Neue Rheinische Zeitung. Nr. 210. Köln, 1. Februar 1849.Dieses interessante Aktenstück, das eine der vielen praktischen Erläuterungen zu den sogen: "Grundrechten des deutschen Volkes" bildet, steht im "Nürnb. Cour." Was die im verstehenden Dokument erwähnten "Excesse" angeht, so bestanden sie darin, daß die Oberndorfer Trommeler eines Abends bei der Rückkehr von einem Verbrüderungsfeste gemeinschaftlich mit denen der Schweinfurter Stadtwehr durch die Stadt trommelten! Ungarn. Agram, 21. Januar. Das Assoziationswesen beginnt auch in Kroatien sich zu entwickeln und Früchte zu tragen. Das Beispiel der Slawenska Lipa in Agram ist nicht ohne Nachahmung in den andern Städten geblieben, und wir sehen jetzt politische Vereine in Orten entstehen, denen man sie nie vorhergesagt haben würde: Die in allen bedeutenden Flecken Kroatiens bestandenen Lesevereine, vor dem März der Sammelort der politischen Kräfte in den Umgebungen, verwandeln sich nun in Filialgesellschaften der Agramer Lipa, und verbreiten so die politische Bildung unter den gänzlich vernachlässigten Schichten der Landbevölkerung, die bisher, die Bauernedelleute ausgenommen, den politischen Bewegungen ganz fremd blieben. Die Bedeutung dieser Vereine wächst um so mehr, wenn man bedenkt, daß der Landtag so nahe bevorsteht und das Volk nicht unvorbereitet sein darf für Fragen, die es so nahe betreffen, und deren Lösung eine der vorzüglichsten Aufgaben der Landesbewohner bilden wird. (C. Bl. a. B.)Italien. 068 Turin, 27. Jan. Heute fand große Heerschau Statt um 1 Uhr Nachmittags. Der König schien sehr befriedigt. Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet: sie führten mit der größten Präcision die ihnen kommandirten Manöver aus. Man rief: "Es lebe der demokratische König! das Ministerium Gioberti, die Armee, Frankreich!" General Pelet wohnte der Heerschau bei im Wagen des franz. Gesandten. 068 Turin, 24. Januar. Gioberti hat an den schweizer Bundesrath ein Schreiben gerichtet, worin er um die gewöhnliche Gastfreundschaft für die lombardischen Flüchtlinge nachsucht, welche zeitweilig einen Aufenthalt in den schweizer Kantonen zu nehmen gesonnen sein sollten. 068 Rom, 17. Jan. Durch die Bemühungen der Herren Manzoni und Mariani sind mehrere alte Schulden von der Staatskasse eingezogen worden. Die Regierung unternimmt nützliche öffentliche Arbeiten, um den armen Klassen Existenzmittel zu verschaffen. Der Finanzminister bereitet Reformen vor, um der Eintreibung der indirekten Steuern einen minder vexatorischen Charakter zu geben. * Rom, 21. Jan. Einige Soldaten haben eine reaktionäre Bewegung veranlaßt. Sie verlangten die Freilassung des Generals Zamboni (eines contrerevolutionären Verschwornen, dessen Verhaftung wir vorgestern meldeten). Doch die Dragoner und die Bürgerwehr machten dem bald ein Ende und verhafteten eine große Zahl der vom Absolutismus angeworbenen Emeutiers. * Rom, 21. Januar. Heute findet die Wahl 12 Deputirten für die italienische Nationalversammlung statt. Auch Toskana beschickt diese Nationalversammlung. Im Neapolitanischen große Gährung. Venedig, 2. Januar. Am Morgen des gestrigen Tages erschienen 200 Freiwillige aus Friaul, deren Anzahl bereits über 2000 Mann angewachsen ist. Das von Ravenna angekommene Dampfschiff Pio IX. brachte hierauf die officielle Nachricht: Ancona habe einstimmig beschlossen Venedig ein Kriegsdampfschiff als Neujahrsgeschenk zu verehren. Es brachte zugleich eine Anzahl Ballen Tuches zur Anschaffung von Wintermänteln für die hiesige Mannschaft, sowie Hemden, Strümpfe u. s. w., nebst einer bedeutenden Menge von Lebensmitteln als Geschenk des Kirchenstaats. Aus Florenz liefen heut sechzehntausend Zwanziger ein als erstes Resultat der in Toscana zu Gunsten Venedigs veranstalteten Sammlungen. In wenigen Tagen dürften auch aus Piemont Gelder einlaufen, da in Genua und Turin die für die Erlaßbillette der Neujahrsgratulationen eingegangenen Beiträge diese Bestimmung erhalten; sowie auch die von der Kammer in Turin votirte Summe einer monatlichen Unterstützung von sechshunderttausend Zwanzigern bis zur Beendigung des Krieges baldigst einzutreffen hat. Der großen Geldnoth, von der man jedoch außerhalb Venedigs mehr wissen will als wirklich an der Sache ist, wird dadurch auf längere Zeit hinaus gesteuert, da das Papiergeld allein schon bis Ende April ausreicht, und alle einlaufenden bestimmten und unbestimmten Beiträge dürften auf mehrere Monate eine neue Staatsanleihe unnöthig machen. -- Ein eben erschienenes Gubernialdecret beruft eine permanente Assemblea der Volksrepräsentanten, die, mit unbeschränkten Vollmachten versehen, bei jeder erforderlichen Gelegenhenheit sich vereinigen wird. Die Repräsentanten werden durch allgemeines Stimmengeben nach der relativen Majorität bestimmt, wobei auf je 1500 Einwohner einer gewählt wird. Die Wahlen werden in eigenen hiezu ernannten Wahlbezirken, vierzehn an der Zahl, vorgenommen. Auf die Stadt Venedig kommen in acht Wahlbezirken 83 Deputirte; auf Chioggia 19; auf Burano, Mazzorbo, Torcello, Treporti und Cavallino 9; auf Murano 8; auf Pellestrina, Portosecco und St. Pietro in Volta 5; alle Abtheilungen der hiesigen Marine 4; auf sämmtliche hier anwesende Landtruppen 9; im ganzen also 128 Volksvertreter. Wähler sind nicht nur alle Eingebornen, sondern auch alle diejenigen die wenigstens seit sechs Monaten ihren Aufenthalt in Venedig haben, sowie alle in den verschiedenen Truppenabtheilungen befindlichen Fremden. Die Wahlen beginnen mit dem 20. Jan. und dauern drei Tage. -- Uebrigens herrscht in Venedig vollkommene Ruhe. Vor allen ziehen die ungarischen Bewegungen die allgemeine Aufmerksamkeit und Theilnahme auf sich. (A. Z.)Schweiz. Tessin. Die neueste Nummer des "Republikano" meldet: "Personen, welche vom Lago Maggiore herkommen, versichern, daß die Oesterreicher auf demselben Kreuzer aufgestellt haben und die Barken zu verfolgen anfangen, welche von Magadino nach dem piemontesischen Ufer fahren, wobei sie sich keineswegs auf ihre Gränzlinien beschränken, sondern den Schiffen selbst in den offenen See Kugeln nachschicken. Wir machen die Behörden, namentlich auch die eidgenössischen hierauf aufmerksam, damit die vielgerühmte Neutralität nicht lediglich zur Waffe gegen unglückliche und schwache Flüchtlinge werde." Französische Republik. 068 Paris, 29. Januar. Der Vorabend des Kampfs ist da; die Parteien stehen sich, Gewehr im Arm, gegenüber. Auf der einen Seite die Legitimisten, Orleanisten, Bonapartisten, auf der andern die trikoloren und rothen Republikaner. Die Einen verschanzen sich hinter den Präsidenten, den "Erwählten der 6 Millionen", die Andern hinter die souverän-konstituirende Nationalversammlung; die Einen rechnen auf die Armee und die drei royalistischen Legionen (1ste, 2te und 10te), die Andern auf die republikanische und Mobilgarde, auf die drei republikanischen Legionen (4te, 5te und 9te) und auf das im Juni entwaffnete Volk. Es handelt sich nicht mehr um die Schließung der Clubs, um die Auflösung der Versammlung und dergleichen Lappalien; es handelt sich um die weiße Monarchie oder die rothe Republik. Der Sieg -- er ist nicht zweifelhaft -- mag ausfallen, wie er will: die jetzigen offiziellen Mächte sind verloren. Der Präsident bildet sich ein, der Staatsstreich geschehe zu seinen Gunsten. Und doch denkt Niemand weniger an ein bonapartistisches Kaiserthum als die Leute, die zum Staatsstreich drängen: die Legitimisten. Gelingt der Coup, so wird Louis Napoleon bei Seite geworfen, wie eine ausgequetschte Citrone, und kann sich glücklich schätzen, wenn man ihm erlaubt, seiner Wege zu gehen. Und der einfältige Pinsel bildet sich ein, der ganze Spektakel werde zu seinem Privatvergnügen organisirt! Die Nationalversammlung glaubt für ihr souveränes Recht, für ihre Existenz gegen den Staatsstreich zu kämpfen; und erreicht sie ihren Zweck, stürzen Napoleon, Barrot und die hinter ihnen stehenden bourbonischen Faktionen vor der Achtserklärung der Versammlung und vor dem Zorn des verrathenen Volks, so stürzt die Verlammlung ihnen gleich nach. Der Staatsstreich kann nur von der Revolution erstickt werden, und die Revolution hat zur ersten Bedingung, daß die Chefs der Rothen an die Spitze treten. Siegt die Revolution, so jagen die Rothen die Versammlung ebenso auseinander, wie die Kammer am 24. Februar. Und die Versammlung bildet sich ein, die Revolution werde zu ihrem Profit gemacht! Präsident und Versammlung sind nur die Vorwände für beide Parteien -- ist der Kampf einmal losgebrochen, so wirft man sie fort und entfaltet die wirkliche, die eigne Fahne. Hier die weiße, dort die rothe; vor diesen einfachen Parteisymbolen verschwindet der bunte dreifarbige Lappen der "honetten Republik." -- Daß es auf der einen Seite sich durchaus nicht um den Präsidenten, sondern um Niemand anders als Heinrich V. handelt, beweist die Unverschämtheit, mit der plötzlich die legitimistische Konspiration an's helle Tageslicht tritt. Die Herrlichkeiten der gottbegnadeten Monarchie unter dem "Enkel des heiligen Ludwig" werden offen in den Straßen von Paris gepredigt, vom Lande gar nicht zu reden. Auf demselben Platz Maubert, im Arbeiter-Faubourg St. Jacques, den die Juni-Insurgenten mit solchem Heldenmuth drei Tage lang gegen die Henker Cavaignac's behaupteten, auf demselben Platz werden jetzt, trotz dem Gesetz gegen die Zusammenschaarungen, täglich öffentliche legitimistische Meetings gehalten. In diesem improvisirten Club treten Redner auf, der Kleidung nach Arbeiter, der Sprache nach gebildete Leute, die die Tugenden Heinrichs V. mit den schönsten Farben ausmalen. Sie haben ihre Claque, die bei den prächtigsten Kraftstellen klatscht. Die Wohlthätigkeits-Büreaus, ein Pfaffen-Institut, geben den Arbeitern nur Unterstützung, wenn sie sich verpflichten diese "Clubs" zu besuchen und für die gute Sache Propaganda zu machen. Das ist ein Beispiel davon, wie es die Legitimisten am offnen Tage treiben. Im Geheimen wird noch ganz anders intriguirt. Changarnier, der Befehlshaber über 300,000 Mann in und vor Paris, der militärische Arm des Präsidenten, ist Legitimist. Er möchte der Monk werden, der den impotenten Richard Cromwell von 1848 stürzt und den rechten Thronerben zurückführt. Daß Bugeaud, Thiers, Odilon Barrot und alle Minister im Komplott sind, ist nicht zu bezweifeln. Falloux, der Unterrichtsminister, war von jeher Legitimist, Thiers, der hinter dem Ministerium steht, soll es in der letzten Zeit geworden sein. Und der Tölpel Bonaparte glaubt, alle diese Verräther agirten in seinem Interesse! "Die Gesetzlichkeit tödtet uns!" ruft Odilon Barrot jetzt bereits aus. Seine Freunde erklären offen, daß eine blutige Kollision hervorgerufen werden muß, damit man das Vaterland (nicht die Republik, wohl zu verstehn) in Gefahr erklären, den Belagerungszustand proklamiren, die demokratischen Journale unterdrücken, die Redakteure verhaften kann. So meldet die "Republique." Auch Napoleon konspirirt. Es besteht eine geheime Gesellschaft: in jedem Arrondissement ist ein Chef, der 10 Unterchefs unter sich hat, jeder von diesen verfügt über 10 Wahlchefs, und jeder Wahlchef hat wieder 10 Unterwahlchefs, Führer von 10 Mann unter sich. Wären die Cadres voll, so ständen Napoleon in jedem Arrondissement zehntausend, in ganz Paris 120,000 Verschworne zur Verfügung. Ob die Cadres voll und wie viel verkappte Legitimisten, Rothe etc. darunter sind, wird nicht gesagt. Die "Republique" erklärt sich bereit, wenn Herr Leon Faucher es wünsche, noch andre Details zu geben. Welche Aussichten die monarchische Restauration hat, geht daraus hervor, daß auch der "Siecle" jetzt offen für sie auftritt, der bis vorgestern noch der beste Freund des National war und von allen Republikanern des folgenden Tages mit seinen königlichen Gelüsten am meisten zurückhielt. Der "Siecle erklärt, die Mobilgarde habe komplottirt gegen Changarnier -- und Mobilgarde ist heute gleichbedeutend mit Republik, wie Changarnier mit Restauration. Die "Liberte" predigt ebenfalls von der Nothwendigkeit einer "geheiligten Person" an der Spitze des Staats, mit zwei gesetzgebenden Kammern. Und die Versammlung? Ihre Hoffnungen und Befürchtungen spiegeln sich am getreusten ab im National. Man bedenke, daß alle hier citirten Journalstellen am 28., den Abend vor der allgemeinen Aufregung und den Militärdemonstrationen von heute geschrieben sind. "Sollten wir zu jenen schlimmen Tagen der Monarchie zurückgekehrt sein, wo eine in der öffentlichen Meinung diskreditirte, in der Kammer geschlagene, dem Lande verdächtige Regierung durch die Gewalt ein schon verurtheiltes System aufzudringen versuchen sollte? Was bedeuten diese Vorsichtsmaßregeln, die man gegen eine friedliche Bevölkerung nimmt? Wozu diese Truppenanhäufungen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt? Wo hat man die Vorzeichen einer Schlacht gesehn, daß man Paris in einen Waffenplatz verwandelt? Wir befragen vergebens den Horizont, wir finden nirgends eine Rechtfertigung der herausfordernden Stellung, die das Ministerium seit einigen Tagen anzunehmen scheint. Hoffte man etwa, daß die Bürger, in gerechter Aufregung wegen des verfassungswidrigen Versuchs der Minister, unter dem Einfluß ihrer Entrüstung einen Kampf mit bewaffneter Hand hervorrufen würden? Dieser Plan, wenn er existirte, ist gescheitert." So fängt der National von heute an. Man sieht, er weiß recht gut, woran er ist. Nachher heißt es: "Es handelt sich jetzt um ganz andre Dinge, als um die organischen Gesetze; es handelt sich darum, daß die Versammlung sich zwischen die Reaktion, die die Gewalt in Händen hat und das beunruhigte, erzürnte, aber durch Vertrauen auf seine Abgeordneten zurückgehaltene Volk stelle!" Und in einem zweiten Artikel: "Wir glauben, und nicht wir allein, an die Existenz eines umfassenden und tief angelegten Komplotts, welches die Ruhe Frankreichs und die Republik bedroht." "Das Ministerium und die großen Staatsmänner, seine Vormünder, zurückgestoßen durch die Nationalversammlung, fühlen, wie die Gewalt durch das regelmäßige Spiel unsrer Institutionen ihren Händen entschlüpft, und möchten jetzt Frankreich beweisen, daß es ihre Impotenz nicht entbehren kann. Ein Konflikt zwischen den beiden Staatsgewalten, eine Kollision in den Straßen würde ihren Plänen herrlich dienen." "Daher jener Krieg der Petitionen, der Beleidigungen, der Verläumdungen gegen die Nat.-Versammlung und die Republik." "Daher jene der Versammlung in der unverschämtesten Weise durch Hrn. Barrot hingeworfenen Herausforderung bei Gelegenheit der Proposition Rateau." "Daher der von Hrn. Leon Faucher vorgestern auf die Tribune gebrachte und sofort durch die Majorität gebrandmarkte Gesetzentwurf." "Daher die ministeriellen Thaten des Herrn von Falloux, die Absetzungen, die die Herren Barrot und Faucher für gut fanden." "Daher die Versuche zur Wiedereröffnung der Vorlesungen eines unsren Studenten mit Recht verhaßten Professors." "Daher aller dieser Aufwand strategischer Manoeuver, die man in der Hauptstadt entfaltet." "Daher der inkonstitutionelle Beschluß, der die Hälfte der Mobilgarde entläßt und die durch und durch demokratische Organisation dieses der Republik so ergebenen Corps wesentlich ändert." "Daher der ungewisse Zustand, in dem man die republikanische Garde läßt, die ebenfalls schuldig ist, ihr Blut für das Wohl des Vaterlandes vergossen zu haben." "Daher die fortwährenden Provokationen, die man durch alle Wege der Veröffentlichung, durch Ausstellung von Bildern, Portraits, auch der Scene gewisser Theater etc. etc. gegen diejenigen richtet, die der Republik aufrichtig zugethan sind." "Ja wahrlich, daran erkennen wir die Hand jener kürzlich noch getrennten, jetzt vereinigten Parteien, welche schon einmal, die Eine die Mordscenen des Südens (1815), die Andere die Schlächtereien der Rue Transnonain und Lyon organisirten!" Endlich also gehen dem National die Augen auf -- in demselben Moment, wo sie anfangen ihm überzugehen! Gestern noch wollte er keine Anklage gegen das Ministerium, heute entwirft er selbst einen Anklageakt, erklärt die Minister für Legitimisten, Orleanisten und Verräther an der Republik! Jetzt endlich, am Vorabend seines eigenen Sturzes, geht ihm ein Licht auf über den allmähligen, unaufhaltsamen Gang der Kontrerevolution, von der provisorischen Regierung zur Exekutivkommission, von der Exekutivkommission zu Cavaignac, von Cavaignac zu Bonaparte und Barrot, von Bonaparte und Barrot zu Heinrich V. Jetzt endlich ahnt er, welche Ernte ihm sein glorreicher Sieg vom Juni getragen hat: Die Wahrscheinlichkeit, daß ihm die Weißen oder die Rothen, die er beide benutzt, beide verrathen, den Kopf vor die Füße legen werden! Der National spielt die Rolle des betrogenen Betrügers, und die Nationalversammlung desgleichen. Und kann sie heute noch glauben, der Sieg der Revolution werde der Triumph der Nationalversammlung sein, so wird sie aus dieser Illusion gerissen werden, sobald die erste Patrone verbrannt ist. Endlich das Volk: Das Volk intriguirt nicht, renommirt nicht, lamentirt nicht. Das Volk ist herabgestiegen in die Straßen und betrachtet die Situation. Es wird nicht dulden, daß Royalisten oder Bonapartisten die Nationalversammlung auseinanderjagen; es hat noch für den 15. Mai 1848 seine Revanche zu nehmen und es wird sie selbst nehmen, ohne Beistand der Faktionen. Das ist die Situation am Abend des 29. Januar. Die Abstimmung über den Mathieu'schen Antrag ist noch nicht bekannt; sie mag ausfallen, wie sie will, so viel ist gewiß: wir stehen am Vorabend der dritten Phase der neuen französischen Revolution, einer Phase, die ganz andere Folgen haben wird, wie die erste vom Februar, und die Genugthuung geben wird für die Schmach, die der Revolution im und seit Juni angethan worden. 17 Paris, 29. Jan. So eben wird, um 11 Uhr, die Bürgerwehr zusammen getrommelt; das ist seit dem Juli wohl nicht mehr geschehen. Man hört, die Majorität in der Mobile sei wüthend über die sehr unpraktische Arrestation eines ihrer Chefs, wovon ich früher berichtet habe, und über die schnöde Antwort, die ein blödsinniger Präsident der Republik ihren gestrigen Deputationen gegeben. Mittags geht die Debatte über Rateau's Vorschlag los; es kann in der That sehr ernst und blutig ausfallen. Ich war gestern auf der Redaktion des Proudhon'schen Peuple; der Sekretär Darimon sagte mir, auf meine Frage, was ihm (d. h. eigentlich Proudhon) von der Situation dünke? "die Kammer gibt hoffentlich Montag nicht nach, aber die Reaktion auch nicht, folglich gibt es Waffenkonflikt." Gestern ward Barnabe Chauvelot, ein tüchtiger Klubredner, in seiner Behausung verhaftet; es lasten auf ihm wenigstens sechs Anklagen; Simon Bernard hatte an zwölf, immer eine verrückter als die andere, z. B. Angriff auf die republikanische Staatsform. Morgen wollen die Aristokratischen von der 1., 2. und 10. Bürgerwehrlegion, Einige sagen mit, Andere ohne Waffen, in corpore nach der Kammer ziehen und einen umgekehrten 15. Mai probiren, zu Gunsten des Kaiser- oder Königthums. Wir hoffen, daß es in jeder Hinsicht ein 15. Mai wird, daß diese privilegirte Brut dabei gerade so jämmerlich sich blamirt und auf den Hund bringt als die demokratische Partei es am 15. Mai that. Tritt die ganze Mobile, durch Gewissensbisse und Angst vor Hunger bei ihrer Verabschiedung, auf die Seite des Volkes, so ist Chance; die Linie wird alsdann gegen sie geschleudert, und vielleicht mit Absicht nährten die "großen jungen Politiker" Thiers, Barrot und Konsorten seit Monaten den Zwist zwischen Linie und Mobile. Bugeaud, Changarnier (Kommandant der pariser Bürgerwehr) die ganze brutale Meute, die aus gut abgerichteten, auf Königswort Order parirenden Generalen besteht, konspirirt von einem Ende Frankreichs zum andern; die Absetzungen während des Provisoriums waren pures Kinderspiel. "Die Guillotine wird viel aufzuräumen finden unter den Herren Militärkommandanten", sagte mir ein Klubchef, "das nächste Mal, nach dem nächsten Volkssiege, wird Herr Marschall Bugeaud nicht mehr Zeit haben seine Adhäsion an die neue Regierung zu kritzeln; dann wird das Volk ihm sagen: Volksverräther du, Vater- und Muttermörder, denn die Nation ist beides, du bist als Royalist der royalistischen Parriciden-Strafe im Code anheimgefallen: Zuerst deine rechte Hand ab, danach Kopf ab." Es ist außer Zweifel, daß die Redaktoren der Spitzbubenblätter während und nach dem Kampf über die Klinge springen müssen, was der "Corsaire" auch wittert, indem er heute heult: "Die Frage ist einfach gestellt: auf der einen Seite die Guillotine, auf der andern die Gesellschaft." Charakteristisch für die Situation ist folgende Stelle aus den "pariser Briefen", die Charles Paya in die demokratischen Provinzialjournale einrücken läßt und worin er scharf und sicher zeichnet: "Der Präsident Bonaparte ist natürlich wie belagert von der ansehnlichen Menge Leute, die seine Wahl betrieben. Täglich erscheinen Deputationen der Ortschaften bei ihm und verlangen als Lohn dies und das. Ihn verdrießt dies Leben, aber er muß aushalten. Die südlichen Provinzen besonders, fünf Stück, haben ihm eine komplette Gesandtschaft auf den Hals geschickt, die ihm erklärt, sie wünschten ihre aus der Zeit des Provisoriums stammenden republikanischen Beamten auf ein Mal gründlich los zu werden. Und da wird als Nachfolger im Amt stets ein fanatischer Anhänger Henri's V. oder Louis Philipp's vorgeschlagen; so im Departement der obern Garonne. Es ist gar traurig anzusehen. Und wer glaubt's, daß Napoleon Duchatel, ehemaliger Präfekt, der Dieses interessante Aktenstück, das eine der vielen praktischen Erläuterungen zu den sogen: „Grundrechten des deutschen Volkes“ bildet, steht im „Nürnb. Cour.“ Was die im verstehenden Dokument erwähnten „Excesse“ angeht, so bestanden sie darin, daß die Oberndorfer Trommeler eines Abends bei der Rückkehr von einem Verbrüderungsfeste gemeinschaftlich mit denen der Schweinfurter Stadtwehr durch die Stadt trommelten! Ungarn. Agram, 21. Januar. Das Assoziationswesen beginnt auch in Kroatien sich zu entwickeln und Früchte zu tragen. Das Beispiel der Slawenska Lipa in Agram ist nicht ohne Nachahmung in den andern Städten geblieben, und wir sehen jetzt politische Vereine in Orten entstehen, denen man sie nie vorhergesagt haben würde: Die in allen bedeutenden Flecken Kroatiens bestandenen Lesevereine, vor dem März der Sammelort der politischen Kräfte in den Umgebungen, verwandeln sich nun in Filialgesellschaften der Agramer Lipa, und verbreiten so die politische Bildung unter den gänzlich vernachlässigten Schichten der Landbevölkerung, die bisher, die Bauernedelleute ausgenommen, den politischen Bewegungen ganz fremd blieben. Die Bedeutung dieser Vereine wächst um so mehr, wenn man bedenkt, daß der Landtag so nahe bevorsteht und das Volk nicht unvorbereitet sein darf für Fragen, die es so nahe betreffen, und deren Lösung eine der vorzüglichsten Aufgaben der Landesbewohner bilden wird. (C. Bl. a. B.)Italien. 068 Turin, 27. Jan. Heute fand große Heerschau Statt um 1 Uhr Nachmittags. Der König schien sehr befriedigt. Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet: sie führten mit der größten Präcision die ihnen kommandirten Manöver aus. Man rief: „Es lebe der demokratische König! das Ministerium Gioberti, die Armee, Frankreich!“ General Pelet wohnte der Heerschau bei im Wagen des franz. Gesandten. 068 Turin, 24. Januar. Gioberti hat an den schweizer Bundesrath ein Schreiben gerichtet, worin er um die gewöhnliche Gastfreundschaft für die lombardischen Flüchtlinge nachsucht, welche zeitweilig einen Aufenthalt in den schweizer Kantonen zu nehmen gesonnen sein sollten. 068 Rom, 17. Jan. Durch die Bemühungen der Herren Manzoni und Mariani sind mehrere alte Schulden von der Staatskasse eingezogen worden. Die Regierung unternimmt nützliche öffentliche Arbeiten, um den armen Klassen Existenzmittel zu verschaffen. Der Finanzminister bereitet Reformen vor, um der Eintreibung der indirekten Steuern einen minder vexatorischen Charakter zu geben. * Rom, 21. Jan. Einige Soldaten haben eine reaktionäre Bewegung veranlaßt. Sie verlangten die Freilassung des Generals Zamboni (eines contrerevolutionären Verschwornen, dessen Verhaftung wir vorgestern meldeten). Doch die Dragoner und die Bürgerwehr machten dem bald ein Ende und verhafteten eine große Zahl der vom Absolutismus angeworbenen Emeutiers. * Rom, 21. Januar. Heute findet die Wahl 12 Deputirten für die italienische Nationalversammlung statt. Auch Toskana beschickt diese Nationalversammlung. Im Neapolitanischen große Gährung. Venedig, 2. Januar. Am Morgen des gestrigen Tages erschienen 200 Freiwillige aus Friaul, deren Anzahl bereits über 2000 Mann angewachsen ist. Das von Ravenna angekommene Dampfschiff Pio IX. brachte hierauf die officielle Nachricht: Ancona habe einstimmig beschlossen Venedig ein Kriegsdampfschiff als Neujahrsgeschenk zu verehren. Es brachte zugleich eine Anzahl Ballen Tuches zur Anschaffung von Wintermänteln für die hiesige Mannschaft, sowie Hemden, Strümpfe u. s. w., nebst einer bedeutenden Menge von Lebensmitteln als Geschenk des Kirchenstaats. Aus Florenz liefen heut sechzehntausend Zwanziger ein als erstes Resultat der in Toscana zu Gunsten Venedigs veranstalteten Sammlungen. In wenigen Tagen dürften auch aus Piemont Gelder einlaufen, da in Genua und Turin die für die Erlaßbillette der Neujahrsgratulationen eingegangenen Beiträge diese Bestimmung erhalten; sowie auch die von der Kammer in Turin votirte Summe einer monatlichen Unterstützung von sechshunderttausend Zwanzigern bis zur Beendigung des Krieges baldigst einzutreffen hat. Der großen Geldnoth, von der man jedoch außerhalb Venedigs mehr wissen will als wirklich an der Sache ist, wird dadurch auf längere Zeit hinaus gesteuert, da das Papiergeld allein schon bis Ende April ausreicht, und alle einlaufenden bestimmten und unbestimmten Beiträge dürften auf mehrere Monate eine neue Staatsanleihe unnöthig machen. — Ein eben erschienenes Gubernialdecret beruft eine permanente Assemblea der Volksrepräsentanten, die, mit unbeschränkten Vollmachten versehen, bei jeder erforderlichen Gelegenhenheit sich vereinigen wird. Die Repräsentanten werden durch allgemeines Stimmengeben nach der relativen Majorität bestimmt, wobei auf je 1500 Einwohner einer gewählt wird. Die Wahlen werden in eigenen hiezu ernannten Wahlbezirken, vierzehn an der Zahl, vorgenommen. Auf die Stadt Venedig kommen in acht Wahlbezirken 83 Deputirte; auf Chioggia 19; auf Burano, Mazzorbo, Torcello, Treporti und Cavallino 9; auf Murano 8; auf Pellestrina, Portosecco und St. Pietro in Volta 5; alle Abtheilungen der hiesigen Marine 4; auf sämmtliche hier anwesende Landtruppen 9; im ganzen also 128 Volksvertreter. Wähler sind nicht nur alle Eingebornen, sondern auch alle diejenigen die wenigstens seit sechs Monaten ihren Aufenthalt in Venedig haben, sowie alle in den verschiedenen Truppenabtheilungen befindlichen Fremden. Die Wahlen beginnen mit dem 20. Jan. und dauern drei Tage. — Uebrigens herrscht in Venedig vollkommene Ruhe. Vor allen ziehen die ungarischen Bewegungen die allgemeine Aufmerksamkeit und Theilnahme auf sich. (A. Z.)Schweiz. Tessin. Die neueste Nummer des „Republikano“ meldet: „Personen, welche vom Lago Maggiore herkommen, versichern, daß die Oesterreicher auf demselben Kreuzer aufgestellt haben und die Barken zu verfolgen anfangen, welche von Magadino nach dem piemontesischen Ufer fahren, wobei sie sich keineswegs auf ihre Gränzlinien beschränken, sondern den Schiffen selbst in den offenen See Kugeln nachschicken. Wir machen die Behörden, namentlich auch die eidgenössischen hierauf aufmerksam, damit die vielgerühmte Neutralität nicht lediglich zur Waffe gegen unglückliche und schwache Flüchtlinge werde.“ Französische Republik. 068 Paris, 29. Januar. Der Vorabend des Kampfs ist da; die Parteien stehen sich, Gewehr im Arm, gegenüber. Auf der einen Seite die Legitimisten, Orleanisten, Bonapartisten, auf der andern die trikoloren und rothen Republikaner. Die Einen verschanzen sich hinter den Präsidenten, den „Erwählten der 6 Millionen“, die Andern hinter die souverän-konstituirende Nationalversammlung; die Einen rechnen auf die Armee und die drei royalistischen Legionen (1ste, 2te und 10te), die Andern auf die republikanische und Mobilgarde, auf die drei republikanischen Legionen (4te, 5te und 9te) und auf das im Juni entwaffnete Volk. Es handelt sich nicht mehr um die Schließung der Clubs, um die Auflösung der Versammlung und dergleichen Lappalien; es handelt sich um die weiße Monarchie oder die rothe Republik. Der Sieg — er ist nicht zweifelhaft — mag ausfallen, wie er will: die jetzigen offiziellen Mächte sind verloren. Der Präsident bildet sich ein, der Staatsstreich geschehe zu seinen Gunsten. Und doch denkt Niemand weniger an ein bonapartistisches Kaiserthum als die Leute, die zum Staatsstreich drängen: die Legitimisten. Gelingt der Coup, so wird Louis Napoleon bei Seite geworfen, wie eine ausgequetschte Citrone, und kann sich glücklich schätzen, wenn man ihm erlaubt, seiner Wege zu gehen. Und der einfältige Pinsel bildet sich ein, der ganze Spektakel werde zu seinem Privatvergnügen organisirt! Die Nationalversammlung glaubt für ihr souveränes Recht, für ihre Existenz gegen den Staatsstreich zu kämpfen; und erreicht sie ihren Zweck, stürzen Napoleon, Barrot und die hinter ihnen stehenden bourbonischen Faktionen vor der Achtserklärung der Versammlung und vor dem Zorn des verrathenen Volks, so stürzt die Verlammlung ihnen gleich nach. Der Staatsstreich kann nur von der Revolution erstickt werden, und die Revolution hat zur ersten Bedingung, daß die Chefs der Rothen an die Spitze treten. Siegt die Revolution, so jagen die Rothen die Versammlung ebenso auseinander, wie die Kammer am 24. Februar. Und die Versammlung bildet sich ein, die Revolution werde zu ihrem Profit gemacht! Präsident und Versammlung sind nur die Vorwände für beide Parteien — ist der Kampf einmal losgebrochen, so wirft man sie fort und entfaltet die wirkliche, die eigne Fahne. Hier die weiße, dort die rothe; vor diesen einfachen Parteisymbolen verschwindet der bunte dreifarbige Lappen der „honetten Republik.“ — Daß es auf der einen Seite sich durchaus nicht um den Präsidenten, sondern um Niemand anders als Heinrich V. handelt, beweist die Unverschämtheit, mit der plötzlich die legitimistische Konspiration an's helle Tageslicht tritt. Die Herrlichkeiten der gottbegnadeten Monarchie unter dem „Enkel des heiligen Ludwig“ werden offen in den Straßen von Paris gepredigt, vom Lande gar nicht zu reden. Auf demselben Platz Maubert, im Arbeiter-Faubourg St. Jacques, den die Juni-Insurgenten mit solchem Heldenmuth drei Tage lang gegen die Henker Cavaignac's behaupteten, auf demselben Platz werden jetzt, trotz dem Gesetz gegen die Zusammenschaarungen, täglich öffentliche legitimistische Meetings gehalten. In diesem improvisirten Club treten Redner auf, der Kleidung nach Arbeiter, der Sprache nach gebildete Leute, die die Tugenden Heinrichs V. mit den schönsten Farben ausmalen. Sie haben ihre Claque, die bei den prächtigsten Kraftstellen klatscht. Die Wohlthätigkeits-Büreaus, ein Pfaffen-Institut, geben den Arbeitern nur Unterstützung, wenn sie sich verpflichten diese „Clubs“ zu besuchen und für die gute Sache Propaganda zu machen. Das ist ein Beispiel davon, wie es die Legitimisten am offnen Tage treiben. Im Geheimen wird noch ganz anders intriguirt. Changarnier, der Befehlshaber über 300,000 Mann in und vor Paris, der militärische Arm des Präsidenten, ist Legitimist. Er möchte der Monk werden, der den impotenten Richard Cromwell von 1848 stürzt und den rechten Thronerben zurückführt. Daß Bugeaud, Thiers, Odilon Barrot und alle Minister im Komplott sind, ist nicht zu bezweifeln. Falloux, der Unterrichtsminister, war von jeher Legitimist, Thiers, der hinter dem Ministerium steht, soll es in der letzten Zeit geworden sein. Und der Tölpel Bonaparte glaubt, alle diese Verräther agirten in seinem Interesse! „Die Gesetzlichkeit tödtet uns!“ ruft Odilon Barrot jetzt bereits aus. Seine Freunde erklären offen, daß eine blutige Kollision hervorgerufen werden muß, damit man das Vaterland (nicht die Republik, wohl zu verstehn) in Gefahr erklären, den Belagerungszustand proklamiren, die demokratischen Journale unterdrücken, die Redakteure verhaften kann. So meldet die „République.“ Auch Napoleon konspirirt. Es besteht eine geheime Gesellschaft: in jedem Arrondissement ist ein Chef, der 10 Unterchefs unter sich hat, jeder von diesen verfügt über 10 Wahlchefs, und jeder Wahlchef hat wieder 10 Unterwahlchefs, Führer von 10 Mann unter sich. Wären die Cadres voll, so ständen Napoleon in jedem Arrondissement zehntausend, in ganz Paris 120,000 Verschworne zur Verfügung. Ob die Cadres voll und wie viel verkappte Legitimisten, Rothe etc. darunter sind, wird nicht gesagt. Die „République“ erklärt sich bereit, wenn Herr Léon Faucher es wünsche, noch andre Details zu geben. Welche Aussichten die monarchische Restauration hat, geht daraus hervor, daß auch der „Siècle“ jetzt offen für sie auftritt, der bis vorgestern noch der beste Freund des National war und von allen Republikanern des folgenden Tages mit seinen königlichen Gelüsten am meisten zurückhielt. Der „Siècle erklärt, die Mobilgarde habe komplottirt gegen Changarnier — und Mobilgarde ist heute gleichbedeutend mit Republik, wie Changarnier mit Restauration. Die „Liberté“ predigt ebenfalls von der Nothwendigkeit einer „geheiligten Person“ an der Spitze des Staats, mit zwei gesetzgebenden Kammern. Und die Versammlung? Ihre Hoffnungen und Befürchtungen spiegeln sich am getreusten ab im National. Man bedenke, daß alle hier citirten Journalstellen am 28., den Abend vor der allgemeinen Aufregung und den Militärdemonstrationen von heute geschrieben sind. „Sollten wir zu jenen schlimmen Tagen der Monarchie zurückgekehrt sein, wo eine in der öffentlichen Meinung diskreditirte, in der Kammer geschlagene, dem Lande verdächtige Regierung durch die Gewalt ein schon verurtheiltes System aufzudringen versuchen sollte? Was bedeuten diese Vorsichtsmaßregeln, die man gegen eine friedliche Bevölkerung nimmt? Wozu diese Truppenanhäufungen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt? Wo hat man die Vorzeichen einer Schlacht gesehn, daß man Paris in einen Waffenplatz verwandelt? Wir befragen vergebens den Horizont, wir finden nirgends eine Rechtfertigung der herausfordernden Stellung, die das Ministerium seit einigen Tagen anzunehmen scheint. Hoffte man etwa, daß die Bürger, in gerechter Aufregung wegen des verfassungswidrigen Versuchs der Minister, unter dem Einfluß ihrer Entrüstung einen Kampf mit bewaffneter Hand hervorrufen würden? Dieser Plan, wenn er existirte, ist gescheitert.“ So fängt der National von heute an. Man sieht, er weiß recht gut, woran er ist. Nachher heißt es: „Es handelt sich jetzt um ganz andre Dinge, als um die organischen Gesetze; es handelt sich darum, daß die Versammlung sich zwischen die Reaktion, die die Gewalt in Händen hat und das beunruhigte, erzürnte, aber durch Vertrauen auf seine Abgeordneten zurückgehaltene Volk stelle!“ Und in einem zweiten Artikel: „Wir glauben, und nicht wir allein, an die Existenz eines umfassenden und tief angelegten Komplotts, welches die Ruhe Frankreichs und die Republik bedroht.“ „Das Ministerium und die großen Staatsmänner, seine Vormünder, zurückgestoßen durch die Nationalversammlung, fühlen, wie die Gewalt durch das regelmäßige Spiel unsrer Institutionen ihren Händen entschlüpft, und möchten jetzt Frankreich beweisen, daß es ihre Impotenz nicht entbehren kann. Ein Konflikt zwischen den beiden Staatsgewalten, eine Kollision in den Straßen würde ihren Plänen herrlich dienen.“ „Daher jener Krieg der Petitionen, der Beleidigungen, der Verläumdungen gegen die Nat.-Versammlung und die Republik.“ „Daher jene der Versammlung in der unverschämtesten Weise durch Hrn. Barrot hingeworfenen Herausforderung bei Gelegenheit der Proposition Rateau.“ „Daher der von Hrn. Lèon Faucher vorgestern auf die Tribune gebrachte und sofort durch die Majorität gebrandmarkte Gesetzentwurf.“ „Daher die ministeriellen Thaten des Herrn von Falloux, die Absetzungen, die die Herren Barrot und Faucher für gut fanden.“ „Daher die Versuche zur Wiedereröffnung der Vorlesungen eines unsren Studenten mit Recht verhaßten Professors.“ „Daher aller dieser Aufwand strategischer Manoeuver, die man in der Hauptstadt entfaltet.“ „Daher der inkonstitutionelle Beschluß, der die Hälfte der Mobilgarde entläßt und die durch und durch demokratische Organisation dieses der Republik so ergebenen Corps wesentlich ändert.“ „Daher der ungewisse Zustand, in dem man die republikanische Garde läßt, die ebenfalls schuldig ist, ihr Blut für das Wohl des Vaterlandes vergossen zu haben.“ „Daher die fortwährenden Provokationen, die man durch alle Wege der Veröffentlichung, durch Ausstellung von Bildern, Portraits, auch der Scene gewisser Theater etc. etc. gegen diejenigen richtet, die der Republik aufrichtig zugethan sind.“ „Ja wahrlich, daran erkennen wir die Hand jener kürzlich noch getrennten, jetzt vereinigten Parteien, welche schon einmal, die Eine die Mordscenen des Südens (1815), die Andere die Schlächtereien der Rue Transnonain und Lyon organisirten!“ Endlich also gehen dem National die Augen auf — in demselben Moment, wo sie anfangen ihm überzugehen! Gestern noch wollte er keine Anklage gegen das Ministerium, heute entwirft er selbst einen Anklageakt, erklärt die Minister für Legitimisten, Orleanisten und Verräther an der Republik! Jetzt endlich, am Vorabend seines eigenen Sturzes, geht ihm ein Licht auf über den allmähligen, unaufhaltsamen Gang der Kontrerevolution, von der provisorischen Regierung zur Exekutivkommission, von der Exekutivkommission zu Cavaignac, von Cavaignac zu Bonaparte und Barrot, von Bonaparte und Barrot zu Heinrich V. Jetzt endlich ahnt er, welche Ernte ihm sein glorreicher Sieg vom Juni getragen hat: Die Wahrscheinlichkeit, daß ihm die Weißen oder die Rothen, die er beide benutzt, beide verrathen, den Kopf vor die Füße legen werden! Der National spielt die Rolle des betrogenen Betrügers, und die Nationalversammlung desgleichen. Und kann sie heute noch glauben, der Sieg der Revolution werde der Triumph der Nationalversammlung sein, so wird sie aus dieser Illusion gerissen werden, sobald die erste Patrone verbrannt ist. Endlich das Volk: Das Volk intriguirt nicht, renommirt nicht, lamentirt nicht. Das Volk ist herabgestiegen in die Straßen und betrachtet die Situation. Es wird nicht dulden, daß Royalisten oder Bonapartisten die Nationalversammlung auseinanderjagen; es hat noch für den 15. Mai 1848 seine Revanche zu nehmen und es wird sie selbst nehmen, ohne Beistand der Faktionen. Das ist die Situation am Abend des 29. Januar. Die Abstimmung über den Mathieu'schen Antrag ist noch nicht bekannt; sie mag ausfallen, wie sie will, so viel ist gewiß: wir stehen am Vorabend der dritten Phase der neuen französischen Revolution, einer Phase, die ganz andere Folgen haben wird, wie die erste vom Februar, und die Genugthuung geben wird für die Schmach, die der Revolution im und seit Juni angethan worden. 17 Paris, 29. Jan. So eben wird, um 11 Uhr, die Bürgerwehr zusammen getrommelt; das ist seit dem Juli wohl nicht mehr geschehen. Man hört, die Majorität in der Mobile sei wüthend über die sehr unpraktische Arrestation eines ihrer Chefs, wovon ich früher berichtet habe, und über die schnöde Antwort, die ein blödsinniger Präsident der Republik ihren gestrigen Deputationen gegeben. Mittags geht die Debatte über Rateau's Vorschlag los; es kann in der That sehr ernst und blutig ausfallen. Ich war gestern auf der Redaktion des Proudhon'schen Peuple; der Sekretär Darimon sagte mir, auf meine Frage, was ihm (d. h. eigentlich Proudhon) von der Situation dünke? „die Kammer gibt hoffentlich Montag nicht nach, aber die Reaktion auch nicht, folglich gibt es Waffenkonflikt.“ Gestern ward Barnabé Chauvelot, ein tüchtiger Klubredner, in seiner Behausung verhaftet; es lasten auf ihm wenigstens sechs Anklagen; Simon Bernard hatte an zwölf, immer eine verrückter als die andere, z. B. Angriff auf die republikanische Staatsform. Morgen wollen die Aristokratischen von der 1., 2. und 10. Bürgerwehrlegion, Einige sagen mit, Andere ohne Waffen, in corpore nach der Kammer ziehen und einen umgekehrten 15. Mai probiren, zu Gunsten des Kaiser- oder Königthums. Wir hoffen, daß es in jeder Hinsicht ein 15. Mai wird, daß diese privilegirte Brut dabei gerade so jämmerlich sich blamirt und auf den Hund bringt als die demokratische Partei es am 15. Mai that. Tritt die ganze Mobile, durch Gewissensbisse und Angst vor Hunger bei ihrer Verabschiedung, auf die Seite des Volkes, so ist Chance; die Linie wird alsdann gegen sie geschleudert, und vielleicht mit Absicht nährten die „großen jungen Politiker“ Thiers, Barrot und Konsorten seit Monaten den Zwist zwischen Linie und Mobile. Bugeaud, Changarnier (Kommandant der pariser Bürgerwehr) die ganze brutale Meute, die aus gut abgerichteten, auf Königswort Order parirenden Generalen besteht, konspirirt von einem Ende Frankreichs zum andern; die Absetzungen während des Provisoriums waren pures Kinderspiel. „Die Guillotine wird viel aufzuräumen finden unter den Herren Militärkommandanten“, sagte mir ein Klubchef, „das nächste Mal, nach dem nächsten Volkssiege, wird Herr Marschall Bugeaud nicht mehr Zeit haben seine Adhäsion an die neue Regierung zu kritzeln; dann wird das Volk ihm sagen: Volksverräther du, Vater- und Muttermörder, denn die Nation ist beides, du bist als Royalist der royalistischen Parriciden-Strafe im Code anheimgefallen: Zuerst deine rechte Hand ab, danach Kopf ab.“ Es ist außer Zweifel, daß die Redaktoren der Spitzbubenblätter während und nach dem Kampf über die Klinge springen müssen, was der „Corsaire“ auch wittert, indem er heute heult: „Die Frage ist einfach gestellt: auf der einen Seite die Guillotine, auf der andern die Gesellschaft.“ Charakteristisch für die Situation ist folgende Stelle aus den „pariser Briefen“, die Charles Paya in die demokratischen Provinzialjournale einrücken läßt und worin er scharf und sicher zeichnet: „Der Präsident Bonaparte ist natürlich wie belagert von der ansehnlichen Menge Leute, die seine Wahl betrieben. Täglich erscheinen Deputationen der Ortschaften bei ihm und verlangen als Lohn dies und das. Ihn verdrießt dies Leben, aber er muß aushalten. Die südlichen Provinzen besonders, fünf Stück, haben ihm eine komplette Gesandtschaft auf den Hals geschickt, die ihm erklärt, sie wünschten ihre aus der Zeit des Provisoriums stammenden republikanischen Beamten auf ein Mal gründlich los zu werden. Und da wird als Nachfolger im Amt stets ein fanatischer Anhänger Henri's V. oder Louis Philipp's vorgeschlagen; so im Departement der obern Garonne. Es ist gar traurig anzusehen. Und wer glaubt's, daß Napoleon Duchatel, ehemaliger Präfekt, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar210_014" type="jArticle"> <pb facs="#f0003" n="1153"/> <p>Dieses interessante Aktenstück, das eine der vielen praktischen Erläuterungen zu den sogen: „Grundrechten des deutschen Volkes“ bildet, steht im „Nürnb. Cour.“</p> <p>Was die im verstehenden Dokument erwähnten „Excesse“ angeht, so bestanden sie darin, daß die Oberndorfer Trommeler eines Abends bei der Rückkehr von einem Verbrüderungsfeste gemeinschaftlich mit denen der Schweinfurter Stadtwehr durch die Stadt trommelten!</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar210_015" type="jArticle"> <head>Agram, 21. Januar.</head> <p>Das Assoziationswesen beginnt auch in Kroatien sich zu entwickeln und Früchte zu tragen. Das Beispiel der Slawenska Lipa in Agram ist nicht ohne Nachahmung in den andern Städten geblieben, und wir sehen jetzt politische Vereine in Orten entstehen, denen man sie nie vorhergesagt haben würde: Die in allen bedeutenden Flecken Kroatiens bestandenen Lesevereine, vor dem März der Sammelort der politischen Kräfte in den Umgebungen, verwandeln sich nun in Filialgesellschaften der Agramer Lipa, und verbreiten so die politische Bildung unter den gänzlich vernachlässigten Schichten der Landbevölkerung, die bisher, die Bauernedelleute ausgenommen, den politischen Bewegungen ganz fremd blieben. Die Bedeutung dieser Vereine wächst um so mehr, wenn man bedenkt, daß der Landtag so nahe bevorsteht und das Volk nicht unvorbereitet sein darf für Fragen, die es so nahe betreffen, und deren Lösung eine der vorzüglichsten Aufgaben der Landesbewohner bilden wird.</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar210_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Turin, 27. Jan.</head> <p>Heute fand große Heerschau Statt um 1 Uhr Nachmittags. Der König schien sehr befriedigt. Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet: sie führten mit der größten Präcision die ihnen kommandirten Manöver aus. Man rief: „Es lebe der demokratische König! das Ministerium Gioberti, die Armee, Frankreich!“ General Pelet wohnte der Heerschau bei im Wagen des franz. Gesandten.</p> </div> <div xml:id="ar210_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Turin, 24. Januar.</head> <p>Gioberti hat an den schweizer Bundesrath ein Schreiben gerichtet, worin er um die gewöhnliche Gastfreundschaft für die lombardischen Flüchtlinge nachsucht, welche zeitweilig einen Aufenthalt in den schweizer Kantonen zu nehmen gesonnen sein sollten.</p> </div> <div xml:id="ar210_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Rom, 17. Jan.</head> <p>Durch die Bemühungen der Herren Manzoni und Mariani sind mehrere alte Schulden von der Staatskasse eingezogen worden. Die Regierung unternimmt nützliche öffentliche Arbeiten, um den armen Klassen Existenzmittel zu verschaffen. Der Finanzminister bereitet Reformen vor, um der Eintreibung der indirekten Steuern einen minder vexatorischen Charakter zu geben.</p> </div> <div xml:id="ar210_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 21. Jan.</head> <p>Einige Soldaten haben eine reaktionäre Bewegung veranlaßt. Sie verlangten die Freilassung des Generals Zamboni (eines contrerevolutionären Verschwornen, dessen Verhaftung wir vorgestern meldeten). Doch die Dragoner und die Bürgerwehr machten dem bald ein Ende und verhafteten eine große Zahl der vom Absolutismus angeworbenen Emeutiers.</p> </div> <div xml:id="ar210_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 21. Januar.</head> <p>Heute findet die Wahl 12 Deputirten für die italienische Nationalversammlung statt. Auch Toskana beschickt diese Nationalversammlung.</p> <p>Im Neapolitanischen große Gährung.</p> </div> <div xml:id="ar210_021" type="jArticle"> <head>Venedig, 2. Januar.</head> <p>Am Morgen des gestrigen Tages erschienen 200 Freiwillige aus Friaul, deren Anzahl bereits über 2000 Mann angewachsen ist. Das von Ravenna angekommene Dampfschiff Pio IX. brachte hierauf die officielle Nachricht: Ancona habe einstimmig beschlossen Venedig ein Kriegsdampfschiff als Neujahrsgeschenk zu verehren. Es brachte zugleich eine Anzahl Ballen Tuches zur Anschaffung von Wintermänteln für die hiesige Mannschaft, sowie Hemden, Strümpfe u. s. w., nebst einer bedeutenden Menge von Lebensmitteln als Geschenk des Kirchenstaats. Aus Florenz liefen heut sechzehntausend Zwanziger ein als erstes Resultat der in Toscana zu Gunsten Venedigs veranstalteten Sammlungen. In wenigen Tagen dürften auch aus Piemont Gelder einlaufen, da in Genua und Turin die für die Erlaßbillette der Neujahrsgratulationen eingegangenen Beiträge diese Bestimmung erhalten; sowie auch die von der Kammer in Turin votirte Summe einer monatlichen Unterstützung von sechshunderttausend Zwanzigern bis zur Beendigung des Krieges baldigst einzutreffen hat. Der großen Geldnoth, von der man jedoch außerhalb Venedigs mehr wissen will als wirklich an der Sache ist, wird dadurch auf längere Zeit hinaus gesteuert, da das Papiergeld allein schon bis Ende April ausreicht, und alle einlaufenden bestimmten und unbestimmten Beiträge dürften auf mehrere Monate eine neue Staatsanleihe unnöthig machen. — Ein eben erschienenes Gubernialdecret beruft eine permanente Assemblea der Volksrepräsentanten, die, mit unbeschränkten Vollmachten versehen, bei jeder erforderlichen Gelegenhenheit sich vereinigen wird. Die Repräsentanten werden durch allgemeines Stimmengeben nach der relativen Majorität bestimmt, wobei auf je 1500 Einwohner einer gewählt wird. Die Wahlen werden in eigenen hiezu ernannten Wahlbezirken, vierzehn an der Zahl, vorgenommen. Auf die Stadt Venedig kommen in acht Wahlbezirken 83 Deputirte; auf Chioggia 19; auf Burano, Mazzorbo, Torcello, Treporti und Cavallino 9; auf Murano 8; auf Pellestrina, Portosecco und St. Pietro in Volta 5; alle Abtheilungen der hiesigen Marine 4; auf sämmtliche hier anwesende Landtruppen 9; im ganzen also 128 Volksvertreter. Wähler sind nicht nur alle Eingebornen, sondern auch alle diejenigen die wenigstens seit sechs Monaten ihren Aufenthalt in Venedig haben, sowie alle in den verschiedenen Truppenabtheilungen befindlichen Fremden. Die Wahlen beginnen mit dem 20. Jan. und dauern drei Tage. — Uebrigens herrscht in Venedig vollkommene Ruhe. Vor allen ziehen die ungarischen Bewegungen die allgemeine Aufmerksamkeit und Theilnahme auf sich.</p> <bibl>(A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar210_022" type="jArticle"> <head>Tessin.</head> <p>Die neueste Nummer des „Republikano“ meldet: „Personen, welche vom Lago Maggiore herkommen, versichern, daß die Oesterreicher auf demselben Kreuzer aufgestellt haben und die Barken zu verfolgen anfangen, welche von Magadino nach dem piemontesischen Ufer fahren, wobei sie sich keineswegs auf ihre Gränzlinien beschränken, sondern den Schiffen selbst in den offenen See Kugeln nachschicken. Wir machen die Behörden, namentlich auch die eidgenössischen hierauf aufmerksam, damit die vielgerühmte Neutralität nicht lediglich zur Waffe gegen unglückliche und schwache Flüchtlinge werde.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar210_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Paris, 29. Januar.</head> <p>Der Vorabend des Kampfs ist da; die Parteien stehen sich, Gewehr im Arm, gegenüber. Auf der einen Seite die Legitimisten, Orleanisten, Bonapartisten, auf der andern die trikoloren und rothen Republikaner. Die Einen verschanzen sich hinter den Präsidenten, den „Erwählten der 6 Millionen“, die Andern hinter die souverän-konstituirende Nationalversammlung; die Einen rechnen auf die Armee und die drei royalistischen Legionen (1ste, 2te und 10te), die Andern auf die republikanische und Mobilgarde, auf die drei republikanischen Legionen (4te, 5te und 9te) und auf das im Juni entwaffnete Volk.</p> <p>Es handelt sich nicht mehr um die Schließung der Clubs, um die Auflösung der Versammlung und dergleichen Lappalien; es handelt sich um die <hi rendition="#g">weiße Monarchie</hi> oder die <hi rendition="#g">rothe Republik</hi>. Der Sieg — er ist nicht zweifelhaft — mag ausfallen, wie er will: die jetzigen offiziellen Mächte sind verloren.</p> <p>Der <hi rendition="#g">Präsident</hi> bildet sich ein, der Staatsstreich geschehe zu <hi rendition="#g">seinen</hi> Gunsten. Und doch denkt Niemand weniger an ein bonapartistisches Kaiserthum als die Leute, die zum Staatsstreich drängen: die <hi rendition="#g">Legitimisten</hi>. Gelingt der Coup, so wird Louis Napoleon bei Seite geworfen, wie eine ausgequetschte Citrone, und kann sich glücklich schätzen, wenn man ihm erlaubt, seiner Wege zu gehen. Und der einfältige Pinsel bildet sich ein, der ganze Spektakel werde zu seinem Privatvergnügen organisirt!</p> <p>Die <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi> glaubt für ihr souveränes Recht, für ihre Existenz gegen den Staatsstreich zu kämpfen; und erreicht sie ihren Zweck, stürzen Napoleon, Barrot und die hinter ihnen stehenden bourbonischen Faktionen vor der Achtserklärung der Versammlung und vor dem Zorn des verrathenen Volks, so stürzt die Verlammlung ihnen gleich nach. Der Staatsstreich kann nur von der Revolution erstickt werden, und die Revolution hat zur ersten Bedingung, daß <hi rendition="#g">die Chefs der Rothen</hi> an die Spitze treten. Siegt die Revolution, so jagen die Rothen die Versammlung ebenso auseinander, wie die Kammer am 24. Februar. Und die Versammlung bildet sich ein, die Revolution werde zu ihrem Profit gemacht!</p> <p>Präsident und Versammlung sind nur die <hi rendition="#g">Vorwände</hi> für beide Parteien — ist der Kampf einmal losgebrochen, so wirft man sie fort und entfaltet die wirkliche, die eigne Fahne. Hier die weiße, dort die rothe; vor diesen einfachen Parteisymbolen verschwindet der bunte dreifarbige Lappen der „honetten Republik.“ —</p> <p>Daß es auf der einen Seite sich durchaus nicht um den Präsidenten, sondern um Niemand anders als Heinrich V. handelt, beweist die Unverschämtheit, mit der plötzlich die legitimistische Konspiration an's helle Tageslicht tritt. Die Herrlichkeiten der gottbegnadeten Monarchie unter dem „Enkel des heiligen Ludwig“ werden offen in den Straßen von Paris gepredigt, vom Lande gar nicht zu reden. Auf demselben Platz Maubert, im Arbeiter-Faubourg St. Jacques, den die Juni-Insurgenten mit solchem Heldenmuth drei Tage lang gegen die Henker Cavaignac's behaupteten, auf demselben Platz werden jetzt, trotz dem Gesetz gegen die Zusammenschaarungen, täglich öffentliche legitimistische Meetings gehalten. In diesem improvisirten Club treten Redner auf, der Kleidung nach Arbeiter, der Sprache nach gebildete Leute, die die Tugenden Heinrichs V. mit den schönsten Farben ausmalen. Sie haben ihre Claque, die bei den prächtigsten Kraftstellen klatscht. Die Wohlthätigkeits-Büreaus, ein Pfaffen-Institut, geben den Arbeitern nur Unterstützung, wenn sie sich verpflichten diese „Clubs“ zu besuchen und für die gute Sache Propaganda zu machen.</p> <p>Das ist ein Beispiel davon, wie es die Legitimisten am offnen Tage treiben. Im Geheimen wird noch ganz anders intriguirt. Changarnier, der Befehlshaber über 300,000 Mann in und vor Paris, der militärische Arm des Präsidenten, ist Legitimist. Er möchte der <hi rendition="#g">Monk</hi> werden, der den impotenten Richard Cromwell von 1848 stürzt und den rechten Thronerben zurückführt. Daß Bugeaud, Thiers, Odilon Barrot und alle Minister im Komplott sind, ist nicht zu bezweifeln. Falloux, der Unterrichtsminister, war von jeher Legitimist, Thiers, der hinter dem Ministerium steht, soll es in der letzten Zeit geworden sein. Und der Tölpel Bonaparte glaubt, alle diese Verräther agirten in seinem Interesse!</p> <p>„Die Gesetzlichkeit tödtet uns!“ ruft Odilon Barrot jetzt bereits aus. Seine Freunde erklären offen, daß eine blutige Kollision hervorgerufen werden muß, damit man das Vaterland (nicht die Republik, wohl zu verstehn) in Gefahr erklären, den Belagerungszustand proklamiren, die demokratischen Journale unterdrücken, die Redakteure verhaften kann. So meldet die „République.“</p> <p>Auch Napoleon konspirirt. Es besteht eine geheime Gesellschaft: in jedem Arrondissement ist ein Chef, der 10 Unterchefs unter sich hat, jeder von diesen verfügt über 10 Wahlchefs, und jeder Wahlchef hat wieder 10 Unterwahlchefs, Führer von 10 Mann unter sich. Wären die Cadres voll, so ständen Napoleon in jedem Arrondissement zehntausend, in ganz Paris 120,000 Verschworne zur Verfügung. Ob die Cadres voll und wie viel verkappte Legitimisten, Rothe etc. darunter sind, wird nicht gesagt. Die „République“ erklärt sich bereit, wenn Herr Léon Faucher es wünsche, noch andre Details zu geben.</p> <p>Welche Aussichten die monarchische Restauration hat, geht daraus hervor, daß auch der „Siècle“ jetzt offen für sie auftritt, der bis vorgestern noch der beste Freund des National war und von allen Republikanern des folgenden Tages mit seinen königlichen Gelüsten am meisten zurückhielt. Der „Siècle erklärt, die Mobilgarde habe komplottirt gegen Changarnier — und Mobilgarde ist heute gleichbedeutend mit Republik, wie Changarnier mit Restauration.</p> <p>Die „Liberté“ predigt ebenfalls von der Nothwendigkeit einer „geheiligten Person“ an der Spitze des Staats, mit zwei gesetzgebenden Kammern.</p> <p>Und die Versammlung? Ihre Hoffnungen und Befürchtungen spiegeln sich am getreusten ab im National.</p> <p>Man bedenke, daß alle hier citirten Journalstellen am 28., den Abend <hi rendition="#g">vor</hi> der allgemeinen Aufregung und den Militärdemonstrationen von heute geschrieben sind.</p> <p>„Sollten wir zu jenen schlimmen Tagen der Monarchie zurückgekehrt sein, wo eine in der öffentlichen Meinung diskreditirte, in der Kammer geschlagene, dem Lande verdächtige Regierung durch die Gewalt ein schon verurtheiltes System aufzudringen versuchen sollte? Was bedeuten diese Vorsichtsmaßregeln, die man gegen eine friedliche Bevölkerung nimmt? Wozu diese Truppenanhäufungen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt? Wo hat man die Vorzeichen einer Schlacht gesehn, daß man Paris in einen Waffenplatz verwandelt? Wir befragen vergebens den Horizont, wir finden nirgends eine Rechtfertigung der herausfordernden Stellung, die das Ministerium seit einigen Tagen anzunehmen scheint. Hoffte man etwa, daß die Bürger, in gerechter Aufregung wegen des verfassungswidrigen Versuchs der Minister, unter dem Einfluß ihrer Entrüstung einen Kampf mit bewaffneter Hand hervorrufen würden? Dieser Plan, wenn er existirte, ist gescheitert.“</p> <p>So fängt der National von heute an. Man sieht, er weiß recht gut, woran er ist. Nachher heißt es:</p> <p>„Es handelt sich jetzt um ganz andre Dinge, als um die organischen Gesetze; es handelt sich darum, daß die Versammlung sich zwischen die Reaktion, die die <hi rendition="#g">Gewalt in Händen</hi> hat und das beunruhigte, erzürnte, aber durch Vertrauen auf seine Abgeordneten zurückgehaltene <hi rendition="#g">Volk</hi> stelle!“</p> <p>Und in einem zweiten Artikel:</p> <p>„Wir glauben, und nicht wir allein, an die Existenz eines umfassenden und tief angelegten <hi rendition="#g">Komplotts,</hi> welches die Ruhe Frankreichs und die Republik bedroht.“</p> <p>„Das Ministerium und die großen Staatsmänner, seine Vormünder, zurückgestoßen durch die Nationalversammlung, fühlen, wie die Gewalt durch das regelmäßige Spiel unsrer Institutionen ihren Händen entschlüpft, und möchten jetzt Frankreich beweisen, daß es ihre Impotenz nicht entbehren kann. Ein Konflikt zwischen den beiden Staatsgewalten, eine Kollision in den Straßen würde ihren Plänen herrlich dienen.“</p> <p>„Daher jener Krieg der Petitionen, der Beleidigungen, der Verläumdungen gegen die Nat.-Versammlung und die Republik.“</p> <p>„Daher jene der Versammlung in der unverschämtesten Weise durch Hrn. Barrot hingeworfenen Herausforderung bei Gelegenheit der Proposition Rateau.“</p> <p>„Daher der von Hrn. Lèon Faucher vorgestern auf die Tribune gebrachte und sofort durch die Majorität gebrandmarkte Gesetzentwurf.“</p> <p>„Daher die ministeriellen Thaten des Herrn von Falloux, die Absetzungen, die die Herren Barrot und Faucher für gut fanden.“</p> <p>„Daher die Versuche zur Wiedereröffnung der Vorlesungen eines unsren Studenten mit Recht verhaßten Professors.“</p> <p>„Daher aller dieser Aufwand strategischer Manoeuver, die man in der Hauptstadt entfaltet.“</p> <p>„Daher der inkonstitutionelle Beschluß, der die Hälfte der Mobilgarde entläßt und die durch und durch demokratische Organisation dieses der Republik so ergebenen Corps wesentlich ändert.“</p> <p>„Daher der ungewisse Zustand, in dem man die republikanische Garde läßt, die ebenfalls schuldig ist, ihr Blut für das Wohl des Vaterlandes vergossen zu haben.“</p> <p>„Daher die fortwährenden Provokationen, die man durch alle Wege der Veröffentlichung, durch Ausstellung von Bildern, Portraits, auch der Scene gewisser Theater etc. etc. gegen diejenigen richtet, die der Republik aufrichtig zugethan sind.“</p> <p>„Ja wahrlich, daran erkennen wir die Hand jener kürzlich noch getrennten, jetzt vereinigten Parteien, welche schon einmal, die Eine die Mordscenen des Südens (1815), die Andere die Schlächtereien der Rue Transnonain und Lyon organisirten!“</p> <p>Endlich also gehen dem National die Augen auf — in demselben Moment, wo sie anfangen ihm überzugehen! Gestern noch wollte er keine Anklage gegen das Ministerium, heute entwirft er selbst einen Anklageakt, erklärt die Minister für Legitimisten, Orleanisten und Verräther an der Republik! Jetzt endlich, am Vorabend seines eigenen Sturzes, geht ihm ein Licht auf über den allmähligen, unaufhaltsamen Gang der Kontrerevolution, von der provisorischen Regierung zur Exekutivkommission, von der Exekutivkommission zu Cavaignac, von Cavaignac zu Bonaparte und Barrot, von Bonaparte und Barrot zu Heinrich V. Jetzt endlich ahnt er, welche Ernte ihm sein glorreicher Sieg vom Juni getragen hat: Die Wahrscheinlichkeit, daß ihm die Weißen oder die Rothen, die er beide benutzt, beide verrathen, den Kopf vor die Füße legen werden!</p> <p>Der National spielt die Rolle des betrogenen Betrügers, und die Nationalversammlung desgleichen. Und kann sie heute noch glauben, der Sieg der Revolution werde der Triumph der Nationalversammlung sein, so wird sie aus dieser Illusion gerissen werden, sobald die erste Patrone verbrannt ist.</p> <p>Endlich das Volk: Das Volk intriguirt nicht, renommirt nicht, lamentirt nicht. Das Volk ist herabgestiegen in die Straßen und betrachtet die Situation. Es wird nicht dulden, daß Royalisten oder Bonapartisten die Nationalversammlung auseinanderjagen; es hat noch für den 15. Mai 1848 seine Revanche zu nehmen und es wird sie selbst nehmen, ohne Beistand der Faktionen.</p> <p>Das ist die Situation am Abend des 29. Januar. Die Abstimmung über den Mathieu'schen Antrag ist noch nicht bekannt; sie mag ausfallen, wie sie will, so viel ist gewiß: wir stehen am Vorabend der dritten Phase der neuen französischen Revolution, einer Phase, die ganz andere Folgen haben wird, wie die erste vom Februar, und die Genugthuung geben wird für die Schmach, die der Revolution im und seit Juni angethan worden.</p> </div> <div xml:id="ar210_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 29. Jan.</head> <p>So eben wird, um 11 Uhr, die Bürgerwehr zusammen getrommelt; das ist seit dem Juli wohl nicht mehr geschehen. Man hört, die Majorität in der Mobile sei wüthend über die sehr unpraktische Arrestation eines ihrer Chefs, wovon ich früher berichtet habe, und über die schnöde Antwort, die ein blödsinniger Präsident der Republik ihren gestrigen Deputationen gegeben. Mittags geht die Debatte über Rateau's Vorschlag los; es kann in der That sehr ernst und blutig ausfallen. Ich war gestern auf der Redaktion des Proudhon'schen Peuple; der Sekretär Darimon sagte mir, auf meine Frage, was ihm (d. h. eigentlich Proudhon) von der Situation dünke? „die Kammer gibt hoffentlich Montag nicht nach, aber die Reaktion auch nicht, folglich gibt es Waffenkonflikt.“ Gestern ward Barnabé Chauvelot, ein tüchtiger Klubredner, in seiner Behausung verhaftet; es lasten auf ihm wenigstens sechs Anklagen; Simon Bernard hatte an zwölf, immer eine verrückter als die andere, z. B. Angriff auf die republikanische Staatsform. Morgen wollen die Aristokratischen von der 1., 2. und 10. Bürgerwehrlegion, Einige sagen mit, Andere ohne Waffen, in corpore nach der Kammer ziehen und einen umgekehrten 15. Mai probiren, zu Gunsten des Kaiser- oder Königthums. Wir hoffen, daß es in jeder Hinsicht ein 15. Mai wird, daß diese privilegirte Brut dabei gerade so jämmerlich sich blamirt und auf den Hund bringt als die demokratische Partei es am 15. Mai that.</p> <p>Tritt die ganze Mobile, durch Gewissensbisse und Angst vor Hunger bei ihrer Verabschiedung, auf die Seite des Volkes, so ist Chance; die Linie wird alsdann gegen sie geschleudert, und vielleicht mit Absicht nährten die „großen jungen Politiker“ Thiers, Barrot und Konsorten seit Monaten den Zwist zwischen Linie und Mobile. Bugeaud, Changarnier (Kommandant der pariser Bürgerwehr) die ganze brutale Meute, die aus gut abgerichteten, auf Königswort Order parirenden Generalen besteht, konspirirt von einem Ende Frankreichs zum andern; die Absetzungen während des Provisoriums waren pures Kinderspiel. „Die Guillotine wird viel aufzuräumen finden unter den Herren Militärkommandanten“, sagte mir ein Klubchef, „das nächste Mal, nach dem nächsten Volkssiege, wird Herr Marschall Bugeaud nicht mehr Zeit haben seine Adhäsion an die neue Regierung zu kritzeln; dann wird das Volk ihm sagen: Volksverräther du, Vater- und Muttermörder, denn die Nation ist beides, du bist als Royalist der royalistischen Parriciden-Strafe im Code anheimgefallen: Zuerst deine rechte Hand ab, danach Kopf ab.“ Es ist außer Zweifel, daß die Redaktoren der Spitzbubenblätter während und nach dem Kampf über die Klinge springen müssen, was der „Corsaire“ auch wittert, indem er heute heult: „Die Frage ist einfach gestellt: auf der einen Seite die Guillotine, auf der andern die Gesellschaft.“ Charakteristisch für die Situation ist folgende Stelle aus den „pariser Briefen“, die Charles Paya in die demokratischen Provinzialjournale einrücken läßt und worin er scharf und sicher zeichnet: „Der Präsident Bonaparte ist natürlich wie belagert von der ansehnlichen Menge Leute, die seine Wahl betrieben. Täglich erscheinen Deputationen der Ortschaften bei ihm und verlangen als Lohn dies und das. Ihn verdrießt dies Leben, aber er muß aushalten. Die südlichen Provinzen besonders, fünf Stück, haben ihm eine komplette Gesandtschaft auf den Hals geschickt, die ihm erklärt, sie wünschten ihre aus der Zeit des Provisoriums stammenden republikanischen Beamten auf ein Mal gründlich los zu werden. Und da wird als Nachfolger im Amt stets ein fanatischer Anhänger Henri's V. oder Louis Philipp's vorgeschlagen; so im Departement der obern Garonne. Es ist gar traurig anzusehen. Und wer glaubt's, daß Napoleon Duchatel, ehemaliger Präfekt, der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1153/0003]
Dieses interessante Aktenstück, das eine der vielen praktischen Erläuterungen zu den sogen: „Grundrechten des deutschen Volkes“ bildet, steht im „Nürnb. Cour.“
Was die im verstehenden Dokument erwähnten „Excesse“ angeht, so bestanden sie darin, daß die Oberndorfer Trommeler eines Abends bei der Rückkehr von einem Verbrüderungsfeste gemeinschaftlich mit denen der Schweinfurter Stadtwehr durch die Stadt trommelten!
Ungarn. Agram, 21. Januar. Das Assoziationswesen beginnt auch in Kroatien sich zu entwickeln und Früchte zu tragen. Das Beispiel der Slawenska Lipa in Agram ist nicht ohne Nachahmung in den andern Städten geblieben, und wir sehen jetzt politische Vereine in Orten entstehen, denen man sie nie vorhergesagt haben würde: Die in allen bedeutenden Flecken Kroatiens bestandenen Lesevereine, vor dem März der Sammelort der politischen Kräfte in den Umgebungen, verwandeln sich nun in Filialgesellschaften der Agramer Lipa, und verbreiten so die politische Bildung unter den gänzlich vernachlässigten Schichten der Landbevölkerung, die bisher, die Bauernedelleute ausgenommen, den politischen Bewegungen ganz fremd blieben. Die Bedeutung dieser Vereine wächst um so mehr, wenn man bedenkt, daß der Landtag so nahe bevorsteht und das Volk nicht unvorbereitet sein darf für Fragen, die es so nahe betreffen, und deren Lösung eine der vorzüglichsten Aufgaben der Landesbewohner bilden wird.
(C. Bl. a. B.) Italien. 068 Turin, 27. Jan. Heute fand große Heerschau Statt um 1 Uhr Nachmittags. Der König schien sehr befriedigt. Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet: sie führten mit der größten Präcision die ihnen kommandirten Manöver aus. Man rief: „Es lebe der demokratische König! das Ministerium Gioberti, die Armee, Frankreich!“ General Pelet wohnte der Heerschau bei im Wagen des franz. Gesandten.
068 Turin, 24. Januar. Gioberti hat an den schweizer Bundesrath ein Schreiben gerichtet, worin er um die gewöhnliche Gastfreundschaft für die lombardischen Flüchtlinge nachsucht, welche zeitweilig einen Aufenthalt in den schweizer Kantonen zu nehmen gesonnen sein sollten.
068 Rom, 17. Jan. Durch die Bemühungen der Herren Manzoni und Mariani sind mehrere alte Schulden von der Staatskasse eingezogen worden. Die Regierung unternimmt nützliche öffentliche Arbeiten, um den armen Klassen Existenzmittel zu verschaffen. Der Finanzminister bereitet Reformen vor, um der Eintreibung der indirekten Steuern einen minder vexatorischen Charakter zu geben.
* Rom, 21. Jan. Einige Soldaten haben eine reaktionäre Bewegung veranlaßt. Sie verlangten die Freilassung des Generals Zamboni (eines contrerevolutionären Verschwornen, dessen Verhaftung wir vorgestern meldeten). Doch die Dragoner und die Bürgerwehr machten dem bald ein Ende und verhafteten eine große Zahl der vom Absolutismus angeworbenen Emeutiers.
* Rom, 21. Januar. Heute findet die Wahl 12 Deputirten für die italienische Nationalversammlung statt. Auch Toskana beschickt diese Nationalversammlung.
Im Neapolitanischen große Gährung.
Venedig, 2. Januar. Am Morgen des gestrigen Tages erschienen 200 Freiwillige aus Friaul, deren Anzahl bereits über 2000 Mann angewachsen ist. Das von Ravenna angekommene Dampfschiff Pio IX. brachte hierauf die officielle Nachricht: Ancona habe einstimmig beschlossen Venedig ein Kriegsdampfschiff als Neujahrsgeschenk zu verehren. Es brachte zugleich eine Anzahl Ballen Tuches zur Anschaffung von Wintermänteln für die hiesige Mannschaft, sowie Hemden, Strümpfe u. s. w., nebst einer bedeutenden Menge von Lebensmitteln als Geschenk des Kirchenstaats. Aus Florenz liefen heut sechzehntausend Zwanziger ein als erstes Resultat der in Toscana zu Gunsten Venedigs veranstalteten Sammlungen. In wenigen Tagen dürften auch aus Piemont Gelder einlaufen, da in Genua und Turin die für die Erlaßbillette der Neujahrsgratulationen eingegangenen Beiträge diese Bestimmung erhalten; sowie auch die von der Kammer in Turin votirte Summe einer monatlichen Unterstützung von sechshunderttausend Zwanzigern bis zur Beendigung des Krieges baldigst einzutreffen hat. Der großen Geldnoth, von der man jedoch außerhalb Venedigs mehr wissen will als wirklich an der Sache ist, wird dadurch auf längere Zeit hinaus gesteuert, da das Papiergeld allein schon bis Ende April ausreicht, und alle einlaufenden bestimmten und unbestimmten Beiträge dürften auf mehrere Monate eine neue Staatsanleihe unnöthig machen. — Ein eben erschienenes Gubernialdecret beruft eine permanente Assemblea der Volksrepräsentanten, die, mit unbeschränkten Vollmachten versehen, bei jeder erforderlichen Gelegenhenheit sich vereinigen wird. Die Repräsentanten werden durch allgemeines Stimmengeben nach der relativen Majorität bestimmt, wobei auf je 1500 Einwohner einer gewählt wird. Die Wahlen werden in eigenen hiezu ernannten Wahlbezirken, vierzehn an der Zahl, vorgenommen. Auf die Stadt Venedig kommen in acht Wahlbezirken 83 Deputirte; auf Chioggia 19; auf Burano, Mazzorbo, Torcello, Treporti und Cavallino 9; auf Murano 8; auf Pellestrina, Portosecco und St. Pietro in Volta 5; alle Abtheilungen der hiesigen Marine 4; auf sämmtliche hier anwesende Landtruppen 9; im ganzen also 128 Volksvertreter. Wähler sind nicht nur alle Eingebornen, sondern auch alle diejenigen die wenigstens seit sechs Monaten ihren Aufenthalt in Venedig haben, sowie alle in den verschiedenen Truppenabtheilungen befindlichen Fremden. Die Wahlen beginnen mit dem 20. Jan. und dauern drei Tage. — Uebrigens herrscht in Venedig vollkommene Ruhe. Vor allen ziehen die ungarischen Bewegungen die allgemeine Aufmerksamkeit und Theilnahme auf sich.
(A. Z.) Schweiz. Tessin. Die neueste Nummer des „Republikano“ meldet: „Personen, welche vom Lago Maggiore herkommen, versichern, daß die Oesterreicher auf demselben Kreuzer aufgestellt haben und die Barken zu verfolgen anfangen, welche von Magadino nach dem piemontesischen Ufer fahren, wobei sie sich keineswegs auf ihre Gränzlinien beschränken, sondern den Schiffen selbst in den offenen See Kugeln nachschicken. Wir machen die Behörden, namentlich auch die eidgenössischen hierauf aufmerksam, damit die vielgerühmte Neutralität nicht lediglich zur Waffe gegen unglückliche und schwache Flüchtlinge werde.“
Französische Republik. 068 Paris, 29. Januar. Der Vorabend des Kampfs ist da; die Parteien stehen sich, Gewehr im Arm, gegenüber. Auf der einen Seite die Legitimisten, Orleanisten, Bonapartisten, auf der andern die trikoloren und rothen Republikaner. Die Einen verschanzen sich hinter den Präsidenten, den „Erwählten der 6 Millionen“, die Andern hinter die souverän-konstituirende Nationalversammlung; die Einen rechnen auf die Armee und die drei royalistischen Legionen (1ste, 2te und 10te), die Andern auf die republikanische und Mobilgarde, auf die drei republikanischen Legionen (4te, 5te und 9te) und auf das im Juni entwaffnete Volk.
Es handelt sich nicht mehr um die Schließung der Clubs, um die Auflösung der Versammlung und dergleichen Lappalien; es handelt sich um die weiße Monarchie oder die rothe Republik. Der Sieg — er ist nicht zweifelhaft — mag ausfallen, wie er will: die jetzigen offiziellen Mächte sind verloren.
Der Präsident bildet sich ein, der Staatsstreich geschehe zu seinen Gunsten. Und doch denkt Niemand weniger an ein bonapartistisches Kaiserthum als die Leute, die zum Staatsstreich drängen: die Legitimisten. Gelingt der Coup, so wird Louis Napoleon bei Seite geworfen, wie eine ausgequetschte Citrone, und kann sich glücklich schätzen, wenn man ihm erlaubt, seiner Wege zu gehen. Und der einfältige Pinsel bildet sich ein, der ganze Spektakel werde zu seinem Privatvergnügen organisirt!
Die Nationalversammlung glaubt für ihr souveränes Recht, für ihre Existenz gegen den Staatsstreich zu kämpfen; und erreicht sie ihren Zweck, stürzen Napoleon, Barrot und die hinter ihnen stehenden bourbonischen Faktionen vor der Achtserklärung der Versammlung und vor dem Zorn des verrathenen Volks, so stürzt die Verlammlung ihnen gleich nach. Der Staatsstreich kann nur von der Revolution erstickt werden, und die Revolution hat zur ersten Bedingung, daß die Chefs der Rothen an die Spitze treten. Siegt die Revolution, so jagen die Rothen die Versammlung ebenso auseinander, wie die Kammer am 24. Februar. Und die Versammlung bildet sich ein, die Revolution werde zu ihrem Profit gemacht!
Präsident und Versammlung sind nur die Vorwände für beide Parteien — ist der Kampf einmal losgebrochen, so wirft man sie fort und entfaltet die wirkliche, die eigne Fahne. Hier die weiße, dort die rothe; vor diesen einfachen Parteisymbolen verschwindet der bunte dreifarbige Lappen der „honetten Republik.“ —
Daß es auf der einen Seite sich durchaus nicht um den Präsidenten, sondern um Niemand anders als Heinrich V. handelt, beweist die Unverschämtheit, mit der plötzlich die legitimistische Konspiration an's helle Tageslicht tritt. Die Herrlichkeiten der gottbegnadeten Monarchie unter dem „Enkel des heiligen Ludwig“ werden offen in den Straßen von Paris gepredigt, vom Lande gar nicht zu reden. Auf demselben Platz Maubert, im Arbeiter-Faubourg St. Jacques, den die Juni-Insurgenten mit solchem Heldenmuth drei Tage lang gegen die Henker Cavaignac's behaupteten, auf demselben Platz werden jetzt, trotz dem Gesetz gegen die Zusammenschaarungen, täglich öffentliche legitimistische Meetings gehalten. In diesem improvisirten Club treten Redner auf, der Kleidung nach Arbeiter, der Sprache nach gebildete Leute, die die Tugenden Heinrichs V. mit den schönsten Farben ausmalen. Sie haben ihre Claque, die bei den prächtigsten Kraftstellen klatscht. Die Wohlthätigkeits-Büreaus, ein Pfaffen-Institut, geben den Arbeitern nur Unterstützung, wenn sie sich verpflichten diese „Clubs“ zu besuchen und für die gute Sache Propaganda zu machen.
Das ist ein Beispiel davon, wie es die Legitimisten am offnen Tage treiben. Im Geheimen wird noch ganz anders intriguirt. Changarnier, der Befehlshaber über 300,000 Mann in und vor Paris, der militärische Arm des Präsidenten, ist Legitimist. Er möchte der Monk werden, der den impotenten Richard Cromwell von 1848 stürzt und den rechten Thronerben zurückführt. Daß Bugeaud, Thiers, Odilon Barrot und alle Minister im Komplott sind, ist nicht zu bezweifeln. Falloux, der Unterrichtsminister, war von jeher Legitimist, Thiers, der hinter dem Ministerium steht, soll es in der letzten Zeit geworden sein. Und der Tölpel Bonaparte glaubt, alle diese Verräther agirten in seinem Interesse!
„Die Gesetzlichkeit tödtet uns!“ ruft Odilon Barrot jetzt bereits aus. Seine Freunde erklären offen, daß eine blutige Kollision hervorgerufen werden muß, damit man das Vaterland (nicht die Republik, wohl zu verstehn) in Gefahr erklären, den Belagerungszustand proklamiren, die demokratischen Journale unterdrücken, die Redakteure verhaften kann. So meldet die „République.“
Auch Napoleon konspirirt. Es besteht eine geheime Gesellschaft: in jedem Arrondissement ist ein Chef, der 10 Unterchefs unter sich hat, jeder von diesen verfügt über 10 Wahlchefs, und jeder Wahlchef hat wieder 10 Unterwahlchefs, Führer von 10 Mann unter sich. Wären die Cadres voll, so ständen Napoleon in jedem Arrondissement zehntausend, in ganz Paris 120,000 Verschworne zur Verfügung. Ob die Cadres voll und wie viel verkappte Legitimisten, Rothe etc. darunter sind, wird nicht gesagt. Die „République“ erklärt sich bereit, wenn Herr Léon Faucher es wünsche, noch andre Details zu geben.
Welche Aussichten die monarchische Restauration hat, geht daraus hervor, daß auch der „Siècle“ jetzt offen für sie auftritt, der bis vorgestern noch der beste Freund des National war und von allen Republikanern des folgenden Tages mit seinen königlichen Gelüsten am meisten zurückhielt. Der „Siècle erklärt, die Mobilgarde habe komplottirt gegen Changarnier — und Mobilgarde ist heute gleichbedeutend mit Republik, wie Changarnier mit Restauration.
Die „Liberté“ predigt ebenfalls von der Nothwendigkeit einer „geheiligten Person“ an der Spitze des Staats, mit zwei gesetzgebenden Kammern.
Und die Versammlung? Ihre Hoffnungen und Befürchtungen spiegeln sich am getreusten ab im National.
Man bedenke, daß alle hier citirten Journalstellen am 28., den Abend vor der allgemeinen Aufregung und den Militärdemonstrationen von heute geschrieben sind.
„Sollten wir zu jenen schlimmen Tagen der Monarchie zurückgekehrt sein, wo eine in der öffentlichen Meinung diskreditirte, in der Kammer geschlagene, dem Lande verdächtige Regierung durch die Gewalt ein schon verurtheiltes System aufzudringen versuchen sollte? Was bedeuten diese Vorsichtsmaßregeln, die man gegen eine friedliche Bevölkerung nimmt? Wozu diese Truppenanhäufungen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt? Wo hat man die Vorzeichen einer Schlacht gesehn, daß man Paris in einen Waffenplatz verwandelt? Wir befragen vergebens den Horizont, wir finden nirgends eine Rechtfertigung der herausfordernden Stellung, die das Ministerium seit einigen Tagen anzunehmen scheint. Hoffte man etwa, daß die Bürger, in gerechter Aufregung wegen des verfassungswidrigen Versuchs der Minister, unter dem Einfluß ihrer Entrüstung einen Kampf mit bewaffneter Hand hervorrufen würden? Dieser Plan, wenn er existirte, ist gescheitert.“
So fängt der National von heute an. Man sieht, er weiß recht gut, woran er ist. Nachher heißt es:
„Es handelt sich jetzt um ganz andre Dinge, als um die organischen Gesetze; es handelt sich darum, daß die Versammlung sich zwischen die Reaktion, die die Gewalt in Händen hat und das beunruhigte, erzürnte, aber durch Vertrauen auf seine Abgeordneten zurückgehaltene Volk stelle!“
Und in einem zweiten Artikel:
„Wir glauben, und nicht wir allein, an die Existenz eines umfassenden und tief angelegten Komplotts, welches die Ruhe Frankreichs und die Republik bedroht.“
„Das Ministerium und die großen Staatsmänner, seine Vormünder, zurückgestoßen durch die Nationalversammlung, fühlen, wie die Gewalt durch das regelmäßige Spiel unsrer Institutionen ihren Händen entschlüpft, und möchten jetzt Frankreich beweisen, daß es ihre Impotenz nicht entbehren kann. Ein Konflikt zwischen den beiden Staatsgewalten, eine Kollision in den Straßen würde ihren Plänen herrlich dienen.“
„Daher jener Krieg der Petitionen, der Beleidigungen, der Verläumdungen gegen die Nat.-Versammlung und die Republik.“
„Daher jene der Versammlung in der unverschämtesten Weise durch Hrn. Barrot hingeworfenen Herausforderung bei Gelegenheit der Proposition Rateau.“
„Daher der von Hrn. Lèon Faucher vorgestern auf die Tribune gebrachte und sofort durch die Majorität gebrandmarkte Gesetzentwurf.“
„Daher die ministeriellen Thaten des Herrn von Falloux, die Absetzungen, die die Herren Barrot und Faucher für gut fanden.“
„Daher die Versuche zur Wiedereröffnung der Vorlesungen eines unsren Studenten mit Recht verhaßten Professors.“
„Daher aller dieser Aufwand strategischer Manoeuver, die man in der Hauptstadt entfaltet.“
„Daher der inkonstitutionelle Beschluß, der die Hälfte der Mobilgarde entläßt und die durch und durch demokratische Organisation dieses der Republik so ergebenen Corps wesentlich ändert.“
„Daher der ungewisse Zustand, in dem man die republikanische Garde läßt, die ebenfalls schuldig ist, ihr Blut für das Wohl des Vaterlandes vergossen zu haben.“
„Daher die fortwährenden Provokationen, die man durch alle Wege der Veröffentlichung, durch Ausstellung von Bildern, Portraits, auch der Scene gewisser Theater etc. etc. gegen diejenigen richtet, die der Republik aufrichtig zugethan sind.“
„Ja wahrlich, daran erkennen wir die Hand jener kürzlich noch getrennten, jetzt vereinigten Parteien, welche schon einmal, die Eine die Mordscenen des Südens (1815), die Andere die Schlächtereien der Rue Transnonain und Lyon organisirten!“
Endlich also gehen dem National die Augen auf — in demselben Moment, wo sie anfangen ihm überzugehen! Gestern noch wollte er keine Anklage gegen das Ministerium, heute entwirft er selbst einen Anklageakt, erklärt die Minister für Legitimisten, Orleanisten und Verräther an der Republik! Jetzt endlich, am Vorabend seines eigenen Sturzes, geht ihm ein Licht auf über den allmähligen, unaufhaltsamen Gang der Kontrerevolution, von der provisorischen Regierung zur Exekutivkommission, von der Exekutivkommission zu Cavaignac, von Cavaignac zu Bonaparte und Barrot, von Bonaparte und Barrot zu Heinrich V. Jetzt endlich ahnt er, welche Ernte ihm sein glorreicher Sieg vom Juni getragen hat: Die Wahrscheinlichkeit, daß ihm die Weißen oder die Rothen, die er beide benutzt, beide verrathen, den Kopf vor die Füße legen werden!
Der National spielt die Rolle des betrogenen Betrügers, und die Nationalversammlung desgleichen. Und kann sie heute noch glauben, der Sieg der Revolution werde der Triumph der Nationalversammlung sein, so wird sie aus dieser Illusion gerissen werden, sobald die erste Patrone verbrannt ist.
Endlich das Volk: Das Volk intriguirt nicht, renommirt nicht, lamentirt nicht. Das Volk ist herabgestiegen in die Straßen und betrachtet die Situation. Es wird nicht dulden, daß Royalisten oder Bonapartisten die Nationalversammlung auseinanderjagen; es hat noch für den 15. Mai 1848 seine Revanche zu nehmen und es wird sie selbst nehmen, ohne Beistand der Faktionen.
Das ist die Situation am Abend des 29. Januar. Die Abstimmung über den Mathieu'schen Antrag ist noch nicht bekannt; sie mag ausfallen, wie sie will, so viel ist gewiß: wir stehen am Vorabend der dritten Phase der neuen französischen Revolution, einer Phase, die ganz andere Folgen haben wird, wie die erste vom Februar, und die Genugthuung geben wird für die Schmach, die der Revolution im und seit Juni angethan worden.
17 Paris, 29. Jan. So eben wird, um 11 Uhr, die Bürgerwehr zusammen getrommelt; das ist seit dem Juli wohl nicht mehr geschehen. Man hört, die Majorität in der Mobile sei wüthend über die sehr unpraktische Arrestation eines ihrer Chefs, wovon ich früher berichtet habe, und über die schnöde Antwort, die ein blödsinniger Präsident der Republik ihren gestrigen Deputationen gegeben. Mittags geht die Debatte über Rateau's Vorschlag los; es kann in der That sehr ernst und blutig ausfallen. Ich war gestern auf der Redaktion des Proudhon'schen Peuple; der Sekretär Darimon sagte mir, auf meine Frage, was ihm (d. h. eigentlich Proudhon) von der Situation dünke? „die Kammer gibt hoffentlich Montag nicht nach, aber die Reaktion auch nicht, folglich gibt es Waffenkonflikt.“ Gestern ward Barnabé Chauvelot, ein tüchtiger Klubredner, in seiner Behausung verhaftet; es lasten auf ihm wenigstens sechs Anklagen; Simon Bernard hatte an zwölf, immer eine verrückter als die andere, z. B. Angriff auf die republikanische Staatsform. Morgen wollen die Aristokratischen von der 1., 2. und 10. Bürgerwehrlegion, Einige sagen mit, Andere ohne Waffen, in corpore nach der Kammer ziehen und einen umgekehrten 15. Mai probiren, zu Gunsten des Kaiser- oder Königthums. Wir hoffen, daß es in jeder Hinsicht ein 15. Mai wird, daß diese privilegirte Brut dabei gerade so jämmerlich sich blamirt und auf den Hund bringt als die demokratische Partei es am 15. Mai that.
Tritt die ganze Mobile, durch Gewissensbisse und Angst vor Hunger bei ihrer Verabschiedung, auf die Seite des Volkes, so ist Chance; die Linie wird alsdann gegen sie geschleudert, und vielleicht mit Absicht nährten die „großen jungen Politiker“ Thiers, Barrot und Konsorten seit Monaten den Zwist zwischen Linie und Mobile. Bugeaud, Changarnier (Kommandant der pariser Bürgerwehr) die ganze brutale Meute, die aus gut abgerichteten, auf Königswort Order parirenden Generalen besteht, konspirirt von einem Ende Frankreichs zum andern; die Absetzungen während des Provisoriums waren pures Kinderspiel. „Die Guillotine wird viel aufzuräumen finden unter den Herren Militärkommandanten“, sagte mir ein Klubchef, „das nächste Mal, nach dem nächsten Volkssiege, wird Herr Marschall Bugeaud nicht mehr Zeit haben seine Adhäsion an die neue Regierung zu kritzeln; dann wird das Volk ihm sagen: Volksverräther du, Vater- und Muttermörder, denn die Nation ist beides, du bist als Royalist der royalistischen Parriciden-Strafe im Code anheimgefallen: Zuerst deine rechte Hand ab, danach Kopf ab.“ Es ist außer Zweifel, daß die Redaktoren der Spitzbubenblätter während und nach dem Kampf über die Klinge springen müssen, was der „Corsaire“ auch wittert, indem er heute heult: „Die Frage ist einfach gestellt: auf der einen Seite die Guillotine, auf der andern die Gesellschaft.“ Charakteristisch für die Situation ist folgende Stelle aus den „pariser Briefen“, die Charles Paya in die demokratischen Provinzialjournale einrücken läßt und worin er scharf und sicher zeichnet: „Der Präsident Bonaparte ist natürlich wie belagert von der ansehnlichen Menge Leute, die seine Wahl betrieben. Täglich erscheinen Deputationen der Ortschaften bei ihm und verlangen als Lohn dies und das. Ihn verdrießt dies Leben, aber er muß aushalten. Die südlichen Provinzen besonders, fünf Stück, haben ihm eine komplette Gesandtschaft auf den Hals geschickt, die ihm erklärt, sie wünschten ihre aus der Zeit des Provisoriums stammenden republikanischen Beamten auf ein Mal gründlich los zu werden. Und da wird als Nachfolger im Amt stets ein fanatischer Anhänger Henri's V. oder Louis Philipp's vorgeschlagen; so im Departement der obern Garonne. Es ist gar traurig anzusehen. Und wer glaubt's, daß Napoleon Duchatel, ehemaliger Präfekt, der
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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