Neue Rheinische Zeitung. Nr. 208. Köln, 30. Januar 1849.leute und großen Grundbesitzer in Frankreich. Nach den Februartagen sagte sich die Bourgeoisie (ob aus Furcht oder Vernunft oder Beidem, bleibe dahin gestellt) wir wollen mal es mit der Republik probiren, da sie aufgekommen ist. Aber die Junkerschaft auf den großen Gütern, die immerdar am Throne klebt, beschloß diese Bewegung, welche viel zu urplötzlich war, um streng systematisch zu fahren, durch jedwede Mittel in Unordnung zu bringen, zu aller Art von Ueberschwänglichkeit zu treiben, Frankreich einen neuen Ekel vor der Republik einzuflößen und ihm dann zu guter Stunde ein Königlein wieder auf den Nacken zu pflanzen. Das Provisorium beging täglich Mißgriffe, die Bürgerschaft schrie Jammer und verwünschte die republikanische Staatsform. Ein Bund entstand zwischen legitimistischer Junkerschaft und unadliger Bourgeoisie; man nannte das den Bruderbund des Handels mit dem Boden. Die französische Bourgeoisie war und ist blind, sie sieht nicht, daß ihr Handel und ihre Industrie weit schneller, tiefer erschüttert werden können als der Bodenbesitz der Junkerschaft. Selbst der riesenhafte Weltsturm von 1789 hat unserm Adel nur einen Theil seiner Grundstücke abzwingen können, und es blieb in seinen Händen noch genug, um jetzt das politische Uebergewicht zu haben. Diese unsere Junker befehden nicht mit offenem Helm die Republik, bewahre; sie gehen den Gaunerweg, von hintenher schleichen sie, halten Handel und Wandel auf, vermehren die Anzahl der Armen, ermüden die Nation durch Aufregungen, und dies Alles um dem ruinirten Frankreich Henri V., das Wunderkind, zu präsentiren. Während dieses Manövers verliert der Adel einige Pächter aber den Boden nicht. Die Bourgeoisie aber verliert bei diesem schlechten Spaß Zinsen und Kapital, Kredit und Hülfsquellen; sie bankerottirt und muß heraus aus ihren Fabriken, Komptoiren und Läden. Wer darüber ins Fäustchen lacht, ist der Adel, denn glaubt nur nicht, daß er unsern Bourgeois das Jahr 1789 verziehen hat. In einigen Ortschaften geht ihnen ein Licht auf; sie weigern sich hie und dort, die Kammerauflösungsadresse zu signiren, denn es ärgert sie, daß die Geschäfte wieder stocken, seit diese Auflösung auf's Tapet gebracht worden. Aber wenn dann die Republikaner kommen und zur Unterzeichnung einer Adresse für das Bleiben der National-Assemblee aufrufen, bebt die Bourgeoisie auch zurück und schreit: ich will gar nichts unterzeichnen, ich bin nicht republikanisch. Die Bourgeoisie weiß nichts und will nichts thun; das ist wenig ehrenhaft für sie. Desto mehr thun Legitimisten und Republikaner. Aber der Bauer, der heute noch gegen die Nationalversammlung petitionirt, was will dieser Mann? Wir wissen es nicht; aber wir glauben, im Fall eines Bürgerkrieges, zumal wenn selbiger sich verlängert, daß alsdann unser Bauer als Nationalgüter die Grundstücke der Junker kaufen wird, die heute seine Unwissenheit mißbrauchend, ihm anarchische Unterschriften ablocken; im Bürgerkriege dürften sehr füglich die Gütereinziehungen einen Augenblick wieder auf die Bühne treten." Dasselbe Blatt sagt, da Professor Lerminier, der berüchtigte Volksfeind am College de France, durch den Jesuitenminister Falloux wieder eingesetzt, ja ihm in einem rührenden Handbillet tiefstes Bedauern über seine frühere Absetzung ausgedrückt wurde, Folgendes: "Die Zeitung Assemblee Nationale beklagt, daß dieser Professor so eben wieder durch Studenten, die von den Februar-Ideen verführt seien, ausgepfiffen worden. Dies ist doch stark; also soll die Februar-Revolution sich malträtiren lassen von denen die sie besiegt hat? soll sich auf dem Lehrstuhl ruhig und fromm verspotten lassen? und das obenein indem die Reaktion alle Klubs, d. h- volksbelehrende Versammlungen sperrt? selbst volksthümliche Vorträge über Kunst und Wissenschaft verbietet (wie z. B im Redoutensaal die Fourieristischen, die in der Straße Arbalete über Physik und Geschichte) also der Denk-, Rede-, Schreib- und Lehrfreiheit auf's impertinenteste Hohn lächelt?" Der Jesuitenknecht Minister Falloux hat die Frechheit gehabt, die seit Februar bestehende Administrativschule aufzuheben, worin ein mehrjähriger Lehrkursus die jungen Männer zu Verwaltungszweigen vorbereiten sollte, um dadurch nach und nach dem Nepotismus und der administrativen Vernageltheit vorzubeugen -- wofür ihn "Le Pays" und "L'Opinion publique" in drei Nummern hinter einander belobt haben. -- Die Dünste mehren sich, von allen Seiten ziehen sie sich schwül und grau zusammen. Wohl möglich daß ein Wolkenbruch, eine Sündfluth sonder Gleichen daraus entsteht; die Nationalpartei ist ohnmächtig gegenüber den Legitimisten, die auf dem 100 Mann und darüber starken Kongreß sich hier zusammen finden. Bonaparte heißt in ihrer Sprache nur noch "das Brett, welches allmälig durchgetreten und abgenutzt werden muß", um nämlich zum Henri Bourbon, Gottes Sohn, zu gelangen. Die "Verite" eins der Lieblings-Blätter französischer Kreuzritterschaft, würdige Schwester der neuen preußischen Zeitung sagt: "Die Socialisten begnügen sich nicht mit den offiziellen Methoden des Unterrichts, sondern schreien nach größerer Beachtung der Landessprache, der lebenden Sprachen, der Special- und Professionsstudien, und zu diesem Umsturze (sic) -- bouleversement -- suchen sie durch jedes Mittel, bei jeder Gelegenheit, unter den imponirenden Vorwänden socialen Interesses und Privatwohlergehens, zu gelangen." Die 6000 Mobilgardisten die das Ministerium dieser Tage verabschiedet, d. h. aufs Pflaster wirft, die vielen tausend Büreaubeamten die, unter dem Vorwande einer Staatsersparniß, außer Brod versetzt werden, die Verweigerung der Amnestie, die Verpackung und Versendung der Vincenner Gefangnen nach Bourges vor einen höchst bösartigen Ultrabourgeoisgerichtshof der eigens dazu formirt wird, (Barbes, Raspail und Albert werden wahrscheinlich jede Antwort verweigern, aber trotzdem wohl in die Karre verurtheilt werden), endlich die Klubschließungen: das Alles hat vier Wochen vor dem Februarfest Bedeutsamkeit. 17 Paris, 27. Jan. Die Glorie des Pascha petit pere Armand Marrast, wie der Charivari beweiset, ist soweit herunter, daß er in der großen Oper, als er mit Glace und golkdnöpfiger weißer Weste und Perlmutterbinocle unter Vorschreiten zweier Kammerhuissiers in der weiland kgl. Loge erschien, mit großem Geräusch und weitaufgerissenen Flügelthüren, vom Parterre erbärmlichst verhöhnt ward. Alle Welt schrie: ah, Marrast, aha, aha, aha. Und p. p. Marrast, einst Redakteur der Tribüne und Lobredner St. Just's und Robespierre's dann Perikles erröthete, was ihm noch nie in seinem Leben passirt war. -- Das Auszischen des Renegaten, Professor L;Herminier, hat die Jesuitenschüler so erbittert, daß sie mit Knütteln und einem Hundert handfester Schlingels aus der sogenannten Kongregation des h. Paulus nächstes Mal in die Vorlesung rücken wollen; auch haben sie, heißt es, zu ihrem Schutze Bajonette requirirt. L'Herminier war einst Redakteur von dem Demokratenblatt "Bon Sens", erklärte einst selbst, Armand Carrel sei ihm auch Arristokrat, und hinter den Barrikaden der Straße Saint Mery sei unter Louis Philipp's Kartätschen das edelste Blut unserer Republikaner geflossen; später abor trat er zu Montalivet's Hofpartei über und ward Maitre des Requetes mit hohem Gehalte. -- Professor Lenormand ist vom Jesuitenminister Faloux zum Lehrstuhl des ägyptischen Alterthums ernannt worden, weil er früher in dem ultrajesuitischen "Correspondant" schrieb und von den Sorbonnestudenten unter Louis Philipp als Päbstling ausgepfiffen und fortgejagt worden; einen ausgezeichneten Archiologen, Prisse, der nebenher 18 Jahre in Aegypten reiste und ein guter Republikaner vor 48 schon war, hat der Ministerjesuit übergangen. Es versteht sich, daß Lenormand nichts von dem Objekt versteht, das er vortragen soll. -- Der geistbeschränkte Constitutionel hat übrigens ein dunkles Bewußtsein des nahenden Ungewitters und mit dem einem in seinen theuersten Privilegien bedrohten Tyrannen, eigenen Instink schreit er heute: "Die Situation wird schwärzer denn je seit den Junitagen, das Ungethüm der Demagogie erhebt sich auf's Neue mit verjüngten Kräften und ohne Zaudern rückt es auf sein Ziel los. Vor Kurzem schalten die Demagogen diese Versammlung, und jetzt erklären sie sie für das letzte Bollwerk ihrer Republik. Proudhon's Le Peuple bringt gestern einen Aufsatz: Krieg überschrieben. Es kündigt den Bürgerkrieg an und attakirt nicht etwa das Ministerium, nein, sogar die Person des Präsidenten der Republik (so eben höre ich, daß gegen Mittag die Wegnahme dieser Nummer in dem Redaktionsbureau vollzogen worden) und mit demagogischer Wuth treibt dies Blatt auf jenen ihm so theuren Zeitpunkt hin, wo die Liquidirung der gesammten bestehenden alten Gesellschaft eintreten soll. Wohlgethan hat also unser Ministerium, daß es heute der Kammer ein Gesetz vorlegt, welches alle Klubs in der ganzen Republik ein für allemal verbietet: Unter Klub verstehen wir eine öffentliche periodische oder nicht periodische Zusammenkunft, worin Politik diskutirt wird. Das Wort ist englisch, aber die Sache ist echt französischen Ursprungs und ist dennoch nicht zur französischen Gewohnheit bisher geworden. In England bestehen keine, der National irrt, wenn er den dortigen Dubliner und den Reformclub als Beispiele anführt; hat denn nicht Lord Clarendon den ersten, hat nicht die londoner Konstablerschaft den zweiten. als er in chartistischen Versammlungen unter freiem Himmel und in den Tavernen die sogenannte Volkscharte besprechen wollte, auseinandergetrieben? Nordamerika ist gleichfalls verschont mit diesem Unheil, denn als der französische Nationalconvent einen diplomatischen Agenten hinsandte, um dort Klubs zu formiren, die gegen England aufhetzen sollten, trieb Washington diesen Kluborganisator aus dem Lande." Die sozial-demokratischen Blätter erlassen heute eine feierliche Protestation gegen diese impertinente Verstummelung der eben erst votirten Konstitution nach der Franzosen jederzeit und überall das Recht haben, sich "friedlich und ohne Waffen" zur Diskussion zu versammeln: "In Betracht, daß das Ministerium somit in unerhörter Weise die Konstitution der französ. demokratischen Republik verletzt und zugleich die natürlichen Menschenrechte, in Betracht, daß das Vereinsrecht älter ist und zugleich länger währt, als jedes positive Gesetz, wie solches ja auch im Text unsrer Konstitution gesagt ist; in Betracht, daß dieser neue ministerielle Gesetzvorschlag nicht etwa Reglementirung der Ausübung dieses Rechts beabsichtigt, sondern es geradezu unterdrückt ohne Weiteres: so protestiren Unterzeichnete energisch und fordern die Versammlung zur Inanklagesetzung der Minister auf, die diesen Staatsstreich zu wagen sich erfrechten. La Reforme: Charles Ribeyrolles, R. en chef, Layla, Loy, Lagarde, Leoutre, Dirigeant und Gerant. La Republique: Eugen Barreste, R. en chef, Herve. Le Peuple: Darimon, Sekretär, Langlois, Vasbenter, Madier de Montjau, Advokat des Peuple. Le Travail affranchi: Toussenel. Revolution democratique-sociale: Delescluze, R. en chef, Lemaitre, Pilette, Martin, Carre, Biy, der Corrector den Blattes. Die Clubs-Präsidenten: Tessier, Simon Bernard aus Carcassonne, Gamet, Bocquet, Madier de Montjau junior." Unter den Bonaparteblättern ist die "Liberte", der komplette Gegensatz zum "Evenement." "Liberte" fordert, als Organ des Pierre Bonaparte, sofortige Entlassung des Ministeriums Barrot-Thiers-Falloux und Kriegserklärung zu Gunsten Italiens und Polens; auf republikanische Formen gibt sie nicht viel, aber sie verabschut den Lgitimismus und Cavaignacismus. Sie wird stark gelesen auf den Ortschaften des pariser Weichbilds, dessen Bauern sich durch alle bisherigen Schritte ihres frühren Lieblings Louis Bonaparte wenig erbaut fühlen; diese Leute werden unwillig über der Verleugnung des Programms, das Se. Hoheit als Kandidat ihnen demüthiglich überreicht hatte. Er hat jetzt nur einen Kummer: von Nikolaus noch nicht ganz comme il faut anerkannt zu sein; der Romanoff hat dem Bonaparte so eben geschrieben, sein Name sei gefährlich und ehe er weiter mit ihm verhandle, müsse er Garantieen haben, besonders Beschränkung der Associationsfreiheit. Ein französischer Diplomat ist deshalb nach Berlin gereist. Wie die Demokraten diesen Louis Bonaparte beurtheilen, erhellt z. B. aus dem "Citoyen" von Dijon, dem aus Paris von Charles Payn geschrieben wird: "Seltsame Dinge passiren hier. Der Präsident ist das Objekt der dubiösesten Hypothesen. Dieser Mann speist bei dem Unterrichtsminister Falloux, und dort findet er alle legitimistischen Honoratioren, Notabilitäten und Celebritäten, die dermalen in Paris; auch der Erzieher des Herzogs von Bordeaux (Henri V), ein sozusagen offizieller Reprasentant der Henrianer seit 1830. Volksvertreter, die in der Nähe all diesen Unfug ansahen, sagten mir, sie seien darüber noch ganz anders erschrocken, als die Journalisten, die von fern stehen. Ich will übrigens Sie genau von allen solchen Umständen in Kenntniß halten; das Land muß bereit sein für nahe Ereignisse. So heißt es Bonaparte wolle abdanken (natürlich zu Gunsten des lieben Heinrich), weil er sich zu schwach fühle und nicht auf die echten Republikaner stützen möge. Mag das Exil seine vielgerühmten Geistes- und Charakterkräfte untergraben, oder ein nur ganz leise in die Ohren geraunter Umstand sie geschwächt haben, kurz Bonaparte weiß nicht einen festen Entschluß zu ergreifen. Er läßt lieber sich fortschleppen vom Strom, und man dürfte Voltäre's Vers auf ihn anwenden: Die bleiche Schwäche sitzt auf dieser Stirn, Die bleiche Schwäche liegt in diesem Aug, So blickt ein Tugendstörer, ein Despot, Ein Missethäter ... Zerstört hat dieser Präsident der Republik in der That schon eine Menge Bürgertugenden, und wenn er den Schritt thut, von dem das Publikum hie und da zischelt, nun so ist die Missethat auch da. Verführer gibt es genug; die Herren von der Regentschaft, Mole, Guizot, Duchatel, die Politiker, nebst den Kriegsleuten Marschall Bugeaud und dem Kommandirenden der pariser Bürgerwehr, Changarnier. Auf der andern Seite zerrt die legitimistische Klike, die eine Regentschaft zu langweilig findet und geradewegs den Henri auf den Thron heben will. Diese Herrschaften waren die Gäste, mit denen Bonaparte dort zu Tische saß. Beide Parteien machen dem Herrn Thiers ihre Aufwartung. Ich versichere Ihnen, in den Vorsälen der Nationalversammlung läuft seit 8 Tagen das Gerücht, Bonaparte wolle als großmüthigster aller Sterblichen abdanken und den Thron herstellen, wodurch seine Eitelkeit sich geschmeichelt fühlt; er wolle thun, was der Kaiser nicht that, als Louis XVIII aus dem Exil ihm schrieb, er möge abdanken und den Titel eines Oberfeldherrn, eines Konnetable davontragen. Odilon Barrot ist jedenfalls schlecht gewillt, Opposition gegen dererlei Manöverchen zu machen; als er die guten Präfekten ab- und lauter louis-philippistische längst dem Volke verhaßt gewordene, wieder einsetzte, da tadelte ihn einer seiner ältesten Bekannten, dessen Illusionen eine nach der andern schwinden, und Hr. Barrot rrief: ""ich bereue bitter meine 18jährige Opposition gegen die Julidynastie; ich thue jetzt Buße!"" -- 12 Paris, 27. Januar. Die Klubs sind untersagt. In dieser frechen Manier beginnt Leon Faucher sein Dekret, trotz der Konstitution, die das Vereinigungsrecht gestattet. Den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen zu wollen, nach der Februar-Revolution, und bei der Herannahung des Jahresfestes der Revolution, das heißt gerade zur Erneuerung der Revolution provoziren. Leon Faucher will den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen, und die Franzosen vereinigen sich zu Tausenden, zu Hunderttausenden, um zu protestiren in unabsehbaren Zügen gegen wen? Gegen Leon Faucher! Armer Leon Faucher! Nein, sie rücken heran, um zu protestiren gegen die Gewalt, welche den Gedanken dieses Verbotes faßte, sowohl als gegen die Gewalt, welche über das Verbot dekretiren soll. Eine furchtbare, vereinigte Masse ist bereit, über Louis Napoleon, Faucher und Barrot hinwegzuschreiten, bis zu den Pontons hin, wo die Juni-Insurgenten noch immer auf die versprochene Amnestie harren. Die Journale der Opposition haben alle protestirt gegen Leon Faucher's unerhörten Antrag; der National, obgleich er in seinem Leitartikel sehr heftig auftritt, hat den Protest nicht mitunterschrieben. Die Revolution kündigt sich mit allen sie begleitenden Symptomen an. Die Revolution in Paris ist kontagiös. Es handelt sich nicht mehr von Banquets, wie im Februar, wo man schmauste und trank, um bei dem Schmausen und Trinken einige Toaste durchzubringen; es handelt sich nicht mehr vom gemeinschaftlichen Leben, wie es errungen worden durch die Februar-Revolution; es handelt sich von Coalitionen und Assoziationen, die ihren Ausdruck in den Klubs gewonnen hatten, und diese Klubs, als den Heerd des Contagiums will man vernichten. Da verläßt das Contagium seinen Sitz; es geht heraus aus den Sälen, aus den Häusern; es rafft sich zusammen in einer furchtbar schwarzen Masse und lagert sich in den Straßen von Paris. Napoleon und seine 5 Millionen Stimmen? Aber diese 5 Millionen, haben wir immer gesagt, galten nicht Napoleon dem Kaiserlichen, nicht Napoleon dem Konstabler, sie galten jenem andern Assoziationsrechte, das nach Außen seinen Boden hatte, sie galten jenen Coalitionen der Franzosen, die sich dem coalisirten Europa entgegenstellen; und da Barrot und Napoleon und die ganze Rothschild'sche Clique dieses Assoziations-Recht zu ihren Gunsten deuten wollen, zu Gunsten der Ruhe und Ordnung, so steht auf einmal die Ruhe und Ordnung auf und erhebt ihr Haupt drohend gegen die Ruhe- und Ordnungsführer. Eine Regierung, gesteht das Journal des Debats ein, ist unvereinbar mit den Clubs; die öffentliche Sicherheit kann nicht bestehn mit dem Fortbestehn der Clubs; die Clubs stehn der öffentlichen Sicherheit feindlich gegenüben. -- Die Freiheit der Clubs ist die Freiheit der Anarchie; wir achten alle Freiheiten, wir lassen sie alle gelten, diejenigen ausgenommen, welche einen Staat in dem Staate konstituiren, 20 Regierungen der regelmäßigen Regierung entgegensetzen will." Das ist die Sprache des Rothschild'schen Staates, desjenigen kleinen Staates, welcher den ungeheuren Proletarier-Staat durch Renten, Eisenbahn-Aktien und Bankscheine in seiner Tasche behalten will. "Die Nothwendigkeit der Gesellschaft, sagt der Constitutionnel, hat dem Ministerium die Nothwendigkeit geboten, die Clubs zu schließen." Das Vereinigungsrecht, ob es sich in den Clubs oder den Assoziationen kund gibt, steht also der Gesellschaft feindlich gegenüber. Es gibt also eine andere Gesellschaft, die ihren Untergang vor Augen sieht mit dem Fortbestehn der Assoziationen, der einzigen Errungenschaft der Februar-Revolution, und diese andere Gesellschaft, welche bereits im Februar unterlegen, welche aber, weil sie die Bedingungen ihrer Existenz, die Staatsschuld, die Hypotheken, die Eisenbahnen, mit einem Worte das Kapital gerettet, wiederum zur Herrschaft gelangt ist, kann nur ihre Herrschaft behaupten, indem sie die Assoziationen zersprengt, welche sich dem Drucke dieser Herrschaft entgegensetzten. Wenn also der Constitutionnel sagt, daß die Gesellschaft bedroht ist durch die Assoziationen, so heißt dies anders nichts, als daß das Kapital, welches die Gesellschaft exploitirt, sich im Widerspruch befindet mit der andern Gesellschaft, welche exploitirt wird. Und diese andere Gesellschaft, welche exploitirt wird, das sind nicht mehr die Proletarier allein; es ist der ganze kleine Mittelstand, der, nachdem er geholfen hat die Juni-Insurgenten zu bekämpfen, selbst bekämpft und in's Proletariat geschleudert wurde nach der Junischlacht durch die Verweigerung der Concordats a l'amiable von Seiten der großen Bourgeoisie. Die "Assemble Nationale" und der "Siecle", treten für die bedrohte Gesellschaft auf. Wie nun die Frage gelöst werden mag, ob durch die Kammer, ob durch die Assoziationen, ob auf "gesetzlichem Wege", oder durch die alleinige Kraft der Assoziationen, die durch ihr Auftreten, durch ihre massenhafte Erscheinung dem zu bildenden Gesetze Gesetzeskraft verleihen, die offizielle Gesellschaft Napoleon's und Barrot's ist vernichtet. Wenn nämlich die Kammer, als Ausdruck der offiziellen Gewalt, noch Zeit übrig haben sollte die Frage zu entscheiden, so setzt sie sich entweder in offene Feindschaft mit dem ganzen Proletariat, und dann ist der Kampf unvermeidlich, oder mit der hohen Bourgeoisie, und damit ist sie genöthigt, gemeinsame Sache zu machen mit den "Clubs, mit der Anarchie" -- dann stellt sie sich auf revolutionären Boden. Der National, der für die Freiheit der Associationen auftritt und bereits durch eine sogenannte Regulirung der Klubs einen Mittelweg eingeschlagen hat, möchte auch dieses Mal diesen Ausweg einschlagen. Aber dieses Mittelding ist unmöglich. Die Regulirung der Klubs, wie sie damals unter Dufaure durchging, hat zur Regulirung der Associationen geführt; hinter den Klubs stehen jetzt die organisirten Associationen, die der Reaktion geradezu den Entschluß zur Schließung der Clubs eingegeben haben. Der Mittelweg ist daher jetzt unmöglich: und die Revolution steht vor der Thüre. Die Clubs haben in der letzten Zeit die Nationalversammlung unterstützt; sollte daher die National-Versammlung auch nur im geringsten Lust bezeugen, die Clubs zu schließen, so bleibt den Clubs nichts übrig, als ihrerseits die Nationalversammlung zu schließen. -- Nationalversammlung. Sitzung vom 27. Januar. Eröffnung der Sitzung um 2 1/2 Uhr. Fortsetzung der Diskussion über den Staatsrath. Ein Amendement des Herrn Rivot zu § 50 und 51 des Gesetzvorschlags wird angenommen. Die Diskussion über den Staatsrath bietet für die auswärtigen Leser kein näheres Interesse. Der Präsident (Marrast). Ich muß der Versammlung K[e]nntniß geben von einem Requisitorium des Generalprokurators bei dem Appelhof zu Paris, worin er um Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung gegen den Bürger Proudhon bei der National-Versammlung ansucht. Das Requisitorium lautet wie folgt: "In Erwägung, daß Proudhon unterzeichnet hat und sich als Verfasser der beiden in das Journal "le Peuple" eingerückten Artikel bekennt, die mit folgenden u. s. w. Worten beginnen: in Erwägung, daß diese Artikel die durch die Constitution dem Präsidenten der Republik übertragenen Rechte angreifen; in Erwägung, daß sie zum Hasse gegen die Regierung und zum Bürgerkriege aufreizen; in Erwägung, daß das durch das Journal "le Peuple" verübte Vergehen durch Duchene, den verantwortlichen Geranten dieses Blatts, und durch den Herrn Proudhon begangen ist u. s. w. ersucht der Generalprokurator die National-Versammlung ihn zur gerichtlichen Verfolgung gegen Proudhon zu autorisiren." Der Präsident erklärt, daß das Requisitorium den Abtheilungen übergeben werden würde. Proudhon: Ich protestire von vorn herein gegen diese Beschuldigung. Ich habe nur Eins bezweckt, vor diese Versammlung, vor die Gerichte die Frage von der Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik zu ziehen. Der Minister antwortet auf eine constitutionelle Frage durch Beschlagnahme von Journalen, durch Verfolgungen. Nun wohl, ich werde mich vor der Kommission aussprechen und auf der Tribüne, wenn es nöthig ist. (Bewegung.) Nach Erledigung dieses Zwischenvorfalles kommt die Clubfrage auf die Tagesordnung. Die zur Prüfung des vom Minister Faucher gestellten Dringlichkeitsantrags wegen Schließung des Klubs erwählte Kommis- leute und großen Grundbesitzer in Frankreich. Nach den Februartagen sagte sich die Bourgeoisie (ob aus Furcht oder Vernunft oder Beidem, bleibe dahin gestellt) wir wollen mal es mit der Republik probiren, da sie aufgekommen ist. Aber die Junkerschaft auf den großen Gütern, die immerdar am Throne klebt, beschloß diese Bewegung, welche viel zu urplötzlich war, um streng systematisch zu fahren, durch jedwede Mittel in Unordnung zu bringen, zu aller Art von Ueberschwänglichkeit zu treiben, Frankreich einen neuen Ekel vor der Republik einzuflößen und ihm dann zu guter Stunde ein Königlein wieder auf den Nacken zu pflanzen. Das Provisorium beging täglich Mißgriffe, die Bürgerschaft schrie Jammer und verwünschte die republikanische Staatsform. Ein Bund entstand zwischen legitimistischer Junkerschaft und unadliger Bourgeoisie; man nannte das den Bruderbund des Handels mit dem Boden. Die französische Bourgeoisie war und ist blind, sie sieht nicht, daß ihr Handel und ihre Industrie weit schneller, tiefer erschüttert werden können als der Bodenbesitz der Junkerschaft. Selbst der riesenhafte Weltsturm von 1789 hat unserm Adel nur einen Theil seiner Grundstücke abzwingen können, und es blieb in seinen Händen noch genug, um jetzt das politische Uebergewicht zu haben. Diese unsere Junker befehden nicht mit offenem Helm die Republik, bewahre; sie gehen den Gaunerweg, von hintenher schleichen sie, halten Handel und Wandel auf, vermehren die Anzahl der Armen, ermüden die Nation durch Aufregungen, und dies Alles um dem ruinirten Frankreich Henri V., das Wunderkind, zu präsentiren. Während dieses Manövers verliert der Adel einige Pächter aber den Boden nicht. Die Bourgeoisie aber verliert bei diesem schlechten Spaß Zinsen und Kapital, Kredit und Hülfsquellen; sie bankerottirt und muß heraus aus ihren Fabriken, Komptoiren und Läden. Wer darüber ins Fäustchen lacht, ist der Adel, denn glaubt nur nicht, daß er unsern Bourgeois das Jahr 1789 verziehen hat. In einigen Ortschaften geht ihnen ein Licht auf; sie weigern sich hie und dort, die Kammerauflösungsadresse zu signiren, denn es ärgert sie, daß die Geschäfte wieder stocken, seit diese Auflösung auf's Tapet gebracht worden. Aber wenn dann die Republikaner kommen und zur Unterzeichnung einer Adresse für das Bleiben der National-Assemblée aufrufen, bebt die Bourgeoisie auch zurück und schreit: ich will gar nichts unterzeichnen, ich bin nicht republikanisch. Die Bourgeoisie weiß nichts und will nichts thun; das ist wenig ehrenhaft für sie. Desto mehr thun Legitimisten und Republikaner. Aber der Bauer, der heute noch gegen die Nationalversammlung petitionirt, was will dieser Mann? Wir wissen es nicht; aber wir glauben, im Fall eines Bürgerkrieges, zumal wenn selbiger sich verlängert, daß alsdann unser Bauer als Nationalgüter die Grundstücke der Junker kaufen wird, die heute seine Unwissenheit mißbrauchend, ihm anarchische Unterschriften ablocken; im Bürgerkriege dürften sehr füglich die Gütereinziehungen einen Augenblick wieder auf die Bühne treten.“ Dasselbe Blatt sagt, da Professor Lerminier, der berüchtigte Volksfeind am Collège de France, durch den Jesuitenminister Falloux wieder eingesetzt, ja ihm in einem rührenden Handbillet tiefstes Bedauern über seine frühere Absetzung ausgedrückt wurde, Folgendes: „Die Zeitung Assemblée Nationale beklagt, daß dieser Professor so eben wieder durch Studenten, die von den Februar-Ideen verführt seien, ausgepfiffen worden. Dies ist doch stark; also soll die Februar-Revolution sich malträtiren lassen von denen die sie besiegt hat? soll sich auf dem Lehrstuhl ruhig und fromm verspotten lassen? und das obenein indem die Reaktion alle Klubs, d. h- volksbelehrende Versammlungen sperrt? selbst volksthümliche Vorträge über Kunst und Wissenschaft verbietet (wie z. B im Redoutensaal die Fourieristischen, die in der Straße Arbalete über Physik und Geschichte) also der Denk-, Rede-, Schreib- und Lehrfreiheit auf's impertinenteste Hohn lächelt?“ Der Jesuitenknecht Minister Falloux hat die Frechheit gehabt, die seit Februar bestehende Administrativschule aufzuheben, worin ein mehrjähriger Lehrkursus die jungen Männer zu Verwaltungszweigen vorbereiten sollte, um dadurch nach und nach dem Nepotismus und der administrativen Vernageltheit vorzubeugen — wofür ihn „Le Pays“ und „L'Opinion publique“ in drei Nummern hinter einander belobt haben. — Die Dünste mehren sich, von allen Seiten ziehen sie sich schwül und grau zusammen. Wohl möglich daß ein Wolkenbruch, eine Sündfluth sonder Gleichen daraus entsteht; die Nationalpartei ist ohnmächtig gegenüber den Legitimisten, die auf dem 100 Mann und darüber starken Kongreß sich hier zusammen finden. Bonaparte heißt in ihrer Sprache nur noch „das Brett, welches allmälig durchgetreten und abgenutzt werden muß“, um nämlich zum Henri Bourbon, Gottes Sohn, zu gelangen. Die „Vérité“ eins der Lieblings-Blätter französischer Kreuzritterschaft, würdige Schwester der neuen preußischen Zeitung sagt: „Die Socialisten begnügen sich nicht mit den offiziellen Methoden des Unterrichts, sondern schreien nach größerer Beachtung der Landessprache, der lebenden Sprachen, der Special- und Professionsstudien, und zu diesem Umsturze (sic) — bouleversement — suchen sie durch jedes Mittel, bei jeder Gelegenheit, unter den imponirenden Vorwänden socialen Interesses und Privatwohlergehens, zu gelangen.“ Die 6000 Mobilgardisten die das Ministerium dieser Tage verabschiedet, d. h. aufs Pflaster wirft, die vielen tausend Büreaubeamten die, unter dem Vorwande einer Staatsersparniß, außer Brod versetzt werden, die Verweigerung der Amnestie, die Verpackung und Versendung der Vincenner Gefangnen nach Bourges vor einen höchst bösartigen Ultrabourgeoisgerichtshof der eigens dazu formirt wird, (Barbes, Raspail und Albert werden wahrscheinlich jede Antwort verweigern, aber trotzdem wohl in die Karre verurtheilt werden), endlich die Klubschließungen: das Alles hat vier Wochen vor dem Februarfest Bedeutsamkeit. 17 Paris, 27. Jan. Die Glorie des Pascha petit père Armand Marrast, wie der Charivari beweiset, ist soweit herunter, daß er in der großen Oper, als er mit Glacé und golkdnöpfiger weißer Weste und Perlmutterbinocle unter Vorschreiten zweier Kammerhuissiers in der weiland kgl. Loge erschien, mit großem Geräusch und weitaufgerissenen Flügelthüren, vom Parterre erbärmlichst verhöhnt ward. Alle Welt schrie: ah, Marrast, aha, aha, aha. Und p. p. Marrast, einst Redakteur der Tribüne und Lobredner St. Just's und Robespierre's dann Perikles erröthete, was ihm noch nie in seinem Leben passirt war. — Das Auszischen des Renegaten, Professor L;Herminier, hat die Jesuitenschüler so erbittert, daß sie mit Knütteln und einem Hundert handfester Schlingels aus der sogenannten Kongregation des h. Paulus nächstes Mal in die Vorlesung rücken wollen; auch haben sie, heißt es, zu ihrem Schutze Bajonette requirirt. L'Herminier war einst Redakteur von dem Demokratenblatt „Bon Sens“, erklärte einst selbst, Armand Carrel sei ihm auch Arristokrat, und hinter den Barrikaden der Straße Saint Mery sei unter Louis Philipp's Kartätschen das edelste Blut unserer Republikaner geflossen; später abor trat er zu Montalivet's Hofpartei über und ward Maitre des Requetes mit hohem Gehalte. — Professor Lenormand ist vom Jesuitenminister Faloux zum Lehrstuhl des ägyptischen Alterthums ernannt worden, weil er früher in dem ultrajesuitischen „Correspondant“ schrieb und von den Sorbonnestudenten unter Louis Philipp als Päbstling ausgepfiffen und fortgejagt worden; einen ausgezeichneten Archiologen, Prisse, der nebenher 18 Jahre in Aegypten reiste und ein guter Republikaner vor 48 schon war, hat der Ministerjesuit übergangen. Es versteht sich, daß Lenormand nichts von dem Objekt versteht, das er vortragen soll. — Der geistbeschränkte Constitutionel hat übrigens ein dunkles Bewußtsein des nahenden Ungewitters und mit dem einem in seinen theuersten Privilegien bedrohten Tyrannen, eigenen Instink schreit er heute: „Die Situation wird schwärzer denn je seit den Junitagen, das Ungethüm der Demagogie erhebt sich auf's Neue mit verjüngten Kräften und ohne Zaudern rückt es auf sein Ziel los. Vor Kurzem schalten die Demagogen diese Versammlung, und jetzt erklären sie sie für das letzte Bollwerk ihrer Republik. Proudhon's Le Peuple bringt gestern einen Aufsatz: Krieg überschrieben. Es kündigt den Bürgerkrieg an und attakirt nicht etwa das Ministerium, nein, sogar die Person des Präsidenten der Republik (so eben höre ich, daß gegen Mittag die Wegnahme dieser Nummer in dem Redaktionsbureau vollzogen worden) und mit demagogischer Wuth treibt dies Blatt auf jenen ihm so theuren Zeitpunkt hin, wo die Liquidirung der gesammten bestehenden alten Gesellschaft eintreten soll. Wohlgethan hat also unser Ministerium, daß es heute der Kammer ein Gesetz vorlegt, welches alle Klubs in der ganzen Republik ein für allemal verbietet: Unter Klub verstehen wir eine öffentliche periodische oder nicht periodische Zusammenkunft, worin Politik diskutirt wird. Das Wort ist englisch, aber die Sache ist echt französischen Ursprungs und ist dennoch nicht zur französischen Gewohnheit bisher geworden. In England bestehen keine, der National irrt, wenn er den dortigen Dubliner und den Reformclub als Beispiele anführt; hat denn nicht Lord Clarendon den ersten, hat nicht die londoner Konstablerschaft den zweiten. als er in chartistischen Versammlungen unter freiem Himmel und in den Tavernen die sogenannte Volkscharte besprechen wollte, auseinandergetrieben? Nordamerika ist gleichfalls verschont mit diesem Unheil, denn als der französische Nationalconvent einen diplomatischen Agenten hinsandte, um dort Klubs zu formiren, die gegen England aufhetzen sollten, trieb Washington diesen Kluborganisator aus dem Lande.“ Die sozial-demokratischen Blätter erlassen heute eine feierliche Protestation gegen diese impertinente Verstummelung der eben erst votirten Konstitution nach der Franzosen jederzeit und überall das Recht haben, sich „friedlich und ohne Waffen“ zur Diskussion zu versammeln: „In Betracht, daß das Ministerium somit in unerhörter Weise die Konstitution der französ. demokratischen Republik verletzt und zugleich die natürlichen Menschenrechte, in Betracht, daß das Vereinsrecht älter ist und zugleich länger währt, als jedes positive Gesetz, wie solches ja auch im Text unsrer Konstitution gesagt ist; in Betracht, daß dieser neue ministerielle Gesetzvorschlag nicht etwa Reglementirung der Ausübung dieses Rechts beabsichtigt, sondern es geradezu unterdrückt ohne Weiteres: so protestiren Unterzeichnete energisch und fordern die Versammlung zur Inanklagesetzung der Minister auf, die diesen Staatsstreich zu wagen sich erfrechten. La Reforme: Charles Ribeyrolles, R. en chef, Layla, Loy, Lagarde, Leoutre, Dirigeant und Gerant. La Republique: Eugen Barreste, R. en chef, Hervé. Le Peuple: Darimon, Sekretär, Langlois, Vasbenter, Madier de Montjau, Advokat des Peuple. Le Travail affranchi: Toussenel. Revolution democratique-sociale: Delescluze, R. en chef, Lemaitre, Pilette, Martin, Carré, Biy, der Corrector den Blattes. Die Clubs-Präsidenten: Tessier, Simon Bernard aus Carcassonne, Gamet, Bocquet, Madier de Montjau junior.“ Unter den Bonaparteblättern ist die „Liberté“, der komplette Gegensatz zum „Evenement.“ „Liberté“ fordert, als Organ des Pierre Bonaparte, sofortige Entlassung des Ministeriums Barrot-Thiers-Falloux und Kriegserklärung zu Gunsten Italiens und Polens; auf republikanische Formen gibt sie nicht viel, aber sie verabschut den Lgitimismus und Cavaignacismus. Sie wird stark gelesen auf den Ortschaften des pariser Weichbilds, dessen Bauern sich durch alle bisherigen Schritte ihres frühren Lieblings Louis Bonaparte wenig erbaut fühlen; diese Leute werden unwillig über der Verleugnung des Programms, das Se. Hoheit als Kandidat ihnen demüthiglich überreicht hatte. Er hat jetzt nur einen Kummer: von Nikolaus noch nicht ganz comme il faut anerkannt zu sein; der Romanoff hat dem Bonaparte so eben geschrieben, sein Name sei gefährlich und ehe er weiter mit ihm verhandle, müsse er Garantieen haben, besonders Beschränkung der Associationsfreiheit. Ein französischer Diplomat ist deshalb nach Berlin gereist. Wie die Demokraten diesen Louis Bonaparte beurtheilen, erhellt z. B. aus dem „Citoyen“ von Dijon, dem aus Paris von Charles Payn geschrieben wird: „Seltsame Dinge passiren hier. Der Präsident ist das Objekt der dubiösesten Hypothesen. Dieser Mann speist bei dem Unterrichtsminister Falloux, und dort findet er alle legitimistischen Honoratioren, Notabilitäten und Celebritäten, die dermalen in Paris; auch der Erzieher des Herzogs von Bordeaux (Henri V), ein sozusagen offizieller Reprasentant der Henrianer seit 1830. Volksvertreter, die in der Nähe all diesen Unfug ansahen, sagten mir, sie seien darüber noch ganz anders erschrocken, als die Journalisten, die von fern stehen. Ich will übrigens Sie genau von allen solchen Umständen in Kenntniß halten; das Land muß bereit sein für nahe Ereignisse. So heißt es Bonaparte wolle abdanken (natürlich zu Gunsten des lieben Heinrich), weil er sich zu schwach fühle und nicht auf die echten Republikaner stützen möge. Mag das Exil seine vielgerühmten Geistes- und Charakterkräfte untergraben, oder ein nur ganz leise in die Ohren geraunter Umstand sie geschwächt haben, kurz Bonaparte weiß nicht einen festen Entschluß zu ergreifen. Er läßt lieber sich fortschleppen vom Strom, und man dürfte Voltäre's Vers auf ihn anwenden: Die bleiche Schwäche sitzt auf dieser Stirn, Die bleiche Schwäche liegt in diesem Aug, So blickt ein Tugendstörer, ein Despot, Ein Missethäter … Zerstört hat dieser Präsident der Republik in der That schon eine Menge Bürgertugenden, und wenn er den Schritt thut, von dem das Publikum hie und da zischelt, nun so ist die Missethat auch da. Verführer gibt es genug; die Herren von der Regentschaft, Molé, Guizot, Duchatel, die Politiker, nebst den Kriegsleuten Marschall Bugeaud und dem Kommandirenden der pariser Bürgerwehr, Changarnier. Auf der andern Seite zerrt die legitimistische Klike, die eine Regentschaft zu langweilig findet und geradewegs den Henri auf den Thron heben will. Diese Herrschaften waren die Gäste, mit denen Bonaparte dort zu Tische saß. Beide Parteien machen dem Herrn Thiers ihre Aufwartung. Ich versichere Ihnen, in den Vorsälen der Nationalversammlung läuft seit 8 Tagen das Gerücht, Bonaparte wolle als großmüthigster aller Sterblichen abdanken und den Thron herstellen, wodurch seine Eitelkeit sich geschmeichelt fühlt; er wolle thun, was der Kaiser nicht that, als Louis XVIII aus dem Exil ihm schrieb, er möge abdanken und den Titel eines Oberfeldherrn, eines Konnetable davontragen. Odilon Barrot ist jedenfalls schlecht gewillt, Opposition gegen dererlei Manöverchen zu machen; als er die guten Präfekten ab- und lauter louis-philippistische längst dem Volke verhaßt gewordene, wieder einsetzte, da tadelte ihn einer seiner ältesten Bekannten, dessen Illusionen eine nach der andern schwinden, und Hr. Barrot rrief: „„ich bereue bitter meine 18jährige Opposition gegen die Julidynastie; ich thue jetzt Buße!““ — 12 Paris, 27. Januar. Die Klubs sind untersagt. In dieser frechen Manier beginnt Leon Faucher sein Dekret, trotz der Konstitution, die das Vereinigungsrecht gestattet. Den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen zu wollen, nach der Februar-Revolution, und bei der Herannahung des Jahresfestes der Revolution, das heißt gerade zur Erneuerung der Revolution provoziren. Leon Faucher will den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen, und die Franzosen vereinigen sich zu Tausenden, zu Hunderttausenden, um zu protestiren in unabsehbaren Zügen gegen wen? Gegen Leon Faucher! Armer Leon Faucher! Nein, sie rücken heran, um zu protestiren gegen die Gewalt, welche den Gedanken dieses Verbotes faßte, sowohl als gegen die Gewalt, welche über das Verbot dekretiren soll. Eine furchtbare, vereinigte Masse ist bereit, über Louis Napoleon, Faucher und Barrot hinwegzuschreiten, bis zu den Pontons hin, wo die Juni-Insurgenten noch immer auf die versprochene Amnestie harren. Die Journale der Opposition haben alle protestirt gegen Leon Faucher's unerhörten Antrag; der National, obgleich er in seinem Leitartikel sehr heftig auftritt, hat den Protest nicht mitunterschrieben. Die Revolution kündigt sich mit allen sie begleitenden Symptomen an. Die Revolution in Paris ist kontagiös. Es handelt sich nicht mehr von Banquets, wie im Februar, wo man schmauste und trank, um bei dem Schmausen und Trinken einige Toaste durchzubringen; es handelt sich nicht mehr vom gemeinschaftlichen Leben, wie es errungen worden durch die Februar-Revolution; es handelt sich von Coalitionen und Assoziationen, die ihren Ausdruck in den Klubs gewonnen hatten, und diese Klubs, als den Heerd des Contagiums will man vernichten. Da verläßt das Contagium seinen Sitz; es geht heraus aus den Sälen, aus den Häusern; es rafft sich zusammen in einer furchtbar schwarzen Masse und lagert sich in den Straßen von Paris. Napoleon und seine 5 Millionen Stimmen? Aber diese 5 Millionen, haben wir immer gesagt, galten nicht Napoleon dem Kaiserlichen, nicht Napoleon dem Konstabler, sie galten jenem andern Assoziationsrechte, das nach Außen seinen Boden hatte, sie galten jenen Coalitionen der Franzosen, die sich dem coalisirten Europa entgegenstellen; und da Barrot und Napoleon und die ganze Rothschild'sche Clique dieses Assoziations-Recht zu ihren Gunsten deuten wollen, zu Gunsten der Ruhe und Ordnung, so steht auf einmal die Ruhe und Ordnung auf und erhebt ihr Haupt drohend gegen die Ruhe- und Ordnungsführer. Eine Regierung, gesteht das Journal des Débats ein, ist unvereinbar mit den Clubs; die öffentliche Sicherheit kann nicht bestehn mit dem Fortbestehn der Clubs; die Clubs stehn der öffentlichen Sicherheit feindlich gegenüben. — Die Freiheit der Clubs ist die Freiheit der Anarchie; wir achten alle Freiheiten, wir lassen sie alle gelten, diejenigen ausgenommen, welche einen Staat in dem Staate konstituiren, 20 Regierungen der regelmäßigen Regierung entgegensetzen will.“ Das ist die Sprache des Rothschild'schen Staates, desjenigen kleinen Staates, welcher den ungeheuren Proletarier-Staat durch Renten, Eisenbahn-Aktien und Bankscheine in seiner Tasche behalten will. „Die Nothwendigkeit der Gesellschaft, sagt der Constitutionnel, hat dem Ministerium die Nothwendigkeit geboten, die Clubs zu schließen.“ Das Vereinigungsrecht, ob es sich in den Clubs oder den Assoziationen kund gibt, steht also der Gesellschaft feindlich gegenüber. Es gibt also eine andere Gesellschaft, die ihren Untergang vor Augen sieht mit dem Fortbestehn der Assoziationen, der einzigen Errungenschaft der Februar-Revolution, und diese andere Gesellschaft, welche bereits im Februar unterlegen, welche aber, weil sie die Bedingungen ihrer Existenz, die Staatsschuld, die Hypotheken, die Eisenbahnen, mit einem Worte das Kapital gerettet, wiederum zur Herrschaft gelangt ist, kann nur ihre Herrschaft behaupten, indem sie die Assoziationen zersprengt, welche sich dem Drucke dieser Herrschaft entgegensetzten. Wenn also der Constitutionnel sagt, daß die Gesellschaft bedroht ist durch die Assoziationen, so heißt dies anders nichts, als daß das Kapital, welches die Gesellschaft exploitirt, sich im Widerspruch befindet mit der andern Gesellschaft, welche exploitirt wird. Und diese andere Gesellschaft, welche exploitirt wird, das sind nicht mehr die Proletarier allein; es ist der ganze kleine Mittelstand, der, nachdem er geholfen hat die Juni-Insurgenten zu bekämpfen, selbst bekämpft und in's Proletariat geschleudert wurde nach der Junischlacht durch die Verweigerung der Concordats à l'amiable von Seiten der großen Bourgeoisie. Die „Assemblé Nationale“ und der „Siécle“, treten für die bedrohte Gesellschaft auf. Wie nun die Frage gelöst werden mag, ob durch die Kammer, ob durch die Assoziationen, ob auf „gesetzlichem Wege“, oder durch die alleinige Kraft der Assoziationen, die durch ihr Auftreten, durch ihre massenhafte Erscheinung dem zu bildenden Gesetze Gesetzeskraft verleihen, die offizielle Gesellschaft Napoleon's und Barrot's ist vernichtet. Wenn nämlich die Kammer, als Ausdruck der offiziellen Gewalt, noch Zeit übrig haben sollte die Frage zu entscheiden, so setzt sie sich entweder in offene Feindschaft mit dem ganzen Proletariat, und dann ist der Kampf unvermeidlich, oder mit der hohen Bourgeoisie, und damit ist sie genöthigt, gemeinsame Sache zu machen mit den „Clubs, mit der Anarchie“ — dann stellt sie sich auf revolutionären Boden. Der National, der für die Freiheit der Associationen auftritt und bereits durch eine sogenannte Regulirung der Klubs einen Mittelweg eingeschlagen hat, möchte auch dieses Mal diesen Ausweg einschlagen. Aber dieses Mittelding ist unmöglich. Die Regulirung der Klubs, wie sie damals unter Dufaure durchging, hat zur Regulirung der Associationen geführt; hinter den Klubs stehen jetzt die organisirten Associationen, die der Reaktion geradezu den Entschluß zur Schließung der Clubs eingegeben haben. Der Mittelweg ist daher jetzt unmöglich: und die Revolution steht vor der Thüre. Die Clubs haben in der letzten Zeit die Nationalversammlung unterstützt; sollte daher die National-Versammlung auch nur im geringsten Lust bezeugen, die Clubs zu schließen, so bleibt den Clubs nichts übrig, als ihrerseits die Nationalversammlung zu schließen. — Nationalversammlung. Sitzung vom 27. Januar. Eröffnung der Sitzung um 2 1/2 Uhr. Fortsetzung der Diskussion über den Staatsrath. Ein Amendement des Herrn Rivot zu § 50 und 51 des Gesetzvorschlags wird angenommen. Die Diskussion über den Staatsrath bietet für die auswärtigen Leser kein näheres Interesse. Der Präsident (Marrast). Ich muß der Versammlung K[e]nntniß geben von einem Requisitorium des Generalprokurators bei dem Appelhof zu Paris, worin er um Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung gegen den Bürger Proudhon bei der National-Versammlung ansucht. Das Requisitorium lautet wie folgt: „In Erwägung, daß Proudhon unterzeichnet hat und sich als Verfasser der beiden in das Journal „le Peuple“ eingerückten Artikel bekennt, die mit folgenden u. s. w. Worten beginnen: in Erwägung, daß diese Artikel die durch die Constitution dem Präsidenten der Republik übertragenen Rechte angreifen; in Erwägung, daß sie zum Hasse gegen die Regierung und zum Bürgerkriege aufreizen; in Erwägung, daß das durch das Journal „le Peuple“ verübte Vergehen durch Duchène, den verantwortlichen Geranten dieses Blatts, und durch den Herrn Proudhon begangen ist u. s. w. ersucht der Generalprokurator die National-Versammlung ihn zur gerichtlichen Verfolgung gegen Proudhon zu autorisiren.“ Der Präsident erklärt, daß das Requisitorium den Abtheilungen übergeben werden würde. Proudhon: Ich protestire von vorn herein gegen diese Beschuldigung. Ich habe nur Eins bezweckt, vor diese Versammlung, vor die Gerichte die Frage von der Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik zu ziehen. Der Minister antwortet auf eine constitutionelle Frage durch Beschlagnahme von Journalen, durch Verfolgungen. Nun wohl, ich werde mich vor der Kommission aussprechen und auf der Tribüne, wenn es nöthig ist. (Bewegung.) Nach Erledigung dieses Zwischenvorfalles kommt die Clubfrage auf die Tagesordnung. Die zur Prüfung des vom Minister Faucher gestellten Dringlichkeitsantrags wegen Schließung des Klubs erwählte Kommis- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar208_028" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1141"/> leute und großen Grundbesitzer in Frankreich. Nach den Februartagen sagte sich die Bourgeoisie (ob aus Furcht oder Vernunft oder Beidem, bleibe dahin gestellt) wir wollen mal es mit der Republik probiren, da sie aufgekommen ist. Aber die Junkerschaft auf den großen Gütern, die immerdar am Throne klebt, beschloß diese Bewegung, welche viel zu urplötzlich war, um streng systematisch zu fahren, durch jedwede Mittel in Unordnung zu bringen, zu aller Art von Ueberschwänglichkeit zu treiben, Frankreich einen neuen Ekel vor der Republik einzuflößen und ihm dann zu guter Stunde ein Königlein wieder auf den Nacken zu pflanzen. Das Provisorium beging täglich Mißgriffe, die Bürgerschaft schrie Jammer und verwünschte die republikanische Staatsform. Ein Bund entstand zwischen legitimistischer Junkerschaft und unadliger Bourgeoisie; man nannte das den Bruderbund des Handels mit dem Boden. Die französische Bourgeoisie war und ist blind, sie sieht nicht, daß ihr Handel und ihre Industrie weit schneller, tiefer erschüttert werden können als der Bodenbesitz der Junkerschaft. Selbst der riesenhafte Weltsturm von 1789 hat unserm Adel nur einen Theil seiner Grundstücke abzwingen können, und es blieb in seinen Händen noch genug, um jetzt das politische Uebergewicht zu haben. Diese unsere Junker befehden nicht mit offenem Helm die Republik, bewahre; sie gehen den Gaunerweg, von hintenher schleichen sie, halten Handel und Wandel auf, vermehren die Anzahl der Armen, ermüden die Nation durch Aufregungen, und dies Alles um dem ruinirten Frankreich Henri V., das Wunderkind, zu präsentiren. Während dieses Manövers verliert der Adel einige Pächter aber den Boden nicht. Die Bourgeoisie aber verliert bei diesem schlechten Spaß Zinsen und Kapital, Kredit und Hülfsquellen; sie bankerottirt und muß heraus aus ihren Fabriken, Komptoiren und Läden. Wer darüber ins Fäustchen lacht, ist der Adel, denn glaubt nur nicht, daß er unsern Bourgeois das Jahr 1789 verziehen hat. In einigen Ortschaften geht ihnen ein Licht auf; sie weigern sich hie und dort, die Kammerauflösungsadresse zu signiren, denn es ärgert sie, daß die Geschäfte wieder stocken, seit diese Auflösung auf's Tapet gebracht worden. Aber wenn dann die Republikaner kommen und zur Unterzeichnung einer Adresse für das Bleiben der National-Assemblée aufrufen, bebt die Bourgeoisie auch zurück und schreit: ich will gar nichts unterzeichnen, ich bin nicht republikanisch. Die Bourgeoisie weiß nichts und will nichts thun; das ist wenig ehrenhaft für sie. Desto mehr thun Legitimisten und Republikaner. Aber der Bauer, der heute noch gegen die Nationalversammlung petitionirt, was will dieser Mann? Wir wissen es nicht; aber wir glauben, im Fall eines Bürgerkrieges, zumal wenn selbiger sich verlängert, daß alsdann unser Bauer als Nationalgüter die Grundstücke der Junker kaufen wird, die heute seine Unwissenheit mißbrauchend, ihm anarchische Unterschriften ablocken; im Bürgerkriege dürften sehr füglich die Gütereinziehungen einen Augenblick wieder auf die Bühne treten.“ Dasselbe Blatt sagt, da Professor Lerminier, der berüchtigte Volksfeind am Collège de France, durch den Jesuitenminister Falloux wieder eingesetzt, ja ihm in einem rührenden Handbillet tiefstes Bedauern über seine frühere Absetzung ausgedrückt wurde, Folgendes: „Die Zeitung Assemblée Nationale beklagt, daß dieser Professor so eben wieder durch Studenten, die von den Februar-Ideen verführt seien, ausgepfiffen worden.</p> <p>Dies ist doch stark; also soll die Februar-Revolution sich malträtiren lassen von denen die sie besiegt hat? soll sich auf dem Lehrstuhl ruhig und fromm verspotten lassen? und das obenein indem die Reaktion alle Klubs, d. h- volksbelehrende Versammlungen sperrt? selbst volksthümliche Vorträge über Kunst und Wissenschaft verbietet (wie z. B im Redoutensaal die Fourieristischen, die in der Straße Arbalete über Physik und Geschichte) also der Denk-, Rede-, Schreib- und Lehrfreiheit auf's impertinenteste Hohn lächelt?“ Der Jesuitenknecht Minister Falloux hat die Frechheit gehabt, die seit Februar bestehende Administrativschule aufzuheben, worin ein mehrjähriger Lehrkursus die jungen Männer zu Verwaltungszweigen vorbereiten sollte, um dadurch nach und nach dem Nepotismus und der administrativen Vernageltheit vorzubeugen — wofür ihn „Le Pays“ und „L'Opinion publique“ in drei Nummern hinter einander belobt haben. — Die Dünste mehren sich, von allen Seiten ziehen sie sich schwül und grau zusammen. Wohl möglich daß ein Wolkenbruch, eine Sündfluth sonder Gleichen daraus entsteht; die Nationalpartei ist ohnmächtig gegenüber den Legitimisten, die auf dem 100 Mann und darüber starken Kongreß sich hier zusammen finden. Bonaparte heißt in ihrer Sprache nur noch „das Brett, welches allmälig durchgetreten und abgenutzt werden muß“, um nämlich zum Henri Bourbon, Gottes Sohn, zu gelangen. Die „Vérité“ eins der Lieblings-Blätter französischer Kreuzritterschaft, würdige Schwester der neuen preußischen Zeitung sagt: „Die Socialisten begnügen sich nicht mit den offiziellen Methoden des Unterrichts, sondern schreien nach größerer Beachtung der Landessprache, der lebenden Sprachen, der Special- und Professionsstudien, und zu diesem Umsturze (sic) — bouleversement — suchen sie durch jedes Mittel, bei jeder Gelegenheit, unter den imponirenden Vorwänden socialen Interesses und Privatwohlergehens, zu gelangen.“</p> <p>Die 6000 Mobilgardisten die das Ministerium dieser Tage verabschiedet, d. h. aufs Pflaster wirft, die vielen tausend Büreaubeamten die, unter dem Vorwande einer Staatsersparniß, außer Brod versetzt werden, die Verweigerung der Amnestie, die Verpackung und Versendung der Vincenner Gefangnen nach Bourges vor einen höchst bösartigen Ultrabourgeoisgerichtshof der eigens dazu formirt wird, (Barbes, Raspail und Albert werden wahrscheinlich jede Antwort verweigern, aber trotzdem wohl in die Karre verurtheilt werden), endlich die Klubschließungen: das Alles hat vier Wochen vor dem Februarfest Bedeutsamkeit.</p> </div> <div xml:id="ar208_029" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 27. Jan.</head> <p>Die Glorie des Pascha petit père Armand Marrast, wie der Charivari beweiset, ist soweit herunter, daß er in der großen Oper, als er mit Glacé und golkdnöpfiger weißer Weste und Perlmutterbinocle unter Vorschreiten zweier Kammerhuissiers in der weiland kgl. Loge erschien, mit großem Geräusch und weitaufgerissenen Flügelthüren, vom Parterre erbärmlichst verhöhnt ward. Alle Welt schrie: ah, Marrast, aha, aha, aha. Und p. p. Marrast, einst Redakteur der Tribüne und Lobredner St. Just's und Robespierre's dann Perikles erröthete, was ihm noch nie in seinem Leben passirt war. — Das Auszischen des Renegaten, Professor L;Herminier, hat die Jesuitenschüler so erbittert, daß sie mit Knütteln und einem Hundert handfester Schlingels aus der sogenannten Kongregation des h. Paulus nächstes Mal in die Vorlesung rücken wollen; auch haben sie, heißt es, zu ihrem Schutze Bajonette requirirt. L'Herminier war einst Redakteur von dem Demokratenblatt „Bon Sens“, erklärte einst selbst, Armand Carrel sei ihm auch Arristokrat, und hinter den Barrikaden der Straße Saint Mery sei unter Louis Philipp's Kartätschen das edelste Blut unserer Republikaner geflossen; später abor trat er zu Montalivet's Hofpartei über und ward Maitre des Requetes mit hohem Gehalte. — Professor Lenormand ist vom Jesuitenminister Faloux zum Lehrstuhl des ägyptischen Alterthums ernannt worden, weil er früher in dem ultrajesuitischen „Correspondant“ schrieb und von den Sorbonnestudenten unter Louis Philipp als Päbstling ausgepfiffen und fortgejagt worden; einen ausgezeichneten Archiologen, Prisse, der nebenher 18 Jahre in Aegypten reiste und ein guter Republikaner vor 48 schon war, hat der Ministerjesuit übergangen. Es versteht sich, daß Lenormand nichts von dem Objekt versteht, das er vortragen soll. — Der geistbeschränkte Constitutionel hat übrigens ein dunkles Bewußtsein des nahenden Ungewitters und mit dem einem in seinen theuersten Privilegien bedrohten Tyrannen, eigenen Instink schreit er heute: „Die Situation wird schwärzer denn je seit den Junitagen, das Ungethüm der Demagogie erhebt sich auf's Neue mit verjüngten Kräften und ohne Zaudern rückt es auf sein Ziel los. Vor Kurzem schalten die Demagogen diese Versammlung, und jetzt erklären sie sie für das letzte Bollwerk ihrer Republik. Proudhon's Le Peuple bringt gestern einen Aufsatz: Krieg überschrieben. Es kündigt den Bürgerkrieg an und attakirt nicht etwa das Ministerium, nein, sogar die Person des Präsidenten der Republik (so eben höre ich, daß gegen Mittag die Wegnahme dieser Nummer in dem Redaktionsbureau vollzogen worden) und mit demagogischer Wuth treibt dies Blatt auf jenen ihm so theuren Zeitpunkt hin, wo die Liquidirung der gesammten bestehenden alten Gesellschaft eintreten soll. Wohlgethan hat also unser Ministerium, daß es heute der Kammer ein Gesetz vorlegt, welches alle Klubs in der ganzen Republik ein für allemal verbietet: Unter Klub verstehen wir eine <hi rendition="#g">öffentliche</hi> periodische oder nicht periodische Zusammenkunft, worin Politik diskutirt wird. Das Wort ist englisch, aber die Sache ist echt französischen Ursprungs und ist dennoch nicht zur französischen Gewohnheit bisher geworden. In England bestehen keine, der National irrt, wenn er den dortigen Dubliner und den Reformclub als Beispiele anführt; hat denn nicht Lord Clarendon den ersten, hat nicht die londoner Konstablerschaft den zweiten. als er in chartistischen Versammlungen unter freiem Himmel und in den Tavernen die sogenannte Volkscharte besprechen wollte, auseinandergetrieben? Nordamerika ist gleichfalls verschont mit diesem Unheil, denn als der französische Nationalconvent einen diplomatischen Agenten hinsandte, um dort Klubs zu formiren, die gegen England aufhetzen sollten, trieb Washington diesen Kluborganisator aus dem Lande.“ Die sozial-demokratischen Blätter erlassen heute eine feierliche Protestation gegen diese impertinente Verstummelung der eben erst votirten Konstitution nach der Franzosen jederzeit und überall das Recht haben, sich „friedlich und ohne Waffen“ zur Diskussion zu versammeln:</p> <p>„In Betracht, daß das Ministerium somit in unerhörter Weise die Konstitution der französ. demokratischen Republik verletzt und zugleich die natürlichen Menschenrechte, in Betracht, daß das Vereinsrecht älter ist und zugleich länger währt, als jedes positive Gesetz, wie solches ja auch im Text unsrer Konstitution gesagt ist; in Betracht, daß dieser neue ministerielle Gesetzvorschlag nicht etwa Reglementirung der Ausübung dieses Rechts beabsichtigt, sondern es geradezu unterdrückt ohne Weiteres: so protestiren Unterzeichnete energisch und fordern die Versammlung zur Inanklagesetzung der Minister auf, die diesen Staatsstreich zu wagen sich erfrechten. <hi rendition="#g">La Reforme:</hi> Charles Ribeyrolles, R. en chef, Layla, Loy, Lagarde, Leoutre, Dirigeant und Gerant. <hi rendition="#g">La Republique:</hi> Eugen Barreste, R. en chef, Hervé. <hi rendition="#g">Le Peuple:</hi> Darimon, Sekretär, Langlois, Vasbenter, Madier de Montjau, Advokat des Peuple. <hi rendition="#g">Le Travail affranchi:</hi> Toussenel. <hi rendition="#g">Revolution democratique-sociale:</hi> Delescluze, R. en chef, Lemaitre, Pilette, Martin, Carré, Biy, der Corrector den Blattes. Die <hi rendition="#g">Clubs-Präsidenten:</hi> Tessier, Simon Bernard aus Carcassonne, Gamet, Bocquet, Madier de Montjau junior.“</p> <p>Unter den Bonaparteblättern ist die „Liberté“, der komplette Gegensatz zum „Evenement.“ „Liberté“ fordert, als Organ des Pierre Bonaparte, sofortige Entlassung des Ministeriums Barrot-Thiers-Falloux und Kriegserklärung zu Gunsten Italiens und Polens; auf republikanische Formen gibt sie nicht viel, aber sie verabschut den Lgitimismus und Cavaignacismus. Sie wird stark gelesen auf den Ortschaften des pariser Weichbilds, dessen Bauern sich durch alle bisherigen Schritte ihres frühren Lieblings Louis Bonaparte wenig erbaut fühlen; diese Leute werden unwillig über der Verleugnung des Programms, das Se. Hoheit als Kandidat ihnen demüthiglich überreicht hatte. Er hat jetzt nur einen Kummer: von Nikolaus noch nicht ganz comme il faut anerkannt zu sein; der Romanoff hat dem Bonaparte so eben geschrieben, sein Name sei gefährlich und ehe er weiter mit ihm verhandle, müsse er Garantieen haben, besonders Beschränkung der Associationsfreiheit. Ein französischer Diplomat ist deshalb nach Berlin gereist. Wie die Demokraten diesen Louis Bonaparte beurtheilen, erhellt z. B. aus dem „Citoyen“ von Dijon, dem aus Paris von Charles Payn geschrieben wird: „Seltsame Dinge passiren hier. Der Präsident ist das Objekt der dubiösesten Hypothesen. Dieser Mann speist bei dem Unterrichtsminister Falloux, und dort findet er alle legitimistischen Honoratioren, Notabilitäten und Celebritäten, die dermalen in Paris; auch der Erzieher des Herzogs von Bordeaux (Henri V), ein sozusagen offizieller Reprasentant der Henrianer seit 1830. Volksvertreter, die in der Nähe all diesen Unfug ansahen, sagten mir, sie seien darüber noch ganz anders erschrocken, als die Journalisten, die von fern stehen. Ich will übrigens Sie genau von allen solchen Umständen in Kenntniß halten; das Land muß bereit sein für nahe Ereignisse. So heißt es Bonaparte wolle abdanken (natürlich zu Gunsten des lieben Heinrich), weil er sich zu schwach fühle und nicht auf die echten Republikaner stützen möge. Mag das Exil seine vielgerühmten Geistes- und Charakterkräfte untergraben, oder ein nur ganz leise in die Ohren geraunter Umstand sie geschwächt haben, kurz Bonaparte weiß nicht einen festen Entschluß zu ergreifen. 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Ich versichere Ihnen, in den Vorsälen der Nationalversammlung läuft seit 8 Tagen das Gerücht, Bonaparte wolle als großmüthigster aller Sterblichen abdanken und den Thron herstellen, wodurch seine Eitelkeit sich geschmeichelt fühlt; er wolle thun, was der Kaiser nicht that, als Louis XVIII aus dem Exil ihm schrieb, er möge abdanken und den Titel eines Oberfeldherrn, eines Konnetable davontragen. Odilon Barrot ist jedenfalls schlecht gewillt, Opposition gegen dererlei Manöverchen zu machen; als er die guten Präfekten ab- und lauter louis-philippistische längst dem Volke verhaßt gewordene, wieder einsetzte, da tadelte ihn einer seiner ältesten Bekannten, dessen Illusionen eine nach der andern schwinden, und Hr. Barrot rrief: „„ich bereue bitter meine 18jährige Opposition gegen die Julidynastie; ich thue jetzt Buße!““ —</p> </div> <div xml:id="ar208_030" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 27. Januar.</head> <p>Die Klubs sind untersagt. In dieser frechen Manier beginnt Leon Faucher sein Dekret, trotz der Konstitution, die das Vereinigungsrecht gestattet. Den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen zu wollen, nach der Februar-Revolution, und bei der Herannahung des Jahresfestes der Revolution, das heißt gerade zur Erneuerung der Revolution provoziren. Leon Faucher will den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen, und die Franzosen vereinigen sich zu Tausenden, zu Hunderttausenden, um zu protestiren in unabsehbaren Zügen gegen wen? Gegen Leon Faucher! Armer Leon Faucher! Nein, sie rücken heran, um zu protestiren gegen die Gewalt, welche den Gedanken dieses Verbotes faßte, sowohl als gegen die Gewalt, welche über das Verbot dekretiren soll. Eine furchtbare, vereinigte Masse ist bereit, über Louis Napoleon, Faucher und Barrot hinwegzuschreiten, bis zu den Pontons hin, wo die Juni-Insurgenten noch immer auf die versprochene Amnestie harren.</p> <p>Die Journale der Opposition haben alle protestirt gegen Leon Faucher's unerhörten Antrag; der National, obgleich er in seinem Leitartikel sehr heftig auftritt, hat den Protest nicht mitunterschrieben.</p> <p>Die Revolution kündigt sich mit allen sie begleitenden Symptomen an. Die Revolution in Paris ist kontagiös. Es handelt sich nicht mehr von Banquets, wie im Februar, wo man schmauste und trank, um bei dem Schmausen und Trinken einige Toaste durchzubringen; es handelt sich nicht mehr vom gemeinschaftlichen Leben, wie es errungen worden durch die Februar-Revolution; es handelt sich von Coalitionen und Assoziationen, die ihren Ausdruck in den Klubs gewonnen hatten, und diese Klubs, als den Heerd des Contagiums will man vernichten. Da verläßt das Contagium seinen Sitz; es geht heraus aus den Sälen, aus den Häusern; es rafft sich zusammen in einer furchtbar schwarzen Masse und lagert sich in den Straßen von Paris.</p> <p>Napoleon und seine 5 Millionen Stimmen? Aber diese 5 Millionen, haben wir immer gesagt, galten nicht Napoleon dem Kaiserlichen, nicht Napoleon dem Konstabler, sie galten jenem andern Assoziationsrechte, das nach Außen seinen Boden hatte, sie galten jenen Coalitionen der Franzosen, die sich dem coalisirten Europa entgegenstellen; und da Barrot und Napoleon und die ganze Rothschild'sche Clique dieses Assoziations-Recht zu ihren Gunsten deuten wollen, zu Gunsten der Ruhe und Ordnung, so steht auf einmal die Ruhe und Ordnung auf und erhebt ihr Haupt drohend gegen die Ruhe- und Ordnungsführer. Eine Regierung, gesteht das Journal des Débats ein, ist unvereinbar mit den Clubs; die öffentliche Sicherheit kann nicht bestehn mit dem Fortbestehn der Clubs; die Clubs stehn der öffentlichen Sicherheit feindlich gegenüben. — Die Freiheit der Clubs ist die Freiheit der Anarchie; wir achten alle Freiheiten, wir lassen sie alle gelten, diejenigen ausgenommen, welche einen Staat in dem Staate konstituiren, 20 Regierungen der regelmäßigen Regierung entgegensetzen will.“</p> <p>Das ist die Sprache des Rothschild'schen Staates, desjenigen kleinen Staates, welcher den ungeheuren Proletarier-Staat durch Renten, Eisenbahn-Aktien und Bankscheine in seiner Tasche behalten will. „Die Nothwendigkeit der Gesellschaft, sagt der Constitutionnel, hat dem Ministerium die Nothwendigkeit geboten, die Clubs zu schließen.“ Das Vereinigungsrecht, ob es sich in den Clubs oder den Assoziationen kund gibt, steht also der Gesellschaft feindlich gegenüber. Es gibt also eine andere Gesellschaft, die ihren Untergang vor Augen sieht mit dem Fortbestehn der Assoziationen, der einzigen Errungenschaft der Februar-Revolution, und diese andere Gesellschaft, welche bereits im Februar unterlegen, welche aber, weil sie die Bedingungen ihrer Existenz, die Staatsschuld, die Hypotheken, die Eisenbahnen, mit einem Worte das Kapital gerettet, wiederum zur Herrschaft gelangt ist, kann nur ihre Herrschaft behaupten, indem sie die Assoziationen zersprengt, welche sich dem Drucke dieser Herrschaft entgegensetzten. Wenn also der Constitutionnel sagt, daß die Gesellschaft bedroht ist durch die Assoziationen, so heißt dies anders nichts, als daß das Kapital, welches die Gesellschaft exploitirt, sich im Widerspruch befindet mit der andern Gesellschaft, welche exploitirt wird. Und diese andere Gesellschaft, welche exploitirt wird, das sind nicht mehr die Proletarier allein; es ist der ganze kleine Mittelstand, der, nachdem er geholfen hat die Juni-Insurgenten zu bekämpfen, selbst bekämpft und in's Proletariat geschleudert wurde nach der Junischlacht durch die Verweigerung der Concordats à l'amiable von Seiten der großen Bourgeoisie. Die „Assemblé Nationale“ und der „Siécle“, treten für die bedrohte Gesellschaft auf. Wie nun die Frage gelöst werden mag, ob durch die Kammer, ob durch die Assoziationen, ob auf „gesetzlichem Wege“, oder durch die alleinige Kraft der Assoziationen, die durch ihr Auftreten, durch ihre massenhafte Erscheinung dem zu bildenden Gesetze Gesetzeskraft verleihen, die offizielle Gesellschaft Napoleon's und Barrot's ist vernichtet. Wenn nämlich die Kammer, als Ausdruck der offiziellen Gewalt, noch Zeit übrig haben sollte die Frage zu entscheiden, so setzt sie sich entweder in offene Feindschaft mit dem ganzen Proletariat, und dann ist der Kampf unvermeidlich, oder mit der hohen Bourgeoisie, und damit ist sie genöthigt, gemeinsame Sache zu machen mit den „Clubs, mit der Anarchie“ — dann stellt sie sich auf revolutionären Boden.</p> <p>Der National, der für die Freiheit der Associationen auftritt und bereits durch eine sogenannte Regulirung der Klubs einen Mittelweg eingeschlagen hat, möchte auch dieses Mal diesen Ausweg einschlagen. Aber dieses Mittelding ist unmöglich. Die Regulirung der Klubs, wie sie damals unter Dufaure durchging, hat zur Regulirung der Associationen geführt; hinter den Klubs stehen jetzt die organisirten Associationen, die der Reaktion geradezu den Entschluß zur Schließung der Clubs eingegeben haben. Der Mittelweg ist daher jetzt unmöglich: und die Revolution steht vor der Thüre. Die Clubs haben in der letzten Zeit die Nationalversammlung unterstützt; sollte daher die National-Versammlung auch nur im geringsten Lust bezeugen, die Clubs zu schließen, so bleibt den Clubs nichts übrig, als ihrerseits die Nationalversammlung zu schließen.</p> <p>— <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 27. Januar.</p> <p>Eröffnung der Sitzung um 2 1/2 Uhr. Fortsetzung der Diskussion über den Staatsrath. Ein Amendement des Herrn Rivot zu § 50 und 51 des Gesetzvorschlags wird angenommen.</p> <p>Die Diskussion über den Staatsrath bietet für die auswärtigen Leser kein näheres Interesse.</p> <p><hi rendition="#g">Der Präsident</hi> (Marrast). Ich muß der Versammlung K[e]nntniß geben von einem Requisitorium des Generalprokurators bei dem Appelhof zu Paris, worin er um Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung gegen den Bürger Proudhon bei der National-Versammlung ansucht.</p> <p>Das Requisitorium lautet wie folgt:</p> <p>„In Erwägung, daß Proudhon unterzeichnet hat und sich als Verfasser der beiden in das Journal „le Peuple“ eingerückten Artikel bekennt, die mit folgenden u. s. w. Worten beginnen: in Erwägung, daß diese Artikel die durch die Constitution dem Präsidenten der Republik übertragenen Rechte angreifen; in Erwägung, daß sie zum Hasse gegen die Regierung und zum Bürgerkriege aufreizen; in Erwägung, daß das durch das Journal „le Peuple“ verübte Vergehen durch Duchène, den verantwortlichen Geranten dieses Blatts, und durch den Herrn Proudhon begangen ist u. s. w. ersucht der Generalprokurator die National-Versammlung ihn zur gerichtlichen Verfolgung gegen Proudhon zu autorisiren.“</p> <p>Der Präsident erklärt, daß das Requisitorium den Abtheilungen übergeben werden würde.</p> <p><hi rendition="#g">Proudhon:</hi> Ich protestire von vorn herein gegen diese Beschuldigung. Ich habe nur Eins bezweckt, vor diese Versammlung, vor die Gerichte die Frage von der Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik zu ziehen. Der Minister antwortet auf eine constitutionelle Frage durch Beschlagnahme von Journalen, durch Verfolgungen. Nun wohl, ich werde mich vor der Kommission aussprechen und auf der Tribüne, wenn es nöthig ist. (Bewegung.)</p> <p>Nach Erledigung dieses Zwischenvorfalles kommt die <hi rendition="#g">Clubfrage</hi> auf die Tagesordnung.</p> <p>Die zur Prüfung des vom Minister Faucher gestellten <hi rendition="#g">Dringlichkeitsantrags wegen Schließung des Klubs erwählte Kommis- </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1141/0003]
leute und großen Grundbesitzer in Frankreich. Nach den Februartagen sagte sich die Bourgeoisie (ob aus Furcht oder Vernunft oder Beidem, bleibe dahin gestellt) wir wollen mal es mit der Republik probiren, da sie aufgekommen ist. Aber die Junkerschaft auf den großen Gütern, die immerdar am Throne klebt, beschloß diese Bewegung, welche viel zu urplötzlich war, um streng systematisch zu fahren, durch jedwede Mittel in Unordnung zu bringen, zu aller Art von Ueberschwänglichkeit zu treiben, Frankreich einen neuen Ekel vor der Republik einzuflößen und ihm dann zu guter Stunde ein Königlein wieder auf den Nacken zu pflanzen. Das Provisorium beging täglich Mißgriffe, die Bürgerschaft schrie Jammer und verwünschte die republikanische Staatsform. Ein Bund entstand zwischen legitimistischer Junkerschaft und unadliger Bourgeoisie; man nannte das den Bruderbund des Handels mit dem Boden. Die französische Bourgeoisie war und ist blind, sie sieht nicht, daß ihr Handel und ihre Industrie weit schneller, tiefer erschüttert werden können als der Bodenbesitz der Junkerschaft. Selbst der riesenhafte Weltsturm von 1789 hat unserm Adel nur einen Theil seiner Grundstücke abzwingen können, und es blieb in seinen Händen noch genug, um jetzt das politische Uebergewicht zu haben. Diese unsere Junker befehden nicht mit offenem Helm die Republik, bewahre; sie gehen den Gaunerweg, von hintenher schleichen sie, halten Handel und Wandel auf, vermehren die Anzahl der Armen, ermüden die Nation durch Aufregungen, und dies Alles um dem ruinirten Frankreich Henri V., das Wunderkind, zu präsentiren. Während dieses Manövers verliert der Adel einige Pächter aber den Boden nicht. Die Bourgeoisie aber verliert bei diesem schlechten Spaß Zinsen und Kapital, Kredit und Hülfsquellen; sie bankerottirt und muß heraus aus ihren Fabriken, Komptoiren und Läden. Wer darüber ins Fäustchen lacht, ist der Adel, denn glaubt nur nicht, daß er unsern Bourgeois das Jahr 1789 verziehen hat. In einigen Ortschaften geht ihnen ein Licht auf; sie weigern sich hie und dort, die Kammerauflösungsadresse zu signiren, denn es ärgert sie, daß die Geschäfte wieder stocken, seit diese Auflösung auf's Tapet gebracht worden. Aber wenn dann die Republikaner kommen und zur Unterzeichnung einer Adresse für das Bleiben der National-Assemblée aufrufen, bebt die Bourgeoisie auch zurück und schreit: ich will gar nichts unterzeichnen, ich bin nicht republikanisch. Die Bourgeoisie weiß nichts und will nichts thun; das ist wenig ehrenhaft für sie. Desto mehr thun Legitimisten und Republikaner. Aber der Bauer, der heute noch gegen die Nationalversammlung petitionirt, was will dieser Mann? Wir wissen es nicht; aber wir glauben, im Fall eines Bürgerkrieges, zumal wenn selbiger sich verlängert, daß alsdann unser Bauer als Nationalgüter die Grundstücke der Junker kaufen wird, die heute seine Unwissenheit mißbrauchend, ihm anarchische Unterschriften ablocken; im Bürgerkriege dürften sehr füglich die Gütereinziehungen einen Augenblick wieder auf die Bühne treten.“ Dasselbe Blatt sagt, da Professor Lerminier, der berüchtigte Volksfeind am Collège de France, durch den Jesuitenminister Falloux wieder eingesetzt, ja ihm in einem rührenden Handbillet tiefstes Bedauern über seine frühere Absetzung ausgedrückt wurde, Folgendes: „Die Zeitung Assemblée Nationale beklagt, daß dieser Professor so eben wieder durch Studenten, die von den Februar-Ideen verführt seien, ausgepfiffen worden.
Dies ist doch stark; also soll die Februar-Revolution sich malträtiren lassen von denen die sie besiegt hat? soll sich auf dem Lehrstuhl ruhig und fromm verspotten lassen? und das obenein indem die Reaktion alle Klubs, d. h- volksbelehrende Versammlungen sperrt? selbst volksthümliche Vorträge über Kunst und Wissenschaft verbietet (wie z. B im Redoutensaal die Fourieristischen, die in der Straße Arbalete über Physik und Geschichte) also der Denk-, Rede-, Schreib- und Lehrfreiheit auf's impertinenteste Hohn lächelt?“ Der Jesuitenknecht Minister Falloux hat die Frechheit gehabt, die seit Februar bestehende Administrativschule aufzuheben, worin ein mehrjähriger Lehrkursus die jungen Männer zu Verwaltungszweigen vorbereiten sollte, um dadurch nach und nach dem Nepotismus und der administrativen Vernageltheit vorzubeugen — wofür ihn „Le Pays“ und „L'Opinion publique“ in drei Nummern hinter einander belobt haben. — Die Dünste mehren sich, von allen Seiten ziehen sie sich schwül und grau zusammen. Wohl möglich daß ein Wolkenbruch, eine Sündfluth sonder Gleichen daraus entsteht; die Nationalpartei ist ohnmächtig gegenüber den Legitimisten, die auf dem 100 Mann und darüber starken Kongreß sich hier zusammen finden. Bonaparte heißt in ihrer Sprache nur noch „das Brett, welches allmälig durchgetreten und abgenutzt werden muß“, um nämlich zum Henri Bourbon, Gottes Sohn, zu gelangen. Die „Vérité“ eins der Lieblings-Blätter französischer Kreuzritterschaft, würdige Schwester der neuen preußischen Zeitung sagt: „Die Socialisten begnügen sich nicht mit den offiziellen Methoden des Unterrichts, sondern schreien nach größerer Beachtung der Landessprache, der lebenden Sprachen, der Special- und Professionsstudien, und zu diesem Umsturze (sic) — bouleversement — suchen sie durch jedes Mittel, bei jeder Gelegenheit, unter den imponirenden Vorwänden socialen Interesses und Privatwohlergehens, zu gelangen.“
Die 6000 Mobilgardisten die das Ministerium dieser Tage verabschiedet, d. h. aufs Pflaster wirft, die vielen tausend Büreaubeamten die, unter dem Vorwande einer Staatsersparniß, außer Brod versetzt werden, die Verweigerung der Amnestie, die Verpackung und Versendung der Vincenner Gefangnen nach Bourges vor einen höchst bösartigen Ultrabourgeoisgerichtshof der eigens dazu formirt wird, (Barbes, Raspail und Albert werden wahrscheinlich jede Antwort verweigern, aber trotzdem wohl in die Karre verurtheilt werden), endlich die Klubschließungen: das Alles hat vier Wochen vor dem Februarfest Bedeutsamkeit.
17 Paris, 27. Jan. Die Glorie des Pascha petit père Armand Marrast, wie der Charivari beweiset, ist soweit herunter, daß er in der großen Oper, als er mit Glacé und golkdnöpfiger weißer Weste und Perlmutterbinocle unter Vorschreiten zweier Kammerhuissiers in der weiland kgl. Loge erschien, mit großem Geräusch und weitaufgerissenen Flügelthüren, vom Parterre erbärmlichst verhöhnt ward. Alle Welt schrie: ah, Marrast, aha, aha, aha. Und p. p. Marrast, einst Redakteur der Tribüne und Lobredner St. Just's und Robespierre's dann Perikles erröthete, was ihm noch nie in seinem Leben passirt war. — Das Auszischen des Renegaten, Professor L;Herminier, hat die Jesuitenschüler so erbittert, daß sie mit Knütteln und einem Hundert handfester Schlingels aus der sogenannten Kongregation des h. Paulus nächstes Mal in die Vorlesung rücken wollen; auch haben sie, heißt es, zu ihrem Schutze Bajonette requirirt. L'Herminier war einst Redakteur von dem Demokratenblatt „Bon Sens“, erklärte einst selbst, Armand Carrel sei ihm auch Arristokrat, und hinter den Barrikaden der Straße Saint Mery sei unter Louis Philipp's Kartätschen das edelste Blut unserer Republikaner geflossen; später abor trat er zu Montalivet's Hofpartei über und ward Maitre des Requetes mit hohem Gehalte. — Professor Lenormand ist vom Jesuitenminister Faloux zum Lehrstuhl des ägyptischen Alterthums ernannt worden, weil er früher in dem ultrajesuitischen „Correspondant“ schrieb und von den Sorbonnestudenten unter Louis Philipp als Päbstling ausgepfiffen und fortgejagt worden; einen ausgezeichneten Archiologen, Prisse, der nebenher 18 Jahre in Aegypten reiste und ein guter Republikaner vor 48 schon war, hat der Ministerjesuit übergangen. Es versteht sich, daß Lenormand nichts von dem Objekt versteht, das er vortragen soll. — Der geistbeschränkte Constitutionel hat übrigens ein dunkles Bewußtsein des nahenden Ungewitters und mit dem einem in seinen theuersten Privilegien bedrohten Tyrannen, eigenen Instink schreit er heute: „Die Situation wird schwärzer denn je seit den Junitagen, das Ungethüm der Demagogie erhebt sich auf's Neue mit verjüngten Kräften und ohne Zaudern rückt es auf sein Ziel los. Vor Kurzem schalten die Demagogen diese Versammlung, und jetzt erklären sie sie für das letzte Bollwerk ihrer Republik. Proudhon's Le Peuple bringt gestern einen Aufsatz: Krieg überschrieben. Es kündigt den Bürgerkrieg an und attakirt nicht etwa das Ministerium, nein, sogar die Person des Präsidenten der Republik (so eben höre ich, daß gegen Mittag die Wegnahme dieser Nummer in dem Redaktionsbureau vollzogen worden) und mit demagogischer Wuth treibt dies Blatt auf jenen ihm so theuren Zeitpunkt hin, wo die Liquidirung der gesammten bestehenden alten Gesellschaft eintreten soll. Wohlgethan hat also unser Ministerium, daß es heute der Kammer ein Gesetz vorlegt, welches alle Klubs in der ganzen Republik ein für allemal verbietet: Unter Klub verstehen wir eine öffentliche periodische oder nicht periodische Zusammenkunft, worin Politik diskutirt wird. Das Wort ist englisch, aber die Sache ist echt französischen Ursprungs und ist dennoch nicht zur französischen Gewohnheit bisher geworden. In England bestehen keine, der National irrt, wenn er den dortigen Dubliner und den Reformclub als Beispiele anführt; hat denn nicht Lord Clarendon den ersten, hat nicht die londoner Konstablerschaft den zweiten. als er in chartistischen Versammlungen unter freiem Himmel und in den Tavernen die sogenannte Volkscharte besprechen wollte, auseinandergetrieben? Nordamerika ist gleichfalls verschont mit diesem Unheil, denn als der französische Nationalconvent einen diplomatischen Agenten hinsandte, um dort Klubs zu formiren, die gegen England aufhetzen sollten, trieb Washington diesen Kluborganisator aus dem Lande.“ Die sozial-demokratischen Blätter erlassen heute eine feierliche Protestation gegen diese impertinente Verstummelung der eben erst votirten Konstitution nach der Franzosen jederzeit und überall das Recht haben, sich „friedlich und ohne Waffen“ zur Diskussion zu versammeln:
„In Betracht, daß das Ministerium somit in unerhörter Weise die Konstitution der französ. demokratischen Republik verletzt und zugleich die natürlichen Menschenrechte, in Betracht, daß das Vereinsrecht älter ist und zugleich länger währt, als jedes positive Gesetz, wie solches ja auch im Text unsrer Konstitution gesagt ist; in Betracht, daß dieser neue ministerielle Gesetzvorschlag nicht etwa Reglementirung der Ausübung dieses Rechts beabsichtigt, sondern es geradezu unterdrückt ohne Weiteres: so protestiren Unterzeichnete energisch und fordern die Versammlung zur Inanklagesetzung der Minister auf, die diesen Staatsstreich zu wagen sich erfrechten. La Reforme: Charles Ribeyrolles, R. en chef, Layla, Loy, Lagarde, Leoutre, Dirigeant und Gerant. La Republique: Eugen Barreste, R. en chef, Hervé. Le Peuple: Darimon, Sekretär, Langlois, Vasbenter, Madier de Montjau, Advokat des Peuple. Le Travail affranchi: Toussenel. Revolution democratique-sociale: Delescluze, R. en chef, Lemaitre, Pilette, Martin, Carré, Biy, der Corrector den Blattes. Die Clubs-Präsidenten: Tessier, Simon Bernard aus Carcassonne, Gamet, Bocquet, Madier de Montjau junior.“
Unter den Bonaparteblättern ist die „Liberté“, der komplette Gegensatz zum „Evenement.“ „Liberté“ fordert, als Organ des Pierre Bonaparte, sofortige Entlassung des Ministeriums Barrot-Thiers-Falloux und Kriegserklärung zu Gunsten Italiens und Polens; auf republikanische Formen gibt sie nicht viel, aber sie verabschut den Lgitimismus und Cavaignacismus. Sie wird stark gelesen auf den Ortschaften des pariser Weichbilds, dessen Bauern sich durch alle bisherigen Schritte ihres frühren Lieblings Louis Bonaparte wenig erbaut fühlen; diese Leute werden unwillig über der Verleugnung des Programms, das Se. Hoheit als Kandidat ihnen demüthiglich überreicht hatte. Er hat jetzt nur einen Kummer: von Nikolaus noch nicht ganz comme il faut anerkannt zu sein; der Romanoff hat dem Bonaparte so eben geschrieben, sein Name sei gefährlich und ehe er weiter mit ihm verhandle, müsse er Garantieen haben, besonders Beschränkung der Associationsfreiheit. Ein französischer Diplomat ist deshalb nach Berlin gereist. Wie die Demokraten diesen Louis Bonaparte beurtheilen, erhellt z. B. aus dem „Citoyen“ von Dijon, dem aus Paris von Charles Payn geschrieben wird: „Seltsame Dinge passiren hier. Der Präsident ist das Objekt der dubiösesten Hypothesen. Dieser Mann speist bei dem Unterrichtsminister Falloux, und dort findet er alle legitimistischen Honoratioren, Notabilitäten und Celebritäten, die dermalen in Paris; auch der Erzieher des Herzogs von Bordeaux (Henri V), ein sozusagen offizieller Reprasentant der Henrianer seit 1830. Volksvertreter, die in der Nähe all diesen Unfug ansahen, sagten mir, sie seien darüber noch ganz anders erschrocken, als die Journalisten, die von fern stehen. Ich will übrigens Sie genau von allen solchen Umständen in Kenntniß halten; das Land muß bereit sein für nahe Ereignisse. So heißt es Bonaparte wolle abdanken (natürlich zu Gunsten des lieben Heinrich), weil er sich zu schwach fühle und nicht auf die echten Republikaner stützen möge. Mag das Exil seine vielgerühmten Geistes- und Charakterkräfte untergraben, oder ein nur ganz leise in die Ohren geraunter Umstand sie geschwächt haben, kurz Bonaparte weiß nicht einen festen Entschluß zu ergreifen. Er läßt lieber sich fortschleppen vom Strom, und man dürfte Voltäre's Vers auf ihn anwenden:
Die bleiche Schwäche sitzt auf dieser Stirn,
Die bleiche Schwäche liegt in diesem Aug,
So blickt ein Tugendstörer, ein Despot,
Ein Missethäter …
Zerstört hat dieser Präsident der Republik in der That schon eine Menge Bürgertugenden, und wenn er den Schritt thut, von dem das Publikum hie und da zischelt, nun so ist die Missethat auch da. Verführer gibt es genug; die Herren von der Regentschaft, Molé, Guizot, Duchatel, die Politiker, nebst den Kriegsleuten Marschall Bugeaud und dem Kommandirenden der pariser Bürgerwehr, Changarnier. Auf der andern Seite zerrt die legitimistische Klike, die eine Regentschaft zu langweilig findet und geradewegs den Henri auf den Thron heben will. Diese Herrschaften waren die Gäste, mit denen Bonaparte dort zu Tische saß. Beide Parteien machen dem Herrn Thiers ihre Aufwartung. Ich versichere Ihnen, in den Vorsälen der Nationalversammlung läuft seit 8 Tagen das Gerücht, Bonaparte wolle als großmüthigster aller Sterblichen abdanken und den Thron herstellen, wodurch seine Eitelkeit sich geschmeichelt fühlt; er wolle thun, was der Kaiser nicht that, als Louis XVIII aus dem Exil ihm schrieb, er möge abdanken und den Titel eines Oberfeldherrn, eines Konnetable davontragen. Odilon Barrot ist jedenfalls schlecht gewillt, Opposition gegen dererlei Manöverchen zu machen; als er die guten Präfekten ab- und lauter louis-philippistische längst dem Volke verhaßt gewordene, wieder einsetzte, da tadelte ihn einer seiner ältesten Bekannten, dessen Illusionen eine nach der andern schwinden, und Hr. Barrot rrief: „„ich bereue bitter meine 18jährige Opposition gegen die Julidynastie; ich thue jetzt Buße!““ —
12 Paris, 27. Januar. Die Klubs sind untersagt. In dieser frechen Manier beginnt Leon Faucher sein Dekret, trotz der Konstitution, die das Vereinigungsrecht gestattet. Den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen zu wollen, nach der Februar-Revolution, und bei der Herannahung des Jahresfestes der Revolution, das heißt gerade zur Erneuerung der Revolution provoziren. Leon Faucher will den Franzosen das Vereinigungsrecht untersagen, und die Franzosen vereinigen sich zu Tausenden, zu Hunderttausenden, um zu protestiren in unabsehbaren Zügen gegen wen? Gegen Leon Faucher! Armer Leon Faucher! Nein, sie rücken heran, um zu protestiren gegen die Gewalt, welche den Gedanken dieses Verbotes faßte, sowohl als gegen die Gewalt, welche über das Verbot dekretiren soll. Eine furchtbare, vereinigte Masse ist bereit, über Louis Napoleon, Faucher und Barrot hinwegzuschreiten, bis zu den Pontons hin, wo die Juni-Insurgenten noch immer auf die versprochene Amnestie harren.
Die Journale der Opposition haben alle protestirt gegen Leon Faucher's unerhörten Antrag; der National, obgleich er in seinem Leitartikel sehr heftig auftritt, hat den Protest nicht mitunterschrieben.
Die Revolution kündigt sich mit allen sie begleitenden Symptomen an. Die Revolution in Paris ist kontagiös. Es handelt sich nicht mehr von Banquets, wie im Februar, wo man schmauste und trank, um bei dem Schmausen und Trinken einige Toaste durchzubringen; es handelt sich nicht mehr vom gemeinschaftlichen Leben, wie es errungen worden durch die Februar-Revolution; es handelt sich von Coalitionen und Assoziationen, die ihren Ausdruck in den Klubs gewonnen hatten, und diese Klubs, als den Heerd des Contagiums will man vernichten. Da verläßt das Contagium seinen Sitz; es geht heraus aus den Sälen, aus den Häusern; es rafft sich zusammen in einer furchtbar schwarzen Masse und lagert sich in den Straßen von Paris.
Napoleon und seine 5 Millionen Stimmen? Aber diese 5 Millionen, haben wir immer gesagt, galten nicht Napoleon dem Kaiserlichen, nicht Napoleon dem Konstabler, sie galten jenem andern Assoziationsrechte, das nach Außen seinen Boden hatte, sie galten jenen Coalitionen der Franzosen, die sich dem coalisirten Europa entgegenstellen; und da Barrot und Napoleon und die ganze Rothschild'sche Clique dieses Assoziations-Recht zu ihren Gunsten deuten wollen, zu Gunsten der Ruhe und Ordnung, so steht auf einmal die Ruhe und Ordnung auf und erhebt ihr Haupt drohend gegen die Ruhe- und Ordnungsführer. Eine Regierung, gesteht das Journal des Débats ein, ist unvereinbar mit den Clubs; die öffentliche Sicherheit kann nicht bestehn mit dem Fortbestehn der Clubs; die Clubs stehn der öffentlichen Sicherheit feindlich gegenüben. — Die Freiheit der Clubs ist die Freiheit der Anarchie; wir achten alle Freiheiten, wir lassen sie alle gelten, diejenigen ausgenommen, welche einen Staat in dem Staate konstituiren, 20 Regierungen der regelmäßigen Regierung entgegensetzen will.“
Das ist die Sprache des Rothschild'schen Staates, desjenigen kleinen Staates, welcher den ungeheuren Proletarier-Staat durch Renten, Eisenbahn-Aktien und Bankscheine in seiner Tasche behalten will. „Die Nothwendigkeit der Gesellschaft, sagt der Constitutionnel, hat dem Ministerium die Nothwendigkeit geboten, die Clubs zu schließen.“ Das Vereinigungsrecht, ob es sich in den Clubs oder den Assoziationen kund gibt, steht also der Gesellschaft feindlich gegenüber. Es gibt also eine andere Gesellschaft, die ihren Untergang vor Augen sieht mit dem Fortbestehn der Assoziationen, der einzigen Errungenschaft der Februar-Revolution, und diese andere Gesellschaft, welche bereits im Februar unterlegen, welche aber, weil sie die Bedingungen ihrer Existenz, die Staatsschuld, die Hypotheken, die Eisenbahnen, mit einem Worte das Kapital gerettet, wiederum zur Herrschaft gelangt ist, kann nur ihre Herrschaft behaupten, indem sie die Assoziationen zersprengt, welche sich dem Drucke dieser Herrschaft entgegensetzten. Wenn also der Constitutionnel sagt, daß die Gesellschaft bedroht ist durch die Assoziationen, so heißt dies anders nichts, als daß das Kapital, welches die Gesellschaft exploitirt, sich im Widerspruch befindet mit der andern Gesellschaft, welche exploitirt wird. Und diese andere Gesellschaft, welche exploitirt wird, das sind nicht mehr die Proletarier allein; es ist der ganze kleine Mittelstand, der, nachdem er geholfen hat die Juni-Insurgenten zu bekämpfen, selbst bekämpft und in's Proletariat geschleudert wurde nach der Junischlacht durch die Verweigerung der Concordats à l'amiable von Seiten der großen Bourgeoisie. Die „Assemblé Nationale“ und der „Siécle“, treten für die bedrohte Gesellschaft auf. Wie nun die Frage gelöst werden mag, ob durch die Kammer, ob durch die Assoziationen, ob auf „gesetzlichem Wege“, oder durch die alleinige Kraft der Assoziationen, die durch ihr Auftreten, durch ihre massenhafte Erscheinung dem zu bildenden Gesetze Gesetzeskraft verleihen, die offizielle Gesellschaft Napoleon's und Barrot's ist vernichtet. Wenn nämlich die Kammer, als Ausdruck der offiziellen Gewalt, noch Zeit übrig haben sollte die Frage zu entscheiden, so setzt sie sich entweder in offene Feindschaft mit dem ganzen Proletariat, und dann ist der Kampf unvermeidlich, oder mit der hohen Bourgeoisie, und damit ist sie genöthigt, gemeinsame Sache zu machen mit den „Clubs, mit der Anarchie“ — dann stellt sie sich auf revolutionären Boden.
Der National, der für die Freiheit der Associationen auftritt und bereits durch eine sogenannte Regulirung der Klubs einen Mittelweg eingeschlagen hat, möchte auch dieses Mal diesen Ausweg einschlagen. Aber dieses Mittelding ist unmöglich. Die Regulirung der Klubs, wie sie damals unter Dufaure durchging, hat zur Regulirung der Associationen geführt; hinter den Klubs stehen jetzt die organisirten Associationen, die der Reaktion geradezu den Entschluß zur Schließung der Clubs eingegeben haben. Der Mittelweg ist daher jetzt unmöglich: und die Revolution steht vor der Thüre. Die Clubs haben in der letzten Zeit die Nationalversammlung unterstützt; sollte daher die National-Versammlung auch nur im geringsten Lust bezeugen, die Clubs zu schließen, so bleibt den Clubs nichts übrig, als ihrerseits die Nationalversammlung zu schließen.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 27. Januar.
Eröffnung der Sitzung um 2 1/2 Uhr. Fortsetzung der Diskussion über den Staatsrath. Ein Amendement des Herrn Rivot zu § 50 und 51 des Gesetzvorschlags wird angenommen.
Die Diskussion über den Staatsrath bietet für die auswärtigen Leser kein näheres Interesse.
Der Präsident (Marrast). Ich muß der Versammlung K[e]nntniß geben von einem Requisitorium des Generalprokurators bei dem Appelhof zu Paris, worin er um Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung gegen den Bürger Proudhon bei der National-Versammlung ansucht.
Das Requisitorium lautet wie folgt:
„In Erwägung, daß Proudhon unterzeichnet hat und sich als Verfasser der beiden in das Journal „le Peuple“ eingerückten Artikel bekennt, die mit folgenden u. s. w. Worten beginnen: in Erwägung, daß diese Artikel die durch die Constitution dem Präsidenten der Republik übertragenen Rechte angreifen; in Erwägung, daß sie zum Hasse gegen die Regierung und zum Bürgerkriege aufreizen; in Erwägung, daß das durch das Journal „le Peuple“ verübte Vergehen durch Duchène, den verantwortlichen Geranten dieses Blatts, und durch den Herrn Proudhon begangen ist u. s. w. ersucht der Generalprokurator die National-Versammlung ihn zur gerichtlichen Verfolgung gegen Proudhon zu autorisiren.“
Der Präsident erklärt, daß das Requisitorium den Abtheilungen übergeben werden würde.
Proudhon: Ich protestire von vorn herein gegen diese Beschuldigung. Ich habe nur Eins bezweckt, vor diese Versammlung, vor die Gerichte die Frage von der Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik zu ziehen. Der Minister antwortet auf eine constitutionelle Frage durch Beschlagnahme von Journalen, durch Verfolgungen. Nun wohl, ich werde mich vor der Kommission aussprechen und auf der Tribüne, wenn es nöthig ist. (Bewegung.)
Nach Erledigung dieses Zwischenvorfalles kommt die Clubfrage auf die Tagesordnung.
Die zur Prüfung des vom Minister Faucher gestellten Dringlichkeitsantrags wegen Schließung des Klubs erwählte Kommis-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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