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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 203. Köln, 24. Januar 1849.

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schon nun der Verlust von Ofen und Pesth für die ungarische Sache nicht von Unwichtigkeit ist, so ist er doch nicht von der Bedeutung, als die von Oesterreich besoldeten Zeitungsschreiber verkünden, indem, wie schon vielfach bemerkt, aus Pesth und Ofen alles Werthvolle von der ungarischen Regierung fortgeschafft war und daß qu. Städte nur dadurch eine Wichtigkeit haben, daß sie die Marktplatze für die untere Donaugegend sind. -- Von diesen aber abgeschnitten, wird der bis zuletzt von der ungarischen Regierung mit ungarischen Banknoten rege gehaltene Verkehr jetzt aufhören und Pesth wie Ofen sehr bald die traurige Kopie von dem jetzt geschäfts- und verkehrlosen Wien abgeben. -- Das Stillschweigen der österreichischen Siegesposaune seit der Einahme Pesth's und Ofen's wird also vermuthlich noch lange währen, und in dem Falle das eben eingetretene Thauwetter fortdauert, wird jene Schreierin für immer verstummen, da die ungarische Armee in den besetzten Ebenen mit ihrer leichten Kavallerie zu operiren hat, gegen welche die österreichische schwere Kavallerie dort unmöglich Stand halten kann; die in den Gebirgsgegenden neuerdings errichteten Guerilla-Korps werden die Truppen der Oesterreicher lange beschäftigen und während dieser Zeit wird sich die ungarische Infanterie in dem Gebrauche der Waffen vervollkommnen können. --

Die ungarische Armee hat 67 vollständig bewaffnete und adjustirte Honved's-Bataillone, 12 (bald 18) Regimenter Kavallerie, so wie an schwerem Geschütz circa 300 Kanonen; hiernach ist es wohl nicht in Abrede zu stellen, daß die Alles in Allem kaum stärkere in Ungarn operirende österreichische Armee ohne bedeutende Verstärkung selbst in der günstigsten Jahreszeit (im Sommer) nicht weiter vordringen darf, da sie doch wenigstens die Hälfte ihrer Mannschaften zur Besetzung der schon eingenommenen Komitate und der noch in den Händen der Ungarn befindlichen Festungen Komorn, Leopoldstadt etc. zurücklassen muß.

Niemand wird bestreiten, daß die von der österreichischen Armee bis jetzt erfochlenen Siege in Italien und anderswo, größtentheils den Soldaten aus Ungarn, Kroatien und Galizien zuzuschreiben sind; Erstere sind jetzt aber feindlich gesonnen, und aus Kroatien und der Militärgrenze ist Alles Waffenfähige und Entbehrliche schon früher genommen, Galizien wird aber ferner aller Wahrscheinlichkeit nach vom General Bem occupirt werden und da in den übrigen Provinzen Oesterreichs die Revolution noch immer gährt, und eine größere Rekrutirung diese zum abermaligen Ausbruch bringen wird, außerdem noch Wien wie sämmtliche Theile des Staates schon auf das Minimum (für die jetzigen Verhältnisse) der Militärbesetzung beschränkt sind, so ist an eine namhafte Verstärkung der österreichischen Armee in Ungarn nicht zu denken.

Hierzu kommt noch das zerrüttete Finanzwesen des österreichischen Staates, sowie dee große Geldmangel in den oberen ungarischen Komitaten; dagegen ist die ungarische Regierung im Besitz der an Naturprodukten etc. reichsten Theile des Landes und sind hier die ungarischen Banknoten in voller Gültigkeit, demnach eine Erschöpfung der Kasse nicht in Aussicht steht.

Was die Stimmung der unteren Gegenden betrifft, so möge Jeder, ob mit Ungarn bekannt oder nicht, versichert sein, daß jede Lippe nur einen Fluch für Habsburg, aber tausend "Eljen" und Segensrufe für Kossuth, den Abgott der Nation hat; daß ferner die Oesterreicher mit jeder Kanone, die sie in das Innere führen (durch die im Frühjahr und Herbst unpassirbaren Wege) der ungarischen Nation ein Geschenk machen; daß auch auf den Ruf Kossuth's binnen weniger Zeit mehr denn 30 bis 40,000 berittene Shikos (Hirten, die so zu sagen mit dem Pferde Eins sind, und füglich die Kosaken Ungarns genannt werden dürfen) sich sammeln und mit ihren leichten an Entbehrung und lange Tagrreisen gewöhnten Pferden auf den unübersehbaren Steppen den Feind zu Tode hetzen werden.

Das von mir Gesagte wird Niemand, der Wahrheit liebt, widerlegen können und habe ich daher nicht nöthig, noch weiter zu beweisen, daß das Vabanque der österreichischen Regierung nur zu deren Nachtheil ausfallen kann, und ihr System, die verschiedenen Racen und Völker an einander zu hetzen, um in ihrem eigenen Fleische zu wühlen, -- zwar für jetzt geungen ist, sich aber doch zuletzt noch an dem Erfinder rächen wird."

Oedenburg, 13. Jan.

Eben erfahre ich von einem Geistlichen, der gestern von Raab kam, es seien in Csorna und Kapuvar (4-5 Meilen von hier, in der Richtung gegen Raab) neue Bauernaufstände ausgebrochen. Der in Csorna hatte zuerst stattgefunden; zu seiner Dämpfung waren die in Kapuvar liegenden Truppen gegen den erstern Ort abgeschickt worden. Kaum waren sie fort, so erhoben sich -- Sie sehen, die Sache wird mit System betrieben -- die Bauern in der Umgegend Kapuvars. Der vorhin erwähnte Geistliche stieß zwischen den beiden genannten Orten auf einen Haufen von etwa 1500 derselben, die mit Knitteln und Mistgabeln bewaffnet (andere Waffen haben sie nicht mehr) gegen Raab zogen.

(A. Z.)
Französische Republik.
16 Paris, 20. Jan.

Wenn man diese Bureaumagister und Bureauherren, die perükenlosen Nachtreter der perükenreichen Parlamentsbourgeois vorigen Jahrhunderts, und die Junker von der Lilie, und die Börsengebieter, kurz alle mit unproduktiver Scheinarbeit beschäftigten reichen Personagen heute anguckt, man muß ihnen unwillkürlich ins werthe Angesicht lachen. Es ist famos; dies patriarchalische Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt wieder, der Präsident der Republik erlangt ein halbes Milliönchen Francs jährlichen Zuschuß, um das Porto der ihm unfrankirt zugesandten Briefe zu bezahlen, und die Festgelage der "feinen Welt" überstürzen sich, und die zahllosen Bonaparte's lassen den Champagner knallen und der Hauptbonaparte, der Held von Boulogne, der Märtyrer von Ham, kutschirt aus einer Soiree in die andere und macht den Gemahlinnen seiner Minister den Hof und trinkt, während ringsum die Tafelgäste politisiren und ihn hochleben lassen und die heilige Allianz der Potentaten.

Wie sie so schiffen,
Die lieben Heitern!
Und an den Riffen
Werden sie scheitern.

Dahinten ... dahinten ... da kommt er -- der Tod!

"Ja wohl, er kommt, so gewiß die Tinte aus dieser Feder und der Medoc im Elysium fließt. Vorgestern war Nachts großer Musikjubel und Tanzvergnügen im Wintergarten, einem prächtigen Glas- und Gewächshause in den elysischen Feldern, unweit des Elysiumspalais des Bonaparte, und wer hineinwollte, mußte 10 bis 20 Fr. zahlen. In derselben Nacht wurden wieder viele Juniinsurgenten auf Zellenwagen in die unterirdischen Kerker von Doullens und St. Michel und nach den Galeeren verfahren und genau die Polka's akkompagnirten das Jammergeschrei der Abschied nehmenden Weiber und Kinder, und die Eisenringe der Beinkette wurden gehämmert just als die Tompeten Tusch bliesen in die Ohren der sich amüsirenden Malthusritter und ihres Trosses. Jetzt endlich, was vor Wochen schon hätte geschehen müssen, unterzeichnet man eine Petition an die Kammer, sich erst nach Votirung der s. g. organischen Gesetze zu trennen; sämmtliche demokratische Redaktionen Frankreichs lassen Listen herumtragen. Eine andere Petition geht an die Nationalassemblee, des Inhalts: "sie möge die im April 1825 dem Lande abgezwackten ein Tausend Millionen s. g. Entschädigung für die in der Gouillotinenzeit in ihren Rechten und Gütern geschädigten Adligen und Legitimisten, jetzt wieder diesen Personen oder deren Kindern abnehmen und die 3proz. Zinsen seit 1825 obendrein; diese Summe sei fortan zur Rückzahlung der Neunsous-Steuer an die Steuerpflichtigen, desgleichen zur Ermäßigung sonstiger Abgaben zu benutzen." Die Wuth der volksfeindlichen Journale darüber ist sehr lustig anzusehen.

Folgendes sind die vielfach merkwürdigen Statuten der Solidaritätsgesellschaft, die sich täglich mehr ausdehnt, wie in ihrem Bülletin des Innern enthalten sind: "Freunde, wir sind hinaus über das Projektmachen und Hoffen; wir handeln. Gegen elfhundert Associirte werden dies Bülletin zugeschickt bekommen und ihre Energie wird dadurch wachsen. Das Centrum unserer Association der Solidarität, Boulevard St. Martin Nr. 43, besteht aus: Dameth, Schriftsteller, Präsident; Madame Dervins; Schneider Tournot, Vizepräsidenten; Bourreif, Kaufmann, Säckelmeister; Mace, Schriftsteller, Sekretär. Das Oberleitungscomite besteht aus den Damen Gay, Psalmon, Brasier, und Bedigie, Porzellanmahler; Bordet, Arzt; Vial, Arzt; Robin, Dr. jur.; Mathis, Maler; Picart, Zahnarzt; Duval, Architekt. In der Abendsitzung der zweiten Generalversammlung der Solidarität am 19. Okt. haben wir 17 kleine Serien eingerichtet, deren größerer Theil jetzt vollständig ist, jede aus zehn Gruppen, mit zehn Mitgliedern in der Gruppe. Jede Serie führt einen Straßennamen. (Werden 14 Serien in Paris, 2 im Pariser Weichbild aufgezählt nebst Adressen und Stand ihrer Chefs). In der Provence, in Laon, Amiens, Lyon, Auch u. s. w. geschieht ein Gleiches. Der Chef einer Serie versieht die Leitung, Vervollständigung, sozialistische Bildung aller seiner Serienmitglieder. Dazu verbindet er sich mit den Chefs seiner Gruppen. Jede Woche geben die Gruppenchefs die Beiträge an den Serienchef, nebst Verzeichniß der neu Aufgenommenen. Er giebt ihnen die Rundschreiben, Zeitungen, Flugblättchen u. s. w. für jedes Gruppenmitglied. Der Serienchef berichtet über materielle und intellektuelle Bedürfnisse seiner Serie. Wenn diese Serien vollständig sind, wollen wir sie zu Ober-Serien heranheben. Dazu ist eine abermalige Generalversammlung nöthig. Wer der Gesellschaft einen Aufzunehmenden zuführt, bekommt ein Billet und wer 25 Billets hat, erhält vom Leitungskomite einen Empfangsschein und wird im nächsten Bülletin der Gesellschaft erwähnt; und zwar sowohl er selbst als die bezügliche Gruppe und Serie.

"Eine Beisteuer von drei Sous ist (etwas über einen Silbergroschen) mindestens wöchentlich von Männern, von zwei Sous von Frauen zu erheben. Freiwillige Zuschüsse werden gern angenommen. Jedes Mitglied verzeichnet eigenhändig in das Rechenbuch seines Gruppenchefs seinen Beitrag, aber nicht mit Ziffern sondern mit Buchstaben. Im Rechenbuche seines Serienchefs dagegen hört das etwaige freiwillige Geschenk auf ein anonymes zu sein und so erhält es den Namen der Gruppe von der es ausgegangen. Persönliche Eitelkeit ist unausstehlich, aber Gruppen-Ehrgeiz, und gar Ehrgeiz einer Serie ist nützlich, hat sozialen Charakter, und darf dreist ermuthigt werden. -- Wir haben nunmehr drei Ausschußräthe eingesetzt."

"Den des Handels, der Arbeit, der Oberaufsicht. Ersterer besteht aus Masel, Kaufmann, Präsident. Cadenne, Kaufmann, Vicepräsident, und Morard, Schriftsteller, Sekretär. Sonstige Mitglieder sind (folgt die Liste). Dieser Ausschuß examinirt die Vorlagen eines Austauschsystems nach Solidaritätsprinzipien zwischen den Produzenten und Konsumenten; ein innerhalb unsrer Association kursirendes Cirkulationspapier, oder Konsumtionsbons werden nebst einer einheitlichen Handelsagentur ins Werk gesetzt werden.

Der Arbeitsausschuß besteht aus Bordet, Arzt, Präsident. Baudet, Kalligraph, Vicepräsident. Charpentier, Advokat; Mitglieder sind: (meist Arbeiter, auch eine Dame, die Dirigentin der Association der Weißzeugverfertigerinnen).

Dieser Ausschuß verschafft den Arbeitern Arbeit und folglich den Arbeitgebern Arbeiter. Er will die Löhnung auf Friedenswege innerhalb des Vereins in Association umschaffen. Er richtet Bureaus für Arbeitsvertheilung ein. Er sucht mehrere große Gewerke, z. B. die Schneider, zum Associiren zu bewegen und die Klientel der ganzen Gesellschaft ihnen zuzuwenden.

"Der Aufsichtsausschuß wird die Oberleitung der Geldsachen übernehmen.

"Die nächste General-Versammlung wird ein Comite der Propaganda mit Wort und Feder, und ein Comite der Künste mit den gehörigen Sektionen der einzelnen Kunstzweige, einsetzen.

"Ein Journal ist nothwendig, aber nach den neuen Preßhindernissen, genannt Preßgesetze, muß ein wöchentlches schon 12,000 Fr. Kaution stellen. Wir haben diese Summe nicht im Beutel, aber durch genaus Vorausabzählen der Abonnirenden können wir viel ausrichten. Die erste Nummer würde 1000 a 1200 Fr. kosten um gebührlich verbreitet zu werden. Das Exemplar koste 2 Sous oder tausend kosten 100 Fr. Wir müssen also wenigstens 10,000 Exemplare a 2 Sous unterbringen, um die ersten Ausgaben des Blattes herauszuschlagen. Wir zählen an 1500 Personen; wollte sich jede zum Unterbringen von 5 Exemplaren verpflichten, so sicherte uns dies den Verkauf von 7500 Exemplaren; dazu 2500 auf der Straße zu verkaufende, giebt 10,000 Exemplare deren Verkauf vorher gesichert wäre. Das Journal würde den Titel tragen: Volksthümliches Unterrichtsblatt für Socialwissenschaft.

"Unser Arbeitsvertheilungs- oder Placirungs-Bureau wird Straße Melay Nro. 35 fungiren unter Leitung des Mitglieds Charpentier, Advokat. Er steht mit brüderlichem Rathe allen Associirten unentgeldlich zu Gebot. In diesem Bureau melden sich arbeitsuchende Arbeiter und arbeitersuchende Meister. Alle Einschreibegelder, die sonst üblich, sind total abgeschafft, jedoch wenn gesuchte Arbeit gegeben worden ist, müssen vom Meister oder Arbeiter fünf Sous (zwei Silbergr.) an ihren respektiven Gruppenchef für die Centralkasse, zum Instandhalten dieses Placirbureau, entrichtet werden.

Ein glücklicher Zufall hat gewollt, daß unsre Freunde eine Ackerkolonie bei Paris besitzen. Die sehr guten und zahlreichen Gemüse derselben werden durch ein neues Verkaufssystem den Mitgliedern der Solidarität zu Gebote gestellt werden.

"Ein medizinischer Dienst für alle Mitglieder, bis ein spezieller für jede Serie eingeführt sein wird, organisirt sich durch die Aerzte Vial, Bordet, Deschenaux, Zahnärzte Picart, Le Provost, Hebammen Füret und Basset. Die Konsultation ist unentgeldlich. -- Unser Leselokal, Boulevard St. Martin 43, steht offen von 8 Morgens bis 10 Abends. Soweit sind wir jetzt; aber wenn wir zwanzigtausend stark sind, dann ist die Arbeit allen Associirten gesichert; die Propagandainstrumente, nämlich Bücher und Broschüren, werden den Associirten gratis gegeben; dann erst können wir 20,000 Aktien a 10 Fr. (zahlbar durch je zwei Fr. alle Vierteljahre) schaffen, d. h. eine Kapitalsmacht von 200,000 Fr. auf die Beine stellen, und wenn es sein muß, um 150,000 Fr. ein Landstück nebst Bäulichkeiten ankaufen; die 50,000 Fr. Rest mögen alsdann zum Einrichten eines wirklichen Mittelpunkts der Societät dienen, nebst Magazin für die Produkte, nebst Versammlungszimmern, Geschäftslokalen, Speisesälen, kurz einer sozialen Stadt innerhalb der alten."

12 Paris, 19. Januar.

Napoleon hat einen andern Napoleon zur Welt gebracht: der Präsident hat einen Vicepräsidenten geboren. Nach der Konstitution steht, wie man weiß, dem Präsidenten das Recht zu, eine Liste von drei Kandidaten der Versammlung vorzulegen, und die Nationalversammlung hat aus diesen dreien den ihr passenden zu ernennen. Alle Welt hatte Augen und Ohren geöffnet, als Herr Leon Faucher, Minister des Innern, die Tribüne bestieg, um die 3 Namen zu verlesen. In schwierigen, mißlichen Umständen, besonders wenn die Sache nicht ganz biedermännisch steht, dann überträgt der Biedermann Barrot gerne einem Andern seine Stelle als erster Minister. Die einen dachten: wer mag wohl der erste auf der Liste sein? Lamartine, Dufaure, oder Barrot: Nein, nein, sagten die andern Mole wird's: Ja, Mole muß Vicepräsident werden! -- Was, Mole? sagten wieder Andere; Thiers, den Thiers müssen wir haben; der kann unserer Finanzroth ein Ende machen! -- Ihr habt Alle das Rechte nicht getroffen, meinten wieder Andere; Napoleon ist ein Spaßvogel und Barrot hat eine Rache auszuüben. Ihr sollt sehen, er hat den Cavaignac oben an auf die Liste geschrieben. Nun denke man sich das allgemeine Staunen, als Faucher den Namen Boulay aussprach. Die Deputirten sahen mit starren Augen auf Boulay, Boulay sah mit starren Augen auf die Deputirten: er war ebenso wenig auf diese Ehre vorbereitet als alle Uebrigen, und dies allgemeine Staunen machte sich Luft in einem homerischen Lachen. Nun, bei dem zweiten Namen wird's besser kommen; wer weiß was Napoleon im Schilde führte? Hören wir den zweiten Namen! -- Baraguay-d' Hilliers? Ja, da war es aus mit dem Lachen. Man glaubte an eine Mystifikation. Der arme General erwartete für sich eben so wenig seinen Namen zu hören als Boulay. Vicepräsident der Republik mit 100,000 Frs. jähritlichem Gehalt u. freier Wohnung au petit Louxembourg! also der zweie im Staate und der erste im Staatsrathe! (der Vicepräsident der Republik ist nämlich Präsident des Staatsraths). Boulay und Hilliers waren wie aus den Wolken gefallen. Boulay sah auf Hilliers; Hilliers sah auf Boulay; der Bauer sah die Eule an, die Eule sah den Bauer an.

Boulay und Hilliers, zwei Vicepräsidenten, der eine eben so unmöglich wie der andere und beide gleich bornirt. Das ist gewiß wieder ein Staatsstreich des Herrn Odilon-Barrot. Der Präsident des Ministeriums sagte: ich will nicht Vicepräsident der Republik sein. Die Presse aber sagte und bewies: Odilon-Barrot kann nicht Vicepräsident der Republik werden Der "Charivari" dagegen sagt: Odilon-Barrot will nicht Vicepräsident sein; er will Vicepräsidenten machen, welches letztere weit ruhmvoller ist und sich auch besser ausnimmt auf einer künftigen Grabschrift. Da würde es dann heißen: Odilon-Barrot der große Biedermann hat nicht Vicepräsident sein wollen, er hat Vicepräsidenten machen wollen.

Wenn dem so ist, so hat Barrot bei der Auswahl, die er getroffen, sehr politisch verfahren. Er begriff recht wohl, daß der Vicepräsident nicht gescheidter sein dürfte, als der Präsident der Republik und es handete sich nun darum, 3 Männer in der Kammer zu finden, die dieser Anforderung Genüge leisten konnten. Das war allerdings eine schwierige Aufgabe, obgleich die Kammer 900 Mitglieder zählte und Exemplare aller Art enthält. In der Wahl des Herrn Boulay (de Meurthe) und d'Hilliers hat Barrot wirklich Scharfsinn und Menschenkenntniß bewiesen. Boulay steht noch eine Stufe tiefer als Napoleon, und Hilliers ungefähr auf gleicher Stufe wie Napoleon. Einen dritten Ebenbürtigen war unmöglich zu finden, und man mußte sich entschließen, Vivien den andern als Paß mitzugeben. Hilliers nämlich ist beinahe so bornirt als Napoleon, aber Boulay ist noch bornirter als Napoleon! Nun kommt aber Barrot und lehnt alle Verantwortlichkeit von sich ab. Er will eben so wenig etwas von der Wahl gewußt haben, als Faucher. Sollte Napoleon vielleicht schlauer als beide, schlauer als die Kammer, schlauer als die Konstitution sein? Wer weiß! Stille Wasser sind tief! Napoleon wollte einen Vicepräsidenten haben und er mußte der Kammer drei Vicepräsidenten vorlegen. -- Den Vicepräsidenten, den du gerne möchtest, bekömmst Du nicht -- sagte ihm Barrot: Die Kammer steht uns feindlich entgegen, und sie wird jedenfalls suchen, gegen Deine Wünsche zu handeln. Wir haben ihr neulich einen Streich gespielt; sie wird Dir jetzt einen Streich spielen und Dir einen Vicepräsidenten aufbinden wollen, der Dir nicht genehm. -- Ich will aber Vivien haben! -- Sie wird Dir Lamartine geben! -- Ich schreibe Lamartine nicht auf die Liste. -- Nun, so schreibe Dufaure auf die Liste! -- Ich will Dufaure auch nicht haben! -- So schreibe Cavaignac auf die Liste. -- Ich will aber Cavaignac auch nicht haben. -- So schreibe Thiers. -- Ich will aber Thiers auch nicht haben. -- Nun, so schreibe Mole. -- Ich will aber Mole auch nicht haben. -- Nun, so gehe zum Teufel und schreibe X! -- Ja, Barrot hat recht, ich will x schreiben, aber nicht ein x; ich will x x schreiben; ich will zwei unbekannte Größen schreiben, dann müssen sie mir die bekannten Größen durch eine einfache Rechnungsoperation zukommen lassen! Ich habe es gefunden! Heureyka! Heureka!

Napoleon war schlauer als Barrot, schlauer als die Constitution, schlauer als die Deputirten und ist sogar schlauer noch als alle Journalisten.

Kammer und Journale wissen nicht, woran sie halten, und Barrot schwört bei Plutarch, daß er unschuldig sei bei der Wahl Boulay's und Hilliers! Selbst den "Charivari" hat Napoleon hinters Licht geführt, denn der Charivari meint noch immer, Boulay sei vorgeschlagen wegen seines enbonpoint, d. h. seines dicken konservativen Bauches!

12 Paris, 20. Januar.

Also nicht Vivien ist Vice-Präsident, Boulay ist's geworden. Was für ein Boulay? Wer anders, als Boulay der x, Boulay, die unbekannte Größe, welche die Kammer mit einem einzigen Schlage zur bekannten Größe gestempelt hat. Also Boulay, die eine von den beiden Nullen ist Vice-Präsident, d. h. die zweite Person im Staate geworden. Das Ministerium dachte ungeheuer listig verfahren zu haben, als es zu den zwei Nullen eine schmächtige Einheit wie Vivien hinzusetzte, und glaubte nun sich seines Triumphes gewiß. Die Kammer war noch listiger und wählte die Null. Dem bornirten Napoleon hat sie einen Mann zugesellt, der noch bornirter ist als er; similia similibus curantur.

In der allgemeinen Auflösung, worin sich die offizielle Welt befindet, wird das Unwahrscheinlichste das Wahre; natürlich vom diplomatischen Standpunkte aus. Ein Theil der Rue Poitier[unleserliches Material] und der "Nationals" haben für Boulay gestimmt; die Montagne hat sich der Abstimmung enthalten. Nun denke man sich: als vorgestern der Name Boulay zum ersten Male ausgesprochen wurde, entstand ein allgemeines Gelächter; als heute der Name Boulay als Vice-Präsident genannt ward, entstand ein allgemeines Bravoklatschen. Nun sagen aber auch dieselben Leute, die heute bravo klatschen: Boulay ist keine Null, Boulay ist kein x; denn Boulay ist der Liebling Napoleon's, der Mann, der beständig der napoleonischen Dynastie angehangen. Wenn nun Napoleon der Liebling des Landes ist, mit sieben Millionen erwählt, so können wir nicht besser thun, als den Liebling des Lieblings zum Vice-Präsidenten zu wählen. Wir haben uns einmal geirrt, indem wir unsere Stimme dem Cavaignac gaben; wir wollen jetzt nicht noch einmal irregehen. Das ist die Klugheit, mit welcher die Kammer sich entschuldigte, die Dummheit auszuwählen.

Der Vice-Präsident ist die Frau des Präsidenten, während das Ministerium nur seine Maitresse ist; das heißt: Der Präsident lebt und stirbt mit dem Vice-Präsidenten, unbeschadet aller ministeriellen Veränderungen. Das Ministerium dagegen ist die Maitresse des Präsidenten, die er jeden Augenblick mit einer andern vertauschen kann. Das Ministerium und der Biedermann Odilon-Barrot haben aber das umgekehrte Verhältniß eintreten lassen wollen; Barrot wollte der Maitre sein und Napoleon zur Maitresse nehmen, um bei der ersten Gelegenheit diese Maitresse mit einer andern, der Herzogin von Orleans, zu vertauschen. Man sieht: die offizielle Welt dupirt sich wechselseitig, die einen wollen die andern vor die Thüre werfen, und sie werden nicht eher ruhen, bis sie sich gegenseitig herausgeworfen haben. --

Paris, 20. Januar.

Thiers, bekanntlich Mitglied der Falloux'schen Commission für den Primar- und Sekundarunterricht, wohnt den Sitzungen dieser Commission fleißig bei. "Es gibt nur zwei Mittel", äußerte er in der letzten Sitzung nach einem längern Vortrage, "dem Lande wieder Ruhe zu verschaffen und die atheistisch-sozialistischen Ideen zu vertilgen. Diese Mittel sind a) Krieg nach Außen oder b) Unterdrückung der von Carnot beabsichtigten Volksschulen."

Peupin, der auch in dieser sauberen Commission sitzt, wollte seinen Ohren kaum trauen, als er diese Worte aus dem Munde des Revolutionsgeschichtsschreibers und Exadvokaten hörte und protestirte lebhaft gegen eine solche Logik.

Selbst Dupanloup, Generalvikar von Notre-Dame, der auch der Sitzung beiwohnte, erklärte mit satirischem Lächeln: daß Hr. Thiers doch etwas zu weit ginge!

-- Der Cassationshof hat bereits seinen Präsidenten Berenger (einen der stümmsten Deputirten) und fünf seiner Glieder für Organisation des Nationalgerichtshofs bezeichnet. Wir hätten nun auch eine Nationaljustiz!

-- A. Blanqui richtet aus dem Donjon von Vincennes einen Brief an "Peuple", worin er seinen Nachbar auf der untersten linken Bank im Saale der National-Versammlung am 15. Mai zum Zeugen für gewisse Thatsachen auffordert. Er kennt diesen Nachbar nicht, hofft aber, daß er sich selbst nenne.

Paris, 21. Januar.

In Betreff der Amnestiefrage äußert sich der Moniteur u. A. dahin Man spreche von einer Verpflichtung, die der Präsident übernommen habe: Amnestie zu bewilligen.

"Wahr ist, daß er mehrere Male, bei Privatgesprächen, den Wunsch ausdrückte, sein Gelübde (voeu) zu erfüllen, das er in seinem Manifest machte und auch immer in seinem Herzen bleiben wird, nämlich Amnestie zu ertheilen, wann es ohne Gefahr werde geschehen können. Aber eine Verpflichtung hat er nicht übernommen."

-- In dem Brea-Proceß wurde gestern der Adjutant Brea's (Hr. Demarest, derselbe, der sich mit Maugin, während der General von den Insurgenten erschossen wurde, unter dem Bett der Wachstube verkroch) als Hauptbelastungszeuge verhört.

-- Der Moniteur enthält einen Erlaß des Finanzministers, der in ziemlich umständlicher Weise den Eisenbahn- und Zollamtsdirektionen auseinandersetzt, unter welchen Bedingungen sie das Plombiren von Waarenzügen auch auf alle übrigen Richtungen Frankreichs ausdehnen dürfen. Bisher war dieser Vortheil bekanntlich nur den von Köln und Brüssel herkommenden Waarenzügen, sowie dem Gepäck der Reisenden gestattet.

-- Die Dame, deren Verhaftung wir vor acht Tagen anzeigten, weil sie angeklagt sei, die Flucht Lacambre's und Barthelemy's bewerkstelligt zu haben, heißt Adele Blanqui und ist die Schwester des berühmten Gefangenen in Vincennes.

-- Heute sind es 57 Jahre, daß König Ludwig XVI auf dem Revolutionsplatz (Place de la Concorde) hingerichtet wurde. Dieses Ereigniß wird in doppelter Weise gefeiert. Um 3 Uhr hielt Abbe Freschon im Notre-Dame des Victoires eine Fastenpredigt. Um 5 Uhr findet in dem kolossalen neuen Klubsaale, Rue Martel 9, ein Volksbankett zu Ehren jenes Ereignisses statt, das gerade in diesem Jahre im Hinblick auf Vergangenheit wie noch mehr auf die Zukunft festlich begangen zu werden verdient.

schon nun der Verlust von Ofen und Pesth für die ungarische Sache nicht von Unwichtigkeit ist, so ist er doch nicht von der Bedeutung, als die von Oesterreich besoldeten Zeitungsschreiber verkünden, indem, wie schon vielfach bemerkt, aus Pesth und Ofen alles Werthvolle von der ungarischen Regierung fortgeschafft war und daß qu. Städte nur dadurch eine Wichtigkeit haben, daß sie die Marktplatze für die untere Donaugegend sind. — Von diesen aber abgeschnitten, wird der bis zuletzt von der ungarischen Regierung mit ungarischen Banknoten rege gehaltene Verkehr jetzt aufhören und Pesth wie Ofen sehr bald die traurige Kopie von dem jetzt geschäfts- und verkehrlosen Wien abgeben. — Das Stillschweigen der österreichischen Siegesposaune seit der Einahme Pesth's und Ofen's wird also vermuthlich noch lange währen, und in dem Falle das eben eingetretene Thauwetter fortdauert, wird jene Schreierin für immer verstummen, da die ungarische Armee in den besetzten Ebenen mit ihrer leichten Kavallerie zu operiren hat, gegen welche die österreichische schwere Kavallerie dort unmöglich Stand halten kann; die in den Gebirgsgegenden neuerdings errichteten Guerilla-Korps werden die Truppen der Oesterreicher lange beschäftigen und während dieser Zeit wird sich die ungarische Infanterie in dem Gebrauche der Waffen vervollkommnen können. —

Die ungarische Armee hat 67 vollständig bewaffnete und adjustirte Honved's-Bataillone, 12 (bald 18) Regimenter Kavallerie, so wie an schwerem Geschütz circa 300 Kanonen; hiernach ist es wohl nicht in Abrede zu stellen, daß die Alles in Allem kaum stärkere in Ungarn operirende österreichische Armee ohne bedeutende Verstärkung selbst in der günstigsten Jahreszeit (im Sommer) nicht weiter vordringen darf, da sie doch wenigstens die Hälfte ihrer Mannschaften zur Besetzung der schon eingenommenen Komitate und der noch in den Händen der Ungarn befindlichen Festungen Komorn, Leopoldstadt etc. zurücklassen muß.

Niemand wird bestreiten, daß die von der österreichischen Armee bis jetzt erfochlenen Siege in Italien und anderswo, größtentheils den Soldaten aus Ungarn, Kroatien und Galizien zuzuschreiben sind; Erstere sind jetzt aber feindlich gesonnen, und aus Kroatien und der Militärgrenze ist Alles Waffenfähige und Entbehrliche schon früher genommen, Galizien wird aber ferner aller Wahrscheinlichkeit nach vom General Bem occupirt werden und da in den übrigen Provinzen Oesterreichs die Revolution noch immer gährt, und eine größere Rekrutirung diese zum abermaligen Ausbruch bringen wird, außerdem noch Wien wie sämmtliche Theile des Staates schon auf das Minimum (für die jetzigen Verhältnisse) der Militärbesetzung beschränkt sind, so ist an eine namhafte Verstärkung der österreichischen Armee in Ungarn nicht zu denken.

Hierzu kommt noch das zerrüttete Finanzwesen des österreichischen Staates, sowie dee große Geldmangel in den oberen ungarischen Komitaten; dagegen ist die ungarische Regierung im Besitz der an Naturprodukten etc. reichsten Theile des Landes und sind hier die ungarischen Banknoten in voller Gültigkeit, demnach eine Erschöpfung der Kasse nicht in Aussicht steht.

Was die Stimmung der unteren Gegenden betrifft, so möge Jeder, ob mit Ungarn bekannt oder nicht, versichert sein, daß jede Lippe nur einen Fluch für Habsburg, aber tausend „Eljen“ und Segensrufe für Kossuth, den Abgott der Nation hat; daß ferner die Oesterreicher mit jeder Kanone, die sie in das Innere führen (durch die im Frühjahr und Herbst unpassirbaren Wege) der ungarischen Nation ein Geschenk machen; daß auch auf den Ruf Kossuth's binnen weniger Zeit mehr denn 30 bis 40,000 berittene Shikos (Hirten, die so zu sagen mit dem Pferde Eins sind, und füglich die Kosaken Ungarns genannt werden dürfen) sich sammeln und mit ihren leichten an Entbehrung und lange Tagrreisen gewöhnten Pferden auf den unübersehbaren Steppen den Feind zu Tode hetzen werden.

Das von mir Gesagte wird Niemand, der Wahrheit liebt, widerlegen können und habe ich daher nicht nöthig, noch weiter zu beweisen, daß das Vabanque der österreichischen Regierung nur zu deren Nachtheil ausfallen kann, und ihr System, die verschiedenen Racen und Völker an einander zu hetzen, um in ihrem eigenen Fleische zu wühlen, — zwar für jetzt geungen ist, sich aber doch zuletzt noch an dem Erfinder rächen wird.“

Oedenburg, 13. Jan.

Eben erfahre ich von einem Geistlichen, der gestern von Raab kam, es seien in Csorna und Kapuvár (4-5 Meilen von hier, in der Richtung gegen Raab) neue Bauernaufstände ausgebrochen. Der in Csorna hatte zuerst stattgefunden; zu seiner Dämpfung waren die in Kapuvár liegenden Truppen gegen den erstern Ort abgeschickt worden. Kaum waren sie fort, so erhoben sich — Sie sehen, die Sache wird mit System betrieben — die Bauern in der Umgegend Kapuvárs. Der vorhin erwähnte Geistliche stieß zwischen den beiden genannten Orten auf einen Haufen von etwa 1500 derselben, die mit Knitteln und Mistgabeln bewaffnet (andere Waffen haben sie nicht mehr) gegen Raab zogen.

(A. Z.)
Französische Republik.
16 Paris, 20. Jan.

Wenn man diese Bureaumagister und Bureauherren, die perükenlosen Nachtreter der perükenreichen Parlamentsbourgeois vorigen Jahrhunderts, und die Junker von der Lilie, und die Börsengebieter, kurz alle mit unproduktiver Scheinarbeit beschäftigten reichen Personagen heute anguckt, man muß ihnen unwillkürlich ins werthe Angesicht lachen. Es ist famos; dies patriarchalische Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt wieder, der Präsident der Republik erlangt ein halbes Milliönchen Francs jährlichen Zuschuß, um das Porto der ihm unfrankirt zugesandten Briefe zu bezahlen, und die Festgelage der „feinen Welt“ überstürzen sich, und die zahllosen Bonaparte's lassen den Champagner knallen und der Hauptbonaparte, der Held von Boulogne, der Märtyrer von Ham, kutschirt aus einer Soirée in die andere und macht den Gemahlinnen seiner Minister den Hof und trinkt, während ringsum die Tafelgäste politisiren und ihn hochleben lassen und die heilige Allianz der Potentaten.

Wie sie so schiffen,
Die lieben Heitern!
Und an den Riffen
Werden sie scheitern.

Dahinten … dahinten … da kommt er — der Tod!

„Ja wohl, er kommt, so gewiß die Tinte aus dieser Feder und der Medoc im Elysium fließt. Vorgestern war Nachts großer Musikjubel und Tanzvergnügen im Wintergarten, einem prächtigen Glas- und Gewächshause in den elysischen Feldern, unweit des Elysiumspalais des Bonaparte, und wer hineinwollte, mußte 10 bis 20 Fr. zahlen. In derselben Nacht wurden wieder viele Juniinsurgenten auf Zellenwagen in die unterirdischen Kerker von Doullens und St. Michel und nach den Galeeren verfahren und genau die Polka's akkompagnirten das Jammergeschrei der Abschied nehmenden Weiber und Kinder, und die Eisenringe der Beinkette wurden gehämmert just als die Tompeten Tusch bliesen in die Ohren der sich amüsirenden Malthusritter und ihres Trosses. Jetzt endlich, was vor Wochen schon hätte geschehen müssen, unterzeichnet man eine Petition an die Kammer, sich erst nach Votirung der s. g. organischen Gesetze zu trennen; sämmtliche demokratische Redaktionen Frankreichs lassen Listen herumtragen. Eine andere Petition geht an die Nationalassemblée, des Inhalts: „sie möge die im April 1825 dem Lande abgezwackten ein Tausend Millionen s. g. Entschädigung für die in der Gouillotinenzeit in ihren Rechten und Gütern geschädigten Adligen und Legitimisten, jetzt wieder diesen Personen oder deren Kindern abnehmen und die 3proz. Zinsen seit 1825 obendrein; diese Summe sei fortan zur Rückzahlung der Neunsous-Steuer an die Steuerpflichtigen, desgleichen zur Ermäßigung sonstiger Abgaben zu benutzen.“ Die Wuth der volksfeindlichen Journale darüber ist sehr lustig anzusehen.

Folgendes sind die vielfach merkwürdigen Statuten der Solidaritätsgesellschaft, die sich täglich mehr ausdehnt, wie in ihrem Bülletin des Innern enthalten sind: „Freunde, wir sind hinaus über das Projektmachen und Hoffen; wir handeln. Gegen elfhundert Associirte werden dies Bülletin zugeschickt bekommen und ihre Energie wird dadurch wachsen. Das Centrum unserer Association der Solidarität, Boulevard St. Martin Nr. 43, besteht aus: Dameth, Schriftsteller, Präsident; Madame Dervins; Schneider Tournot, Vizepräsidenten; Bourreif, Kaufmann, Säckelmeister; Macé, Schriftsteller, Sekretär. Das Oberleitungscomite besteht aus den Damen Gay, Psalmon, Brasier, und Bedigie, Porzellanmahler; Bordet, Arzt; Vial, Arzt; Robin, Dr. jur.; Mathis, Maler; Picart, Zahnarzt; Duval, Architekt. In der Abendsitzung der zweiten Generalversammlung der Solidarität am 19. Okt. haben wir 17 kleine Serien eingerichtet, deren größerer Theil jetzt vollständig ist, jede aus zehn Gruppen, mit zehn Mitgliedern in der Gruppe. Jede Serie führt einen Straßennamen. (Werden 14 Serien in Paris, 2 im Pariser Weichbild aufgezählt nebst Adressen und Stand ihrer Chefs). In der Provence, in Laon, Amiens, Lyon, Auch u. s. w. geschieht ein Gleiches. Der Chef einer Serie versieht die Leitung, Vervollständigung, sozialistische Bildung aller seiner Serienmitglieder. Dazu verbindet er sich mit den Chefs seiner Gruppen. Jede Woche geben die Gruppenchefs die Beiträge an den Serienchef, nebst Verzeichniß der neu Aufgenommenen. Er giebt ihnen die Rundschreiben, Zeitungen, Flugblättchen u. s. w. für jedes Gruppenmitglied. Der Serienchef berichtet über materielle und intellektuelle Bedürfnisse seiner Serie. Wenn diese Serien vollständig sind, wollen wir sie zu Ober-Serien heranheben. Dazu ist eine abermalige Generalversammlung nöthig. Wer der Gesellschaft einen Aufzunehmenden zuführt, bekommt ein Billet und wer 25 Billets hat, erhält vom Leitungskomite einen Empfangsschein und wird im nächsten Bülletin der Gesellschaft erwähnt; und zwar sowohl er selbst als die bezügliche Gruppe und Serie.

„Eine Beisteuer von drei Sous ist (etwas über einen Silbergroschen) mindestens wöchentlich von Männern, von zwei Sous von Frauen zu erheben. Freiwillige Zuschüsse werden gern angenommen. Jedes Mitglied verzeichnet eigenhändig in das Rechenbuch seines Gruppenchefs seinen Beitrag, aber nicht mit Ziffern sondern mit Buchstaben. Im Rechenbuche seines Serienchefs dagegen hört das etwaige freiwillige Geschenk auf ein anonymes zu sein und so erhält es den Namen der Gruppe von der es ausgegangen. Persönliche Eitelkeit ist unausstehlich, aber Gruppen-Ehrgeiz, und gar Ehrgeiz einer Serie ist nützlich, hat sozialen Charakter, und darf dreist ermuthigt werden. — Wir haben nunmehr drei Ausschußräthe eingesetzt.“

„Den des Handels, der Arbeit, der Oberaufsicht. Ersterer besteht aus Masel, Kaufmann, Präsident. Cadenne, Kaufmann, Vicepräsident, und Morard, Schriftsteller, Sekretär. Sonstige Mitglieder sind (folgt die Liste). Dieser Ausschuß examinirt die Vorlagen eines Austauschsystems nach Solidaritätsprinzipien zwischen den Produzenten und Konsumenten; ein innerhalb unsrer Association kursirendes Cirkulationspapier, oder Konsumtionsbons werden nebst einer einheitlichen Handelsagentur ins Werk gesetzt werden.

Der Arbeitsausschuß besteht aus Bordet, Arzt, Präsident. Baudet, Kalligraph, Vicepräsident. Charpentier, Advokat; Mitglieder sind: (meist Arbeiter, auch eine Dame, die Dirigentin der Association der Weißzeugverfertigerinnen).

Dieser Ausschuß verschafft den Arbeitern Arbeit und folglich den Arbeitgebern Arbeiter. Er will die Löhnung auf Friedenswege innerhalb des Vereins in Association umschaffen. Er richtet Bureaus für Arbeitsvertheilung ein. Er sucht mehrere große Gewerke, z. B. die Schneider, zum Associiren zu bewegen und die Klientel der ganzen Gesellschaft ihnen zuzuwenden.

„Der Aufsichtsausschuß wird die Oberleitung der Geldsachen übernehmen.

„Die nächste General-Versammlung wird ein Comite der Propaganda mit Wort und Feder, und ein Comite der Künste mit den gehörigen Sektionen der einzelnen Kunstzweige, einsetzen.

„Ein Journal ist nothwendig, aber nach den neuen Preßhindernissen, genannt Preßgesetze, muß ein wöchentlches schon 12,000 Fr. Kaution stellen. Wir haben diese Summe nicht im Beutel, aber durch genaus Vorausabzählen der Abonnirenden können wir viel ausrichten. Die erste Nummer würde 1000 à 1200 Fr. kosten um gebührlich verbreitet zu werden. Das Exemplar koste 2 Sous oder tausend kosten 100 Fr. Wir müssen also wenigstens 10,000 Exemplare à 2 Sous unterbringen, um die ersten Ausgaben des Blattes herauszuschlagen. Wir zählen an 1500 Personen; wollte sich jede zum Unterbringen von 5 Exemplaren verpflichten, so sicherte uns dies den Verkauf von 7500 Exemplaren; dazu 2500 auf der Straße zu verkaufende, giebt 10,000 Exemplare deren Verkauf vorher gesichert wäre. Das Journal würde den Titel tragen: Volksthümliches Unterrichtsblatt für Socialwissenschaft.

„Unser Arbeitsvertheilungs- oder Placirungs-Bureau wird Straße Melay Nro. 35 fungiren unter Leitung des Mitglieds Charpentier, Advokat. Er steht mit brüderlichem Rathe allen Associirten unentgeldlich zu Gebot. In diesem Bureau melden sich arbeitsuchende Arbeiter und arbeitersuchende Meister. Alle Einschreibegelder, die sonst üblich, sind total abgeschafft, jedoch wenn gesuchte Arbeit gegeben worden ist, müssen vom Meister oder Arbeiter fünf Sous (zwei Silbergr.) an ihren respektiven Gruppenchef für die Centralkasse, zum Instandhalten dieses Placirbureau, entrichtet werden.

Ein glücklicher Zufall hat gewollt, daß unsre Freunde eine Ackerkolonie bei Paris besitzen. Die sehr guten und zahlreichen Gemüse derselben werden durch ein neues Verkaufssystem den Mitgliedern der Solidarität zu Gebote gestellt werden.

„Ein medizinischer Dienst für alle Mitglieder, bis ein spezieller für jede Serie eingeführt sein wird, organisirt sich durch die Aerzte Vial, Bordet, Deschenaux, Zahnärzte Picart, Le Provost, Hebammen Füret und Basset. Die Konsultation ist unentgeldlich. — Unser Leselokal, Boulevard St. Martin 43, steht offen von 8 Morgens bis 10 Abends. Soweit sind wir jetzt; aber wenn wir zwanzigtausend stark sind, dann ist die Arbeit allen Associirten gesichert; die Propagandainstrumente, nämlich Bücher und Broschüren, werden den Associirten gratis gegeben; dann erst können wir 20,000 Aktien à 10 Fr. (zahlbar durch je zwei Fr. alle Vierteljahre) schaffen, d. h. eine Kapitalsmacht von 200,000 Fr. auf die Beine stellen, und wenn es sein muß, um 150,000 Fr. ein Landstück nebst Bäulichkeiten ankaufen; die 50,000 Fr. Rest mögen alsdann zum Einrichten eines wirklichen Mittelpunkts der Societät dienen, nebst Magazin für die Produkte, nebst Versammlungszimmern, Geschäftslokalen, Speisesälen, kurz einer sozialen Stadt innerhalb der alten.“

12 Paris, 19. Januar.

Napoleon hat einen andern Napoleon zur Welt gebracht: der Präsident hat einen Vicepräsidenten geboren. Nach der Konstitution steht, wie man weiß, dem Präsidenten das Recht zu, eine Liste von drei Kandidaten der Versammlung vorzulegen, und die Nationalversammlung hat aus diesen dreien den ihr passenden zu ernennen. Alle Welt hatte Augen und Ohren geöffnet, als Herr Leon Faucher, Minister des Innern, die Tribüne bestieg, um die 3 Namen zu verlesen. In schwierigen, mißlichen Umständen, besonders wenn die Sache nicht ganz biedermännisch steht, dann überträgt der Biedermann Barrot gerne einem Andern seine Stelle als erster Minister. Die einen dachten: wer mag wohl der erste auf der Liste sein? Lamartine, Dufaure, oder Barrot: Nein, nein, sagten die andern Mole wird's: Ja, Molé muß Vicepräsident werden! — Was, Molé? sagten wieder Andere; Thiers, den Thiers müssen wir haben; der kann unserer Finanzroth ein Ende machen! — Ihr habt Alle das Rechte nicht getroffen, meinten wieder Andere; Napoleon ist ein Spaßvogel und Barrot hat eine Rache auszuüben. Ihr sollt sehen, er hat den Cavaignac oben an auf die Liste geschrieben. Nun denke man sich das allgemeine Staunen, als Faucher den Namen Boulay aussprach. Die Deputirten sahen mit starren Augen auf Boulay, Boulay sah mit starren Augen auf die Deputirten: er war ebenso wenig auf diese Ehre vorbereitet als alle Uebrigen, und dies allgemeine Staunen machte sich Luft in einem homerischen Lachen. Nun, bei dem zweiten Namen wird's besser kommen; wer weiß was Napoleon im Schilde führte? Hören wir den zweiten Namen! — Baraguay-d' Hilliers? Ja, da war es aus mit dem Lachen. Man glaubte an eine Mystifikation. Der arme General erwartete für sich eben so wenig seinen Namen zu hören als Boulay. Vicepräsident der Republik mit 100,000 Frs. jähritlichem Gehalt u. freier Wohnung au petit Louxembourg! also der zweie im Staate und der erste im Staatsrathe! (der Vicepräsident der Republik ist nämlich Präsident des Staatsraths). Boulay und Hilliers waren wie aus den Wolken gefallen. Boulay sah auf Hilliers; Hilliers sah auf Boulay; der Bauer sah die Eule an, die Eule sah den Bauer an.

Boulay und Hilliers, zwei Vicepräsidenten, der eine eben so unmöglich wie der andere und beide gleich bornirt. Das ist gewiß wieder ein Staatsstreich des Herrn Odilon-Barrot. Der Präsident des Ministeriums sagte: ich will nicht Vicepräsident der Republik sein. Die Presse aber sagte und bewies: Odilon-Barrot kann nicht Vicepräsident der Republik werden Der „Charivari“ dagegen sagt: Odilon-Barrot will nicht Vicepräsident sein; er will Vicepräsidenten machen, welches letztere weit ruhmvoller ist und sich auch besser ausnimmt auf einer künftigen Grabschrift. Da würde es dann heißen: Odilon-Barrot der große Biedermann hat nicht Vicepräsident sein wollen, er hat Vicepräsidenten machen wollen.

Wenn dem so ist, so hat Barrot bei der Auswahl, die er getroffen, sehr politisch verfahren. Er begriff recht wohl, daß der Vicepräsident nicht gescheidter sein dürfte, als der Präsident der Republik und es handete sich nun darum, 3 Männer in der Kammer zu finden, die dieser Anforderung Genüge leisten konnten. Das war allerdings eine schwierige Aufgabe, obgleich die Kammer 900 Mitglieder zählte und Exemplare aller Art enthält. In der Wahl des Herrn Boulay (de Meurthe) und d'Hilliers hat Barrot wirklich Scharfsinn und Menschenkenntniß bewiesen. Boulay steht noch eine Stufe tiefer als Napoleon, und Hilliers ungefähr auf gleicher Stufe wie Napoleon. Einen dritten Ebenbürtigen war unmöglich zu finden, und man mußte sich entschließen, Vivien den andern als Paß mitzugeben. Hilliers nämlich ist beinahe so bornirt als Napoleon, aber Boulay ist noch bornirter als Napoleon! Nun kommt aber Barrot und lehnt alle Verantwortlichkeit von sich ab. Er will eben so wenig etwas von der Wahl gewußt haben, als Faucher. Sollte Napoleon vielleicht schlauer als beide, schlauer als die Kammer, schlauer als die Konstitution sein? Wer weiß! Stille Wasser sind tief! Napoleon wollte einen Vicepräsidenten haben und er mußte der Kammer drei Vicepräsidenten vorlegen. — Den Vicepräsidenten, den du gerne möchtest, bekömmst Du nicht — sagte ihm Barrot: Die Kammer steht uns feindlich entgegen, und sie wird jedenfalls suchen, gegen Deine Wünsche zu handeln. Wir haben ihr neulich einen Streich gespielt; sie wird Dir jetzt einen Streich spielen und Dir einen Vicepräsidenten aufbinden wollen, der Dir nicht genehm. — Ich will aber Vivien haben! — Sie wird Dir Lamartine geben! — Ich schreibe Lamartine nicht auf die Liste. — Nun, so schreibe Dufaure auf die Liste! — Ich will Dufaure auch nicht haben! — So schreibe Cavaignac auf die Liste. — Ich will aber Cavaignac auch nicht haben. — So schreibe Thiers. — Ich will aber Thiers auch nicht haben. — Nun, so schreibe Molé. — Ich will aber Molé auch nicht haben. — Nun, so gehe zum Teufel und schreibe X! — Ja, Barrot hat recht, ich will x schreiben, aber nicht ein x; ich will x x schreiben; ich will zwei unbekannte Größen schreiben, dann müssen sie mir die bekannten Größen durch eine einfache Rechnungsoperation zukommen lassen! Ich habe es gefunden! Heureyka! Heureka!

Napoleon war schlauer als Barrot, schlauer als die Constitution, schlauer als die Deputirten und ist sogar schlauer noch als alle Journalisten.

Kammer und Journale wissen nicht, woran sie halten, und Barrot schwört bei Plutarch, daß er unschuldig sei bei der Wahl Boulay's und Hilliers! Selbst den „Charivari“ hat Napoleon hinters Licht geführt, denn der Charivari meint noch immer, Boulay sei vorgeschlagen wegen seines enbonpoint, d. h. seines dicken konservativen Bauches!

12 Paris, 20. Januar.

Also nicht Vivien ist Vice-Präsident, Boulay ist's geworden. Was für ein Boulay? Wer anders, als Boulay der x, Boulay, die unbekannte Größe, welche die Kammer mit einem einzigen Schlage zur bekannten Größe gestempelt hat. Also Boulay, die eine von den beiden Nullen ist Vice-Präsident, d. h. die zweite Person im Staate geworden. Das Ministerium dachte ungeheuer listig verfahren zu haben, als es zu den zwei Nullen eine schmächtige Einheit wie Vivien hinzusetzte, und glaubte nun sich seines Triumphes gewiß. Die Kammer war noch listiger und wählte die Null. Dem bornirten Napoleon hat sie einen Mann zugesellt, der noch bornirter ist als er; similia similibus curantur.

In der allgemeinen Auflösung, worin sich die offizielle Welt befindet, wird das Unwahrscheinlichste das Wahre; natürlich vom diplomatischen Standpunkte aus. Ein Theil der Rue Poitier[unleserliches Material] und der „Nationals“ haben für Boulay gestimmt; die Montagne hat sich der Abstimmung enthalten. Nun denke man sich: als vorgestern der Name Boulay zum ersten Male ausgesprochen wurde, entstand ein allgemeines Gelächter; als heute der Name Boulay als Vice-Präsident genannt ward, entstand ein allgemeines Bravoklatschen. Nun sagen aber auch dieselben Leute, die heute bravo klatschen: Boulay ist keine Null, Boulay ist kein x; denn Boulay ist der Liebling Napoleon's, der Mann, der beständig der napoleonischen Dynastie angehangen. Wenn nun Napoleon der Liebling des Landes ist, mit sieben Millionen erwählt, so können wir nicht besser thun, als den Liebling des Lieblings zum Vice-Präsidenten zu wählen. Wir haben uns einmal geirrt, indem wir unsere Stimme dem Cavaignac gaben; wir wollen jetzt nicht noch einmal irregehen. Das ist die Klugheit, mit welcher die Kammer sich entschuldigte, die Dummheit auszuwählen.

Der Vice-Präsident ist die Frau des Präsidenten, während das Ministerium nur seine Maitresse ist; das heißt: Der Präsident lebt und stirbt mit dem Vice-Präsidenten, unbeschadet aller ministeriellen Veränderungen. Das Ministerium dagegen ist die Maitresse des Präsidenten, die er jeden Augenblick mit einer andern vertauschen kann. Das Ministerium und der Biedermann Odilon-Barrot haben aber das umgekehrte Verhältniß eintreten lassen wollen; Barrot wollte der Maitre sein und Napoleon zur Maitresse nehmen, um bei der ersten Gelegenheit diese Maitresse mit einer andern, der Herzogin von Orléans, zu vertauschen. Man sieht: die offizielle Welt dupirt sich wechselseitig, die einen wollen die andern vor die Thüre werfen, und sie werden nicht eher ruhen, bis sie sich gegenseitig herausgeworfen haben. —

Paris, 20. Januar.

Thiers, bekanntlich Mitglied der Falloux'schen Commission für den Primar- und Sekundarunterricht, wohnt den Sitzungen dieser Commission fleißig bei. „Es gibt nur zwei Mittel“, äußerte er in der letzten Sitzung nach einem längern Vortrage, „dem Lande wieder Ruhe zu verschaffen und die atheistisch-sozialistischen Ideen zu vertilgen. Diese Mittel sind a) Krieg nach Außen oder b) Unterdrückung der von Carnot beabsichtigten Volksschulen.“

Peupin, der auch in dieser sauberen Commission sitzt, wollte seinen Ohren kaum trauen, als er diese Worte aus dem Munde des Revolutionsgeschichtsschreibers und Exadvokaten hörte und protestirte lebhaft gegen eine solche Logik.

Selbst Dupanloup, Generalvikar von Notre-Dame, der auch der Sitzung beiwohnte, erklärte mit satirischem Lächeln: daß Hr. Thiers doch etwas zu weit ginge!

— Der Cassationshof hat bereits seinen Präsidenten Berenger (einen der stümmsten Deputirten) und fünf seiner Glieder für Organisation des Nationalgerichtshofs bezeichnet. Wir hätten nun auch eine Nationaljustiz!

— A. Blanqui richtet aus dem Donjon von Vincennes einen Brief an „Peuple“, worin er seinen Nachbar auf der untersten linken Bank im Saale der National-Versammlung am 15. Mai zum Zeugen für gewisse Thatsachen auffordert. Er kennt diesen Nachbar nicht, hofft aber, daß er sich selbst nenne.

Paris, 21. Januar.

In Betreff der Amnestiefrage äußert sich der Moniteur u. A. dahin Man spreche von einer Verpflichtung, die der Präsident übernommen habe: Amnestie zu bewilligen.

„Wahr ist, daß er mehrere Male, bei Privatgesprächen, den Wunsch ausdrückte, sein Gelübde (voeu) zu erfüllen, das er in seinem Manifest machte und auch immer in seinem Herzen bleiben wird, nämlich Amnestie zu ertheilen, wann es ohne Gefahr werde geschehen können. Aber eine Verpflichtung hat er nicht übernommen.“

— In dem Bréa-Proceß wurde gestern der Adjutant Bréa's (Hr. Demarest, derselbe, der sich mit Maugin, während der General von den Insurgenten erschossen wurde, unter dem Bett der Wachstube verkroch) als Hauptbelastungszeuge verhört.

— Der Moniteur enthält einen Erlaß des Finanzministers, der in ziemlich umständlicher Weise den Eisenbahn- und Zollamtsdirektionen auseinandersetzt, unter welchen Bedingungen sie das Plombiren von Waarenzügen auch auf alle übrigen Richtungen Frankreichs ausdehnen dürfen. Bisher war dieser Vortheil bekanntlich nur den von Köln und Brüssel herkommenden Waarenzügen, sowie dem Gepäck der Reisenden gestattet.

— Die Dame, deren Verhaftung wir vor acht Tagen anzeigten, weil sie angeklagt sei, die Flucht Lacambre's und Barthelemy's bewerkstelligt zu haben, heißt Adèle Blanqui und ist die Schwester des berühmten Gefangenen in Vincennes.

— Heute sind es 57 Jahre, daß König Ludwig XVI auf dem Revolutionsplatz (Place de la Concorde) hingerichtet wurde. Dieses Ereigniß wird in doppelter Weise gefeiert. Um 3 Uhr hielt Abbe Freschon im Notre-Dame des Victoires eine Fastenpredigt. Um 5 Uhr findet in dem kolossalen neuen Klubsaale, Rue Martel 9, ein Volksbankett zu Ehren jenes Ereignisses statt, das gerade in diesem Jahre im Hinblick auf Vergangenheit wie noch mehr auf die Zukunft festlich begangen zu werden verdient.

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schon nun der Verlust von Ofen und Pesth für die ungarische Sache nicht von Unwichtigkeit ist, so ist er doch nicht von der Bedeutung, als die von Oesterreich besoldeten Zeitungsschreiber verkünden, indem, wie schon vielfach bemerkt, aus Pesth und Ofen alles Werthvolle von der ungarischen Regierung fortgeschafft war und daß qu. Städte nur dadurch eine Wichtigkeit haben, daß sie die Marktplatze für die untere Donaugegend sind. &#x2014; Von diesen aber abgeschnitten, wird der bis zuletzt von der ungarischen Regierung mit ungarischen Banknoten rege gehaltene Verkehr jetzt aufhören und Pesth wie Ofen sehr bald die traurige Kopie von dem jetzt geschäfts- und verkehrlosen Wien abgeben. &#x2014; Das Stillschweigen der österreichischen Siegesposaune seit der Einahme Pesth's und Ofen's wird also vermuthlich noch lange währen, und in dem Falle das eben eingetretene Thauwetter fortdauert, wird jene Schreierin für immer verstummen, da die ungarische Armee in den besetzten Ebenen mit ihrer leichten Kavallerie zu operiren hat, gegen welche die österreichische schwere Kavallerie dort unmöglich Stand halten kann; die in den Gebirgsgegenden neuerdings errichteten Guerilla-Korps werden die Truppen der Oesterreicher lange beschäftigen und während dieser Zeit wird sich die ungarische Infanterie in dem Gebrauche der Waffen vervollkommnen können. &#x2014;</p>
          <p>Die ungarische Armee hat 67 vollständig bewaffnete und adjustirte Honved's-Bataillone, 12 (bald 18) Regimenter Kavallerie, so wie an schwerem Geschütz circa 300 Kanonen; hiernach ist es wohl nicht in Abrede zu stellen, daß die Alles in Allem kaum stärkere in Ungarn operirende österreichische Armee ohne bedeutende Verstärkung selbst in der günstigsten Jahreszeit (im Sommer) nicht weiter vordringen darf, da sie doch wenigstens die Hälfte ihrer Mannschaften zur Besetzung der schon eingenommenen Komitate und der noch in den Händen der Ungarn befindlichen Festungen Komorn, Leopoldstadt etc. zurücklassen muß.</p>
          <p>Niemand wird bestreiten, daß die von der österreichischen Armee bis jetzt erfochlenen Siege in Italien und anderswo, größtentheils den Soldaten aus Ungarn, Kroatien und Galizien zuzuschreiben sind; Erstere sind jetzt aber feindlich gesonnen, und aus Kroatien und der Militärgrenze ist Alles Waffenfähige und Entbehrliche schon früher genommen, Galizien wird aber ferner aller Wahrscheinlichkeit nach vom General Bem occupirt werden und da in den übrigen Provinzen Oesterreichs die Revolution noch immer gährt, und eine größere Rekrutirung diese zum abermaligen Ausbruch bringen wird, außerdem noch Wien wie sämmtliche Theile des Staates schon auf das Minimum (für die jetzigen Verhältnisse) der Militärbesetzung beschränkt sind, so ist an eine namhafte Verstärkung der österreichischen Armee in Ungarn nicht zu denken.</p>
          <p>Hierzu kommt noch das zerrüttete Finanzwesen des österreichischen Staates, sowie dee große Geldmangel in den oberen ungarischen Komitaten; dagegen ist die ungarische Regierung im Besitz der an Naturprodukten etc. reichsten Theile des Landes und sind hier die ungarischen Banknoten in voller Gültigkeit, demnach eine Erschöpfung der Kasse nicht in Aussicht steht.</p>
          <p>Was die Stimmung der unteren Gegenden betrifft, so möge Jeder, ob mit Ungarn bekannt oder nicht, versichert sein, daß jede Lippe nur einen Fluch für Habsburg, aber tausend &#x201E;Eljen&#x201C; und Segensrufe für Kossuth, den Abgott der Nation hat; daß ferner die Oesterreicher mit jeder Kanone, die sie in das Innere führen (durch die im Frühjahr und Herbst unpassirbaren Wege) der ungarischen Nation ein Geschenk machen; daß auch auf den Ruf Kossuth's binnen weniger Zeit mehr denn 30 bis 40,000 berittene Shikos (Hirten, die so zu sagen mit dem Pferde Eins sind, und füglich die Kosaken Ungarns genannt werden dürfen) sich sammeln und mit ihren leichten an Entbehrung und lange Tagrreisen gewöhnten Pferden auf den unübersehbaren Steppen den Feind zu Tode hetzen werden.</p>
          <p>Das von mir Gesagte wird Niemand, der Wahrheit liebt, widerlegen können und habe ich daher nicht nöthig, noch weiter zu beweisen, daß das Vabanque der österreichischen Regierung nur zu deren Nachtheil ausfallen kann, und ihr System, die verschiedenen Racen und Völker an einander zu hetzen, um in ihrem eigenen Fleische zu wühlen, &#x2014; zwar für jetzt geungen ist, sich aber doch zuletzt noch an dem Erfinder rächen wird.&#x201C;</p>
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          <head>Oedenburg, 13. Jan.</head>
          <p>Eben erfahre ich von einem Geistlichen, der gestern von Raab kam, es seien in Csorna und Kapuvár (4-5 Meilen von hier, in der Richtung gegen Raab) neue Bauernaufstände ausgebrochen. Der in Csorna hatte zuerst stattgefunden; zu seiner Dämpfung waren die in Kapuvár liegenden Truppen gegen den erstern Ort abgeschickt worden. Kaum waren sie fort, so erhoben sich &#x2014; Sie sehen, die Sache wird mit System betrieben &#x2014; die Bauern in der Umgegend Kapuvárs. Der vorhin erwähnte Geistliche stieß zwischen den beiden genannten Orten auf einen Haufen von etwa 1500 derselben, die mit Knitteln und Mistgabeln bewaffnet (andere Waffen haben sie nicht mehr) gegen Raab zogen.</p>
          <bibl>(A. Z.)</bibl>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>16</author></bibl> Paris, 20. Jan.</head>
          <p>Wenn man diese Bureaumagister und Bureauherren, die perükenlosen Nachtreter der perükenreichen Parlamentsbourgeois vorigen Jahrhunderts, und die Junker von der Lilie, und die Börsengebieter, kurz alle mit unproduktiver Scheinarbeit beschäftigten reichen Personagen heute anguckt, man muß ihnen unwillkürlich ins werthe Angesicht lachen. Es ist famos; dies patriarchalische Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt wieder, der Präsident der Republik erlangt ein halbes Milliönchen Francs jährlichen Zuschuß, um das Porto der ihm unfrankirt zugesandten Briefe zu bezahlen, und die Festgelage der &#x201E;feinen Welt&#x201C; überstürzen sich, und die zahllosen Bonaparte's lassen den Champagner knallen und der Hauptbonaparte, der Held von Boulogne, der Märtyrer von Ham, kutschirt aus einer Soirée in die andere und macht den Gemahlinnen seiner Minister den Hof und trinkt, während ringsum die Tafelgäste politisiren und ihn hochleben lassen und die heilige Allianz der Potentaten.</p>
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          <p>Dahinten &#x2026; dahinten &#x2026; da kommt er &#x2014; der Tod!</p>
          <p>&#x201E;Ja wohl, er kommt, so gewiß die Tinte aus dieser Feder und der Medoc im Elysium fließt. Vorgestern war Nachts großer Musikjubel und Tanzvergnügen im Wintergarten, einem prächtigen Glas- und Gewächshause in den elysischen Feldern, unweit des Elysiumspalais des Bonaparte, und wer hineinwollte, mußte 10 bis 20 Fr. zahlen. In derselben Nacht wurden wieder viele Juniinsurgenten auf Zellenwagen in die unterirdischen Kerker von Doullens und St. Michel und nach den Galeeren verfahren und genau die Polka's akkompagnirten das Jammergeschrei der Abschied nehmenden Weiber und Kinder, und die Eisenringe der Beinkette wurden gehämmert just als die Tompeten Tusch bliesen in die Ohren der sich amüsirenden Malthusritter und ihres Trosses. Jetzt endlich, was vor Wochen schon hätte geschehen müssen, unterzeichnet man eine Petition an die Kammer, sich erst nach Votirung der s. g. organischen Gesetze zu trennen; sämmtliche demokratische Redaktionen Frankreichs lassen Listen herumtragen. Eine andere Petition geht an die Nationalassemblée, des Inhalts: &#x201E;sie möge die im April 1825 dem Lande abgezwackten ein Tausend Millionen s. g. Entschädigung für die in der Gouillotinenzeit in ihren Rechten und Gütern geschädigten Adligen und Legitimisten, jetzt wieder diesen Personen oder deren Kindern abnehmen und die 3proz. Zinsen seit 1825 obendrein; diese Summe sei fortan zur Rückzahlung der Neunsous-Steuer an die Steuerpflichtigen, desgleichen zur Ermäßigung sonstiger Abgaben zu benutzen.&#x201C; Die Wuth der volksfeindlichen Journale darüber ist sehr lustig anzusehen.</p>
          <p>Folgendes sind die vielfach merkwürdigen Statuten der Solidaritätsgesellschaft, die sich täglich mehr ausdehnt, wie in ihrem Bülletin des Innern enthalten sind: &#x201E;Freunde, wir sind hinaus über das Projektmachen und Hoffen; wir handeln. Gegen elfhundert Associirte werden dies Bülletin zugeschickt bekommen und ihre Energie wird dadurch wachsen. Das Centrum unserer Association der Solidarität, Boulevard St. Martin Nr. 43, besteht aus: Dameth, Schriftsteller, Präsident; Madame Dervins; Schneider Tournot, Vizepräsidenten; Bourreif, Kaufmann, Säckelmeister; Macé, Schriftsteller, Sekretär. Das Oberleitungscomite besteht aus den Damen Gay, Psalmon, Brasier, und Bedigie, Porzellanmahler; Bordet, Arzt; Vial, Arzt; Robin, Dr. jur.; Mathis, Maler; Picart, Zahnarzt; Duval, Architekt. In der Abendsitzung der zweiten Generalversammlung der Solidarität am 19. Okt. haben wir 17 kleine Serien eingerichtet, deren größerer Theil jetzt vollständig ist, jede aus zehn Gruppen, mit zehn Mitgliedern in der Gruppe. Jede Serie führt einen Straßennamen. (Werden 14 Serien in Paris, 2 im Pariser Weichbild aufgezählt nebst Adressen und Stand ihrer Chefs). In der Provence, in Laon, Amiens, Lyon, Auch u. s. w. geschieht ein Gleiches. Der Chef einer Serie versieht die Leitung, Vervollständigung, sozialistische Bildung aller seiner Serienmitglieder. Dazu verbindet er sich mit den Chefs seiner Gruppen. Jede Woche geben die Gruppenchefs die Beiträge an den Serienchef, nebst Verzeichniß der neu Aufgenommenen. Er giebt ihnen die Rundschreiben, Zeitungen, Flugblättchen u. s. w. für jedes Gruppenmitglied. Der Serienchef berichtet über materielle und intellektuelle Bedürfnisse seiner Serie. Wenn diese Serien vollständig sind, wollen wir sie zu Ober-Serien heranheben. Dazu ist eine abermalige Generalversammlung nöthig. Wer der Gesellschaft einen Aufzunehmenden zuführt, bekommt ein Billet und wer 25 Billets hat, erhält vom Leitungskomite einen Empfangsschein und wird im nächsten Bülletin der Gesellschaft erwähnt; und zwar sowohl er selbst als die bezügliche Gruppe und Serie.</p>
          <p>&#x201E;Eine Beisteuer von drei Sous ist (etwas über einen Silbergroschen) mindestens wöchentlich von Männern, von zwei Sous von Frauen zu erheben. Freiwillige Zuschüsse werden gern angenommen. Jedes Mitglied verzeichnet eigenhändig in das Rechenbuch seines Gruppenchefs seinen Beitrag, aber nicht mit Ziffern sondern mit Buchstaben. Im Rechenbuche seines Serienchefs dagegen hört das etwaige freiwillige Geschenk auf ein anonymes zu sein und so erhält es den Namen der Gruppe von der es ausgegangen. Persönliche Eitelkeit ist unausstehlich, aber Gruppen-Ehrgeiz, und gar Ehrgeiz einer Serie ist nützlich, hat sozialen Charakter, und darf dreist ermuthigt werden. &#x2014; Wir haben nunmehr drei Ausschußräthe eingesetzt.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Den des Handels, der Arbeit, der Oberaufsicht. Ersterer besteht aus <hi rendition="#g">Masel,</hi> Kaufmann, Präsident. <hi rendition="#g">Cadenne,</hi> Kaufmann, Vicepräsident, und <hi rendition="#g">Morard,</hi> Schriftsteller, Sekretär. Sonstige Mitglieder sind (folgt die Liste). Dieser Ausschuß examinirt die Vorlagen eines Austauschsystems nach Solidaritätsprinzipien zwischen den Produzenten und Konsumenten; ein innerhalb unsrer Association kursirendes Cirkulationspapier, oder Konsumtionsbons werden nebst einer einheitlichen Handelsagentur ins Werk gesetzt werden.</p>
          <p>Der Arbeitsausschuß besteht aus Bordet, Arzt, Präsident. <hi rendition="#g">Baudet,</hi> Kalligraph, Vicepräsident. <hi rendition="#g">Charpentier,</hi> Advokat; Mitglieder sind: (meist Arbeiter, auch eine Dame, die Dirigentin der Association der Weißzeugverfertigerinnen).</p>
          <p>Dieser Ausschuß verschafft den Arbeitern Arbeit und folglich den Arbeitgebern Arbeiter. Er will die Löhnung auf Friedenswege innerhalb des Vereins in Association umschaffen. Er richtet Bureaus für Arbeitsvertheilung ein. Er sucht mehrere große Gewerke, z. B. die Schneider, zum Associiren zu bewegen und die Klientel der ganzen Gesellschaft ihnen zuzuwenden.</p>
          <p>&#x201E;Der Aufsichtsausschuß wird die Oberleitung der Geldsachen übernehmen.</p>
          <p>&#x201E;Die nächste General-Versammlung wird ein Comite der Propaganda mit Wort und Feder, und ein Comite der Künste mit den gehörigen Sektionen der einzelnen Kunstzweige, einsetzen.</p>
          <p>&#x201E;Ein Journal ist nothwendig, aber nach den neuen Preßhindernissen, genannt Preßgesetze, muß ein wöchentlches schon 12,000 Fr. Kaution stellen. Wir haben diese Summe nicht im Beutel, aber durch genaus Vorausabzählen der Abonnirenden können wir viel ausrichten. Die erste Nummer würde 1000 à 1200 Fr. kosten um gebührlich verbreitet zu werden. Das Exemplar koste 2 Sous oder tausend kosten 100 Fr. Wir müssen also wenigstens 10,000 Exemplare à 2 Sous unterbringen, um die ersten Ausgaben des Blattes herauszuschlagen. Wir zählen an 1500 Personen; wollte sich jede zum Unterbringen von 5 Exemplaren verpflichten, so sicherte uns dies den Verkauf von 7500 Exemplaren; dazu 2500 auf der Straße zu verkaufende, giebt 10,000 Exemplare deren Verkauf vorher gesichert wäre. Das Journal würde den Titel tragen: Volksthümliches Unterrichtsblatt für Socialwissenschaft.</p>
          <p>&#x201E;Unser Arbeitsvertheilungs- oder Placirungs-Bureau wird Straße Melay Nro. 35 fungiren unter Leitung des Mitglieds Charpentier, Advokat. Er steht mit brüderlichem Rathe allen Associirten unentgeldlich zu Gebot. In diesem Bureau melden sich arbeitsuchende Arbeiter und arbeitersuchende Meister. Alle Einschreibegelder, die sonst üblich, sind total abgeschafft, jedoch wenn gesuchte Arbeit gegeben worden ist, müssen vom Meister oder Arbeiter fünf Sous (zwei Silbergr.) an ihren respektiven Gruppenchef für die Centralkasse, zum Instandhalten dieses Placirbureau, entrichtet werden.</p>
          <p>Ein glücklicher Zufall hat gewollt, daß unsre Freunde eine Ackerkolonie bei Paris besitzen. Die sehr guten und zahlreichen Gemüse derselben werden durch ein neues Verkaufssystem den Mitgliedern der Solidarität zu Gebote gestellt werden.</p>
          <p>&#x201E;Ein medizinischer Dienst für alle Mitglieder, bis ein spezieller für jede Serie eingeführt sein wird, organisirt sich durch die Aerzte <hi rendition="#g">Vial, Bordet, Deschenaux,</hi> Zahnärzte <hi rendition="#g">Picart, Le Provost,</hi> Hebammen <hi rendition="#g">Füret</hi> und <hi rendition="#g">Basset</hi>. Die Konsultation ist unentgeldlich. &#x2014; Unser Leselokal, Boulevard St. Martin 43, steht offen von 8 Morgens bis 10 Abends. Soweit sind wir jetzt; aber wenn wir zwanzigtausend stark sind, dann ist die Arbeit allen Associirten gesichert; die Propagandainstrumente, nämlich Bücher und Broschüren, werden den Associirten gratis gegeben; dann erst können wir 20,000 Aktien à 10 Fr. (zahlbar durch je zwei Fr. alle Vierteljahre) schaffen, d. h. eine Kapitalsmacht von 200,000 Fr. auf die Beine stellen, und wenn es sein muß, um 150,000 Fr. ein Landstück nebst Bäulichkeiten ankaufen; die 50,000 Fr. Rest mögen alsdann zum Einrichten eines wirklichen Mittelpunkts der Societät dienen, nebst Magazin für die Produkte, nebst Versammlungszimmern, Geschäftslokalen, Speisesälen, kurz einer <hi rendition="#g">sozialen</hi> Stadt innerhalb der alten.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar203_036" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 19. Januar.</head>
          <p>Napoleon hat einen andern Napoleon zur Welt gebracht: der Präsident hat einen Vicepräsidenten geboren. Nach der Konstitution steht, wie man weiß, dem Präsidenten das Recht zu, eine Liste von drei Kandidaten der Versammlung vorzulegen, und die Nationalversammlung hat aus diesen dreien den ihr passenden zu ernennen. Alle Welt hatte Augen und Ohren geöffnet, als Herr Leon Faucher, Minister des Innern, die Tribüne bestieg, um die 3 Namen zu verlesen. In schwierigen, mißlichen Umständen, besonders wenn die Sache nicht ganz biedermännisch steht, dann überträgt der Biedermann <hi rendition="#g">Barrot</hi> gerne einem Andern seine Stelle als erster Minister. Die einen dachten: wer mag wohl der erste auf der Liste sein? Lamartine, Dufaure, oder Barrot: Nein, nein, sagten die andern Mole wird's: Ja, Molé muß Vicepräsident werden! &#x2014; Was, Molé? sagten wieder Andere; Thiers, den Thiers müssen wir haben; der kann unserer Finanzroth ein Ende machen! &#x2014; Ihr habt Alle das Rechte nicht getroffen, meinten wieder Andere; Napoleon ist ein Spaßvogel und Barrot hat eine Rache auszuüben. Ihr sollt sehen, er hat den Cavaignac oben an auf die Liste geschrieben. Nun denke man sich das allgemeine Staunen, als Faucher den Namen Boulay aussprach. Die Deputirten sahen mit starren Augen auf Boulay, Boulay sah mit starren Augen auf die Deputirten: er war ebenso wenig auf diese Ehre vorbereitet als alle Uebrigen, und dies allgemeine Staunen machte sich Luft in einem homerischen Lachen. Nun, bei dem zweiten Namen wird's besser kommen; wer weiß was Napoleon im Schilde führte? Hören wir den zweiten Namen! &#x2014; Baraguay-d' Hilliers? Ja, da war es aus mit dem Lachen. Man glaubte an eine Mystifikation. Der arme General erwartete für sich eben so wenig seinen Namen zu hören als Boulay. Vicepräsident der Republik mit 100,000 Frs. jähritlichem Gehalt u. freier Wohnung au petit Louxembourg! also der zweie im Staate und der erste im Staatsrathe! (der Vicepräsident der Republik ist nämlich Präsident des Staatsraths). Boulay und Hilliers waren wie aus den Wolken gefallen. Boulay sah auf Hilliers; Hilliers sah auf Boulay; der Bauer sah die Eule an, die Eule sah den Bauer an.</p>
          <p>Boulay und Hilliers, zwei Vicepräsidenten, der eine eben so unmöglich wie der andere und beide gleich bornirt. Das ist gewiß wieder ein Staatsstreich des Herrn Odilon-Barrot. Der Präsident des Ministeriums sagte: ich will nicht Vicepräsident der Republik sein. Die Presse aber sagte und bewies: Odilon-Barrot kann nicht Vicepräsident der Republik werden Der &#x201E;Charivari&#x201C; dagegen sagt: Odilon-Barrot will nicht Vicepräsident sein; er will Vicepräsidenten machen, welches letztere weit ruhmvoller ist und sich auch besser ausnimmt auf einer künftigen Grabschrift. Da würde es dann heißen: Odilon-Barrot der große Biedermann hat nicht Vicepräsident sein wollen, er hat Vicepräsidenten machen wollen.</p>
          <p>Wenn dem so ist, so hat Barrot bei der Auswahl, die er getroffen, sehr politisch verfahren. Er begriff recht wohl, daß der Vicepräsident nicht gescheidter sein dürfte, als der Präsident der Republik und es handete sich nun darum, 3 Männer in der Kammer zu finden, die dieser Anforderung Genüge leisten konnten. Das war allerdings eine schwierige Aufgabe, obgleich die Kammer 900 Mitglieder zählte und Exemplare aller Art enthält. In der Wahl des Herrn Boulay (de Meurthe) und d'Hilliers hat Barrot wirklich Scharfsinn und Menschenkenntniß bewiesen. Boulay steht noch eine Stufe tiefer als Napoleon, und Hilliers ungefähr auf gleicher Stufe wie Napoleon. Einen dritten Ebenbürtigen war unmöglich zu finden, und man mußte sich entschließen, Vivien den andern als Paß mitzugeben. Hilliers nämlich ist beinahe so bornirt als Napoleon, aber Boulay ist noch bornirter als Napoleon! Nun kommt aber Barrot und lehnt alle Verantwortlichkeit von sich ab. Er will eben so wenig etwas von der Wahl gewußt haben, als Faucher. Sollte Napoleon vielleicht schlauer als beide, schlauer als die Kammer, schlauer als die Konstitution sein? Wer weiß! Stille Wasser sind tief! Napoleon wollte einen Vicepräsidenten haben und er mußte der Kammer drei Vicepräsidenten vorlegen. &#x2014; Den Vicepräsidenten, den du gerne möchtest, bekömmst Du nicht &#x2014; sagte ihm Barrot: Die Kammer steht uns feindlich entgegen, und sie wird jedenfalls suchen, gegen Deine Wünsche zu handeln. Wir haben ihr neulich einen Streich gespielt; sie wird Dir jetzt einen Streich spielen und Dir einen Vicepräsidenten aufbinden wollen, der Dir nicht genehm. &#x2014; Ich will aber Vivien haben! &#x2014; Sie wird Dir Lamartine geben! &#x2014; Ich schreibe Lamartine nicht auf die Liste. &#x2014; Nun, so schreibe Dufaure auf die Liste! &#x2014; Ich will Dufaure auch nicht haben! &#x2014; So schreibe Cavaignac auf die Liste. &#x2014; Ich will aber Cavaignac auch nicht haben. &#x2014; So schreibe Thiers. &#x2014; Ich will aber Thiers auch nicht haben. &#x2014; Nun, so schreibe Molé. &#x2014; Ich will aber Molé auch nicht haben. &#x2014; Nun, so gehe zum Teufel und schreibe X! &#x2014; Ja, Barrot hat recht, ich will x schreiben, aber nicht <hi rendition="#g">ein</hi> x; ich will x x schreiben; ich will zwei unbekannte Größen schreiben, dann müssen sie mir die bekannten Größen durch eine einfache Rechnungsoperation zukommen lassen! Ich habe es gefunden! Heureyka! Heureka!</p>
          <p>Napoleon war schlauer als Barrot, schlauer als die Constitution, schlauer als die Deputirten und ist sogar schlauer noch als alle Journalisten.</p>
          <p>Kammer und Journale wissen nicht, woran sie halten, und Barrot schwört bei Plutarch, daß er unschuldig sei bei der Wahl Boulay's und Hilliers! Selbst den &#x201E;Charivari&#x201C; hat Napoleon hinters Licht geführt, denn der Charivari meint noch immer, Boulay sei vorgeschlagen wegen seines enbonpoint, d. h. seines dicken konservativen Bauches!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar203_037" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 20. Januar.</head>
          <p>Also nicht Vivien ist Vice-Präsident, Boulay ist's geworden. Was für ein Boulay? Wer anders, als Boulay der x, Boulay, die unbekannte Größe, welche die Kammer mit einem einzigen Schlage zur bekannten Größe gestempelt hat. Also Boulay, die eine von den beiden Nullen ist Vice-Präsident, d. h. die zweite Person im Staate geworden. Das Ministerium dachte ungeheuer listig verfahren zu haben, als es zu den zwei Nullen eine schmächtige Einheit wie Vivien hinzusetzte, und glaubte nun sich seines Triumphes gewiß. Die Kammer war noch listiger und wählte die Null. Dem bornirten Napoleon hat sie einen Mann zugesellt, der noch bornirter ist als er; similia similibus curantur.</p>
          <p>In der allgemeinen Auflösung, worin sich die offizielle Welt befindet, wird das Unwahrscheinlichste das Wahre; natürlich vom diplomatischen Standpunkte aus. Ein Theil der Rue Poitier<gap reason="illegible"/> und der &#x201E;Nationals&#x201C; haben für Boulay gestimmt; die Montagne hat sich der Abstimmung enthalten. Nun denke man sich: als vorgestern der Name Boulay zum ersten Male ausgesprochen wurde, entstand ein allgemeines Gelächter; als heute der Name Boulay als Vice-Präsident genannt ward, entstand ein allgemeines Bravoklatschen. Nun sagen aber auch dieselben Leute, die heute bravo klatschen: Boulay ist keine Null, Boulay ist kein x; denn Boulay ist der Liebling Napoleon's, der Mann, der beständig der napoleonischen Dynastie angehangen. Wenn nun Napoleon der Liebling des Landes ist, mit sieben Millionen erwählt, so können wir nicht besser thun, als den Liebling des Lieblings zum Vice-Präsidenten zu wählen. Wir haben uns einmal geirrt, indem wir unsere Stimme dem Cavaignac gaben; wir wollen jetzt nicht noch einmal irregehen. Das ist die Klugheit, mit welcher die Kammer sich entschuldigte, die Dummheit auszuwählen.</p>
          <p>Der Vice-Präsident ist die Frau des Präsidenten, während das Ministerium nur seine Maitresse ist; das heißt: Der Präsident lebt und stirbt mit dem Vice-Präsidenten, unbeschadet aller ministeriellen Veränderungen. Das Ministerium dagegen ist die Maitresse des Präsidenten, die er jeden Augenblick mit einer andern vertauschen kann. Das Ministerium und der Biedermann Odilon-Barrot haben aber das umgekehrte Verhältniß eintreten lassen wollen; Barrot wollte der Maitre sein und Napoleon zur Maitresse nehmen, um bei der ersten Gelegenheit diese Maitresse mit einer andern, der Herzogin von Orléans, zu vertauschen. Man sieht: die offizielle Welt dupirt sich wechselseitig, die einen wollen die andern vor die Thüre werfen, und sie werden nicht eher ruhen, bis sie sich gegenseitig herausgeworfen haben. &#x2014;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar203_038" type="jArticle">
          <head>Paris, 20. Januar.</head>
          <p>Thiers, bekanntlich Mitglied der Falloux'schen Commission für den Primar- und Sekundarunterricht, wohnt den Sitzungen dieser Commission fleißig bei. &#x201E;Es gibt nur zwei Mittel&#x201C;, äußerte er in der letzten Sitzung nach einem längern Vortrage, &#x201E;dem Lande wieder Ruhe zu verschaffen und die atheistisch-sozialistischen Ideen zu vertilgen. Diese Mittel sind a) Krieg nach Außen oder b) Unterdrückung der von Carnot beabsichtigten Volksschulen.&#x201C;</p>
          <p>Peupin, der auch in dieser sauberen Commission sitzt, wollte seinen Ohren kaum trauen, als er diese Worte aus dem Munde des Revolutionsgeschichtsschreibers und Exadvokaten hörte und protestirte lebhaft gegen eine solche Logik.</p>
          <p>Selbst Dupanloup, Generalvikar von Notre-Dame, der auch der Sitzung beiwohnte, erklärte mit satirischem Lächeln: daß Hr. Thiers doch etwas zu weit ginge!</p>
          <p>&#x2014; Der Cassationshof hat bereits seinen Präsidenten Berenger (einen der stümmsten Deputirten) und fünf seiner Glieder für Organisation des Nationalgerichtshofs bezeichnet. Wir hätten nun auch eine Nationaljustiz!</p>
          <p>&#x2014; A. Blanqui richtet aus dem Donjon von Vincennes einen Brief an &#x201E;Peuple&#x201C;, worin er seinen Nachbar auf der untersten linken Bank im Saale der National-Versammlung am 15. Mai zum Zeugen für gewisse Thatsachen auffordert. Er kennt diesen Nachbar nicht, hofft aber, daß er sich selbst nenne.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar203_039" type="jArticle">
          <head>Paris, 21. Januar.</head>
          <p>In Betreff der Amnestiefrage äußert sich der Moniteur u. A. dahin Man spreche von einer Verpflichtung, die der Präsident übernommen habe: Amnestie zu bewilligen.</p>
          <p>&#x201E;Wahr ist, daß er mehrere Male, bei Privatgesprächen, den Wunsch ausdrückte, sein Gelübde (voeu) zu erfüllen, das er in seinem Manifest machte und auch immer in seinem Herzen bleiben wird, nämlich Amnestie zu ertheilen, wann es ohne Gefahr werde geschehen können. Aber eine Verpflichtung hat er nicht übernommen.&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; In dem Bréa-Proceß wurde gestern der Adjutant Bréa's (Hr. Demarest, derselbe, der sich mit Maugin, während der General von den Insurgenten erschossen wurde, unter dem Bett der Wachstube verkroch) als Hauptbelastungszeuge verhört.</p>
          <p>&#x2014; Der Moniteur enthält einen Erlaß des Finanzministers, der in ziemlich umständlicher Weise den Eisenbahn- und Zollamtsdirektionen auseinandersetzt, unter welchen Bedingungen sie das Plombiren von Waarenzügen auch auf alle übrigen Richtungen Frankreichs ausdehnen dürfen. Bisher war dieser Vortheil bekanntlich nur den von Köln und Brüssel herkommenden Waarenzügen, sowie dem Gepäck der Reisenden gestattet.</p>
          <p>&#x2014; Die Dame, deren Verhaftung wir vor acht Tagen anzeigten, weil sie angeklagt sei, die Flucht Lacambre's und Barthelemy's bewerkstelligt zu haben, heißt Adèle Blanqui und ist die Schwester des berühmten Gefangenen in Vincennes.</p>
          <p>&#x2014; Heute sind es 57 Jahre, daß König Ludwig XVI auf dem Revolutionsplatz (Place de la Concorde) hingerichtet wurde. Dieses Ereigniß wird in doppelter Weise gefeiert. Um 3 Uhr hielt Abbe Freschon im Notre-Dame des Victoires eine Fastenpredigt. Um 5 Uhr findet in dem kolossalen neuen Klubsaale, Rue Martel 9, ein Volksbankett zu Ehren jenes Ereignisses statt, das gerade in diesem Jahre im Hinblick auf Vergangenheit wie noch mehr auf die Zukunft festlich begangen zu werden verdient.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
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</TEI>
[1109/0003] schon nun der Verlust von Ofen und Pesth für die ungarische Sache nicht von Unwichtigkeit ist, so ist er doch nicht von der Bedeutung, als die von Oesterreich besoldeten Zeitungsschreiber verkünden, indem, wie schon vielfach bemerkt, aus Pesth und Ofen alles Werthvolle von der ungarischen Regierung fortgeschafft war und daß qu. Städte nur dadurch eine Wichtigkeit haben, daß sie die Marktplatze für die untere Donaugegend sind. — Von diesen aber abgeschnitten, wird der bis zuletzt von der ungarischen Regierung mit ungarischen Banknoten rege gehaltene Verkehr jetzt aufhören und Pesth wie Ofen sehr bald die traurige Kopie von dem jetzt geschäfts- und verkehrlosen Wien abgeben. — Das Stillschweigen der österreichischen Siegesposaune seit der Einahme Pesth's und Ofen's wird also vermuthlich noch lange währen, und in dem Falle das eben eingetretene Thauwetter fortdauert, wird jene Schreierin für immer verstummen, da die ungarische Armee in den besetzten Ebenen mit ihrer leichten Kavallerie zu operiren hat, gegen welche die österreichische schwere Kavallerie dort unmöglich Stand halten kann; die in den Gebirgsgegenden neuerdings errichteten Guerilla-Korps werden die Truppen der Oesterreicher lange beschäftigen und während dieser Zeit wird sich die ungarische Infanterie in dem Gebrauche der Waffen vervollkommnen können. — Die ungarische Armee hat 67 vollständig bewaffnete und adjustirte Honved's-Bataillone, 12 (bald 18) Regimenter Kavallerie, so wie an schwerem Geschütz circa 300 Kanonen; hiernach ist es wohl nicht in Abrede zu stellen, daß die Alles in Allem kaum stärkere in Ungarn operirende österreichische Armee ohne bedeutende Verstärkung selbst in der günstigsten Jahreszeit (im Sommer) nicht weiter vordringen darf, da sie doch wenigstens die Hälfte ihrer Mannschaften zur Besetzung der schon eingenommenen Komitate und der noch in den Händen der Ungarn befindlichen Festungen Komorn, Leopoldstadt etc. zurücklassen muß. Niemand wird bestreiten, daß die von der österreichischen Armee bis jetzt erfochlenen Siege in Italien und anderswo, größtentheils den Soldaten aus Ungarn, Kroatien und Galizien zuzuschreiben sind; Erstere sind jetzt aber feindlich gesonnen, und aus Kroatien und der Militärgrenze ist Alles Waffenfähige und Entbehrliche schon früher genommen, Galizien wird aber ferner aller Wahrscheinlichkeit nach vom General Bem occupirt werden und da in den übrigen Provinzen Oesterreichs die Revolution noch immer gährt, und eine größere Rekrutirung diese zum abermaligen Ausbruch bringen wird, außerdem noch Wien wie sämmtliche Theile des Staates schon auf das Minimum (für die jetzigen Verhältnisse) der Militärbesetzung beschränkt sind, so ist an eine namhafte Verstärkung der österreichischen Armee in Ungarn nicht zu denken. Hierzu kommt noch das zerrüttete Finanzwesen des österreichischen Staates, sowie dee große Geldmangel in den oberen ungarischen Komitaten; dagegen ist die ungarische Regierung im Besitz der an Naturprodukten etc. reichsten Theile des Landes und sind hier die ungarischen Banknoten in voller Gültigkeit, demnach eine Erschöpfung der Kasse nicht in Aussicht steht. Was die Stimmung der unteren Gegenden betrifft, so möge Jeder, ob mit Ungarn bekannt oder nicht, versichert sein, daß jede Lippe nur einen Fluch für Habsburg, aber tausend „Eljen“ und Segensrufe für Kossuth, den Abgott der Nation hat; daß ferner die Oesterreicher mit jeder Kanone, die sie in das Innere führen (durch die im Frühjahr und Herbst unpassirbaren Wege) der ungarischen Nation ein Geschenk machen; daß auch auf den Ruf Kossuth's binnen weniger Zeit mehr denn 30 bis 40,000 berittene Shikos (Hirten, die so zu sagen mit dem Pferde Eins sind, und füglich die Kosaken Ungarns genannt werden dürfen) sich sammeln und mit ihren leichten an Entbehrung und lange Tagrreisen gewöhnten Pferden auf den unübersehbaren Steppen den Feind zu Tode hetzen werden. Das von mir Gesagte wird Niemand, der Wahrheit liebt, widerlegen können und habe ich daher nicht nöthig, noch weiter zu beweisen, daß das Vabanque der österreichischen Regierung nur zu deren Nachtheil ausfallen kann, und ihr System, die verschiedenen Racen und Völker an einander zu hetzen, um in ihrem eigenen Fleische zu wühlen, — zwar für jetzt geungen ist, sich aber doch zuletzt noch an dem Erfinder rächen wird.“ Oedenburg, 13. Jan. Eben erfahre ich von einem Geistlichen, der gestern von Raab kam, es seien in Csorna und Kapuvár (4-5 Meilen von hier, in der Richtung gegen Raab) neue Bauernaufstände ausgebrochen. Der in Csorna hatte zuerst stattgefunden; zu seiner Dämpfung waren die in Kapuvár liegenden Truppen gegen den erstern Ort abgeschickt worden. Kaum waren sie fort, so erhoben sich — Sie sehen, die Sache wird mit System betrieben — die Bauern in der Umgegend Kapuvárs. Der vorhin erwähnte Geistliche stieß zwischen den beiden genannten Orten auf einen Haufen von etwa 1500 derselben, die mit Knitteln und Mistgabeln bewaffnet (andere Waffen haben sie nicht mehr) gegen Raab zogen. (A. Z.) Französische Republik. 16 Paris, 20. Jan. Wenn man diese Bureaumagister und Bureauherren, die perükenlosen Nachtreter der perükenreichen Parlamentsbourgeois vorigen Jahrhunderts, und die Junker von der Lilie, und die Börsengebieter, kurz alle mit unproduktiver Scheinarbeit beschäftigten reichen Personagen heute anguckt, man muß ihnen unwillkürlich ins werthe Angesicht lachen. Es ist famos; dies patriarchalische Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt wieder, der Präsident der Republik erlangt ein halbes Milliönchen Francs jährlichen Zuschuß, um das Porto der ihm unfrankirt zugesandten Briefe zu bezahlen, und die Festgelage der „feinen Welt“ überstürzen sich, und die zahllosen Bonaparte's lassen den Champagner knallen und der Hauptbonaparte, der Held von Boulogne, der Märtyrer von Ham, kutschirt aus einer Soirée in die andere und macht den Gemahlinnen seiner Minister den Hof und trinkt, während ringsum die Tafelgäste politisiren und ihn hochleben lassen und die heilige Allianz der Potentaten. Wie sie so schiffen, Die lieben Heitern! Und an den Riffen Werden sie scheitern. Dahinten … dahinten … da kommt er — der Tod! „Ja wohl, er kommt, so gewiß die Tinte aus dieser Feder und der Medoc im Elysium fließt. Vorgestern war Nachts großer Musikjubel und Tanzvergnügen im Wintergarten, einem prächtigen Glas- und Gewächshause in den elysischen Feldern, unweit des Elysiumspalais des Bonaparte, und wer hineinwollte, mußte 10 bis 20 Fr. zahlen. In derselben Nacht wurden wieder viele Juniinsurgenten auf Zellenwagen in die unterirdischen Kerker von Doullens und St. Michel und nach den Galeeren verfahren und genau die Polka's akkompagnirten das Jammergeschrei der Abschied nehmenden Weiber und Kinder, und die Eisenringe der Beinkette wurden gehämmert just als die Tompeten Tusch bliesen in die Ohren der sich amüsirenden Malthusritter und ihres Trosses. Jetzt endlich, was vor Wochen schon hätte geschehen müssen, unterzeichnet man eine Petition an die Kammer, sich erst nach Votirung der s. g. organischen Gesetze zu trennen; sämmtliche demokratische Redaktionen Frankreichs lassen Listen herumtragen. Eine andere Petition geht an die Nationalassemblée, des Inhalts: „sie möge die im April 1825 dem Lande abgezwackten ein Tausend Millionen s. g. Entschädigung für die in der Gouillotinenzeit in ihren Rechten und Gütern geschädigten Adligen und Legitimisten, jetzt wieder diesen Personen oder deren Kindern abnehmen und die 3proz. Zinsen seit 1825 obendrein; diese Summe sei fortan zur Rückzahlung der Neunsous-Steuer an die Steuerpflichtigen, desgleichen zur Ermäßigung sonstiger Abgaben zu benutzen.“ Die Wuth der volksfeindlichen Journale darüber ist sehr lustig anzusehen. Folgendes sind die vielfach merkwürdigen Statuten der Solidaritätsgesellschaft, die sich täglich mehr ausdehnt, wie in ihrem Bülletin des Innern enthalten sind: „Freunde, wir sind hinaus über das Projektmachen und Hoffen; wir handeln. Gegen elfhundert Associirte werden dies Bülletin zugeschickt bekommen und ihre Energie wird dadurch wachsen. Das Centrum unserer Association der Solidarität, Boulevard St. Martin Nr. 43, besteht aus: Dameth, Schriftsteller, Präsident; Madame Dervins; Schneider Tournot, Vizepräsidenten; Bourreif, Kaufmann, Säckelmeister; Macé, Schriftsteller, Sekretär. Das Oberleitungscomite besteht aus den Damen Gay, Psalmon, Brasier, und Bedigie, Porzellanmahler; Bordet, Arzt; Vial, Arzt; Robin, Dr. jur.; Mathis, Maler; Picart, Zahnarzt; Duval, Architekt. In der Abendsitzung der zweiten Generalversammlung der Solidarität am 19. Okt. haben wir 17 kleine Serien eingerichtet, deren größerer Theil jetzt vollständig ist, jede aus zehn Gruppen, mit zehn Mitgliedern in der Gruppe. Jede Serie führt einen Straßennamen. (Werden 14 Serien in Paris, 2 im Pariser Weichbild aufgezählt nebst Adressen und Stand ihrer Chefs). In der Provence, in Laon, Amiens, Lyon, Auch u. s. w. geschieht ein Gleiches. Der Chef einer Serie versieht die Leitung, Vervollständigung, sozialistische Bildung aller seiner Serienmitglieder. Dazu verbindet er sich mit den Chefs seiner Gruppen. Jede Woche geben die Gruppenchefs die Beiträge an den Serienchef, nebst Verzeichniß der neu Aufgenommenen. Er giebt ihnen die Rundschreiben, Zeitungen, Flugblättchen u. s. w. für jedes Gruppenmitglied. Der Serienchef berichtet über materielle und intellektuelle Bedürfnisse seiner Serie. Wenn diese Serien vollständig sind, wollen wir sie zu Ober-Serien heranheben. Dazu ist eine abermalige Generalversammlung nöthig. Wer der Gesellschaft einen Aufzunehmenden zuführt, bekommt ein Billet und wer 25 Billets hat, erhält vom Leitungskomite einen Empfangsschein und wird im nächsten Bülletin der Gesellschaft erwähnt; und zwar sowohl er selbst als die bezügliche Gruppe und Serie. „Eine Beisteuer von drei Sous ist (etwas über einen Silbergroschen) mindestens wöchentlich von Männern, von zwei Sous von Frauen zu erheben. Freiwillige Zuschüsse werden gern angenommen. Jedes Mitglied verzeichnet eigenhändig in das Rechenbuch seines Gruppenchefs seinen Beitrag, aber nicht mit Ziffern sondern mit Buchstaben. Im Rechenbuche seines Serienchefs dagegen hört das etwaige freiwillige Geschenk auf ein anonymes zu sein und so erhält es den Namen der Gruppe von der es ausgegangen. Persönliche Eitelkeit ist unausstehlich, aber Gruppen-Ehrgeiz, und gar Ehrgeiz einer Serie ist nützlich, hat sozialen Charakter, und darf dreist ermuthigt werden. — Wir haben nunmehr drei Ausschußräthe eingesetzt.“ „Den des Handels, der Arbeit, der Oberaufsicht. Ersterer besteht aus Masel, Kaufmann, Präsident. Cadenne, Kaufmann, Vicepräsident, und Morard, Schriftsteller, Sekretär. Sonstige Mitglieder sind (folgt die Liste). Dieser Ausschuß examinirt die Vorlagen eines Austauschsystems nach Solidaritätsprinzipien zwischen den Produzenten und Konsumenten; ein innerhalb unsrer Association kursirendes Cirkulationspapier, oder Konsumtionsbons werden nebst einer einheitlichen Handelsagentur ins Werk gesetzt werden. Der Arbeitsausschuß besteht aus Bordet, Arzt, Präsident. Baudet, Kalligraph, Vicepräsident. Charpentier, Advokat; Mitglieder sind: (meist Arbeiter, auch eine Dame, die Dirigentin der Association der Weißzeugverfertigerinnen). Dieser Ausschuß verschafft den Arbeitern Arbeit und folglich den Arbeitgebern Arbeiter. Er will die Löhnung auf Friedenswege innerhalb des Vereins in Association umschaffen. Er richtet Bureaus für Arbeitsvertheilung ein. Er sucht mehrere große Gewerke, z. B. die Schneider, zum Associiren zu bewegen und die Klientel der ganzen Gesellschaft ihnen zuzuwenden. „Der Aufsichtsausschuß wird die Oberleitung der Geldsachen übernehmen. „Die nächste General-Versammlung wird ein Comite der Propaganda mit Wort und Feder, und ein Comite der Künste mit den gehörigen Sektionen der einzelnen Kunstzweige, einsetzen. „Ein Journal ist nothwendig, aber nach den neuen Preßhindernissen, genannt Preßgesetze, muß ein wöchentlches schon 12,000 Fr. Kaution stellen. Wir haben diese Summe nicht im Beutel, aber durch genaus Vorausabzählen der Abonnirenden können wir viel ausrichten. Die erste Nummer würde 1000 à 1200 Fr. kosten um gebührlich verbreitet zu werden. Das Exemplar koste 2 Sous oder tausend kosten 100 Fr. Wir müssen also wenigstens 10,000 Exemplare à 2 Sous unterbringen, um die ersten Ausgaben des Blattes herauszuschlagen. Wir zählen an 1500 Personen; wollte sich jede zum Unterbringen von 5 Exemplaren verpflichten, so sicherte uns dies den Verkauf von 7500 Exemplaren; dazu 2500 auf der Straße zu verkaufende, giebt 10,000 Exemplare deren Verkauf vorher gesichert wäre. Das Journal würde den Titel tragen: Volksthümliches Unterrichtsblatt für Socialwissenschaft. „Unser Arbeitsvertheilungs- oder Placirungs-Bureau wird Straße Melay Nro. 35 fungiren unter Leitung des Mitglieds Charpentier, Advokat. Er steht mit brüderlichem Rathe allen Associirten unentgeldlich zu Gebot. In diesem Bureau melden sich arbeitsuchende Arbeiter und arbeitersuchende Meister. Alle Einschreibegelder, die sonst üblich, sind total abgeschafft, jedoch wenn gesuchte Arbeit gegeben worden ist, müssen vom Meister oder Arbeiter fünf Sous (zwei Silbergr.) an ihren respektiven Gruppenchef für die Centralkasse, zum Instandhalten dieses Placirbureau, entrichtet werden. Ein glücklicher Zufall hat gewollt, daß unsre Freunde eine Ackerkolonie bei Paris besitzen. Die sehr guten und zahlreichen Gemüse derselben werden durch ein neues Verkaufssystem den Mitgliedern der Solidarität zu Gebote gestellt werden. „Ein medizinischer Dienst für alle Mitglieder, bis ein spezieller für jede Serie eingeführt sein wird, organisirt sich durch die Aerzte Vial, Bordet, Deschenaux, Zahnärzte Picart, Le Provost, Hebammen Füret und Basset. Die Konsultation ist unentgeldlich. — Unser Leselokal, Boulevard St. Martin 43, steht offen von 8 Morgens bis 10 Abends. Soweit sind wir jetzt; aber wenn wir zwanzigtausend stark sind, dann ist die Arbeit allen Associirten gesichert; die Propagandainstrumente, nämlich Bücher und Broschüren, werden den Associirten gratis gegeben; dann erst können wir 20,000 Aktien à 10 Fr. (zahlbar durch je zwei Fr. alle Vierteljahre) schaffen, d. h. eine Kapitalsmacht von 200,000 Fr. auf die Beine stellen, und wenn es sein muß, um 150,000 Fr. ein Landstück nebst Bäulichkeiten ankaufen; die 50,000 Fr. Rest mögen alsdann zum Einrichten eines wirklichen Mittelpunkts der Societät dienen, nebst Magazin für die Produkte, nebst Versammlungszimmern, Geschäftslokalen, Speisesälen, kurz einer sozialen Stadt innerhalb der alten.“ 12 Paris, 19. Januar. Napoleon hat einen andern Napoleon zur Welt gebracht: der Präsident hat einen Vicepräsidenten geboren. Nach der Konstitution steht, wie man weiß, dem Präsidenten das Recht zu, eine Liste von drei Kandidaten der Versammlung vorzulegen, und die Nationalversammlung hat aus diesen dreien den ihr passenden zu ernennen. Alle Welt hatte Augen und Ohren geöffnet, als Herr Leon Faucher, Minister des Innern, die Tribüne bestieg, um die 3 Namen zu verlesen. In schwierigen, mißlichen Umständen, besonders wenn die Sache nicht ganz biedermännisch steht, dann überträgt der Biedermann Barrot gerne einem Andern seine Stelle als erster Minister. Die einen dachten: wer mag wohl der erste auf der Liste sein? Lamartine, Dufaure, oder Barrot: Nein, nein, sagten die andern Mole wird's: Ja, Molé muß Vicepräsident werden! — Was, Molé? sagten wieder Andere; Thiers, den Thiers müssen wir haben; der kann unserer Finanzroth ein Ende machen! — Ihr habt Alle das Rechte nicht getroffen, meinten wieder Andere; Napoleon ist ein Spaßvogel und Barrot hat eine Rache auszuüben. Ihr sollt sehen, er hat den Cavaignac oben an auf die Liste geschrieben. Nun denke man sich das allgemeine Staunen, als Faucher den Namen Boulay aussprach. Die Deputirten sahen mit starren Augen auf Boulay, Boulay sah mit starren Augen auf die Deputirten: er war ebenso wenig auf diese Ehre vorbereitet als alle Uebrigen, und dies allgemeine Staunen machte sich Luft in einem homerischen Lachen. Nun, bei dem zweiten Namen wird's besser kommen; wer weiß was Napoleon im Schilde führte? Hören wir den zweiten Namen! — Baraguay-d' Hilliers? Ja, da war es aus mit dem Lachen. Man glaubte an eine Mystifikation. Der arme General erwartete für sich eben so wenig seinen Namen zu hören als Boulay. Vicepräsident der Republik mit 100,000 Frs. jähritlichem Gehalt u. freier Wohnung au petit Louxembourg! also der zweie im Staate und der erste im Staatsrathe! (der Vicepräsident der Republik ist nämlich Präsident des Staatsraths). Boulay und Hilliers waren wie aus den Wolken gefallen. Boulay sah auf Hilliers; Hilliers sah auf Boulay; der Bauer sah die Eule an, die Eule sah den Bauer an. Boulay und Hilliers, zwei Vicepräsidenten, der eine eben so unmöglich wie der andere und beide gleich bornirt. Das ist gewiß wieder ein Staatsstreich des Herrn Odilon-Barrot. Der Präsident des Ministeriums sagte: ich will nicht Vicepräsident der Republik sein. Die Presse aber sagte und bewies: Odilon-Barrot kann nicht Vicepräsident der Republik werden Der „Charivari“ dagegen sagt: Odilon-Barrot will nicht Vicepräsident sein; er will Vicepräsidenten machen, welches letztere weit ruhmvoller ist und sich auch besser ausnimmt auf einer künftigen Grabschrift. Da würde es dann heißen: Odilon-Barrot der große Biedermann hat nicht Vicepräsident sein wollen, er hat Vicepräsidenten machen wollen. Wenn dem so ist, so hat Barrot bei der Auswahl, die er getroffen, sehr politisch verfahren. Er begriff recht wohl, daß der Vicepräsident nicht gescheidter sein dürfte, als der Präsident der Republik und es handete sich nun darum, 3 Männer in der Kammer zu finden, die dieser Anforderung Genüge leisten konnten. Das war allerdings eine schwierige Aufgabe, obgleich die Kammer 900 Mitglieder zählte und Exemplare aller Art enthält. In der Wahl des Herrn Boulay (de Meurthe) und d'Hilliers hat Barrot wirklich Scharfsinn und Menschenkenntniß bewiesen. Boulay steht noch eine Stufe tiefer als Napoleon, und Hilliers ungefähr auf gleicher Stufe wie Napoleon. Einen dritten Ebenbürtigen war unmöglich zu finden, und man mußte sich entschließen, Vivien den andern als Paß mitzugeben. Hilliers nämlich ist beinahe so bornirt als Napoleon, aber Boulay ist noch bornirter als Napoleon! Nun kommt aber Barrot und lehnt alle Verantwortlichkeit von sich ab. Er will eben so wenig etwas von der Wahl gewußt haben, als Faucher. Sollte Napoleon vielleicht schlauer als beide, schlauer als die Kammer, schlauer als die Konstitution sein? Wer weiß! Stille Wasser sind tief! Napoleon wollte einen Vicepräsidenten haben und er mußte der Kammer drei Vicepräsidenten vorlegen. — Den Vicepräsidenten, den du gerne möchtest, bekömmst Du nicht — sagte ihm Barrot: Die Kammer steht uns feindlich entgegen, und sie wird jedenfalls suchen, gegen Deine Wünsche zu handeln. Wir haben ihr neulich einen Streich gespielt; sie wird Dir jetzt einen Streich spielen und Dir einen Vicepräsidenten aufbinden wollen, der Dir nicht genehm. — Ich will aber Vivien haben! — Sie wird Dir Lamartine geben! — Ich schreibe Lamartine nicht auf die Liste. — Nun, so schreibe Dufaure auf die Liste! — Ich will Dufaure auch nicht haben! — So schreibe Cavaignac auf die Liste. — Ich will aber Cavaignac auch nicht haben. — So schreibe Thiers. — Ich will aber Thiers auch nicht haben. — Nun, so schreibe Molé. — Ich will aber Molé auch nicht haben. — Nun, so gehe zum Teufel und schreibe X! — Ja, Barrot hat recht, ich will x schreiben, aber nicht ein x; ich will x x schreiben; ich will zwei unbekannte Größen schreiben, dann müssen sie mir die bekannten Größen durch eine einfache Rechnungsoperation zukommen lassen! Ich habe es gefunden! Heureyka! Heureka! Napoleon war schlauer als Barrot, schlauer als die Constitution, schlauer als die Deputirten und ist sogar schlauer noch als alle Journalisten. Kammer und Journale wissen nicht, woran sie halten, und Barrot schwört bei Plutarch, daß er unschuldig sei bei der Wahl Boulay's und Hilliers! Selbst den „Charivari“ hat Napoleon hinters Licht geführt, denn der Charivari meint noch immer, Boulay sei vorgeschlagen wegen seines enbonpoint, d. h. seines dicken konservativen Bauches! 12 Paris, 20. Januar. Also nicht Vivien ist Vice-Präsident, Boulay ist's geworden. Was für ein Boulay? Wer anders, als Boulay der x, Boulay, die unbekannte Größe, welche die Kammer mit einem einzigen Schlage zur bekannten Größe gestempelt hat. Also Boulay, die eine von den beiden Nullen ist Vice-Präsident, d. h. die zweite Person im Staate geworden. Das Ministerium dachte ungeheuer listig verfahren zu haben, als es zu den zwei Nullen eine schmächtige Einheit wie Vivien hinzusetzte, und glaubte nun sich seines Triumphes gewiß. Die Kammer war noch listiger und wählte die Null. Dem bornirten Napoleon hat sie einen Mann zugesellt, der noch bornirter ist als er; similia similibus curantur. In der allgemeinen Auflösung, worin sich die offizielle Welt befindet, wird das Unwahrscheinlichste das Wahre; natürlich vom diplomatischen Standpunkte aus. Ein Theil der Rue Poitier_ und der „Nationals“ haben für Boulay gestimmt; die Montagne hat sich der Abstimmung enthalten. Nun denke man sich: als vorgestern der Name Boulay zum ersten Male ausgesprochen wurde, entstand ein allgemeines Gelächter; als heute der Name Boulay als Vice-Präsident genannt ward, entstand ein allgemeines Bravoklatschen. Nun sagen aber auch dieselben Leute, die heute bravo klatschen: Boulay ist keine Null, Boulay ist kein x; denn Boulay ist der Liebling Napoleon's, der Mann, der beständig der napoleonischen Dynastie angehangen. Wenn nun Napoleon der Liebling des Landes ist, mit sieben Millionen erwählt, so können wir nicht besser thun, als den Liebling des Lieblings zum Vice-Präsidenten zu wählen. Wir haben uns einmal geirrt, indem wir unsere Stimme dem Cavaignac gaben; wir wollen jetzt nicht noch einmal irregehen. Das ist die Klugheit, mit welcher die Kammer sich entschuldigte, die Dummheit auszuwählen. Der Vice-Präsident ist die Frau des Präsidenten, während das Ministerium nur seine Maitresse ist; das heißt: Der Präsident lebt und stirbt mit dem Vice-Präsidenten, unbeschadet aller ministeriellen Veränderungen. Das Ministerium dagegen ist die Maitresse des Präsidenten, die er jeden Augenblick mit einer andern vertauschen kann. Das Ministerium und der Biedermann Odilon-Barrot haben aber das umgekehrte Verhältniß eintreten lassen wollen; Barrot wollte der Maitre sein und Napoleon zur Maitresse nehmen, um bei der ersten Gelegenheit diese Maitresse mit einer andern, der Herzogin von Orléans, zu vertauschen. Man sieht: die offizielle Welt dupirt sich wechselseitig, die einen wollen die andern vor die Thüre werfen, und sie werden nicht eher ruhen, bis sie sich gegenseitig herausgeworfen haben. — Paris, 20. Januar. Thiers, bekanntlich Mitglied der Falloux'schen Commission für den Primar- und Sekundarunterricht, wohnt den Sitzungen dieser Commission fleißig bei. „Es gibt nur zwei Mittel“, äußerte er in der letzten Sitzung nach einem längern Vortrage, „dem Lande wieder Ruhe zu verschaffen und die atheistisch-sozialistischen Ideen zu vertilgen. Diese Mittel sind a) Krieg nach Außen oder b) Unterdrückung der von Carnot beabsichtigten Volksschulen.“ Peupin, der auch in dieser sauberen Commission sitzt, wollte seinen Ohren kaum trauen, als er diese Worte aus dem Munde des Revolutionsgeschichtsschreibers und Exadvokaten hörte und protestirte lebhaft gegen eine solche Logik. Selbst Dupanloup, Generalvikar von Notre-Dame, der auch der Sitzung beiwohnte, erklärte mit satirischem Lächeln: daß Hr. Thiers doch etwas zu weit ginge! — Der Cassationshof hat bereits seinen Präsidenten Berenger (einen der stümmsten Deputirten) und fünf seiner Glieder für Organisation des Nationalgerichtshofs bezeichnet. Wir hätten nun auch eine Nationaljustiz! — A. Blanqui richtet aus dem Donjon von Vincennes einen Brief an „Peuple“, worin er seinen Nachbar auf der untersten linken Bank im Saale der National-Versammlung am 15. Mai zum Zeugen für gewisse Thatsachen auffordert. Er kennt diesen Nachbar nicht, hofft aber, daß er sich selbst nenne. Paris, 21. Januar. In Betreff der Amnestiefrage äußert sich der Moniteur u. A. dahin Man spreche von einer Verpflichtung, die der Präsident übernommen habe: Amnestie zu bewilligen. „Wahr ist, daß er mehrere Male, bei Privatgesprächen, den Wunsch ausdrückte, sein Gelübde (voeu) zu erfüllen, das er in seinem Manifest machte und auch immer in seinem Herzen bleiben wird, nämlich Amnestie zu ertheilen, wann es ohne Gefahr werde geschehen können. Aber eine Verpflichtung hat er nicht übernommen.“ — In dem Bréa-Proceß wurde gestern der Adjutant Bréa's (Hr. Demarest, derselbe, der sich mit Maugin, während der General von den Insurgenten erschossen wurde, unter dem Bett der Wachstube verkroch) als Hauptbelastungszeuge verhört. — Der Moniteur enthält einen Erlaß des Finanzministers, der in ziemlich umständlicher Weise den Eisenbahn- und Zollamtsdirektionen auseinandersetzt, unter welchen Bedingungen sie das Plombiren von Waarenzügen auch auf alle übrigen Richtungen Frankreichs ausdehnen dürfen. Bisher war dieser Vortheil bekanntlich nur den von Köln und Brüssel herkommenden Waarenzügen, sowie dem Gepäck der Reisenden gestattet. — Die Dame, deren Verhaftung wir vor acht Tagen anzeigten, weil sie angeklagt sei, die Flucht Lacambre's und Barthelemy's bewerkstelligt zu haben, heißt Adèle Blanqui und ist die Schwester des berühmten Gefangenen in Vincennes. — Heute sind es 57 Jahre, daß König Ludwig XVI auf dem Revolutionsplatz (Place de la Concorde) hingerichtet wurde. Dieses Ereigniß wird in doppelter Weise gefeiert. Um 3 Uhr hielt Abbe Freschon im Notre-Dame des Victoires eine Fastenpredigt. Um 5 Uhr findet in dem kolossalen neuen Klubsaale, Rue Martel 9, ein Volksbankett zu Ehren jenes Ereignisses statt, das gerade in diesem Jahre im Hinblick auf Vergangenheit wie noch mehr auf die Zukunft festlich begangen zu werden verdient.

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 203. Köln, 24. Januar 1849, S. 1109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz203_1849/3>, abgerufen am 21.11.2024.