Neue Rheinische Zeitung. Nr. 229. Köln, 23. Februar 1849.des Obelisken, auf dem Volksplatze, wurden 3 Fahnen mit einer phrygischen Mütze aufgepflanzt. Morgen wird rings um den Obelisken ein Volksbanket stattfinden. Einige junge Leute tragen die Jakobinermütze, andere rothe Federn am Hut. Fast alle Truppen sind an die Gränzen gerückt." Die konstituirende Versammlung hat folgendes Dekret erlassen: "Die römische Republik an das toskanische Volk! Im Augenblicke, wo wir das große Wort der Freiheit aussprechen, haben wir um uns geschaut, von welcher Seite uns hochherzige Antwort käme. Wir zweifelten nicht, daß Ihr uns mit einem Rufe der Freundschaft und Zuneigung begrüßen würdet. Ihr habt in demselben Momente ein großes Werk im Hinblicke auf Rom vollbracht. Die beiden Revolutionen haben bewiesen, daß die italienischen Völker Brüder sind durch ihre Bestrebungen und durch die Bedürfnisse ihrer Situationen. Wir haben Rache genommen an alten Verläumdungen Derselbe Gedanke erfüllt Italiens Kinder." In der Sitzung vom 8. Februar hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten, Peter Sterbini, folgende Rede: "Die alte Politik besteht noch. Oesterreich ist der Verbündete des Pabstthums. Der italienische Bourbonenfürst, dieser zärtliche Freund Oesterreichs, hat sich zum Beschützer des päbstlichen Hofes gemacht. Also keine Wahl: Ohne die weltliche Macht der Päbste werden wir frei sein; mit dieser Macht werden wir für immer Oesterreicher bleiben. Heute ist es an uns zu entscheiden, ob wir den Pabst zum Fürsten haben, ob wir Oesterreicher bleiben wollen oder ob wir die italienische Unabhängigkeit und die nationalen Freiheiten vorziehen! Wie hat man uns getäuscht! Als der päbstliche Hof erhalten hatte, was er wünschte, die Garantie seiner Staaten, zog er sich vom Kampfe zurück und rief das Unglück auf unsere Armeen. Ist von nun an noch eine Allianz möglich zwischen dem Oesterreicherbefreundeten Fürsten und dem Oesterreichhassenden Volke! In Wahrheit! Gioberti's Vertrauen überrascht uns; wir können es nicht theilen. Er, der Poet, träumt von einer Allianz zwischen Gaeta und Turin, als wenn der erste Feind des päbstlichen Hofes nicht Piemont wäre, das 100,000 Soldaten unter den Waffen hat und sich mit Oesterreich zu messen droht. In diesem Kampfe werden die italienischen Völker mit und für uns sein, und die italienischen Fürsten, wollen sie wirklich Italiens Unabhängigkeit, was haben sie von einer demokratischen Regierung zu Rom zu befürchten? Ist aber ihre Liebe für Italiens Freiheit und Unabhängigkeit nur eine Fiktion, so mögen sie zittern vor dem magischen Namen der Freiheit, den wir auf das Capitol geschrieben haben! Sie mögen zittern vor dem lateinischen Adler, der seine majestätischen Flügel entfalten könnte, um den ganzen Himmel Italiens zu bedecken. Aber man bedroht Turin mit der Gegenwart Radetzki's; wozu aber denn die 100,000 zum Kampfe gerüsteten Piemonteser? Ist der König von Savoyen nicht mehr Italiens Schwerdt? Sind die Sachen dahin gelangt, so laßt uns den Ruf des Soldaten ausstoßen, der für das Vaterland stirbt. Ueberliefern wir unsern Kindern den Racheschrei; proklamiren wir das große Prinzip, daß die weltliche Herrschaft der Päbste unverträglich ist mit der italienischen Freiheit. Das Blut der italienischen Märtyrer wird die prunkvolle Tiara für immer beflecken. Man bedroht uns mit der Feindschaft aller europäischen Mächte. Ich weiß es, die Freiheit ist eine Pflanze, die sich von Stürmern nährt. Aber ich erblicke die österreichische Monarchie in Krieg mit Ungarn und die preußische Monarchie bereit, sich über den Ruinen von Frankfurt zu erheben; ich sehe republikanische Banden frei die Provinzen Spaniens durchstreifen. Ich sehe das republikanische Frankreich jeden bedrohen, der es den Despotismus wieder in die Arme zu werfen wagen würde. Die Worte eines Lamartine, eines Cavaignac werden mich nie täuschen, ich ziehe es vor die Stimmen der Völker zu hören, die geschworen haben, nicht mehr unter das Joch zurückzukehren. Der Ruf nach nationaler Unabhängigkeit ertönt überall und das Geräusch des unaufhörlichen Sturzes eidbrüchiger Dynastien. Wird unsere Regeneration sich friedlich vollziehen? Schwer zu lösende Frage. Wir verheimlichen es nicht, große Gefahren, große Opfer stehen uns bevor. Die heimtückische Politik der italienischen Fürsten, die nur zum Schein der Freiheit huldigen, wird sich empören gegen die Wiedergeburt eines physisch und moralisch starken Volkes, das fähig ist zu großen Dingen und geboren für große Geschicke. Daher, ich sage es offen, bereiten wir uns vor zu einem schrecklichen Kampfe, zu allen Opfern, auf alle Gefahren, auf den Krieg, auf Blut! Eine schwere Verantwortlichkeit fällt auf unser Haupt; diskutiren wir ruhig, gewissenhaft; unsere Entscheidung soll inniger Ueberzeugung, nicht Gemüthsaufwallung ihrer Ursprung verdanken. Wenn die Republik im Capitol proklamirt ist, muß der Volksenthusiasmus, nicht banges Erwägen der Zukunft sie ausrufen. Dieser Tag wird der schönste des italienischen Lebens sein; er darf durch keine Wolke verdunkelt werden. Ein einziger Wille wie ein einziger Ruf: Rom und Italien!" Ja! Rom und Italien. Und wenn die Despoten noch einmal mit ihren barbarischen Horden dieses schöne, durch die Proklamation der Republik wiedergeborne Land überschwemmen wollen, werden alle freien Völker sich wie ein einziger Mann erheben, um ihren italienischen Brüdern zur Hülfe zu eilen. Die Regierungen werden vergeblich Staatsgründe anrufen, das Volk begreift diese Gründe nicht, sobald man seine Brüder erwürgt. Man erinnere sich Palermo's, Messina's und der Massakre von Mailand! Der "Contemporaneo" scheint die Anerkennung der römischen Republik durch die französische zu bezweifeln. Selbst die Faucher, die Barrot, die Fallour werden das nicht riskiren! Der römische Moniteur meldet: Die provisorische Kommission für die öffentliche Sicherheit befiehlt, daß im Verlaufe von 3 Tagen alle Wappen, Zeichen u. s. w. der päbstlichen Regierung von öffentlichen und Privatgebäuden entfernt werden. Ausgenommen sind kirchliche Gebäude. Die "italienische Constituante", die zu Florenz erscheint, schreibt unter dem 12. Februar: "Toskana muß sich unmittelbar mit Rom vereinigen! Die provisorische toskanische Regierung hat beschlossen, in Erwägung, daß die Regierungsform Toskana's als eines Theils von Italien, durch die italienische Constituante bestimmt werden wird, daß aber einstweilen Toskana durch eine Versammlung regiert werden muß, die wirklich das Land vertritt: 1) Die Deputirtenkammer und der Senat sind aufgelöst; 2) die gesetzgebende Gewalt ist der provisorischen Regierung und einer einzigen Versammlung übertragen, die aus Volksrepräsentanten besteht, welche durch allgemeine, direkte Wahl gewählt sind; 3) die Vorlegung von Gesetzen steht der gesetzgebenden Versammlung zu und dem Ministerium; 4) die Versammlung wird zusammengesetzt sein aus 120 Repräsentanten, die sektionsweise gewählt sind, im Verhältnisse zur Bevölkerung; 5) die Wahlen werden nach den Gemeinden, die Abstimmungen nach den Sektionen stattfinden; 6) jedes Bullerin muß so viel Namen enthalten, als Deputirte in einer Sektion zu wählen sind; die Wähler müssen 21 Jahre alt sein, die Wählbaren 25; 8) weder Wähler noch wählbar sind Frauen, Interdicirte, Fremde, wegen gemeiner Verbrechen Verurtheilte; 9) die Versammlung ist berufen für den 15. März 1849; 10) der Gesetzesvorschlag für die Ernennung von Deputirten zur italienischen Constituante wird der Sanktion der Versammlung unterworfen werden." Der ganze Generalstab hat sein Devocement für die provisorische toskanische Regierung betheuert. Eine neue Römerlegion organisirt sich, um ihre Dienste anzubieten. Der Volkszirkel organisirt sich als Legion, um sich zur Verfügung der Regierung zu stellen. Das Volk durcheilt die Straßen mit dem Rufe: Es lebe die provisorische Regierung, es lebe die italienische Republik! Von Livorno kam ein außerordentlicher Zug an mit der Livorneser Legion, die aus Munizipalgarden, Tirailleuren, Füsilieren und Nationalartilleristen besteht, alles in allem 600 Mann mit einigen Kanonen. Das Volk ging ihr entgegen mit Fackeln und Fahnen, und dieser ganze Zug bewegte sich durch die Straßen von Florenz mit dem tausendfach wiederhallenden Ruf: Es lebe Livorno! Es lebe Florenz! Es lebe die italienische Republik! Die Livorneser Legion ist logirt in dem Kloster des heiligen Geistes. Francesko Rutignie ist zum kommandirenden Oberst der Garden ernannt worden, die Elba bewachen. Die provisorische Regierung von Toskana hat den Advokaten Federigo Pescantini zu ihrem Spezialabgeordneten bei der römischen Republik ernannt. Die "Alba" bringt folgende Protestation vom 11. Februar: "An die Mitglieder der toskanischen provisorischen Regierung!" "Die Ordnung, das Vaterland und der Unabhängigkeitskrieg sind die Devise aller toskanischen Offiziere. Die Offiziere der Miliz in der Garnison zu Florenz betheuern daher laut vor Toskana und vor ganz Italien, daß ihre Ansichten durchaus nicht übereinstimmen mit denen, die heute Morgen von einem Theile ihrer Kameraden gegen die Mitglieder der provisorischen Regierung ausgesprochen worden sind." * Rom, 20. Februar. Die konstituirende Versammlung hat folgenden Beschluß gefaßt: 1) Bis die Konstitution der römischen Republik dekretirt und in Kraft getreten ist, wird die konstituirende Versammlung den Staat regieren vermittelst eines Vollziehungsausschusses. 2) Der Vollziehungsausschuß wird bestehen aus 3 Italienern, die verantwortlich und nach dem Willen der Versammlung absetzbar sind. 3) Der Vollziehungsausschuß besteht aus den Bürgern Armellini, der 139 Stimmen, Saliceti, der 114 Stimmen, Mathias Montecchi, der 85 Stimmen erhalten hat. * Modigliona, 9. Februar. Sobald man die Flucht Leopold's erfuhr, ließ man alle Glocken spielen. Die Nationalgarde trat unter die Waffen, und überall ertönte der Ruf: Es lebe die provisorische Regierung! Leopold ist Vaterlandsverräther! Die großherzoglichen Wagen wurden auf öffentlichem Platze verbrannt, ebenso das goldene Buch, das in der Kanzlei aufbewahrt wurde. * Neapel, 11. Febr. Der König von Neapel scheint fest entschlossen, eher die zwei Kammern aufzulösen, als sein Ministerium zu entlassen. - Man bereitet eine bewaffnete Seeexpedition gegen Palermo vor. Französische Republik. 17 Paris, 19. Februar. Die Glorie des Professor Michelet am College de France, die neben der von Edgar Quinet und Adam Mizkiwitsch unter Louis Philipp so hell leuchtete, ist dem Erlöschen nahe, und das ist gut. Er fährt in seinen jetzigen Kursen über den Sozialismus u. Kommunismus her, wie damals über die Jesuiten und Atheisten; in der ersten Vorlesung, vor 8 Tagen, hatten die Studenten ihn noch mit Jubelruf empfangen, dann folgte erstaunendes, eisiges Schweigen, dann Gemurre. Edgar Buinet erwartet gewiß das Gleiche. So fällt eine klassische Herrlichkeit nach der andern vor dem Brennstrahl der Sozialdemokraten. Mit Armand Marrast kam es vor 8 Tagen bereits so weit, daß er durch das Gezische der Rothen und Legitimisten des Parterre aus seiner Opernloge vertrieben ward. Cavaignac ist ein abgetakeltes Schiff. Wer spricht heute noch von den hohen Meistern Corbon, Buchez und Bastide? Die ganze Partei des "National", mit und ohne Glacehandschuh, ist jammervoll "gestorben, verdorben." Und wie der kahlhäuptige Barrot unter den marrastianischen Provinzialbeamten aufräumt! Ihrer ganze Fuhren voll werden weggekarrt und durch ultra-royalistische und jesuitische Knappen und Ritter ersetzt. Marschall Bugeaud kann vor den Lorbeeren des Windischgrätz (letzterer heißt in Graf Mole's "Assemblee Nationale" immer "der große Wiederhersteller der Ordnung im Osten"), nicht mehr schlafen und General Changarnier möchte, wie Privatzeugnisse versichern, Jellachich und Monk zugleich spielen. Die Pauke des alten Bluthundes in Bourges ward noch von der in Lyon übertroffen, wo er den in Reih und Glied aufgestellten Notabuitäten und Volksverderbern, dem Parket, der Handelskammer, der Polizei u. s. w. mit afrikanischer Beredtsamkeit eröffnete, an einen Krieg mit dem Auslande dürfe Frankreich nicht denken, wohl aber an einen Bürgerkrieg, und für diesen eben möge das Heer und die Bürgerwehr sich bereit halten! er werde die Ordnungsmänner zum Vernichtungskampf (lutte decisive et querre d'extermination) führen gegen die Ordnungsfeinde in Paris. Der Jubel der königthümlichen Presse über diese afrikanischen Impertinenzen ist unbeschreiblich. Der alberne "Constitutionnel" nennt diese Rede ein Meisterstück der Form sowohl (bekanntlich weiß der alte Marschall den Conjunctivus niemals richtig zu gebrauchen), als auch dem Inhalt nach. (z. B. erbaut sich der "Constitutionnel" an dem "sublimen" Satze: "Frankreich braucht nicht erst kommunistisch gemacht zu werden, meine Herren! es lebt schon seit Jahren in der Gemeinschaft der Interessen und Ideen.") So etwas charakterisirt diese Herren der Reaktion; es sind fast lauter Strolche aus der Sorte der Ferdinand's, von deren einem, dem spanischen Ferdinand, Barthelemy sang: monstre au coeur de tigre...et au cerveau de mouton (Mißgeburt Du, mit dem Tigerherzen und Schaafsgehirn). Bugeaud ist außerdem eine halb komische Figur. Folgendes war, nach Gallois "Geschichte der Februar-Revolution", die berühmte Rede, die er am 24. Februar 1848, beinahe a la Suwarow, losdonnerte: "Ich stelle mich seitwärts," sagte er in theatralischer Positur zu den Linienoffizieren, "damit alle mich hören können; der Wind wird meine Worte Ihnen zuführen. Wohlan, meine Herren, ich sage mit Freuden, mit Entzücken, daß der König mich zum Oberkommandanten des Heeres und der Bürgerwehr so eben gemacht. Ich bin stolz auf das Zutrauen; ich werde es nicht täuschen. Ich hatte niemals Waffenunglück, werde es also wohl auch heute nicht haben. Als Garantien für diese militärische Jungfräulichkeit, auf die ich stolz bin, habe ich die edeln Herzen in Ihrer Brust. Wir wollen folglich nach meiner Manier diese Volksmassen bekämpfen, nämlich zwei Kugeln in's Rohr, wie sich's gebührt, gegen Galeerenzüchtlinge und entlassene Sträflinge, welche uns gegenüberstehen. Was verlangen diese Kerls? Der König, meine Herren, Sie wissen es so gut wie ich, ist nie über die Schnur des Gesetzes getreten. Wir kämpfen also unter dem Paniere des Rechts. Die Anzahl der Feinde darf uns übrigens nicht erschrecken. Und kämen sie in Swärmen vom Tuilerienschloß bis an den Bastillenplatz, ich übernehme es, sie zu schlagen, und je dichter sie stehen, desto mehr werde ich vernichten. Aber zwei Kugeln in's Rohr, meine Herren! Je mehr wir dieser Lumpenhunde (miserables) tödten, desto besser für's Land. Also verstanden: wir attakiren die Barrikaden, wir schießen von beiden Seiten. Und jetzt sagen Sie's Ihren Soldaten." Allein schon zwei Stündchen darauf, als der König Thiers und Barrot mit Bilden eines Kabinets beauftragt hatte, schrieb er: "Ich befehle sofort Aufhören des Schießens an, und die Bürgerwehr wird Polizeidienste thun. Bugeaud, Marschall Herzog von Isly." Diese rührende Sinnesänderung im Verlauf zweier Stunden ward aber nicht bekannt; die Volksführer und deren Vertraute höhnten die etwaigen Zettelankleber aus und wo diese Proklamation doch angeschlagen war, zerriß man sie schnell. Ebenso erging es der andern, die den Herren Thiers, Malleville, Odilon Barrot, Remusat und Duvergier die Portefeuilles verlieh und die Kammer auflöste. Nach der kurzen Posse kam aber wieder die Schurkerei. Dieser windischgrätzelnde Arbeitermassakrirer der Straße Transnonain lief einige Tage später spornstreichs zum provisorischen Gouvernement und bot denselben Galeerenzüchtlingen seinen jüngfräulichen Degen an, ohne sich um seinen Wohlthäter Louis Philipp weiter zu bekümmern. Und die Galeerenzüchtlinge waren so dumm und so schlecht, daß sie diesen Degen huldreichst annahmen, statt ihn dem Jungfräulichen durch die Gurgel zu ziehen...!! Ach, es erwachen in dieser Woche, Angesichts der blutigen Februartage, alle bösen Erinnerungen wieder, und die Demokratenpartei wird Freitag und Samstag in Sack und Asche trauern dürfen (das Ministerium gestattet gnädig eine religiöse Feier), ob ihrer beispiellosen Gimpelei im Jahre 48. - In Narbonne organisirt die Königspartei unter der Nase der Behörden, die umsonst den Prokurator der Republik daselbst aufmerksam machten, eine verborgene Bürgerwehr unter Kommando eines louisphilippschen Munizipalgardisten, und will damit die offizielle Bürgerwehr bekämpfen, wenn es losgeht. Allerlei Lumpenproletariat läßt sich einrolliren. Herr Leon Faucher ist viel zu eifrig mit ministeriellen Jagdparthien auf republikanisches Roth- und Schwarzwild beschäftigt, um auf solche Bagatelle zu achten. In Beziers, bei Montpellier, ist der gesammte Munizipalrath abgetreten, als "zu republikanisch" denunzirt, hatte er stetige Plackereien vom Präfekten zu erdulden. In Cette, wo eine ultra-königliche Kaufmannschaft, berühmt durch ihre Weinverfälscherei, ist der Municipalrath und die Bürgerwehr aufgelöst und der Bürgermeister als "roth" abgesetzt worden, weil er die rothe Jakobinerkappe von dem Freiheitspappelbaum nicht hatte abnehmen und noch weniger denselben umhauen lassen wollen. Erfreulich ist, daß das Volk wenigstens dort die Mucker des Royalistenvereins weidlich zusammenpaukte und die Möbeln auf der Straße verbrannte. Herr Leon Faucher bedauert, in einem Briefrapport an Bonaparte, daß im französischen Gesetz noch kein Paragraph stehe, der eine solcher Unthat gleichkommende Züchtigung enthalte. Ein Wink für die Gesetzfabrikanten, die im Mai zusammenkommen. Die Pfaffen stiften durch Wahrsagerei wieder viel Unruhe: so treibt sich eine gewisse Reichhorn im Elsaß herum, die seit Juni in immer steigender Prozession den Einzug des gebenedeiten Königs von Zion (Henri V.) prophezeit; man singt auch auf die Melodie des Girondinerlieds eine rührende Poesie, worin es heißt: "Komm, nobler Henri, und zeig uns wieder deinen weißen Federbusch ohne Makel, der deine Ahnen zum Siege und uns zum Glücke führte; komm und beschäme durch Wohlthaten die Montagne, vernichte sie durch Großmuth." Die blutdürstende "Opinion publique" citirt diese Strophe und seufzt pharisäisch: "hieraus sollten die Rothen absehen, daß wir, der heiligen Vorschrift der christlichen Liebe und Verzeihung gemäß, ihnen schlechterdings nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern sie durch Güte entwaffnen wollen." Bei alledem ist die Reaktion der Furcht näher als der Zuversicht, und obschon sie vierzehn Bombenforts um Paris hat, und 100,000 Liniensoldaten in und bei Paris, denen sie Polizei- und Henkersdienste eintrichtert, wird sie westlich längs der Mauer, auf dem zu Ehren des verstorbenen Herzogs Orleans, Ferdinandville getauften Terrain, eine bunte Reihe Kasernen, Schanzen und Artillerieparks anlegen, wohin sich das würdige Staatshaupt bergen, und woher es bequem die Pariser Ruhestörer beschießen kann. "Die Departements werden übrigens nicht auf Paris marschiren, selbst wenn dieses scharlachroth würde (Voir du Peuple v. Marseille), denn es ist ein gar weiter Weg für unsre Herren Bourgeois, deren Familie und Haus inzwischen allein bleiben müßten; Eisenbahnen fehlen noch fast überall; den Stadtarbeitern ist nicht zu trauen, sie wären kapabel hinterm Rücken eine Diversion zu machen; die Bauern rühren sich nicht vom Fleck. Und wenn auch wie im Juni an 8000 Nationalgarden bis aus Bayonne und Lille nach Paris kämen, würde man diese Reaktionshelden, die soviel Geld zu dergleichen weiten Wanderungen aufbringen, nicht ganz besonders zum Herbeischaffen von Geldern, die dem Volke nützlich, verwenden können? Bourgeois, Edelleute, die von den Pyrenäen und aus der Vendee her zum Umstürzen der Volksmacht nach Paris zu marschiren, das Geld finden, dürften sehr geeignet sein, unter Applicirung der gebührenden Mittel, auch Geld zu finden, um die Republik stützen. Eine köstliche Taktik ist fortan, den Bauer gegen seine Blutaussauger dadurch aufzuhetzen, daß man die tausend Millionen Franken (etwas unter 330 Mill. Thaler) die 1825 die emigrirt gewesenen Freiheitsfeinde und Junker ihm als sog Entschädigung ausquetschten durch Kammervotum und Steuereinnehmer, dem Bauer von heute als ihm gebührende Schuld vorstellt. Der Bauer ist ein fürchterlicher Gläubiger, und wenn er erst ganz die Betrügerei begreift, welche die privilegirten Kasten sich mit ihm erlaubten und erlauben, dann wird er seinen Schuldnern scharf die Ohren reiben (frottera un peu durerment leurs oreilles)." So viel steht fest, daß wöchentlich Petitionen um Rückzahlung der Milliarde nebst Zinsen seit 1825, und somit Wiedererstattung der Neunsoussteuer, bei der Kammer eingehen. So erschien vor drei Tagen eine mit 6989 Namen versehene, aus der Provinz der Rhonemündungen. Ich glaube sogar, die kolossale Wichtigkeit dieses montagnard'schen Streiches wird von den Montagneblättern selber noch nicht gehörig erkannt; diese Milliarde ist ein Gährungsstoff, der wie eine Lunte im Bauernvolke schwelt und eines schönen Tages den Milliardefressern den Garaus machen könnte. Auch der treffliche Vorschlag des Deputirten Brives, die Miethen von Häusern und Landstücken um 25% zu ermäßigen, selbst in den vor 1848 geschloßnen Kontrakten, hat in's Nervenmark der Volksschänder gestochen, und der "Corsaire", eins ihrer beliebtesten Organe, nimmt das Ding so ernstlich, daß er eine Modifikation anbringt, um "einestheils diesem von den ewigen Gesellschaftsfeinden, gleich einem Feuerbrande zwischen Proletarier und Besitzer geschleuderten Vorschlage sein Barbarisches zu nehmen, anderseits jedoch auch um den gerechten Anforderungen der kleinen Miether, die seit der Februarrevolution wie durch eine Wasserhose - laßt uns dahin arbeiten, daß sie nie wiederkehre! - ruinirt wurden, entgegen zu kommen." Man sieht, diese hochadligen Schurken und jesuitischen Ausschweiflinge vom Corsaire, die Krautjunker Contlogou, Besselievre, Froment, Rovigo und Spießgesellen, sind doch nicht ganz blasirt; und sie machen ein Sammetpfötchen, während sie in derselben Nummer in einem "Energie! stets Energie" überschriebenen Sturmartikel rufen: "Die Ehrenmänner begreifen, daß es heute ganz einfach um Zerstörung der christlich-civilisirten Ge- (Siehe den Verfolg in der Beilage) des Obelisken, auf dem Volksplatze, wurden 3 Fahnen mit einer phrygischen Mütze aufgepflanzt. Morgen wird rings um den Obelisken ein Volksbanket stattfinden. Einige junge Leute tragen die Jakobinermütze, andere rothe Federn am Hut. Fast alle Truppen sind an die Gränzen gerückt.“ Die konstituirende Versammlung hat folgendes Dekret erlassen: „Die römische Republik an das toskanische Volk! Im Augenblicke, wo wir das große Wort der Freiheit aussprechen, haben wir um uns geschaut, von welcher Seite uns hochherzige Antwort käme. Wir zweifelten nicht, daß Ihr uns mit einem Rufe der Freundschaft und Zuneigung begrüßen würdet. Ihr habt in demselben Momente ein großes Werk im Hinblicke auf Rom vollbracht. Die beiden Revolutionen haben bewiesen, daß die italienischen Völker Brüder sind durch ihre Bestrebungen und durch die Bedürfnisse ihrer Situationen. Wir haben Rache genommen an alten Verläumdungen Derselbe Gedanke erfüllt Italiens Kinder.“ In der Sitzung vom 8. Februar hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten, Peter Sterbini, folgende Rede: „Die alte Politik besteht noch. Oesterreich ist der Verbündete des Pabstthums. Der italienische Bourbonenfürst, dieser zärtliche Freund Oesterreichs, hat sich zum Beschützer des päbstlichen Hofes gemacht. Also keine Wahl: Ohne die weltliche Macht der Päbste werden wir frei sein; mit dieser Macht werden wir für immer Oesterreicher bleiben. Heute ist es an uns zu entscheiden, ob wir den Pabst zum Fürsten haben, ob wir Oesterreicher bleiben wollen oder ob wir die italienische Unabhängigkeit und die nationalen Freiheiten vorziehen! Wie hat man uns getäuscht! Als der päbstliche Hof erhalten hatte, was er wünschte, die Garantie seiner Staaten, zog er sich vom Kampfe zurück und rief das Unglück auf unsere Armeen. Ist von nun an noch eine Allianz möglich zwischen dem Oesterreicherbefreundeten Fürsten und dem Oesterreichhassenden Volke! In Wahrheit! Gioberti's Vertrauen überrascht uns; wir können es nicht theilen. Er, der Poet, träumt von einer Allianz zwischen Gaëta und Turin, als wenn der erste Feind des päbstlichen Hofes nicht Piemont wäre, das 100,000 Soldaten unter den Waffen hat und sich mit Oesterreich zu messen droht. In diesem Kampfe werden die italienischen Völker mit und für uns sein, und die italienischen Fürsten, wollen sie wirklich Italiens Unabhängigkeit, was haben sie von einer demokratischen Regierung zu Rom zu befürchten? Ist aber ihre Liebe für Italiens Freiheit und Unabhängigkeit nur eine Fiktion, so mögen sie zittern vor dem magischen Namen der Freiheit, den wir auf das Capitol geschrieben haben! Sie mögen zittern vor dem lateinischen Adler, der seine majestätischen Flügel entfalten könnte, um den ganzen Himmel Italiens zu bedecken. Aber man bedroht Turin mit der Gegenwart Radetzki's; wozu aber denn die 100,000 zum Kampfe gerüsteten Piemonteser? Ist der König von Savoyen nicht mehr Italiens Schwerdt? Sind die Sachen dahin gelangt, so laßt uns den Ruf des Soldaten ausstoßen, der für das Vaterland stirbt. Ueberliefern wir unsern Kindern den Racheschrei; proklamiren wir das große Prinzip, daß die weltliche Herrschaft der Päbste unverträglich ist mit der italienischen Freiheit. Das Blut der italienischen Märtyrer wird die prunkvolle Tiara für immer beflecken. Man bedroht uns mit der Feindschaft aller europäischen Mächte. Ich weiß es, die Freiheit ist eine Pflanze, die sich von Stürmern nährt. Aber ich erblicke die österreichische Monarchie in Krieg mit Ungarn und die preußische Monarchie bereit, sich über den Ruinen von Frankfurt zu erheben; ich sehe republikanische Banden frei die Provinzen Spaniens durchstreifen. Ich sehe das republikanische Frankreich jeden bedrohen, der es den Despotismus wieder in die Arme zu werfen wagen würde. Die Worte eines Lamartine, eines Cavaignac werden mich nie täuschen, ich ziehe es vor die Stimmen der Völker zu hören, die geschworen haben, nicht mehr unter das Joch zurückzukehren. Der Ruf nach nationaler Unabhängigkeit ertönt überall und das Geräusch des unaufhörlichen Sturzes eidbrüchiger Dynastien. Wird unsere Regeneration sich friedlich vollziehen? Schwer zu lösende Frage. Wir verheimlichen es nicht, große Gefahren, große Opfer stehen uns bevor. Die heimtückische Politik der italienischen Fürsten, die nur zum Schein der Freiheit huldigen, wird sich empören gegen die Wiedergeburt eines physisch und moralisch starken Volkes, das fähig ist zu großen Dingen und geboren für große Geschicke. Daher, ich sage es offen, bereiten wir uns vor zu einem schrecklichen Kampfe, zu allen Opfern, auf alle Gefahren, auf den Krieg, auf Blut! Eine schwere Verantwortlichkeit fällt auf unser Haupt; diskutiren wir ruhig, gewissenhaft; unsere Entscheidung soll inniger Ueberzeugung, nicht Gemüthsaufwallung ihrer Ursprung verdanken. Wenn die Republik im Capitol proklamirt ist, muß der Volksenthusiasmus, nicht banges Erwägen der Zukunft sie ausrufen. Dieser Tag wird der schönste des italienischen Lebens sein; er darf durch keine Wolke verdunkelt werden. Ein einziger Wille wie ein einziger Ruf: Rom und Italien!“ Ja! Rom und Italien. Und wenn die Despoten noch einmal mit ihren barbarischen Horden dieses schöne, durch die Proklamation der Republik wiedergeborne Land überschwemmen wollen, werden alle freien Völker sich wie ein einziger Mann erheben, um ihren italienischen Brüdern zur Hülfe zu eilen. Die Regierungen werden vergeblich Staatsgründe anrufen, das Volk begreift diese Gründe nicht, sobald man seine Brüder erwürgt. Man erinnere sich Palermo's, Messina's und der Massakre von Mailand! Der „Contemporaneo“ scheint die Anerkennung der römischen Republik durch die französische zu bezweifeln. Selbst die Faucher, die Barrot, die Fallour werden das nicht riskiren! Der römische Moniteur meldet: Die provisorische Kommission für die öffentliche Sicherheit befiehlt, daß im Verlaufe von 3 Tagen alle Wappen, Zeichen u. s. w. der päbstlichen Regierung von öffentlichen und Privatgebäuden entfernt werden. Ausgenommen sind kirchliche Gebäude. Die „italienische Constituante“, die zu Florenz erscheint, schreibt unter dem 12. Februar: „Toskana muß sich unmittelbar mit Rom vereinigen! Die provisorische toskanische Regierung hat beschlossen, in Erwägung, daß die Regierungsform Toskana's als eines Theils von Italien, durch die italienische Constituante bestimmt werden wird, daß aber einstweilen Toskana durch eine Versammlung regiert werden muß, die wirklich das Land vertritt: 1) Die Deputirtenkammer und der Senat sind aufgelöst; 2) die gesetzgebende Gewalt ist der provisorischen Regierung und einer einzigen Versammlung übertragen, die aus Volksrepräsentanten besteht, welche durch allgemeine, direkte Wahl gewählt sind; 3) die Vorlegung von Gesetzen steht der gesetzgebenden Versammlung zu und dem Ministerium; 4) die Versammlung wird zusammengesetzt sein aus 120 Repräsentanten, die sektionsweise gewählt sind, im Verhältnisse zur Bevölkerung; 5) die Wahlen werden nach den Gemeinden, die Abstimmungen nach den Sektionen stattfinden; 6) jedes Bullerin muß so viel Namen enthalten, als Deputirte in einer Sektion zu wählen sind; die Wähler müssen 21 Jahre alt sein, die Wählbaren 25; 8) weder Wähler noch wählbar sind Frauen, Interdicirte, Fremde, wegen gemeiner Verbrechen Verurtheilte; 9) die Versammlung ist berufen für den 15. März 1849; 10) der Gesetzesvorschlag für die Ernennung von Deputirten zur italienischen Constituante wird der Sanktion der Versammlung unterworfen werden.“ Der ganze Generalstab hat sein Devocement für die provisorische toskanische Regierung betheuert. Eine neue Römerlegion organisirt sich, um ihre Dienste anzubieten. Der Volkszirkel organisirt sich als Legion, um sich zur Verfügung der Regierung zu stellen. Das Volk durcheilt die Straßen mit dem Rufe: Es lebe die provisorische Regierung, es lebe die italienische Republik! Von Livorno kam ein außerordentlicher Zug an mit der Livorneser Legion, die aus Munizipalgarden, Tirailleuren, Füsilieren und Nationalartilleristen besteht, alles in allem 600 Mann mit einigen Kanonen. Das Volk ging ihr entgegen mit Fackeln und Fahnen, und dieser ganze Zug bewegte sich durch die Straßen von Florenz mit dem tausendfach wiederhallenden Ruf: Es lebe Livorno! Es lebe Florenz! Es lebe die italienische Republik! Die Livorneser Legion ist logirt in dem Kloster des heiligen Geistes. Francesko Rutignie ist zum kommandirenden Oberst der Garden ernannt worden, die Elba bewachen. Die provisorische Regierung von Toskana hat den Advokaten Federigo Pescantini zu ihrem Spezialabgeordneten bei der römischen Republik ernannt. Die „Alba“ bringt folgende Protestation vom 11. Februar: „An die Mitglieder der toskanischen provisorischen Regierung!“ „Die Ordnung, das Vaterland und der Unabhängigkeitskrieg sind die Devise aller toskanischen Offiziere. Die Offiziere der Miliz in der Garnison zu Florenz betheuern daher laut vor Toskana und vor ganz Italien, daß ihre Ansichten durchaus nicht übereinstimmen mit denen, die heute Morgen von einem Theile ihrer Kameraden gegen die Mitglieder der provisorischen Regierung ausgesprochen worden sind.“ * Rom, 20. Februar. Die konstituirende Versammlung hat folgenden Beschluß gefaßt: 1) Bis die Konstitution der römischen Republik dekretirt und in Kraft getreten ist, wird die konstituirende Versammlung den Staat regieren vermittelst eines Vollziehungsausschusses. 2) Der Vollziehungsausschuß wird bestehen aus 3 Italienern, die verantwortlich und nach dem Willen der Versammlung absetzbar sind. 3) Der Vollziehungsausschuß besteht aus den Bürgern Armellini, der 139 Stimmen, Saliceti, der 114 Stimmen, Mathias Montecchi, der 85 Stimmen erhalten hat. * Modigliona, 9. Februar. Sobald man die Flucht Leopold's erfuhr, ließ man alle Glocken spielen. Die Nationalgarde trat unter die Waffen, und überall ertönte der Ruf: Es lebe die provisorische Regierung! Leopold ist Vaterlandsverräther! Die großherzoglichen Wagen wurden auf öffentlichem Platze verbrannt, ebenso das goldene Buch, das in der Kanzlei aufbewahrt wurde. * Neapel, 11. Febr. Der König von Neapel scheint fest entschlossen, eher die zwei Kammern aufzulösen, als sein Ministerium zu entlassen. ‒ Man bereitet eine bewaffnete Seeexpedition gegen Palermo vor. Französische Republik. 17 Paris, 19. Februar. Die Glorie des Professor Michelet am College de France, die neben der von Edgar Quinet und Adam Mizkiwitsch unter Louis Philipp so hell leuchtete, ist dem Erlöschen nahe, und das ist gut. Er fährt in seinen jetzigen Kursen über den Sozialismus u. Kommunismus her, wie damals über die Jesuiten und Atheisten; in der ersten Vorlesung, vor 8 Tagen, hatten die Studenten ihn noch mit Jubelruf empfangen, dann folgte erstaunendes, eisiges Schweigen, dann Gemurre. Edgar Buinet erwartet gewiß das Gleiche. So fällt eine klassische Herrlichkeit nach der andern vor dem Brennstrahl der Sozialdemokraten. Mit Armand Marrast kam es vor 8 Tagen bereits so weit, daß er durch das Gezische der Rothen und Legitimisten des Parterre aus seiner Opernloge vertrieben ward. Cavaignac ist ein abgetakeltes Schiff. Wer spricht heute noch von den hohen Meistern Corbon, Buchez und Bastide? Die ganze Partei des „National“, mit und ohne Glacehandschuh, ist jammervoll „gestorben, verdorben.“ Und wie der kahlhäuptige Barrot unter den marrastianischen Provinzialbeamten aufräumt! Ihrer ganze Fuhren voll werden weggekarrt und durch ultra-royalistische und jesuitische Knappen und Ritter ersetzt. Marschall Bugeaud kann vor den Lorbeeren des Windischgrätz (letzterer heißt in Graf Mole's „Assemblee Nationale“ immer „der große Wiederhersteller der Ordnung im Osten“), nicht mehr schlafen und General Changarnier möchte, wie Privatzeugnisse versichern, Jellachich und Monk zugleich spielen. Die Pauke des alten Bluthundes in Bourges ward noch von der in Lyon übertroffen, wo er den in Reih und Glied aufgestellten Notabuitäten und Volksverderbern, dem Parket, der Handelskammer, der Polizei u. s. w. mit afrikanischer Beredtsamkeit eröffnete, an einen Krieg mit dem Auslande dürfe Frankreich nicht denken, wohl aber an einen Bürgerkrieg, und für diesen eben möge das Heer und die Bürgerwehr sich bereit halten! er werde die Ordnungsmänner zum Vernichtungskampf (lutte décisive et querre d'extermination) führen gegen die Ordnungsfeinde in Paris. Der Jubel der königthümlichen Presse über diese afrikanischen Impertinenzen ist unbeschreiblich. Der alberne „Constitutionnel“ nennt diese Rede ein Meisterstück der Form sowohl (bekanntlich weiß der alte Marschall den Conjunctivus niemals richtig zu gebrauchen), als auch dem Inhalt nach. (z. B. erbaut sich der „Constitutionnel“ an dem „sublimen“ Satze: „Frankreich braucht nicht erst kommunistisch gemacht zu werden, meine Herren! es lebt schon seit Jahren in der Gemeinschaft der Interessen und Ideen.“) So etwas charakterisirt diese Herren der Reaktion; es sind fast lauter Strolche aus der Sorte der Ferdinand's, von deren einem, dem spanischen Ferdinand, Barthelemy sang: monstre au coeur de tigre...et au cerveau de mouton (Mißgeburt Du, mit dem Tigerherzen und Schaafsgehirn). Bugeaud ist außerdem eine halb komische Figur. Folgendes war, nach Gallois „Geschichte der Februar-Revolution“, die berühmte Rede, die er am 24. Februar 1848, beinahe à la Suwarow, losdonnerte: „Ich stelle mich seitwärts,“ sagte er in theatralischer Positur zu den Linienoffizieren, „damit alle mich hören können; der Wind wird meine Worte Ihnen zuführen. Wohlan, meine Herren, ich sage mit Freuden, mit Entzücken, daß der König mich zum Oberkommandanten des Heeres und der Bürgerwehr so eben gemacht. Ich bin stolz auf das Zutrauen; ich werde es nicht täuschen. Ich hatte niemals Waffenunglück, werde es also wohl auch heute nicht haben. Als Garantien für diese militärische Jungfräulichkeit, auf die ich stolz bin, habe ich die edeln Herzen in Ihrer Brust. Wir wollen folglich nach meiner Manier diese Volksmassen bekämpfen, nämlich zwei Kugeln in's Rohr, wie sich's gebührt, gegen Galeerenzüchtlinge und entlassene Sträflinge, welche uns gegenüberstehen. Was verlangen diese Kerls? Der König, meine Herren, Sie wissen es so gut wie ich, ist nie über die Schnur des Gesetzes getreten. Wir kämpfen also unter dem Paniere des Rechts. Die Anzahl der Feinde darf uns übrigens nicht erschrecken. Und kämen sie in Swärmen vom Tuilerienschloß bis an den Bastillenplatz, ich übernehme es, sie zu schlagen, und je dichter sie stehen, desto mehr werde ich vernichten. Aber zwei Kugeln in's Rohr, meine Herren! Je mehr wir dieser Lumpenhunde (miserables) tödten, desto besser für's Land. Also verstanden: wir attakiren die Barrikaden, wir schießen von beiden Seiten. Und jetzt sagen Sie's Ihren Soldaten.“ Allein schon zwei Stündchen darauf, als der König Thiers und Barrot mit Bilden eines Kabinets beauftragt hatte, schrieb er: „Ich befehle sofort Aufhören des Schießens an, und die Bürgerwehr wird Polizeidienste thun. Bugeaud, Marschall Herzog von Isly.“ Diese rührende Sinnesänderung im Verlauf zweier Stunden ward aber nicht bekannt; die Volksführer und deren Vertraute höhnten die etwaigen Zettelankleber aus und wo diese Proklamation doch angeschlagen war, zerriß man sie schnell. Ebenso erging es der andern, die den Herren Thiers, Malleville, Odilon Barrot, Remusat und Duvergier die Portefeuilles verlieh und die Kammer auflöste. Nach der kurzen Posse kam aber wieder die Schurkerei. Dieser windischgrätzelnde Arbeitermassakrirer der Straße Transnonain lief einige Tage später spornstreichs zum provisorischen Gouvernement und bot denselben Galeerenzüchtlingen seinen jüngfräulichen Degen an, ohne sich um seinen Wohlthäter Louis Philipp weiter zu bekümmern. Und die Galeerenzüchtlinge waren so dumm und so schlecht, daß sie diesen Degen huldreichst annahmen, statt ihn dem Jungfräulichen durch die Gurgel zu ziehen...!! Ach, es erwachen in dieser Woche, Angesichts der blutigen Februartage, alle bösen Erinnerungen wieder, und die Demokratenpartei wird Freitag und Samstag in Sack und Asche trauern dürfen (das Ministerium gestattet gnädig eine religiöse Feier), ob ihrer beispiellosen Gimpelei im Jahre 48. ‒ In Narbonne organisirt die Königspartei unter der Nase der Behörden, die umsonst den Prokurator der Republik daselbst aufmerksam machten, eine verborgene Bürgerwehr unter Kommando eines louisphilippschen Munizipalgardisten, und will damit die offizielle Bürgerwehr bekämpfen, wenn es losgeht. Allerlei Lumpenproletariat läßt sich einrolliren. Herr Leon Faucher ist viel zu eifrig mit ministeriellen Jagdparthien auf republikanisches Roth- und Schwarzwild beschäftigt, um auf solche Bagatelle zu achten. In Beziers, bei Montpellier, ist der gesammte Munizipalrath abgetreten, als „zu republikanisch“ denunzirt, hatte er stetige Plackereien vom Präfekten zu erdulden. In Cette, wo eine ultra-königliche Kaufmannschaft, berühmt durch ihre Weinverfälscherei, ist der Municipalrath und die Bürgerwehr aufgelöst und der Bürgermeister als „roth“ abgesetzt worden, weil er die rothe Jakobinerkappe von dem Freiheitspappelbaum nicht hatte abnehmen und noch weniger denselben umhauen lassen wollen. Erfreulich ist, daß das Volk wenigstens dort die Mucker des Royalistenvereins weidlich zusammenpaukte und die Möbeln auf der Straße verbrannte. Herr Leon Faucher bedauert, in einem Briefrapport an Bonaparte, daß im französischen Gesetz noch kein Paragraph stehe, der eine solcher Unthat gleichkommende Züchtigung enthalte. Ein Wink für die Gesetzfabrikanten, die im Mai zusammenkommen. Die Pfaffen stiften durch Wahrsagerei wieder viel Unruhe: so treibt sich eine gewisse Reichhorn im Elsaß herum, die seit Juni in immer steigender Prozession den Einzug des gebenedeiten Königs von Zion (Henri V.) prophezeit; man singt auch auf die Melodie des Girondinerlieds eine rührende Poesie, worin es heißt: „Komm, nobler Henri, und zeig uns wieder deinen weißen Federbusch ohne Makel, der deine Ahnen zum Siege und uns zum Glücke führte; komm und beschäme durch Wohlthaten die Montagne, vernichte sie durch Großmuth.“ Die blutdürstende „Opinion publique“ citirt diese Strophe und seufzt pharisäisch: „hieraus sollten die Rothen absehen, daß wir, der heiligen Vorschrift der christlichen Liebe und Verzeihung gemäß, ihnen schlechterdings nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern sie durch Güte entwaffnen wollen.“ Bei alledem ist die Reaktion der Furcht näher als der Zuversicht, und obschon sie vierzehn Bombenforts um Paris hat, und 100,000 Liniensoldaten in und bei Paris, denen sie Polizei- und Henkersdienste eintrichtert, wird sie westlich längs der Mauer, auf dem zu Ehren des verstorbenen Herzogs Orleans, Ferdinandville getauften Terrain, eine bunte Reihe Kasernen, Schanzen und Artillerieparks anlegen, wohin sich das würdige Staatshaupt bergen, und woher es bequem die Pariser Ruhestörer beschießen kann. „Die Departements werden übrigens nicht auf Paris marschiren, selbst wenn dieses scharlachroth würde (Voir du Peuple v. Marseille), denn es ist ein gar weiter Weg für unsre Herren Bourgeois, deren Familie und Haus inzwischen allein bleiben müßten; Eisenbahnen fehlen noch fast überall; den Stadtarbeitern ist nicht zu trauen, sie wären kapabel hinterm Rücken eine Diversion zu machen; die Bauern rühren sich nicht vom Fleck. Und wenn auch wie im Juni an 8000 Nationalgarden bis aus Bayonne und Lille nach Paris kämen, würde man diese Reaktionshelden, die soviel Geld zu dergleichen weiten Wanderungen aufbringen, nicht ganz besonders zum Herbeischaffen von Geldern, die dem Volke nützlich, verwenden können? Bourgeois, Edelleute, die von den Pyrenäen und aus der Vendee her zum Umstürzen der Volksmacht nach Paris zu marschiren, das Geld finden, dürften sehr geeignet sein, unter Applicirung der gebührenden Mittel, auch Geld zu finden, um die Republik stützen. Eine köstliche Taktik ist fortan, den Bauer gegen seine Blutaussauger dadurch aufzuhetzen, daß man die tausend Millionen Franken (etwas unter 330 Mill. Thaler) die 1825 die emigrirt gewesenen Freiheitsfeinde und Junker ihm als sog Entschädigung ausquetschten durch Kammervotum und Steuereinnehmer, dem Bauer von heute als ihm gebührende Schuld vorstellt. Der Bauer ist ein fürchterlicher Gläubiger, und wenn er erst ganz die Betrügerei begreift, welche die privilegirten Kasten sich mit ihm erlaubten und erlauben, dann wird er seinen Schuldnern scharf die Ohren reiben (frottera un peu durerment leurs oreilles).“ So viel steht fest, daß wöchentlich Petitionen um Rückzahlung der Milliarde nebst Zinsen seit 1825, und somit Wiedererstattung der Neunsoussteuer, bei der Kammer eingehen. So erschien vor drei Tagen eine mit 6989 Namen versehene, aus der Provinz der Rhonemündungen. Ich glaube sogar, die kolossale Wichtigkeit dieses montagnard'schen Streiches wird von den Montagneblättern selber noch nicht gehörig erkannt; diese Milliarde ist ein Gährungsstoff, der wie eine Lunte im Bauernvolke schwelt und eines schönen Tages den Milliardefressern den Garaus machen könnte. Auch der treffliche Vorschlag des Deputirten Brives, die Miethen von Häusern und Landstücken um 25% zu ermäßigen, selbst in den vor 1848 geschloßnen Kontrakten, hat in's Nervenmark der Volksschänder gestochen, und der „Corsaire“, eins ihrer beliebtesten Organe, nimmt das Ding so ernstlich, daß er eine Modifikation anbringt, um „einestheils diesem von den ewigen Gesellschaftsfeinden, gleich einem Feuerbrande zwischen Proletarier und Besitzer geschleuderten Vorschlage sein Barbarisches zu nehmen, anderseits jedoch auch um den gerechten Anforderungen der kleinen Miether, die seit der Februarrevolution wie durch eine Wasserhose ‒ laßt uns dahin arbeiten, daß sie nie wiederkehre! ‒ ruinirt wurden, entgegen zu kommen.“ Man sieht, diese hochadligen Schurken und jesuitischen Ausschweiflinge vom Corsaire, die Krautjunker Contlogou, Besselievre, Froment, Rovigo und Spießgesellen, sind doch nicht ganz blasirt; und sie machen ein Sammetpfötchen, während sie in derselben Nummer in einem „Energie! stets Energie“ überschriebenen Sturmartikel rufen: „Die Ehrenmänner begreifen, daß es heute ganz einfach um Zerstörung der christlich-civilisirten Ge- (Siehe den Verfolg in der Beilage) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar229_021" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="1260"/> des Obelisken, auf dem Volksplatze, wurden 3 Fahnen mit einer phrygischen Mütze aufgepflanzt. Morgen wird rings um den Obelisken ein Volksbanket stattfinden. Einige junge Leute tragen die Jakobinermütze, andere rothe Federn am Hut. Fast alle Truppen sind an die Gränzen gerückt.“</p> <p>Die konstituirende Versammlung hat folgendes Dekret erlassen:</p> <p>„Die römische Republik an das toskanische Volk!</p> <p>Im Augenblicke, wo wir das große Wort der Freiheit aussprechen, haben wir um uns geschaut, von welcher Seite uns hochherzige Antwort käme. Wir zweifelten nicht, daß Ihr uns mit einem Rufe der Freundschaft und Zuneigung begrüßen würdet. Ihr habt in demselben Momente ein großes Werk im Hinblicke auf Rom vollbracht. Die beiden Revolutionen haben bewiesen, daß die italienischen Völker Brüder sind durch ihre Bestrebungen und durch die Bedürfnisse ihrer Situationen. Wir haben Rache genommen an alten Verläumdungen Derselbe Gedanke erfüllt Italiens Kinder.“</p> <p>In der Sitzung vom 8. Februar hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten, Peter <hi rendition="#g">Sterbini,</hi> folgende Rede:</p> <p>„Die alte Politik besteht noch. Oesterreich ist der Verbündete des Pabstthums. Der italienische Bourbonenfürst, dieser zärtliche Freund Oesterreichs, hat sich zum Beschützer des päbstlichen Hofes gemacht. Also keine Wahl: Ohne die weltliche Macht der Päbste werden wir frei sein; mit dieser Macht werden wir für immer Oesterreicher bleiben. Heute ist es an uns zu entscheiden, ob wir den Pabst zum Fürsten haben, ob wir Oesterreicher bleiben wollen oder ob wir die italienische Unabhängigkeit und die nationalen Freiheiten vorziehen!</p> <p>Wie hat man uns getäuscht! Als der päbstliche Hof erhalten hatte, was er wünschte, die Garantie seiner Staaten, zog er sich vom Kampfe zurück und rief das Unglück auf unsere Armeen. Ist von nun an noch eine Allianz möglich zwischen dem Oesterreicherbefreundeten Fürsten und dem Oesterreichhassenden Volke!</p> <p>In Wahrheit! Gioberti's Vertrauen überrascht uns; wir können es nicht theilen. Er, der Poet, träumt von einer Allianz zwischen Gaëta und Turin, als wenn der erste Feind des päbstlichen Hofes nicht Piemont wäre, das 100,000 Soldaten unter den Waffen hat und sich mit Oesterreich zu messen droht.</p> <p>In diesem Kampfe werden die italienischen Völker mit und für uns sein, und die italienischen Fürsten, wollen sie wirklich Italiens Unabhängigkeit, was haben sie von einer demokratischen Regierung zu Rom zu befürchten? Ist aber ihre Liebe für Italiens Freiheit und Unabhängigkeit nur eine Fiktion, so mögen sie zittern vor dem magischen Namen der Freiheit, den wir auf das Capitol geschrieben haben! Sie mögen zittern vor dem lateinischen Adler, der seine majestätischen Flügel entfalten könnte, um den ganzen Himmel Italiens zu bedecken. Aber man bedroht Turin mit der Gegenwart Radetzki's; wozu aber denn die 100,000 zum Kampfe gerüsteten Piemonteser? Ist der König von Savoyen nicht mehr Italiens Schwerdt? Sind die Sachen dahin gelangt, so laßt uns den Ruf des Soldaten ausstoßen, der für das Vaterland stirbt. Ueberliefern wir unsern Kindern den Racheschrei; proklamiren wir das große Prinzip, daß die weltliche Herrschaft der Päbste unverträglich ist mit der italienischen Freiheit. Das Blut der italienischen Märtyrer wird die prunkvolle Tiara für immer beflecken. Man bedroht uns mit der Feindschaft aller europäischen Mächte. Ich weiß es, die Freiheit ist eine Pflanze, die sich von Stürmern nährt. Aber ich erblicke die österreichische Monarchie in Krieg mit Ungarn und die preußische Monarchie bereit, sich über den Ruinen von Frankfurt zu erheben; ich sehe republikanische Banden frei die Provinzen Spaniens durchstreifen.</p> <p>Ich sehe das republikanische Frankreich jeden bedrohen, der es den Despotismus wieder in die Arme zu werfen wagen würde. Die Worte eines Lamartine, eines Cavaignac werden mich nie täuschen, ich ziehe es vor die Stimmen der <hi rendition="#g">Völker</hi> zu hören, die geschworen haben, nicht mehr unter das Joch zurückzukehren. Der Ruf nach nationaler Unabhängigkeit ertönt überall und das Geräusch des unaufhörlichen Sturzes eidbrüchiger Dynastien.</p> <p>Wird unsere Regeneration sich friedlich vollziehen? Schwer zu lösende Frage. Wir verheimlichen es nicht, große Gefahren, große Opfer stehen uns bevor. Die heimtückische Politik der italienischen Fürsten, die nur zum Schein der Freiheit huldigen, wird sich empören gegen die Wiedergeburt eines physisch und moralisch starken Volkes, das fähig ist zu großen Dingen und geboren für große Geschicke. Daher, ich sage es offen, bereiten wir uns vor zu einem schrecklichen Kampfe, zu allen Opfern, auf alle Gefahren, auf den Krieg, auf Blut!</p> <p>Eine schwere Verantwortlichkeit fällt auf unser Haupt; diskutiren wir ruhig, gewissenhaft; unsere Entscheidung soll inniger Ueberzeugung, nicht Gemüthsaufwallung ihrer Ursprung verdanken. Wenn die Republik im Capitol proklamirt ist, muß der Volksenthusiasmus, nicht banges Erwägen der Zukunft sie ausrufen. Dieser Tag wird der schönste des italienischen Lebens sein; er darf durch keine Wolke verdunkelt werden. Ein einziger Wille wie ein einziger Ruf: Rom und Italien!“</p> <p>Ja! Rom und Italien. Und wenn die Despoten noch einmal mit ihren barbarischen Horden dieses schöne, durch die Proklamation der Republik wiedergeborne Land überschwemmen wollen, werden alle freien Völker sich wie ein einziger Mann erheben, um ihren italienischen Brüdern zur Hülfe zu eilen. Die Regierungen werden vergeblich Staatsgründe anrufen, das Volk begreift diese Gründe nicht, sobald man seine Brüder erwürgt. Man erinnere sich Palermo's, Messina's und der Massakre von Mailand! Der „Contemporaneo“ scheint die Anerkennung der römischen Republik durch die französische zu bezweifeln. Selbst die Faucher, die Barrot, die Fallour werden das nicht riskiren!</p> <p>Der römische Moniteur meldet: Die provisorische Kommission für die öffentliche Sicherheit befiehlt, daß im Verlaufe von 3 Tagen alle Wappen, Zeichen u. s. w. der päbstlichen Regierung von öffentlichen und Privatgebäuden entfernt werden. Ausgenommen sind kirchliche Gebäude.</p> <p>Die „italienische Constituante“, die zu Florenz erscheint, schreibt unter dem 12. Februar:</p> <p>„Toskana muß sich unmittelbar mit Rom vereinigen! Die provisorische toskanische Regierung hat beschlossen, in Erwägung, daß die Regierungsform Toskana's als eines Theils von Italien, durch die italienische Constituante bestimmt werden wird, daß aber einstweilen Toskana durch eine Versammlung regiert werden muß, die wirklich das Land vertritt:</p> <p>1) Die Deputirtenkammer und der Senat sind aufgelöst; 2) die gesetzgebende Gewalt ist der provisorischen Regierung und einer einzigen Versammlung übertragen, die aus Volksrepräsentanten besteht, welche durch allgemeine, direkte Wahl gewählt sind; 3) die Vorlegung von Gesetzen steht der gesetzgebenden Versammlung zu und dem Ministerium; 4) die Versammlung wird zusammengesetzt sein aus 120 Repräsentanten, die sektionsweise gewählt sind, im Verhältnisse zur Bevölkerung; 5) die Wahlen werden nach den Gemeinden, die Abstimmungen nach den Sektionen stattfinden; 6) jedes Bullerin muß so viel Namen enthalten, als Deputirte in einer Sektion zu wählen sind; die Wähler müssen 21 Jahre alt sein, die Wählbaren 25; 8) weder Wähler noch wählbar sind Frauen, Interdicirte, Fremde, wegen gemeiner Verbrechen Verurtheilte; 9) die Versammlung ist berufen für den 15. März 1849; 10) der Gesetzesvorschlag für die Ernennung von Deputirten zur italienischen Constituante wird der Sanktion der Versammlung unterworfen werden.“</p> <p>Der ganze Generalstab hat sein Devocement für die provisorische toskanische Regierung betheuert. Eine neue Römerlegion organisirt sich, um ihre Dienste anzubieten. Der Volkszirkel organisirt sich als Legion, um sich zur Verfügung der Regierung zu stellen. Das Volk durcheilt die Straßen mit dem Rufe: Es lebe die provisorische Regierung, es lebe die italienische Republik! Von Livorno kam ein außerordentlicher Zug an mit der Livorneser Legion, die aus Munizipalgarden, Tirailleuren, Füsilieren und Nationalartilleristen besteht, alles in allem 600 Mann mit einigen Kanonen. Das Volk ging ihr entgegen mit Fackeln und Fahnen, und dieser ganze Zug bewegte sich durch die Straßen von Florenz mit dem tausendfach wiederhallenden Ruf: Es lebe Livorno! Es lebe Florenz! Es lebe die italienische Republik!</p> <p>Die Livorneser Legion ist logirt in dem Kloster des heiligen Geistes. Francesko Rutignie ist zum kommandirenden Oberst der Garden ernannt worden, die Elba bewachen. Die provisorische Regierung von Toskana hat den Advokaten Federigo Pescantini zu ihrem Spezialabgeordneten bei der römischen Republik ernannt.</p> <p>Die „Alba“ bringt folgende <hi rendition="#g">Protestation</hi> vom 11. Februar:</p> <p>„An die Mitglieder der toskanischen provisorischen Regierung!“</p> <p>„Die Ordnung, das Vaterland und der Unabhängigkeitskrieg sind die Devise aller toskanischen Offiziere. Die Offiziere der Miliz in der Garnison zu Florenz betheuern daher laut vor Toskana und vor ganz Italien, daß ihre Ansichten durchaus nicht übereinstimmen mit denen, die heute Morgen von einem Theile ihrer Kameraden gegen die Mitglieder der provisorischen Regierung ausgesprochen worden sind.“</p> </div> <div xml:id="ar229_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 20. Februar.</head> <p>Die konstituirende Versammlung hat folgenden Beschluß gefaßt:</p> <p>1) Bis die Konstitution der römischen Republik dekretirt und in Kraft getreten ist, wird die konstituirende Versammlung den Staat regieren vermittelst eines Vollziehungsausschusses.</p> <p>2) Der Vollziehungsausschuß wird bestehen aus 3 Italienern, die verantwortlich und nach dem Willen der Versammlung absetzbar sind.</p> <p>3) Der Vollziehungsausschuß besteht aus den Bürgern Armellini, der 139 Stimmen, <hi rendition="#g">Saliceti,</hi> der 114 Stimmen, Mathias Montecchi, der 85 Stimmen erhalten hat.</p> </div> <div xml:id="ar229_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Modigliona, 9. Februar.</head> <p>Sobald man die Flucht Leopold's erfuhr, ließ man alle Glocken spielen. Die Nationalgarde trat unter die Waffen, und überall ertönte der Ruf: Es lebe die provisorische Regierung! Leopold ist Vaterlandsverräther! Die großherzoglichen Wagen wurden auf öffentlichem Platze verbrannt, ebenso das goldene Buch, das in der Kanzlei aufbewahrt wurde.</p> </div> <div xml:id="ar229_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel, 11. Febr.</head> <p>Der König von Neapel scheint fest entschlossen, eher die zwei Kammern aufzulösen, als sein Ministerium zu entlassen. ‒ Man bereitet eine bewaffnete Seeexpedition gegen Palermo vor.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar229_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 19. Februar.</head> <p>Die Glorie des Professor Michelet am College de France, die neben der von Edgar Quinet und Adam Mizkiwitsch unter Louis Philipp so hell leuchtete, ist dem Erlöschen nahe, und das ist gut. Er fährt in seinen jetzigen Kursen über den Sozialismus u. Kommunismus her, wie damals über die Jesuiten und Atheisten; in der ersten Vorlesung, vor 8 Tagen, hatten die Studenten ihn noch mit Jubelruf empfangen, dann folgte erstaunendes, eisiges Schweigen, dann Gemurre. Edgar Buinet erwartet gewiß das Gleiche. So fällt eine klassische Herrlichkeit nach der andern vor dem Brennstrahl der Sozialdemokraten. Mit Armand Marrast kam es vor 8 Tagen bereits so weit, daß er durch das Gezische der Rothen und Legitimisten des Parterre aus seiner Opernloge <hi rendition="#g">vertrieben</hi> ward. Cavaignac ist ein abgetakeltes Schiff. Wer spricht heute noch von den hohen Meistern Corbon, Buchez und Bastide? Die ganze Partei des „National“, mit und ohne Glacehandschuh, ist jammervoll „gestorben, verdorben.“ Und wie der kahlhäuptige Barrot unter den marrastianischen Provinzialbeamten aufräumt! Ihrer ganze Fuhren voll werden weggekarrt und durch ultra-royalistische und jesuitische Knappen und Ritter ersetzt. Marschall Bugeaud kann vor den Lorbeeren des Windischgrätz (letzterer heißt in Graf Mole's „Assemblee Nationale“ immer „der große Wiederhersteller der Ordnung im Osten“), nicht mehr schlafen und General Changarnier möchte, wie Privatzeugnisse versichern, Jellachich und Monk zugleich spielen. Die Pauke des alten Bluthundes in Bourges ward noch von der in Lyon übertroffen, wo er den in Reih und Glied aufgestellten Notabuitäten und Volksverderbern, dem Parket, der Handelskammer, der Polizei u. s. w. mit afrikanischer Beredtsamkeit eröffnete, an einen Krieg mit dem Auslande dürfe Frankreich nicht denken, wohl aber an einen Bürgerkrieg, und für diesen eben möge das Heer und die Bürgerwehr sich bereit halten! er werde die Ordnungsmänner zum Vernichtungskampf (lutte décisive et querre d'extermination) führen gegen die Ordnungsfeinde in Paris. Der Jubel der königthümlichen Presse über diese afrikanischen Impertinenzen ist unbeschreiblich. Der alberne „Constitutionnel“ nennt diese Rede ein Meisterstück der Form sowohl (bekanntlich weiß der alte Marschall den Conjunctivus niemals richtig zu gebrauchen), als auch dem Inhalt nach. (z. B. erbaut sich der „Constitutionnel“ an dem „sublimen“ Satze: „Frankreich braucht nicht erst kommunistisch gemacht zu werden, meine Herren! es lebt schon seit Jahren in der Gemeinschaft der Interessen und Ideen.“) So etwas charakterisirt diese Herren der Reaktion; es sind fast lauter Strolche aus der Sorte der Ferdinand's, von deren einem, dem spanischen Ferdinand, Barthelemy sang: monstre au coeur de tigre...et au cerveau de mouton (Mißgeburt Du, mit dem Tigerherzen und Schaafsgehirn). Bugeaud ist außerdem eine halb komische Figur. Folgendes war, nach Gallois „Geschichte der Februar-Revolution“, die berühmte Rede, die er am 24. Februar 1848, beinahe à la Suwarow, losdonnerte: „Ich stelle mich seitwärts,“ sagte er in theatralischer Positur zu den Linienoffizieren, „damit alle mich hören können; der Wind wird meine Worte Ihnen zuführen. Wohlan, meine Herren, ich sage mit Freuden, mit Entzücken, daß der König mich zum Oberkommandanten des Heeres und der Bürgerwehr so eben gemacht. Ich bin stolz auf das Zutrauen; ich werde es nicht täuschen. Ich hatte niemals Waffenunglück, werde es also wohl auch heute nicht haben. Als Garantien für diese militärische Jungfräulichkeit, auf die ich stolz bin, habe ich die edeln Herzen in Ihrer Brust. <hi rendition="#g">Wir wollen folglich nach meiner Manier diese Volksmassen bekämpfen, nämlich zwei Kugeln in's Rohr, wie sich's gebührt, gegen Galeerenzüchtlinge und entlassene Sträflinge, welche uns gegenüberstehen.</hi> Was verlangen diese Kerls? Der König, meine Herren, Sie wissen es so gut wie ich, ist nie über die Schnur des Gesetzes getreten. Wir kämpfen also unter dem Paniere des Rechts. Die Anzahl der Feinde darf uns übrigens nicht erschrecken. Und kämen sie in Swärmen vom Tuilerienschloß bis an den Bastillenplatz, ich übernehme es, sie zu schlagen, und je dichter sie stehen, desto mehr werde ich vernichten. <hi rendition="#g">Aber zwei Kugeln in's Rohr, meine Herren!</hi> Je mehr wir dieser Lumpenhunde (miserables) tödten, desto besser für's Land. Also verstanden: wir attakiren die Barrikaden, wir schießen von beiden Seiten. Und jetzt sagen Sie's Ihren Soldaten.“ Allein schon zwei Stündchen darauf, als der König Thiers und Barrot mit Bilden eines Kabinets beauftragt hatte, schrieb er: „Ich befehle sofort Aufhören des Schießens an, und die Bürgerwehr wird Polizeidienste thun. Bugeaud, Marschall Herzog von Isly.“ Diese rührende Sinnesänderung im Verlauf zweier Stunden ward aber nicht bekannt; die Volksführer und deren Vertraute höhnten die etwaigen Zettelankleber aus und wo diese Proklamation doch angeschlagen war, zerriß man sie schnell. Ebenso erging es der andern, die den Herren Thiers, Malleville, Odilon Barrot, Remusat und Duvergier die Portefeuilles verlieh und die Kammer auflöste. Nach der kurzen Posse kam aber wieder die Schurkerei. Dieser windischgrätzelnde Arbeitermassakrirer der Straße Transnonain lief einige Tage später spornstreichs zum provisorischen Gouvernement und bot denselben Galeerenzüchtlingen seinen jüngfräulichen Degen an, ohne sich um seinen Wohlthäter Louis Philipp weiter zu bekümmern. Und die Galeerenzüchtlinge waren so dumm und so schlecht, daß sie diesen Degen huldreichst annahmen, statt ihn dem Jungfräulichen durch die Gurgel zu ziehen...!!</p> <p>Ach, es erwachen in dieser Woche, Angesichts der blutigen Februartage, alle bösen Erinnerungen wieder, und die Demokratenpartei wird Freitag und Samstag in Sack und Asche trauern dürfen (das Ministerium gestattet gnädig eine religiöse Feier), ob ihrer beispiellosen Gimpelei im Jahre 48. ‒ In Narbonne organisirt die Königspartei unter der Nase der Behörden, die umsonst den Prokurator der Republik daselbst aufmerksam machten, eine verborgene Bürgerwehr unter Kommando eines louisphilippschen Munizipalgardisten, und will damit die offizielle Bürgerwehr bekämpfen, wenn es losgeht. Allerlei Lumpenproletariat läßt sich einrolliren. Herr Leon Faucher ist viel zu eifrig mit ministeriellen Jagdparthien auf republikanisches Roth- und Schwarzwild beschäftigt, um auf solche Bagatelle zu achten. In Beziers, bei Montpellier, ist der gesammte Munizipalrath abgetreten, als „zu republikanisch“ denunzirt, hatte er stetige Plackereien vom Präfekten zu erdulden.</p> <p>In Cette, wo eine ultra-königliche Kaufmannschaft, berühmt durch ihre Weinverfälscherei, ist der Municipalrath und die Bürgerwehr aufgelöst und der Bürgermeister als „roth“ abgesetzt worden, weil er die rothe Jakobinerkappe von dem Freiheitspappelbaum nicht hatte abnehmen und noch weniger denselben umhauen lassen wollen. Erfreulich ist, daß das Volk wenigstens dort die Mucker des Royalistenvereins weidlich zusammenpaukte und die Möbeln auf der Straße verbrannte. Herr Leon Faucher bedauert, in einem Briefrapport an Bonaparte, <hi rendition="#g">daß im französischen Gesetz noch kein Paragraph stehe, der eine solcher Unthat gleichkommende Züchtigung enthalte.</hi> Ein Wink für die Gesetzfabrikanten, die im Mai zusammenkommen. Die Pfaffen stiften durch Wahrsagerei wieder viel Unruhe: so treibt sich eine gewisse Reichhorn im Elsaß herum, die seit Juni in immer steigender Prozession den Einzug des gebenedeiten Königs von Zion (Henri V.) prophezeit; man singt auch auf die Melodie des Girondinerlieds eine rührende Poesie, worin es heißt: „Komm, nobler Henri, und zeig uns wieder deinen weißen Federbusch ohne Makel, der deine Ahnen zum Siege und uns zum Glücke führte; komm und beschäme durch Wohlthaten die Montagne, vernichte sie durch Großmuth.“ Die blutdürstende „Opinion publique“ citirt diese Strophe und seufzt pharisäisch: „hieraus sollten die Rothen absehen, daß wir, der heiligen Vorschrift der christlichen Liebe und Verzeihung gemäß, ihnen schlechterdings nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern sie durch Güte entwaffnen wollen.“ Bei alledem ist die Reaktion der Furcht näher als der Zuversicht, und obschon sie vierzehn Bombenforts um Paris hat, und 100,000 Liniensoldaten in und bei Paris, denen sie Polizei- und Henkersdienste eintrichtert, wird sie westlich längs der Mauer, auf dem zu Ehren des verstorbenen Herzogs Orleans, Ferdinandville getauften Terrain, eine bunte Reihe Kasernen, Schanzen und Artillerieparks anlegen, wohin sich das würdige Staatshaupt bergen, und woher es bequem die Pariser Ruhestörer beschießen kann. „Die Departements werden übrigens nicht auf Paris marschiren, selbst wenn dieses scharlachroth würde (Voir du Peuple v. Marseille), denn es ist ein gar weiter Weg für unsre Herren Bourgeois, deren Familie und Haus inzwischen allein bleiben müßten; Eisenbahnen fehlen noch fast überall; den Stadtarbeitern ist nicht zu trauen, sie wären kapabel hinterm Rücken eine Diversion zu machen; die Bauern rühren sich nicht vom Fleck. Und wenn auch wie im Juni an 8000 Nationalgarden bis aus Bayonne und Lille nach Paris kämen, würde man diese Reaktionshelden, die soviel Geld zu dergleichen weiten Wanderungen aufbringen, nicht ganz besonders zum Herbeischaffen von Geldern, die dem Volke nützlich, verwenden können? Bourgeois, Edelleute, die von den Pyrenäen und aus der Vendee her zum Umstürzen der Volksmacht nach Paris zu marschiren, das Geld finden, dürften sehr geeignet sein, unter Applicirung der gebührenden Mittel, auch Geld zu finden, um die Republik stützen. Eine köstliche Taktik ist fortan, den Bauer gegen seine Blutaussauger dadurch aufzuhetzen, daß man die tausend Millionen Franken (etwas unter 330 Mill. Thaler) die 1825 die emigrirt gewesenen Freiheitsfeinde und Junker ihm als sog Entschädigung ausquetschten durch Kammervotum und Steuereinnehmer, dem Bauer von heute als ihm gebührende Schuld vorstellt. Der Bauer ist ein fürchterlicher Gläubiger, und wenn er erst ganz die Betrügerei begreift, welche die privilegirten Kasten sich mit ihm erlaubten und erlauben, dann wird er seinen Schuldnern scharf die Ohren reiben (frottera un peu durerment leurs oreilles).“ So viel steht fest, daß wöchentlich Petitionen um Rückzahlung der Milliarde nebst Zinsen seit 1825, und somit Wiedererstattung der Neunsoussteuer, bei der Kammer eingehen. So erschien vor drei Tagen eine mit 6989 Namen versehene, aus der Provinz der Rhonemündungen. Ich glaube sogar, die kolossale Wichtigkeit dieses montagnard'schen Streiches wird von den Montagneblättern selber noch nicht gehörig erkannt; diese Milliarde ist ein Gährungsstoff, der wie eine Lunte im Bauernvolke schwelt und eines schönen Tages den Milliardefressern den Garaus machen könnte. Auch der treffliche Vorschlag des Deputirten Brives, die Miethen von Häusern und Landstücken um 25% zu ermäßigen, selbst in den vor 1848 geschloßnen Kontrakten, hat in's Nervenmark der Volksschänder gestochen, und der „Corsaire“, eins ihrer beliebtesten Organe, nimmt das Ding so ernstlich, daß er eine Modifikation anbringt, um „einestheils diesem von den ewigen Gesellschaftsfeinden, gleich einem Feuerbrande zwischen Proletarier und Besitzer geschleuderten Vorschlage sein Barbarisches zu nehmen, anderseits jedoch auch um den gerechten Anforderungen der kleinen Miether, die seit der Februarrevolution wie durch eine Wasserhose ‒ laßt uns dahin arbeiten, daß sie nie wiederkehre! ‒ ruinirt wurden, entgegen zu kommen.“ Man sieht, diese hochadligen Schurken und jesuitischen Ausschweiflinge vom Corsaire, die Krautjunker Contlogou, Besselievre, Froment, Rovigo und Spießgesellen, sind doch nicht ganz blasirt; und sie machen ein Sammetpfötchen, während sie in derselben Nummer in einem „Energie! stets Energie“ überschriebenen Sturmartikel rufen: „Die Ehrenmänner begreifen, daß es heute ganz einfach um Zerstörung der christlich-civilisirten Ge-</p> <p> <ref type="link">(Siehe den Verfolg in der Beilage)</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1260/0004]
des Obelisken, auf dem Volksplatze, wurden 3 Fahnen mit einer phrygischen Mütze aufgepflanzt. Morgen wird rings um den Obelisken ein Volksbanket stattfinden. Einige junge Leute tragen die Jakobinermütze, andere rothe Federn am Hut. Fast alle Truppen sind an die Gränzen gerückt.“
Die konstituirende Versammlung hat folgendes Dekret erlassen:
„Die römische Republik an das toskanische Volk!
Im Augenblicke, wo wir das große Wort der Freiheit aussprechen, haben wir um uns geschaut, von welcher Seite uns hochherzige Antwort käme. Wir zweifelten nicht, daß Ihr uns mit einem Rufe der Freundschaft und Zuneigung begrüßen würdet. Ihr habt in demselben Momente ein großes Werk im Hinblicke auf Rom vollbracht. Die beiden Revolutionen haben bewiesen, daß die italienischen Völker Brüder sind durch ihre Bestrebungen und durch die Bedürfnisse ihrer Situationen. Wir haben Rache genommen an alten Verläumdungen Derselbe Gedanke erfüllt Italiens Kinder.“
In der Sitzung vom 8. Februar hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten, Peter Sterbini, folgende Rede:
„Die alte Politik besteht noch. Oesterreich ist der Verbündete des Pabstthums. Der italienische Bourbonenfürst, dieser zärtliche Freund Oesterreichs, hat sich zum Beschützer des päbstlichen Hofes gemacht. Also keine Wahl: Ohne die weltliche Macht der Päbste werden wir frei sein; mit dieser Macht werden wir für immer Oesterreicher bleiben. Heute ist es an uns zu entscheiden, ob wir den Pabst zum Fürsten haben, ob wir Oesterreicher bleiben wollen oder ob wir die italienische Unabhängigkeit und die nationalen Freiheiten vorziehen!
Wie hat man uns getäuscht! Als der päbstliche Hof erhalten hatte, was er wünschte, die Garantie seiner Staaten, zog er sich vom Kampfe zurück und rief das Unglück auf unsere Armeen. Ist von nun an noch eine Allianz möglich zwischen dem Oesterreicherbefreundeten Fürsten und dem Oesterreichhassenden Volke!
In Wahrheit! Gioberti's Vertrauen überrascht uns; wir können es nicht theilen. Er, der Poet, träumt von einer Allianz zwischen Gaëta und Turin, als wenn der erste Feind des päbstlichen Hofes nicht Piemont wäre, das 100,000 Soldaten unter den Waffen hat und sich mit Oesterreich zu messen droht.
In diesem Kampfe werden die italienischen Völker mit und für uns sein, und die italienischen Fürsten, wollen sie wirklich Italiens Unabhängigkeit, was haben sie von einer demokratischen Regierung zu Rom zu befürchten? Ist aber ihre Liebe für Italiens Freiheit und Unabhängigkeit nur eine Fiktion, so mögen sie zittern vor dem magischen Namen der Freiheit, den wir auf das Capitol geschrieben haben! Sie mögen zittern vor dem lateinischen Adler, der seine majestätischen Flügel entfalten könnte, um den ganzen Himmel Italiens zu bedecken. Aber man bedroht Turin mit der Gegenwart Radetzki's; wozu aber denn die 100,000 zum Kampfe gerüsteten Piemonteser? Ist der König von Savoyen nicht mehr Italiens Schwerdt? Sind die Sachen dahin gelangt, so laßt uns den Ruf des Soldaten ausstoßen, der für das Vaterland stirbt. Ueberliefern wir unsern Kindern den Racheschrei; proklamiren wir das große Prinzip, daß die weltliche Herrschaft der Päbste unverträglich ist mit der italienischen Freiheit. Das Blut der italienischen Märtyrer wird die prunkvolle Tiara für immer beflecken. Man bedroht uns mit der Feindschaft aller europäischen Mächte. Ich weiß es, die Freiheit ist eine Pflanze, die sich von Stürmern nährt. Aber ich erblicke die österreichische Monarchie in Krieg mit Ungarn und die preußische Monarchie bereit, sich über den Ruinen von Frankfurt zu erheben; ich sehe republikanische Banden frei die Provinzen Spaniens durchstreifen.
Ich sehe das republikanische Frankreich jeden bedrohen, der es den Despotismus wieder in die Arme zu werfen wagen würde. Die Worte eines Lamartine, eines Cavaignac werden mich nie täuschen, ich ziehe es vor die Stimmen der Völker zu hören, die geschworen haben, nicht mehr unter das Joch zurückzukehren. Der Ruf nach nationaler Unabhängigkeit ertönt überall und das Geräusch des unaufhörlichen Sturzes eidbrüchiger Dynastien.
Wird unsere Regeneration sich friedlich vollziehen? Schwer zu lösende Frage. Wir verheimlichen es nicht, große Gefahren, große Opfer stehen uns bevor. Die heimtückische Politik der italienischen Fürsten, die nur zum Schein der Freiheit huldigen, wird sich empören gegen die Wiedergeburt eines physisch und moralisch starken Volkes, das fähig ist zu großen Dingen und geboren für große Geschicke. Daher, ich sage es offen, bereiten wir uns vor zu einem schrecklichen Kampfe, zu allen Opfern, auf alle Gefahren, auf den Krieg, auf Blut!
Eine schwere Verantwortlichkeit fällt auf unser Haupt; diskutiren wir ruhig, gewissenhaft; unsere Entscheidung soll inniger Ueberzeugung, nicht Gemüthsaufwallung ihrer Ursprung verdanken. Wenn die Republik im Capitol proklamirt ist, muß der Volksenthusiasmus, nicht banges Erwägen der Zukunft sie ausrufen. Dieser Tag wird der schönste des italienischen Lebens sein; er darf durch keine Wolke verdunkelt werden. Ein einziger Wille wie ein einziger Ruf: Rom und Italien!“
Ja! Rom und Italien. Und wenn die Despoten noch einmal mit ihren barbarischen Horden dieses schöne, durch die Proklamation der Republik wiedergeborne Land überschwemmen wollen, werden alle freien Völker sich wie ein einziger Mann erheben, um ihren italienischen Brüdern zur Hülfe zu eilen. Die Regierungen werden vergeblich Staatsgründe anrufen, das Volk begreift diese Gründe nicht, sobald man seine Brüder erwürgt. Man erinnere sich Palermo's, Messina's und der Massakre von Mailand! Der „Contemporaneo“ scheint die Anerkennung der römischen Republik durch die französische zu bezweifeln. Selbst die Faucher, die Barrot, die Fallour werden das nicht riskiren!
Der römische Moniteur meldet: Die provisorische Kommission für die öffentliche Sicherheit befiehlt, daß im Verlaufe von 3 Tagen alle Wappen, Zeichen u. s. w. der päbstlichen Regierung von öffentlichen und Privatgebäuden entfernt werden. Ausgenommen sind kirchliche Gebäude.
Die „italienische Constituante“, die zu Florenz erscheint, schreibt unter dem 12. Februar:
„Toskana muß sich unmittelbar mit Rom vereinigen! Die provisorische toskanische Regierung hat beschlossen, in Erwägung, daß die Regierungsform Toskana's als eines Theils von Italien, durch die italienische Constituante bestimmt werden wird, daß aber einstweilen Toskana durch eine Versammlung regiert werden muß, die wirklich das Land vertritt:
1) Die Deputirtenkammer und der Senat sind aufgelöst; 2) die gesetzgebende Gewalt ist der provisorischen Regierung und einer einzigen Versammlung übertragen, die aus Volksrepräsentanten besteht, welche durch allgemeine, direkte Wahl gewählt sind; 3) die Vorlegung von Gesetzen steht der gesetzgebenden Versammlung zu und dem Ministerium; 4) die Versammlung wird zusammengesetzt sein aus 120 Repräsentanten, die sektionsweise gewählt sind, im Verhältnisse zur Bevölkerung; 5) die Wahlen werden nach den Gemeinden, die Abstimmungen nach den Sektionen stattfinden; 6) jedes Bullerin muß so viel Namen enthalten, als Deputirte in einer Sektion zu wählen sind; die Wähler müssen 21 Jahre alt sein, die Wählbaren 25; 8) weder Wähler noch wählbar sind Frauen, Interdicirte, Fremde, wegen gemeiner Verbrechen Verurtheilte; 9) die Versammlung ist berufen für den 15. März 1849; 10) der Gesetzesvorschlag für die Ernennung von Deputirten zur italienischen Constituante wird der Sanktion der Versammlung unterworfen werden.“
Der ganze Generalstab hat sein Devocement für die provisorische toskanische Regierung betheuert. Eine neue Römerlegion organisirt sich, um ihre Dienste anzubieten. Der Volkszirkel organisirt sich als Legion, um sich zur Verfügung der Regierung zu stellen. Das Volk durcheilt die Straßen mit dem Rufe: Es lebe die provisorische Regierung, es lebe die italienische Republik! Von Livorno kam ein außerordentlicher Zug an mit der Livorneser Legion, die aus Munizipalgarden, Tirailleuren, Füsilieren und Nationalartilleristen besteht, alles in allem 600 Mann mit einigen Kanonen. Das Volk ging ihr entgegen mit Fackeln und Fahnen, und dieser ganze Zug bewegte sich durch die Straßen von Florenz mit dem tausendfach wiederhallenden Ruf: Es lebe Livorno! Es lebe Florenz! Es lebe die italienische Republik!
Die Livorneser Legion ist logirt in dem Kloster des heiligen Geistes. Francesko Rutignie ist zum kommandirenden Oberst der Garden ernannt worden, die Elba bewachen. Die provisorische Regierung von Toskana hat den Advokaten Federigo Pescantini zu ihrem Spezialabgeordneten bei der römischen Republik ernannt.
Die „Alba“ bringt folgende Protestation vom 11. Februar:
„An die Mitglieder der toskanischen provisorischen Regierung!“
„Die Ordnung, das Vaterland und der Unabhängigkeitskrieg sind die Devise aller toskanischen Offiziere. Die Offiziere der Miliz in der Garnison zu Florenz betheuern daher laut vor Toskana und vor ganz Italien, daß ihre Ansichten durchaus nicht übereinstimmen mit denen, die heute Morgen von einem Theile ihrer Kameraden gegen die Mitglieder der provisorischen Regierung ausgesprochen worden sind.“
* Rom, 20. Februar. Die konstituirende Versammlung hat folgenden Beschluß gefaßt:
1) Bis die Konstitution der römischen Republik dekretirt und in Kraft getreten ist, wird die konstituirende Versammlung den Staat regieren vermittelst eines Vollziehungsausschusses.
2) Der Vollziehungsausschuß wird bestehen aus 3 Italienern, die verantwortlich und nach dem Willen der Versammlung absetzbar sind.
3) Der Vollziehungsausschuß besteht aus den Bürgern Armellini, der 139 Stimmen, Saliceti, der 114 Stimmen, Mathias Montecchi, der 85 Stimmen erhalten hat.
* Modigliona, 9. Februar. Sobald man die Flucht Leopold's erfuhr, ließ man alle Glocken spielen. Die Nationalgarde trat unter die Waffen, und überall ertönte der Ruf: Es lebe die provisorische Regierung! Leopold ist Vaterlandsverräther! Die großherzoglichen Wagen wurden auf öffentlichem Platze verbrannt, ebenso das goldene Buch, das in der Kanzlei aufbewahrt wurde.
* Neapel, 11. Febr. Der König von Neapel scheint fest entschlossen, eher die zwei Kammern aufzulösen, als sein Ministerium zu entlassen. ‒ Man bereitet eine bewaffnete Seeexpedition gegen Palermo vor.
Französische Republik. 17 Paris, 19. Februar. Die Glorie des Professor Michelet am College de France, die neben der von Edgar Quinet und Adam Mizkiwitsch unter Louis Philipp so hell leuchtete, ist dem Erlöschen nahe, und das ist gut. Er fährt in seinen jetzigen Kursen über den Sozialismus u. Kommunismus her, wie damals über die Jesuiten und Atheisten; in der ersten Vorlesung, vor 8 Tagen, hatten die Studenten ihn noch mit Jubelruf empfangen, dann folgte erstaunendes, eisiges Schweigen, dann Gemurre. Edgar Buinet erwartet gewiß das Gleiche. So fällt eine klassische Herrlichkeit nach der andern vor dem Brennstrahl der Sozialdemokraten. Mit Armand Marrast kam es vor 8 Tagen bereits so weit, daß er durch das Gezische der Rothen und Legitimisten des Parterre aus seiner Opernloge vertrieben ward. Cavaignac ist ein abgetakeltes Schiff. Wer spricht heute noch von den hohen Meistern Corbon, Buchez und Bastide? Die ganze Partei des „National“, mit und ohne Glacehandschuh, ist jammervoll „gestorben, verdorben.“ Und wie der kahlhäuptige Barrot unter den marrastianischen Provinzialbeamten aufräumt! Ihrer ganze Fuhren voll werden weggekarrt und durch ultra-royalistische und jesuitische Knappen und Ritter ersetzt. Marschall Bugeaud kann vor den Lorbeeren des Windischgrätz (letzterer heißt in Graf Mole's „Assemblee Nationale“ immer „der große Wiederhersteller der Ordnung im Osten“), nicht mehr schlafen und General Changarnier möchte, wie Privatzeugnisse versichern, Jellachich und Monk zugleich spielen. Die Pauke des alten Bluthundes in Bourges ward noch von der in Lyon übertroffen, wo er den in Reih und Glied aufgestellten Notabuitäten und Volksverderbern, dem Parket, der Handelskammer, der Polizei u. s. w. mit afrikanischer Beredtsamkeit eröffnete, an einen Krieg mit dem Auslande dürfe Frankreich nicht denken, wohl aber an einen Bürgerkrieg, und für diesen eben möge das Heer und die Bürgerwehr sich bereit halten! er werde die Ordnungsmänner zum Vernichtungskampf (lutte décisive et querre d'extermination) führen gegen die Ordnungsfeinde in Paris. Der Jubel der königthümlichen Presse über diese afrikanischen Impertinenzen ist unbeschreiblich. Der alberne „Constitutionnel“ nennt diese Rede ein Meisterstück der Form sowohl (bekanntlich weiß der alte Marschall den Conjunctivus niemals richtig zu gebrauchen), als auch dem Inhalt nach. (z. B. erbaut sich der „Constitutionnel“ an dem „sublimen“ Satze: „Frankreich braucht nicht erst kommunistisch gemacht zu werden, meine Herren! es lebt schon seit Jahren in der Gemeinschaft der Interessen und Ideen.“) So etwas charakterisirt diese Herren der Reaktion; es sind fast lauter Strolche aus der Sorte der Ferdinand's, von deren einem, dem spanischen Ferdinand, Barthelemy sang: monstre au coeur de tigre...et au cerveau de mouton (Mißgeburt Du, mit dem Tigerherzen und Schaafsgehirn). Bugeaud ist außerdem eine halb komische Figur. Folgendes war, nach Gallois „Geschichte der Februar-Revolution“, die berühmte Rede, die er am 24. Februar 1848, beinahe à la Suwarow, losdonnerte: „Ich stelle mich seitwärts,“ sagte er in theatralischer Positur zu den Linienoffizieren, „damit alle mich hören können; der Wind wird meine Worte Ihnen zuführen. Wohlan, meine Herren, ich sage mit Freuden, mit Entzücken, daß der König mich zum Oberkommandanten des Heeres und der Bürgerwehr so eben gemacht. Ich bin stolz auf das Zutrauen; ich werde es nicht täuschen. Ich hatte niemals Waffenunglück, werde es also wohl auch heute nicht haben. Als Garantien für diese militärische Jungfräulichkeit, auf die ich stolz bin, habe ich die edeln Herzen in Ihrer Brust. Wir wollen folglich nach meiner Manier diese Volksmassen bekämpfen, nämlich zwei Kugeln in's Rohr, wie sich's gebührt, gegen Galeerenzüchtlinge und entlassene Sträflinge, welche uns gegenüberstehen. Was verlangen diese Kerls? Der König, meine Herren, Sie wissen es so gut wie ich, ist nie über die Schnur des Gesetzes getreten. Wir kämpfen also unter dem Paniere des Rechts. Die Anzahl der Feinde darf uns übrigens nicht erschrecken. Und kämen sie in Swärmen vom Tuilerienschloß bis an den Bastillenplatz, ich übernehme es, sie zu schlagen, und je dichter sie stehen, desto mehr werde ich vernichten. Aber zwei Kugeln in's Rohr, meine Herren! Je mehr wir dieser Lumpenhunde (miserables) tödten, desto besser für's Land. Also verstanden: wir attakiren die Barrikaden, wir schießen von beiden Seiten. Und jetzt sagen Sie's Ihren Soldaten.“ Allein schon zwei Stündchen darauf, als der König Thiers und Barrot mit Bilden eines Kabinets beauftragt hatte, schrieb er: „Ich befehle sofort Aufhören des Schießens an, und die Bürgerwehr wird Polizeidienste thun. Bugeaud, Marschall Herzog von Isly.“ Diese rührende Sinnesänderung im Verlauf zweier Stunden ward aber nicht bekannt; die Volksführer und deren Vertraute höhnten die etwaigen Zettelankleber aus und wo diese Proklamation doch angeschlagen war, zerriß man sie schnell. Ebenso erging es der andern, die den Herren Thiers, Malleville, Odilon Barrot, Remusat und Duvergier die Portefeuilles verlieh und die Kammer auflöste. Nach der kurzen Posse kam aber wieder die Schurkerei. Dieser windischgrätzelnde Arbeitermassakrirer der Straße Transnonain lief einige Tage später spornstreichs zum provisorischen Gouvernement und bot denselben Galeerenzüchtlingen seinen jüngfräulichen Degen an, ohne sich um seinen Wohlthäter Louis Philipp weiter zu bekümmern. Und die Galeerenzüchtlinge waren so dumm und so schlecht, daß sie diesen Degen huldreichst annahmen, statt ihn dem Jungfräulichen durch die Gurgel zu ziehen...!!
Ach, es erwachen in dieser Woche, Angesichts der blutigen Februartage, alle bösen Erinnerungen wieder, und die Demokratenpartei wird Freitag und Samstag in Sack und Asche trauern dürfen (das Ministerium gestattet gnädig eine religiöse Feier), ob ihrer beispiellosen Gimpelei im Jahre 48. ‒ In Narbonne organisirt die Königspartei unter der Nase der Behörden, die umsonst den Prokurator der Republik daselbst aufmerksam machten, eine verborgene Bürgerwehr unter Kommando eines louisphilippschen Munizipalgardisten, und will damit die offizielle Bürgerwehr bekämpfen, wenn es losgeht. Allerlei Lumpenproletariat läßt sich einrolliren. Herr Leon Faucher ist viel zu eifrig mit ministeriellen Jagdparthien auf republikanisches Roth- und Schwarzwild beschäftigt, um auf solche Bagatelle zu achten. In Beziers, bei Montpellier, ist der gesammte Munizipalrath abgetreten, als „zu republikanisch“ denunzirt, hatte er stetige Plackereien vom Präfekten zu erdulden.
In Cette, wo eine ultra-königliche Kaufmannschaft, berühmt durch ihre Weinverfälscherei, ist der Municipalrath und die Bürgerwehr aufgelöst und der Bürgermeister als „roth“ abgesetzt worden, weil er die rothe Jakobinerkappe von dem Freiheitspappelbaum nicht hatte abnehmen und noch weniger denselben umhauen lassen wollen. Erfreulich ist, daß das Volk wenigstens dort die Mucker des Royalistenvereins weidlich zusammenpaukte und die Möbeln auf der Straße verbrannte. Herr Leon Faucher bedauert, in einem Briefrapport an Bonaparte, daß im französischen Gesetz noch kein Paragraph stehe, der eine solcher Unthat gleichkommende Züchtigung enthalte. Ein Wink für die Gesetzfabrikanten, die im Mai zusammenkommen. Die Pfaffen stiften durch Wahrsagerei wieder viel Unruhe: so treibt sich eine gewisse Reichhorn im Elsaß herum, die seit Juni in immer steigender Prozession den Einzug des gebenedeiten Königs von Zion (Henri V.) prophezeit; man singt auch auf die Melodie des Girondinerlieds eine rührende Poesie, worin es heißt: „Komm, nobler Henri, und zeig uns wieder deinen weißen Federbusch ohne Makel, der deine Ahnen zum Siege und uns zum Glücke führte; komm und beschäme durch Wohlthaten die Montagne, vernichte sie durch Großmuth.“ Die blutdürstende „Opinion publique“ citirt diese Strophe und seufzt pharisäisch: „hieraus sollten die Rothen absehen, daß wir, der heiligen Vorschrift der christlichen Liebe und Verzeihung gemäß, ihnen schlechterdings nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern sie durch Güte entwaffnen wollen.“ Bei alledem ist die Reaktion der Furcht näher als der Zuversicht, und obschon sie vierzehn Bombenforts um Paris hat, und 100,000 Liniensoldaten in und bei Paris, denen sie Polizei- und Henkersdienste eintrichtert, wird sie westlich längs der Mauer, auf dem zu Ehren des verstorbenen Herzogs Orleans, Ferdinandville getauften Terrain, eine bunte Reihe Kasernen, Schanzen und Artillerieparks anlegen, wohin sich das würdige Staatshaupt bergen, und woher es bequem die Pariser Ruhestörer beschießen kann. „Die Departements werden übrigens nicht auf Paris marschiren, selbst wenn dieses scharlachroth würde (Voir du Peuple v. Marseille), denn es ist ein gar weiter Weg für unsre Herren Bourgeois, deren Familie und Haus inzwischen allein bleiben müßten; Eisenbahnen fehlen noch fast überall; den Stadtarbeitern ist nicht zu trauen, sie wären kapabel hinterm Rücken eine Diversion zu machen; die Bauern rühren sich nicht vom Fleck. Und wenn auch wie im Juni an 8000 Nationalgarden bis aus Bayonne und Lille nach Paris kämen, würde man diese Reaktionshelden, die soviel Geld zu dergleichen weiten Wanderungen aufbringen, nicht ganz besonders zum Herbeischaffen von Geldern, die dem Volke nützlich, verwenden können? Bourgeois, Edelleute, die von den Pyrenäen und aus der Vendee her zum Umstürzen der Volksmacht nach Paris zu marschiren, das Geld finden, dürften sehr geeignet sein, unter Applicirung der gebührenden Mittel, auch Geld zu finden, um die Republik stützen. Eine köstliche Taktik ist fortan, den Bauer gegen seine Blutaussauger dadurch aufzuhetzen, daß man die tausend Millionen Franken (etwas unter 330 Mill. Thaler) die 1825 die emigrirt gewesenen Freiheitsfeinde und Junker ihm als sog Entschädigung ausquetschten durch Kammervotum und Steuereinnehmer, dem Bauer von heute als ihm gebührende Schuld vorstellt. Der Bauer ist ein fürchterlicher Gläubiger, und wenn er erst ganz die Betrügerei begreift, welche die privilegirten Kasten sich mit ihm erlaubten und erlauben, dann wird er seinen Schuldnern scharf die Ohren reiben (frottera un peu durerment leurs oreilles).“ So viel steht fest, daß wöchentlich Petitionen um Rückzahlung der Milliarde nebst Zinsen seit 1825, und somit Wiedererstattung der Neunsoussteuer, bei der Kammer eingehen. So erschien vor drei Tagen eine mit 6989 Namen versehene, aus der Provinz der Rhonemündungen. Ich glaube sogar, die kolossale Wichtigkeit dieses montagnard'schen Streiches wird von den Montagneblättern selber noch nicht gehörig erkannt; diese Milliarde ist ein Gährungsstoff, der wie eine Lunte im Bauernvolke schwelt und eines schönen Tages den Milliardefressern den Garaus machen könnte. Auch der treffliche Vorschlag des Deputirten Brives, die Miethen von Häusern und Landstücken um 25% zu ermäßigen, selbst in den vor 1848 geschloßnen Kontrakten, hat in's Nervenmark der Volksschänder gestochen, und der „Corsaire“, eins ihrer beliebtesten Organe, nimmt das Ding so ernstlich, daß er eine Modifikation anbringt, um „einestheils diesem von den ewigen Gesellschaftsfeinden, gleich einem Feuerbrande zwischen Proletarier und Besitzer geschleuderten Vorschlage sein Barbarisches zu nehmen, anderseits jedoch auch um den gerechten Anforderungen der kleinen Miether, die seit der Februarrevolution wie durch eine Wasserhose ‒ laßt uns dahin arbeiten, daß sie nie wiederkehre! ‒ ruinirt wurden, entgegen zu kommen.“ Man sieht, diese hochadligen Schurken und jesuitischen Ausschweiflinge vom Corsaire, die Krautjunker Contlogou, Besselievre, Froment, Rovigo und Spießgesellen, sind doch nicht ganz blasirt; und sie machen ein Sammetpfötchen, während sie in derselben Nummer in einem „Energie! stets Energie“ überschriebenen Sturmartikel rufen: „Die Ehrenmänner begreifen, daß es heute ganz einfach um Zerstörung der christlich-civilisirten Ge-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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