Neue Rheinische Zeitung. Nr. 189. Köln, 7. Januar 1849. Zweite Ausgabe.reichischen Völker, die sich doch sehr gut in Deutsche, Polen, Italiener und Magyaren trotz der 100 heraufbeschworenen Natiönchen verselbständigen lassen, in eine einzige habsburgische Heerde verwandeln. Mit Rücksicht hierauf spricht die "Presse" den unglaublichen Unsinn aus: "Oesterreich hat die Krisis der letzten Monate überstanden; (!!!) es geht der Einheit entgegen." -- Ich weiß nicht, ob sie das Linsengemüse dieser "Presse" täglich verdauen müssen, wie ich; man wird krank davon. Heute wüthet sie wider die "auftauchenden Volksblätter"; über die schöne Censurhandhabung verliert sie nicht nur keine Silbe, sondern sie druckt die Verordnung nicht einmal ab. 24 Olmütz, 1. Jan. Wie man das Proletariat zu verleumden sucht, möge Ihnen folgende Stelle einer Korrespondenz aus Brünn, Oesterreichs Manchester, beweisen, die der Korrespondent von Olmütz enthält: "Mit dem sogenannten Proletariat macht man sich hier manche Sorge. Wie aber die Kosten und Mühe, die man auf künstliche, im Ganzen wenig produktive Beschäftigung der theils arbeitslosen, theils arbeitsscheuen Individuen verwendet, gelohnt werden, davon zwei Beispiele. Neulich wurde in einer hiesigen Schenke eine Gesellschaft spät in der Nacht von der Sicherheitsbehörde beim Färbelspiele überrascht; die Spielenden waren Mitglieder der auf allgemeine Kosten mit Erdarbeiten unterhalb des Spielbergs beschäftigten Arbeiterpartien!! -- In der Fabrik des Hrn. P. wurde eine Bestellung auf Stoffe nach einem neuen Muster gemacht. Herr P. vertheilte die Arbeit nach der hier üblichen Weise. Die Arbeiter aber weigerten sich, weil man bei diesem neuen Muster zu viel Aufmerksamkeit verwenden müsse. Als der Fabrikant ihnen bemerkte, er müsse in diesem Falle die Arbeit andern geben, die sich bereitwilliger finden würden, remonstrirten sie gewaltig dagegen und argumentirten: er dürfe das nicht, er sei als Fabriksherr verpflichtet, sie zu beschäftigen und zu erhalten; sie wollten nur diese Arbeit nicht, weil sie zu viel Aufmerksamkeit erheische. Man sieht hieraus, daß, so wie nicht alles Gold ist was glänzt, auch nicht alles Noth und Arbeitslosigkeit ist, was dafür ausgegeben wird. Zum Theil ist die verkehrte Auffassung der Arbeiter-Verhältnisse Schuld daran. Um nur ja nicht hinter Paris zurückzubleiben, hat man fast künstlich zu dem bestehenden Vagabonden-Proletariat ein Arbeiter-Proletariat geschaffen. Man sucht die mit Arbeit auf allgemeine Kosten zu Unterstützenden auf, statt daß es in der Natur der Sache läge, daß der Arbeiter die Arbeit suche, man gewöhnt die Leute durch gut bezahlte Scheinarbeit ans Nichtsthun und ruft Arbeitsscheu und Unzufriedenheit mit ihrer frühern Arbeit hervor, bei der sie sich zwar etwas mehr, aber mit Fleißanwendung verdienten"!!! Olmütz, 31. Dezbr. Ein mysteriöser Todesfall machte hier Aufsehen. Der hiesige böhmische Translator, P. Kinsky, wurde auf seiner Kellertreppe todt gefunden. An seinem Körper ist keine Spur einer Gewaltthat sichtbar, allein die Kellerschlüssel, die er gehabt haben mußte, um das neben ihm verschüttet gefundene Getränk zu holen, fanden sich im verschlossenen Zimmer seiner Wohnung, deren Fenster mit dem priesterlichen Talare des Todten verhangen (die Wohnung liegt im Erdgeschosse) und ein Schrank erbrochen gefunden wurde. X Breslau, 4. Jan. Das neue Jahr bringt uns zur Aufregung Anlaß genug. Ob wir noch aufzuregen sind, ist eine andre Frage, welche nur die Zeit entscheiden kann. Sie kennen die Vorgänge auf dem Stadthause am 20. November. Ueber diese ist nun eine Untersuchung eingeleitet. In Folge jener Vorgänge werden zugleich die heftigsten Debatten über die "Auflösung der Bürgerwehr" geführt. Sollte dieser Schritt vor den Wahlen geschehen, so wäre dies für dieselben ungemein günstig, da hierdurch auch die Halben und Unentschiednen zur Demokratie hinübergenöthigt würden. Das Resultat der Wahlen scheint hier übrigens fast unzweifelhaft. Die demokratische Partei wird auch diesmal siegen. 15 Altona, 2. Januar. Nachträglich muß ich Ihre Leser doch mit den Heldenthaten der Bourgeoisie und Büreaukratie, welche bei der Verhaftung Th. Bracklow's stattfanden, bekannt machen. Th. Bracklow wurde bekanntlich, als er sich in die Versammlung des vaterländischen Vereins begeben wollte, verhaftet. Seine Gesinnungsgenossen, die Mitglieder des genannten Vereins) erhielten alsbald Kunde davon, und sandten eine Deputation, der sich die übrigen Mitglieder anschlossen, an den Oberpräsidenten ab. Wie zu erwarten, hatten sich inzwischen auch außer den Vereinsmitgliedern, deren Zahl sich auf 600 belaufen mag, auf den Straßen (namentlich aber auf dem Rathhausmarkte und um das Rathhaus) viele Menschen versammelt; dem Zuge zum Oberpräsidenten schlossen sich aber besonders Viele an. Bracklow war auf's Rathhaus, später auf die gegenüberliegende Wache geführt worden; der Oberpräsident befand sich auf dem Rathhause. Die Deputation traf ihn hier und brachte ihr Anliegen: Bracklow möge seiner Haft entlassen werden, vor, erbot sich auch 7 Bürgen, bis zum andern Morgen, wo eine Caution beschafft werden solle, zu stellen. Der Oberpräsident, ein Graf Reventlow-Criminil gab aber den Bescheid: Bracklow solle gegen eine Caution von 1000 Thalern frei werden, 7 Bürgen könnten aber nicht angenommen werden. Die Logik dieses Bescheides der gräflichen Gnaden war: Sieben von der bürgerlichen Kanaille sind keine 1000 Thaler werth; Bracklow wurde also nicht entlassen. Inzwischen wurde die Bürgerwahr allarmirt, weil sich immer größere Menschenmassen sammelten, welche die Freilassung Bracklow's ungestüm verlangten. Als daher das Gedränge immer größer wurde, und Seine gräflichen Gnaden von demselben unangenehm berührt wurde, gaben hochdieselben Befehl, den Pöbel für seine Frechheit und Verletzung der Ehre des gräflichen Geblüts ein wenig zu maltraitiren. Obgleich nun gewöhnlich die Herren des mitteralterlichen Plunders und der Büreaukratie sich auf dem Vinke'schen Rechtsboden herumtreiben, so machte doch diesmal Excellenz eine rühmliche Ausnahme. Unsere Landesversammlung, die uns im Jahre 1848 mit der neuen Verfassung, im Uebermaaß ihres Liberalismus und ihrer Besonnenheit, noch ein Wahlgesetz mit Census bescheerte (hört!), bedachte uns desgleichen mit einem -- Aufruhrgesetz. Ohne nun dieses Gesetz verlesen zu lassen, welches dreimal geschehen soll, ehe von der bewaffneten Macht Gebrauch zur Herstellung der Ruhe gemacht werden darf, ließ doch der Herr Oberpräsident die Bürgerwehr gegen die Tumultanten (?!) einschreiten. Die Bürgerwehr größtentheils der Bourgeoisie angehörend (denn nur diese hatte sich in Folge des Generalmarsches eingefunden) freuten sich, daß sich endlich eine Gelegenheit darbot, gegen die keine bestehenden Verhältnisse anerkennenden Demokraten, ihren Unmuth auszulassen, und zeigte der Welt, daß die loyale Stadt Altona durch sie gewiß nicht in den Geruch der Wühlerei kommen könne, daß sie vielmehr die Stütze der Verfassung und des Thrones sei. Namentlich hat sich ein gewisser Bäckermeister Ockershausen, der einst bei der Anwesenheit Christians VIII. in Altona, bei der Empfangnahme desselben sagte: Stützen sich Eure Majestät auf mich, so haben sie eine gute Stütze (der gute Mann ist nämlich sehr groß und korpulent), als Hauptmann einer Kompagnie ausgezeichnet. Mit gefälltem Bajonnet ging sie gegen die wehrlose Menge an, und brachte als Zeugen ihres Heldenmuthes, einem der beim Rathhause Versammelten eine gefährliche Verwundung im Kopfe, einem Andern eine in der Hand bei, Wie aber Viele durch das Gedränge zu Boden geworfen waren, versuchte sie sich auch im Gebrauch des Kolbens, und schlug auf die an der Erde liegenden Menschen, wie ein Drescher auf die vor ihm liegenden Garben los. Den Heldenthaten der Bourgeoisie, die als Reserve ein Bataillon Linieninfanterie hatte, konnte unmöglich der unbewaffnete, friedliebende Pöbel (?) wiederstehen: die Freilassung Bracklow's mußte also unterbleiben. Leider soll diesen todesmuthigen (?) Kämpfern, für das angestammte Fürstenhaus und die Bourgeois-Verfassung, die Freude ihres Sieges vergällt worden sein, durch -- die Jäger der Bürgerwehr, welche indignirt über das Benehmen ihrer Collegen, ob über die Menschlichkeit oder die Tollkühnheit derselben, weiß ich nicht, glaube aber ersteres annehmen zu dürfen, mit diesen bald handgemein geworden wären. Diese wurden aber auch bald besänftigt, und so ging dieser, in den Annalen der guten Stadt Altona, ewig denkwürdige Tag, ohne weiteres Blutvergießen, blos mit einigen Verhaftungen, vorüber. Die Bourgeoisie hat sich aber auch ein Denkmal gesetzt, an dem sich die Enkel derselben, in spätern Jahren, der Heldenthaten ihrer Väter erfreuen können. 125 Glücksstadt, 3. Jan. Ein neuer politischer Agitator, Missionär, Emissär oder wie man ihn sonst nennen mag, ist hier aufgetaucht; sein Wirken ist aber so geheimnißvoll, daß dasselbe hier noch wenig bekannt und gewürdigt worden. Es ist der Prinz Friedrich von Nöer, der Bruder des Herzogs von Augustenburg, "der tapfere, unerschrockene, kühne" Feldherr (??), der beim Ausbruch der hiesigen Revolution (?) die "unvertheidigte" Festung Rendsburg einnahm. Dieser Prinz von Nöer sucht Propaganda für mittelalterliche Formen und die gute, alte Zeit der Feudalherrschaft zu machen. So hat er unter anderm vor längerer Zeit in einer 1 1/2 bis 2 Stunden von hier gelegenen Ortschaft, Namens Steinburg, eine Bauernversammlung gehalten, die ganz im Geheimen von den Bauernvorstehern und Vollmachten auf verschiedenen Ortschaften und Dörfern angesagt war, zu der aber Niemand kommen durfte, von dem man irgendwie Opposition erwartete. Wörtlich kann ich Ihren Lesern nicht wiedergeben, was die prinzliche Hoheit den Bauern vordeklamirte; Ihre Leser würden es auch nicht gut verstehen, da es eine prinzlich nöerische Sprache führte. Ich bringe es daher in gewöhnlichem deutsch. Der verkörperte Aristokratismus salbaderte folgendermaßen: In der letzten Zeit, lieben Leute, haben im Lande solche Ungeheuer, die man Demokraten nennt, ihr Haupt erhoben. Diese wollen alles Bestehende über'n Haufen werfen (mir wollen sie meine Apanage und sonstigen Vorrechte und Anmaßungen entziehen), vor allem wollen sie Alles "theilen"! Sie glauben weder an Gott noch an den Himmel. Aber nicht bloß durch Worte suchen sie den historischen (Vinke'schen) Rechtsboden unterzuminiren, sondern sie haben sich auch der Presse bemächtigt. Ihr seht nun, daß, wenn diese Wühler die Oberhand bekämen, ihr auch von euerm sauer zusammengescharrtem und erwuchertem Vermögen abgeben müßtet, daher muß euer Streben dahin gerichtet sein, daß ihr die Bestrebungen dieser gottlosen Kreaturen zu Schanden macht und alle die Leute unterstützt, welche vorzüglich sich dieses Streben zur Aufgabe gemacht haben. (Wie ich z. B.) Ihr wißt, daß mein Streben von jeher war, die guten Sitten und den alten Plunder aufrecht zu erhalten, auch jetzt will ich diesem Streben Opfer bringen (kleine, um keine größere zu erleiden), und zu dem Ende eine Zeitung, die euch interessante Geschichten (vom Reichstheater, dem Schauplatz der Polizeispitzel, Ex-Unterstaatssekretäre, der Bassermann's, der Komödianten von Sanssouei u. s. w.) und Aneckdoten bringen soll. Hauptsächlich soll dadurch den Zügellosigkeiten der Presse entgegengewirkt werden, und hoffe ich daher von Euch, daß ihr mich hierin unterstützt. Die Bauern von der väterlichen Fürsorge des nöerischen Prinzen hingerissen, versprachen es. Mit Spannung sehen wir dem Erscheinen dieser schleswig-holsteinischen Feudal-Kreuzritterin entgegen, und würden wir den unersetzlichen Verlust bedauern, der nicht bloß Schleswig-Holstein, sondern auch das übrige Deutschland, vor allem aber die Nachwelt dadurch erleiden würde. 103 Aus Schleswig-Holstein, 1. Jan. Als Beitrag zur Geschichte des "Boninismus" und der Militärdiktatur in Schleswig-Holstein muß ich Sie doch mit den Machinationen bekannt machen, die unter dem Militär zur Absendung von loyalen Adressen an Bonin, betrieben werden. Aehnlich wie beim 4ten Bataillon ist man bei den andern Truppentheilen verfahren. Im 4ten Jägerkorps haben sich aber 2 Kompagnien für die Entfernung, bei der Frage, ob sie Bonin behalten wollten ausgesprochen, 2 Kompagnien erklärten dagegen, daß ihnen die militärische Tüchtigkeit Bonins zu wenig bekannt wäre, sollten sie aber nach seinem letzten Auftreten urtheilen, so würden sie sich für seine Entfernung erklären. Trotz alledem und alledem hat das Offizierkorps dem etc. Bonin mitgetheilt, das 4. Jägerkorps wünsche sein Hierbleiben. Im 3. Jägerkorps und 10. Linienbataillon hat man aber gar nicht erst gefragt, sondern das Offizierkorps hat eine Adresse (in jedem Truppentheil) zu Stande gebracht, dem Bonin zugeschickt und nachher erst der Mannschaft gesagt: Leute! wir haben in eurem Namen den General Bonin gebeten, daß er bleiben möge, ihr werdet damit einverstanden sein! 43 Aus Schleswig-Holstein, 4. Jan, Es cirkulirt das Gerücht, unsere starke, einheitliche (?) deutsche Reichsverweserschaft habe in ihrem friedliebenden Eifer für das Wohl Schleswig-Holsteins den Waffenstillstand gekündigt. In Verbindung hiermit stehen die Truppenbewegungen nach dem Norden, die stattfinden und noch stattfinden sollen; ebenso die Gerüchte über Ankunft von Reichspolizeitruppen aus den Raubstaaten. Im Widerspruch damit steht aber die Bestätigung vom Abschluß einer Postkonvention zwischen den Herzogthümern und Dänemark, und das unter wohlunterrichtet seinwollenden Autoritäten kursirende Gerücht von der nahebevorstehenden Publizirung des Friedens. Wie ich Ihnen schon neulich bemerkte, daß wir wahrscheinlich den zweiten Akt des Drama's "Organisirter Volksverrath" zu erwarten hätten, so scheint mir das grade durch diese sich widersprechenden Gerüchte hervorzugehen. Wenn nämlich das Gerücht von dem nahebevorstehenden Friedensabschluß gegründet ist, so sind die Reichspolizisten von der vorsorglichen Reichsverwesung blos hierher geschickt um das Volk, wenn es seine Freude gar zu laut über den glorreichen (??) Frieden äußern, und diese Freude vielleicht durch Demonstrationen, Krawalle, Katzenmusiken u. s. w. Luft machen sollte, zu beschwichtigen und ihm vielleicht einen zeitgemäßen Aderlaß beizubringen. Frankfurt, 5. Januar. Die "Deutsche Zeitung" theilt unter diesem Datum Folgendes mit: "Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, Hr. Bunsen sei zu einer Besprechung in Berlin und Frankfurt auf Befehl der preußischen Regierung von London abgereist. Wir haben dieses Gerücht bei näherer Nachforschung bestätigt gefunden. Hr. Bunsen wird etwa am 8. in Berlin eintreffen und kurze Zeit darauf sich nach Frankfurt begeben, um sich hier über die Instruktionen für die dänische Friedensunterhandlung mit dem Reichsministerium zu verständigen. Wie wir vernehmen, wird Hr. Syndikus Banks von Hamburg, der sich schon einige Wochen hier aufhält und sehr thätigen Antheil an den jetzt außerordentlich beschleunigten Vorarbeiten im Ministerium nimmt, eine wichtige Mission am Orte der Friedensunterhandlungen selbst übernehmen." Dann ist gerade die rechte Sippschaft zusammen, um die Pläne des gottbegnadeten Königthums und der mit ihm verbündeten Versammlung in Frankfurt zum lange (seit des preußischen Herrn Wyldenbruck's Note) vorbereiteten Abschluß zu bringen. Französische Republik. 68 Paris, 5. Januar. Miroslawski ist von Sicilien aufgefordert worden, den Oberbefehl über die Truppen bei dem aufs Neue bevorstehendem Kampfe gegen den Henker von Neapel zu übernehmen. Paris, 5. Jan. Gegen Cabet ist auf Grund der mannigfachen Klagen seiner Ikarier die Kriminaluntersuchung eingeleitet. [unleserliches Material]ein Zweifel, daß er von jeder Theilnahme an den verübten Betrügereien freigesprochen wird. -- Fast alle Minister unter Louis Philippe befinden sich jetzt in Paris. Wir sahen bereits Cunin-Gridaine, Dumont, Hebert, Trezel und Jayr. Hr. Guizot wird morgen erwartet. -- Man versichert, daß Reyneval statt Oudinots nach Petersburg als Gesandter gehe. -- National-Versammlung. Sitzung vom 5. Januar. Anfang 3 Uhr. Präsident Marrast. Froussard (von der Linken) ergreift nach Verlesung des Protokolls das Wort, um gegen die Auffassung der Stenographen des Moniteur zu protestiren. Nicht er, sondern der Minister habe der National-Versammlung die Absicht untergeschoben, die organischen Gesetze nicht mehr votiren zu wollen..... Stimmen zur Rechten: Ah bah! Zur Tagesordnung! Keine Zeitverluste! Stimmen zur Linken: Sprechen Sie! Marrast: Bürger Froussard verlangte das Wort über eine Protokollberichtigung. Artet aber sein Vortrag in prinzipielle Diskussion aus, dann entziehe ich ihm das Wort. Das Protokoll wird angenommen. Froussard: Ich bitte noch einmal um das Wort, um Interpellationen an das Ministerium zu richten. (Oh! Oh!) Marrast: Sie haben das Wort. Froussard: Bürger Repräsentanten! Sie wissen, daß gestern der Bürger Jerome Bonaparte als Invalidengouverneur angestellt wurde. Es fand daselbst eine große Parade statt, der Exkönig von Westphalen hielt eine Rede, welche die Invaliden mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! begrüßten und worauf Jerome Bonaparte mit dem Rufe: Es lebe Frankreich! und nicht mit dem Rufe: Es lebe die Republik! antwortete. Dies sei unkonstitutionell und er stelle das Ministerium wegen jenes Vorfalles zur Rede. Odilon-Barrot (mit verächtlichem Tone): Ich frage Sie, ob die Sache wohl der Rede werth ist? Allerdings fand gestern die Installirung des Genannten statt, aber die Hrn. Changarnier und Petit wohnten ihr bei, eben so der Minister des Kriegs. Keiner von ihnen fand sich zu Klagen veranlaßt. Ich glaube nicht, daß dieser Gegenstand verdient, den Lauf Ihrer Debatte zu unterbrechen. Die Versammlung geht zur Tagesordnung. Planot (Charente) reicht seine Demission ein, weil er das Mandat der National-Versammlung als erloschen betrachtet. Marrast: Ich benachrichtige die Versammlung, daß der Prüfungsausschuß der Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Minister seine Arbeit vollendet hat. Eben so wird der Ausschuß, der das Staatsrathgesetz prüft, seine Arbeit am nächsten Dienstag der Versammlung vorlegen. (Beifall). Hiernach nimmt die Versammlung die gestern abgebrochene Debatte über die Arbeit in den Gefängnissen wieder auf. Gayot und Schoelcher nehmen an der Debatte Theil und halten ziemlich ausführliche Vorträge über die Zuchthäuser in Clairveaux, Troyes u. s. w. Marrast unterbricht die Gefängnißdebatte, um der Versammlung das Resultat der in den Büreaus vorgenommenen Erneurungswahlen von sechs Vizepräsidenten und drei Schreibern anzuzeigen. Dieses Resultat ist folgendes: Zu Vizepräsidenten wurden gewählt, 1) General Bedeau mit 583 Stimmen, 2) Corbon mit 403 Stimmen, 3) Gaudchaux mit 413 Stimmen, 4) Havin mit 371 Stimmen, 5) de Lamoriciere mit 413 Stimmen, 6) Billault mit 377 Stimmen. An der Wahl hatten 656 Glieder Theil genommen. Die meisten Stimmen erhielten sonst 1) Vivien 283, 2) Remusat 203, 3) Bixio 304 Stimmen. Zu Schreibern wurden gewählt: Pean mit 420, Frederic Degeorge mit 378 und Richard mit 321 Stimmen. Aus diesem Resultate geht hervor, daß die Rue de Poitiers, d. h. das jetzt streng geschiedene katholisch-royalistische Lager auch nicht einen einzigen Kandidat durchsetzte. Der Sieg der Cavaignac-Marrast-National-Partei ist vollständig. Nach dieser Proklamirung des Büreaupersonals nimmt die Versammlung die Gefängnißdebatte wieder auf, die sich bis 6 Uhr hinzieht, ohne wesentliches Interesse zu bieten, wenn man einige Randoing'sche und Lamoricier'sche Aufschlüsse über die Soldaten Arbeiter (Handwerkskompagnieen) abrechnet. Der erste Artikel des Kommissions- (nicht Regierungs) Entwurfs geht durch und die Debatte wird auf morgen verschoben. Die Sitzung schließt um 6 Uhr. Italien. * Rom, 25. Dezbr. Der Kriegsminister fordert die Bürger auf, sich zur Armee einschreiben zu lassen, als dem einzigen Mittel, die Unabhängigkeit Italiens zu erobern. Ungarn. Agram, 27. Decbr. In Peterwardein sitzt einer der erbittersten Serbenfeinde, Commandant Moritz Perczel, der jetzt sehr häufig das Karlovicer Lager beunruhigt und angreift. Karlovic ist jedoch zu gut vertheidigt, als daß die Magyaren dagegen zu reüssiren im Stande wären. Perczel hat das serbische Dorf Banovac plündern und einige Häuser darin verbrennen lassen. Die Cajkisten zündeten als Revange 18 Häuser in dem Peterwardeiner Vorstädtchen Marov (Mayerhöfen) an. Generalmajor Stenzi, der frühere Festungscommandant, ist von den Magyaren als Gefangener nach Szegedin gebracht worden. Perczel und seine Offiziere tragen die Abzeichen der rothen Republik: rothe Federn auf den Hüten und rothe Schärpen. Bei den Serben hingegen bedienen sich selbst die Insurrectionsoffiziere der goldenen, kaiserlichen Port d'Epee, die Buljubassa's und die Mannschaft der Freiwilligencorps tragen Metallblättchen mit der Inschrift: "Za slobodu i za slavjanstvo" (Für die Freiheit und das Slawenthum) auf der Brust. (C. Bl. a. B.)Donaufürstenthümer. Von der moldauischen Grenze, 18. Dez. Der Oberbefehlshaber des fünften Armeekorps, General Lüders, läßt durch das moldauische Regierungsblatt bekannt machen: "Daß Se. Maj. der Kaiser aller Reußen, in beständiger Sorgfalt für das Wohl der Fürstenthümer Moldau und Walachei, die das Glück haben des Schutzes des russischen Kaiserthums sich zu erfreuen, denselben ein Darlehen von 300,000 Silberrubel vorzuschießen allergnädigst befohlen. Dieses Geld soll zur Bezahlung jener Lebensmittel verwendet werden, welche die Verpflegung der kais. russ. Truppen in Zukunft erheischen würde und welche um die allerbilligsten Preise nach einer festzustellenden Taxe angeschafft werden sollen. Anlangend aber die Art und Weise der von den beiden Fürstenthümern zu leistenden Rückzahlung sowohl der ihnen dargeliehenen 300,000 Silberrubel als auch anderer der kais. russ. Regierung verursachten Kosten, so behalten sich Se. Maj. der Kaiser vor das nöthige hierüber später zu verfügen." Dieses verhängnißvolle Darlehen soll durch Verpfändung eines Theils der Staatseinkünfte sichergestellt werden. Die Stimmung welche dieser neue Protektionsakt verursacht hat, läßt sich am besten durch das bekannte: "Timeo Danaos et dona ferentes" ausdrücken. Aufgedrungene Wohlthaten sind wahrlich nicht geeignet das mit Recht verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen. Die den Fürstenthümern aufgebürdete Erhaltung eines russ. Armeekorps ist ebenso verderblich als ungerecht: verderblich, da mehrjähriger Mißwachs, die Rinderpest und Heuschrecken, die in den letzten 3 Jahren diese Länder heimgesucht, das Verbot der Geldausfuhr aus Oestreich sowohl als auch aus Rußland, endlich die Cholera, die in dieser Gegend mit beispielloser Wuth aufgetreten, und die 14 reichischen Völker, die sich doch sehr gut in Deutsche, Polen, Italiener und Magyaren trotz der 100 heraufbeschworenen Natiönchen verselbständigen lassen, in eine einzige habsburgische Heerde verwandeln. Mit Rücksicht hierauf spricht die „Presse“ den unglaublichen Unsinn aus: „Oesterreich hat die Krisis der letzten Monate überstanden; (!!!) es geht der Einheit entgegen.“ — Ich weiß nicht, ob sie das Linsengemüse dieser „Presse“ täglich verdauen müssen, wie ich; man wird krank davon. Heute wüthet sie wider die „auftauchenden Volksblätter“; über die schöne Censurhandhabung verliert sie nicht nur keine Silbe, sondern sie druckt die Verordnung nicht einmal ab. 24 Olmütz, 1. Jan. Wie man das Proletariat zu verleumden sucht, möge Ihnen folgende Stelle einer Korrespondenz aus Brünn, Oesterreichs Manchester, beweisen, die der Korrespondent von Olmütz enthält: „Mit dem sogenannten Proletariat macht man sich hier manche Sorge. Wie aber die Kosten und Mühe, die man auf künstliche, im Ganzen wenig produktive Beschäftigung der theils arbeitslosen, theils arbeitsscheuen Individuen verwendet, gelohnt werden, davon zwei Beispiele. Neulich wurde in einer hiesigen Schenke eine Gesellschaft spät in der Nacht von der Sicherheitsbehörde beim Färbelspiele überrascht; die Spielenden waren Mitglieder der auf allgemeine Kosten mit Erdarbeiten unterhalb des Spielbergs beschäftigten Arbeiterpartien!! — In der Fabrik des Hrn. P. wurde eine Bestellung auf Stoffe nach einem neuen Muster gemacht. Herr P. vertheilte die Arbeit nach der hier üblichen Weise. Die Arbeiter aber weigerten sich, weil man bei diesem neuen Muster zu viel Aufmerksamkeit verwenden müsse. Als der Fabrikant ihnen bemerkte, er müsse in diesem Falle die Arbeit andern geben, die sich bereitwilliger finden würden, remonstrirten sie gewaltig dagegen und argumentirten: er dürfe das nicht, er sei als Fabriksherr verpflichtet, sie zu beschäftigen und zu erhalten; sie wollten nur diese Arbeit nicht, weil sie zu viel Aufmerksamkeit erheische. Man sieht hieraus, daß, so wie nicht alles Gold ist was glänzt, auch nicht alles Noth und Arbeitslosigkeit ist, was dafür ausgegeben wird. Zum Theil ist die verkehrte Auffassung der Arbeiter-Verhältnisse Schuld daran. Um nur ja nicht hinter Paris zurückzubleiben, hat man fast künstlich zu dem bestehenden Vagabonden-Proletariat ein Arbeiter-Proletariat geschaffen. Man sucht die mit Arbeit auf allgemeine Kosten zu Unterstützenden auf, statt daß es in der Natur der Sache läge, daß der Arbeiter die Arbeit suche, man gewöhnt die Leute durch gut bezahlte Scheinarbeit ans Nichtsthun und ruft Arbeitsscheu und Unzufriedenheit mit ihrer frühern Arbeit hervor, bei der sie sich zwar etwas mehr, aber mit Fleißanwendung verdienten“!!! Olmütz, 31. Dezbr. Ein mysteriöser Todesfall machte hier Aufsehen. Der hiesige böhmische Translator, P. Kinsky, wurde auf seiner Kellertreppe todt gefunden. An seinem Körper ist keine Spur einer Gewaltthat sichtbar, allein die Kellerschlüssel, die er gehabt haben mußte, um das neben ihm verschüttet gefundene Getränk zu holen, fanden sich im verschlossenen Zimmer seiner Wohnung, deren Fenster mit dem priesterlichen Talare des Todten verhangen (die Wohnung liegt im Erdgeschosse) und ein Schrank erbrochen gefunden wurde. X Breslau, 4. Jan. Das neue Jahr bringt uns zur Aufregung Anlaß genug. Ob wir noch aufzuregen sind, ist eine andre Frage, welche nur die Zeit entscheiden kann. Sie kennen die Vorgänge auf dem Stadthause am 20. November. Ueber diese ist nun eine Untersuchung eingeleitet. In Folge jener Vorgänge werden zugleich die heftigsten Debatten über die „Auflösung der Bürgerwehr“ geführt. Sollte dieser Schritt vor den Wahlen geschehen, so wäre dies für dieselben ungemein günstig, da hierdurch auch die Halben und Unentschiednen zur Demokratie hinübergenöthigt würden. Das Resultat der Wahlen scheint hier übrigens fast unzweifelhaft. Die demokratische Partei wird auch diesmal siegen. 15 Altona, 2. Januar. Nachträglich muß ich Ihre Leser doch mit den Heldenthaten der Bourgeoisie und Büreaukratie, welche bei der Verhaftung Th. Bracklow's stattfanden, bekannt machen. Th. Bracklow wurde bekanntlich, als er sich in die Versammlung des vaterländischen Vereins begeben wollte, verhaftet. Seine Gesinnungsgenossen, die Mitglieder des genannten Vereins) erhielten alsbald Kunde davon, und sandten eine Deputation, der sich die übrigen Mitglieder anschlossen, an den Oberpräsidenten ab. Wie zu erwarten, hatten sich inzwischen auch außer den Vereinsmitgliedern, deren Zahl sich auf 600 belaufen mag, auf den Straßen (namentlich aber auf dem Rathhausmarkte und um das Rathhaus) viele Menschen versammelt; dem Zuge zum Oberpräsidenten schlossen sich aber besonders Viele an. Bracklow war auf's Rathhaus, später auf die gegenüberliegende Wache geführt worden; der Oberpräsident befand sich auf dem Rathhause. Die Deputation traf ihn hier und brachte ihr Anliegen: Bracklow möge seiner Haft entlassen werden, vor, erbot sich auch 7 Bürgen, bis zum andern Morgen, wo eine Caution beschafft werden solle, zu stellen. Der Oberpräsident, ein Graf Reventlow-Criminil gab aber den Bescheid: Bracklow solle gegen eine Caution von 1000 Thalern frei werden, 7 Bürgen könnten aber nicht angenommen werden. Die Logik dieses Bescheides der gräflichen Gnaden war: Sieben von der bürgerlichen Kanaille sind keine 1000 Thaler werth; Bracklow wurde also nicht entlassen. Inzwischen wurde die Bürgerwahr allarmirt, weil sich immer größere Menschenmassen sammelten, welche die Freilassung Bracklow's ungestüm verlangten. Als daher das Gedränge immer größer wurde, und Seine gräflichen Gnaden von demselben unangenehm berührt wurde, gaben hochdieselben Befehl, den Pöbel für seine Frechheit und Verletzung der Ehre des gräflichen Geblüts ein wenig zu maltraitiren. Obgleich nun gewöhnlich die Herren des mitteralterlichen Plunders und der Büreaukratie sich auf dem Vinke'schen Rechtsboden herumtreiben, so machte doch diesmal Excellenz eine rühmliche Ausnahme. Unsere Landesversammlung, die uns im Jahre 1848 mit der neuen Verfassung, im Uebermaaß ihres Liberalismus und ihrer Besonnenheit, noch ein Wahlgesetz mit Census bescheerte (hört!), bedachte uns desgleichen mit einem — Aufruhrgesetz. Ohne nun dieses Gesetz verlesen zu lassen, welches dreimal geschehen soll, ehe von der bewaffneten Macht Gebrauch zur Herstellung der Ruhe gemacht werden darf, ließ doch der Herr Oberpräsident die Bürgerwehr gegen die Tumultanten (?!) einschreiten. Die Bürgerwehr größtentheils der Bourgeoisie angehörend (denn nur diese hatte sich in Folge des Generalmarsches eingefunden) freuten sich, daß sich endlich eine Gelegenheit darbot, gegen die keine bestehenden Verhältnisse anerkennenden Demokraten, ihren Unmuth auszulassen, und zeigte der Welt, daß die loyale Stadt Altona durch sie gewiß nicht in den Geruch der Wühlerei kommen könne, daß sie vielmehr die Stütze der Verfassung und des Thrones sei. Namentlich hat sich ein gewisser Bäckermeister Ockershausen, der einst bei der Anwesenheit Christians VIII. in Altona, bei der Empfangnahme desselben sagte: Stützen sich Eure Majestät auf mich, so haben sie eine gute Stütze (der gute Mann ist nämlich sehr groß und korpulent), als Hauptmann einer Kompagnie ausgezeichnet. Mit gefälltem Bajonnet ging sie gegen die wehrlose Menge an, und brachte als Zeugen ihres Heldenmuthes, einem der beim Rathhause Versammelten eine gefährliche Verwundung im Kopfe, einem Andern eine in der Hand bei, Wie aber Viele durch das Gedränge zu Boden geworfen waren, versuchte sie sich auch im Gebrauch des Kolbens, und schlug auf die an der Erde liegenden Menschen, wie ein Drescher auf die vor ihm liegenden Garben los. Den Heldenthaten der Bourgeoisie, die als Reserve ein Bataillon Linieninfanterie hatte, konnte unmöglich der unbewaffnete, friedliebende Pöbel (?) wiederstehen: die Freilassung Bracklow's mußte also unterbleiben. Leider soll diesen todesmuthigen (?) Kämpfern, für das angestammte Fürstenhaus und die Bourgeois-Verfassung, die Freude ihres Sieges vergällt worden sein, durch — die Jäger der Bürgerwehr, welche indignirt über das Benehmen ihrer Collegen, ob über die Menschlichkeit oder die Tollkühnheit derselben, weiß ich nicht, glaube aber ersteres annehmen zu dürfen, mit diesen bald handgemein geworden wären. Diese wurden aber auch bald besänftigt, und so ging dieser, in den Annalen der guten Stadt Altona, ewig denkwürdige Tag, ohne weiteres Blutvergießen, blos mit einigen Verhaftungen, vorüber. Die Bourgeoisie hat sich aber auch ein Denkmal gesetzt, an dem sich die Enkel derselben, in spätern Jahren, der Heldenthaten ihrer Väter erfreuen können. 125 Glücksstadt, 3. Jan. Ein neuer politischer Agitator, Missionär, Emissär oder wie man ihn sonst nennen mag, ist hier aufgetaucht; sein Wirken ist aber so geheimnißvoll, daß dasselbe hier noch wenig bekannt und gewürdigt worden. Es ist der Prinz Friedrich von Nöer, der Bruder des Herzogs von Augustenburg, „der tapfere, unerschrockene, kühne“ Feldherr (??), der beim Ausbruch der hiesigen Revolution (?) die „unvertheidigte“ Festung Rendsburg einnahm. Dieser Prinz von Nöer sucht Propaganda für mittelalterliche Formen und die gute, alte Zeit der Feudalherrschaft zu machen. So hat er unter anderm vor längerer Zeit in einer 1 1/2 bis 2 Stunden von hier gelegenen Ortschaft, Namens Steinburg, eine Bauernversammlung gehalten, die ganz im Geheimen von den Bauernvorstehern und Vollmachten auf verschiedenen Ortschaften und Dörfern angesagt war, zu der aber Niemand kommen durfte, von dem man irgendwie Opposition erwartete. Wörtlich kann ich Ihren Lesern nicht wiedergeben, was die prinzliche Hoheit den Bauern vordeklamirte; Ihre Leser würden es auch nicht gut verstehen, da es eine prinzlich nöerische Sprache führte. Ich bringe es daher in gewöhnlichem deutsch. Der verkörperte Aristokratismus salbaderte folgendermaßen: In der letzten Zeit, lieben Leute, haben im Lande solche Ungeheuer, die man Demokraten nennt, ihr Haupt erhoben. Diese wollen alles Bestehende über'n Haufen werfen (mir wollen sie meine Apanage und sonstigen Vorrechte und Anmaßungen entziehen), vor allem wollen sie Alles „theilen“! Sie glauben weder an Gott noch an den Himmel. Aber nicht bloß durch Worte suchen sie den historischen (Vinke'schen) Rechtsboden unterzuminiren, sondern sie haben sich auch der Presse bemächtigt. Ihr seht nun, daß, wenn diese Wühler die Oberhand bekämen, ihr auch von euerm sauer zusammengescharrtem und erwuchertem Vermögen abgeben müßtet, daher muß euer Streben dahin gerichtet sein, daß ihr die Bestrebungen dieser gottlosen Kreaturen zu Schanden macht und alle die Leute unterstützt, welche vorzüglich sich dieses Streben zur Aufgabe gemacht haben. (Wie ich z. B.) Ihr wißt, daß mein Streben von jeher war, die guten Sitten und den alten Plunder aufrecht zu erhalten, auch jetzt will ich diesem Streben Opfer bringen (kleine, um keine größere zu erleiden), und zu dem Ende eine Zeitung, die euch interessante Geschichten (vom Reichstheater, dem Schauplatz der Polizeispitzel, Ex-Unterstaatssekretäre, der Bassermann's, der Komödianten von Sanssouei u. s. w.) und Aneckdoten bringen soll. Hauptsächlich soll dadurch den Zügellosigkeiten der Presse entgegengewirkt werden, und hoffe ich daher von Euch, daß ihr mich hierin unterstützt. Die Bauern von der väterlichen Fürsorge des nöerischen Prinzen hingerissen, versprachen es. Mit Spannung sehen wir dem Erscheinen dieser schleswig-holsteinischen Feudal-Kreuzritterin entgegen, und würden wir den unersetzlichen Verlust bedauern, der nicht bloß Schleswig-Holstein, sondern auch das übrige Deutschland, vor allem aber die Nachwelt dadurch erleiden würde. 103 Aus Schleswig-Holstein, 1. Jan. Als Beitrag zur Geschichte des „Boninismus“ und der Militärdiktatur in Schleswig-Holstein muß ich Sie doch mit den Machinationen bekannt machen, die unter dem Militär zur Absendung von loyalen Adressen an Bonin, betrieben werden. Aehnlich wie beim 4ten Bataillon ist man bei den andern Truppentheilen verfahren. Im 4ten Jägerkorps haben sich aber 2 Kompagnien für die Entfernung, bei der Frage, ob sie Bonin behalten wollten ausgesprochen, 2 Kompagnien erklärten dagegen, daß ihnen die militärische Tüchtigkeit Bonins zu wenig bekannt wäre, sollten sie aber nach seinem letzten Auftreten urtheilen, so würden sie sich für seine Entfernung erklären. Trotz alledem und alledem hat das Offizierkorps dem etc. Bonin mitgetheilt, das 4. Jägerkorps wünsche sein Hierbleiben. Im 3. Jägerkorps und 10. Linienbataillon hat man aber gar nicht erst gefragt, sondern das Offizierkorps hat eine Adresse (in jedem Truppentheil) zu Stande gebracht, dem Bonin zugeschickt und nachher erst der Mannschaft gesagt: Leute! wir haben in eurem Namen den General Bonin gebeten, daß er bleiben möge, ihr werdet damit einverstanden sein! 43 Aus Schleswig-Holstein, 4. Jan, Es cirkulirt das Gerücht, unsere starke, einheitliche (?) deutsche Reichsverweserschaft habe in ihrem friedliebenden Eifer für das Wohl Schleswig-Holsteins den Waffenstillstand gekündigt. In Verbindung hiermit stehen die Truppenbewegungen nach dem Norden, die stattfinden und noch stattfinden sollen; ebenso die Gerüchte über Ankunft von Reichspolizeitruppen aus den Raubstaaten. Im Widerspruch damit steht aber die Bestätigung vom Abschluß einer Postkonvention zwischen den Herzogthümern und Dänemark, und das unter wohlunterrichtet seinwollenden Autoritäten kursirende Gerücht von der nahebevorstehenden Publizirung des Friedens. Wie ich Ihnen schon neulich bemerkte, daß wir wahrscheinlich den zweiten Akt des Drama's „Organisirter Volksverrath“ zu erwarten hätten, so scheint mir das grade durch diese sich widersprechenden Gerüchte hervorzugehen. Wenn nämlich das Gerücht von dem nahebevorstehenden Friedensabschluß gegründet ist, so sind die Reichspolizisten von der vorsorglichen Reichsverwesung blos hierher geschickt um das Volk, wenn es seine Freude gar zu laut über den glorreichen (??) Frieden äußern, und diese Freude vielleicht durch Demonstrationen, Krawalle, Katzenmusiken u. s. w. Luft machen sollte, zu beschwichtigen und ihm vielleicht einen zeitgemäßen Aderlaß beizubringen. Frankfurt, 5. Januar. Die „Deutsche Zeitung“ theilt unter diesem Datum Folgendes mit: „Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, Hr. Bunsen sei zu einer Besprechung in Berlin und Frankfurt auf Befehl der preußischen Regierung von London abgereist. Wir haben dieses Gerücht bei näherer Nachforschung bestätigt gefunden. Hr. Bunsen wird etwa am 8. in Berlin eintreffen und kurze Zeit darauf sich nach Frankfurt begeben, um sich hier über die Instruktionen für die dänische Friedensunterhandlung mit dem Reichsministerium zu verständigen. Wie wir vernehmen, wird Hr. Syndikus Banks von Hamburg, der sich schon einige Wochen hier aufhält und sehr thätigen Antheil an den jetzt außerordentlich beschleunigten Vorarbeiten im Ministerium nimmt, eine wichtige Mission am Orte der Friedensunterhandlungen selbst übernehmen.“ Dann ist gerade die rechte Sippschaft zusammen, um die Pläne des gottbegnadeten Königthums und der mit ihm verbündeten Versammlung in Frankfurt zum lange (seit des preußischen Herrn Wyldenbruck's Note) vorbereiteten Abschluß zu bringen. Französische Republik. 68 Paris, 5. Januar. Miroslawski ist von Sicilien aufgefordert worden, den Oberbefehl über die Truppen bei dem aufs Neue bevorstehendem Kampfe gegen den Henker von Neapel zu übernehmen. Paris, 5. Jan. Gegen Cabet ist auf Grund der mannigfachen Klagen seiner Ikarier die Kriminaluntersuchung eingeleitet. [unleserliches Material]ein Zweifel, daß er von jeder Theilnahme an den verübten Betrügereien freigesprochen wird. — Fast alle Minister unter Louis Philippe befinden sich jetzt in Paris. Wir sahen bereits Cunin-Gridaine, Dumont, Hebert, Trezel und Jayr. Hr. Guizot wird morgen erwartet. — Man versichert, daß Reyneval statt Oudinots nach Petersburg als Gesandter gehe. — National-Versammlung. Sitzung vom 5. Januar. Anfang 3 Uhr. Präsident Marrast. Froussard (von der Linken) ergreift nach Verlesung des Protokolls das Wort, um gegen die Auffassung der Stenographen des Moniteur zu protestiren. Nicht er, sondern der Minister habe der National-Versammlung die Absicht untergeschoben, die organischen Gesetze nicht mehr votiren zu wollen‥… Stimmen zur Rechten: Ah bah! Zur Tagesordnung! Keine Zeitverluste! Stimmen zur Linken: Sprechen Sie! Marrast: Bürger Froussard verlangte das Wort über eine Protokollberichtigung. Artet aber sein Vortrag in prinzipielle Diskussion aus, dann entziehe ich ihm das Wort. Das Protokoll wird angenommen. Froussard: Ich bitte noch einmal um das Wort, um Interpellationen an das Ministerium zu richten. (Oh! Oh!) Marrast: Sie haben das Wort. Froussard: Bürger Repräsentanten! Sie wissen, daß gestern der Bürger Jerome Bonaparte als Invalidengouverneur angestellt wurde. Es fand daselbst eine große Parade statt, der Exkönig von Westphalen hielt eine Rede, welche die Invaliden mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! begrüßten und worauf Jerome Bonaparte mit dem Rufe: Es lebe Frankreich! und nicht mit dem Rufe: Es lebe die Republik! antwortete. Dies sei unkonstitutionell und er stelle das Ministerium wegen jenes Vorfalles zur Rede. Odilon-Barrot (mit verächtlichem Tone): Ich frage Sie, ob die Sache wohl der Rede werth ist? Allerdings fand gestern die Installirung des Genannten statt, aber die Hrn. Changarnier und Petit wohnten ihr bei, eben so der Minister des Kriegs. Keiner von ihnen fand sich zu Klagen veranlaßt. Ich glaube nicht, daß dieser Gegenstand verdient, den Lauf Ihrer Debatte zu unterbrechen. Die Versammlung geht zur Tagesordnung. Planot (Charente) reicht seine Demission ein, weil er das Mandat der National-Versammlung als erloschen betrachtet. Marrast: Ich benachrichtige die Versammlung, daß der Prüfungsausschuß der Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Minister seine Arbeit vollendet hat. Eben so wird der Ausschuß, der das Staatsrathgesetz prüft, seine Arbeit am nächsten Dienstag der Versammlung vorlegen. (Beifall). Hiernach nimmt die Versammlung die gestern abgebrochene Debatte über die Arbeit in den Gefängnissen wieder auf. Gayot und Schoelcher nehmen an der Debatte Theil und halten ziemlich ausführliche Vorträge über die Zuchthäuser in Clairveaux, Troyes u. s. w. Marrast unterbricht die Gefängnißdebatte, um der Versammlung das Resultat der in den Büreaus vorgenommenen Erneurungswahlen von sechs Vizepräsidenten und drei Schreibern anzuzeigen. Dieses Resultat ist folgendes: Zu Vizepräsidenten wurden gewählt, 1) General Bedeau mit 583 Stimmen, 2) Corbon mit 403 Stimmen, 3) Gaudchaux mit 413 Stimmen, 4) Havin mit 371 Stimmen, 5) de Lamoriciere mit 413 Stimmen, 6) Billault mit 377 Stimmen. An der Wahl hatten 656 Glieder Theil genommen. Die meisten Stimmen erhielten sonst 1) Vivien 283, 2) Remusat 203, 3) Bixio 304 Stimmen. Zu Schreibern wurden gewählt: Pean mit 420, Frederic Degeorge mit 378 und Richard mit 321 Stimmen. Aus diesem Resultate geht hervor, daß die Rue de Poitiers, d. h. das jetzt streng geschiedene katholisch-royalistische Lager auch nicht einen einzigen Kandidat durchsetzte. Der Sieg der Cavaignac-Marrast-National-Partei ist vollständig. Nach dieser Proklamirung des Büreaupersonals nimmt die Versammlung die Gefängnißdebatte wieder auf, die sich bis 6 Uhr hinzieht, ohne wesentliches Interesse zu bieten, wenn man einige Randoing'sche und Lamoricier'sche Aufschlüsse über die Soldaten Arbeiter (Handwerkskompagnieen) abrechnet. Der erste Artikel des Kommissions- (nicht Regierungs) Entwurfs geht durch und die Debatte wird auf morgen verschoben. Die Sitzung schließt um 6 Uhr. Italien. * Rom, 25. Dezbr. Der Kriegsminister fordert die Bürger auf, sich zur Armee einschreiben zu lassen, als dem einzigen Mittel, die Unabhängigkeit Italiens zu erobern. Ungarn. Agram, 27. Decbr. In Peterwardein sitzt einer der erbittersten Serbenfeinde, Commandant Moritz Perczel, der jetzt sehr häufig das Karlovicer Lager beunruhigt und angreift. Karlovic ist jedoch zu gut vertheidigt, als daß die Magyaren dagegen zu reüssiren im Stande wären. Perczel hat das serbische Dorf Banovac plündern und einige Häuser darin verbrennen lassen. Die Cajkisten zündeten als Revange 18 Häuser in dem Peterwardeiner Vorstädtchen Marov (Mayerhöfen) an. Generalmajor Stenzi, der frühere Festungscommandant, ist von den Magyaren als Gefangener nach Szegedin gebracht worden. Perczel und seine Offiziere tragen die Abzeichen der rothen Republik: rothe Federn auf den Hüten und rothe Schärpen. Bei den Serben hingegen bedienen sich selbst die Insurrectionsoffiziere der goldenen, kaiserlichen Port d'Epée, die Buljubassa's und die Mannschaft der Freiwilligencorps tragen Metallblättchen mit der Inschrift: „Za slobodu i za slavjanstvo“ (Für die Freiheit und das Slawenthum) auf der Brust. (C. Bl. a. B.)Donaufürstenthümer. Von der moldauischen Grenze, 18. Dez. Der Oberbefehlshaber des fünften Armeekorps, General Lüders, läßt durch das moldauische Regierungsblatt bekannt machen: „Daß Se. Maj. der Kaiser aller Reußen, in beständiger Sorgfalt für das Wohl der Fürstenthümer Moldau und Walachei, die das Glück haben des Schutzes des russischen Kaiserthums sich zu erfreuen, denselben ein Darlehen von 300,000 Silberrubel vorzuschießen allergnädigst befohlen. Dieses Geld soll zur Bezahlung jener Lebensmittel verwendet werden, welche die Verpflegung der kais. russ. Truppen in Zukunft erheischen würde und welche um die allerbilligsten Preise nach einer festzustellenden Taxe angeschafft werden sollen. Anlangend aber die Art und Weise der von den beiden Fürstenthümern zu leistenden Rückzahlung sowohl der ihnen dargeliehenen 300,000 Silberrubel als auch anderer der kais. russ. Regierung verursachten Kosten, so behalten sich Se. Maj. der Kaiser vor das nöthige hierüber später zu verfügen.“ Dieses verhängnißvolle Darlehen soll durch Verpfändung eines Theils der Staatseinkünfte sichergestellt werden. Die Stimmung welche dieser neue Protektionsakt verursacht hat, läßt sich am besten durch das bekannte: „Timeo Danaos et dona ferentes“ ausdrücken. Aufgedrungene Wohlthaten sind wahrlich nicht geeignet das mit Recht verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen. Die den Fürstenthümern aufgebürdete Erhaltung eines russ. Armeekorps ist ebenso verderblich als ungerecht: verderblich, da mehrjähriger Mißwachs, die Rinderpest und Heuschrecken, die in den letzten 3 Jahren diese Länder heimgesucht, das Verbot der Geldausfuhr aus Oestreich sowohl als auch aus Rußland, endlich die Cholera, die in dieser Gegend mit beispielloser Wuth aufgetreten, und die 14 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar189-2_008" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1026"/> reichischen Völker, die sich doch sehr gut in Deutsche, Polen, Italiener und Magyaren trotz der 100 heraufbeschworenen Natiönchen verselbständigen lassen, in eine einzige habsburgische Heerde verwandeln. Mit Rücksicht hierauf spricht die „Presse“ den unglaublichen Unsinn aus: „Oesterreich hat die Krisis der letzten Monate überstanden; (!!!) es geht der Einheit entgegen.“ — Ich weiß nicht, ob sie das Linsengemüse dieser „Presse“ täglich verdauen müssen, wie ich; man wird krank davon. Heute wüthet sie wider die „<hi rendition="#g">auftauchenden Volksblätter</hi>“; über die schöne Censurhandhabung verliert sie nicht nur keine Silbe, sondern sie druckt die Verordnung nicht einmal ab.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Olmütz, 1. Jan.</head> <p>Wie man das Proletariat zu verleumden sucht, möge Ihnen folgende Stelle einer Korrespondenz aus Brünn, Oesterreichs Manchester, beweisen, die der Korrespondent von Olmütz enthält:</p> <p>„Mit dem sogenannten Proletariat macht man sich hier manche Sorge. Wie aber die Kosten und Mühe, die man auf künstliche, im Ganzen wenig produktive Beschäftigung der theils arbeitslosen, theils arbeitsscheuen Individuen verwendet, gelohnt werden, davon zwei Beispiele. Neulich wurde in einer hiesigen Schenke eine Gesellschaft spät in der Nacht von der Sicherheitsbehörde beim Färbelspiele überrascht; die Spielenden waren Mitglieder der auf allgemeine Kosten mit Erdarbeiten unterhalb des Spielbergs beschäftigten Arbeiterpartien!! — In der Fabrik des Hrn. P. wurde eine Bestellung auf Stoffe nach einem neuen Muster gemacht. Herr P. vertheilte die Arbeit nach der hier üblichen Weise. Die Arbeiter aber weigerten sich, weil man bei diesem neuen Muster zu viel Aufmerksamkeit verwenden müsse. Als der Fabrikant ihnen bemerkte, er müsse in diesem Falle die Arbeit andern geben, die sich bereitwilliger finden würden, remonstrirten sie gewaltig dagegen und argumentirten: er dürfe das nicht, er sei als Fabriksherr verpflichtet, sie zu beschäftigen und zu erhalten; sie wollten nur diese Arbeit nicht, weil sie zu viel Aufmerksamkeit erheische.</p> <p>Man sieht hieraus, daß, so wie nicht alles Gold ist was glänzt, auch nicht alles Noth und Arbeitslosigkeit ist, was dafür ausgegeben wird. Zum Theil ist die verkehrte Auffassung der Arbeiter-Verhältnisse Schuld daran. Um nur ja nicht hinter Paris zurückzubleiben, hat man fast künstlich zu dem bestehenden Vagabonden-Proletariat ein Arbeiter-Proletariat geschaffen. Man sucht die mit Arbeit auf allgemeine Kosten zu Unterstützenden auf, statt daß es in der Natur der Sache läge, daß der Arbeiter die Arbeit suche, man gewöhnt die Leute durch gut bezahlte Scheinarbeit ans Nichtsthun und ruft Arbeitsscheu und Unzufriedenheit mit ihrer frühern Arbeit hervor, bei der sie sich zwar etwas mehr, aber mit Fleißanwendung verdienten“!!!</p> </div> <div xml:id="ar189-2_010" type="jArticle"> <head>Olmütz, 31. Dezbr.</head> <p>Ein mysteriöser Todesfall machte hier Aufsehen. Der hiesige böhmische Translator, P. Kinsky, wurde auf seiner Kellertreppe todt gefunden. An seinem Körper ist keine Spur einer Gewaltthat sichtbar, allein die Kellerschlüssel, die er gehabt haben mußte, um das neben ihm verschüttet gefundene Getränk zu holen, fanden sich im verschlossenen Zimmer seiner Wohnung, deren Fenster mit dem priesterlichen Talare des Todten verhangen (die Wohnung liegt im Erdgeschosse) und ein Schrank erbrochen gefunden wurde.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 4. Jan.</head> <p>Das neue Jahr bringt uns zur Aufregung Anlaß genug. Ob wir noch aufzuregen sind, ist eine andre Frage, welche nur die Zeit entscheiden kann. Sie kennen die Vorgänge auf dem Stadthause am 20. November. Ueber diese ist nun eine Untersuchung eingeleitet. In Folge jener Vorgänge werden zugleich die heftigsten Debatten über die „Auflösung der Bürgerwehr“ geführt. Sollte dieser Schritt vor den Wahlen geschehen, so wäre dies für dieselben ungemein günstig, da hierdurch auch die Halben und Unentschiednen zur Demokratie hinübergenöthigt würden. Das Resultat der Wahlen scheint hier übrigens fast unzweifelhaft. Die demokratische Partei wird auch diesmal siegen.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Altona, 2. Januar.</head> <p>Nachträglich muß ich Ihre Leser doch mit den Heldenthaten der Bourgeoisie und Büreaukratie, welche bei der Verhaftung Th. Bracklow's stattfanden, bekannt machen. Th. Bracklow wurde bekanntlich, als er sich in die Versammlung des vaterländischen Vereins begeben wollte, verhaftet. Seine Gesinnungsgenossen, die Mitglieder des genannten Vereins) erhielten alsbald Kunde davon, und sandten eine Deputation, der sich die übrigen Mitglieder anschlossen, an den Oberpräsidenten ab.</p> <p>Wie zu erwarten, hatten sich inzwischen auch außer den Vereinsmitgliedern, deren Zahl sich auf 600 belaufen mag, auf den Straßen (namentlich aber auf dem Rathhausmarkte und um das Rathhaus) viele Menschen versammelt; dem Zuge zum Oberpräsidenten schlossen sich aber besonders Viele an.</p> <p>Bracklow war auf's Rathhaus, später auf die gegenüberliegende Wache geführt worden; der Oberpräsident befand sich auf dem Rathhause. Die Deputation traf ihn hier und brachte ihr Anliegen: Bracklow möge seiner Haft entlassen werden, vor, erbot sich auch 7 Bürgen, bis zum andern Morgen, wo eine Caution beschafft werden solle, zu stellen. Der Oberpräsident, ein Graf Reventlow-Criminil gab aber den Bescheid: Bracklow solle gegen eine Caution von 1000 Thalern frei werden, 7 Bürgen könnten aber nicht angenommen werden.</p> <p>Die Logik dieses Bescheides der gräflichen Gnaden war: Sieben von der bürgerlichen Kanaille sind keine 1000 Thaler werth; Bracklow wurde also nicht entlassen.</p> <p>Inzwischen wurde die Bürgerwahr allarmirt, weil sich immer größere Menschenmassen sammelten, welche die Freilassung Bracklow's ungestüm verlangten. Als daher das Gedränge immer größer wurde, und Seine gräflichen Gnaden von demselben unangenehm berührt wurde, gaben hochdieselben Befehl, den Pöbel für seine Frechheit und Verletzung der Ehre des gräflichen Geblüts ein wenig zu maltraitiren.</p> <p>Obgleich nun gewöhnlich die Herren des mitteralterlichen Plunders und der Büreaukratie sich auf dem Vinke'schen Rechtsboden herumtreiben, so machte doch diesmal Excellenz eine rühmliche Ausnahme. Unsere Landesversammlung, die uns im Jahre 1848 mit der neuen Verfassung, im Uebermaaß ihres Liberalismus und ihrer Besonnenheit, noch ein Wahlgesetz mit Census bescheerte (hört!), bedachte uns desgleichen mit einem — Aufruhrgesetz. Ohne nun dieses Gesetz verlesen zu lassen, welches dreimal geschehen soll, ehe von der bewaffneten Macht Gebrauch zur Herstellung der Ruhe gemacht werden darf, ließ doch der Herr Oberpräsident die Bürgerwehr gegen die Tumultanten (?!) einschreiten. Die Bürgerwehr größtentheils der Bourgeoisie angehörend (denn nur diese hatte sich in Folge des Generalmarsches eingefunden) freuten sich, daß sich endlich eine Gelegenheit darbot, gegen die keine bestehenden Verhältnisse anerkennenden Demokraten, ihren Unmuth auszulassen, und zeigte der Welt, daß die loyale Stadt Altona durch sie gewiß nicht in den Geruch der Wühlerei kommen könne, daß sie vielmehr die Stütze der Verfassung und des Thrones sei. Namentlich hat sich ein gewisser Bäckermeister Ockershausen, der einst bei der Anwesenheit Christians VIII. in Altona, bei der Empfangnahme desselben sagte: Stützen sich Eure Majestät auf mich, so haben sie eine gute Stütze (der gute Mann ist nämlich sehr groß und korpulent), als Hauptmann einer Kompagnie ausgezeichnet. Mit gefälltem Bajonnet ging sie gegen die wehrlose Menge an, und brachte als Zeugen ihres Heldenmuthes, einem der beim Rathhause Versammelten eine gefährliche Verwundung im Kopfe, einem Andern eine in der Hand bei, Wie aber Viele durch das Gedränge zu Boden geworfen waren, versuchte sie sich auch im Gebrauch des Kolbens, und schlug auf die an der Erde liegenden Menschen, wie ein Drescher auf die vor ihm liegenden Garben los. Den Heldenthaten der Bourgeoisie, die als Reserve ein Bataillon Linieninfanterie hatte, konnte unmöglich der unbewaffnete, friedliebende Pöbel (?) wiederstehen: die Freilassung Bracklow's mußte also unterbleiben.</p> <p>Leider soll diesen todesmuthigen (?) Kämpfern, für das angestammte Fürstenhaus und die Bourgeois-Verfassung, die Freude ihres Sieges vergällt worden sein, durch — die Jäger der Bürgerwehr, welche indignirt über das Benehmen ihrer Collegen, ob über die Menschlichkeit oder die Tollkühnheit derselben, weiß ich nicht, glaube aber ersteres annehmen zu dürfen, mit diesen bald handgemein geworden wären. Diese wurden aber auch bald besänftigt, und so ging dieser, in den Annalen der guten Stadt Altona, ewig denkwürdige Tag, ohne weiteres Blutvergießen, blos mit einigen Verhaftungen, vorüber. Die Bourgeoisie hat sich aber auch ein Denkmal gesetzt, an dem sich die Enkel derselben, in spätern Jahren, der Heldenthaten ihrer Väter erfreuen können.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>125</author></bibl> Glücksstadt, 3. Jan.</head> <p>Ein neuer politischer Agitator, Missionär, Emissär oder wie man ihn sonst nennen mag, ist hier aufgetaucht; sein Wirken ist aber so geheimnißvoll, daß dasselbe hier noch wenig bekannt und gewürdigt worden. Es ist der Prinz Friedrich von Nöer, der Bruder des Herzogs von Augustenburg, „der tapfere, unerschrockene, kühne“ Feldherr (??), der beim Ausbruch der hiesigen Revolution (?) die „unvertheidigte“ Festung Rendsburg einnahm. Dieser Prinz von Nöer sucht Propaganda für mittelalterliche Formen und die gute, alte Zeit der Feudalherrschaft zu machen. So hat er unter anderm vor längerer Zeit in einer 1 1/2 bis 2 Stunden von hier gelegenen Ortschaft, Namens Steinburg, eine Bauernversammlung gehalten, die ganz im Geheimen von den Bauernvorstehern und Vollmachten auf verschiedenen Ortschaften und Dörfern angesagt war, zu der aber Niemand kommen durfte, von dem man irgendwie Opposition erwartete.</p> <p>Wörtlich kann ich Ihren Lesern nicht wiedergeben, was die prinzliche Hoheit den Bauern vordeklamirte; Ihre Leser würden es auch nicht gut verstehen, da es eine prinzlich nöerische Sprache führte. Ich bringe es daher in gewöhnlichem deutsch. Der verkörperte Aristokratismus salbaderte folgendermaßen: In der letzten Zeit, lieben Leute, haben im Lande solche Ungeheuer, die man Demokraten nennt, ihr Haupt erhoben. Diese wollen alles Bestehende über'n Haufen werfen (mir wollen sie meine Apanage und sonstigen Vorrechte und Anmaßungen entziehen), vor allem wollen sie Alles „theilen“! Sie glauben weder an Gott noch an den Himmel. Aber nicht bloß durch Worte suchen sie den historischen (Vinke'schen) Rechtsboden unterzuminiren, sondern sie haben sich auch der Presse bemächtigt. Ihr seht nun, daß, wenn diese Wühler die Oberhand bekämen, ihr auch von euerm sauer zusammengescharrtem und erwuchertem Vermögen abgeben müßtet, daher muß euer Streben dahin gerichtet sein, daß ihr die Bestrebungen dieser gottlosen Kreaturen zu Schanden macht und alle die Leute unterstützt, welche vorzüglich sich dieses Streben zur Aufgabe gemacht haben. (Wie ich z. B.) Ihr wißt, daß mein Streben von jeher war, die guten Sitten und den alten Plunder aufrecht zu erhalten, auch jetzt will ich diesem Streben Opfer bringen (kleine, um keine größere zu erleiden), und zu dem Ende eine Zeitung, die euch interessante Geschichten (vom Reichstheater, dem Schauplatz der Polizeispitzel, Ex-Unterstaatssekretäre, der Bassermann's, der Komödianten von Sanssouei u. s. w.) und Aneckdoten bringen soll. Hauptsächlich soll dadurch den Zügellosigkeiten der Presse entgegengewirkt werden, und hoffe ich daher von Euch, daß ihr mich hierin unterstützt.</p> <p>Die Bauern von der väterlichen Fürsorge des nöerischen Prinzen hingerissen, versprachen es.</p> <p>Mit Spannung sehen wir dem Erscheinen dieser schleswig-holsteinischen Feudal-Kreuzritterin entgegen, und würden wir den unersetzlichen Verlust bedauern, der nicht bloß Schleswig-Holstein, sondern auch das übrige Deutschland, vor allem aber die Nachwelt dadurch erleiden würde.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Aus Schleswig-Holstein, 1. Jan.</head> <p>Als Beitrag zur Geschichte des „Boninismus“ und der Militärdiktatur in Schleswig-Holstein muß ich Sie doch mit den Machinationen bekannt machen, die unter dem Militär zur Absendung von loyalen Adressen an Bonin, betrieben werden. Aehnlich wie beim 4ten Bataillon ist man bei den andern Truppentheilen verfahren. Im 4ten Jägerkorps haben sich aber 2 Kompagnien für die Entfernung, bei der Frage, ob sie Bonin behalten wollten ausgesprochen, 2 Kompagnien erklärten dagegen, daß ihnen die militärische Tüchtigkeit Bonins zu wenig bekannt wäre, sollten sie aber nach seinem letzten Auftreten urtheilen, so würden sie sich für seine Entfernung erklären. Trotz alledem und alledem hat das Offizierkorps dem etc. Bonin mitgetheilt, das 4. Jägerkorps wünsche sein Hierbleiben.</p> <p>Im 3. Jägerkorps und 10. Linienbataillon hat man aber gar nicht erst gefragt, sondern das Offizierkorps hat eine Adresse (in jedem Truppentheil) zu Stande gebracht, dem Bonin zugeschickt und nachher erst der Mannschaft gesagt: Leute! wir haben in eurem Namen den General Bonin gebeten, daß er bleiben möge, ihr werdet damit einverstanden sein!</p> </div> <div xml:id="ar189-2_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>43</author></bibl> Aus Schleswig-Holstein, 4. Jan,</head> <p>Es cirkulirt das Gerücht, unsere starke, einheitliche (?) deutsche Reichsverweserschaft habe in ihrem friedliebenden Eifer für das Wohl Schleswig-Holsteins den Waffenstillstand gekündigt. In Verbindung hiermit stehen die Truppenbewegungen nach dem Norden, die stattfinden und noch stattfinden sollen; ebenso die Gerüchte über Ankunft von Reichspolizeitruppen aus den Raubstaaten.</p> <p>Im Widerspruch damit steht aber die Bestätigung vom Abschluß einer Postkonvention zwischen den Herzogthümern und Dänemark, und das unter wohlunterrichtet seinwollenden Autoritäten kursirende Gerücht von der nahebevorstehenden Publizirung des Friedens.</p> <p>Wie ich Ihnen schon neulich bemerkte, daß wir wahrscheinlich den zweiten Akt des Drama's „Organisirter Volksverrath“ zu erwarten hätten, so scheint mir das grade durch diese sich widersprechenden Gerüchte hervorzugehen. Wenn nämlich das Gerücht von dem nahebevorstehenden Friedensabschluß gegründet ist, so sind die Reichspolizisten von der vorsorglichen Reichsverwesung blos hierher geschickt um das Volk, wenn es seine Freude <hi rendition="#g">gar zu laut</hi> über den glorreichen (??) Frieden äußern, und diese Freude vielleicht durch Demonstrationen, Krawalle, Katzenmusiken u. s. w. Luft machen sollte, zu beschwichtigen und ihm vielleicht einen <hi rendition="#g">zeitgemäßen</hi> Aderlaß beizubringen.</p> </div> <div xml:id="ar189-2_016" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 5. Januar.</head> <p>Die „Deutsche Zeitung“ theilt unter diesem Datum Folgendes mit: „Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, Hr. Bunsen sei zu einer Besprechung in Berlin und Frankfurt auf Befehl der preußischen Regierung von London abgereist. Wir haben dieses Gerücht bei näherer Nachforschung bestätigt gefunden. Hr. Bunsen wird etwa am 8. in Berlin eintreffen und kurze Zeit darauf sich nach Frankfurt begeben, um sich hier über die Instruktionen für die dänische Friedensunterhandlung mit dem Reichsministerium zu verständigen. Wie wir vernehmen, wird Hr. Syndikus Banks von Hamburg, der sich schon einige Wochen hier aufhält und sehr thätigen Antheil an den jetzt außerordentlich beschleunigten Vorarbeiten im Ministerium nimmt, eine wichtige Mission am Orte der Friedensunterhandlungen selbst übernehmen.“ Dann ist gerade die rechte Sippschaft zusammen, um die Pläne des gottbegnadeten Königthums und der mit ihm verbündeten Versammlung in Frankfurt zum lange (seit des preußischen Herrn Wyldenbruck's Note) vorbereiteten Abschluß zu bringen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar189-2_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Paris, 5. 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Präsident Marrast.</p> <p><hi rendition="#g">Froussard</hi> (von der Linken) ergreift nach Verlesung des Protokolls das Wort, um gegen die Auffassung der Stenographen des Moniteur zu protestiren. Nicht er, sondern der Minister habe der National-Versammlung die Absicht untergeschoben, die organischen Gesetze nicht mehr votiren zu wollen‥…</p> <p>Stimmen zur Rechten: Ah bah! Zur Tagesordnung! Keine Zeitverluste!</p> <p>Stimmen zur Linken: Sprechen Sie!</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Bürger Froussard verlangte das Wort über eine Protokollberichtigung. Artet aber sein Vortrag in prinzipielle Diskussion aus, dann entziehe ich ihm das Wort.</p> <p>Das Protokoll wird angenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Froussard:</hi> Ich bitte noch einmal um das Wort, um Interpellationen an das Ministerium zu richten. (Oh! Oh!)</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Sie haben das Wort.</p> <p><hi rendition="#g">Froussard:</hi> Bürger Repräsentanten! Sie wissen, daß gestern der Bürger Jerome Bonaparte als Invalidengouverneur angestellt wurde. Es fand daselbst eine große Parade statt, der Exkönig von Westphalen hielt eine Rede, welche die Invaliden mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! begrüßten und worauf Jerome Bonaparte mit dem Rufe: Es lebe Frankreich! und nicht mit dem Rufe: Es lebe die Republik! antwortete. Dies sei unkonstitutionell und er stelle das Ministerium wegen jenes Vorfalles zur Rede.</p> <p><hi rendition="#g">Odilon-Barrot</hi> (mit verächtlichem Tone): Ich frage Sie, ob die Sache wohl der Rede werth ist? Allerdings fand gestern die Installirung des Genannten statt, aber die Hrn. Changarnier und Petit wohnten ihr bei, eben so der Minister des Kriegs. Keiner von ihnen fand sich zu Klagen veranlaßt. Ich glaube nicht, daß dieser Gegenstand verdient, den Lauf Ihrer Debatte zu unterbrechen.</p> <p>Die Versammlung geht zur Tagesordnung.</p> <p><hi rendition="#g">Planot</hi> (Charente) reicht seine Demission ein, weil er das Mandat der National-Versammlung als erloschen betrachtet.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Ich benachrichtige die Versammlung, daß der Prüfungsausschuß der Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Minister seine Arbeit vollendet hat. Eben so wird der Ausschuß, der das Staatsrathgesetz prüft, seine Arbeit am nächsten Dienstag der Versammlung vorlegen. (Beifall).</p> <p>Hiernach nimmt die Versammlung die gestern abgebrochene Debatte über die Arbeit in den Gefängnissen wieder auf.</p> <p><hi rendition="#g">Gayot</hi> und <hi rendition="#g">Schoelcher</hi> nehmen an der Debatte Theil und halten ziemlich ausführliche Vorträge über die Zuchthäuser in Clairveaux, Troyes u. s. w.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> unterbricht die Gefängnißdebatte, um der Versammlung das Resultat der in den Büreaus vorgenommenen Erneurungswahlen von sechs Vizepräsidenten und drei Schreibern anzuzeigen.</p> <p>Dieses Resultat ist folgendes:</p> <p>Zu Vizepräsidenten wurden gewählt, 1) General Bedeau mit 583 Stimmen, 2) Corbon mit 403 Stimmen, 3) Gaudchaux mit 413 Stimmen, 4) Havin mit 371 Stimmen, 5) de Lamoriciere mit 413 Stimmen, 6) Billault mit 377 Stimmen.</p> <p>An der Wahl hatten 656 Glieder Theil genommen. Die meisten Stimmen erhielten sonst 1) Vivien 283, 2) Remusat 203, 3) Bixio 304 Stimmen.</p> <p>Zu Schreibern wurden gewählt: Pean mit 420, Frederic Degeorge mit 378 und Richard mit 321 Stimmen.</p> <p>Aus diesem Resultate geht hervor, daß die Rue de Poitiers, d. h. das jetzt streng geschiedene katholisch-royalistische Lager auch nicht einen einzigen Kandidat durchsetzte.</p> <p>Der Sieg der Cavaignac-Marrast-National-Partei ist vollständig.</p> <p>Nach dieser Proklamirung des Büreaupersonals nimmt die Versammlung die Gefängnißdebatte wieder auf, die sich bis 6 Uhr hinzieht, ohne wesentliches Interesse zu bieten, wenn man einige Randoing'sche und Lamoricier'sche Aufschlüsse über die Soldaten Arbeiter (Handwerkskompagnieen) abrechnet.</p> <p>Der erste Artikel des Kommissions- (nicht Regierungs) Entwurfs geht durch und die Debatte wird auf morgen verschoben.</p> <p>Die Sitzung schließt um 6 Uhr.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar189-2_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 25. Dezbr.</head> <p>Der Kriegsminister fordert die Bürger auf, sich zur Armee einschreiben zu lassen, als dem einzigen Mittel, die Unabhängigkeit Italiens zu erobern.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar189-2_020" type="jArticle"> <head>Agram, 27. Decbr.</head> <p>In Peterwardein sitzt einer der erbittersten Serbenfeinde, Commandant Moritz Perczel, der jetzt sehr häufig das Karlovicer Lager beunruhigt und angreift. Karlovic ist jedoch zu gut vertheidigt, als daß die Magyaren dagegen zu reüssiren im Stande wären. Perczel hat das serbische Dorf Banovac plündern und einige Häuser darin verbrennen lassen. Die Cajkisten zündeten als Revange 18 Häuser in dem Peterwardeiner Vorstädtchen Marov (Mayerhöfen) an. Generalmajor Stenzi, der frühere Festungscommandant, ist von den Magyaren als Gefangener nach Szegedin gebracht worden. Perczel und seine Offiziere tragen die Abzeichen der rothen Republik: rothe Federn auf den Hüten und rothe Schärpen. Bei den Serben hingegen bedienen sich selbst die Insurrectionsoffiziere der goldenen, kaiserlichen Port d'Epée, die Buljubassa's und die Mannschaft der Freiwilligencorps tragen Metallblättchen mit der Inschrift: „Za slobodu i za slavjanstvo“ (Für die Freiheit und das Slawenthum) auf der Brust.</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar189-2_021" type="jArticle"> <head>Von der moldauischen Grenze, 18. Dez.</head> <p>Der Oberbefehlshaber des fünften Armeekorps, General Lüders, läßt durch das moldauische Regierungsblatt bekannt machen:</p> <p>„Daß Se. Maj. der Kaiser aller Reußen, in beständiger Sorgfalt für das Wohl der Fürstenthümer Moldau und Walachei, die das Glück haben des Schutzes des russischen Kaiserthums sich zu erfreuen, denselben ein Darlehen von 300,000 Silberrubel vorzuschießen allergnädigst befohlen. Dieses Geld soll zur Bezahlung jener Lebensmittel verwendet werden, welche die Verpflegung der kais. russ. Truppen in Zukunft erheischen würde und welche um die allerbilligsten Preise nach einer festzustellenden Taxe angeschafft werden sollen. Anlangend aber die Art und Weise der von den beiden Fürstenthümern zu leistenden Rückzahlung sowohl der ihnen dargeliehenen 300,000 Silberrubel als auch anderer der kais. russ. Regierung verursachten Kosten, so behalten sich Se. Maj. der Kaiser vor das nöthige hierüber später zu verfügen.“</p> <p>Dieses verhängnißvolle Darlehen soll durch Verpfändung eines Theils der Staatseinkünfte sichergestellt werden. Die Stimmung welche dieser neue Protektionsakt verursacht hat, läßt sich am besten durch das bekannte: „Timeo Danaos et dona ferentes“ ausdrücken. Aufgedrungene Wohlthaten sind wahrlich nicht geeignet das mit Recht verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen. Die den Fürstenthümern aufgebürdete Erhaltung eines russ. Armeekorps ist ebenso verderblich als ungerecht: <hi rendition="#g">verderblich,</hi> da mehrjähriger Mißwachs, die Rinderpest und Heuschrecken, die in den letzten 3 Jahren diese Länder heimgesucht, das Verbot der Geldausfuhr aus Oestreich sowohl als auch aus Rußland, endlich die Cholera, die in dieser Gegend mit beispielloser Wuth aufgetreten, und die 14 </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1026/0002]
reichischen Völker, die sich doch sehr gut in Deutsche, Polen, Italiener und Magyaren trotz der 100 heraufbeschworenen Natiönchen verselbständigen lassen, in eine einzige habsburgische Heerde verwandeln. Mit Rücksicht hierauf spricht die „Presse“ den unglaublichen Unsinn aus: „Oesterreich hat die Krisis der letzten Monate überstanden; (!!!) es geht der Einheit entgegen.“ — Ich weiß nicht, ob sie das Linsengemüse dieser „Presse“ täglich verdauen müssen, wie ich; man wird krank davon. Heute wüthet sie wider die „auftauchenden Volksblätter“; über die schöne Censurhandhabung verliert sie nicht nur keine Silbe, sondern sie druckt die Verordnung nicht einmal ab.
24 Olmütz, 1. Jan. Wie man das Proletariat zu verleumden sucht, möge Ihnen folgende Stelle einer Korrespondenz aus Brünn, Oesterreichs Manchester, beweisen, die der Korrespondent von Olmütz enthält:
„Mit dem sogenannten Proletariat macht man sich hier manche Sorge. Wie aber die Kosten und Mühe, die man auf künstliche, im Ganzen wenig produktive Beschäftigung der theils arbeitslosen, theils arbeitsscheuen Individuen verwendet, gelohnt werden, davon zwei Beispiele. Neulich wurde in einer hiesigen Schenke eine Gesellschaft spät in der Nacht von der Sicherheitsbehörde beim Färbelspiele überrascht; die Spielenden waren Mitglieder der auf allgemeine Kosten mit Erdarbeiten unterhalb des Spielbergs beschäftigten Arbeiterpartien!! — In der Fabrik des Hrn. P. wurde eine Bestellung auf Stoffe nach einem neuen Muster gemacht. Herr P. vertheilte die Arbeit nach der hier üblichen Weise. Die Arbeiter aber weigerten sich, weil man bei diesem neuen Muster zu viel Aufmerksamkeit verwenden müsse. Als der Fabrikant ihnen bemerkte, er müsse in diesem Falle die Arbeit andern geben, die sich bereitwilliger finden würden, remonstrirten sie gewaltig dagegen und argumentirten: er dürfe das nicht, er sei als Fabriksherr verpflichtet, sie zu beschäftigen und zu erhalten; sie wollten nur diese Arbeit nicht, weil sie zu viel Aufmerksamkeit erheische.
Man sieht hieraus, daß, so wie nicht alles Gold ist was glänzt, auch nicht alles Noth und Arbeitslosigkeit ist, was dafür ausgegeben wird. Zum Theil ist die verkehrte Auffassung der Arbeiter-Verhältnisse Schuld daran. Um nur ja nicht hinter Paris zurückzubleiben, hat man fast künstlich zu dem bestehenden Vagabonden-Proletariat ein Arbeiter-Proletariat geschaffen. Man sucht die mit Arbeit auf allgemeine Kosten zu Unterstützenden auf, statt daß es in der Natur der Sache läge, daß der Arbeiter die Arbeit suche, man gewöhnt die Leute durch gut bezahlte Scheinarbeit ans Nichtsthun und ruft Arbeitsscheu und Unzufriedenheit mit ihrer frühern Arbeit hervor, bei der sie sich zwar etwas mehr, aber mit Fleißanwendung verdienten“!!!
Olmütz, 31. Dezbr. Ein mysteriöser Todesfall machte hier Aufsehen. Der hiesige böhmische Translator, P. Kinsky, wurde auf seiner Kellertreppe todt gefunden. An seinem Körper ist keine Spur einer Gewaltthat sichtbar, allein die Kellerschlüssel, die er gehabt haben mußte, um das neben ihm verschüttet gefundene Getränk zu holen, fanden sich im verschlossenen Zimmer seiner Wohnung, deren Fenster mit dem priesterlichen Talare des Todten verhangen (die Wohnung liegt im Erdgeschosse) und ein Schrank erbrochen gefunden wurde.
X Breslau, 4. Jan. Das neue Jahr bringt uns zur Aufregung Anlaß genug. Ob wir noch aufzuregen sind, ist eine andre Frage, welche nur die Zeit entscheiden kann. Sie kennen die Vorgänge auf dem Stadthause am 20. November. Ueber diese ist nun eine Untersuchung eingeleitet. In Folge jener Vorgänge werden zugleich die heftigsten Debatten über die „Auflösung der Bürgerwehr“ geführt. Sollte dieser Schritt vor den Wahlen geschehen, so wäre dies für dieselben ungemein günstig, da hierdurch auch die Halben und Unentschiednen zur Demokratie hinübergenöthigt würden. Das Resultat der Wahlen scheint hier übrigens fast unzweifelhaft. Die demokratische Partei wird auch diesmal siegen.
15 Altona, 2. Januar. Nachträglich muß ich Ihre Leser doch mit den Heldenthaten der Bourgeoisie und Büreaukratie, welche bei der Verhaftung Th. Bracklow's stattfanden, bekannt machen. Th. Bracklow wurde bekanntlich, als er sich in die Versammlung des vaterländischen Vereins begeben wollte, verhaftet. Seine Gesinnungsgenossen, die Mitglieder des genannten Vereins) erhielten alsbald Kunde davon, und sandten eine Deputation, der sich die übrigen Mitglieder anschlossen, an den Oberpräsidenten ab.
Wie zu erwarten, hatten sich inzwischen auch außer den Vereinsmitgliedern, deren Zahl sich auf 600 belaufen mag, auf den Straßen (namentlich aber auf dem Rathhausmarkte und um das Rathhaus) viele Menschen versammelt; dem Zuge zum Oberpräsidenten schlossen sich aber besonders Viele an.
Bracklow war auf's Rathhaus, später auf die gegenüberliegende Wache geführt worden; der Oberpräsident befand sich auf dem Rathhause. Die Deputation traf ihn hier und brachte ihr Anliegen: Bracklow möge seiner Haft entlassen werden, vor, erbot sich auch 7 Bürgen, bis zum andern Morgen, wo eine Caution beschafft werden solle, zu stellen. Der Oberpräsident, ein Graf Reventlow-Criminil gab aber den Bescheid: Bracklow solle gegen eine Caution von 1000 Thalern frei werden, 7 Bürgen könnten aber nicht angenommen werden.
Die Logik dieses Bescheides der gräflichen Gnaden war: Sieben von der bürgerlichen Kanaille sind keine 1000 Thaler werth; Bracklow wurde also nicht entlassen.
Inzwischen wurde die Bürgerwahr allarmirt, weil sich immer größere Menschenmassen sammelten, welche die Freilassung Bracklow's ungestüm verlangten. Als daher das Gedränge immer größer wurde, und Seine gräflichen Gnaden von demselben unangenehm berührt wurde, gaben hochdieselben Befehl, den Pöbel für seine Frechheit und Verletzung der Ehre des gräflichen Geblüts ein wenig zu maltraitiren.
Obgleich nun gewöhnlich die Herren des mitteralterlichen Plunders und der Büreaukratie sich auf dem Vinke'schen Rechtsboden herumtreiben, so machte doch diesmal Excellenz eine rühmliche Ausnahme. Unsere Landesversammlung, die uns im Jahre 1848 mit der neuen Verfassung, im Uebermaaß ihres Liberalismus und ihrer Besonnenheit, noch ein Wahlgesetz mit Census bescheerte (hört!), bedachte uns desgleichen mit einem — Aufruhrgesetz. Ohne nun dieses Gesetz verlesen zu lassen, welches dreimal geschehen soll, ehe von der bewaffneten Macht Gebrauch zur Herstellung der Ruhe gemacht werden darf, ließ doch der Herr Oberpräsident die Bürgerwehr gegen die Tumultanten (?!) einschreiten. Die Bürgerwehr größtentheils der Bourgeoisie angehörend (denn nur diese hatte sich in Folge des Generalmarsches eingefunden) freuten sich, daß sich endlich eine Gelegenheit darbot, gegen die keine bestehenden Verhältnisse anerkennenden Demokraten, ihren Unmuth auszulassen, und zeigte der Welt, daß die loyale Stadt Altona durch sie gewiß nicht in den Geruch der Wühlerei kommen könne, daß sie vielmehr die Stütze der Verfassung und des Thrones sei. Namentlich hat sich ein gewisser Bäckermeister Ockershausen, der einst bei der Anwesenheit Christians VIII. in Altona, bei der Empfangnahme desselben sagte: Stützen sich Eure Majestät auf mich, so haben sie eine gute Stütze (der gute Mann ist nämlich sehr groß und korpulent), als Hauptmann einer Kompagnie ausgezeichnet. Mit gefälltem Bajonnet ging sie gegen die wehrlose Menge an, und brachte als Zeugen ihres Heldenmuthes, einem der beim Rathhause Versammelten eine gefährliche Verwundung im Kopfe, einem Andern eine in der Hand bei, Wie aber Viele durch das Gedränge zu Boden geworfen waren, versuchte sie sich auch im Gebrauch des Kolbens, und schlug auf die an der Erde liegenden Menschen, wie ein Drescher auf die vor ihm liegenden Garben los. Den Heldenthaten der Bourgeoisie, die als Reserve ein Bataillon Linieninfanterie hatte, konnte unmöglich der unbewaffnete, friedliebende Pöbel (?) wiederstehen: die Freilassung Bracklow's mußte also unterbleiben.
Leider soll diesen todesmuthigen (?) Kämpfern, für das angestammte Fürstenhaus und die Bourgeois-Verfassung, die Freude ihres Sieges vergällt worden sein, durch — die Jäger der Bürgerwehr, welche indignirt über das Benehmen ihrer Collegen, ob über die Menschlichkeit oder die Tollkühnheit derselben, weiß ich nicht, glaube aber ersteres annehmen zu dürfen, mit diesen bald handgemein geworden wären. Diese wurden aber auch bald besänftigt, und so ging dieser, in den Annalen der guten Stadt Altona, ewig denkwürdige Tag, ohne weiteres Blutvergießen, blos mit einigen Verhaftungen, vorüber. Die Bourgeoisie hat sich aber auch ein Denkmal gesetzt, an dem sich die Enkel derselben, in spätern Jahren, der Heldenthaten ihrer Väter erfreuen können.
125 Glücksstadt, 3. Jan. Ein neuer politischer Agitator, Missionär, Emissär oder wie man ihn sonst nennen mag, ist hier aufgetaucht; sein Wirken ist aber so geheimnißvoll, daß dasselbe hier noch wenig bekannt und gewürdigt worden. Es ist der Prinz Friedrich von Nöer, der Bruder des Herzogs von Augustenburg, „der tapfere, unerschrockene, kühne“ Feldherr (??), der beim Ausbruch der hiesigen Revolution (?) die „unvertheidigte“ Festung Rendsburg einnahm. Dieser Prinz von Nöer sucht Propaganda für mittelalterliche Formen und die gute, alte Zeit der Feudalherrschaft zu machen. So hat er unter anderm vor längerer Zeit in einer 1 1/2 bis 2 Stunden von hier gelegenen Ortschaft, Namens Steinburg, eine Bauernversammlung gehalten, die ganz im Geheimen von den Bauernvorstehern und Vollmachten auf verschiedenen Ortschaften und Dörfern angesagt war, zu der aber Niemand kommen durfte, von dem man irgendwie Opposition erwartete.
Wörtlich kann ich Ihren Lesern nicht wiedergeben, was die prinzliche Hoheit den Bauern vordeklamirte; Ihre Leser würden es auch nicht gut verstehen, da es eine prinzlich nöerische Sprache führte. Ich bringe es daher in gewöhnlichem deutsch. Der verkörperte Aristokratismus salbaderte folgendermaßen: In der letzten Zeit, lieben Leute, haben im Lande solche Ungeheuer, die man Demokraten nennt, ihr Haupt erhoben. Diese wollen alles Bestehende über'n Haufen werfen (mir wollen sie meine Apanage und sonstigen Vorrechte und Anmaßungen entziehen), vor allem wollen sie Alles „theilen“! Sie glauben weder an Gott noch an den Himmel. Aber nicht bloß durch Worte suchen sie den historischen (Vinke'schen) Rechtsboden unterzuminiren, sondern sie haben sich auch der Presse bemächtigt. Ihr seht nun, daß, wenn diese Wühler die Oberhand bekämen, ihr auch von euerm sauer zusammengescharrtem und erwuchertem Vermögen abgeben müßtet, daher muß euer Streben dahin gerichtet sein, daß ihr die Bestrebungen dieser gottlosen Kreaturen zu Schanden macht und alle die Leute unterstützt, welche vorzüglich sich dieses Streben zur Aufgabe gemacht haben. (Wie ich z. B.) Ihr wißt, daß mein Streben von jeher war, die guten Sitten und den alten Plunder aufrecht zu erhalten, auch jetzt will ich diesem Streben Opfer bringen (kleine, um keine größere zu erleiden), und zu dem Ende eine Zeitung, die euch interessante Geschichten (vom Reichstheater, dem Schauplatz der Polizeispitzel, Ex-Unterstaatssekretäre, der Bassermann's, der Komödianten von Sanssouei u. s. w.) und Aneckdoten bringen soll. Hauptsächlich soll dadurch den Zügellosigkeiten der Presse entgegengewirkt werden, und hoffe ich daher von Euch, daß ihr mich hierin unterstützt.
Die Bauern von der väterlichen Fürsorge des nöerischen Prinzen hingerissen, versprachen es.
Mit Spannung sehen wir dem Erscheinen dieser schleswig-holsteinischen Feudal-Kreuzritterin entgegen, und würden wir den unersetzlichen Verlust bedauern, der nicht bloß Schleswig-Holstein, sondern auch das übrige Deutschland, vor allem aber die Nachwelt dadurch erleiden würde.
103 Aus Schleswig-Holstein, 1. Jan. Als Beitrag zur Geschichte des „Boninismus“ und der Militärdiktatur in Schleswig-Holstein muß ich Sie doch mit den Machinationen bekannt machen, die unter dem Militär zur Absendung von loyalen Adressen an Bonin, betrieben werden. Aehnlich wie beim 4ten Bataillon ist man bei den andern Truppentheilen verfahren. Im 4ten Jägerkorps haben sich aber 2 Kompagnien für die Entfernung, bei der Frage, ob sie Bonin behalten wollten ausgesprochen, 2 Kompagnien erklärten dagegen, daß ihnen die militärische Tüchtigkeit Bonins zu wenig bekannt wäre, sollten sie aber nach seinem letzten Auftreten urtheilen, so würden sie sich für seine Entfernung erklären. Trotz alledem und alledem hat das Offizierkorps dem etc. Bonin mitgetheilt, das 4. Jägerkorps wünsche sein Hierbleiben.
Im 3. Jägerkorps und 10. Linienbataillon hat man aber gar nicht erst gefragt, sondern das Offizierkorps hat eine Adresse (in jedem Truppentheil) zu Stande gebracht, dem Bonin zugeschickt und nachher erst der Mannschaft gesagt: Leute! wir haben in eurem Namen den General Bonin gebeten, daß er bleiben möge, ihr werdet damit einverstanden sein!
43 Aus Schleswig-Holstein, 4. Jan, Es cirkulirt das Gerücht, unsere starke, einheitliche (?) deutsche Reichsverweserschaft habe in ihrem friedliebenden Eifer für das Wohl Schleswig-Holsteins den Waffenstillstand gekündigt. In Verbindung hiermit stehen die Truppenbewegungen nach dem Norden, die stattfinden und noch stattfinden sollen; ebenso die Gerüchte über Ankunft von Reichspolizeitruppen aus den Raubstaaten.
Im Widerspruch damit steht aber die Bestätigung vom Abschluß einer Postkonvention zwischen den Herzogthümern und Dänemark, und das unter wohlunterrichtet seinwollenden Autoritäten kursirende Gerücht von der nahebevorstehenden Publizirung des Friedens.
Wie ich Ihnen schon neulich bemerkte, daß wir wahrscheinlich den zweiten Akt des Drama's „Organisirter Volksverrath“ zu erwarten hätten, so scheint mir das grade durch diese sich widersprechenden Gerüchte hervorzugehen. Wenn nämlich das Gerücht von dem nahebevorstehenden Friedensabschluß gegründet ist, so sind die Reichspolizisten von der vorsorglichen Reichsverwesung blos hierher geschickt um das Volk, wenn es seine Freude gar zu laut über den glorreichen (??) Frieden äußern, und diese Freude vielleicht durch Demonstrationen, Krawalle, Katzenmusiken u. s. w. Luft machen sollte, zu beschwichtigen und ihm vielleicht einen zeitgemäßen Aderlaß beizubringen.
Frankfurt, 5. Januar. Die „Deutsche Zeitung“ theilt unter diesem Datum Folgendes mit: „Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, Hr. Bunsen sei zu einer Besprechung in Berlin und Frankfurt auf Befehl der preußischen Regierung von London abgereist. Wir haben dieses Gerücht bei näherer Nachforschung bestätigt gefunden. Hr. Bunsen wird etwa am 8. in Berlin eintreffen und kurze Zeit darauf sich nach Frankfurt begeben, um sich hier über die Instruktionen für die dänische Friedensunterhandlung mit dem Reichsministerium zu verständigen. Wie wir vernehmen, wird Hr. Syndikus Banks von Hamburg, der sich schon einige Wochen hier aufhält und sehr thätigen Antheil an den jetzt außerordentlich beschleunigten Vorarbeiten im Ministerium nimmt, eine wichtige Mission am Orte der Friedensunterhandlungen selbst übernehmen.“ Dann ist gerade die rechte Sippschaft zusammen, um die Pläne des gottbegnadeten Königthums und der mit ihm verbündeten Versammlung in Frankfurt zum lange (seit des preußischen Herrn Wyldenbruck's Note) vorbereiteten Abschluß zu bringen.
Französische Republik. 68 Paris, 5. Januar. Miroslawski ist von Sicilien aufgefordert worden, den Oberbefehl über die Truppen bei dem aufs Neue bevorstehendem Kampfe gegen den Henker von Neapel zu übernehmen.
Paris, 5. Jan. Gegen Cabet ist auf Grund der mannigfachen Klagen seiner Ikarier die Kriminaluntersuchung eingeleitet. _ ein Zweifel, daß er von jeder Theilnahme an den verübten Betrügereien freigesprochen wird.
— Fast alle Minister unter Louis Philippe befinden sich jetzt in Paris. Wir sahen bereits Cunin-Gridaine, Dumont, Hebert, Trezel und Jayr. Hr. Guizot wird morgen erwartet.
— Man versichert, daß Reyneval statt Oudinots nach Petersburg als Gesandter gehe.
— National-Versammlung. Sitzung vom 5. Januar. Anfang 3 Uhr. Präsident Marrast.
Froussard (von der Linken) ergreift nach Verlesung des Protokolls das Wort, um gegen die Auffassung der Stenographen des Moniteur zu protestiren. Nicht er, sondern der Minister habe der National-Versammlung die Absicht untergeschoben, die organischen Gesetze nicht mehr votiren zu wollen‥…
Stimmen zur Rechten: Ah bah! Zur Tagesordnung! Keine Zeitverluste!
Stimmen zur Linken: Sprechen Sie!
Marrast: Bürger Froussard verlangte das Wort über eine Protokollberichtigung. Artet aber sein Vortrag in prinzipielle Diskussion aus, dann entziehe ich ihm das Wort.
Das Protokoll wird angenommen.
Froussard: Ich bitte noch einmal um das Wort, um Interpellationen an das Ministerium zu richten. (Oh! Oh!)
Marrast: Sie haben das Wort.
Froussard: Bürger Repräsentanten! Sie wissen, daß gestern der Bürger Jerome Bonaparte als Invalidengouverneur angestellt wurde. Es fand daselbst eine große Parade statt, der Exkönig von Westphalen hielt eine Rede, welche die Invaliden mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! begrüßten und worauf Jerome Bonaparte mit dem Rufe: Es lebe Frankreich! und nicht mit dem Rufe: Es lebe die Republik! antwortete. Dies sei unkonstitutionell und er stelle das Ministerium wegen jenes Vorfalles zur Rede.
Odilon-Barrot (mit verächtlichem Tone): Ich frage Sie, ob die Sache wohl der Rede werth ist? Allerdings fand gestern die Installirung des Genannten statt, aber die Hrn. Changarnier und Petit wohnten ihr bei, eben so der Minister des Kriegs. Keiner von ihnen fand sich zu Klagen veranlaßt. Ich glaube nicht, daß dieser Gegenstand verdient, den Lauf Ihrer Debatte zu unterbrechen.
Die Versammlung geht zur Tagesordnung.
Planot (Charente) reicht seine Demission ein, weil er das Mandat der National-Versammlung als erloschen betrachtet.
Marrast: Ich benachrichtige die Versammlung, daß der Prüfungsausschuß der Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Minister seine Arbeit vollendet hat. Eben so wird der Ausschuß, der das Staatsrathgesetz prüft, seine Arbeit am nächsten Dienstag der Versammlung vorlegen. (Beifall).
Hiernach nimmt die Versammlung die gestern abgebrochene Debatte über die Arbeit in den Gefängnissen wieder auf.
Gayot und Schoelcher nehmen an der Debatte Theil und halten ziemlich ausführliche Vorträge über die Zuchthäuser in Clairveaux, Troyes u. s. w.
Marrast unterbricht die Gefängnißdebatte, um der Versammlung das Resultat der in den Büreaus vorgenommenen Erneurungswahlen von sechs Vizepräsidenten und drei Schreibern anzuzeigen.
Dieses Resultat ist folgendes:
Zu Vizepräsidenten wurden gewählt, 1) General Bedeau mit 583 Stimmen, 2) Corbon mit 403 Stimmen, 3) Gaudchaux mit 413 Stimmen, 4) Havin mit 371 Stimmen, 5) de Lamoriciere mit 413 Stimmen, 6) Billault mit 377 Stimmen.
An der Wahl hatten 656 Glieder Theil genommen. Die meisten Stimmen erhielten sonst 1) Vivien 283, 2) Remusat 203, 3) Bixio 304 Stimmen.
Zu Schreibern wurden gewählt: Pean mit 420, Frederic Degeorge mit 378 und Richard mit 321 Stimmen.
Aus diesem Resultate geht hervor, daß die Rue de Poitiers, d. h. das jetzt streng geschiedene katholisch-royalistische Lager auch nicht einen einzigen Kandidat durchsetzte.
Der Sieg der Cavaignac-Marrast-National-Partei ist vollständig.
Nach dieser Proklamirung des Büreaupersonals nimmt die Versammlung die Gefängnißdebatte wieder auf, die sich bis 6 Uhr hinzieht, ohne wesentliches Interesse zu bieten, wenn man einige Randoing'sche und Lamoricier'sche Aufschlüsse über die Soldaten Arbeiter (Handwerkskompagnieen) abrechnet.
Der erste Artikel des Kommissions- (nicht Regierungs) Entwurfs geht durch und die Debatte wird auf morgen verschoben.
Die Sitzung schließt um 6 Uhr.
Italien. * Rom, 25. Dezbr. Der Kriegsminister fordert die Bürger auf, sich zur Armee einschreiben zu lassen, als dem einzigen Mittel, die Unabhängigkeit Italiens zu erobern.
Ungarn. Agram, 27. Decbr. In Peterwardein sitzt einer der erbittersten Serbenfeinde, Commandant Moritz Perczel, der jetzt sehr häufig das Karlovicer Lager beunruhigt und angreift. Karlovic ist jedoch zu gut vertheidigt, als daß die Magyaren dagegen zu reüssiren im Stande wären. Perczel hat das serbische Dorf Banovac plündern und einige Häuser darin verbrennen lassen. Die Cajkisten zündeten als Revange 18 Häuser in dem Peterwardeiner Vorstädtchen Marov (Mayerhöfen) an. Generalmajor Stenzi, der frühere Festungscommandant, ist von den Magyaren als Gefangener nach Szegedin gebracht worden. Perczel und seine Offiziere tragen die Abzeichen der rothen Republik: rothe Federn auf den Hüten und rothe Schärpen. Bei den Serben hingegen bedienen sich selbst die Insurrectionsoffiziere der goldenen, kaiserlichen Port d'Epée, die Buljubassa's und die Mannschaft der Freiwilligencorps tragen Metallblättchen mit der Inschrift: „Za slobodu i za slavjanstvo“ (Für die Freiheit und das Slawenthum) auf der Brust.
(C. Bl. a. B.) Donaufürstenthümer. Von der moldauischen Grenze, 18. Dez. Der Oberbefehlshaber des fünften Armeekorps, General Lüders, läßt durch das moldauische Regierungsblatt bekannt machen:
„Daß Se. Maj. der Kaiser aller Reußen, in beständiger Sorgfalt für das Wohl der Fürstenthümer Moldau und Walachei, die das Glück haben des Schutzes des russischen Kaiserthums sich zu erfreuen, denselben ein Darlehen von 300,000 Silberrubel vorzuschießen allergnädigst befohlen. Dieses Geld soll zur Bezahlung jener Lebensmittel verwendet werden, welche die Verpflegung der kais. russ. Truppen in Zukunft erheischen würde und welche um die allerbilligsten Preise nach einer festzustellenden Taxe angeschafft werden sollen. Anlangend aber die Art und Weise der von den beiden Fürstenthümern zu leistenden Rückzahlung sowohl der ihnen dargeliehenen 300,000 Silberrubel als auch anderer der kais. russ. Regierung verursachten Kosten, so behalten sich Se. Maj. der Kaiser vor das nöthige hierüber später zu verfügen.“
Dieses verhängnißvolle Darlehen soll durch Verpfändung eines Theils der Staatseinkünfte sichergestellt werden. Die Stimmung welche dieser neue Protektionsakt verursacht hat, läßt sich am besten durch das bekannte: „Timeo Danaos et dona ferentes“ ausdrücken. Aufgedrungene Wohlthaten sind wahrlich nicht geeignet das mit Recht verlorene Vertrauen wieder zu gewinnen. Die den Fürstenthümern aufgebürdete Erhaltung eines russ. Armeekorps ist ebenso verderblich als ungerecht: verderblich, da mehrjähriger Mißwachs, die Rinderpest und Heuschrecken, die in den letzten 3 Jahren diese Länder heimgesucht, das Verbot der Geldausfuhr aus Oestreich sowohl als auch aus Rußland, endlich die Cholera, die in dieser Gegend mit beispielloser Wuth aufgetreten, und die 14
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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