Neue Rheinische Zeitung. Nr. 192. Köln, 11. Januar 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 192. Köln, Donnerstag den 11. Januar. 1849. Bestellungen auf die "Neue Rheinische Zeitung" für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Streetstrand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnismäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die "N. Rh. Ztg." ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der "Neuen Rheinischen Zeitung." Uebersicht. Deutschland. Köln. (Eine Entgegnung des O.-L.-G.-R. Rintelen. -- Allianz der europäischen Polizei. -- Die Zusammensetzung der Wählerlisten. -- Regierungsthaten). Bonn. (Die Konstitutionellen in Siegburg). Neuß. (Die Wahl Temme's zum Deputirten). Münster. (Antwort Rintelen's auf Temme's Brief. -- Untersuchungen). Berlin. (Zweiter Brief Temme's an Rintelen. -- Eine Enthüllung der Wahlorganisationen der Demokraten. -- Der "Publizist" über die öffentliche Unsicherheit in Berlin. -- Eine Untersuchung. -- Das Kultusministerium. -- An die Wähler auf dem Lande. -- Dümcke). Löwenberg. (Soldatenexcesse). Wien. (Padivani. -- Standrechtliches. -- Die Nachrichten aus Pesth. -- Deak. -- Angebliche Zwangspässe für Deputirte. -- Girardin. -- Die Slowanska lipa. -- Die "Presse" und die Rheinländer. -- Zehntes Armeebülletin. -- Nachrichten aus Ungarn). Kremsier. (Reichstag). Aus dem Reich. (Neuestes). Frankfurt. (National-Versammlung. -- Die Grundrechte). Italien. Bologna. (Ein reaktionärer Stadtrathsbeschluß. -- Austritt aus der Junta. -- Piemont will Schweizer anwerben). Mailand. (Abgeordnete nach Wien berufen). Spanien. Madrid. (Die Adresse im Senat. -- Neue Journale. -- Cabrera). Portugal. Lissabon. (Die Cortes. -- Die Thronrede). Großbritannien. London. (Bunsen nach Berlin. -- Die westindische Post). Französische Republik. Paris. (Das "kommunistische Manifest." -- Charles Paya. -- Die Pariser Jellachichblätter. -- Contrerevolutionäre Intriguen. -- Ministerialgerüchte. -- Eugen Sue. -- Die Polen bei Bonaparte. -- Hr. Doussy und die 16 Cartons. -- National-Versammlung.) Amerika. Montevideo. (Rosa's Auftreten gegen England). Deutschland. * Köln, 10. Jan. Der Oberlandesgerichtsrath Rintelen (zu Paderborn) hat der Redaction der "Neuen Rheinischen Zeitung" die unten nachfolgende "Entgegnung" zugesandt mit der "ergebensten Bitte", sie in die "nächste" Nummer aufzunehmen und derselben "den Platz anzuweisen, an welchem sich der angreifende Artikel befunden hat", alles unter "Bezug auf das Gesetz über die Presse vom 17. März 1848 u. s. w. Wir weisen dem Artikel des Hrn. Rintelen einen noch höhern Rang an, als den beanspruchten. A tout seigneur toute honneur. Keineswegs halten wir uns aber zur Aufnahme der ganzen Entgegnung verpflichtet. Das Gesetz verpflichtet die Presse nur zur Aufnahme thatsächlicher Erwiderungen, keineswegs aber dazu, ihre Spalten mit Grobheiten gegen ihren eigene Korrespondenten oder mit pathetischen Ergießungen ihrer Gegner anzufüllen. Wenn wir demnach die "Entgegnung" des Herrn Rintelen in ihrer Vollständigkeit geben, so geschieht es nur, weil wir vergeblich nach dem Theile gesucht, der eine thatsächliche Wiederlegung enthielte und daher dem Publikum überlassen müssen, sie selbst herauszufinden. Der Brief des Herrn Rinteln an die Redaktion schließt mit den Worten: "Gleichzeitig bitte ich, den Einsender des erwähnten Artikels mir zu nennen: widrigenfalls ich eine wohllöbliche Redaktion dafür verantwortlich machen müßte." In seiner "Entgegnung" selbst erklärt Hr. Rintelen, persönlich stelle ihn die durch den angreifenden Artikel hervorgerufene allgemeine Indignation vollständig zufrieden. Antworte er öffentlich, so geschehe es nur aus Pietätsrücksichten. Mit keinem Worte deutet er dem Publikum auch nur entfernt an, daß er gerichtliche oder sonstige Verfolgungen gegen den tief verachteten "Anonymus" beabsichtigt. Die Redaktion appellirt daher von dem Privatbriefe des Hrn. Rintelen an seinen öffentlichen Brief und macht die Namensnennung von dem Gutdünken ihres Korrespondenten abhängig. Nun das besagte Aktenstück: Entgegnung. In Nr. 185 der Neuen Rheinischen Zeitung vom 3. Januar d. J. ist in einem Artikel, bezeichnet: " Aus Westphalen, 30. Dezember", der Name Rintelen auf eine hämische Weise zu verdächtigen gesucht. Der Unterzeichnete, welcher diesen Namen mit Ehren zu tragen sich rühmen darf, würde eine derartige Schmähung eines Anonymus auf ihrem Unwerthe beruhen lassen, und eine vollkommen ausreichende Genugthuung in der allgemeinen Indignation erblicken, welche dieser Artikel überall da hervorgerufen hat, wo die Mitglieder der Familie Rinteln näher gekannt sind, wenn nicht diese Schmähschrift hauptsächlich durch Verdächtigung der Integrität des verstorbenen Vaters desselben, des vormaligen Konservateurs Rintelen, zu begründen gesucht wäre, und also nicht Rücksichten der Pietät ihn gezwungen, in dieser Beziehung derselben öffentlich entgegen zu treten, und solche als boshafte Verläumdung mit Entrüstung zurückzuweisen. Die Todten zu beschimpfen ist nicht die Sache eines Mannes von Ehre: de mortuis nil nisi bene. Sie mit Hülfe von Lügen unter dem Schutze der Anonymität zu verdächtigen, ist -- ich überlasse es dem geehrten Leser, den passenden Ausdruck dafür zu finden. Es ist aber eine grobe Entstellung der Wahrheit, und hierin bekundet sich eben das hämische, wie das besonders verdächtigende, daß der verstorbene Konservateur Rintelen bei dem Grafen Bocholz als General-Rentmeister in Dienste gestanden habe. Wohl war er dessen General-Mandatar: eine Kasse hat er aber nie für denselben zu verwalten gehabt. In welcher Weise derselbe sein Mandat geführt hat, das kann Jeder, welchem daran gelegen, bei dem jetzt in Münster wohnenden Grafen von Bocholz ganz genau erfahren. Paderborn, den 8. Januar 1849. Rintelen, Oberlandesgerichtsrath. 19 Köln, 8. Jan. Vor einiger Zeit berichteten wir de dato Paris, wie die Frankfurter Flüchtlinge in Straßburg, Metz u. a. O. durch die Fürsorge deutsch-jüdischer Polizeispione gefangen gesetzt, geschubt und theils sogar mit Auslieferung an die deutsche hoch- und nothpeinliche Gerechtigkeit bedroht wurden. Heute können wir die erfreuliche Mittheilung machen, daß nicht allein die honette Republik wie das komische Musterland des Coburgers, sondern auch die interessante Bourgeois-Polizei Altenglands den Agenten des Herzogs Johann ohne Land freundlichst unter die Arme greift. Friedrich Wiedecker, Tapetendrucker, verfolgt wegen Theilnahme an der Frankfurter Insurrektion und "Ermordung" des heiligen Lychnowski, wurde in Straßburg auf Denunciation von drei deutschen Juden verhaftet, durch das energische Auftreten des Kommandanten der Nationalgarde, Schützenberger, der angedrohten Auslieferung entzogen, und mit einem Zwangspaß über Metz spedirt, wo ihm abermals zwei deutsche Juden den Aufenthalt abkürzen halfen. Von Paris gelangte er durch die Hülfe der deutschen Demokraten nach London. Die Chartisten und deutschen Kommunisten verschafften ihm Arbeit in einer Fabrik, und der Reichsverräther würde das Glück, ein Deutscher zu sein, sehr bald verschmerzt haben, wenn ihn nicht unverhofft die Londoner Constabler daran erinnert hätten. Wiedecker wohnte bei einem Deutschen, dem Arbeiter H. Bauer, dessen Name auch in Deutschland durch die "kommunistischen Forderungen" bekannt geworden ist. Eines schönen Morgens erschien ein Frankfurter Jude, Schmidt oder Schmitz, in Bauer's Wohnung, um Arbeit zu bestellen, und fragte bei dieser Gelegenheit nach dem Flüchtling Wiedecker. Bauer hatte keine Veranlassung, dem Neugierigen die gewünschte Auskunft zu geben; der Frankfurter Jude indeß zog drei, auf der Londoner Post konfiscirte Briefe (zwei von Windecker nach dem Auslande bestimmte, einen aus der Schweiz für ihn angekommenen) aus der Tasche, stellte sich als "ordentlichen Polizeiagenten" vor, und erklärte, daß alles Verleugnen Wiedecker's vor dem angeborenen Polizei-Instinkt deutsch-jüdischer Reichsspürhunde vergebens sei. Den interassanten Ueberführungsstücken gegenüber leugnete Bauer die Anwesenheit Wiedecker's nicht weiter, und eine Stunde darauf erschien ein Sheriff mit zwei Constablern, um Bauer anzuzeigen, daß, wenn sich Wiedecker nach 12 Stunden noch "auf englischem Boden" befinden ließe, nicht allein er, sondern auch Bauer mit Frau und Kindern aus dem Lande transportirt werde. Bekanntlich sind die Maigesetze von vorigem Jahre die Antwort auf die Vorstellungen von englischer Bourgeois-Gastfreiheit und Gesetzlichkeit: "Kein flüchtig Haupt hat Engelland In Calais traf Wiedecker dieselben deutschen Juden, die ihn in Metz denuncirt hatten, und ihn jetzt nach Paris begleiteten. Die Pariser Demokraten haben ihnen indeß auch diesmals die Spur verleidet, und Wiedecker in einen Welttheil geschafft, wo den deutschen Polizisten keine andere Ehre, als die summarischste, die Lynchjustiz blühen könnte. Die deutschen "Unterthanen" können aus dieser Geschichte eine doppelte Moral ziehen, einmal daß die honette Bourgeoisehre, wie die englische Post beweist, in allen Ländern gleich beschaffen ist, und dann, daß Baiern, Hannoveraner, Schwaben bloß deshalb zu den neuen Kosten der deutschen Reichsgewalt beisteuern, damit der "preußische" Gesandte, Ritter Bunsen, in London billiger zu "deutschen" Reichsspionen gelange. * Köln, 9. Januar. Von verschiedenen Seiten kommen uns Klagen zu über die willkürliche Weise, wie die Wählerliste zur ersten Kammer zusammengesetzt wird. Jedenfalls geht aus den uns bekannten Thatsachen so viel hervor, daß die größte Ungewißheit darüber herrscht, wie die Vorschriften in Betreff des Census zur Anwendung zu bringen seien. So kennen wir vier nebeneinanderliegende Gemeinden, von denen jede ihre besondere Art, die gedachte Liste zu bilden erlebt hat: In der Einen nahm der Bürgermeister nur die auf, welche 8 Thlr. Klassensteuer zahlen und berücksichtigte die, welche 5000 Thlr. besitzen oder 500 Thlr. Einkommen haben, gar nicht. In der Andern verfuhr der Bürgermeister gerade so, nahm aber auch die evangelischen Geistlichen auf, weil, wenn dieselben überhaupt Klassensteuer zahlen würden, sie gewiß 8 Thlr. zahlen müßten. In der Dritten berief der Bürgermeister den Gemeinderath und fertigte in Gemeinschaft mit demselben nach bestem Wissen die Wählerliste an. In der Vierten endlich fertigte der Bürgermeister ganz aus eigener Machtvollkommenheit und höherer Einsicht eine Liste derer an, deren Vermögen resp. Einkommen der gesetzlichen Vorschrift ihm zu entsprechen schien. Alle vier Gemeinden haben das Gemeinsame, daß nirgends die Einsassen selbst befragt worden sind, daß die Bürgermeister auch keine Reklamationen über behauptete Mängel angenommen, sondern die Beschwerdeführer an die Landräthe verwiesen haben. Uebrigens lauten fast aus allen ländlichen Bezirken die Nachrichten dahin, daß sich die Bauern lieber der Eintragung in diese Liste entziehen, als daß sie ihre politischen Rechte ausüben wollen. Sie meinen nämlich, es seien preußische Pfiffe im Werke und hinter dieser Ermittelung ihres Vermögens und Einkommens lauere die Steuerhöhung. Die Zahl der Wahlmänner wird demnach sehr gering ausfallen und das Meusebach'sche Wahlcomite leichtes Spiel haben. * Köln, 9. Jan. Die Karnevalslust der gottbegnadeten Regierung wird allmählig zur Orgie. Suspensionen, Kriminaluntersuchungen, Einkerkerungen, Vordereitung von Haftsbefehlen en masse: das ist der jetzige Hauptinhalt preußischer Blätter. Das Suspendiren und Verhaften trifft bereits Leute, die noch vor einigen Monaten für höchst loyal galten. Jetzt ist vor Liebesbeweisen der Kamarilla nur noch sicher, wer als Royalist von altem Schrot und Korn, d. h. als Anhänger der ganzen bisherigen Staatswirthschaft, der Bevorrechtung und Junkerei in Civil und Militär, auf dem Probirstein der "Kreuzzeitungen" und der Vereine mit Gott für König und Kosackenthum für probehaltig befunden wird. Diese Probe hat der Regierungsrath v. Merkel, Sohn des frühern Oberpräsidenten und bisheriger Bürgerwehr-Oberst in Liegnitz, nicht bestanden, ist daher suspendirt und wird disziplinarisch gemaßregelt. Das Ministerium hat ihn aufgefordert, seine Entlassung zu nehmen. Er hat dies verweigert. Der Ex-Oberpräsident von Schlesien, Hr. Pinder, der doch als Mitglied der Rechten in der Nationalversammlung zu Berlin und als Verbündeter des Hrn. Baumwollen-Milde das Volk Monate lang an die Contrerevolution verrathen half, ist ebenfalls vom Ministerium ersucht worden, seine Demission einzureichen: Herr Pinder hat, wie von Merkel, das ministerielle Ansinnen zurückgewiesen. In Stettin ist der Oberlandesgerichts-Referendar Bredow wegen einer Rede im November, der es an Schwarzweißthum gefehlt, verhaftet und gegen den Abgeordneten Bucher in Stolp die Untersuchung eingeleitet worden. Auch die mit einer beträchtlichen Gehaltsreduktion verbundene Verwandlung des Herrn Oberprokurator Zweiffel in den jüngsten Appellationsrath zu Köln ist ein Akt offenbarer Ungnade. Herr Zweiffel stimmte stets mit der äußersten Rechten der Vereinbarervesammlung. Wir erwähnten aber schon in unsrer Nummer vom 17. November unter Vorwarnung dieser Herrn, daß die "Neue Preußische Zeitung" in Zweiffel und Schlink Leute erblicke, die Robespierre weit hinter sich ließen. Die jetzige preußische Regierung beweist Energie, die wir auf jeder Seite anerkennen. Wie in England beim Wiedereintritt der prosperity in den Fabrikgegenden die Hände und Maschinen kaum auslangen, um der Fluth der Bestellungen zu genügen: so mangelt es in der schönen prosperity-Zeit, die jetzt für die Contrerevolution angebrochen ist, lediglich an Arbeitern und Arbeitsinstrumenten, wie Gefängnissen etc., um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. 081 Bonn, 7. Jan. Vor einigen Wochen brachte das hiesige Wochenblatt, die würdige Theeklatschbase der theuern Kölnerin, einen feinen Artikel, worin unter Anderm gesagt war, "es wäre sonderbar, die Demokraten wären überall thätig, während ihre Gegner nichts thäten; die Konstitutionellen sollten sich doch einmal rühren!" Diese Worte scheinen gewirkt zu haben, denn der hiesige konstitutionelle Bürgerverein hat sich gerührt und am gestrigen Tage, auf Anstiften eines übergegangenen Demokraten, Hermann Hirsch geheißen, Leute aus seiner Mitte "zur Besprechung der Wahlen" nach Siegburg gesandt, wo schon vorher deshalb eine Volksversammlung angesagt war. Es gelang ihnen wirklich, zwölf Mann, darunter Prof. Hälschner, Dr. Grimm, die Studenten Hirsch, Walesky u. A. dahin entsenden zu können. Die Herren hatten so vortrefflich ihre (theilweise niedergeschriebenen) Reden studirt, daß sie sicher dachten, weil sie allein da wären, hätten sie auch allein Recht. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Vorab waren die Siegburger nicht sehr neugierig, denn die Versammlung, welche um 1 Uhr anfangen sollte, war bei ihrer Eröffnung um 1/2 3 mit Einschluß der zwölf Bonner Apostel kaum 30 Mann stark. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 192. Köln, Donnerstag den 11. Januar. 1849. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Streetstrand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnismäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Eine Entgegnung des O.-L.-G.-R. Rintelen. — Allianz der europäischen Polizei. — Die Zusammensetzung der Wählerlisten. — Regierungsthaten). Bonn. (Die Konstitutionellen in Siegburg). Neuß. (Die Wahl Temme's zum Deputirten). Münster. (Antwort Rintelen's auf Temme's Brief. — Untersuchungen). Berlin. (Zweiter Brief Temme's an Rintelen. — Eine Enthüllung der Wahlorganisationen der Demokraten. — Der „Publizist“ über die öffentliche Unsicherheit in Berlin. — Eine Untersuchung. — Das Kultusministerium. — An die Wähler auf dem Lande. — Dümcke). Löwenberg. (Soldatenexcesse). Wien. (Padivani. — Standrechtliches. — Die Nachrichten aus Pesth. — Deak. — Angebliche Zwangspässe für Deputirte. — Girardin. — Die Slowanska lipa. — Die „Presse“ und die Rheinländer. — Zehntes Armeebülletin. — Nachrichten aus Ungarn). Kremsier. (Reichstag). Aus dem Reich. (Neuestes). Frankfurt. (National-Versammlung. — Die Grundrechte). Italien. Bologna. (Ein reaktionärer Stadtrathsbeschluß. — Austritt aus der Junta. — Piemont will Schweizer anwerben). Mailand. (Abgeordnete nach Wien berufen). Spanien. Madrid. (Die Adresse im Senat. — Neue Journale. — Cabrera). Portugal. Lissabon. (Die Cortes. — Die Thronrede). Großbritannien. London. (Bunsen nach Berlin. — Die westindische Post). Französische Republik. Paris. (Das „kommunistische Manifest.“ — Charles Paya. — Die Pariser Jellachichblätter. — Contrerevolutionäre Intriguen. — Ministerialgerüchte. — Eugen Sue. — Die Polen bei Bonaparte. — Hr. Doussy und die 16 Cartons. — National-Versammlung.) Amerika. Montevideo. (Rosa's Auftreten gegen England). Deutschland. * Köln, 10. Jan. Der Oberlandesgerichtsrath Rintelen (zu Paderborn) hat der Redaction der „Neuen Rheinischen Zeitung“ die unten nachfolgende „Entgegnung“ zugesandt mit der „ergebensten Bitte“, sie in die „nächste“ Nummer aufzunehmen und derselben „den Platz anzuweisen, an welchem sich der angreifende Artikel befunden hat“, alles unter „Bezug auf das Gesetz über die Presse vom 17. März 1848 u. s. w. Wir weisen dem Artikel des Hrn. Rintelen einen noch höhern Rang an, als den beanspruchten. A tout seigneur toute honneur. Keineswegs halten wir uns aber zur Aufnahme der ganzen Entgegnung verpflichtet. Das Gesetz verpflichtet die Presse nur zur Aufnahme thatsächlicher Erwiderungen, keineswegs aber dazu, ihre Spalten mit Grobheiten gegen ihren eigene Korrespondenten oder mit pathetischen Ergießungen ihrer Gegner anzufüllen. Wenn wir demnach die „Entgegnung“ des Herrn Rintelen in ihrer Vollständigkeit geben, so geschieht es nur, weil wir vergeblich nach dem Theile gesucht, der eine thatsächliche Wiederlegung enthielte und daher dem Publikum überlassen müssen, sie selbst herauszufinden. Der Brief des Herrn Rinteln an die Redaktion schließt mit den Worten: „Gleichzeitig bitte ich, den Einsender des erwähnten Artikels mir zu nennen: widrigenfalls ich eine wohllöbliche Redaktion dafür verantwortlich machen müßte.“ In seiner „Entgegnung“ selbst erklärt Hr. Rintelen, persönlich stelle ihn die durch den angreifenden Artikel hervorgerufene allgemeine Indignation vollständig zufrieden. Antworte er öffentlich, so geschehe es nur aus Pietätsrücksichten. Mit keinem Worte deutet er dem Publikum auch nur entfernt an, daß er gerichtliche oder sonstige Verfolgungen gegen den tief verachteten „Anonymus“ beabsichtigt. Die Redaktion appellirt daher von dem Privatbriefe des Hrn. Rintelen an seinen öffentlichen Brief und macht die Namensnennung von dem Gutdünken ihres Korrespondenten abhängig. Nun das besagte Aktenstück: Entgegnung. In Nr. 185 der Neuen Rheinischen Zeitung vom 3. Januar d. J. ist in einem Artikel, bezeichnet: „ Aus Westphalen, 30. Dezember“, der Name Rintelen auf eine hämische Weise zu verdächtigen gesucht. Der Unterzeichnete, welcher diesen Namen mit Ehren zu tragen sich rühmen darf, würde eine derartige Schmähung eines Anonymus auf ihrem Unwerthe beruhen lassen, und eine vollkommen ausreichende Genugthuung in der allgemeinen Indignation erblicken, welche dieser Artikel überall da hervorgerufen hat, wo die Mitglieder der Familie Rinteln näher gekannt sind, wenn nicht diese Schmähschrift hauptsächlich durch Verdächtigung der Integrität des verstorbenen Vaters desselben, des vormaligen Konservateurs Rintelen, zu begründen gesucht wäre, und also nicht Rücksichten der Pietät ihn gezwungen, in dieser Beziehung derselben öffentlich entgegen zu treten, und solche als boshafte Verläumdung mit Entrüstung zurückzuweisen. Die Todten zu beschimpfen ist nicht die Sache eines Mannes von Ehre: de mortuis nil nisi bene. Sie mit Hülfe von Lügen unter dem Schutze der Anonymität zu verdächtigen, ist — ich überlasse es dem geehrten Leser, den passenden Ausdruck dafür zu finden. Es ist aber eine grobe Entstellung der Wahrheit, und hierin bekundet sich eben das hämische, wie das besonders verdächtigende, daß der verstorbene Konservateur Rintelen bei dem Grafen Bocholz als General-Rentmeister in Dienste gestanden habe. Wohl war er dessen General-Mandatar: eine Kasse hat er aber nie für denselben zu verwalten gehabt. In welcher Weise derselbe sein Mandat geführt hat, das kann Jeder, welchem daran gelegen, bei dem jetzt in Münster wohnenden Grafen von Bocholz ganz genau erfahren. Paderborn, den 8. Januar 1849. Rintelen, Oberlandesgerichtsrath. 19 Köln, 8. Jan. Vor einiger Zeit berichteten wir de dato Paris, wie die Frankfurter Flüchtlinge in Straßburg, Metz u. a. O. durch die Fürsorge deutsch-jüdischer Polizeispione gefangen gesetzt, geschubt und theils sogar mit Auslieferung an die deutsche hoch- und nothpeinliche Gerechtigkeit bedroht wurden. Heute können wir die erfreuliche Mittheilung machen, daß nicht allein die honette Republik wie das komische Musterland des Coburgers, sondern auch die interessante Bourgeois-Polizei Altenglands den Agenten des Herzogs Johann ohne Land freundlichst unter die Arme greift. Friedrich Wiedecker, Tapetendrucker, verfolgt wegen Theilnahme an der Frankfurter Insurrektion und „Ermordung“ des heiligen Lychnowski, wurde in Straßburg auf Denunciation von drei deutschen Juden verhaftet, durch das energische Auftreten des Kommandanten der Nationalgarde, Schützenberger, der angedrohten Auslieferung entzogen, und mit einem Zwangspaß über Metz spedirt, wo ihm abermals zwei deutsche Juden den Aufenthalt abkürzen halfen. Von Paris gelangte er durch die Hülfe der deutschen Demokraten nach London. Die Chartisten und deutschen Kommunisten verschafften ihm Arbeit in einer Fabrik, und der Reichsverräther würde das Glück, ein Deutscher zu sein, sehr bald verschmerzt haben, wenn ihn nicht unverhofft die Londoner Constabler daran erinnert hätten. Wiedecker wohnte bei einem Deutschen, dem Arbeiter H. Bauer, dessen Name auch in Deutschland durch die „kommunistischen Forderungen“ bekannt geworden ist. Eines schönen Morgens erschien ein Frankfurter Jude, Schmidt oder Schmitz, in Bauer's Wohnung, um Arbeit zu bestellen, und fragte bei dieser Gelegenheit nach dem Flüchtling Wiedecker. Bauer hatte keine Veranlassung, dem Neugierigen die gewünschte Auskunft zu geben; der Frankfurter Jude indeß zog drei, auf der Londoner Post konfiscirte Briefe (zwei von Windecker nach dem Auslande bestimmte, einen aus der Schweiz für ihn angekommenen) aus der Tasche, stellte sich als „ordentlichen Polizeiagenten“ vor, und erklärte, daß alles Verleugnen Wiedecker's vor dem angeborenen Polizei-Instinkt deutsch-jüdischer Reichsspürhunde vergebens sei. Den interassanten Ueberführungsstücken gegenüber leugnete Bauer die Anwesenheit Wiedecker's nicht weiter, und eine Stunde darauf erschien ein Sheriff mit zwei Constablern, um Bauer anzuzeigen, daß, wenn sich Wiedecker nach 12 Stunden noch „auf englischem Boden“ befinden ließe, nicht allein er, sondern auch Bauer mit Frau und Kindern aus dem Lande transportirt werde. Bekanntlich sind die Maigesetze von vorigem Jahre die Antwort auf die Vorstellungen von englischer Bourgeois-Gastfreiheit und Gesetzlichkeit: „Kein flüchtig Haupt hat Engelland In Calais traf Wiedecker dieselben deutschen Juden, die ihn in Metz denuncirt hatten, und ihn jetzt nach Paris begleiteten. Die Pariser Demokraten haben ihnen indeß auch diesmals die Spur verleidet, und Wiedecker in einen Welttheil geschafft, wo den deutschen Polizisten keine andere Ehre, als die summarischste, die Lynchjustiz blühen könnte. Die deutschen „Unterthanen“ können aus dieser Geschichte eine doppelte Moral ziehen, einmal daß die honette Bourgeoisehre, wie die englische Post beweist, in allen Ländern gleich beschaffen ist, und dann, daß Baiern, Hannoveraner, Schwaben bloß deshalb zu den neuen Kosten der deutschen Reichsgewalt beisteuern, damit der „preußische“ Gesandte, Ritter Bunsen, in London billiger zu „deutschen“ Reichsspionen gelange. * Köln, 9. Januar. Von verschiedenen Seiten kommen uns Klagen zu über die willkürliche Weise, wie die Wählerliste zur ersten Kammer zusammengesetzt wird. Jedenfalls geht aus den uns bekannten Thatsachen so viel hervor, daß die größte Ungewißheit darüber herrscht, wie die Vorschriften in Betreff des Census zur Anwendung zu bringen seien. So kennen wir vier nebeneinanderliegende Gemeinden, von denen jede ihre besondere Art, die gedachte Liste zu bilden erlebt hat: In der Einen nahm der Bürgermeister nur die auf, welche 8 Thlr. Klassensteuer zahlen und berücksichtigte die, welche 5000 Thlr. besitzen oder 500 Thlr. Einkommen haben, gar nicht. In der Andern verfuhr der Bürgermeister gerade so, nahm aber auch die evangelischen Geistlichen auf, weil, wenn dieselben überhaupt Klassensteuer zahlen würden, sie gewiß 8 Thlr. zahlen müßten. In der Dritten berief der Bürgermeister den Gemeinderath und fertigte in Gemeinschaft mit demselben nach bestem Wissen die Wählerliste an. In der Vierten endlich fertigte der Bürgermeister ganz aus eigener Machtvollkommenheit und höherer Einsicht eine Liste derer an, deren Vermögen resp. Einkommen der gesetzlichen Vorschrift ihm zu entsprechen schien. Alle vier Gemeinden haben das Gemeinsame, daß nirgends die Einsassen selbst befragt worden sind, daß die Bürgermeister auch keine Reklamationen über behauptete Mängel angenommen, sondern die Beschwerdeführer an die Landräthe verwiesen haben. Uebrigens lauten fast aus allen ländlichen Bezirken die Nachrichten dahin, daß sich die Bauern lieber der Eintragung in diese Liste entziehen, als daß sie ihre politischen Rechte ausüben wollen. Sie meinen nämlich, es seien preußische Pfiffe im Werke und hinter dieser Ermittelung ihres Vermögens und Einkommens lauere die Steuerhöhung. Die Zahl der Wahlmänner wird demnach sehr gering ausfallen und das Meusebach'sche Wahlcomite leichtes Spiel haben. * Köln, 9. Jan. Die Karnevalslust der gottbegnadeten Regierung wird allmählig zur Orgie. Suspensionen, Kriminaluntersuchungen, Einkerkerungen, Vordereitung von Haftsbefehlen en masse: das ist der jetzige Hauptinhalt preußischer Blätter. Das Suspendiren und Verhaften trifft bereits Leute, die noch vor einigen Monaten für höchst loyal galten. Jetzt ist vor Liebesbeweisen der Kamarilla nur noch sicher, wer als Royalist von altem Schrot und Korn, d. h. als Anhänger der ganzen bisherigen Staatswirthschaft, der Bevorrechtung und Junkerei in Civil und Militär, auf dem Probirstein der „Kreuzzeitungen“ und der Vereine mit Gott für König und Kosackenthum für probehaltig befunden wird. Diese Probe hat der Regierungsrath v. Merkel, Sohn des frühern Oberpräsidenten und bisheriger Bürgerwehr-Oberst in Liegnitz, nicht bestanden, ist daher suspendirt und wird disziplinarisch gemaßregelt. Das Ministerium hat ihn aufgefordert, seine Entlassung zu nehmen. Er hat dies verweigert. Der Ex-Oberpräsident von Schlesien, Hr. Pinder, der doch als Mitglied der Rechten in der Nationalversammlung zu Berlin und als Verbündeter des Hrn. Baumwollen-Milde das Volk Monate lang an die Contrerevolution verrathen half, ist ebenfalls vom Ministerium ersucht worden, seine Demission einzureichen: Herr Pinder hat, wie von Merkel, das ministerielle Ansinnen zurückgewiesen. In Stettin ist der Oberlandesgerichts-Referendar Bredow wegen einer Rede im November, der es an Schwarzweißthum gefehlt, verhaftet und gegen den Abgeordneten Bucher in Stolp die Untersuchung eingeleitet worden. Auch die mit einer beträchtlichen Gehaltsreduktion verbundene Verwandlung des Herrn Oberprokurator Zweiffel in den jüngsten Appellationsrath zu Köln ist ein Akt offenbarer Ungnade. Herr Zweiffel stimmte stets mit der äußersten Rechten der Vereinbarervesammlung. Wir erwähnten aber schon in unsrer Nummer vom 17. November unter Vorwarnung dieser Herrn, daß die „Neue Preußische Zeitung“ in Zweiffel und Schlink Leute erblicke, die Robespierre weit hinter sich ließen. Die jetzige preußische Regierung beweist Energie, die wir auf jeder Seite anerkennen. Wie in England beim Wiedereintritt der prosperity in den Fabrikgegenden die Hände und Maschinen kaum auslangen, um der Fluth der Bestellungen zu genügen: so mangelt es in der schönen prosperity-Zeit, die jetzt für die Contrerevolution angebrochen ist, lediglich an Arbeitern und Arbeitsinstrumenten, wie Gefängnissen etc., um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. 081 Bonn, 7. Jan. Vor einigen Wochen brachte das hiesige Wochenblatt, die würdige Theeklatschbase der theuern Kölnerin, einen feinen Artikel, worin unter Anderm gesagt war, „es wäre sonderbar, die Demokraten wären überall thätig, während ihre Gegner nichts thäten; die Konstitutionellen sollten sich doch einmal rühren!“ Diese Worte scheinen gewirkt zu haben, denn der hiesige konstitutionelle Bürgerverein hat sich gerührt und am gestrigen Tage, auf Anstiften eines übergegangenen Demokraten, Hermann Hirsch geheißen, Leute aus seiner Mitte „zur Besprechung der Wahlen“ nach Siegburg gesandt, wo schon vorher deshalb eine Volksversammlung angesagt war. Es gelang ihnen wirklich, zwölf Mann, darunter Prof. Hälschner, Dr. Grimm, die Studenten Hirsch, Walesky u. A. dahin entsenden zu können. Die Herren hatten so vortrefflich ihre (theilweise niedergeschriebenen) Reden studirt, daß sie sicher dachten, weil sie allein da wären, hätten sie auch allein Recht. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Vorab waren die Siegburger nicht sehr neugierig, denn die Versammlung, welche um 1 Uhr anfangen sollte, war bei ihrer Eröffnung um 1/2 3 mit Einschluß der zwölf Bonner Apostel kaum 30 Mann stark. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1037"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 192. Köln, Donnerstag den 11. Januar. 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in <hi rendition="#b">Köln</hi> bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), <hi rendition="#b">auswärts</hi> bei allen Postanstalten Deutschlands.</p> <p>Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr <hi rendition="#b">A. Havas,</hi> Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. 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Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Inserate:</hi> Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p> <p>Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.</p> <p> <hi rendition="#b">Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“</hi> </p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Eine Entgegnung des O.-L.-G.-R. Rintelen. — Allianz der europäischen Polizei. — Die Zusammensetzung der Wählerlisten. — Regierungsthaten). Bonn. (Die Konstitutionellen in Siegburg). Neuß. (Die Wahl Temme's zum Deputirten). Münster. (Antwort Rintelen's auf Temme's Brief. — Untersuchungen). Berlin. (Zweiter Brief Temme's an Rintelen. — Eine Enthüllung der Wahlorganisationen der Demokraten. — Der „Publizist“ über die öffentliche Unsicherheit in Berlin. — Eine Untersuchung. — Das Kultusministerium. — An die Wähler auf dem Lande. — Dümcke). Löwenberg. (Soldatenexcesse). Wien. (Padivani. — Standrechtliches. — Die Nachrichten aus Pesth. — Deak. — Angebliche Zwangspässe für Deputirte. — Girardin. — Die Slowanska lipa. — Die „Presse“ und die Rheinländer. — Zehntes Armeebülletin. — Nachrichten aus Ungarn). Kremsier. (Reichstag). Aus dem Reich. (Neuestes). Frankfurt. (National-Versammlung. — Die Grundrechte).</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Bologna. (Ein reaktionärer Stadtrathsbeschluß. — Austritt aus der Junta. — Piemont will Schweizer anwerben). Mailand. (Abgeordnete nach Wien berufen).</p> <p><hi rendition="#g">Spanien</hi>. Madrid. (Die Adresse im Senat. — Neue Journale. — Cabrera).</p> <p><hi rendition="#g">Portugal</hi>. Lissabon. (Die Cortes. — Die Thronrede).</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Bunsen nach Berlin. — Die westindische Post).</p> <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Paris. (Das „kommunistische Manifest.“ — Charles Paya. — Die Pariser Jellachichblätter. — Contrerevolutionäre Intriguen. — Ministerialgerüchte. — Eugen Sue. — Die Polen bei Bonaparte. — Hr. Doussy und die 16 Cartons. — National-Versammlung.)</p> <p><hi rendition="#g">Amerika</hi>. Montevideo. (Rosa's Auftreten gegen England).</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar192_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 10. Jan.</head> <p>Der Oberlandesgerichtsrath <hi rendition="#g">Rintelen</hi> (zu Paderborn) hat der Redaction der „Neuen Rheinischen Zeitung“ die unten nachfolgende „<hi rendition="#g">Entgegnung</hi>“ zugesandt mit der „ergebensten Bitte“, sie in die „nächste“ Nummer aufzunehmen und derselben „den Platz anzuweisen, an welchem sich der angreifende Artikel befunden hat“, alles unter „Bezug auf das Gesetz über die Presse vom 17. März 1848 u. s. w. Wir weisen dem Artikel des Hrn. Rintelen einen noch höhern Rang an, als den beanspruchten. A tout seigneur toute honneur. Keineswegs halten wir uns aber zur Aufnahme der ganzen Entgegnung verpflichtet. Das Gesetz verpflichtet die Presse nur zur Aufnahme thatsächlicher Erwiderungen, keineswegs aber dazu, ihre Spalten mit Grobheiten gegen ihren eigene Korrespondenten oder mit pathetischen Ergießungen ihrer Gegner anzufüllen. Wenn wir demnach die „Entgegnung“ des Herrn Rintelen in ihrer Vollständigkeit geben, so geschieht es nur, weil wir vergeblich nach dem Theile gesucht, der eine thatsächliche Wiederlegung enthielte und daher dem Publikum überlassen müssen, sie selbst herauszufinden.</p> <p>Der Brief des Herrn Rinteln an die Redaktion schließt mit den Worten:</p> <p>„Gleichzeitig bitte ich, den Einsender des erwähnten Artikels mir zu <hi rendition="#g">nennen:</hi> widrigenfalls ich eine wohllöbliche Redaktion dafür verantwortlich machen müßte.“</p> <p>In seiner „Entgegnung“ selbst erklärt Hr. Rintelen, persönlich stelle ihn die durch den angreifenden Artikel hervorgerufene <hi rendition="#g">allgemeine Indignation</hi> vollständig zufrieden. Antworte er <hi rendition="#g">öffentlich</hi>, so geschehe es nur aus <hi rendition="#g">Pietätsrücksichten</hi>. Mit keinem Worte deutet er dem Publikum auch nur entfernt an, daß er gerichtliche oder sonstige Verfolgungen gegen den tief verachteten „<hi rendition="#g">Anonymus</hi>“ beabsichtigt. Die Redaktion appellirt daher von dem Privatbriefe des Hrn. Rintelen an seinen öffentlichen Brief und macht die Namensnennung von dem Gutdünken ihres Korrespondenten abhängig.</p> <p>Nun das besagte Aktenstück:</p> <p><hi rendition="#g">Entgegnung</hi>.</p> <p>In Nr. 185 der Neuen Rheinischen Zeitung vom 3. Januar d. J. ist in einem Artikel, bezeichnet: „ Aus Westphalen, 30. Dezember“, der Name Rintelen auf eine hämische Weise zu verdächtigen gesucht. Der Unterzeichnete, welcher diesen Namen mit Ehren zu tragen sich rühmen darf, würde eine derartige Schmähung eines Anonymus auf ihrem Unwerthe beruhen lassen, und eine vollkommen ausreichende Genugthuung in der allgemeinen Indignation erblicken, welche dieser Artikel überall da hervorgerufen hat, wo die Mitglieder der Familie Rinteln näher gekannt sind, wenn nicht diese Schmähschrift hauptsächlich durch Verdächtigung der Integrität des verstorbenen Vaters desselben, des vormaligen Konservateurs Rintelen, zu begründen gesucht wäre, und also nicht Rücksichten der Pietät ihn gezwungen, in dieser Beziehung derselben öffentlich entgegen zu treten, und solche als boshafte Verläumdung mit Entrüstung zurückzuweisen. Die Todten zu beschimpfen ist nicht die Sache eines Mannes von Ehre: de mortuis nil nisi bene. Sie mit Hülfe von Lügen unter dem Schutze der Anonymität zu verdächtigen, ist — ich überlasse es dem geehrten Leser, den passenden Ausdruck dafür zu finden. Es ist aber eine grobe Entstellung der Wahrheit, und hierin bekundet sich eben das hämische, wie das besonders verdächtigende, daß der verstorbene Konservateur Rintelen bei dem Grafen Bocholz als General-<hi rendition="#g">Rentmeister</hi> in Dienste gestanden habe. Wohl war er dessen General-<hi rendition="#g">Mandatar:</hi> eine Kasse hat er aber nie für denselben zu verwalten gehabt. In welcher Weise derselbe sein Mandat geführt hat, das kann Jeder, welchem daran gelegen, bei dem jetzt in Münster wohnenden Grafen von Bocholz ganz genau erfahren.</p> <p>Paderborn, den 8. Januar 1849.</p> <p><hi rendition="#g">Rintelen,</hi> Oberlandesgerichtsrath.</p> </div> <div xml:id="ar192_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Köln, 8. Jan.</head> <p>Vor einiger Zeit berichteten wir de dato Paris, wie die Frankfurter Flüchtlinge in Straßburg, Metz u. a. O. durch die Fürsorge deutsch-jüdischer Polizeispione gefangen gesetzt, geschubt und theils sogar mit Auslieferung an die deutsche hoch- und nothpeinliche Gerechtigkeit bedroht wurden. Heute können wir die erfreuliche Mittheilung machen, daß nicht allein die honette Republik wie das komische Musterland des Coburgers, sondern auch die interessante Bourgeois-Polizei Altenglands den Agenten des Herzogs Johann ohne Land freundlichst unter die Arme greift.</p> <p>Friedrich Wiedecker, Tapetendrucker, verfolgt wegen Theilnahme an der Frankfurter Insurrektion und „Ermordung“ des heiligen Lychnowski, wurde in Straßburg auf Denunciation von drei deutschen Juden verhaftet, durch das energische Auftreten des Kommandanten der Nationalgarde, Schützenberger, der angedrohten Auslieferung entzogen, und mit einem Zwangspaß über Metz spedirt, wo ihm abermals zwei deutsche Juden den Aufenthalt abkürzen halfen. Von Paris gelangte er durch die Hülfe der deutschen Demokraten nach London. Die Chartisten und deutschen Kommunisten verschafften ihm Arbeit in einer Fabrik, und der Reichsverräther würde das Glück, ein Deutscher zu sein, sehr bald verschmerzt haben, wenn ihn nicht unverhofft die Londoner Constabler daran erinnert hätten. Wiedecker wohnte bei einem Deutschen, dem Arbeiter H. Bauer, dessen Name auch in Deutschland durch die „kommunistischen Forderungen“ bekannt geworden ist. Eines schönen Morgens erschien ein Frankfurter Jude, Schmidt oder Schmitz, in Bauer's Wohnung, um Arbeit zu bestellen, und fragte bei dieser Gelegenheit nach dem Flüchtling Wiedecker. Bauer hatte keine Veranlassung, dem Neugierigen die gewünschte Auskunft zu geben; der Frankfurter Jude indeß zog drei, <hi rendition="#g">auf der Londoner Post konfiscirte</hi> Briefe (zwei von Windecker nach dem Auslande bestimmte, einen aus der Schweiz für ihn angekommenen) aus der Tasche, stellte sich als „ordentlichen Polizeiagenten“ vor, und erklärte, daß alles Verleugnen Wiedecker's vor dem angeborenen Polizei-Instinkt deutsch-jüdischer Reichsspürhunde vergebens sei. Den interassanten Ueberführungsstücken gegenüber leugnete Bauer die Anwesenheit Wiedecker's nicht weiter, und eine Stunde darauf erschien ein Sheriff mit zwei Constablern, um Bauer anzuzeigen, daß, wenn sich Wiedecker nach 12 Stunden noch „auf englischem Boden“ befinden ließe, nicht allein er, sondern auch Bauer mit Frau und Kindern aus dem Lande transportirt werde. Bekanntlich sind die Maigesetze von vorigem Jahre die Antwort auf die Vorstellungen von englischer Bourgeois-Gastfreiheit und Gesetzlichkeit:</p> <p rendition="#et">„Kein flüchtig Haupt hat Engelland<lb/> Von seiner Schwelle noch gewiesen!“</p> <p>In Calais traf Wiedecker dieselben deutschen Juden, die ihn in Metz denuncirt hatten, und ihn jetzt nach Paris begleiteten. Die Pariser Demokraten haben ihnen indeß auch diesmals die Spur verleidet, und Wiedecker in einen Welttheil geschafft, wo den deutschen Polizisten keine andere Ehre, als die summarischste, die Lynchjustiz blühen könnte.</p> <p>Die deutschen „Unterthanen“ können aus dieser Geschichte eine doppelte Moral ziehen, einmal daß die honette Bourgeoisehre, wie die englische Post beweist, in allen Ländern gleich beschaffen ist, und dann, daß Baiern, Hannoveraner, Schwaben bloß deshalb zu den neuen Kosten der deutschen Reichsgewalt beisteuern, damit der „<hi rendition="#g">preußische</hi>“ Gesandte, Ritter Bunsen, in London billiger zu „deutschen“ Reichsspionen gelange.</p> </div> <div xml:id="ar192_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 9. Januar.</head> <p>Von verschiedenen Seiten kommen uns Klagen zu über die willkürliche Weise, wie die Wählerliste zur ersten Kammer zusammengesetzt wird. Jedenfalls geht aus den uns bekannten Thatsachen so viel hervor, daß die größte Ungewißheit darüber herrscht, wie die Vorschriften in Betreff des Census zur Anwendung zu bringen seien. So kennen wir vier nebeneinanderliegende Gemeinden, von denen jede ihre besondere Art, die gedachte Liste zu bilden erlebt hat: In der Einen nahm der Bürgermeister nur die auf, welche 8 Thlr. Klassensteuer zahlen und berücksichtigte die, welche 5000 Thlr. besitzen oder 500 Thlr. Einkommen haben, gar nicht. In der Andern verfuhr der Bürgermeister gerade so, nahm aber auch die evangelischen Geistlichen auf, weil, <hi rendition="#g">wenn</hi> dieselben überhaupt Klassensteuer zahlen würden, sie gewiß 8 Thlr. zahlen müßten. In der Dritten berief der Bürgermeister den Gemeinderath und fertigte in Gemeinschaft mit demselben nach bestem Wissen die Wählerliste an. In der Vierten endlich fertigte der Bürgermeister ganz aus eigener Machtvollkommenheit und höherer Einsicht eine Liste derer an, deren Vermögen resp. Einkommen der gesetzlichen Vorschrift ihm zu entsprechen schien. Alle vier Gemeinden haben das Gemeinsame, daß nirgends die Einsassen selbst befragt worden sind, daß die Bürgermeister auch keine Reklamationen über behauptete Mängel angenommen, sondern die Beschwerdeführer an die Landräthe verwiesen haben. Uebrigens lauten fast aus allen ländlichen Bezirken die Nachrichten dahin, daß sich die Bauern lieber der Eintragung in diese Liste entziehen, als daß sie ihre politischen Rechte ausüben wollen. Sie meinen nämlich, es seien preußische Pfiffe im Werke und hinter dieser Ermittelung ihres Vermögens und Einkommens lauere die Steuerhöhung. Die Zahl der Wahlmänner wird demnach sehr gering ausfallen und das Meusebach'sche Wahlcomite leichtes Spiel haben.</p> </div> <div xml:id="ar192_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 9. Jan.</head> <p>Die Karnevalslust der gottbegnadeten Regierung wird allmählig zur Orgie. Suspensionen, Kriminaluntersuchungen, Einkerkerungen, Vordereitung von Haftsbefehlen en masse: das ist der jetzige Hauptinhalt preußischer Blätter. Das Suspendiren und Verhaften trifft bereits Leute, die noch vor einigen Monaten für höchst loyal galten. Jetzt ist vor Liebesbeweisen der Kamarilla nur noch sicher, wer als Royalist von altem Schrot und Korn, d. h. als Anhänger der ganzen bisherigen Staatswirthschaft, der Bevorrechtung und Junkerei in Civil und Militär, auf dem Probirstein der „Kreuzzeitungen“ und der Vereine mit Gott für König und Kosackenthum für probehaltig befunden wird. Diese Probe hat der Regierungsrath v. <hi rendition="#g">Merkel,</hi> Sohn des frühern Oberpräsidenten und bisheriger Bürgerwehr-Oberst in Liegnitz, nicht bestanden, ist daher suspendirt und wird disziplinarisch gemaßregelt. Das Ministerium hat ihn aufgefordert, seine Entlassung zu nehmen. Er hat dies verweigert. Der Ex-Oberpräsident von Schlesien, Hr. <hi rendition="#g">Pinder,</hi> der doch als Mitglied der Rechten in der Nationalversammlung zu Berlin und als Verbündeter des Hrn. Baumwollen-Milde das Volk Monate lang an die Contrerevolution verrathen half, ist ebenfalls vom Ministerium ersucht worden, seine Demission einzureichen: Herr Pinder hat, wie von Merkel, das ministerielle Ansinnen zurückgewiesen.</p> <p>In Stettin ist der Oberlandesgerichts-Referendar <hi rendition="#g">Bredow</hi> wegen einer Rede im November, der es an Schwarzweißthum gefehlt, verhaftet und gegen den Abgeordneten Bucher in Stolp die Untersuchung eingeleitet worden.</p> <p>Auch die mit einer beträchtlichen Gehaltsreduktion verbundene Verwandlung des Herrn Oberprokurator Zweiffel in den jüngsten Appellationsrath zu Köln ist ein Akt offenbarer Ungnade. Herr Zweiffel stimmte stets mit der äußersten Rechten der Vereinbarervesammlung. Wir erwähnten aber schon in unsrer Nummer vom 17. November unter Vorwarnung dieser Herrn, daß die „Neue Preußische Zeitung“ in <hi rendition="#g">Zweiffel</hi> und <hi rendition="#g">Schlink</hi> Leute erblicke, die Robespierre weit hinter sich ließen. Die jetzige preußische Regierung beweist Energie, die wir auf jeder Seite anerkennen.</p> <p>Wie in England beim Wiedereintritt der prosperity in den Fabrikgegenden die Hände und Maschinen kaum auslangen, um der Fluth der Bestellungen zu genügen: so mangelt es in der schönen prosperity-Zeit, die jetzt für die Contrerevolution angebrochen ist, lediglich an Arbeitern und Arbeitsinstrumenten, wie Gefängnissen etc., um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.</p> </div> <div xml:id="ar192_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>081</author></bibl> Bonn, 7. Jan.</head> <p>Vor einigen Wochen brachte das hiesige Wochenblatt, die würdige Theeklatschbase der theuern Kölnerin, einen feinen Artikel, worin unter Anderm gesagt war, „es wäre sonderbar, die Demokraten wären überall thätig, während ihre Gegner nichts thäten; die Konstitutionellen sollten sich doch einmal rühren!“ Diese Worte scheinen gewirkt zu haben, denn der hiesige konstitutionelle Bürgerverein hat sich gerührt und am gestrigen Tage, auf Anstiften eines übergegangenen Demokraten, Hermann Hirsch geheißen, Leute aus seiner Mitte „zur Besprechung der Wahlen“ nach Siegburg gesandt, wo schon vorher deshalb eine Volksversammlung angesagt war. Es gelang ihnen wirklich, zwölf Mann, darunter Prof. Hälschner, Dr. Grimm, die Studenten Hirsch, Walesky u. A. dahin entsenden zu können. Die Herren hatten so vortrefflich ihre (theilweise niedergeschriebenen) Reden studirt, daß sie sicher dachten, weil sie allein da wären, hätten sie auch allein Recht. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Vorab waren die Siegburger nicht sehr neugierig, denn die Versammlung, welche um 1 Uhr anfangen sollte, war bei ihrer Eröffnung um 1/2 3 mit Einschluß der zwölf Bonner Apostel kaum 30 Mann stark. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1037/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 192. Köln, Donnerstag den 11. Januar. 1849. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.
Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Streetstrand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende.
Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnismäßiger Postaufschlag hinzu.
Die Redaktion bleibt unverändert.
Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.
Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.
Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Eine Entgegnung des O.-L.-G.-R. Rintelen. — Allianz der europäischen Polizei. — Die Zusammensetzung der Wählerlisten. — Regierungsthaten). Bonn. (Die Konstitutionellen in Siegburg). Neuß. (Die Wahl Temme's zum Deputirten). Münster. (Antwort Rintelen's auf Temme's Brief. — Untersuchungen). Berlin. (Zweiter Brief Temme's an Rintelen. — Eine Enthüllung der Wahlorganisationen der Demokraten. — Der „Publizist“ über die öffentliche Unsicherheit in Berlin. — Eine Untersuchung. — Das Kultusministerium. — An die Wähler auf dem Lande. — Dümcke). Löwenberg. (Soldatenexcesse). Wien. (Padivani. — Standrechtliches. — Die Nachrichten aus Pesth. — Deak. — Angebliche Zwangspässe für Deputirte. — Girardin. — Die Slowanska lipa. — Die „Presse“ und die Rheinländer. — Zehntes Armeebülletin. — Nachrichten aus Ungarn). Kremsier. (Reichstag). Aus dem Reich. (Neuestes). Frankfurt. (National-Versammlung. — Die Grundrechte).
Italien. Bologna. (Ein reaktionärer Stadtrathsbeschluß. — Austritt aus der Junta. — Piemont will Schweizer anwerben). Mailand. (Abgeordnete nach Wien berufen).
Spanien. Madrid. (Die Adresse im Senat. — Neue Journale. — Cabrera).
Portugal. Lissabon. (Die Cortes. — Die Thronrede).
Großbritannien. London. (Bunsen nach Berlin. — Die westindische Post).
Französische Republik. Paris. (Das „kommunistische Manifest.“ — Charles Paya. — Die Pariser Jellachichblätter. — Contrerevolutionäre Intriguen. — Ministerialgerüchte. — Eugen Sue. — Die Polen bei Bonaparte. — Hr. Doussy und die 16 Cartons. — National-Versammlung.)
Amerika. Montevideo. (Rosa's Auftreten gegen England).
Deutschland. * Köln, 10. Jan. Der Oberlandesgerichtsrath Rintelen (zu Paderborn) hat der Redaction der „Neuen Rheinischen Zeitung“ die unten nachfolgende „Entgegnung“ zugesandt mit der „ergebensten Bitte“, sie in die „nächste“ Nummer aufzunehmen und derselben „den Platz anzuweisen, an welchem sich der angreifende Artikel befunden hat“, alles unter „Bezug auf das Gesetz über die Presse vom 17. März 1848 u. s. w. Wir weisen dem Artikel des Hrn. Rintelen einen noch höhern Rang an, als den beanspruchten. A tout seigneur toute honneur. Keineswegs halten wir uns aber zur Aufnahme der ganzen Entgegnung verpflichtet. Das Gesetz verpflichtet die Presse nur zur Aufnahme thatsächlicher Erwiderungen, keineswegs aber dazu, ihre Spalten mit Grobheiten gegen ihren eigene Korrespondenten oder mit pathetischen Ergießungen ihrer Gegner anzufüllen. Wenn wir demnach die „Entgegnung“ des Herrn Rintelen in ihrer Vollständigkeit geben, so geschieht es nur, weil wir vergeblich nach dem Theile gesucht, der eine thatsächliche Wiederlegung enthielte und daher dem Publikum überlassen müssen, sie selbst herauszufinden.
Der Brief des Herrn Rinteln an die Redaktion schließt mit den Worten:
„Gleichzeitig bitte ich, den Einsender des erwähnten Artikels mir zu nennen: widrigenfalls ich eine wohllöbliche Redaktion dafür verantwortlich machen müßte.“
In seiner „Entgegnung“ selbst erklärt Hr. Rintelen, persönlich stelle ihn die durch den angreifenden Artikel hervorgerufene allgemeine Indignation vollständig zufrieden. Antworte er öffentlich, so geschehe es nur aus Pietätsrücksichten. Mit keinem Worte deutet er dem Publikum auch nur entfernt an, daß er gerichtliche oder sonstige Verfolgungen gegen den tief verachteten „Anonymus“ beabsichtigt. Die Redaktion appellirt daher von dem Privatbriefe des Hrn. Rintelen an seinen öffentlichen Brief und macht die Namensnennung von dem Gutdünken ihres Korrespondenten abhängig.
Nun das besagte Aktenstück:
Entgegnung.
In Nr. 185 der Neuen Rheinischen Zeitung vom 3. Januar d. J. ist in einem Artikel, bezeichnet: „ Aus Westphalen, 30. Dezember“, der Name Rintelen auf eine hämische Weise zu verdächtigen gesucht. Der Unterzeichnete, welcher diesen Namen mit Ehren zu tragen sich rühmen darf, würde eine derartige Schmähung eines Anonymus auf ihrem Unwerthe beruhen lassen, und eine vollkommen ausreichende Genugthuung in der allgemeinen Indignation erblicken, welche dieser Artikel überall da hervorgerufen hat, wo die Mitglieder der Familie Rinteln näher gekannt sind, wenn nicht diese Schmähschrift hauptsächlich durch Verdächtigung der Integrität des verstorbenen Vaters desselben, des vormaligen Konservateurs Rintelen, zu begründen gesucht wäre, und also nicht Rücksichten der Pietät ihn gezwungen, in dieser Beziehung derselben öffentlich entgegen zu treten, und solche als boshafte Verläumdung mit Entrüstung zurückzuweisen. Die Todten zu beschimpfen ist nicht die Sache eines Mannes von Ehre: de mortuis nil nisi bene. Sie mit Hülfe von Lügen unter dem Schutze der Anonymität zu verdächtigen, ist — ich überlasse es dem geehrten Leser, den passenden Ausdruck dafür zu finden. Es ist aber eine grobe Entstellung der Wahrheit, und hierin bekundet sich eben das hämische, wie das besonders verdächtigende, daß der verstorbene Konservateur Rintelen bei dem Grafen Bocholz als General-Rentmeister in Dienste gestanden habe. Wohl war er dessen General-Mandatar: eine Kasse hat er aber nie für denselben zu verwalten gehabt. In welcher Weise derselbe sein Mandat geführt hat, das kann Jeder, welchem daran gelegen, bei dem jetzt in Münster wohnenden Grafen von Bocholz ganz genau erfahren.
Paderborn, den 8. Januar 1849.
Rintelen, Oberlandesgerichtsrath.
19 Köln, 8. Jan. Vor einiger Zeit berichteten wir de dato Paris, wie die Frankfurter Flüchtlinge in Straßburg, Metz u. a. O. durch die Fürsorge deutsch-jüdischer Polizeispione gefangen gesetzt, geschubt und theils sogar mit Auslieferung an die deutsche hoch- und nothpeinliche Gerechtigkeit bedroht wurden. Heute können wir die erfreuliche Mittheilung machen, daß nicht allein die honette Republik wie das komische Musterland des Coburgers, sondern auch die interessante Bourgeois-Polizei Altenglands den Agenten des Herzogs Johann ohne Land freundlichst unter die Arme greift.
Friedrich Wiedecker, Tapetendrucker, verfolgt wegen Theilnahme an der Frankfurter Insurrektion und „Ermordung“ des heiligen Lychnowski, wurde in Straßburg auf Denunciation von drei deutschen Juden verhaftet, durch das energische Auftreten des Kommandanten der Nationalgarde, Schützenberger, der angedrohten Auslieferung entzogen, und mit einem Zwangspaß über Metz spedirt, wo ihm abermals zwei deutsche Juden den Aufenthalt abkürzen halfen. Von Paris gelangte er durch die Hülfe der deutschen Demokraten nach London. Die Chartisten und deutschen Kommunisten verschafften ihm Arbeit in einer Fabrik, und der Reichsverräther würde das Glück, ein Deutscher zu sein, sehr bald verschmerzt haben, wenn ihn nicht unverhofft die Londoner Constabler daran erinnert hätten. Wiedecker wohnte bei einem Deutschen, dem Arbeiter H. Bauer, dessen Name auch in Deutschland durch die „kommunistischen Forderungen“ bekannt geworden ist. Eines schönen Morgens erschien ein Frankfurter Jude, Schmidt oder Schmitz, in Bauer's Wohnung, um Arbeit zu bestellen, und fragte bei dieser Gelegenheit nach dem Flüchtling Wiedecker. Bauer hatte keine Veranlassung, dem Neugierigen die gewünschte Auskunft zu geben; der Frankfurter Jude indeß zog drei, auf der Londoner Post konfiscirte Briefe (zwei von Windecker nach dem Auslande bestimmte, einen aus der Schweiz für ihn angekommenen) aus der Tasche, stellte sich als „ordentlichen Polizeiagenten“ vor, und erklärte, daß alles Verleugnen Wiedecker's vor dem angeborenen Polizei-Instinkt deutsch-jüdischer Reichsspürhunde vergebens sei. Den interassanten Ueberführungsstücken gegenüber leugnete Bauer die Anwesenheit Wiedecker's nicht weiter, und eine Stunde darauf erschien ein Sheriff mit zwei Constablern, um Bauer anzuzeigen, daß, wenn sich Wiedecker nach 12 Stunden noch „auf englischem Boden“ befinden ließe, nicht allein er, sondern auch Bauer mit Frau und Kindern aus dem Lande transportirt werde. Bekanntlich sind die Maigesetze von vorigem Jahre die Antwort auf die Vorstellungen von englischer Bourgeois-Gastfreiheit und Gesetzlichkeit:
„Kein flüchtig Haupt hat Engelland
Von seiner Schwelle noch gewiesen!“
In Calais traf Wiedecker dieselben deutschen Juden, die ihn in Metz denuncirt hatten, und ihn jetzt nach Paris begleiteten. Die Pariser Demokraten haben ihnen indeß auch diesmals die Spur verleidet, und Wiedecker in einen Welttheil geschafft, wo den deutschen Polizisten keine andere Ehre, als die summarischste, die Lynchjustiz blühen könnte.
Die deutschen „Unterthanen“ können aus dieser Geschichte eine doppelte Moral ziehen, einmal daß die honette Bourgeoisehre, wie die englische Post beweist, in allen Ländern gleich beschaffen ist, und dann, daß Baiern, Hannoveraner, Schwaben bloß deshalb zu den neuen Kosten der deutschen Reichsgewalt beisteuern, damit der „preußische“ Gesandte, Ritter Bunsen, in London billiger zu „deutschen“ Reichsspionen gelange.
* Köln, 9. Januar. Von verschiedenen Seiten kommen uns Klagen zu über die willkürliche Weise, wie die Wählerliste zur ersten Kammer zusammengesetzt wird. Jedenfalls geht aus den uns bekannten Thatsachen so viel hervor, daß die größte Ungewißheit darüber herrscht, wie die Vorschriften in Betreff des Census zur Anwendung zu bringen seien. So kennen wir vier nebeneinanderliegende Gemeinden, von denen jede ihre besondere Art, die gedachte Liste zu bilden erlebt hat: In der Einen nahm der Bürgermeister nur die auf, welche 8 Thlr. Klassensteuer zahlen und berücksichtigte die, welche 5000 Thlr. besitzen oder 500 Thlr. Einkommen haben, gar nicht. In der Andern verfuhr der Bürgermeister gerade so, nahm aber auch die evangelischen Geistlichen auf, weil, wenn dieselben überhaupt Klassensteuer zahlen würden, sie gewiß 8 Thlr. zahlen müßten. In der Dritten berief der Bürgermeister den Gemeinderath und fertigte in Gemeinschaft mit demselben nach bestem Wissen die Wählerliste an. In der Vierten endlich fertigte der Bürgermeister ganz aus eigener Machtvollkommenheit und höherer Einsicht eine Liste derer an, deren Vermögen resp. Einkommen der gesetzlichen Vorschrift ihm zu entsprechen schien. Alle vier Gemeinden haben das Gemeinsame, daß nirgends die Einsassen selbst befragt worden sind, daß die Bürgermeister auch keine Reklamationen über behauptete Mängel angenommen, sondern die Beschwerdeführer an die Landräthe verwiesen haben. Uebrigens lauten fast aus allen ländlichen Bezirken die Nachrichten dahin, daß sich die Bauern lieber der Eintragung in diese Liste entziehen, als daß sie ihre politischen Rechte ausüben wollen. Sie meinen nämlich, es seien preußische Pfiffe im Werke und hinter dieser Ermittelung ihres Vermögens und Einkommens lauere die Steuerhöhung. Die Zahl der Wahlmänner wird demnach sehr gering ausfallen und das Meusebach'sche Wahlcomite leichtes Spiel haben.
* Köln, 9. Jan. Die Karnevalslust der gottbegnadeten Regierung wird allmählig zur Orgie. Suspensionen, Kriminaluntersuchungen, Einkerkerungen, Vordereitung von Haftsbefehlen en masse: das ist der jetzige Hauptinhalt preußischer Blätter. Das Suspendiren und Verhaften trifft bereits Leute, die noch vor einigen Monaten für höchst loyal galten. Jetzt ist vor Liebesbeweisen der Kamarilla nur noch sicher, wer als Royalist von altem Schrot und Korn, d. h. als Anhänger der ganzen bisherigen Staatswirthschaft, der Bevorrechtung und Junkerei in Civil und Militär, auf dem Probirstein der „Kreuzzeitungen“ und der Vereine mit Gott für König und Kosackenthum für probehaltig befunden wird. Diese Probe hat der Regierungsrath v. Merkel, Sohn des frühern Oberpräsidenten und bisheriger Bürgerwehr-Oberst in Liegnitz, nicht bestanden, ist daher suspendirt und wird disziplinarisch gemaßregelt. Das Ministerium hat ihn aufgefordert, seine Entlassung zu nehmen. Er hat dies verweigert. Der Ex-Oberpräsident von Schlesien, Hr. Pinder, der doch als Mitglied der Rechten in der Nationalversammlung zu Berlin und als Verbündeter des Hrn. Baumwollen-Milde das Volk Monate lang an die Contrerevolution verrathen half, ist ebenfalls vom Ministerium ersucht worden, seine Demission einzureichen: Herr Pinder hat, wie von Merkel, das ministerielle Ansinnen zurückgewiesen.
In Stettin ist der Oberlandesgerichts-Referendar Bredow wegen einer Rede im November, der es an Schwarzweißthum gefehlt, verhaftet und gegen den Abgeordneten Bucher in Stolp die Untersuchung eingeleitet worden.
Auch die mit einer beträchtlichen Gehaltsreduktion verbundene Verwandlung des Herrn Oberprokurator Zweiffel in den jüngsten Appellationsrath zu Köln ist ein Akt offenbarer Ungnade. Herr Zweiffel stimmte stets mit der äußersten Rechten der Vereinbarervesammlung. Wir erwähnten aber schon in unsrer Nummer vom 17. November unter Vorwarnung dieser Herrn, daß die „Neue Preußische Zeitung“ in Zweiffel und Schlink Leute erblicke, die Robespierre weit hinter sich ließen. Die jetzige preußische Regierung beweist Energie, die wir auf jeder Seite anerkennen.
Wie in England beim Wiedereintritt der prosperity in den Fabrikgegenden die Hände und Maschinen kaum auslangen, um der Fluth der Bestellungen zu genügen: so mangelt es in der schönen prosperity-Zeit, die jetzt für die Contrerevolution angebrochen ist, lediglich an Arbeitern und Arbeitsinstrumenten, wie Gefängnissen etc., um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
081 Bonn, 7. Jan. Vor einigen Wochen brachte das hiesige Wochenblatt, die würdige Theeklatschbase der theuern Kölnerin, einen feinen Artikel, worin unter Anderm gesagt war, „es wäre sonderbar, die Demokraten wären überall thätig, während ihre Gegner nichts thäten; die Konstitutionellen sollten sich doch einmal rühren!“ Diese Worte scheinen gewirkt zu haben, denn der hiesige konstitutionelle Bürgerverein hat sich gerührt und am gestrigen Tage, auf Anstiften eines übergegangenen Demokraten, Hermann Hirsch geheißen, Leute aus seiner Mitte „zur Besprechung der Wahlen“ nach Siegburg gesandt, wo schon vorher deshalb eine Volksversammlung angesagt war. Es gelang ihnen wirklich, zwölf Mann, darunter Prof. Hälschner, Dr. Grimm, die Studenten Hirsch, Walesky u. A. dahin entsenden zu können. Die Herren hatten so vortrefflich ihre (theilweise niedergeschriebenen) Reden studirt, daß sie sicher dachten, weil sie allein da wären, hätten sie auch allein Recht. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Vorab waren die Siegburger nicht sehr neugierig, denn die Versammlung, welche um 1 Uhr anfangen sollte, war bei ihrer Eröffnung um 1/2 3 mit Einschluß der zwölf Bonner Apostel kaum 30 Mann stark.
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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