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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 236. Köln, 3. März 1849.

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Italien.
* Turin, 24. Februar.

Die Bemühungen der Bourgeoisie, durch erkaufte Demonstrationen zu Gunsten Giobertis den Sturz des Ministeriums, die Auflösung der Kammern, die Intervention in Mittelitalien und die Allianz mit Oestreich unter der Aegide eines von Gioberti aus der Rechten gebildeten Ministeriums, sind ohne allen Erfolg vorübergegangen. Die "Offizielle Zeitung" enthält heute die definitive Ernennung Chiodo's zum Ministerpräsidenten und des Senators Vittorio Colli zum Minister des Auswärtigen, sowie eine Proklamation der Minister an das Volk.

Nach dem Pensiero Italiano hinge der mysteriöse Austritt Gioberti's so zusammen: Der Conseilspräsident, die heftige Opposition seiner Collegen vorhersehend, hätte ihnen einen Theil der auswärtigen Correspondenz verheimlicht. Die Proklamation des Verräther Laugier, der den Toskanern eine piemontesische Intervention bestimmt ankündigt, scheint dies zu bestätigen. Der Pensiero Italiano dringt auf Untersuchung dieser Verfassungsverletzung.

123 Turin, 24. Febr.

Karl Albert sinnt auf einen Staatsstreich - er möchte gern die Kammer auflösen. Der schlaue Gioberti beschwört ihn, zu warten; aber der Zorn ist bei ihm vorherrschend, und es steht zu erwarten, daß dieser Staatsstreich unmittelbar zur Republik führen wird. Die Patrioten von hier und der ganzen Umgegend warten auf diese Maßregel, um sich unmittelbar an Rom und Toskana anzuschließen.

35 Bologna.

Von hier schreibt man der Concordia: Unsre Stadt ist ruhig. Alles bereitet sich zur Vertheidigung, falls die Barbaren es wagen sollten uns anzugreifen. Selbst die Schweizer sind sogleich wieder auf Seite des Volks getreten. General Latour, obgleich krank und aller Verpflichtungen entbunden, hat gleich beim Eintreffen der Nachricht vom Vorrücken der Oestreicher erklärt, er werde es als Ehrensache betrachten, Bologna gegen die Oestreicher zu vertheidigen. - Das Regiment Schweizer, das in Forli stand, ist hierher commandirt. Das vom Obersten Marescotti commandirte römische Bataillon, das in Ferrara stand, hat sich nach Lugo zurückgezogen, als die Oestreicher die Stadt besetzt hatten.

Bologna, 21. Febr.

Nachmittags 2 Uhr. Nach Berichten, die soeben eintreffen, mußte die Stadt Ferrara (20,000 Einw.) 200,000 Thaler Kriegssteuer und 6000 Thlr. Entschädigungsgelder an den östr. Konsul zahlen. 70,000 Thlr. wurden baar erlegt, 13,000 Thlr. gute Handelswechsel auf Triest und Mailand ausgehändigt. Als Geissel zur Sicherstellung der Erfüllung anderer Bedingungen wurden auf Verlangen unter Andern ausgeliefert 1) der Erzbischof Fiaschi, 2) Agnelli und sechs Domherren, welche in der Citadelle abgeführt sind. (Wie es scheint, sind alle Geisseln Geistliche.)

Französische Republik.
12 Paris, 28. Febr.

Das große Bankett zur Feier der Februar-Revolution ist von ungemeiner Bedeutung. Das Journ. des Debats so wie der Constitutionnel räumen diese Wichtigkeit ein, indem sie dieselbe auf ihre Weise auffassen. Ihren Aeußerungen zufolge hatte das Fest einen doppelten Zweck; erstens die Feier der Februar-Revolution, zweitens die Feier der nunmehr gestifteten Vereinigung zwischen den Montagnards und der sozialistischen Partei. Den ersten Schritt zu dieser Vereinigung hat der "Berg" selbst gethan, und zwar durch das Organ Ledru-Rollins. In seiner Rede schon hat Ledru-Rollin dieses hinlänglich hervorblicken lassen; mehr noch geschieht dies in seinem Journal "la Revolution democratique et sociale", wo er eingesteht, daß mit der Politik nichts mehr anzufangen sei, daß man mit Gewalt aus den sogenannten politischen Ideen heraustreten müsse, um dem Kapital vor allen Dingen den Krieg zu erklären.

In diesem Bankett waren, wie gesagt, die Arbeiter, wie sie sich in Associationen abgetheilt haben. Diese Associationen haben bekanntlich zum Zweck den gemeinsamen Betrieb dieser oder jener Industrie-Branche. Anfangs warf man sich in diese Associationen mit allem Feuereifer, in der Hoffnung, sich durch dieselben vom Kapital losreißen zu können. Jeder Arbeiter brachte als Einlage-Fonds seine spezielle Geschicklichkeit, seine Händearbeit und das wenige Geld, das er durch Verpfändung seiner entbehrlichen Kleidungsstücke und sonstiger Gegenstände ziehen konnte. Während der Zeit, daß man beschäftigt war, die Vorrichtungen zur Begründung dieser Gesellschaften zu treffen, vergaß man Politik, vergaß man Napoleon, vergaß man Italien und Ungarn. Durch die weitere Entwicklung dieser Gesellschaften hat sich aber wieder ein zweifaches Resultat herausgestellt: nämlich jede einzelne Gesellschaft ist an einem Punkt angelangt, wo sie an das Kapital anstößt, wo sie des Kapitals bedarf, nicht allein zum Betriebe und zur Fortführung ihrer eigenen Geschäftsthätigkeit, sondern auch des Kapitals, womit sie den andern in dieselbe Branche einschlagenden Betrieben gebietet. Aber auch das genügt nicht. Ihre Industrie sieht sich auf einmal in Verbindung gesetzt, oder vielmehr abprallen an der Bank und den öffentlichen Staatspapieren, und wenn man wirklich auch diese Schwierigkeit überwände, und wenn wirklich die Association wie ein großer Bourgeois dastände, mit einem Fuße in der Bank mit dem andern Fuße im Proletariate, dann kommt auf einmal die auswärtige Bank, die auswärtige Industrie, das fremde Geld, das in Paris ebenfalls Cours hat und schleudert sie gänzlich ins Proletariat. Dies für eine einzige Industrie, ich meine für eine einzige Association. Nun tritt aber etwas weit schlimmeres noch ein. Die verschiedenen Associationen bestehen nebeneinander, und statt in einander eingreifen zu können, sind sie gegenseitig sich hinderlich.

Da kam zwar Proudhon mit seiner banque d'change, mit seiner Tauschbank und Volksbank, wo es heißt: Ihr Schuhmacher und Schneider u. s. w., ihr wechselt zwei Schuhe gegen Kleider aus; ihr braucht die Bank nicht; ihr könnt euch untereinander selbst helfen. Aber die einzelnen Associationen, die in ihrer Praxis schon weiter gekommen, die schon an dem Kapital und mit dem Kapital bei der matiere premiere im weitesten Sinne angelangt sind, lachen natürlich über die Krämerbude des Hrn. Proudhon. Diese Krämerbude, sagen sie, mag wohl gut für ein Kloster, für eine geistliche Kongregation sein, die neben ihrer Betriebsamkeit noch den Betrieb der Religion hätte, von welcher sie die matiere premiere zieht. Aber wie kann eine Association einer Kongregation gleich gesetzt werden, die mit allen Voraussetzungen der alten Gesellschaft gebildet, dieselbe nicht allein bestehen läßt, sondern von ihr gerade dadurch ihr Lebenselement und ihren Lebensunterhalt zieht, daß sie den Gegensatz in der alten Gesellschaft, das feindliche Gegenüberstehen zweier Klassen, gutheißt und heilig spricht?

Nun kömmt zwar Considerant und bietet statt der Congregations-Buden seine Phalansterien an; aber die Arbeiter, weit entfernt auf diese Phalansterien einzugehen, überlassen dem Herrn Proudhon die Sorge, sie "theoretisch" zu bekämpfen. Während nun gerade die Arbeiter in der weitern Fortbildung ihrer Associationen an den bestehenden politischen Verhältnissen stille stehen, während ihre Anfangs soziale Verbindung sie zu politischem Verständnisse der jetzigen Sachlage geführt, während sie einsehen, daß das Hinderniß, woran sie scheitern, die jetzt bestehenden politischen Verhältnisse, mit den politischen Verhältnissen der andern Staaten zusammenhängen, hat der sie vertretende politische "Berg" den umgekehrten Weg eingeschlagen. Die Arbeiter sind durch ihre soziale Stellung politisch gebildet worden: die politischen Stellvertreter sind, weil sie stets in ihren politischen Plänen gescheitert, genöthigt worden, ihre jetzige Stellung sozial aufzufassen: und Arbeiter und Deputirte haben sich an dem großen Bankett der Februarrevolution gegenseitig verständigt: der soziale Krieg, d. h. der Krieg gegen alle Bourgeois- und Feudal-Herrschaften in allen Ländern, das ist die Lösung der sozialen Frage, das war das Losungswort in allen vorgebrachten Toasten.

Ledrü-Rollin hat die Reihe der Toaste eröffnet mit einem Toaste auf die Macht der Februaridee. Ehe er auf diese Idee speziell eingeht, gedenkt er aller Derjenigen, die für die Idee im Juni gefallen, oder noch in den Pontons schmachten.

Ehre unsern gefallenen Brüdern, den heldenmüthigen Vertheidigern der Februaridee! Ehre allen denen, die im Gefängnisse oder auf den Galeeren büßen müssen für ihren Glauben an die Republik; Ehre ihren verlassenen Frauen und Kindern, die Hungers sterben!... Sehen wir den Weg, welchen die Idee vom Februar durch Europa gemacht hat, alsdann finden wir einen Gegenstand des Trostes in der allgemeinen Umwälzung, zu der sie den ersten Anstoß gegeben hat."

Nun zeigt Ledru-Rollin in einer glänzenden Schilderung die allgemeine Bewegung in Deutschland, Ungarn und Italien, und verweilt mit besonderem Wohlgefallen bei dem siegreichen Rom und Florenz.

"Ihr fürchtet die Armee?" fährt er fort. "Das Volk von Paris hat die Armee besiegt. Die Armee ist sozialistisch; sie braucht nur einen Monat in Paris zu verweilen und sie theilt unsere Ideen. Nun kommen zwar die Leute der Regierung und sagen: wir müssen die "verpesteten Regimenter" aus Paris entfernen. Die "verpesteten Regimenter" verlassen wirklich Paris und bringen die sozialistische Pest in die Departements. Das, was ihre Macht begründete, ist jetzt das Werkzeug zur Vernichtung ihrer Macht geworden... Wenn es sich bloß um Frankreich handelte, dann hätten wir allerdings Ursache, ungeduldig zu werden; aber heutigen Tags handelt es sich um ganz Europa. Wenn jetzt Frankreich sich abermals erhebt, und zum letzten Male, dann müssen alle Throne, alle Aristokratien der Welt, alle Privilegien, alle Ausbeutungen jeder Art mit einem Schlage von der Oberfläche der Erde verschwinden. Gewiß das Warten ist schrecklich für Leute, die wahrhaft leiden und darben, für ganze Gegenden, welche der Hunger dezimirt. Wahrlich ich schaudere, wenn ich daran denke; es ist mir schrecklich, Euch sagen zu müssen: Geduld ... Was wir verlangen, das ist die Abschaffung des letzten Leibeigenthums, das ist der Sieg des Proletariats. Die Regierung mit ihrer Armee vermag diese Frage nicht zu lösen. Wir wollen sie lösen: aber noch Geduld! Resignation!"

Felix Pyat brachte einen Toast aus auf die Bauern. Er weist nach, wie der Bauer unterdrückt ist vom Kapitalisten, vom Grundherren, welche sich die Erde dienstbar gemacht haben, statt ihr, wie der Bauer zu dienen. "Sie wohnen nicht auf der Erde, sie lasten auf ihr; sie haben das Vaterland verkauft; die Entschädigung der Milliarde, das war der Judaspfennig, um den sie es verrathen und verkauft haben. Aber Judas, nachdem er das Geld bekommen, hat sich aus Schaam aufgeknüpft; unsere Grundherren sind dafür tanzen gegangen. Und was thatet Ihr, arme Bauern, während die Adligen mit den Alliirten Euer Geld vertanzten; Ihr jammertet in Eueren Hütten, Ihr bewahrtet in Euerem Herzen den Haß gegen Aristokraten und Könige. Sie waren und sind die Mitschuldigen derjenigen, die Eure Söhne getödtet, Euer Blut vergossen, und sie haben Euch noch zu guter Letzt den letzten Sou aus der Tasche gestohlen, um ihn zu vertanzen. Das war die Verwendung der Milliarde die Ihr bezahlt habt." Das Journal des Debats hütet sich weislich, diese Stelle zu reproduziren; es gibt nur diejenigen Stellen, wo von den schwarzen Kleidern der Städtebewohner die Rede ist, "die ungemein weiß sind." Er forderte ferner die graue Blouse auf, sich mit der "blauen Blouse, den Arbeiter sich mit dem Bauer, und umgekehrt zu vereinigen." Es handelt sich um die gemeinsame Sache der Arbeit. Von Euch hängt es ab, Königthum und Aristokratenthum, Elend und Unwissenheit auszurotten, und Ihr müßt jetzt bereit sein; denn die Zeit steht vor der Thüre, wo Europa entweder republikanisch oder kosackisch sein wird. Von Euch hängt es ab, ob wir Republik in Frankreich und Europa haben werden.

"Die Republik, die uns Noth thut, das ist nicht die Republik der Barrot's und Bugeaud's; nicht die nach Innen gewalthätige und nach Außen feige Republik, nicht die halb bürgerliche, halb militärische Republik, die einen dreieckigen Hut über die Schlafmütze aufsetzt, nicht die Republik, die nach verlornen Königen und Päbsten läuft, sondern die demokratisch-soziale Republik, worin Ihr das Korn, das Ihr gesäet, essen, und den Wein, den Ihr gebaut, trinken könnt!"

"Von Euch hängt es ab, ob Eure Weiber Euren Kindern die Sprache ihres Vaters, die Worte: Gleichheit und Brüderlichkeit lehren sollen, oder ob die Knute des Kosaken in fremder Sprache ihnen den Unterschied zwischen Herr und Diener fühlbar machen wird". Die Rede Pyat's wurde mit außerordentlichem Beifalle aufgenommen; es lebe die Montagne, es lebe Pyat! ertönte es von allen Seiten. Alle übrigen Redner sprachen sich in demselben Sinne aus: Krieg nach Außen, Solidarität der republikanischen Staaten."

Paris, 28. Febr.

Alle Welt spricht von Italien.

Sämmtliche Morgenblätter beschäftigen sich mit den dortigen Ereignissen, nur der Moniteur beobachtet ein räthselhaftes Stillschweigen über die eingelaufenen Depeschen.

Das Journal des Debats ist weniger geheimnißvoll. Es sagt in einem Postscriptum:

"Wir hören diesen Abend, daß Hr. v. Reiset, erster Sekretär der franz. Legation in Turin gestern in Paris eintraf. Er reist heute wieder dahin ab. Bei seiner Abfahrt von Turin hatte Gioberti, schon aus dem Ministerium geschieden, auch seine Entlassung als Deputirter eingereicht. In der Nacht vom 23. zum 24. Febr. hatten sich etwa 4000 Menschen varsammelt, um eine Bittschrift zu Gunsten seines Wiedereintritts in das Ministerium zu unterzeichnen. Das Volk wollte diese Bittschrift dem Könige selbst überbringen und drängte sich an das Eisengitter des Schlosses. Allein die Bürgerwehr bildete doppelte Reihen und sperrte ihm den Weg. Der Entwurf der Antworts-Adresse auf die Thronrede ist in der Kammerkommission vollendet. Die Kammer verlangt darin die sofortige Eröffnung des Krieges gegen Oestreich.

Der National sagt: "Die von uns veröffentlichten Details über die Ueberrumpelung Ferraras fanden viele Ungläubige in der Kammer. Das Ministerium wurde deshalb in den Nebengängen zur Rede gestellt, aber es stand gar nicht an, den Zweifel an der Wahrheit durch die lügenhaftesten Denegationen zu erhalten. Es lag ihm daran, die Interpellationen um 24 Stunden hinauszuschieben. Hierdurch gewinnt aber das Kabinet nichts. Der östreich. Ueberfall ist keine jener Fragen, die man unter dem dichten Mantel diplomatischen Vorbehalts verstecken könnte."

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Italien.
* Turin, 24. Februar.

Die Bemühungen der Bourgeoisie, durch erkaufte Demonstrationen zu Gunsten Giobertis den Sturz des Ministeriums, die Auflösung der Kammern, die Intervention in Mittelitalien und die Allianz mit Oestreich unter der Aegide eines von Gioberti aus der Rechten gebildeten Ministeriums, sind ohne allen Erfolg vorübergegangen. Die „Offizielle Zeitung“ enthält heute die definitive Ernennung Chiodo's zum Ministerpräsidenten und des Senators Vittorio Colli zum Minister des Auswärtigen, sowie eine Proklamation der Minister an das Volk.

Nach dem Pensiero Italiano hinge der mysteriöse Austritt Gioberti's so zusammen: Der Conseilspräsident, die heftige Opposition seiner Collegen vorhersehend, hätte ihnen einen Theil der auswärtigen Correspondenz verheimlicht. Die Proklamation des Verräther Laugier, der den Toskanern eine piemontesische Intervention bestimmt ankündigt, scheint dies zu bestätigen. Der Pensiero Italiano dringt auf Untersuchung dieser Verfassungsverletzung.

123 Turin, 24. Febr.

Karl Albert sinnt auf einen Staatsstreich ‒ er möchte gern die Kammer auflösen. Der schlaue Gioberti beschwört ihn, zu warten; aber der Zorn ist bei ihm vorherrschend, und es steht zu erwarten, daß dieser Staatsstreich unmittelbar zur Republik führen wird. Die Patrioten von hier und der ganzen Umgegend warten auf diese Maßregel, um sich unmittelbar an Rom und Toskana anzuschließen.

35 Bologna.

Von hier schreibt man der Concordia: Unsre Stadt ist ruhig. Alles bereitet sich zur Vertheidigung, falls die Barbaren es wagen sollten uns anzugreifen. Selbst die Schweizer sind sogleich wieder auf Seite des Volks getreten. General Latour, obgleich krank und aller Verpflichtungen entbunden, hat gleich beim Eintreffen der Nachricht vom Vorrücken der Oestreicher erklärt, er werde es als Ehrensache betrachten, Bologna gegen die Oestreicher zu vertheidigen. ‒ Das Regiment Schweizer, das in Forli stand, ist hierher commandirt. Das vom Obersten Marescotti commandirte römische Bataillon, das in Ferrara stand, hat sich nach Lugo zurückgezogen, als die Oestreicher die Stadt besetzt hatten.

Bologna, 21. Febr.

Nachmittags 2 Uhr. Nach Berichten, die soeben eintreffen, mußte die Stadt Ferrara (20,000 Einw.) 200,000 Thaler Kriegssteuer und 6000 Thlr. Entschädigungsgelder an den östr. Konsul zahlen. 70,000 Thlr. wurden baar erlegt, 13,000 Thlr. gute Handelswechsel auf Triest und Mailand ausgehändigt. Als Geissel zur Sicherstellung der Erfüllung anderer Bedingungen wurden auf Verlangen unter Andern ausgeliefert 1) der Erzbischof Fiaschi, 2) Agnelli und sechs Domherren, welche in der Citadelle abgeführt sind. (Wie es scheint, sind alle Geisseln Geistliche.)

Französische Republik.
12 Paris, 28. Febr.

Das große Bankett zur Feier der Februar-Revolution ist von ungemeiner Bedeutung. Das Journ. des Debats so wie der Constitutionnel räumen diese Wichtigkeit ein, indem sie dieselbe auf ihre Weise auffassen. Ihren Aeußerungen zufolge hatte das Fest einen doppelten Zweck; erstens die Feier der Februar-Revolution, zweitens die Feier der nunmehr gestifteten Vereinigung zwischen den Montagnards und der sozialistischen Partei. Den ersten Schritt zu dieser Vereinigung hat der „Berg“ selbst gethan, und zwar durch das Organ Ledru-Rollins. In seiner Rede schon hat Ledru-Rollin dieses hinlänglich hervorblicken lassen; mehr noch geschieht dies in seinem Journal „la Revolution democratique et sociale“, wo er eingesteht, daß mit der Politik nichts mehr anzufangen sei, daß man mit Gewalt aus den sogenannten politischen Ideen heraustreten müsse, um dem Kapital vor allen Dingen den Krieg zu erklären.

In diesem Bankett waren, wie gesagt, die Arbeiter, wie sie sich in Associationen abgetheilt haben. Diese Associationen haben bekanntlich zum Zweck den gemeinsamen Betrieb dieser oder jener Industrie-Branche. Anfangs warf man sich in diese Associationen mit allem Feuereifer, in der Hoffnung, sich durch dieselben vom Kapital losreißen zu können. Jeder Arbeiter brachte als Einlage-Fonds seine spezielle Geschicklichkeit, seine Händearbeit und das wenige Geld, das er durch Verpfändung seiner entbehrlichen Kleidungsstücke und sonstiger Gegenstände ziehen konnte. Während der Zeit, daß man beschäftigt war, die Vorrichtungen zur Begründung dieser Gesellschaften zu treffen, vergaß man Politik, vergaß man Napoleon, vergaß man Italien und Ungarn. Durch die weitere Entwicklung dieser Gesellschaften hat sich aber wieder ein zweifaches Resultat herausgestellt: nämlich jede einzelne Gesellschaft ist an einem Punkt angelangt, wo sie an das Kapital anstößt, wo sie des Kapitals bedarf, nicht allein zum Betriebe und zur Fortführung ihrer eigenen Geschäftsthätigkeit, sondern auch des Kapitals, womit sie den andern in dieselbe Branche einschlagenden Betrieben gebietet. Aber auch das genügt nicht. Ihre Industrie sieht sich auf einmal in Verbindung gesetzt, oder vielmehr abprallen an der Bank und den öffentlichen Staatspapieren, und wenn man wirklich auch diese Schwierigkeit überwände, und wenn wirklich die Association wie ein großer Bourgeois dastände, mit einem Fuße in der Bank mit dem andern Fuße im Proletariate, dann kommt auf einmal die auswärtige Bank, die auswärtige Industrie, das fremde Geld, das in Paris ebenfalls Cours hat und schleudert sie gänzlich ins Proletariat. Dies für eine einzige Industrie, ich meine für eine einzige Association. Nun tritt aber etwas weit schlimmeres noch ein. Die verschiedenen Associationen bestehen nebeneinander, und statt in einander eingreifen zu können, sind sie gegenseitig sich hinderlich.

Da kam zwar Proudhon mit seiner banque d'change, mit seiner Tauschbank und Volksbank, wo es heißt: Ihr Schuhmacher und Schneider u. s. w., ihr wechselt zwei Schuhe gegen Kleider aus; ihr braucht die Bank nicht; ihr könnt euch untereinander selbst helfen. Aber die einzelnen Associationen, die in ihrer Praxis schon weiter gekommen, die schon an dem Kapital und mit dem Kapital bei der matière première im weitesten Sinne angelangt sind, lachen natürlich über die Krämerbude des Hrn. Proudhon. Diese Krämerbude, sagen sie, mag wohl gut für ein Kloster, für eine geistliche Kongregation sein, die neben ihrer Betriebsamkeit noch den Betrieb der Religion hätte, von welcher sie die matière première zieht. Aber wie kann eine Association einer Kongregation gleich gesetzt werden, die mit allen Voraussetzungen der alten Gesellschaft gebildet, dieselbe nicht allein bestehen läßt, sondern von ihr gerade dadurch ihr Lebenselement und ihren Lebensunterhalt zieht, daß sie den Gegensatz in der alten Gesellschaft, das feindliche Gegenüberstehen zweier Klassen, gutheißt und heilig spricht?

Nun kömmt zwar Considerant und bietet statt der Congregations-Buden seine Phalansterien an; aber die Arbeiter, weit entfernt auf diese Phalansterien einzugehen, überlassen dem Herrn Proudhon die Sorge, sie „theoretisch“ zu bekämpfen. Während nun gerade die Arbeiter in der weitern Fortbildung ihrer Associationen an den bestehenden politischen Verhältnissen stille stehen, während ihre Anfangs soziale Verbindung sie zu politischem Verständnisse der jetzigen Sachlage geführt, während sie einsehen, daß das Hinderniß, woran sie scheitern, die jetzt bestehenden politischen Verhältnisse, mit den politischen Verhältnissen der andern Staaten zusammenhängen, hat der sie vertretende politische „Berg“ den umgekehrten Weg eingeschlagen. Die Arbeiter sind durch ihre soziale Stellung politisch gebildet worden: die politischen Stellvertreter sind, weil sie stets in ihren politischen Plänen gescheitert, genöthigt worden, ihre jetzige Stellung sozial aufzufassen: und Arbeiter und Deputirte haben sich an dem großen Bankett der Februarrevolution gegenseitig verständigt: der soziale Krieg, d. h. der Krieg gegen alle Bourgeois- und Feudal-Herrschaften in allen Ländern, das ist die Lösung der sozialen Frage, das war das Losungswort in allen vorgebrachten Toasten.

Ledrü-Rollin hat die Reihe der Toaste eröffnet mit einem Toaste auf die Macht der Februaridee. Ehe er auf diese Idee speziell eingeht, gedenkt er aller Derjenigen, die für die Idee im Juni gefallen, oder noch in den Pontons schmachten.

Ehre unsern gefallenen Brüdern, den heldenmüthigen Vertheidigern der Februaridee! Ehre allen denen, die im Gefängnisse oder auf den Galeeren büßen müssen für ihren Glauben an die Republik; Ehre ihren verlassenen Frauen und Kindern, die Hungers sterben!… Sehen wir den Weg, welchen die Idee vom Februar durch Europa gemacht hat, alsdann finden wir einen Gegenstand des Trostes in der allgemeinen Umwälzung, zu der sie den ersten Anstoß gegeben hat.“

Nun zeigt Ledru-Rollin in einer glänzenden Schilderung die allgemeine Bewegung in Deutschland, Ungarn und Italien, und verweilt mit besonderem Wohlgefallen bei dem siegreichen Rom und Florenz.

„Ihr fürchtet die Armee?“ fährt er fort. „Das Volk von Paris hat die Armee besiegt. Die Armee ist sozialistisch; sie braucht nur einen Monat in Paris zu verweilen und sie theilt unsere Ideen. Nun kommen zwar die Leute der Regierung und sagen: wir müssen die „verpesteten Regimenter“ aus Paris entfernen. Die „verpesteten Regimenter“ verlassen wirklich Paris und bringen die sozialistische Pest in die Departements. Das, was ihre Macht begründete, ist jetzt das Werkzeug zur Vernichtung ihrer Macht geworden… Wenn es sich bloß um Frankreich handelte, dann hätten wir allerdings Ursache, ungeduldig zu werden; aber heutigen Tags handelt es sich um ganz Europa. Wenn jetzt Frankreich sich abermals erhebt, und zum letzten Male, dann müssen alle Throne, alle Aristokratien der Welt, alle Privilegien, alle Ausbeutungen jeder Art mit einem Schlage von der Oberfläche der Erde verschwinden. Gewiß das Warten ist schrecklich für Leute, die wahrhaft leiden und darben, für ganze Gegenden, welche der Hunger dezimirt. Wahrlich ich schaudere, wenn ich daran denke; es ist mir schrecklich, Euch sagen zu müssen: Geduld … Was wir verlangen, das ist die Abschaffung des letzten Leibeigenthums, das ist der Sieg des Proletariats. Die Regierung mit ihrer Armee vermag diese Frage nicht zu lösen. Wir wollen sie lösen: aber noch Geduld! Resignation!“

Felix Pyat brachte einen Toast aus auf die Bauern. Er weist nach, wie der Bauer unterdrückt ist vom Kapitalisten, vom Grundherren, welche sich die Erde dienstbar gemacht haben, statt ihr, wie der Bauer zu dienen. „Sie wohnen nicht auf der Erde, sie lasten auf ihr; sie haben das Vaterland verkauft; die Entschädigung der Milliarde, das war der Judaspfennig, um den sie es verrathen und verkauft haben. Aber Judas, nachdem er das Geld bekommen, hat sich aus Schaam aufgeknüpft; unsere Grundherren sind dafür tanzen gegangen. Und was thatet Ihr, arme Bauern, während die Adligen mit den Alliirten Euer Geld vertanzten; Ihr jammertet in Eueren Hütten, Ihr bewahrtet in Euerem Herzen den Haß gegen Aristokraten und Könige. Sie waren und sind die Mitschuldigen derjenigen, die Eure Söhne getödtet, Euer Blut vergossen, und sie haben Euch noch zu guter Letzt den letzten Sou aus der Tasche gestohlen, um ihn zu vertanzen. Das war die Verwendung der Milliarde die Ihr bezahlt habt.“ Das Journal des Debats hütet sich weislich, diese Stelle zu reproduziren; es gibt nur diejenigen Stellen, wo von den schwarzen Kleidern der Städtebewohner die Rede ist, „die ungemein weiß sind.“ Er forderte ferner die graue Blouse auf, sich mit der „blauen Blouse, den Arbeiter sich mit dem Bauer, und umgekehrt zu vereinigen.“ Es handelt sich um die gemeinsame Sache der Arbeit. Von Euch hängt es ab, Königthum und Aristokratenthum, Elend und Unwissenheit auszurotten, und Ihr müßt jetzt bereit sein; denn die Zeit steht vor der Thüre, wo Europa entweder republikanisch oder kosackisch sein wird. Von Euch hängt es ab, ob wir Republik in Frankreich und Europa haben werden.

„Die Republik, die uns Noth thut, das ist nicht die Republik der Barrot's und Bugeaud's; nicht die nach Innen gewalthätige und nach Außen feige Republik, nicht die halb bürgerliche, halb militärische Republik, die einen dreieckigen Hut über die Schlafmütze aufsetzt, nicht die Republik, die nach verlornen Königen und Päbsten läuft, sondern die demokratisch-soziale Republik, worin Ihr das Korn, das Ihr gesäet, essen, und den Wein, den Ihr gebaut, trinken könnt!“

„Von Euch hängt es ab, ob Eure Weiber Euren Kindern die Sprache ihres Vaters, die Worte: Gleichheit und Brüderlichkeit lehren sollen, oder ob die Knute des Kosaken in fremder Sprache ihnen den Unterschied zwischen Herr und Diener fühlbar machen wird“. Die Rede Pyat's wurde mit außerordentlichem Beifalle aufgenommen; es lebe die Montagne, es lebe Pyat! ertönte es von allen Seiten. Alle übrigen Redner sprachen sich in demselben Sinne aus: Krieg nach Außen, Solidarität der republikanischen Staaten.“

Paris, 28. Febr.

Alle Welt spricht von Italien.

Sämmtliche Morgenblätter beschäftigen sich mit den dortigen Ereignissen, nur der Moniteur beobachtet ein räthselhaftes Stillschweigen über die eingelaufenen Depeschen.

Das Journal des Débats ist weniger geheimnißvoll. Es sagt in einem Postscriptum:

„Wir hören diesen Abend, daß Hr. v. Reiset, erster Sekretär der franz. Legation in Turin gestern in Paris eintraf. Er reist heute wieder dahin ab. Bei seiner Abfahrt von Turin hatte Gioberti, schon aus dem Ministerium geschieden, auch seine Entlassung als Deputirter eingereicht. In der Nacht vom 23. zum 24. Febr. hatten sich etwa 4000 Menschen varsammelt, um eine Bittschrift zu Gunsten seines Wiedereintritts in das Ministerium zu unterzeichnen. Das Volk wollte diese Bittschrift dem Könige selbst überbringen und drängte sich an das Eisengitter des Schlosses. Allein die Bürgerwehr bildete doppelte Reihen und sperrte ihm den Weg. Der Entwurf der Antworts-Adresse auf die Thronrede ist in der Kammerkommission vollendet. Die Kammer verlangt darin die sofortige Eröffnung des Krieges gegen Oestreich.

Der National sagt: „Die von uns veröffentlichten Details über die Ueberrumpelung Ferraras fanden viele Ungläubige in der Kammer. Das Ministerium wurde deshalb in den Nebengängen zur Rede gestellt, aber es stand gar nicht an, den Zweifel an der Wahrheit durch die lügenhaftesten Denegationen zu erhalten. Es lag ihm daran, die Interpellationen um 24 Stunden hinauszuschieben. Hierdurch gewinnt aber das Kabinet nichts. Der östreich. Ueberfall ist keine jener Fragen, die man unter dem dichten Mantel diplomatischen Vorbehalts verstecken könnte.“

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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 28. Febr.</head>
          <p>Das große Bankett zur Feier der Februar-Revolution ist von ungemeiner Bedeutung. Das Journ. des Debats so wie der Constitutionnel räumen diese Wichtigkeit ein, indem sie dieselbe auf ihre Weise auffassen. Ihren Aeußerungen zufolge hatte das Fest einen doppelten Zweck; erstens die Feier der Februar-Revolution, zweitens die Feier der nunmehr gestifteten Vereinigung zwischen den Montagnards und der sozialistischen Partei. Den ersten Schritt zu dieser Vereinigung hat der &#x201E;Berg&#x201C; selbst gethan, und zwar durch das Organ Ledru-Rollins. In seiner Rede schon hat Ledru-Rollin dieses hinlänglich hervorblicken lassen; mehr noch geschieht dies in seinem Journal &#x201E;la Revolution democratique et sociale&#x201C;, wo er eingesteht, daß mit der Politik nichts mehr anzufangen sei, daß man mit Gewalt aus den sogenannten politischen Ideen heraustreten müsse, um dem Kapital vor allen Dingen den Krieg zu erklären.</p>
          <p>In diesem Bankett waren, wie gesagt, die Arbeiter, wie sie sich in Associationen abgetheilt haben. Diese Associationen haben bekanntlich zum Zweck den gemeinsamen Betrieb dieser oder jener Industrie-Branche. Anfangs warf man sich in diese Associationen mit allem Feuereifer, in der Hoffnung, sich durch dieselben vom Kapital losreißen zu können. Jeder Arbeiter brachte als Einlage-Fonds seine spezielle Geschicklichkeit, seine Händearbeit und das wenige Geld, das er durch Verpfändung seiner entbehrlichen Kleidungsstücke und sonstiger Gegenstände ziehen konnte. Während der Zeit, daß man beschäftigt war, die Vorrichtungen zur Begründung dieser Gesellschaften zu treffen, vergaß man Politik, vergaß man Napoleon, vergaß man Italien und Ungarn. Durch die weitere Entwicklung dieser Gesellschaften hat sich aber wieder ein zweifaches Resultat herausgestellt: nämlich jede einzelne Gesellschaft ist an einem Punkt angelangt, wo sie an das Kapital anstößt, wo sie des Kapitals bedarf, nicht allein zum Betriebe und zur Fortführung ihrer eigenen Geschäftsthätigkeit, sondern auch des Kapitals, womit sie den andern in dieselbe Branche einschlagenden Betrieben gebietet. Aber auch das genügt nicht. Ihre Industrie sieht sich auf einmal in Verbindung gesetzt, oder vielmehr abprallen an der Bank und den öffentlichen Staatspapieren, und wenn man wirklich auch diese Schwierigkeit überwände, und wenn wirklich die Association wie ein großer Bourgeois dastände, mit einem Fuße in der Bank mit dem andern Fuße im Proletariate, dann kommt auf einmal die auswärtige Bank, die auswärtige Industrie, das fremde Geld, das in Paris ebenfalls Cours hat und schleudert sie gänzlich ins Proletariat. Dies für eine einzige Industrie, ich meine für eine einzige Association. Nun tritt aber etwas weit schlimmeres noch ein. Die verschiedenen Associationen bestehen nebeneinander, und statt in einander eingreifen zu können, sind sie gegenseitig sich hinderlich.</p>
          <p>Da kam zwar Proudhon mit seiner banque d'change, mit seiner Tauschbank und Volksbank, wo es heißt: Ihr Schuhmacher und Schneider u. s. w., ihr wechselt zwei Schuhe gegen Kleider aus; ihr braucht die Bank nicht; ihr könnt euch untereinander selbst helfen. Aber die einzelnen Associationen, die in ihrer Praxis schon weiter gekommen, die schon an dem Kapital und mit dem Kapital bei der matière première im weitesten Sinne angelangt sind, lachen natürlich über die Krämerbude des Hrn. Proudhon. Diese Krämerbude, sagen sie, mag wohl gut für ein Kloster, für eine geistliche Kongregation sein, die neben ihrer Betriebsamkeit noch den Betrieb der Religion hätte, von welcher sie die matière première zieht. Aber wie kann eine Association einer Kongregation gleich gesetzt werden, die mit allen Voraussetzungen der alten Gesellschaft gebildet, dieselbe nicht allein bestehen läßt, sondern von ihr gerade dadurch ihr Lebenselement und ihren Lebensunterhalt zieht, daß sie den Gegensatz in der alten Gesellschaft, das feindliche Gegenüberstehen zweier Klassen, gutheißt und heilig spricht?</p>
          <p>Nun kömmt zwar Considerant und bietet statt der Congregations-Buden seine Phalansterien an; aber die Arbeiter, weit entfernt auf diese Phalansterien einzugehen, überlassen dem Herrn Proudhon die Sorge, sie &#x201E;theoretisch&#x201C; zu bekämpfen. Während nun gerade die Arbeiter in der weitern Fortbildung ihrer Associationen an den bestehenden politischen Verhältnissen stille stehen, während ihre Anfangs soziale Verbindung sie zu politischem Verständnisse der jetzigen Sachlage geführt, während sie einsehen, daß das Hinderniß, woran sie scheitern, die jetzt bestehenden politischen Verhältnisse, mit den politischen Verhältnissen der andern Staaten zusammenhängen, hat der sie vertretende politische &#x201E;Berg&#x201C; den umgekehrten Weg eingeschlagen. Die Arbeiter sind durch ihre soziale Stellung politisch gebildet worden: die politischen Stellvertreter sind, weil sie stets in ihren politischen Plänen gescheitert, genöthigt worden, ihre jetzige Stellung sozial aufzufassen: und Arbeiter und Deputirte haben sich an dem großen Bankett der Februarrevolution gegenseitig verständigt: der soziale Krieg, d. h. der Krieg gegen alle Bourgeois- und Feudal-Herrschaften in allen Ländern, das ist die Lösung der sozialen Frage, das war das Losungswort in allen vorgebrachten Toasten.</p>
          <p>Ledrü-Rollin hat die Reihe der Toaste eröffnet mit einem Toaste auf die Macht der Februaridee. Ehe er auf diese Idee speziell eingeht, gedenkt er aller Derjenigen, die für die Idee im Juni gefallen, oder noch in den Pontons schmachten.</p>
          <p>Ehre unsern gefallenen Brüdern, den heldenmüthigen Vertheidigern der Februaridee! Ehre allen denen, die im Gefängnisse oder auf den Galeeren büßen müssen für ihren Glauben an die Republik; Ehre ihren verlassenen Frauen und Kindern, die Hungers sterben!&#x2026; Sehen wir den Weg, welchen die Idee vom Februar durch Europa gemacht hat, alsdann finden wir einen Gegenstand des Trostes in der allgemeinen Umwälzung, zu der sie den ersten Anstoß gegeben hat.&#x201C;</p>
          <p>Nun zeigt Ledru-Rollin in einer glänzenden Schilderung die allgemeine Bewegung in Deutschland, Ungarn und Italien, und verweilt mit besonderem Wohlgefallen bei dem siegreichen Rom und Florenz.</p>
          <p>&#x201E;Ihr fürchtet die Armee?&#x201C; fährt er fort. &#x201E;Das Volk von Paris hat die Armee besiegt. Die Armee ist sozialistisch; sie braucht nur einen Monat in Paris zu verweilen und sie theilt unsere Ideen. Nun kommen zwar die Leute der Regierung und sagen: wir müssen die &#x201E;verpesteten Regimenter&#x201C; aus Paris entfernen. Die &#x201E;verpesteten Regimenter&#x201C; verlassen wirklich Paris und bringen die sozialistische Pest in die Departements. Das, was ihre Macht begründete, ist jetzt das Werkzeug zur Vernichtung ihrer Macht geworden&#x2026; Wenn es sich bloß um Frankreich handelte, dann hätten wir allerdings Ursache, ungeduldig zu werden; aber heutigen Tags handelt es sich um ganz Europa. Wenn jetzt Frankreich sich abermals erhebt, und zum letzten Male, dann müssen <hi rendition="#g">alle Throne,</hi> alle Aristokratien der Welt, alle Privilegien, alle Ausbeutungen jeder Art mit einem Schlage von der Oberfläche der Erde verschwinden. Gewiß das Warten ist schrecklich für Leute, die wahrhaft leiden und darben, für ganze Gegenden, welche der Hunger dezimirt. Wahrlich ich schaudere, wenn ich daran denke; es ist mir schrecklich, Euch sagen zu müssen: Geduld &#x2026; Was wir verlangen, das ist die Abschaffung des letzten Leibeigenthums, das ist der Sieg des Proletariats. Die Regierung mit ihrer Armee vermag diese Frage nicht zu lösen. Wir wollen sie lösen: aber noch Geduld! Resignation!&#x201C;</p>
          <p>Felix Pyat brachte einen Toast aus auf die Bauern. Er weist nach, wie der Bauer unterdrückt ist vom Kapitalisten, vom Grundherren, welche sich die Erde dienstbar gemacht haben, statt ihr, wie der Bauer zu dienen. &#x201E;<hi rendition="#g">Sie wohnen</hi> nicht auf der Erde, sie lasten auf ihr; sie haben das Vaterland verkauft; die Entschädigung der Milliarde, das war der Judaspfennig, um den sie es verrathen und verkauft haben. Aber Judas, nachdem er das Geld bekommen, hat sich aus Schaam aufgeknüpft; unsere Grundherren sind dafür tanzen gegangen. Und was thatet Ihr, arme Bauern, während die Adligen mit den Alliirten Euer Geld vertanzten; Ihr jammertet in Eueren Hütten, Ihr bewahrtet in Euerem Herzen den Haß gegen Aristokraten und Könige. Sie waren und sind die Mitschuldigen derjenigen, die Eure Söhne getödtet, Euer Blut vergossen, und sie haben Euch noch zu guter Letzt den letzten Sou aus der Tasche gestohlen, um ihn zu vertanzen. Das war die Verwendung der Milliarde die Ihr bezahlt habt.&#x201C; Das Journal des Debats hütet sich weislich, diese Stelle zu reproduziren; es gibt nur diejenigen Stellen, wo von den schwarzen Kleidern der Städtebewohner die Rede ist, &#x201E;die ungemein weiß sind.&#x201C; Er forderte ferner die graue Blouse auf, sich mit der &#x201E;blauen Blouse, den Arbeiter sich mit dem Bauer, und umgekehrt zu vereinigen.&#x201C; Es handelt sich um die gemeinsame Sache der Arbeit. Von Euch hängt es ab, Königthum und Aristokratenthum, Elend und Unwissenheit auszurotten, und Ihr müßt jetzt bereit sein; denn die Zeit steht vor der Thüre, wo Europa entweder republikanisch oder kosackisch sein wird. Von Euch hängt es ab, ob wir Republik in Frankreich und Europa haben werden.</p>
          <p>&#x201E;Die Republik, die uns Noth thut, das ist nicht die Republik der Barrot's und Bugeaud's; nicht die nach Innen gewalthätige und nach Außen <hi rendition="#g">feige</hi> Republik, nicht die halb bürgerliche, halb militärische Republik, die einen dreieckigen Hut über die Schlafmütze aufsetzt, nicht die Republik, die nach verlornen Königen und Päbsten läuft, sondern die demokratisch-soziale Republik, worin Ihr das Korn, das Ihr gesäet, essen, und den Wein, den Ihr gebaut, trinken könnt!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Von Euch hängt es ab, ob Eure Weiber Euren Kindern die Sprache ihres Vaters, die Worte: Gleichheit und Brüderlichkeit lehren sollen, oder ob die Knute des Kosaken in fremder Sprache ihnen den Unterschied zwischen Herr und Diener fühlbar machen wird&#x201C;. Die Rede Pyat's wurde mit außerordentlichem Beifalle aufgenommen; es lebe die Montagne, es lebe Pyat! ertönte es von allen Seiten. Alle übrigen Redner sprachen sich in demselben Sinne aus: Krieg nach Außen, Solidarität der republikanischen Staaten.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar236_020" type="jArticle">
          <head>Paris, 28. Febr.</head>
          <p>Alle Welt spricht von Italien.</p>
          <p>Sämmtliche Morgenblätter beschäftigen sich mit den dortigen Ereignissen, nur der Moniteur beobachtet ein räthselhaftes Stillschweigen über die eingelaufenen Depeschen.</p>
          <p>Das Journal des Débats ist weniger geheimnißvoll. Es sagt in einem Postscriptum:</p>
          <p>&#x201E;Wir hören diesen Abend, daß Hr. v. Reiset, erster Sekretär der franz. Legation in Turin gestern in Paris eintraf. Er reist heute wieder dahin ab. Bei seiner Abfahrt von Turin hatte Gioberti, schon aus dem Ministerium geschieden, auch seine Entlassung als Deputirter eingereicht. In der Nacht vom 23. zum 24. Febr. hatten sich etwa 4000 Menschen varsammelt, um eine Bittschrift zu Gunsten seines Wiedereintritts in das Ministerium zu unterzeichnen. Das Volk wollte diese Bittschrift dem Könige selbst überbringen und drängte sich an das Eisengitter des Schlosses. Allein die Bürgerwehr bildete doppelte Reihen und sperrte ihm den Weg. Der Entwurf der Antworts-Adresse auf die Thronrede ist in der Kammerkommission vollendet. Die Kammer verlangt darin die <hi rendition="#g">sofortige Eröffnung des Krieges gegen Oestreich.</hi> </p>
          <p>Der National sagt: &#x201E;Die von uns veröffentlichten Details über die Ueberrumpelung Ferraras fanden viele Ungläubige in der Kammer. Das Ministerium wurde deshalb in den Nebengängen zur Rede gestellt, aber es stand gar nicht an, den Zweifel an der Wahrheit durch die lügenhaftesten Denegationen zu erhalten. Es lag ihm daran, die Interpellationen um 24 Stunden hinauszuschieben. Hierdurch gewinnt aber das Kabinet nichts. Der östreich. Ueberfall ist keine jener Fragen, die man unter dem dichten Mantel diplomatischen Vorbehalts verstecken könnte.&#x201C;</p>
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</TEI>
[1303/0003] _ Italien. * Turin, 24. Februar. Die Bemühungen der Bourgeoisie, durch erkaufte Demonstrationen zu Gunsten Giobertis den Sturz des Ministeriums, die Auflösung der Kammern, die Intervention in Mittelitalien und die Allianz mit Oestreich unter der Aegide eines von Gioberti aus der Rechten gebildeten Ministeriums, sind ohne allen Erfolg vorübergegangen. Die „Offizielle Zeitung“ enthält heute die definitive Ernennung Chiodo's zum Ministerpräsidenten und des Senators Vittorio Colli zum Minister des Auswärtigen, sowie eine Proklamation der Minister an das Volk. Nach dem Pensiero Italiano hinge der mysteriöse Austritt Gioberti's so zusammen: Der Conseilspräsident, die heftige Opposition seiner Collegen vorhersehend, hätte ihnen einen Theil der auswärtigen Correspondenz verheimlicht. Die Proklamation des Verräther Laugier, der den Toskanern eine piemontesische Intervention bestimmt ankündigt, scheint dies zu bestätigen. Der Pensiero Italiano dringt auf Untersuchung dieser Verfassungsverletzung. 123 Turin, 24. Febr. Karl Albert sinnt auf einen Staatsstreich ‒ er möchte gern die Kammer auflösen. Der schlaue Gioberti beschwört ihn, zu warten; aber der Zorn ist bei ihm vorherrschend, und es steht zu erwarten, daß dieser Staatsstreich unmittelbar zur Republik führen wird. Die Patrioten von hier und der ganzen Umgegend warten auf diese Maßregel, um sich unmittelbar an Rom und Toskana anzuschließen. 35 Bologna. Von hier schreibt man der Concordia: Unsre Stadt ist ruhig. Alles bereitet sich zur Vertheidigung, falls die Barbaren es wagen sollten uns anzugreifen. Selbst die Schweizer sind sogleich wieder auf Seite des Volks getreten. General Latour, obgleich krank und aller Verpflichtungen entbunden, hat gleich beim Eintreffen der Nachricht vom Vorrücken der Oestreicher erklärt, er werde es als Ehrensache betrachten, Bologna gegen die Oestreicher zu vertheidigen. ‒ Das Regiment Schweizer, das in Forli stand, ist hierher commandirt. Das vom Obersten Marescotti commandirte römische Bataillon, das in Ferrara stand, hat sich nach Lugo zurückgezogen, als die Oestreicher die Stadt besetzt hatten. Bologna, 21. Febr. Nachmittags 2 Uhr. Nach Berichten, die soeben eintreffen, mußte die Stadt Ferrara (20,000 Einw.) 200,000 Thaler Kriegssteuer und 6000 Thlr. Entschädigungsgelder an den östr. Konsul zahlen. 70,000 Thlr. wurden baar erlegt, 13,000 Thlr. gute Handelswechsel auf Triest und Mailand ausgehändigt. Als Geissel zur Sicherstellung der Erfüllung anderer Bedingungen wurden auf Verlangen unter Andern ausgeliefert 1) der Erzbischof Fiaschi, 2) Agnelli und sechs Domherren, welche in der Citadelle abgeführt sind. (Wie es scheint, sind alle Geisseln Geistliche.) Französische Republik. 12 Paris, 28. Febr. Das große Bankett zur Feier der Februar-Revolution ist von ungemeiner Bedeutung. Das Journ. des Debats so wie der Constitutionnel räumen diese Wichtigkeit ein, indem sie dieselbe auf ihre Weise auffassen. Ihren Aeußerungen zufolge hatte das Fest einen doppelten Zweck; erstens die Feier der Februar-Revolution, zweitens die Feier der nunmehr gestifteten Vereinigung zwischen den Montagnards und der sozialistischen Partei. Den ersten Schritt zu dieser Vereinigung hat der „Berg“ selbst gethan, und zwar durch das Organ Ledru-Rollins. In seiner Rede schon hat Ledru-Rollin dieses hinlänglich hervorblicken lassen; mehr noch geschieht dies in seinem Journal „la Revolution democratique et sociale“, wo er eingesteht, daß mit der Politik nichts mehr anzufangen sei, daß man mit Gewalt aus den sogenannten politischen Ideen heraustreten müsse, um dem Kapital vor allen Dingen den Krieg zu erklären. In diesem Bankett waren, wie gesagt, die Arbeiter, wie sie sich in Associationen abgetheilt haben. Diese Associationen haben bekanntlich zum Zweck den gemeinsamen Betrieb dieser oder jener Industrie-Branche. Anfangs warf man sich in diese Associationen mit allem Feuereifer, in der Hoffnung, sich durch dieselben vom Kapital losreißen zu können. Jeder Arbeiter brachte als Einlage-Fonds seine spezielle Geschicklichkeit, seine Händearbeit und das wenige Geld, das er durch Verpfändung seiner entbehrlichen Kleidungsstücke und sonstiger Gegenstände ziehen konnte. Während der Zeit, daß man beschäftigt war, die Vorrichtungen zur Begründung dieser Gesellschaften zu treffen, vergaß man Politik, vergaß man Napoleon, vergaß man Italien und Ungarn. Durch die weitere Entwicklung dieser Gesellschaften hat sich aber wieder ein zweifaches Resultat herausgestellt: nämlich jede einzelne Gesellschaft ist an einem Punkt angelangt, wo sie an das Kapital anstößt, wo sie des Kapitals bedarf, nicht allein zum Betriebe und zur Fortführung ihrer eigenen Geschäftsthätigkeit, sondern auch des Kapitals, womit sie den andern in dieselbe Branche einschlagenden Betrieben gebietet. Aber auch das genügt nicht. Ihre Industrie sieht sich auf einmal in Verbindung gesetzt, oder vielmehr abprallen an der Bank und den öffentlichen Staatspapieren, und wenn man wirklich auch diese Schwierigkeit überwände, und wenn wirklich die Association wie ein großer Bourgeois dastände, mit einem Fuße in der Bank mit dem andern Fuße im Proletariate, dann kommt auf einmal die auswärtige Bank, die auswärtige Industrie, das fremde Geld, das in Paris ebenfalls Cours hat und schleudert sie gänzlich ins Proletariat. Dies für eine einzige Industrie, ich meine für eine einzige Association. Nun tritt aber etwas weit schlimmeres noch ein. Die verschiedenen Associationen bestehen nebeneinander, und statt in einander eingreifen zu können, sind sie gegenseitig sich hinderlich. Da kam zwar Proudhon mit seiner banque d'change, mit seiner Tauschbank und Volksbank, wo es heißt: Ihr Schuhmacher und Schneider u. s. w., ihr wechselt zwei Schuhe gegen Kleider aus; ihr braucht die Bank nicht; ihr könnt euch untereinander selbst helfen. Aber die einzelnen Associationen, die in ihrer Praxis schon weiter gekommen, die schon an dem Kapital und mit dem Kapital bei der matière première im weitesten Sinne angelangt sind, lachen natürlich über die Krämerbude des Hrn. Proudhon. Diese Krämerbude, sagen sie, mag wohl gut für ein Kloster, für eine geistliche Kongregation sein, die neben ihrer Betriebsamkeit noch den Betrieb der Religion hätte, von welcher sie die matière première zieht. Aber wie kann eine Association einer Kongregation gleich gesetzt werden, die mit allen Voraussetzungen der alten Gesellschaft gebildet, dieselbe nicht allein bestehen läßt, sondern von ihr gerade dadurch ihr Lebenselement und ihren Lebensunterhalt zieht, daß sie den Gegensatz in der alten Gesellschaft, das feindliche Gegenüberstehen zweier Klassen, gutheißt und heilig spricht? Nun kömmt zwar Considerant und bietet statt der Congregations-Buden seine Phalansterien an; aber die Arbeiter, weit entfernt auf diese Phalansterien einzugehen, überlassen dem Herrn Proudhon die Sorge, sie „theoretisch“ zu bekämpfen. Während nun gerade die Arbeiter in der weitern Fortbildung ihrer Associationen an den bestehenden politischen Verhältnissen stille stehen, während ihre Anfangs soziale Verbindung sie zu politischem Verständnisse der jetzigen Sachlage geführt, während sie einsehen, daß das Hinderniß, woran sie scheitern, die jetzt bestehenden politischen Verhältnisse, mit den politischen Verhältnissen der andern Staaten zusammenhängen, hat der sie vertretende politische „Berg“ den umgekehrten Weg eingeschlagen. Die Arbeiter sind durch ihre soziale Stellung politisch gebildet worden: die politischen Stellvertreter sind, weil sie stets in ihren politischen Plänen gescheitert, genöthigt worden, ihre jetzige Stellung sozial aufzufassen: und Arbeiter und Deputirte haben sich an dem großen Bankett der Februarrevolution gegenseitig verständigt: der soziale Krieg, d. h. der Krieg gegen alle Bourgeois- und Feudal-Herrschaften in allen Ländern, das ist die Lösung der sozialen Frage, das war das Losungswort in allen vorgebrachten Toasten. Ledrü-Rollin hat die Reihe der Toaste eröffnet mit einem Toaste auf die Macht der Februaridee. Ehe er auf diese Idee speziell eingeht, gedenkt er aller Derjenigen, die für die Idee im Juni gefallen, oder noch in den Pontons schmachten. Ehre unsern gefallenen Brüdern, den heldenmüthigen Vertheidigern der Februaridee! Ehre allen denen, die im Gefängnisse oder auf den Galeeren büßen müssen für ihren Glauben an die Republik; Ehre ihren verlassenen Frauen und Kindern, die Hungers sterben!… Sehen wir den Weg, welchen die Idee vom Februar durch Europa gemacht hat, alsdann finden wir einen Gegenstand des Trostes in der allgemeinen Umwälzung, zu der sie den ersten Anstoß gegeben hat.“ Nun zeigt Ledru-Rollin in einer glänzenden Schilderung die allgemeine Bewegung in Deutschland, Ungarn und Italien, und verweilt mit besonderem Wohlgefallen bei dem siegreichen Rom und Florenz. „Ihr fürchtet die Armee?“ fährt er fort. „Das Volk von Paris hat die Armee besiegt. Die Armee ist sozialistisch; sie braucht nur einen Monat in Paris zu verweilen und sie theilt unsere Ideen. Nun kommen zwar die Leute der Regierung und sagen: wir müssen die „verpesteten Regimenter“ aus Paris entfernen. Die „verpesteten Regimenter“ verlassen wirklich Paris und bringen die sozialistische Pest in die Departements. Das, was ihre Macht begründete, ist jetzt das Werkzeug zur Vernichtung ihrer Macht geworden… Wenn es sich bloß um Frankreich handelte, dann hätten wir allerdings Ursache, ungeduldig zu werden; aber heutigen Tags handelt es sich um ganz Europa. Wenn jetzt Frankreich sich abermals erhebt, und zum letzten Male, dann müssen alle Throne, alle Aristokratien der Welt, alle Privilegien, alle Ausbeutungen jeder Art mit einem Schlage von der Oberfläche der Erde verschwinden. Gewiß das Warten ist schrecklich für Leute, die wahrhaft leiden und darben, für ganze Gegenden, welche der Hunger dezimirt. Wahrlich ich schaudere, wenn ich daran denke; es ist mir schrecklich, Euch sagen zu müssen: Geduld … Was wir verlangen, das ist die Abschaffung des letzten Leibeigenthums, das ist der Sieg des Proletariats. Die Regierung mit ihrer Armee vermag diese Frage nicht zu lösen. Wir wollen sie lösen: aber noch Geduld! Resignation!“ Felix Pyat brachte einen Toast aus auf die Bauern. Er weist nach, wie der Bauer unterdrückt ist vom Kapitalisten, vom Grundherren, welche sich die Erde dienstbar gemacht haben, statt ihr, wie der Bauer zu dienen. „Sie wohnen nicht auf der Erde, sie lasten auf ihr; sie haben das Vaterland verkauft; die Entschädigung der Milliarde, das war der Judaspfennig, um den sie es verrathen und verkauft haben. Aber Judas, nachdem er das Geld bekommen, hat sich aus Schaam aufgeknüpft; unsere Grundherren sind dafür tanzen gegangen. Und was thatet Ihr, arme Bauern, während die Adligen mit den Alliirten Euer Geld vertanzten; Ihr jammertet in Eueren Hütten, Ihr bewahrtet in Euerem Herzen den Haß gegen Aristokraten und Könige. Sie waren und sind die Mitschuldigen derjenigen, die Eure Söhne getödtet, Euer Blut vergossen, und sie haben Euch noch zu guter Letzt den letzten Sou aus der Tasche gestohlen, um ihn zu vertanzen. Das war die Verwendung der Milliarde die Ihr bezahlt habt.“ Das Journal des Debats hütet sich weislich, diese Stelle zu reproduziren; es gibt nur diejenigen Stellen, wo von den schwarzen Kleidern der Städtebewohner die Rede ist, „die ungemein weiß sind.“ Er forderte ferner die graue Blouse auf, sich mit der „blauen Blouse, den Arbeiter sich mit dem Bauer, und umgekehrt zu vereinigen.“ Es handelt sich um die gemeinsame Sache der Arbeit. Von Euch hängt es ab, Königthum und Aristokratenthum, Elend und Unwissenheit auszurotten, und Ihr müßt jetzt bereit sein; denn die Zeit steht vor der Thüre, wo Europa entweder republikanisch oder kosackisch sein wird. Von Euch hängt es ab, ob wir Republik in Frankreich und Europa haben werden. „Die Republik, die uns Noth thut, das ist nicht die Republik der Barrot's und Bugeaud's; nicht die nach Innen gewalthätige und nach Außen feige Republik, nicht die halb bürgerliche, halb militärische Republik, die einen dreieckigen Hut über die Schlafmütze aufsetzt, nicht die Republik, die nach verlornen Königen und Päbsten läuft, sondern die demokratisch-soziale Republik, worin Ihr das Korn, das Ihr gesäet, essen, und den Wein, den Ihr gebaut, trinken könnt!“ „Von Euch hängt es ab, ob Eure Weiber Euren Kindern die Sprache ihres Vaters, die Worte: Gleichheit und Brüderlichkeit lehren sollen, oder ob die Knute des Kosaken in fremder Sprache ihnen den Unterschied zwischen Herr und Diener fühlbar machen wird“. Die Rede Pyat's wurde mit außerordentlichem Beifalle aufgenommen; es lebe die Montagne, es lebe Pyat! ertönte es von allen Seiten. Alle übrigen Redner sprachen sich in demselben Sinne aus: Krieg nach Außen, Solidarität der republikanischen Staaten.“ Paris, 28. Febr. Alle Welt spricht von Italien. Sämmtliche Morgenblätter beschäftigen sich mit den dortigen Ereignissen, nur der Moniteur beobachtet ein räthselhaftes Stillschweigen über die eingelaufenen Depeschen. Das Journal des Débats ist weniger geheimnißvoll. Es sagt in einem Postscriptum: „Wir hören diesen Abend, daß Hr. v. Reiset, erster Sekretär der franz. Legation in Turin gestern in Paris eintraf. Er reist heute wieder dahin ab. Bei seiner Abfahrt von Turin hatte Gioberti, schon aus dem Ministerium geschieden, auch seine Entlassung als Deputirter eingereicht. In der Nacht vom 23. zum 24. Febr. hatten sich etwa 4000 Menschen varsammelt, um eine Bittschrift zu Gunsten seines Wiedereintritts in das Ministerium zu unterzeichnen. Das Volk wollte diese Bittschrift dem Könige selbst überbringen und drängte sich an das Eisengitter des Schlosses. Allein die Bürgerwehr bildete doppelte Reihen und sperrte ihm den Weg. Der Entwurf der Antworts-Adresse auf die Thronrede ist in der Kammerkommission vollendet. Die Kammer verlangt darin die sofortige Eröffnung des Krieges gegen Oestreich. Der National sagt: „Die von uns veröffentlichten Details über die Ueberrumpelung Ferraras fanden viele Ungläubige in der Kammer. Das Ministerium wurde deshalb in den Nebengängen zur Rede gestellt, aber es stand gar nicht an, den Zweifel an der Wahrheit durch die lügenhaftesten Denegationen zu erhalten. Es lag ihm daran, die Interpellationen um 24 Stunden hinauszuschieben. Hierdurch gewinnt aber das Kabinet nichts. Der östreich. Ueberfall ist keine jener Fragen, die man unter dem dichten Mantel diplomatischen Vorbehalts verstecken könnte.“

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 236. Köln, 3. März 1849, S. 1303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz236_1849/3>, abgerufen am 23.11.2024.