Neue Rheinische Zeitung. Nr. 219. Köln, 11. Februar 1849. Zweite Ausgabe.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 219. Köln, Sonntag den 11. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Zweite Ausgabe. Deutschland.
* Köln, 10. Februar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 10. Febr. Es sind in Westphalen mehrere der Dezembergefangenen in die zweite Kammer gewählt, und ihre Freilassung wird in Folge der Wahl wohl bald erfolgen. Wir wundern uns aber, daß keine Wahl auf einen dieser Gefangenen gefallen ist, der sich durch seine Entschiedenheit und Energie ebensosehr auszeichnet, wie durch seine vielseitigen Talente und Kenntnisse -- auf Herrn Otto von Mirbach aus Dortmund. Herr Mirbach ist ein ebenso entschiedener Demokrat, wie sein Bruder, der Düsseldorfer Regierungsrath, ein ausgemachter Contrerevolutionär ist. Herr Mirbach, ehemaliger napoleonischer Offizier, ist ein Mann, der die verschiedensten Lebensstellungen aus praktischer Erfahrung kennen gelernt, der sich durch große Reisen vielseitig gebildet hat und der außerdem ausgezeichnete militärische Kenntnisse besitzt. Tüchtige Militärs fehlen gerade auf der Linken in Berlin; nur unter den polnischen Abgeordneten sind sie zu finden. Wir empfehlen daher allen demokratischen Wahlbezirken, die Neuwahlen vorzunehmen haben werden, Herrn Otto von Mirbach und sind überzeugt, daß er, wenn er gewählt wird, seinem Posten mehr Ehre machen wird, als mancher Andere, der sich mit Gewalt dazu gedrängt hat. * Berlin. Im 4. größeren Wahlbezirk hielt der Abgeordnete Jung vor den Wahlmännern folgende Rede. Da Herr Jung bis jetzt nicht wiedergewählt ist, so wird diese Kandidaturrede manchen demokratischen Wahlbezirken, in denen eine Neuwahl stattzufinden hat, von Interesse sein. Meine Herren! Mein ausgezeichneter Vorredner hat in seinem schönen Vortrage Ihnen den Gang dargestellt, den die Ereignisse im Frühjahr genommen haben. Meine Herren! Ich wage zu behaupten, daß die Partei, welcher ich in der Nationalversammlung angehört habe, stets von dem Grundsatze ausgegangen ist, den mein Vorredner aufgestellt hat, und daß sie diesen Standpunkt mit allen Mitteln geltend zu machen gesucht hat. Wenn ihr dies nicht besser gelungen, so ist dies darin zu suchen, daß die Nation bei den Wahlen im Frühjahr nicht mehr wahrhaft freisinnige Vertreter in die Versammlung geschickt hat. Meine Herren! Im Frühjahre war noch der größte Theil der Nation gewissermaßen betäubt von dem mächtigen Revolutionssturme, der durch einen großen Theil von Europa gegangen war; überall hörte man vorwärts drängende Stimmen, die sofort die Forderung eines Volksstaates mit Kraft aufstellten; aber, meine Herren, man sah damals keine Feinde. Diese hielten sich zu jener Zeit versteckt, noch galten sie wohl gar für Freunde, wie z. B. die Männer des Vereinigten Landtages, die jetzt das größte Heil im Belagerungszustande und in starker Polizei, und das größte Unheil im allgemeinen Stimmrechte finden. (Bravo!) Weil man nun keine Feinde sah, keinen Widerstand merkte, weil man glaubte, es gäbe keine Reaktion, und auf der andern Seite die Stimmen hörte, welche vorwärts trieben, so glaubte man, es wäre die Bewegung ohne allen Halt, ohne Ende, und träumte von allgemeinem Umsturz. Daher kam es, wenn unsere Partei in der Nationalversammlung im Anfange so schwach an Zahl war. Die Linke stand den Volksfeinden gegenüber, welche nicht die Freiheit, sondern nur den Schein von Freiheit wollten, um das Volk zu beschwichtigen. Sie stand auch den andern Parteien gegenüber, welche mit ihr in den Grundbedingungen des Volksstaates im Allgemeinen wenigstens übereinstimmten, aber nicht in den Mitteln zur Erreichung mit ihr gingen, welche, da die Gewalt im Augenblick schwach war, in dem Glauben lebten, sie könnten auf vermittelndem Wege mit ihrer Arbeit zu Stande kommen. Wir, meine Herren, glaubten den Augenblick wahrnehmen zu müssen, um die Regierung zu zwingen, sofort unser Prinzip anzuerkennen. Denn wir wußten aus der Geschichte, daß Niemand die Gewalt freiwillig selbst aufgibt, kein Privilegium an sich einen Selbstmord begeht, um sich für das Allgemeine aufzuopfern. Deshalb war unser Prinzip, jedem Ministerium so lange entgegenzu- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 219. Köln, Sonntag den 11. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Zweite Ausgabe. Deutschland.
* Köln, 10. Februar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 10. Febr. Es sind in Westphalen mehrere der Dezembergefangenen in die zweite Kammer gewählt, und ihre Freilassung wird in Folge der Wahl wohl bald erfolgen. Wir wundern uns aber, daß keine Wahl auf einen dieser Gefangenen gefallen ist, der sich durch seine Entschiedenheit und Energie ebensosehr auszeichnet, wie durch seine vielseitigen Talente und Kenntnisse — auf Herrn Otto von Mirbach aus Dortmund. Herr Mirbach ist ein ebenso entschiedener Demokrat, wie sein Bruder, der Düsseldorfer Regierungsrath, ein ausgemachter Contrerevolutionär ist. Herr Mirbach, ehemaliger napoleonischer Offizier, ist ein Mann, der die verschiedensten Lebensstellungen aus praktischer Erfahrung kennen gelernt, der sich durch große Reisen vielseitig gebildet hat und der außerdem ausgezeichnete militärische Kenntnisse besitzt. Tüchtige Militärs fehlen gerade auf der Linken in Berlin; nur unter den polnischen Abgeordneten sind sie zu finden. Wir empfehlen daher allen demokratischen Wahlbezirken, die Neuwahlen vorzunehmen haben werden, Herrn Otto von Mirbach und sind überzeugt, daß er, wenn er gewählt wird, seinem Posten mehr Ehre machen wird, als mancher Andere, der sich mit Gewalt dazu gedrängt hat. * Berlin. Im 4. größeren Wahlbezirk hielt der Abgeordnete Jung vor den Wahlmännern folgende Rede. Da Herr Jung bis jetzt nicht wiedergewählt ist, so wird diese Kandidaturrede manchen demokratischen Wahlbezirken, in denen eine Neuwahl stattzufinden hat, von Interesse sein. Meine Herren! Mein ausgezeichneter Vorredner hat in seinem schönen Vortrage Ihnen den Gang dargestellt, den die Ereignisse im Frühjahr genommen haben. Meine Herren! Ich wage zu behaupten, daß die Partei, welcher ich in der Nationalversammlung angehört habe, stets von dem Grundsatze ausgegangen ist, den mein Vorredner aufgestellt hat, und daß sie diesen Standpunkt mit allen Mitteln geltend zu machen gesucht hat. Wenn ihr dies nicht besser gelungen, so ist dies darin zu suchen, daß die Nation bei den Wahlen im Frühjahr nicht mehr wahrhaft freisinnige Vertreter in die Versammlung geschickt hat. Meine Herren! Im Frühjahre war noch der größte Theil der Nation gewissermaßen betäubt von dem mächtigen Revolutionssturme, der durch einen großen Theil von Europa gegangen war; überall hörte man vorwärts drängende Stimmen, die sofort die Forderung eines Volksstaates mit Kraft aufstellten; aber, meine Herren, man sah damals keine Feinde. Diese hielten sich zu jener Zeit versteckt, noch galten sie wohl gar für Freunde, wie z. B. die Männer des Vereinigten Landtages, die jetzt das größte Heil im Belagerungszustande und in starker Polizei, und das größte Unheil im allgemeinen Stimmrechte finden. (Bravo!) Weil man nun keine Feinde sah, keinen Widerstand merkte, weil man glaubte, es gäbe keine Reaktion, und auf der andern Seite die Stimmen hörte, welche vorwärts trieben, so glaubte man, es wäre die Bewegung ohne allen Halt, ohne Ende, und träumte von allgemeinem Umsturz. Daher kam es, wenn unsere Partei in der Nationalversammlung im Anfange so schwach an Zahl war. Die Linke stand den Volksfeinden gegenüber, welche nicht die Freiheit, sondern nur den Schein von Freiheit wollten, um das Volk zu beschwichtigen. Sie stand auch den andern Parteien gegenüber, welche mit ihr in den Grundbedingungen des Volksstaates im Allgemeinen wenigstens übereinstimmten, aber nicht in den Mitteln zur Erreichung mit ihr gingen, welche, da die Gewalt im Augenblick schwach war, in dem Glauben lebten, sie könnten auf vermittelndem Wege mit ihrer Arbeit zu Stande kommen. Wir, meine Herren, glaubten den Augenblick wahrnehmen zu müssen, um die Regierung zu zwingen, sofort unser Prinzip anzuerkennen. Denn wir wußten aus der Geschichte, daß Niemand die Gewalt freiwillig selbst aufgibt, kein Privilegium an sich einen Selbstmord begeht, um sich für das Allgemeine aufzuopfern. Deshalb war unser Prinzip, jedem Ministerium so lange entgegenzu- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1203"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 219. Köln, Sonntag den 11. 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Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p> <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.</p> <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.</p> <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen.</p> <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Zweite Ausgabe.</hi> </head> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar219-2_001_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Die Teilung der Arbeit bei der „Kölnischen Zeitung“, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 10. Februar.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar219-2_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 10. Febr.</head> <p>Es sind in Westphalen mehrere der Dezembergefangenen in die zweite Kammer gewählt, und ihre Freilassung wird in Folge der Wahl wohl bald erfolgen. 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Wir empfehlen daher allen demokratischen Wahlbezirken, die Neuwahlen vorzunehmen haben werden, Herrn Otto von <hi rendition="#g">Mirbach</hi> und sind überzeugt, daß er, wenn er gewählt wird, seinem Posten mehr Ehre machen wird, als mancher Andere, der sich mit Gewalt dazu gedrängt hat.</p> </div> <div xml:id="ar219-2_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin.</head> <p>Im 4. größeren Wahlbezirk hielt der Abgeordnete Jung vor den Wahlmännern folgende Rede. Da Herr Jung bis jetzt nicht wiedergewählt ist, so wird diese Kandidaturrede manchen demokratischen Wahlbezirken, in denen eine Neuwahl stattzufinden hat, von Interesse sein.</p> <p>Meine Herren! Mein ausgezeichneter Vorredner hat in seinem schönen Vortrage Ihnen den Gang dargestellt, den die Ereignisse im Frühjahr genommen haben.</p> <p>Meine Herren! Ich wage zu behaupten, daß die Partei, welcher ich in der Nationalversammlung angehört habe, stets von dem Grundsatze ausgegangen ist, den mein Vorredner aufgestellt hat, und daß sie diesen Standpunkt mit allen Mitteln geltend zu machen gesucht hat.</p> <p>Wenn ihr dies nicht besser gelungen, so ist dies darin zu suchen, daß die Nation bei den Wahlen im Frühjahr nicht mehr wahrhaft freisinnige Vertreter in die Versammlung geschickt hat.</p> <p>Meine Herren! Im Frühjahre war noch der größte Theil der Nation gewissermaßen betäubt von dem mächtigen Revolutionssturme, der durch einen großen Theil von Europa gegangen war; überall hörte man vorwärts drängende Stimmen, die sofort die Forderung eines Volksstaates mit Kraft aufstellten; aber, meine Herren, man sah damals keine Feinde. Diese hielten sich zu jener Zeit versteckt, noch galten sie wohl gar für Freunde, wie z. B. die Männer des Vereinigten Landtages, die jetzt das größte Heil im Belagerungszustande und in starker Polizei, und das größte Unheil im allgemeinen Stimmrechte finden. (Bravo!)</p> <p>Weil man nun keine Feinde sah, keinen Widerstand merkte, weil man glaubte, es gäbe keine Reaktion, und auf der andern Seite die Stimmen hörte, welche vorwärts trieben, so glaubte man, es wäre die Bewegung ohne allen Halt, ohne Ende, und träumte von allgemeinem Umsturz. Daher kam es, wenn unsere Partei in der Nationalversammlung im Anfange so schwach an Zahl war. Die Linke stand den Volksfeinden gegenüber, welche nicht die Freiheit, sondern nur den Schein von Freiheit wollten, um das Volk zu beschwichtigen. Sie stand auch den andern Parteien gegenüber, welche mit ihr in den Grundbedingungen des Volksstaates im Allgemeinen wenigstens übereinstimmten, aber nicht in den Mitteln zur Erreichung mit ihr gingen, welche, da die Gewalt im Augenblick schwach war, in dem Glauben lebten, sie könnten auf vermittelndem Wege mit ihrer Arbeit zu Stande kommen.</p> <p>Wir, meine Herren, glaubten den Augenblick wahrnehmen zu müssen, um die Regierung zu zwingen, sofort unser Prinzip anzuerkennen. Denn wir wußten aus der Geschichte, daß Niemand die Gewalt freiwillig selbst aufgibt, kein Privilegium an sich einen Selbstmord begeht, um sich für das Allgemeine aufzuopfern. Deshalb war unser Prinzip, jedem Ministerium so lange entgegenzu- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1203/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 219. Köln, Sonntag den 11. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
Zweite Ausgabe. Deutschland. * Köln, 10. Februar. _ * Köln, 10. Febr. Es sind in Westphalen mehrere der Dezembergefangenen in die zweite Kammer gewählt, und ihre Freilassung wird in Folge der Wahl wohl bald erfolgen. Wir wundern uns aber, daß keine Wahl auf einen dieser Gefangenen gefallen ist, der sich durch seine Entschiedenheit und Energie ebensosehr auszeichnet, wie durch seine vielseitigen Talente und Kenntnisse — auf Herrn Otto von Mirbach aus Dortmund. Herr Mirbach ist ein ebenso entschiedener Demokrat, wie sein Bruder, der Düsseldorfer Regierungsrath, ein ausgemachter Contrerevolutionär ist. Herr Mirbach, ehemaliger napoleonischer Offizier, ist ein Mann, der die verschiedensten Lebensstellungen aus praktischer Erfahrung kennen gelernt, der sich durch große Reisen vielseitig gebildet hat und der außerdem ausgezeichnete militärische Kenntnisse besitzt. Tüchtige Militärs fehlen gerade auf der Linken in Berlin; nur unter den polnischen Abgeordneten sind sie zu finden. Wir empfehlen daher allen demokratischen Wahlbezirken, die Neuwahlen vorzunehmen haben werden, Herrn Otto von Mirbach und sind überzeugt, daß er, wenn er gewählt wird, seinem Posten mehr Ehre machen wird, als mancher Andere, der sich mit Gewalt dazu gedrängt hat.
* Berlin. Im 4. größeren Wahlbezirk hielt der Abgeordnete Jung vor den Wahlmännern folgende Rede. Da Herr Jung bis jetzt nicht wiedergewählt ist, so wird diese Kandidaturrede manchen demokratischen Wahlbezirken, in denen eine Neuwahl stattzufinden hat, von Interesse sein.
Meine Herren! Mein ausgezeichneter Vorredner hat in seinem schönen Vortrage Ihnen den Gang dargestellt, den die Ereignisse im Frühjahr genommen haben.
Meine Herren! Ich wage zu behaupten, daß die Partei, welcher ich in der Nationalversammlung angehört habe, stets von dem Grundsatze ausgegangen ist, den mein Vorredner aufgestellt hat, und daß sie diesen Standpunkt mit allen Mitteln geltend zu machen gesucht hat.
Wenn ihr dies nicht besser gelungen, so ist dies darin zu suchen, daß die Nation bei den Wahlen im Frühjahr nicht mehr wahrhaft freisinnige Vertreter in die Versammlung geschickt hat.
Meine Herren! Im Frühjahre war noch der größte Theil der Nation gewissermaßen betäubt von dem mächtigen Revolutionssturme, der durch einen großen Theil von Europa gegangen war; überall hörte man vorwärts drängende Stimmen, die sofort die Forderung eines Volksstaates mit Kraft aufstellten; aber, meine Herren, man sah damals keine Feinde. Diese hielten sich zu jener Zeit versteckt, noch galten sie wohl gar für Freunde, wie z. B. die Männer des Vereinigten Landtages, die jetzt das größte Heil im Belagerungszustande und in starker Polizei, und das größte Unheil im allgemeinen Stimmrechte finden. (Bravo!)
Weil man nun keine Feinde sah, keinen Widerstand merkte, weil man glaubte, es gäbe keine Reaktion, und auf der andern Seite die Stimmen hörte, welche vorwärts trieben, so glaubte man, es wäre die Bewegung ohne allen Halt, ohne Ende, und träumte von allgemeinem Umsturz. Daher kam es, wenn unsere Partei in der Nationalversammlung im Anfange so schwach an Zahl war. Die Linke stand den Volksfeinden gegenüber, welche nicht die Freiheit, sondern nur den Schein von Freiheit wollten, um das Volk zu beschwichtigen. Sie stand auch den andern Parteien gegenüber, welche mit ihr in den Grundbedingungen des Volksstaates im Allgemeinen wenigstens übereinstimmten, aber nicht in den Mitteln zur Erreichung mit ihr gingen, welche, da die Gewalt im Augenblick schwach war, in dem Glauben lebten, sie könnten auf vermittelndem Wege mit ihrer Arbeit zu Stande kommen.
Wir, meine Herren, glaubten den Augenblick wahrnehmen zu müssen, um die Regierung zu zwingen, sofort unser Prinzip anzuerkennen. Denn wir wußten aus der Geschichte, daß Niemand die Gewalt freiwillig selbst aufgibt, kein Privilegium an sich einen Selbstmord begeht, um sich für das Allgemeine aufzuopfern. Deshalb war unser Prinzip, jedem Ministerium so lange entgegenzu-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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