th. Kell, Gardeoberl. Müller, Kürschnermeister Stadtrath Klette, Adv. Blöde und Dr. phil. H. Herz, und ein Kandidat der Konservativen, der nicht eben sehr geistreiche Kommissionsrath Spitzner, errungen. Letzterer eben auch nur, weil die überaus thätige Reaktionspartei den Umstand, daß der Kandidat der Demokraten, Dr. med. Hirschel ein Israelit ist, und die sehr reaktionäre Gesinnung des Regierungs-Kommissar vom 74. Wahlbezirk, Stadtrath Heydenreich, tüchtig ausbeuteten. Man hat nämlich den Gewerbtreibenden vorgespiegelt, wenn Dr. Hirschel in die Kammer käme, so würde man die Juden „vollends emanzipiren,“ und dann würden alle Gewerbe ruinirt. Tzschirner ist sowohl in Budissin als in Pulsnitz gewählt; er wird die Budissiner Wahl annehmen, und die Pulsnitzer werden Hirschel gern wählen, weil dort die Wähler ein sehr demokratisches Völkchen sind. Ueberhaupt steht schon ziemlich fest, daß die Demokratie in der II. Kammer wenigstens zwei Drittel, in der I. wenigstens die volle Hälfte der Stimmen für sich haben wird. Wie tief im sächsischen Volke der Republikanismus schon wurzelt, darüber mag der Umstand Zeugniß geben, daß selbst unsere königl. Garde-Infanterie-Division so republikanisch gesinnt ist, daß man, um Aergerniß zu vermeiden, sie unter dem Vorwande der Sparsamkeit urplötzlich zum 1. Jan. 1849 auflöst. Die Bürgerwehr wird die Ehre haben in der Sylvesternacht das Residenzschloß zu bewachen. Am 1. Jan. selbst wird dann Linien-Infanterie einrücken. * Schwerin, 20. Dcbr. In der gestrigen Landtagssitzung kam eine Petition aus Röbel zur Sprache, die von 2 Reaktionärs unterzeichnet, von der Kammer verlangt, sie solle „im Namen des mecklenburgischen Volkes dem Fürsten Windischgrätz erklären, daß er sich durch sein energisches Auftreten gegen die Anarchisten zu Wien um das deutsche Vaterland wohl verdient gemacht habe.“ Der Petitionsausschuß beantragt natürlich Tagesordnung. Der Abgeordnete Genzke bemerkt dabei: „Es sei Allen sattsam bekannt, daß in Röbel und dem Stuhr'schen Winkel zuerst in Mecklenburg die Croaten aufgetaucht seien, und wenn nun auch allerdings die Vermuthung nahe liege, daß sie mit den östreichischen Croaten in Meinungsübereinstimmung lebten, so hätten sie doch billig allein und auf eigne Faust ihre Adressen an die Kroatenführer Windischgrätz und Jellachich ablassen können. Wenn sie aber die Frechheit so weit getrieben, zu verlangen, daß auch diese Versammlung im Namen des mecklenburgischen Volks ein Anerkennungs-Schreiben an jenen rohen Kriegsknecht richten solle, so sei dies ein offener Hohn, den man als der Würde dieses Hauses zuwiderlaufend mit Entschiedenheit zurückweisen müsse. Denn wohin solle es führen, wenn man dies nicht thue? Da würde man nächsten Tags verlangen, daß auch für Wrangel ein ähnlicher Beschluß gefaßt werde. Abg. Otto Grabow stellte den Antrag: „Ohne weitere Debatte über diese Adresse zur Tagesordnung überzugehen;“ der Antrag wird angenommen. !!! Frankfurt, 23. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung. 1. Fortsetzung der Berathung über den vom Verfassungsausschuß vorgelegten Entwurf „der Reichstag,“ und zwar über Artikel VII. § 24 und folgende. 2. Ersatzwahlen in den völkerrechtlichen Ausschuß für den ausgetretenen Abgeordneten Stenzel und die zeitweise abwesenden Abgeordneten Heckscher und Raumer aus Berlin. 3. Berathung der von den Abgeordneten v. Trützschler, Marcks und Grumbrecht, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses erstatteten drei Berichte über verschiedene an die verfassunggebende Reichsversammlung gelangte Petitionen und Eingaben. 4. Berathung über den vom Abgeordneten Carl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über Anträge und Petitionen, das Eisenbahnwesen betreffend. 5. Berathung der Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte: a. über zwei von dem Abgeordneten Heisterbergk gestellte Anträge — erstattet vom Abgeordneten Stavenhagen; 6. Berathung des vom Abgeordneten Kirchgeßner, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über den Antrag des Abgeordneten Pinckert, die Präsidentenwahlen betreffend. 7. Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses, erstatteten Berichts über ein Gesuch des Pfarrers F. W Schellenberg zu Cleeberg, Seelenverkäuferei betreffend. Von der sehr fetten Tagesordnung wird wohl nicht viel drankommen. Die Bänke sind weidnachtsleer. Die Theilnahmlosigkeit allgemein. Herr Thinnes zeigt an, daß er sich besonnen hat, und seine Person der National-Versammlung nicht entziehen will. (Er hatte vor einigen Tagen seinen Austritt angezeigt.) Nach einigem Disput wird Thinnes der Versammlung erhalten. Reitter und Consorten beantragen: 100,000 Exemplare der deutschen Grundrechte abzudrucken und sie den Abgeordneten zur Vertheilung in ihren Wahlkreisen zu übergeben. — Man zankt einige Minuten über diesen Antrag und bringt ihn dann zur Abstimmung. Die Majorität ist (meiner Meinung nach) entschieden dafür — aber Simson läßt die Gegenprobe machen d. h. nichts anderes, als er sagt den Centren: Meine Herren, ziehen Sie den Fall in genaue Erwägung. Bei der Gegenprobe ist die Annahme wirklich zweifelhaft, weil jetzt viele gegen den Antrag stimmen, die erst dafür stimmten, z. B. von Gagern. Man zählt die Stimmen, der Antrag wird mit 153 Stimmen gegen 146 angenommen. Die ganze rechte Seite stimmte dagegen. Graf Deym findet nachträglich, daß die Nationalversammlung mit diesem Antrag überrascht worden ist. Man beschließt, das Reichsministerium mit Ausführung dieses Antrages (nun Beschlusses) zu beauftragen. Hierauf geht man zur Tagesordnung über und erledigt Punkt 2 (S. o.) Gewahlt wurden Schmerling und Evertsbusch. ad 2 der Tagesordnung wurden folgende §§. des Entwurfs vom „Reichstag“ ohne Diskussion angenommen. Artikel VII. §. 24. „Jedes der beiden Häuser wählt seinen Präsidenten und die Vicepräsidenten für sich, sowie die Schriftführer.“ (Die Dauer eines Präsidiums blieb offen.) §. 25. „Die Sitzungen beider Hauser sind öffentlich. Die Geschäftsordnung eines jeden Hauses bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können.“ Wigard. Schreiner. Römer. wird verworfen. §. 26. „Jedes Haus prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über ihre Zulassung.“ angenommen. §. 27. „Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: „Ich schwöre, die deutsche Reichsverfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten so wahr mir Gott helfe.“ angenommen. §. 28. „Jedes Haus hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens im Hause zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung jedes Hauses; eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Hälfte sämmtlicher Mitglieder an der Abstimmung Theil nimmt, und eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet.“ angenommen. §. 29. „Weder Ueberbringer von Bittschriften, noch überhaupt Deputationen sollen in den Häusern zugelassen werden.“ §. 30. „Jedes Haus hat das Recht, sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben, mit Ausnahme derjenigen Punkte, welche die geschäftlichen Beziehungen beider Häuser zu einander betreffen. Diese werden durch Uebereinkunft beider Häuser geordnet. Artikel VIII. § 31. „Ein Mitglied des Reichstages darf während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Zustimmung des Hauses, zu welchem es gehört, wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.“ § 32. „In diesem letzteren Falle ist dem betreffenden Hause von der angeordneten Maßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis zum Schluß der Sitzungsperiode zu verfügen.“ § 33. „Dieselbe Befugniß steht jedem Hause in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zu Eröffnung der Sitzungen verhängt worden ist.“ § 34. „Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch (Amendement von Raveaux und Genossen angenommen) verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“ Der Edle von Baumbach-Kirchheim hat zu § 34 amendirt: „Den Fall der beleidigten Privatehre ausgenommen.“ Mit 162 gegen 157 wurde dies verworfen. Artikel IX. § 35. „Die Reichsminister haben das Recht, den Verhandlungen beider Häuser des Reichstags beizuwohnen, und von denselben gehört zu werden.“ § 36. „Die Reichsminister haben die Verpflichtung, auf Verlangen jedes der Häuser des Reichstages in demselben zu erscheinen und Auskunft zu ertheilen.“ Angenommen. § 37. „Die Reichsminister können nicht Mitglieder des Staatenhauses sein.“ Angenommen. § 38. „Wenn ein Mitglied des Volkshauses im Reichsdienst ein Amt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält jedenfalls seinen Sitz im Hause, bis die neue Wahl stattgefunden hat.“ Angenommen. Somit der Entwurf vom „Reichstag“ erledigt. Hierauf schlägt Professor Beseler vor, die Sitzung zu schließen, und eine Vertagung bis zum 28. d. M. eintreten zu lassen, auch an jenem Tage noch eine unschuldige Tagesordnung festzustellen, da wohl noch sehr wenig Mitglieder bis dahin anwesend sein würden. Dieser menschenfreundliche Antrag, der mich mit Beseler versöhnt, wird angenommen. Nach einer Protestation von Radowitz und Consorten gegen den Betreffs der Grundrechte gefaßten Beschluß, womit diese Herren sich dem deutschen Volk zum Neujahr empfehlen, wird die Session um 12 Uhr Mittag geschlossen. Ungarn. 15 Klausenburg (in Siebenbürgen), 10. Dez. Das liebe deutsche Volk ist in neuer und neuester Zeit von Abgesandten, Adressen und Zeitungsartikeln überschwemmt worden, um ihm zu beweisen, daß 200 Stunden von seinen Gränzen ein Hause Teutonen wohnt, der die Tugenden der Ur-Väter in einem solchen Grade bewahrt hat, daß auf ihn das Mutterland nicht nur mit Stolz, sondern auch mit thätiger Sympathie hinsehen soll. Nun, aus dieser Entfernung betrachtet, mögen diese Leutchen wirklich wie riesenhafte Teutonen erscheinen. Wer aber Gelegenheit gehabt hat, die Sachsen näher kennen zu lernen, wird dieses Völkchen mit ganz andern Augen ansehen. Die Sachsen — die Sachsen sind nicht ein Theil unseres sächsischen Stammes, sondern nur eine bedeutende Anzahl von ausgewanderten Familien aus dem Reiche, die den Namen Sachsen angenommen haben, und die viel richtiger Vlamen heißen würden — also, die sogenannten Sachsen, vor ungefähr 800 Jahren vom Schicksale unter ein energisches und thatkräftiges Volk geworfen, hätten die beste Gelegenheit gehabt, die urdeutsche Festigkeit, Beharrlichkeit und Kraft, gepaart mit Offenheit, auf das Glänzendste zu beweisen. Aber sie scheinen diese Tugenden gar nicht mitgebracht zu haben, denn sonst wären sie wahrscheinlich längst ehrenvoll untergegangen, da von zwei gleich harten Körpern von verschiedener Größe, die sich fortwährend reiben, nothwendig der eine vernichtet werden muß. Was hat also die Sachsen erhalten? Ihre knechtische Gesinnung, die sie immer den Fürsten als die gehorsamsten Werkzeuge gezeigt hat. Für die loyalen Dienste wurden dann die Sachsen mit Privilegien, deren Ueberschreitung man nicht zu fürchten brauchte, überschüttet, und von den Fürsten gegen die Ungarn geschützt. Um sich von dieser knechtischen Gesinnung zu überzeugen, lese man die Adressen, die die Sachsen in diesem Jahre an den Kaiser und die österreichische Regierung gerichtet haben und man wird eine Sprache finden, die kaum eines Bedienten würdig ist. Können das wohl Deutsche sein? Die Sachsen selbst unterscheiden sorgfältig Sachsen und Deutsche. Sachsen heißen die Nachkommen der zuerst Eingewanderten und Deutsche, die später aus Deutschland Nachgekommenen. Die Letzteren sind den Ersteren nicht ebenbürtig. Die Beamtenwelt (die Kamarilla der Sachsen) gleichviel ob geistlich oder weltlich, rekrutirt sich aus Ersteren und bildet eine hermetisch geschlossene Kaste. Bisweilen thun die Sachsen uns Deutschen die Ehre an, sich auch Deutsche zu nennen, aber nur, wenn sie deutsche Sympathien für sich in Anspruch nehmen wollen und wenn ihnen der deutsche Patriotismus nichts kostet. Wie sehr das Letztere wahr ist, werden mir alle Deutsche, namentlich alle deutschen Handwerker bestätigen, die je das Glück gehabt, die so oft ausposaunte Gastfreundschaft und Liebe der Sachsen für die Deutschen kennen zu lernen. Die Sprache der Sachsen ist ein Idiom, welches mit der holländischen Sprache mehr Aehnlichkeit hat, als mit der deutschen. Deutsch spricht wohl ein jeder gebildete Sachse, aber er lernt es in der Schule, wie jeder Ausländer. Im Hause, und bis in die angesehnsten Häuser hinauf, selbst in den Kirchen auf dem Lande, wird das sogenannte sächsisch gesprochen. Mit der größten Hartnäckigkeit halten sie an diesem Kauderwelsch (denn Sprache kann man es füglich nicht nennen), weil sie mit dessem Verluste den Untergang ihrer Nationalität befürchten. Da dieses Idiom keiner Literatur fähig ist, so haben die Sachsen die deutsche Literatur adoptirt. Es gehen daher jährlich junge Sachsen nach Deutschland, um dort frische Milch zu saugen. So rühmlich dieses Streben auch ist, so wird dadurch den Sachsen gar wenig deutscher Geist eingeflößt. Denn ein Theil dieser jungen Leute kommt nach Hause, und bringt, wenn es hoch kommt, mit einem burschikosen Anstrich einige Studentenlieder mit, der andere, der wirklich deutsche Wissenschaft und deutsches Leben hat kennen lernen, erstickt in wenigen Jahren in dem Sumpfe der Philisterei und des hartnäckigen Sachsenthums. In politischer Hinsicht ist bei dem Sachsen auch nicht der deutsche Geist zu erkennen. Waren leider die Deutschen in der Politik schwach, so waren sie doch nie hinterlistig, nie egoistisch. Wie dem Sachsen im Leben ein offnes, ehrliches und kräftiges Auftreten fehlt, so auch in der Politik. Er tritt leise auf, ist sehr still und bedächtig, stellt anscheinend gar kein Hinderniß entgegen; dann aber ist er ungemein zäh im passiven Widerstande. Um das zu belegen, will ich das Verfahren der Sachsen in neuester Zeit kurz zusammenstellen. Als die Union Siebenbürgen's mit Ungarn ausgesprochen werden sollte, protestirten die Sachsen zwar, schickten aber doch ihre Deputirten zum Landtage nach Klausenburg. Die Deputirten nun, die in Siebenbürgen nur der Ausdruck ihrer Kommittenten sind, stimmten für die Union. Die Sachsen, namentlich die Hermannstädter, erklärten, die Deputirten hätten ihre Vollmachten überschritten, ließen es aber dabei bewenden. Darauf wurden Deputirte zum kombinirten Landtage nach Pesth geschickt. Später, als die Angelegenheiten der Ungarn, der kroatischen Händel wegen, mißlich standen, glaubten die klugen Sachsen, jetzt sicher gegen die <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0971"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 180 der Neuen Rheinischen Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Donnerstag 28. Dezember 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar180b_001" type="jArticle"> <p>diesen versammelten sich tobende Rotten, insonderheit Ziegelarbeiter, welche schon seit geraumer Zeit durch gewisse Individuen gegen die angeblichen Königsfeinde hierselbst aufgereizt und zu Excessen gedungen, an 8 bis 10 verschiedenen Orten, sogar in dem nicht zum Stadtterrain gehörigen Gute Althof-Lötzen, sämmtliche nicht illuminirte Fenster mit Steinen einwarfen, durch die Würfe Menschenleben gefährdeten, Personen auf der Straße mit Schimpfreden und Thätlichkeiten insultirten, in die Häuser drangen, selbige demolirten und die gefährlichsten Drohungen ausstießen. Insonderheit soll ein bei der hiesigen Festungs-Ziegelei beschäftigtes Individuum die Tumultuanten zu weitern Excessen durch die Worte: „das ist recht, wer nicht illuminirt, ist ein Feind des Königs“ aufgemuntert haben. Durch ein kraftiges Einschreiten der Orts-, Kreis-, Polizei- und Militärbehörden hätte diesem vierstündigen Unwesen zeitig genug entgegengewirkt, und namentlich die nach und nach erfolgte Zertrümmerung diverser Fenster abgewendet werden können. Es geschah aber, daß die Wachtmannschaft des hiesigen Militär-Kommandos den Bürgermeister nicht kannte und jede Assistenz verweigerte, daß der Kommando-Offizier auf die Requisition des Bürgermeisters äußerte: „er könne diese Hilfe ohne Anweisung des Hauptmann Westphal nicht leisten,“ daß dieser militärische Hilfe nicht für nöthig hielt, daß der hiesige Landrath der Aufforderung ungeachtet und obschon der Bürgermeister augenblicklich nicht zur Stelle war, sich weigerte, das Haus eines Bürgers vor dem weitern Zertrümmern der Fenster zu schützen, und während der ganzen Dauer des Scandals im Handwerkerverein mit den daselbst versammelten Personen ruhig die Verfassungs-Urkunde besprach und aus Bowlen trank, die man den Handwerkern und Kleinbürgern zu präpariren für gut befunden hatte, daß kein thätiger Gensdarm sichtbar war.</p> <p>Erwägt man neben dieser Passivität, das sonstige Verhalten des Herrn Landraths, daß er vor einiger Zeit eine Adresse an den König zur Unterschrift im ganzen Kreise verbreitet hat, daß stupide Menschen aus Veranlassung dieser Adresse gegen Personen auf dem Lande, welche die Adresse nicht mit unterschrieben und deshalb als Königsfeinde und Verräther verschrieen wurden, massenhaft die gröbsten Excesse verübt haben, daß der Landrath früher einmal zu dreien Ziegelarbeitern geäußert hat: „wer auf den König schimpft, den könnt ihr ins Gesicht schlagen,“ und dem hiesigen Rektor am 9. d. M. den Rath gegeben hat: „Erleuchten Sie, sonst werden Ihnen die Fenster eingeschlagen,“ daß ferner ein hiesiger für Volks-Justiz schwärmender Offizier dem Handwerker-Vereine ein Klubmitglied als einen solchen Mann bezeichnet hat, der den König nicht wolle, daß andere Klubmitglieder von Fanatikern ähnlicher Sorte als Hochverräther geschildert worden sind, daß einer der Anstifter des Tumults den Beschädigten bereits Schadenersatz geleistet hat; so muß jeder Unbefangene erkennen, daß die Tumultuanten nicht proprio motu, sondern auf Anordnung und im Solde der Reaktionspartei gewirkt haben, und daß der ganze Scandal niemals eine solche Ausdehnung gewonnen hätte, wenn die Kreispolizei- und Militärbehörden den Willen gehabt hätten, mit Energie einzuschreiten. Es wird Sorge des Gerichts sein, die bei diesem Tumulte vorgefallene Ungesetzlichkeiten mit aller Strenge zu rügen.</p> <p>Lötzen, den 16. December 1848.</p> <p>Der constitutionelle Klub.</p> </div> <div xml:id="ar180b_002" type="jArticle"> <head>Kremsier, 21. Dez.</head> <p>Heute war eine interessante Reichstagssitzung. Die Grundrechte wurden zum ersten Mal in der Kammer verlesen. § 1 bestimmt: „Alle Staatsgewalten gehen vom Volk aus und werden auf die in der Constitution festgesetzte Weise geübt.“ Wir fürchten, man wird viel davon abzwacken. Der Antrag des Finanzausschusses, dem Ministerium 50 Mill. Fl. zu kreditiren, erregte eine derartige Debatte, daß erst gegen 8 1/2 Uhr Abends, nach nur einstündiger Mittagsrast, die Sitzung zum Schlusse kam. Alle Polen sprachen gegen den Kredit, darunter Abg. Borkowski sehr geistvoll; er sagte: wir sind keine konstituirende, sondern eine schuldenmachende Kammer. Unter denen, die dafür sprachen, ist Abg. Schuselka, der sich selbst als einen Schwarzgelben angab; allein er hoffe, daß zu den beiden östreichischen Farben auch das deutsche Roth kommen werde, als Freund und Bundesgenosse. Auch Minister Kraus sprach, und endlich wurden, statt des Antrags von 50 Mill. Fl., auf Antrag des Abg. Wiser die verlangten vollen 80 Mill. Fl. bewilligt. Die andern Punkte wurden unverändert nach dem Finanzausschußantrag angenommen. Dann vertagte sich die Versammlung bis zum 3. Jan.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar180b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> R Dresden, 24. Dez.</head> <p>Die Wahlschlachten sind größtentheils geschlagen und der Gesammtsieg verspricht trotz des offenen Wortes „ unseres Märzministerium“ ganz entschieden für die Partei der Demokratie auszufallen, von welcher sich das Ministerium, im blinden Glauben an das Michelthum des sächsischen Volkes, durch jenes offene Wort losgesagt hat. Will der Verfasser jenes offenen Wortes, Minister von der Pfordten, in der That nur mit der Majorität regieren, so muß er den entgegengesetzten Weg von dem des Ministerium Brandenburg in Berlin einschlagen, er muß <hi rendition="#g">sein</hi> Gesammtministerium auflösen und den Kammern weichen. Wir haben hier von dem eigentlichen Ministerpräsidenten Dr. Braun gänzlich geschwiegen, weil er in der That die Null hinter der Eins des talentvollen aber unpopulären Pfordten ist.</p> <p>In Leipzig, wo die Wahlschlacht zuerst zu Ende ging, und welches zwei Abgeordnete in die <hi rendition="#g">erste</hi> Kammer zu wählen hatte, ist ein Kandidat der Konservativen und einer der Demokraten Prof. Dr. <hi rendition="#g">Steinacker</hi> und Bürgermeister <hi rendition="#g">Klinger</hi> gewählt worden; Beide gehen nicht in allen Punkten ganz mit dem Wahlmanifeste ihrer Parteien. In die <hi rendition="#g">zweite</hi> Kammer haben die Konservativen <hi rendition="#g">zwei</hi> Kandidaten (Stadtgerichtsrath <hi rendition="#g">Steche</hi> und Archidiakon Dr. <hi rendition="#g">Fischer</hi>), die Demokraten <hi rendition="#g">Einen</hi> (Literat Jaekel) durchgebracht, so daß die Wahl eine <hi rendition="#g">halbe</hi> genannt werden muß.</p> <p>Dresdens 6 Plätze in die zweite Kammer haben 5 Demokraten: Adv. Th. <hi rendition="#g">Kell,</hi> Gardeoberl. <hi rendition="#g">Müller,</hi> Kürschnermeister Stadtrath <hi rendition="#g">Klette,</hi> Adv. <hi rendition="#g">Blöde</hi> und Dr. phil. H. <hi rendition="#g">Herz,</hi> und ein Kandidat der Konservativen, der nicht eben sehr geistreiche Kommissionsrath Spitzner, errungen. Letzterer eben auch nur, weil die überaus thätige Reaktionspartei den Umstand, daß der Kandidat der Demokraten, Dr. med. <hi rendition="#g">Hirschel</hi> ein Israelit ist, und die sehr reaktionäre Gesinnung des Regierungs-Kommissar vom 74. Wahlbezirk, Stadtrath <hi rendition="#g">Heydenreich,</hi> tüchtig ausbeuteten.</p> <p>Man hat nämlich den Gewerbtreibenden vorgespiegelt, wenn Dr. <hi rendition="#g">Hirschel</hi> in die Kammer käme, so würde man die Juden „vollends emanzipiren,“ und dann würden alle Gewerbe ruinirt. <hi rendition="#g">Tzschirner</hi> ist sowohl in Budissin als in Pulsnitz gewählt; er wird die Budissiner Wahl annehmen, und die Pulsnitzer werden Hirschel gern wählen, weil dort die Wähler ein sehr demokratisches Völkchen sind. Ueberhaupt steht schon ziemlich fest, daß die Demokratie in der II. Kammer wenigstens zwei Drittel, in der I. wenigstens die volle Hälfte der Stimmen für sich haben wird. Wie tief im sächsischen Volke der Republikanismus schon wurzelt, darüber mag der Umstand Zeugniß geben, daß selbst unsere königl. Garde-Infanterie-Division so republikanisch gesinnt ist, daß man, um Aergerniß zu vermeiden, sie unter dem Vorwande der Sparsamkeit urplötzlich zum 1. Jan. 1849 auflöst. Die Bürgerwehr wird die Ehre haben in der Sylvesternacht das Residenzschloß zu bewachen. Am 1. Jan. selbst wird dann Linien-Infanterie einrücken.</p> </div> <div xml:id="ar180b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Schwerin, 20. Dcbr.</head> <p>In der gestrigen Landtagssitzung kam eine Petition aus Röbel zur Sprache, die von 2 Reaktionärs unterzeichnet, von der Kammer verlangt, sie solle „im Namen des mecklenburgischen Volkes dem Fürsten Windischgrätz erklären, daß er sich durch sein energisches Auftreten gegen die Anarchisten zu Wien um das deutsche Vaterland wohl verdient gemacht habe.“ Der Petitionsausschuß beantragt natürlich Tagesordnung. Der Abgeordnete Genzke bemerkt dabei: „Es sei Allen sattsam bekannt, daß in Röbel und dem Stuhr'schen Winkel zuerst in Mecklenburg die Croaten aufgetaucht seien, und wenn nun auch allerdings die Vermuthung nahe liege, daß sie mit den östreichischen Croaten in Meinungsübereinstimmung lebten, so hätten sie doch billig allein und auf eigne Faust ihre Adressen an die Kroatenführer Windischgrätz und Jellachich ablassen können. Wenn sie aber die Frechheit so weit getrieben, zu verlangen, daß auch diese Versammlung im Namen des mecklenburgischen Volks ein Anerkennungs-Schreiben an jenen rohen Kriegsknecht richten solle, so sei dies ein offener Hohn, den man als der Würde dieses Hauses zuwiderlaufend mit Entschiedenheit zurückweisen müsse. Denn wohin solle es führen, wenn man dies nicht thue? Da würde man nächsten Tags verlangen, daß auch für Wrangel ein ähnlicher Beschluß gefaßt werde. Abg. Otto Grabow stellte den Antrag: „Ohne weitere Debatte über diese Adresse zur Tagesordnung überzugehen;“ der Antrag wird angenommen.</p> </div> <div xml:id="ar180b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 23. Dezember.</head> <p>Sitzung der National-Versammlung.</p> <p>Tagesordnung.</p> <p>1. Fortsetzung der Berathung über den vom Verfassungsausschuß vorgelegten Entwurf „der Reichstag,“ und zwar über Artikel VII. § 24 und folgende.</p> <p>2. Ersatzwahlen in den völkerrechtlichen Ausschuß für den ausgetretenen Abgeordneten Stenzel und die zeitweise abwesenden Abgeordneten Heckscher und Raumer aus Berlin.</p> <p>3. Berathung der von den Abgeordneten v. Trützschler, Marcks und Grumbrecht, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses erstatteten drei Berichte über verschiedene an die verfassunggebende Reichsversammlung gelangte Petitionen und Eingaben.</p> <p>4. Berathung über den vom Abgeordneten Carl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über Anträge und Petitionen, das Eisenbahnwesen betreffend.</p> <p>5. Berathung der Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte:</p> <p rendition="#et">a. über zwei von dem Abgeordneten Heisterbergk gestellte Anträge — erstattet vom Abgeordneten Stavenhagen;<lb/> b. über mehrere Petitionen, Wehrangelegenheiten betreffend, erstattet vom Abgeordneten Teichert;<lb/> c. über die Petition der Schützengilde in Falkenberg, erstattet vom Abgeordneten Schleußing;<lb/> d. über die Eingabe des Centralvorstandes des allgemeinen Anhaltschen Schützenvereins in Dessau — erstattet vom Abgeordneten Schleußing.</p> <p>6. Berathung des vom Abgeordneten Kirchgeßner, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über den Antrag des Abgeordneten Pinckert, die Präsidentenwahlen betreffend.</p> <p>7. Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses, erstatteten Berichts über ein Gesuch des Pfarrers F. W Schellenberg zu Cleeberg, Seelenverkäuferei betreffend.</p> <p>Von der sehr fetten Tagesordnung wird wohl nicht viel drankommen. Die Bänke sind weidnachtsleer. Die Theilnahmlosigkeit allgemein.</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Thinnes</hi> zeigt an, daß er sich besonnen hat, und seine Person der National-Versammlung nicht entziehen will. (Er hatte vor einigen Tagen seinen Austritt angezeigt.) Nach einigem Disput wird Thinnes der Versammlung erhalten.</p> <p><hi rendition="#g">Reitter</hi> und Consorten beantragen: 100,000 Exemplare der deutschen Grundrechte abzudrucken und sie den Abgeordneten zur Vertheilung in ihren Wahlkreisen zu übergeben. — Man zankt einige Minuten über diesen Antrag und bringt ihn dann zur Abstimmung.</p> <p>Die Majorität ist (meiner Meinung nach) entschieden dafür — aber Simson läßt die Gegenprobe machen d. h. nichts anderes, als er sagt den Centren: Meine Herren, ziehen Sie den Fall in genaue Erwägung. Bei der Gegenprobe ist die Annahme wirklich zweifelhaft, weil jetzt viele gegen den Antrag stimmen, die erst dafür stimmten, z. B. von Gagern. Man zählt die Stimmen, der Antrag wird mit 153 Stimmen gegen 146 angenommen. Die ganze rechte Seite stimmte dagegen.</p> <p>Graf <hi rendition="#g">Deym</hi> findet nachträglich, daß die Nationalversammlung mit diesem Antrag überrascht worden ist. Man beschließt, das Reichsministerium mit Ausführung dieses Antrages (nun Beschlusses) zu beauftragen.</p> <p>Hierauf geht man zur Tagesordnung über und erledigt Punkt 2 (S. o.)</p> <p>Gewahlt wurden Schmerling und Evertsbusch.</p> <p>ad 2 der Tagesordnung wurden folgende §§. des Entwurfs vom „Reichstag“ ohne Diskussion angenommen.</p> <p>Artikel VII.</p> <p>§. 24.</p> <p rendition="#et">„Jedes der beiden Häuser wählt seinen Präsidenten und die Vicepräsidenten für sich, sowie die Schriftführer.“</p> <p>(Die Dauer eines Präsidiums blieb offen.)</p> <p>§. 25.</p> <p rendition="#et">„Die Sitzungen beider Hauser sind öffentlich. Die Geschäftsordnung eines jeden Hauses bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können.“<lb/> (Zu §. 25) Minoritätserachten. Zusatz:<lb/> „Die Verhandlungen und Beschlüsse des Reichstags werden durch den Druck offentlich bekannt gemacht.“</p> <p> <hi rendition="#g">Wigard. Schreiner. Römer.</hi> </p> <p>wird verworfen.</p> <p>§. 26.</p> <p rendition="#et">„Jedes Haus prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über ihre Zulassung.“</p> <p>angenommen.</p> <p>§. 27.</p> <p rendition="#et">„Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: „Ich schwöre, die deutsche Reichsverfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten so wahr mir Gott helfe.“</p> <p>angenommen.</p> <p>§. 28.</p> <p rendition="#et">„Jedes Haus hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens im Hause zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung jedes Hauses; eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Hälfte sämmtlicher Mitglieder an der Abstimmung Theil nimmt, und eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet.“</p> <p>angenommen.</p> <p>§. 29.</p> <p rendition="#et">„Weder Ueberbringer von Bittschriften, noch überhaupt Deputationen sollen in den Häusern zugelassen werden.“</p> <p>§. 30.</p> <p rendition="#et">„Jedes Haus hat das Recht, sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben, mit Ausnahme derjenigen Punkte, welche die geschäftlichen Beziehungen beider Häuser zu einander betreffen. Diese werden durch Uebereinkunft beider Häuser geordnet.</p> <p>Artikel VIII.</p> <p>§ 31.</p> <p rendition="#et">„Ein Mitglied des Reichstages darf während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Zustimmung des Hauses, zu welchem es gehört, wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.“</p> <p>§ 32.</p> <p rendition="#et">„In diesem letzteren Falle ist dem betreffenden Hause von der angeordneten Maßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis zum Schluß der Sitzungsperiode zu verfügen.“</p> <p>§ 33.</p> <p rendition="#et">„Dieselbe Befugniß steht jedem Hause in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zu Eröffnung der Sitzungen verhängt worden ist.“</p> <p>§ 34.</p> <p rendition="#et">„Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch (Amendement von Raveaux und Genossen angenommen) verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“</p> <p>Der Edle von Baumbach-Kirchheim hat zu § 34 amendirt:</p> <p rendition="#et">„Den Fall der beleidigten Privatehre ausgenommen.“</p> <p>Mit 162 gegen 157 wurde dies verworfen.</p> <p>Artikel IX. § 35.</p> <p rendition="#et">„Die Reichsminister haben das Recht, den Verhandlungen beider Häuser des Reichstags beizuwohnen, und von denselben gehört zu werden.“</p> <p>§ 36.</p> <p rendition="#et">„Die Reichsminister haben die Verpflichtung, auf Verlangen jedes der Häuser des Reichstages in demselben zu erscheinen und Auskunft zu ertheilen.“</p> <p>Angenommen.</p> <p>§ 37.</p> <p rendition="#et">„Die Reichsminister können nicht Mitglieder des Staatenhauses sein.“</p> <p>Angenommen.</p> <p>§ 38.</p> <p rendition="#et">„Wenn ein Mitglied des Volkshauses im Reichsdienst ein Amt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält jedenfalls seinen Sitz im Hause, bis die neue Wahl stattgefunden hat.“</p> <p>Angenommen.</p> <p>Somit der Entwurf vom „Reichstag“ erledigt.</p> <p>Hierauf schlägt Professor <hi rendition="#g">Beseler</hi> vor, die Sitzung zu schließen, und eine Vertagung bis zum 28. d. M. eintreten zu lassen, auch an jenem Tage noch eine unschuldige Tagesordnung festzustellen, da wohl noch sehr wenig Mitglieder bis dahin anwesend sein würden. Dieser menschenfreundliche Antrag, der mich mit Beseler versöhnt, wird angenommen.</p> <p>Nach einer Protestation von Radowitz und Consorten gegen den Betreffs der Grundrechte gefaßten Beschluß, womit diese Herren sich dem deutschen Volk zum Neujahr empfehlen, wird die Session um 12 Uhr Mittag geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar180b_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Klausenburg (in Siebenbürgen), 10. Dez.</head> <p>Das liebe deutsche Volk ist in neuer und neuester Zeit von Abgesandten, Adressen und Zeitungsartikeln überschwemmt worden, um ihm zu beweisen, daß 200 Stunden von seinen Gränzen ein Hause Teutonen wohnt, der die Tugenden der Ur-Väter in einem solchen Grade bewahrt hat, daß auf ihn das Mutterland nicht nur mit Stolz, sondern auch mit thätiger Sympathie hinsehen soll. Nun, aus dieser Entfernung betrachtet, mögen diese Leutchen wirklich wie riesenhafte Teutonen erscheinen. Wer aber Gelegenheit gehabt hat, die Sachsen näher kennen zu lernen, wird dieses Völkchen mit ganz andern Augen ansehen.</p> <p>Die Sachsen — die Sachsen sind nicht ein Theil unseres sächsischen Stammes, sondern nur eine bedeutende Anzahl von ausgewanderten Familien aus dem Reiche, die den Namen Sachsen angenommen haben, und die viel richtiger <hi rendition="#g">Vlamen</hi> heißen würden — also, die sogenannten Sachsen, vor ungefähr 800 Jahren vom Schicksale unter ein energisches und thatkräftiges Volk geworfen, hätten die beste Gelegenheit gehabt, die urdeutsche Festigkeit, Beharrlichkeit und Kraft, gepaart mit Offenheit, auf das Glänzendste zu beweisen. Aber sie scheinen diese Tugenden gar nicht mitgebracht zu haben, denn sonst wären sie wahrscheinlich längst ehrenvoll untergegangen, da von zwei gleich harten Körpern von verschiedener Größe, die sich fortwährend reiben, nothwendig der eine vernichtet werden muß. Was hat also die Sachsen erhalten? Ihre knechtische Gesinnung, die sie immer den Fürsten als die gehorsamsten Werkzeuge gezeigt hat. Für die loyalen Dienste wurden dann die Sachsen mit Privilegien, deren Ueberschreitung man nicht zu fürchten brauchte, überschüttet, und von den Fürsten gegen die <hi rendition="#g">Ungarn</hi> geschützt. Um sich von dieser knechtischen Gesinnung zu überzeugen, lese man die Adressen, die die Sachsen in <hi rendition="#g">diesem</hi> Jahre an den Kaiser und die österreichische Regierung gerichtet haben und man wird eine Sprache finden, die kaum eines Bedienten würdig ist. Können das wohl Deutsche sein?</p> <p>Die Sachsen selbst unterscheiden sorgfältig Sachsen und Deutsche. Sachsen heißen die Nachkommen der zuerst Eingewanderten und Deutsche, die später aus Deutschland Nachgekommenen. Die Letzteren sind den Ersteren nicht ebenbürtig. Die Beamtenwelt (die Kamarilla der Sachsen) gleichviel ob geistlich oder weltlich, rekrutirt sich aus Ersteren und bildet eine hermetisch geschlossene Kaste. Bisweilen thun die Sachsen uns Deutschen die Ehre an, sich auch Deutsche zu nennen, aber nur, wenn sie deutsche Sympathien für sich in Anspruch nehmen wollen und wenn ihnen der deutsche Patriotismus nichts kostet. Wie sehr das Letztere wahr ist, werden mir alle Deutsche, namentlich alle deutschen Handwerker bestätigen, die je das Glück gehabt, die so oft ausposaunte Gastfreundschaft und Liebe der Sachsen für die Deutschen kennen zu lernen.</p> <p>Die Sprache der Sachsen ist ein Idiom, welches mit der holländischen Sprache mehr Aehnlichkeit hat, als mit der deutschen. Deutsch spricht wohl ein jeder gebildete Sachse, aber er lernt es in der Schule, wie jeder Ausländer. Im Hause, und bis in die angesehnsten Häuser hinauf, selbst in den Kirchen auf dem Lande, wird das sogenannte sächsisch gesprochen. Mit der größten Hartnäckigkeit halten sie an diesem Kauderwelsch (denn Sprache kann man es füglich nicht nennen), weil sie mit dessem Verluste den Untergang ihrer Nationalität befürchten. Da dieses Idiom keiner Literatur fähig ist, so haben die Sachsen die deutsche Literatur adoptirt. Es gehen daher jährlich junge Sachsen nach Deutschland, um dort frische Milch zu saugen. So rühmlich dieses Streben auch ist, so wird dadurch den Sachsen gar wenig deutscher Geist eingeflößt. Denn ein Theil dieser jungen Leute kommt nach Hause, und bringt, wenn es hoch kommt, mit einem burschikosen Anstrich einige Studentenlieder mit, der andere, der wirklich deutsche Wissenschaft und deutsches Leben hat kennen lernen, erstickt in wenigen Jahren in dem Sumpfe der Philisterei und des hartnäckigen Sachsenthums.</p> <p>In politischer Hinsicht ist bei dem Sachsen auch nicht der deutsche Geist zu erkennen. Waren leider die Deutschen in der Politik schwach, so waren sie doch nie hinterlistig, nie egoistisch.</p> <p>Wie dem Sachsen im Leben ein offnes, ehrliches und kräftiges Auftreten fehlt, so auch in der Politik. Er tritt leise auf, ist sehr still und bedächtig, stellt anscheinend gar kein Hinderniß entgegen; dann aber ist er ungemein zäh im passiven Widerstande. Um das zu belegen, will ich das Verfahren der Sachsen in neuester Zeit kurz zusammenstellen. Als die Union Siebenbürgen's mit Ungarn ausgesprochen werden sollte, protestirten die Sachsen zwar, schickten aber doch ihre Deputirten zum Landtage nach Klausenburg. Die Deputirten nun, die in Siebenbürgen nur der Ausdruck ihrer Kommittenten sind, stimmten für die Union. Die Sachsen, namentlich die Hermannstädter, erklärten, die Deputirten hätten ihre Vollmachten überschritten, ließen es aber dabei bewenden. Darauf wurden Deputirte zum kombinirten Landtage nach Pesth geschickt. Später, als die Angelegenheiten der Ungarn, der kroatischen Händel wegen, mißlich standen, glaubten die klugen Sachsen, jetzt sicher gegen die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0971/0001]
Beilage zu Nr. 180 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Donnerstag 28. Dezember 1848. [Deutschland] diesen versammelten sich tobende Rotten, insonderheit Ziegelarbeiter, welche schon seit geraumer Zeit durch gewisse Individuen gegen die angeblichen Königsfeinde hierselbst aufgereizt und zu Excessen gedungen, an 8 bis 10 verschiedenen Orten, sogar in dem nicht zum Stadtterrain gehörigen Gute Althof-Lötzen, sämmtliche nicht illuminirte Fenster mit Steinen einwarfen, durch die Würfe Menschenleben gefährdeten, Personen auf der Straße mit Schimpfreden und Thätlichkeiten insultirten, in die Häuser drangen, selbige demolirten und die gefährlichsten Drohungen ausstießen. Insonderheit soll ein bei der hiesigen Festungs-Ziegelei beschäftigtes Individuum die Tumultuanten zu weitern Excessen durch die Worte: „das ist recht, wer nicht illuminirt, ist ein Feind des Königs“ aufgemuntert haben. Durch ein kraftiges Einschreiten der Orts-, Kreis-, Polizei- und Militärbehörden hätte diesem vierstündigen Unwesen zeitig genug entgegengewirkt, und namentlich die nach und nach erfolgte Zertrümmerung diverser Fenster abgewendet werden können. Es geschah aber, daß die Wachtmannschaft des hiesigen Militär-Kommandos den Bürgermeister nicht kannte und jede Assistenz verweigerte, daß der Kommando-Offizier auf die Requisition des Bürgermeisters äußerte: „er könne diese Hilfe ohne Anweisung des Hauptmann Westphal nicht leisten,“ daß dieser militärische Hilfe nicht für nöthig hielt, daß der hiesige Landrath der Aufforderung ungeachtet und obschon der Bürgermeister augenblicklich nicht zur Stelle war, sich weigerte, das Haus eines Bürgers vor dem weitern Zertrümmern der Fenster zu schützen, und während der ganzen Dauer des Scandals im Handwerkerverein mit den daselbst versammelten Personen ruhig die Verfassungs-Urkunde besprach und aus Bowlen trank, die man den Handwerkern und Kleinbürgern zu präpariren für gut befunden hatte, daß kein thätiger Gensdarm sichtbar war.
Erwägt man neben dieser Passivität, das sonstige Verhalten des Herrn Landraths, daß er vor einiger Zeit eine Adresse an den König zur Unterschrift im ganzen Kreise verbreitet hat, daß stupide Menschen aus Veranlassung dieser Adresse gegen Personen auf dem Lande, welche die Adresse nicht mit unterschrieben und deshalb als Königsfeinde und Verräther verschrieen wurden, massenhaft die gröbsten Excesse verübt haben, daß der Landrath früher einmal zu dreien Ziegelarbeitern geäußert hat: „wer auf den König schimpft, den könnt ihr ins Gesicht schlagen,“ und dem hiesigen Rektor am 9. d. M. den Rath gegeben hat: „Erleuchten Sie, sonst werden Ihnen die Fenster eingeschlagen,“ daß ferner ein hiesiger für Volks-Justiz schwärmender Offizier dem Handwerker-Vereine ein Klubmitglied als einen solchen Mann bezeichnet hat, der den König nicht wolle, daß andere Klubmitglieder von Fanatikern ähnlicher Sorte als Hochverräther geschildert worden sind, daß einer der Anstifter des Tumults den Beschädigten bereits Schadenersatz geleistet hat; so muß jeder Unbefangene erkennen, daß die Tumultuanten nicht proprio motu, sondern auf Anordnung und im Solde der Reaktionspartei gewirkt haben, und daß der ganze Scandal niemals eine solche Ausdehnung gewonnen hätte, wenn die Kreispolizei- und Militärbehörden den Willen gehabt hätten, mit Energie einzuschreiten. Es wird Sorge des Gerichts sein, die bei diesem Tumulte vorgefallene Ungesetzlichkeiten mit aller Strenge zu rügen.
Lötzen, den 16. December 1848.
Der constitutionelle Klub.
Kremsier, 21. Dez. Heute war eine interessante Reichstagssitzung. Die Grundrechte wurden zum ersten Mal in der Kammer verlesen. § 1 bestimmt: „Alle Staatsgewalten gehen vom Volk aus und werden auf die in der Constitution festgesetzte Weise geübt.“ Wir fürchten, man wird viel davon abzwacken. Der Antrag des Finanzausschusses, dem Ministerium 50 Mill. Fl. zu kreditiren, erregte eine derartige Debatte, daß erst gegen 8 1/2 Uhr Abends, nach nur einstündiger Mittagsrast, die Sitzung zum Schlusse kam. Alle Polen sprachen gegen den Kredit, darunter Abg. Borkowski sehr geistvoll; er sagte: wir sind keine konstituirende, sondern eine schuldenmachende Kammer. Unter denen, die dafür sprachen, ist Abg. Schuselka, der sich selbst als einen Schwarzgelben angab; allein er hoffe, daß zu den beiden östreichischen Farben auch das deutsche Roth kommen werde, als Freund und Bundesgenosse. Auch Minister Kraus sprach, und endlich wurden, statt des Antrags von 50 Mill. Fl., auf Antrag des Abg. Wiser die verlangten vollen 80 Mill. Fl. bewilligt. Die andern Punkte wurden unverändert nach dem Finanzausschußantrag angenommen. Dann vertagte sich die Versammlung bis zum 3. Jan.
(D. A. Z.) * R Dresden, 24. Dez. Die Wahlschlachten sind größtentheils geschlagen und der Gesammtsieg verspricht trotz des offenen Wortes „ unseres Märzministerium“ ganz entschieden für die Partei der Demokratie auszufallen, von welcher sich das Ministerium, im blinden Glauben an das Michelthum des sächsischen Volkes, durch jenes offene Wort losgesagt hat. Will der Verfasser jenes offenen Wortes, Minister von der Pfordten, in der That nur mit der Majorität regieren, so muß er den entgegengesetzten Weg von dem des Ministerium Brandenburg in Berlin einschlagen, er muß sein Gesammtministerium auflösen und den Kammern weichen. Wir haben hier von dem eigentlichen Ministerpräsidenten Dr. Braun gänzlich geschwiegen, weil er in der That die Null hinter der Eins des talentvollen aber unpopulären Pfordten ist.
In Leipzig, wo die Wahlschlacht zuerst zu Ende ging, und welches zwei Abgeordnete in die erste Kammer zu wählen hatte, ist ein Kandidat der Konservativen und einer der Demokraten Prof. Dr. Steinacker und Bürgermeister Klinger gewählt worden; Beide gehen nicht in allen Punkten ganz mit dem Wahlmanifeste ihrer Parteien. In die zweite Kammer haben die Konservativen zwei Kandidaten (Stadtgerichtsrath Steche und Archidiakon Dr. Fischer), die Demokraten Einen (Literat Jaekel) durchgebracht, so daß die Wahl eine halbe genannt werden muß.
Dresdens 6 Plätze in die zweite Kammer haben 5 Demokraten: Adv. Th. Kell, Gardeoberl. Müller, Kürschnermeister Stadtrath Klette, Adv. Blöde und Dr. phil. H. Herz, und ein Kandidat der Konservativen, der nicht eben sehr geistreiche Kommissionsrath Spitzner, errungen. Letzterer eben auch nur, weil die überaus thätige Reaktionspartei den Umstand, daß der Kandidat der Demokraten, Dr. med. Hirschel ein Israelit ist, und die sehr reaktionäre Gesinnung des Regierungs-Kommissar vom 74. Wahlbezirk, Stadtrath Heydenreich, tüchtig ausbeuteten.
Man hat nämlich den Gewerbtreibenden vorgespiegelt, wenn Dr. Hirschel in die Kammer käme, so würde man die Juden „vollends emanzipiren,“ und dann würden alle Gewerbe ruinirt. Tzschirner ist sowohl in Budissin als in Pulsnitz gewählt; er wird die Budissiner Wahl annehmen, und die Pulsnitzer werden Hirschel gern wählen, weil dort die Wähler ein sehr demokratisches Völkchen sind. Ueberhaupt steht schon ziemlich fest, daß die Demokratie in der II. Kammer wenigstens zwei Drittel, in der I. wenigstens die volle Hälfte der Stimmen für sich haben wird. Wie tief im sächsischen Volke der Republikanismus schon wurzelt, darüber mag der Umstand Zeugniß geben, daß selbst unsere königl. Garde-Infanterie-Division so republikanisch gesinnt ist, daß man, um Aergerniß zu vermeiden, sie unter dem Vorwande der Sparsamkeit urplötzlich zum 1. Jan. 1849 auflöst. Die Bürgerwehr wird die Ehre haben in der Sylvesternacht das Residenzschloß zu bewachen. Am 1. Jan. selbst wird dann Linien-Infanterie einrücken.
* Schwerin, 20. Dcbr. In der gestrigen Landtagssitzung kam eine Petition aus Röbel zur Sprache, die von 2 Reaktionärs unterzeichnet, von der Kammer verlangt, sie solle „im Namen des mecklenburgischen Volkes dem Fürsten Windischgrätz erklären, daß er sich durch sein energisches Auftreten gegen die Anarchisten zu Wien um das deutsche Vaterland wohl verdient gemacht habe.“ Der Petitionsausschuß beantragt natürlich Tagesordnung. Der Abgeordnete Genzke bemerkt dabei: „Es sei Allen sattsam bekannt, daß in Röbel und dem Stuhr'schen Winkel zuerst in Mecklenburg die Croaten aufgetaucht seien, und wenn nun auch allerdings die Vermuthung nahe liege, daß sie mit den östreichischen Croaten in Meinungsübereinstimmung lebten, so hätten sie doch billig allein und auf eigne Faust ihre Adressen an die Kroatenführer Windischgrätz und Jellachich ablassen können. Wenn sie aber die Frechheit so weit getrieben, zu verlangen, daß auch diese Versammlung im Namen des mecklenburgischen Volks ein Anerkennungs-Schreiben an jenen rohen Kriegsknecht richten solle, so sei dies ein offener Hohn, den man als der Würde dieses Hauses zuwiderlaufend mit Entschiedenheit zurückweisen müsse. Denn wohin solle es führen, wenn man dies nicht thue? Da würde man nächsten Tags verlangen, daß auch für Wrangel ein ähnlicher Beschluß gefaßt werde. Abg. Otto Grabow stellte den Antrag: „Ohne weitere Debatte über diese Adresse zur Tagesordnung überzugehen;“ der Antrag wird angenommen.
!!! Frankfurt, 23. Dezember. Sitzung der National-Versammlung.
Tagesordnung.
1. Fortsetzung der Berathung über den vom Verfassungsausschuß vorgelegten Entwurf „der Reichstag,“ und zwar über Artikel VII. § 24 und folgende.
2. Ersatzwahlen in den völkerrechtlichen Ausschuß für den ausgetretenen Abgeordneten Stenzel und die zeitweise abwesenden Abgeordneten Heckscher und Raumer aus Berlin.
3. Berathung der von den Abgeordneten v. Trützschler, Marcks und Grumbrecht, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses erstatteten drei Berichte über verschiedene an die verfassunggebende Reichsversammlung gelangte Petitionen und Eingaben.
4. Berathung über den vom Abgeordneten Carl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Bericht über Anträge und Petitionen, das Eisenbahnwesen betreffend.
5. Berathung der Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte:
a. über zwei von dem Abgeordneten Heisterbergk gestellte Anträge — erstattet vom Abgeordneten Stavenhagen;
b. über mehrere Petitionen, Wehrangelegenheiten betreffend, erstattet vom Abgeordneten Teichert;
c. über die Petition der Schützengilde in Falkenberg, erstattet vom Abgeordneten Schleußing;
d. über die Eingabe des Centralvorstandes des allgemeinen Anhaltschen Schützenvereins in Dessau — erstattet vom Abgeordneten Schleußing.
6. Berathung des vom Abgeordneten Kirchgeßner, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über den Antrag des Abgeordneten Pinckert, die Präsidentenwahlen betreffend.
7. Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses, erstatteten Berichts über ein Gesuch des Pfarrers F. W Schellenberg zu Cleeberg, Seelenverkäuferei betreffend.
Von der sehr fetten Tagesordnung wird wohl nicht viel drankommen. Die Bänke sind weidnachtsleer. Die Theilnahmlosigkeit allgemein.
Herr Thinnes zeigt an, daß er sich besonnen hat, und seine Person der National-Versammlung nicht entziehen will. (Er hatte vor einigen Tagen seinen Austritt angezeigt.) Nach einigem Disput wird Thinnes der Versammlung erhalten.
Reitter und Consorten beantragen: 100,000 Exemplare der deutschen Grundrechte abzudrucken und sie den Abgeordneten zur Vertheilung in ihren Wahlkreisen zu übergeben. — Man zankt einige Minuten über diesen Antrag und bringt ihn dann zur Abstimmung.
Die Majorität ist (meiner Meinung nach) entschieden dafür — aber Simson läßt die Gegenprobe machen d. h. nichts anderes, als er sagt den Centren: Meine Herren, ziehen Sie den Fall in genaue Erwägung. Bei der Gegenprobe ist die Annahme wirklich zweifelhaft, weil jetzt viele gegen den Antrag stimmen, die erst dafür stimmten, z. B. von Gagern. Man zählt die Stimmen, der Antrag wird mit 153 Stimmen gegen 146 angenommen. Die ganze rechte Seite stimmte dagegen.
Graf Deym findet nachträglich, daß die Nationalversammlung mit diesem Antrag überrascht worden ist. Man beschließt, das Reichsministerium mit Ausführung dieses Antrages (nun Beschlusses) zu beauftragen.
Hierauf geht man zur Tagesordnung über und erledigt Punkt 2 (S. o.)
Gewahlt wurden Schmerling und Evertsbusch.
ad 2 der Tagesordnung wurden folgende §§. des Entwurfs vom „Reichstag“ ohne Diskussion angenommen.
Artikel VII.
§. 24.
„Jedes der beiden Häuser wählt seinen Präsidenten und die Vicepräsidenten für sich, sowie die Schriftführer.“
(Die Dauer eines Präsidiums blieb offen.)
§. 25.
„Die Sitzungen beider Hauser sind öffentlich. Die Geschäftsordnung eines jeden Hauses bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können.“
(Zu §. 25) Minoritätserachten. Zusatz:
„Die Verhandlungen und Beschlüsse des Reichstags werden durch den Druck offentlich bekannt gemacht.“
Wigard. Schreiner. Römer.
wird verworfen.
§. 26.
„Jedes Haus prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über ihre Zulassung.“
angenommen.
§. 27.
„Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: „Ich schwöre, die deutsche Reichsverfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten so wahr mir Gott helfe.“
angenommen.
§. 28.
„Jedes Haus hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens im Hause zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung jedes Hauses; eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Hälfte sämmtlicher Mitglieder an der Abstimmung Theil nimmt, und eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet.“
angenommen.
§. 29.
„Weder Ueberbringer von Bittschriften, noch überhaupt Deputationen sollen in den Häusern zugelassen werden.“
§. 30.
„Jedes Haus hat das Recht, sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben, mit Ausnahme derjenigen Punkte, welche die geschäftlichen Beziehungen beider Häuser zu einander betreffen. Diese werden durch Uebereinkunft beider Häuser geordnet.
Artikel VIII.
§ 31.
„Ein Mitglied des Reichstages darf während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Zustimmung des Hauses, zu welchem es gehört, wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.“
§ 32.
„In diesem letzteren Falle ist dem betreffenden Hause von der angeordneten Maßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis zum Schluß der Sitzungsperiode zu verfügen.“
§ 33.
„Dieselbe Befugniß steht jedem Hause in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zu Eröffnung der Sitzungen verhängt worden ist.“
§ 34.
„Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch (Amendement von Raveaux und Genossen angenommen) verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“
Der Edle von Baumbach-Kirchheim hat zu § 34 amendirt:
„Den Fall der beleidigten Privatehre ausgenommen.“
Mit 162 gegen 157 wurde dies verworfen.
Artikel IX. § 35.
„Die Reichsminister haben das Recht, den Verhandlungen beider Häuser des Reichstags beizuwohnen, und von denselben gehört zu werden.“
§ 36.
„Die Reichsminister haben die Verpflichtung, auf Verlangen jedes der Häuser des Reichstages in demselben zu erscheinen und Auskunft zu ertheilen.“
Angenommen.
§ 37.
„Die Reichsminister können nicht Mitglieder des Staatenhauses sein.“
Angenommen.
§ 38.
„Wenn ein Mitglied des Volkshauses im Reichsdienst ein Amt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält jedenfalls seinen Sitz im Hause, bis die neue Wahl stattgefunden hat.“
Angenommen.
Somit der Entwurf vom „Reichstag“ erledigt.
Hierauf schlägt Professor Beseler vor, die Sitzung zu schließen, und eine Vertagung bis zum 28. d. M. eintreten zu lassen, auch an jenem Tage noch eine unschuldige Tagesordnung festzustellen, da wohl noch sehr wenig Mitglieder bis dahin anwesend sein würden. Dieser menschenfreundliche Antrag, der mich mit Beseler versöhnt, wird angenommen.
Nach einer Protestation von Radowitz und Consorten gegen den Betreffs der Grundrechte gefaßten Beschluß, womit diese Herren sich dem deutschen Volk zum Neujahr empfehlen, wird die Session um 12 Uhr Mittag geschlossen.
Ungarn. 15 Klausenburg (in Siebenbürgen), 10. Dez. Das liebe deutsche Volk ist in neuer und neuester Zeit von Abgesandten, Adressen und Zeitungsartikeln überschwemmt worden, um ihm zu beweisen, daß 200 Stunden von seinen Gränzen ein Hause Teutonen wohnt, der die Tugenden der Ur-Väter in einem solchen Grade bewahrt hat, daß auf ihn das Mutterland nicht nur mit Stolz, sondern auch mit thätiger Sympathie hinsehen soll. Nun, aus dieser Entfernung betrachtet, mögen diese Leutchen wirklich wie riesenhafte Teutonen erscheinen. Wer aber Gelegenheit gehabt hat, die Sachsen näher kennen zu lernen, wird dieses Völkchen mit ganz andern Augen ansehen.
Die Sachsen — die Sachsen sind nicht ein Theil unseres sächsischen Stammes, sondern nur eine bedeutende Anzahl von ausgewanderten Familien aus dem Reiche, die den Namen Sachsen angenommen haben, und die viel richtiger Vlamen heißen würden — also, die sogenannten Sachsen, vor ungefähr 800 Jahren vom Schicksale unter ein energisches und thatkräftiges Volk geworfen, hätten die beste Gelegenheit gehabt, die urdeutsche Festigkeit, Beharrlichkeit und Kraft, gepaart mit Offenheit, auf das Glänzendste zu beweisen. Aber sie scheinen diese Tugenden gar nicht mitgebracht zu haben, denn sonst wären sie wahrscheinlich längst ehrenvoll untergegangen, da von zwei gleich harten Körpern von verschiedener Größe, die sich fortwährend reiben, nothwendig der eine vernichtet werden muß. Was hat also die Sachsen erhalten? Ihre knechtische Gesinnung, die sie immer den Fürsten als die gehorsamsten Werkzeuge gezeigt hat. Für die loyalen Dienste wurden dann die Sachsen mit Privilegien, deren Ueberschreitung man nicht zu fürchten brauchte, überschüttet, und von den Fürsten gegen die Ungarn geschützt. Um sich von dieser knechtischen Gesinnung zu überzeugen, lese man die Adressen, die die Sachsen in diesem Jahre an den Kaiser und die österreichische Regierung gerichtet haben und man wird eine Sprache finden, die kaum eines Bedienten würdig ist. Können das wohl Deutsche sein?
Die Sachsen selbst unterscheiden sorgfältig Sachsen und Deutsche. Sachsen heißen die Nachkommen der zuerst Eingewanderten und Deutsche, die später aus Deutschland Nachgekommenen. Die Letzteren sind den Ersteren nicht ebenbürtig. Die Beamtenwelt (die Kamarilla der Sachsen) gleichviel ob geistlich oder weltlich, rekrutirt sich aus Ersteren und bildet eine hermetisch geschlossene Kaste. Bisweilen thun die Sachsen uns Deutschen die Ehre an, sich auch Deutsche zu nennen, aber nur, wenn sie deutsche Sympathien für sich in Anspruch nehmen wollen und wenn ihnen der deutsche Patriotismus nichts kostet. Wie sehr das Letztere wahr ist, werden mir alle Deutsche, namentlich alle deutschen Handwerker bestätigen, die je das Glück gehabt, die so oft ausposaunte Gastfreundschaft und Liebe der Sachsen für die Deutschen kennen zu lernen.
Die Sprache der Sachsen ist ein Idiom, welches mit der holländischen Sprache mehr Aehnlichkeit hat, als mit der deutschen. Deutsch spricht wohl ein jeder gebildete Sachse, aber er lernt es in der Schule, wie jeder Ausländer. Im Hause, und bis in die angesehnsten Häuser hinauf, selbst in den Kirchen auf dem Lande, wird das sogenannte sächsisch gesprochen. Mit der größten Hartnäckigkeit halten sie an diesem Kauderwelsch (denn Sprache kann man es füglich nicht nennen), weil sie mit dessem Verluste den Untergang ihrer Nationalität befürchten. Da dieses Idiom keiner Literatur fähig ist, so haben die Sachsen die deutsche Literatur adoptirt. Es gehen daher jährlich junge Sachsen nach Deutschland, um dort frische Milch zu saugen. So rühmlich dieses Streben auch ist, so wird dadurch den Sachsen gar wenig deutscher Geist eingeflößt. Denn ein Theil dieser jungen Leute kommt nach Hause, und bringt, wenn es hoch kommt, mit einem burschikosen Anstrich einige Studentenlieder mit, der andere, der wirklich deutsche Wissenschaft und deutsches Leben hat kennen lernen, erstickt in wenigen Jahren in dem Sumpfe der Philisterei und des hartnäckigen Sachsenthums.
In politischer Hinsicht ist bei dem Sachsen auch nicht der deutsche Geist zu erkennen. Waren leider die Deutschen in der Politik schwach, so waren sie doch nie hinterlistig, nie egoistisch.
Wie dem Sachsen im Leben ein offnes, ehrliches und kräftiges Auftreten fehlt, so auch in der Politik. Er tritt leise auf, ist sehr still und bedächtig, stellt anscheinend gar kein Hinderniß entgegen; dann aber ist er ungemein zäh im passiven Widerstande. Um das zu belegen, will ich das Verfahren der Sachsen in neuester Zeit kurz zusammenstellen. Als die Union Siebenbürgen's mit Ungarn ausgesprochen werden sollte, protestirten die Sachsen zwar, schickten aber doch ihre Deputirten zum Landtage nach Klausenburg. Die Deputirten nun, die in Siebenbürgen nur der Ausdruck ihrer Kommittenten sind, stimmten für die Union. Die Sachsen, namentlich die Hermannstädter, erklärten, die Deputirten hätten ihre Vollmachten überschritten, ließen es aber dabei bewenden. Darauf wurden Deputirte zum kombinirten Landtage nach Pesth geschickt. Später, als die Angelegenheiten der Ungarn, der kroatischen Händel wegen, mißlich standen, glaubten die klugen Sachsen, jetzt sicher gegen die
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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