Neue Rheinische Zeitung. Nr. 246. Köln, 15. März 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 246 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 15. März 1849. Heute Morgen ist eine zweite Beilage ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Hohenzollern'sche Gesammtreformplan. -- Censur.) Elberfeldt. (v. d. Heydt.) Berlin. (Adreßkommission. -- I. und II. Kammer. -- Plan des Ministeriums. -- Die Steuerverweigerer. -- Ein Antrag Elsner's. -- Feigheit der Berliner Blätter. -- Märzerinnerungen. -- Klatsch. -- Die Rehberger. -- Krawall wegen Schmuggelei.) Wien. (Die Oktroyirung und der angebliche Jubel. -- Muße für Reichstags-Deputirte. -- Neue Note nach Frankfurt. -- Verurtheilungen. -- Vermischtes). Olmütz. (Die octroyirte Verfassung. Schluß). Hullein. (Die aufgelösten Deputirten). Prag. (Empfang der heimoctroyirten Deputirten). Leipzig. (Volksversammlung). Gera. (Heimsendung der reußischen Konstituante). Lübeck. (Blockade der schleswig-holstein'schen Küsten). Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. Schweiz. Bern (Der republikanische Musterstaat.) -- Luzern (Beitrag zum Bundesrecht.) -- Waadt (Sieg der Radikalen.) -- Schaffhausen. (Reichstruppenscandal.) Italien. (Oestreich. Noten. Römische Note. Rüstungen in Toulon gegen Italien. Rüstungen in Rom. Ministerveränderung in Turin. Neapolit. Ultimatum.) -- Mailand. (Erschießungen.) Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. Nat.-Verf.) -- Rußland. Petersburg. (Russische Zustände.) Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der "Neuen Rheinischen Zeitung", oder der "Neuen Kölnischen Zeitung" baldigst zugehen zu lassen. [Französische Republik] -- Unter den vielen Tausenden von Grubenarbeitern des Loirethales (St. Etienne, Rive de Gier etc.) herrscht eine große Gährung. Die Gründe hiefür liegen in den ewigen Streitigkeiten wegen der Lohnverhältnisse zwischen Arbeit und Capital. Die Aktionäre wollen die Arbeitsstunden vermehren, ohne den Lohn zu erhöhen. Daher die Arbeitseinstellungen in Masse. Die Nähe des Generalissimus Bugeaud und seiner Alpenarmee stählt natürlich den Muth der Herren Aktionäre, welche bis zum 10. März etwa 350 Arbeiter, welche sich eine tägliche Vermehrung der Arbeitszeit von 2 Stunden für den gleichen Lohn nicht gefallen lassen wollen, außer Brod setzten. Bis zu diesem Tage reichen die neuesten Lyoner Berichte. -- Das Wahlmanifest der Rue de Poitiers ist fertig; aber es soll erst nach Votirung des Wahlgesetzes in der National-Versammlung veröffentlicht werden. Ursprünglich dem edelen Remusat zur Abfassung übertragen, nahm es aber bald Herr Thiers, der Allmächtige, unter seine Feile. Statt der Worte "Rückkehr zur Ordnung" setzte er "Bestehung der Ordnung"; statt des Ausdrucks "der Auserwählte des 10. Dez.", setzte er "die Wahl des 10 Dez." An diesen Correkturen erkennen Sie den alten Fuchs, der für sein kleines Gräflein in Eisenach ein Hinterpförtchen offen lassen möchte. Berryer lebt und stirbt für den Grafen Chambord in Frohsdorf; wie sich Piat und Persigny, die -- wie Thiers äußerte -- ein Kaiserthum ohne Kaiser herstellen wollen, mit diesen Verböserungen des Manifestes vertragen werden: darauf sind wir in der That neugierig. -- Nationalversammlung. Sitzung vom 12. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist die Schlußberathung des Wahlgesetzes. Sie war am Sonnabend bis zum Artikel 81 gerückt, zu welchem Bastiat den berüchtigten Zusatz stellt: "Volksvertreter dürfen kein besoldetes Amt bekleiden, selbst nicht das eines Ministers." Lefranc stattet im Namen des Ausschusses zuvörderst über einen Nachtrag zu Artikel 76 Bericht ab, der von den rehabilitirten Fallirten handelt und also lautet: "Zu Volksvertretern können nicht gewählt werden diejenigen Bürger, welche im In- oder Auslande fallirten und deren Rehabilitation noch nicht erfolgte." Dieser Nachtrag wird, trotz einer Gegenrede Joly's angenommen und ein Gegenantrag desselben Deputirten mit 467 gegen 241 Stimmen verworfen. Ehe die Versammlung fortschreitet, trägt der Finanzminister Passy darauf an, die verlangten 2 Zwölftel des 1849er Büdgets zu votiren. Perree (vom Siecle) will nur Ein Zwölftel votiren. Goudchaux dringt darauf, daß man das ganze Büdget diskutire. In diesem Falle will er gern die 2 Zwölftheile bewilligen. Passy erwidert ihnen, daß es sich zunächst um pünktliche Fortführung des Staatsdienstes handele. Die Versammlung genehmigt den verlangten Credit von 176 Millionen Franken pro April und Mai. Passy, Finanzminister, nimmt von Neuem das Wort und beantragt die Fortdauer der laut Beschlüsse vom 20. December 1848 festgesetzten Specialzuschüsse für den Präsidenten der Republik. (Ah! Ah!) Stimmen vom Berge: Das ist eine neue Civilliste! Dezeimeries bekämpft den Zuschuß ziemlich lebhaft. Passy erwidert, daß er ja auch dem General Cavaignac gewährt wor[d]en. Der Präsident müsse Repräsentationsgelder haben u. s. w. (Sein Vortrag ruft einen entsetzlichen Lärmen hervor.) Marrast ruft den Brives zur Ordnung Passy fährt trotz des Tumults fort und stützt sich auf das Marrast'sche Ausschußgutachten. Vom Berge: Das kann, das darf nicht sein! Impossible! Antony Thourret: Das sei ein Verfassungsbruch. Passy endigt unter mancherlei Anspielungen auf Cavaignac's Liberalismus. Man ruft rechts: Schluß! Schluß! Clement Thomas protestirt mit bekanntem Feuer gegen den Schluß. Dufaure erläutert die Stelle des Marrast'schen Ausschußberichts über die temporären Beamtengehälter und hebt besonders hervor, daß diese Repräsentationsgelder ja nur provisorisch seien. Er stimmt im Herzen dafür. Die Versammlung schreitet unter großer Gährung zur Abstimmung durch Zettel. Das Gehalt nebst dem Zuschuß für den Präsidenten wird mit 418 gegen 341 Stimmen angenommen. (Sensation.) Der Präsident hat somit 100,000 Franken monatlich, oder 3333 1/3 Frk. täglich zu verzehren. Das Gesammtgesetz der 2 Zwölftheile geht schließlich mit 531 gegen 193 Stimmen durch. Die Versammlung trennt sich in großer Agitation um 6 Uhr. Rußland. Petersburg, 6. Febr. Unter diesem Datum wird einem czechischen Blatte geschrieben: Wenn wir Eure Zeitungen, Urtheile und Schilderungen über die russische Politik lesen, überzeugen wir uns immer mehr, wie wenig gekannt wir in Europa sind. Uns kümmert dieses in der That wenig oder gar nichts, aber Euch ist die schlechte Kenntniß der Politik des russ. Kabinets in der freien Entwicklung hinderlich, da die von Euch gehegte Furcht, daß die Russen Eure Länder betreten könnten, Euch die Energie raubt und es bewirkt, daß Ihr den Czar fürchtet, wie bei uns kleine Kinder Gespenster und Geister. So höret denn endlich ein- für allemal und wisset, daß die Politik des Czaren sich so zu den Bewegungen Europas verhält, wie die englische Diplomatie zur Industrie und zum Handel des Festlandes. Je mehr bei Euch Revolutionen, Aufstände, Bombardements und belagerte Städte es gibt, desto fröhlicher ist der Czar, desto reicher ist Albion. Wir wissen, daß russ. Agenten in Paris, Berlin, Frankfurt und Wien Rubeln unter das Volk zu dem Zwecke austheilen, damit sie die Flamme der Uneinigkeit nicht mit Wasser löschen, sondern mit Oel unterstützen. Der Czar hat in der That Antheil an den Unruhen der civilisirten Welt, nicht aber aus der Ursache, um sie zu unterjochen, sondern einzig und allein, um die Völker zu beschäftigen und ihnen die Gelegenheit zu benehmen, Rußland in der Eroberung der Türkei hindernd in den Weg zu treten. Was unsere anderweitigen Zustände anbelangt, so kann ich Euch außer der Furcht des Czaren um sein eigenes Leben, welche Furcht bereits den höchsten Grad erreichte, so daß er Tag für Tag in einem andern Zimmer schläft! außer tagtäglichen Foltermartern -- Verbannungen nach Sibirien -- Degradiren der Generale zu gemeinen Soldaten -- Vermögensconfiskationen der Polen -- Schändlichkeit der Minister, Bestechlichkeit und eine grausenhafte Corruption der Beamten -- außer allem diesen habe ich Euch nichts Neues zu melden. Apropos; es erschienen hier lithographirte Proklamationen Bestucev's, Morave'vs, Pestel's, ja selbst Bakunin's. Die Polizei geht von einem Einwohner zum andern, confiscirt derlei Proklamationen, wo sie sie nur findet und dem Besitzer läßt sie bis hundert Stockschläge aufzählen: ohne Unterschied des Standes, ja auch dem Adel und den Beamten, was übrigens der Hoffnung Raum gibt, daß auch bei uns die Gleichberechtigung einmal eingeführt werden dürfte. Redakteur en chef Karl Marx. Wesel. Im Namen des Königs hat in der Untersuchungssache, gegen den Kaufmann Otto Custodis zu Emmerich, das Königl. Land- und Stadtgericht zu Wesel in seiner Sitzung vom 3. Februar 1849, an welcher der Gerichtsdirektor v. Hausen, der Gerichtsrath Jagemann und die Oberlandsgerichtsassessoren Feriee und Windhorst als Richter Theil nahmen, vermöge Auftrags des Senats für Strafsachen des Königl. Oberlandesgerichts zu Hamm den Verhandlungen gemäß erkannt: Daß der Kaufmann Otto Custodis wegen wörtlicher Beleidigung des Prinzen von Preußen außerordentlich zu einer Festungsstrafe von 6 Monaten zu verurtheilen und schuldig sei, die Kosten dieser Untersuchung zu tragen, welche im Unvermögensfalle bis auf die baaren dem Criminalfond zur Last fallenden Auslagen, niederzuschlagen. Von Gerichtswegen. Gründe. Nach einer Anzeige mehrerer Emmericher Bürger bei dem dortigen Gerichte, daß sich der Kaufmann Otto Custodis nach der Ankunft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen daselbst mehrere Male herausgenommen habe, die Aeußerung zu thun: "man hätte den Prinzen, rstatt ihm ein Hurrah zu bringen, todt schießen sollen" Die Zeugen deponiren 1) Der Posthalter Gerh. Baumann: Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen geäußert habe, man hätte den Prinzen, statt ihm ein Hurray zu bringen, todt schießen sollen. Ich weiß nicht, daß er solches selbst gesagt, noch auch habe ich Derartiges durch andere vernommen, namentlich, daß eine solche Aeußerung von ihm geschehen. 2) Der Wirth Hermann Terdnitz: Ich weiß nicht, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit den Prinzen von Preußen sich verächtlich ausgesprochen, namentlich nicht, daß er gesagt: man hätte, statt ihm ein Hurrah zu bringen, ihn todtschießen sollen, und habe auch nicht von Andern gehört, daß er eine solche Aeußerung gethan. Nach der Zeit, als der gedachte Prinz durch hiesige Stadt gekommen, stand Custodis mit dem Grenzaufseher Kind zusammen. Beide sprachen über den Prinzen, ich kann aber nicht sagen, was. Sie waren an dem hiesigen Steinthore und unterhielten sich. Mein Gedächtniß ist schwach und kann ich mich gar nicht mehr darauf besinnen, was gesprochen ist, namentlich, daß der Prinz von Preußen in der gepflogenen Unterredung beschimpft, verhöhnt oder bedrohet sei, auch nicht, daß der Wunsch vorgekommen, daß man ihn hätte todt schießen sollen. Es schwebt mir darüber auch nicht einmal dunkel etwas vor. Vor der Unterschrift, und als die Beeidigungsformel bis zu den Worten und "daran genommen habe" von dem Zeugen nachgesprochen, erklärt der Zeuge weiter: Ich erinnere mich allerdings, daß bei der gepflogenen Unterredung zwischen Custodis und Kind, der Erstere von "todtschießen" sprach und vom Prinzen von Preußen die Rede war; ich kann mich aber des Zusammenhanges des Gesprächs nicht mehr entsinnen. Ich muß meine vorstehende Aussagen dahin berichtigen, daß die Rede von schießen, wie mir vorsteht, war; möglich ist es auch, daß von Todtschießen gesprochen wurde, ich kann mich aber darauf nicht genau mehr besinnen; ferner ist es auch möglich, daß von Hurrah etwas vorkam, ich kann dies nicht behaupten. 3) Der Grenzaufseher Friedrich Kind: Als im Anfang des Monats Juni v. J. Sr. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen durch Emmerich gekommen war, es war dies am Sonntag, traf ich am Morgen des darauf folgenden Montags mit Otto Custodis auf der hiesigen Straße am Steinthor zusammen. Es begegnete uns dort der Wirth Terdnitz, welcher die Frage an uns richtete: Meine Herren, was gibts Neues? Otto Custodis gab darauf zur Antwort: "Nichts besonderes, man sollte nur gestern den Prinzen von Preußen hier gleich todt geschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kommt doch in Zeit von vierzehn Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen." Derselbe setzte noch hinzu, "es wäre wohl anzunehmen gewesen, daß hier nichts hätte vorfallen können, indem Beamte in der Nähe vom Posthause wären aufgestellt gewesen." Ich machte dem Otto Custodis dann bemerklich, daß es viel sei, was er da sage, worauf er in sein Haus ging, nachdem sich Terdnitz schon entfernt hatte. Ich habe von dem Vorfalle Villaret, Revisions-Inspektor, und dem Steuerrath Holzheimer Anzeige gemacht, und bin auf Veranlassung des Letztern zum Terdnitz gegangen, um ihn zu fragen, ob er das, was Otto Custodis gesagt, auch bezeugen könne? Terdnitz gab auf meine Frage zur Antwort: "Ich kann nicht gut hören, und wenn Deutsch gesprochen wird und mich die Sache angeht, muß ich erst einige Male darnach fragen, um es recht zu verstehen;" daß er die Worte des Custodis wirklich, wie ich sie bekundet, gehört, sagte er mir nicht; ich vermuthe es aber, weil er sogleich nach deren Ausspruch fortging. Die Zeugen, Gymnasiallehrer van Weel und der Postsekretär Herm Dewidt, sagen aus, der Erstere, daß ihm jene Aeußerung von dem Grenzaufseher Kind erzählt sei, der Letztere, er habe gehört, daß Otto Custodis sich geäußert haben solle, wenn das Gesetz es erlaubt, hätte man den Prinzen todt schießen sollen. Er weiß nicht, ob Custodis dieses oder ähnliches in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesagt hat, da er es weder von ihm selbst, noch durch Andere, die es von ihm vernommen, gehört habe. Inculpat, 33 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landwehrmann 2. Aufgebots, vermögend, noch nicht in Untersuchung gewesen, sagt aus: Es ist mir zu Ohren gekommen, daß ich um die Zeit, als der Prinz von Preußen Emmerich passirte, um nach Berlin zurückzukehren, in Beziehung auf ihn auch beleidigender Ausdrücke bedient haben soll; ich muß aber eine solche Anschuldigung durchaus bestreiten. Es muß schon unwahrscheinlich erscheinen, daß ich den gedachten Prinzen in Gegenwart eines Steuerbeamten beschimpft, da anzunehmen, daß ich mich wohl gehütet haben würde, solches zu thun. Wenn ich auf die Aussage des Kindt aufmerksam gemacht werde, daß ich am Montag im Monat Juni nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen durch Emmerich, in Gegenwart des Wirths Terdnitz und in seiner Anwesenheit geäußert, "man hätte am Tage vorher den Prinzen gleich todt schießen sollen, dann wäre die Sache am Ende, sonst komme doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen," so bemerke ich darauf: Es ist durchaus unwahr, daß ich die mir vorgehaltenen oder ähnliche Worte in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesprochen. Ich wohne nahe am Steinthore und unterhalte mich wohl mit vorübergehenden Leuten. Ich habe auch wohl mit Terdnitz und Kindt gesprochen; ich erinnere mich aber nicht mehr, daß solches am Tage nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen gewesen; die Deposition des Terdnitz erscheint nach ihrem Inhalte und weil der Mann ja geständlich taub ist, ohne Gewicht. Auf die Eröffnung, daß zufolge gerichtlichen Beschlusses wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen gegen mich die Untersuchung eingeleitet worden, habe ich, nachdem mir der Inhalt der Akten bekannt gemacht, folgendes anzuführen: Ich bin unschuldig und bin auch in dieser Sache nicht für überführt zu betrachten, da es an zureichenden Beweisen fehlt, weshalb ich um meine Freisprechung bitten muß. In Emmerich bestehen 2 politische Vereine und meine Gegner, namentlich die Hauptzollamts-Beamten suchen Alles auf, um mich zu verdächtigen, darum kann die Aussage des Kindt keinen Glauben verdienen. Durch diese Beweisaufnahme ist das Verbrechen so weit erwiesen, daß die Verhängung einer außerordentlichen Strafe keinem Bedenken unterliegen kann. Der Zeuge, Gränzaufsehen Kindt, hat die That vollständig deponirt. Die von dem Angeschuldigten gemachte Ausstellung gegen denselben, daß in Emmerich zwei politische Vereine bestehen und seine Gegner namentlich die Zollamtsbeamten Alles aufsuchen, ihn zu verdächtigen, kann die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen durchaus nicht schwächen, dieselbe wird durch die Aussage des Terdnitz noch unterstützt. Dieser Zeuge hat zwar durch sein Benehmen bei seiner Vernehmung den Verdacht des versuchten Meineides begründet, welcher indeß dem kompetenten Gerücht nicht fur genügend erschien, die förmliche Untersuchung einzuleiten, hierdurch wird seine ganze eidliche Deposition erheblich geschwächt. Da der Zeuge indeß bei der Confrontation mit dem Zeugen Kindt seine schwankende Aussage damit schließt, "möglich ist es, daß Custodis sich in der bemerkten Weise geäußert, ich kann aber nur bekunden, was oben niedergeschrieben ist," so unterstützt, wie gesagt, diese Deposition die des Zeugen Kindt. Das Verbrechen selbst erscheint als eine wörtliche Beleidigung des Prinzen von Preußen, der als unmittelbarer Thronfolger, im gesetzlichen Sinne als Kronprinz zu betrachten ist. Die bekundete Aeußerung, "man sollte den Prinzen von Preußen hier gleich todtgeschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kann doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen kommen," erscheint unzweifelhaft als eine Beleidigung. Sie enthält nämlich den Vorwurf, daß der Prinz von Preußen dazu beitragen würde, die damalige politische Stellung des Landes umzustoßen (auf den Kopf zu stellen) und enthält zugleich das Urtheil, daß derselbe deshalb verdiene todtgeschossen zu werden. Die hiebei obwaltende boshafte Absicht des Angeschuldigten wird noch dadurch unterstützt, daß er in seiner Vertheidigung erklärt: "es bestehen zwei politische Parteien in Emmerich, und die Beamten seien seine Gegner." Nach dem allgemeinen Landrechte II Tit. 20 § 205 sollen wörtliche Injurien gegen den Kronprinzen oder andern Mitglieder der königl. Familie mit ein- bis zweijähriger Zuchthaus- oder Festungsstrafe geahndet werden. Die verhängte sechsmonatliche Festungsstrafe erscheint deshalb dem Grade des geführten Beweises und der Stellung des Angeschuldigten im bürgerlichen Leben durchaus angemessen. (Krim-Ord. Nr. 398.) Die gesetzliche Folge dieser Verurtheilung ist auch, daß demselben die Kosten der Untersuchung zur Last gesetzt werden müsten. Aus diesen Gründen mußte wie geschehen erkannt werden. (gez.) v. Hansen. Jagemann. Farice. Windhorn. Königl. Land- und Stadtgericht. In Nro. 239 Ihrer Zeitung wird in einer Correspondenz aus Leipzig Eins der "Häupter der Demokratie", der "kühne Bayard" Hexamer angegriffen und von ihm Allerlei gefabelt, daß er sich hier aufhalte, wie "ein versteckter chinesischer Kaiser", daß er 200,000 Thlr. heirathe, so vorsichtig sei, wie preußische Geheimräthe und sich doch -- fürchte", daß er "das Tageslicht nicht sehe und nur einzelne Vertraute die Ehre genießen, in's verschlossene Zimmer vor den bebenden Herren gerufen zu werden". Außerdem beehrt ihn der Corr. mit dem Titel "demokratischer Pfuscher". Wir wissen nichts von diesen Fabeln, haben vielmehr den Bürger Hexamer sehr häufig im Tageslicht spazieren gehend gesehen, haben sehr oft mit ihm gesprochen, in seiner Wohnung, in Wirthshäusern, auf der Straße u. s. w. Der Corr. hat sich diese Fabeln a la "Neue Preußische Zeitung" aufbinden lassen, oder hat sie in seinem Zorne darüber niedergeschrieben, daß er vielleicht einmal das Zimmer des Bürgers Hexamer verschlossen gefunden hat. So viel wir wissen, hat Hexamer sein Zimmer zuweilen verschlossen, um in seinen Arbeiten nicht gestört zu werden. Jeder von hier würde unter ähnlichen Umständen dasselbe thun. Ein Neu Preußisches Zeitungsmährchen ist auch die Erzählung von 200,000 Thlrn. welche der glückliche Bürger Hexamer "heirathen" soll. Hexaemer hält sich gegenwärtig nicht mehr in Leipzig auf, er könnte von dem Angriffe des Correspondenten vielleicht nichts erfahren. Wir halten uns deßhalb für verpflichtet, zu erklären, daß der Angriff gegen Hexamer nur Unwahrheiten enthält und können dafür noch mehrere Gewährsmänner bringen. Dem Angegriffenen stellen wir anheim, wie er gegen die Behauptung, daß er "sich fürchte" und ein "demokratischer Pfuscher" sei, selbst auftreten und sich Genugthuung verschaffen will. Zugleich mit dieser Erklärung haben wir ähnliche den Redaktionen der demokratischen Blätter zugehen lassen, um so viel wir vermögen, einen Mann vor ungerechten Verläumdungen in Schutz zu nehmen, der die Achtung Aller genießt, die ihn kennen. Leipzig 10. März. Ludwig Schneck. Buchhändler. C. H. Hassenstein. Professor. Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material] Beilage zu Nr. 246 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 15. März 1849. Heute Morgen ist eine zweite Beilage ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Hohenzollern'sche Gesammtreformplan. — Censur.) Elberfeldt. (v. d. Heydt.) Berlin. (Adreßkommission. — I. und II. Kammer. — Plan des Ministeriums. — Die Steuerverweigerer. — Ein Antrag Elsner's. — Feigheit der Berliner Blätter. — Märzerinnerungen. — Klatsch. — Die Rehberger. — Krawall wegen Schmuggelei.) Wien. (Die Oktroyirung und der angebliche Jubel. — Muße für Reichstags-Deputirte. — Neue Note nach Frankfurt. — Verurtheilungen. — Vermischtes). Olmütz. (Die octroyirte Verfassung. Schluß). Hullein. (Die aufgelösten Deputirten). Prag. (Empfang der heimoctroyirten Deputirten). Leipzig. (Volksversammlung). Gera. (Heimsendung der reußischen Konstituante). Lübeck. (Blockade der schleswig-holstein'schen Küsten). Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. Schweiz. Bern (Der republikanische Musterstaat.) — Luzern (Beitrag zum Bundesrecht.) — Waadt (Sieg der Radikalen.) — Schaffhausen. (Reichstruppenscandal.) Italien. (Oestreich. Noten. Römische Note. Rüstungen in Toulon gegen Italien. Rüstungen in Rom. Ministerveränderung in Turin. Neapolit. Ultimatum.) — Mailand. (Erschießungen.) Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. Nat.-Verf.) — Rußland. Petersburg. (Russische Zustände.) Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“, oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen. [Französische Republik] — Unter den vielen Tausenden von Grubenarbeitern des Loirethales (St. Etienne, Rive de Gier etc.) herrscht eine große Gährung. Die Gründe hiefür liegen in den ewigen Streitigkeiten wegen der Lohnverhältnisse zwischen Arbeit und Capital. Die Aktionäre wollen die Arbeitsstunden vermehren, ohne den Lohn zu erhöhen. Daher die Arbeitseinstellungen in Masse. Die Nähe des Generalissimus Bugeaud und seiner Alpenarmee stählt natürlich den Muth der Herren Aktionäre, welche bis zum 10. März etwa 350 Arbeiter, welche sich eine tägliche Vermehrung der Arbeitszeit von 2 Stunden für den gleichen Lohn nicht gefallen lassen wollen, außer Brod setzten. Bis zu diesem Tage reichen die neuesten Lyoner Berichte. — Das Wahlmanifest der Rue de Poitiers ist fertig; aber es soll erst nach Votirung des Wahlgesetzes in der National-Versammlung veröffentlicht werden. Ursprünglich dem edelen Remusat zur Abfassung übertragen, nahm es aber bald Herr Thiers, der Allmächtige, unter seine Feile. Statt der Worte „Rückkehr zur Ordnung“ setzte er „Bestehung der Ordnung“; statt des Ausdrucks „der Auserwählte des 10. Dez.“, setzte er „die Wahl des 10 Dez.“ An diesen Correkturen erkennen Sie den alten Fuchs, der für sein kleines Gräflein in Eisenach ein Hinterpförtchen offen lassen möchte. Berryer lebt und stirbt für den Grafen Chambord in Frohsdorf; wie sich Piat und Persigny, die — wie Thiers äußerte — ein Kaiserthum ohne Kaiser herstellen wollen, mit diesen Verböserungen des Manifestes vertragen werden: darauf sind wir in der That neugierig. — Nationalversammlung. Sitzung vom 12. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist die Schlußberathung des Wahlgesetzes. Sie war am Sonnabend bis zum Artikel 81 gerückt, zu welchem Bastiat den berüchtigten Zusatz stellt: „Volksvertreter dürfen kein besoldetes Amt bekleiden, selbst nicht das eines Ministers.“ Lefranc stattet im Namen des Ausschusses zuvörderst über einen Nachtrag zu Artikel 76 Bericht ab, der von den rehabilitirten Fallirten handelt und also lautet: „Zu Volksvertretern können nicht gewählt werden diejenigen Bürger, welche im In- oder Auslande fallirten und deren Rehabilitation noch nicht erfolgte.“ Dieser Nachtrag wird, trotz einer Gegenrede Joly's angenommen und ein Gegenantrag desselben Deputirten mit 467 gegen 241 Stimmen verworfen. Ehe die Versammlung fortschreitet, trägt der Finanzminister Passy darauf an, die verlangten 2 Zwölftel des 1849er Büdgets zu votiren. Perrée (vom Siecle) will nur Ein Zwölftel votiren. Goudchaux dringt darauf, daß man das ganze Büdget diskutire. In diesem Falle will er gern die 2 Zwölftheile bewilligen. Passy erwidert ihnen, daß es sich zunächst um pünktliche Fortführung des Staatsdienstes handele. Die Versammlung genehmigt den verlangten Credit von 176 Millionen Franken pro April und Mai. Passy, Finanzminister, nimmt von Neuem das Wort und beantragt die Fortdauer der laut Beschlüsse vom 20. December 1848 festgesetzten Specialzuschüsse für den Präsidenten der Republik. (Ah! Ah!) Stimmen vom Berge: Das ist eine neue Civilliste! Dezeimeries bekämpft den Zuschuß ziemlich lebhaft. Passy erwidert, daß er ja auch dem General Cavaignac gewährt wor[d]en. Der Präsident müsse Repräsentationsgelder haben u. s. w. (Sein Vortrag ruft einen entsetzlichen Lärmen hervor.) Marrast ruft den Brives zur Ordnung Passy fährt trotz des Tumults fort und stützt sich auf das Marrast'sche Ausschußgutachten. Vom Berge: Das kann, das darf nicht sein! Impossible! Antony Thourret: Das sei ein Verfassungsbruch. Passy endigt unter mancherlei Anspielungen auf Cavaignac's Liberalismus. Man ruft rechts: Schluß! Schluß! Clement Thomas protestirt mit bekanntem Feuer gegen den Schluß. Dufaure erläutert die Stelle des Marrast'schen Ausschußberichts über die temporären Beamtengehälter und hebt besonders hervor, daß diese Repräsentationsgelder ja nur provisorisch seien. Er stimmt im Herzen dafür. Die Versammlung schreitet unter großer Gährung zur Abstimmung durch Zettel. Das Gehalt nebst dem Zuschuß für den Präsidenten wird mit 418 gegen 341 Stimmen angenommen. (Sensation.) Der Präsident hat somit 100,000 Franken monatlich, oder 3333 1/3 Frk. täglich zu verzehren. Das Gesammtgesetz der 2 Zwölftheile geht schließlich mit 531 gegen 193 Stimmen durch. Die Versammlung trennt sich in großer Agitation um 6 Uhr. Rußland. Petersburg, 6. Febr. Unter diesem Datum wird einem czechischen Blatte geschrieben: Wenn wir Eure Zeitungen, Urtheile und Schilderungen über die russische Politik lesen, überzeugen wir uns immer mehr, wie wenig gekannt wir in Europa sind. Uns kümmert dieses in der That wenig oder gar nichts, aber Euch ist die schlechte Kenntniß der Politik des russ. Kabinets in der freien Entwicklung hinderlich, da die von Euch gehegte Furcht, daß die Russen Eure Länder betreten könnten, Euch die Energie raubt und es bewirkt, daß Ihr den Czar fürchtet, wie bei uns kleine Kinder Gespenster und Geister. So höret denn endlich ein- für allemal und wisset, daß die Politik des Czaren sich so zu den Bewegungen Europas verhält, wie die englische Diplomatie zur Industrie und zum Handel des Festlandes. Je mehr bei Euch Revolutionen, Aufstände, Bombardements und belagerte Städte es gibt, desto fröhlicher ist der Czar, desto reicher ist Albion. Wir wissen, daß russ. Agenten in Paris, Berlin, Frankfurt und Wien Rubeln unter das Volk zu dem Zwecke austheilen, damit sie die Flamme der Uneinigkeit nicht mit Wasser löschen, sondern mit Oel unterstützen. Der Czar hat in der That Antheil an den Unruhen der civilisirten Welt, nicht aber aus der Ursache, um sie zu unterjochen, sondern einzig und allein, um die Völker zu beschäftigen und ihnen die Gelegenheit zu benehmen, Rußland in der Eroberung der Türkei hindernd in den Weg zu treten. Was unsere anderweitigen Zustände anbelangt, so kann ich Euch außer der Furcht des Czaren um sein eigenes Leben, welche Furcht bereits den höchsten Grad erreichte, so daß er Tag für Tag in einem andern Zimmer schläft! außer tagtäglichen Foltermartern — Verbannungen nach Sibirien — Degradiren der Generale zu gemeinen Soldaten — Vermögensconfiskationen der Polen — Schändlichkeit der Minister, Bestechlichkeit und eine grausenhafte Corruption der Beamten — außer allem diesen habe ich Euch nichts Neues zu melden. Apropos; es erschienen hier lithographirte Proklamationen Bestucev's, Morave'vs, Pestel's, ja selbst Bakunin's. Die Polizei geht von einem Einwohner zum andern, confiscirt derlei Proklamationen, wo sie sie nur findet und dem Besitzer läßt sie bis hundert Stockschläge aufzählen: ohne Unterschied des Standes, ja auch dem Adel und den Beamten, was übrigens der Hoffnung Raum gibt, daß auch bei uns die Gleichberechtigung einmal eingeführt werden dürfte. Redakteur en chef Karl Marx. Wesel. Im Namen des Königs hat in der Untersuchungssache, gegen den Kaufmann Otto Custodis zu Emmerich, das Königl. Land- und Stadtgericht zu Wesel in seiner Sitzung vom 3. Februar 1849, an welcher der Gerichtsdirektor v. Hausen, der Gerichtsrath Jagemann und die Oberlandsgerichtsassessoren Feriée und Windhorst als Richter Theil nahmen, vermöge Auftrags des Senats für Strafsachen des Königl. Oberlandesgerichts zu Hamm den Verhandlungen gemäß erkannt: Daß der Kaufmann Otto Custodis wegen wörtlicher Beleidigung des Prinzen von Preußen außerordentlich zu einer Festungsstrafe von 6 Monaten zu verurtheilen und schuldig sei, die Kosten dieser Untersuchung zu tragen, welche im Unvermögensfalle bis auf die baaren dem Criminalfond zur Last fallenden Auslagen, niederzuschlagen. Von Gerichtswegen. Gründe. Nach einer Anzeige mehrerer Emmericher Bürger bei dem dortigen Gerichte, daß sich der Kaufmann Otto Custodis nach der Ankunft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen daselbst mehrere Male herausgenommen habe, die Aeußerung zu thun: „man hätte den Prinzen, rstatt ihm ein Hurrah zu bringen, todt schießen sollen“ Die Zeugen deponiren 1) Der Posthalter Gerh. Baumann: Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen geäußert habe, man hätte den Prinzen, statt ihm ein Hurray zu bringen, todt schießen sollen. Ich weiß nicht, daß er solches selbst gesagt, noch auch habe ich Derartiges durch andere vernommen, namentlich, daß eine solche Aeußerung von ihm geschehen. 2) Der Wirth Hermann Terdnitz: Ich weiß nicht, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit den Prinzen von Preußen sich verächtlich ausgesprochen, namentlich nicht, daß er gesagt: man hätte, statt ihm ein Hurrah zu bringen, ihn todtschießen sollen, und habe auch nicht von Andern gehört, daß er eine solche Aeußerung gethan. Nach der Zeit, als der gedachte Prinz durch hiesige Stadt gekommen, stand Custodis mit dem Grenzaufseher Kind zusammen. Beide sprachen über den Prinzen, ich kann aber nicht sagen, was. Sie waren an dem hiesigen Steinthore und unterhielten sich. Mein Gedächtniß ist schwach und kann ich mich gar nicht mehr darauf besinnen, was gesprochen ist, namentlich, daß der Prinz von Preußen in der gepflogenen Unterredung beschimpft, verhöhnt oder bedrohet sei, auch nicht, daß der Wunsch vorgekommen, daß man ihn hätte todt schießen sollen. Es schwebt mir darüber auch nicht einmal dunkel etwas vor. Vor der Unterschrift, und als die Beeidigungsformel bis zu den Worten und „daran genommen habe“ von dem Zeugen nachgesprochen, erklärt der Zeuge weiter: Ich erinnere mich allerdings, daß bei der gepflogenen Unterredung zwischen Custodis und Kind, der Erstere von „todtschießen“ sprach und vom Prinzen von Preußen die Rede war; ich kann mich aber des Zusammenhanges des Gesprächs nicht mehr entsinnen. Ich muß meine vorstehende Aussagen dahin berichtigen, daß die Rede von schießen, wie mir vorsteht, war; möglich ist es auch, daß von Todtschießen gesprochen wurde, ich kann mich aber darauf nicht genau mehr besinnen; ferner ist es auch möglich, daß von Hurrah etwas vorkam, ich kann dies nicht behaupten. 3) Der Grenzaufseher Friedrich Kind: Als im Anfang des Monats Juni v. J. Sr. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen durch Emmerich gekommen war, es war dies am Sonntag, traf ich am Morgen des darauf folgenden Montags mit Otto Custodis auf der hiesigen Straße am Steinthor zusammen. Es begegnete uns dort der Wirth Terdnitz, welcher die Frage an uns richtete: Meine Herren, was gibts Neues? Otto Custodis gab darauf zur Antwort: „Nichts besonderes, man sollte nur gestern den Prinzen von Preußen hier gleich todt geschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kommt doch in Zeit von vierzehn Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen.“ Derselbe setzte noch hinzu, „es wäre wohl anzunehmen gewesen, daß hier nichts hätte vorfallen können, indem Beamte in der Nähe vom Posthause wären aufgestellt gewesen.“ Ich machte dem Otto Custodis dann bemerklich, daß es viel sei, was er da sage, worauf er in sein Haus ging, nachdem sich Terdnitz schon entfernt hatte. Ich habe von dem Vorfalle Villaret, Revisions-Inspektor, und dem Steuerrath Holzheimer Anzeige gemacht, und bin auf Veranlassung des Letztern zum Terdnitz gegangen, um ihn zu fragen, ob er das, was Otto Custodis gesagt, auch bezeugen könne? Terdnitz gab auf meine Frage zur Antwort: „Ich kann nicht gut hören, und wenn Deutsch gesprochen wird und mich die Sache angeht, muß ich erst einige Male darnach fragen, um es recht zu verstehen;“ daß er die Worte des Custodis wirklich, wie ich sie bekundet, gehört, sagte er mir nicht; ich vermuthe es aber, weil er sogleich nach deren Ausspruch fortging. Die Zeugen, Gymnasiallehrer van Weel und der Postsekretär Herm Dewidt, sagen aus, der Erstere, daß ihm jene Aeußerung von dem Grenzaufseher Kind erzählt sei, der Letztere, er habe gehört, daß Otto Custodis sich geäußert haben solle, wenn das Gesetz es erlaubt, hätte man den Prinzen todt schießen sollen. Er weiß nicht, ob Custodis dieses oder ähnliches in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesagt hat, da er es weder von ihm selbst, noch durch Andere, die es von ihm vernommen, gehört habe. Inculpat, 33 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landwehrmann 2. Aufgebots, vermögend, noch nicht in Untersuchung gewesen, sagt aus: Es ist mir zu Ohren gekommen, daß ich um die Zeit, als der Prinz von Preußen Emmerich passirte, um nach Berlin zurückzukehren, in Beziehung auf ihn auch beleidigender Ausdrücke bedient haben soll; ich muß aber eine solche Anschuldigung durchaus bestreiten. Es muß schon unwahrscheinlich erscheinen, daß ich den gedachten Prinzen in Gegenwart eines Steuerbeamten beschimpft, da anzunehmen, daß ich mich wohl gehütet haben würde, solches zu thun. Wenn ich auf die Aussage des Kindt aufmerksam gemacht werde, daß ich am Montag im Monat Juni nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen durch Emmerich, in Gegenwart des Wirths Terdnitz und in seiner Anwesenheit geäußert, „man hätte am Tage vorher den Prinzen gleich todt schießen sollen, dann wäre die Sache am Ende, sonst komme doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen,“ so bemerke ich darauf: Es ist durchaus unwahr, daß ich die mir vorgehaltenen oder ähnliche Worte in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesprochen. Ich wohne nahe am Steinthore und unterhalte mich wohl mit vorübergehenden Leuten. Ich habe auch wohl mit Terdnitz und Kindt gesprochen; ich erinnere mich aber nicht mehr, daß solches am Tage nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen gewesen; die Deposition des Terdnitz erscheint nach ihrem Inhalte und weil der Mann ja geständlich taub ist, ohne Gewicht. Auf die Eröffnung, daß zufolge gerichtlichen Beschlusses wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen gegen mich die Untersuchung eingeleitet worden, habe ich, nachdem mir der Inhalt der Akten bekannt gemacht, folgendes anzuführen: Ich bin unschuldig und bin auch in dieser Sache nicht für überführt zu betrachten, da es an zureichenden Beweisen fehlt, weshalb ich um meine Freisprechung bitten muß. In Emmerich bestehen 2 politische Vereine und meine Gegner, namentlich die Hauptzollamts-Beamten suchen Alles auf, um mich zu verdächtigen, darum kann die Aussage des Kindt keinen Glauben verdienen. Durch diese Beweisaufnahme ist das Verbrechen so weit erwiesen, daß die Verhängung einer außerordentlichen Strafe keinem Bedenken unterliegen kann. Der Zeuge, Gränzaufsehen Kindt, hat die That vollständig deponirt. Die von dem Angeschuldigten gemachte Ausstellung gegen denselben, daß in Emmerich zwei politische Vereine bestehen und seine Gegner namentlich die Zollamtsbeamten Alles aufsuchen, ihn zu verdächtigen, kann die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen durchaus nicht schwächen, dieselbe wird durch die Aussage des Terdnitz noch unterstützt. Dieser Zeuge hat zwar durch sein Benehmen bei seiner Vernehmung den Verdacht des versuchten Meineides begründet, welcher indeß dem kompetenten Gerücht nicht fur genügend erschien, die förmliche Untersuchung einzuleiten, hierdurch wird seine ganze eidliche Deposition erheblich geschwächt. Da der Zeuge indeß bei der Confrontation mit dem Zeugen Kindt seine schwankende Aussage damit schließt, „möglich ist es, daß Custodis sich in der bemerkten Weise geäußert, ich kann aber nur bekunden, was oben niedergeschrieben ist,“ so unterstützt, wie gesagt, diese Deposition die des Zeugen Kindt. Das Verbrechen selbst erscheint als eine wörtliche Beleidigung des Prinzen von Preußen, der als unmittelbarer Thronfolger, im gesetzlichen Sinne als Kronprinz zu betrachten ist. Die bekundete Aeußerung, „man sollte den Prinzen von Preußen hier gleich todtgeschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kann doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen kommen,“ erscheint unzweifelhaft als eine Beleidigung. Sie enthält nämlich den Vorwurf, daß der Prinz von Preußen dazu beitragen würde, die damalige politische Stellung des Landes umzustoßen (auf den Kopf zu stellen) und enthält zugleich das Urtheil, daß derselbe deshalb verdiene todtgeschossen zu werden. Die hiebei obwaltende boshafte Absicht des Angeschuldigten wird noch dadurch unterstützt, daß er in seiner Vertheidigung erklärt: „es bestehen zwei politische Parteien in Emmerich, und die Beamten seien seine Gegner.“ Nach dem allgemeinen Landrechte II Tit. 20 § 205 sollen wörtliche Injurien gegen den Kronprinzen oder andern Mitglieder der königl. Familie mit ein- bis zweijähriger Zuchthaus- oder Festungsstrafe geahndet werden. Die verhängte sechsmonatliche Festungsstrafe erscheint deshalb dem Grade des geführten Beweises und der Stellung des Angeschuldigten im bürgerlichen Leben durchaus angemessen. (Krim-Ord. Nr. 398.) Die gesetzliche Folge dieser Verurtheilung ist auch, daß demselben die Kosten der Untersuchung zur Last gesetzt werden müsten. Aus diesen Gründen mußte wie geschehen erkannt werden. (gez.) v. Hansen. Jagemann. Faricé. Windhorn. Königl. Land- und Stadtgericht. In Nro. 239 Ihrer Zeitung wird in einer Correspondenz aus Leipzig Eins der „Häupter der Demokratie“, der „kühne Bayard“ Hexamer angegriffen und von ihm Allerlei gefabelt, daß er sich hier aufhalte, wie „ein versteckter chinesischer Kaiser“, daß er 200,000 Thlr. heirathe, so vorsichtig sei, wie preußische Geheimräthe und sich doch — fürchte“, daß er „das Tageslicht nicht sehe und nur einzelne Vertraute die Ehre genießen, in's verschlossene Zimmer vor den bebenden Herren gerufen zu werden“. Außerdem beehrt ihn der Corr. mit dem Titel „demokratischer Pfuscher“. Wir wissen nichts von diesen Fabeln, haben vielmehr den Bürger Hexamer sehr häufig im Tageslicht spazieren gehend gesehen, haben sehr oft mit ihm gesprochen, in seiner Wohnung, in Wirthshäusern, auf der Straße u. s. w. Der Corr. hat sich diese Fabeln à la „Neue Preußische Zeitung“ aufbinden lassen, oder hat sie in seinem Zorne darüber niedergeschrieben, daß er vielleicht einmal das Zimmer des Bürgers Hexamer verschlossen gefunden hat. So viel wir wissen, hat Hexamer sein Zimmer zuweilen verschlossen, um in seinen Arbeiten nicht gestört zu werden. Jeder von hier würde unter ähnlichen Umständen dasselbe thun. Ein Neu Preußisches Zeitungsmährchen ist auch die Erzählung von 200,000 Thlrn. welche der glückliche Bürger Hexamer „heirathen“ soll. Hexaemer hält sich gegenwärtig nicht mehr in Leipzig auf, er könnte von dem Angriffe des Correspondenten vielleicht nichts erfahren. Wir halten uns deßhalb für verpflichtet, zu erklären, daß der Angriff gegen Hexamer nur Unwahrheiten enthält und können dafür noch mehrere Gewährsmänner bringen. Dem Angegriffenen stellen wir anheim, wie er gegen die Behauptung, daß er „sich fürchte“ und ein „demokratischer Pfuscher“ sei, selbst auftreten und sich Genugthuung verschaffen will. Zugleich mit dieser Erklärung haben wir ähnliche den Redaktionen der demokratischen Blätter zugehen lassen, um so viel wir vermögen, einen Mann vor ungerechten Verläumdungen in Schutz zu nehmen, der die Achtung Aller genießt, die ihn kennen. Leipzig 10. März. Ludwig Schneck. Buchhändler. C. H. Hassenstein. Professor. Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material] <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1373"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 246 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Donnerstag 15. März 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p> <hi rendition="#b">Heute Morgen ist eine zweite Beilage ausgegeben worden.</hi> </p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Der Hohenzollern'sche Gesammtreformplan. — Censur.) Elberfeldt. (v. d. Heydt.) Berlin. (Adreßkommission. — I. und II. Kammer. — Plan des Ministeriums. — Die Steuerverweigerer. — Ein Antrag Elsner's. — Feigheit der Berliner Blätter. — Märzerinnerungen. — Klatsch. — Die Rehberger. — Krawall wegen Schmuggelei.) Wien. (Die Oktroyirung und der angebliche Jubel. — Muße für Reichstags-Deputirte. — Neue Note nach Frankfurt. — Verurtheilungen. — Vermischtes). Olmütz. (Die octroyirte Verfassung. Schluß). Hullein. (Die aufgelösten Deputirten). Prag. (Empfang der heimoctroyirten Deputirten). Leipzig. (Volksversammlung). Gera. (Heimsendung der reußischen Konstituante). Lübeck. (Blockade der schleswig-holstein'schen Küsten).</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Vom Kriegsschauplatze.</p> <p><hi rendition="#g">Schweiz</hi>. Bern (Der republikanische Musterstaat.) — Luzern (Beitrag zum Bundesrecht.) — Waadt (Sieg der Radikalen.) — Schaffhausen. (Reichstruppenscandal.)</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. (Oestreich. Noten. Römische Note. Rüstungen in Toulon gegen Italien. Rüstungen in Rom. Ministerveränderung in Turin. Neapolit. Ultimatum.) — Mailand. (Erschießungen.)</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. (Vermischtes. Nat.-Verf.) —</p> <p><hi rendition="#g">Rußland</hi>. Petersburg. (Russische Zustände.)</p> <p>Die demokratischen Vereine <hi rendition="#b">der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“, oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.</hi> </p> </div> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar246b_001" type="jArticle"> <p>— Unter den vielen Tausenden von Grubenarbeitern des Loirethales (St. Etienne, Rive de Gier etc.) herrscht eine große Gährung. Die Gründe hiefür liegen in den ewigen Streitigkeiten wegen der Lohnverhältnisse zwischen Arbeit und Capital. Die Aktionäre wollen die Arbeitsstunden vermehren, ohne den Lohn zu erhöhen. Daher die Arbeitseinstellungen in Masse. Die Nähe des Generalissimus Bugeaud und seiner Alpenarmee stählt natürlich den Muth der Herren Aktionäre, welche bis zum 10. März etwa 350 Arbeiter, welche sich eine tägliche Vermehrung der Arbeitszeit von 2 Stunden für den gleichen Lohn nicht gefallen lassen wollen, außer Brod setzten.</p> <p>Bis zu diesem Tage reichen die neuesten Lyoner Berichte.</p> <p>— Das Wahlmanifest der Rue de Poitiers ist fertig; aber es soll erst nach Votirung des Wahlgesetzes in der National-Versammlung veröffentlicht werden. Ursprünglich dem edelen Remusat zur Abfassung übertragen, nahm es aber bald Herr Thiers, der Allmächtige, unter seine Feile. Statt der Worte „Rückkehr zur Ordnung“ setzte er „Bestehung der Ordnung“; statt des Ausdrucks „der Auserwählte des 10. Dez.“, setzte er „die Wahl des 10 Dez.“ An diesen Correkturen erkennen Sie den alten Fuchs, der für sein kleines Gräflein in Eisenach ein Hinterpförtchen offen lassen möchte. Berryer lebt und stirbt für den Grafen Chambord in Frohsdorf; wie sich Piat und Persigny, die — wie Thiers äußerte — ein Kaiserthum ohne Kaiser herstellen wollen, mit diesen Verböserungen des Manifestes vertragen werden: darauf sind wir in der That neugierig.</p> <p>— <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 12. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident <hi rendition="#g">Marrast</hi>.</p> <p>An der Tagesordnung ist die Schlußberathung des Wahlgesetzes. Sie war am Sonnabend bis zum Artikel 81 gerückt, zu welchem Bastiat den berüchtigten Zusatz stellt:</p> <p rendition="#et">„Volksvertreter dürfen kein besoldetes Amt bekleiden, selbst nicht das eines Ministers.“</p> <p><hi rendition="#g">Lefranc</hi> stattet im Namen des Ausschusses zuvörderst über einen Nachtrag zu Artikel 76 Bericht ab, der von den rehabilitirten Fallirten handelt und also lautet:</p> <p rendition="#et">„Zu Volksvertretern können nicht gewählt werden diejenigen Bürger, welche im In- oder Auslande fallirten und deren Rehabilitation noch nicht erfolgte.“</p> <p>Dieser Nachtrag wird, trotz einer Gegenrede Joly's angenommen und ein Gegenantrag desselben Deputirten mit 467 gegen 241 Stimmen verworfen.</p> <p>Ehe die Versammlung fortschreitet, trägt der Finanzminister Passy darauf an, die verlangten 2 Zwölftel des 1849er Büdgets zu votiren.</p> <p><hi rendition="#g">Perrée</hi> (vom Siecle) will nur Ein Zwölftel votiren.</p> <p><hi rendition="#g">Goudchaux</hi> dringt darauf, daß man das ganze Büdget diskutire. In diesem Falle will er gern die 2 Zwölftheile bewilligen.</p> <p><hi rendition="#g">Passy</hi> erwidert ihnen, daß es sich zunächst um pünktliche Fortführung des Staatsdienstes handele.</p> <p>Die Versammlung genehmigt den verlangten Credit von 176 Millionen Franken pro April und Mai.</p> <p><hi rendition="#g">Passy,</hi> Finanzminister, nimmt von Neuem das Wort und beantragt die Fortdauer der laut Beschlüsse vom 20. December 1848 festgesetzten Specialzuschüsse für den Präsidenten der Republik. (Ah! Ah!)</p> <p>Stimmen vom Berge: Das ist eine neue Civilliste!</p> <p><hi rendition="#g">Dezeimeries</hi> bekämpft den Zuschuß ziemlich lebhaft.</p> <p><hi rendition="#g">Passy</hi> erwidert, daß er ja auch dem General Cavaignac gewährt wor[d]en. Der Präsident müsse Repräsentationsgelder haben u. s. w. (Sein Vortrag ruft einen entsetzlichen Lärmen hervor.)</p> <p>Marrast ruft den Brives zur Ordnung</p> <p>Passy fährt trotz des Tumults fort und stützt sich auf das Marrast'sche Ausschußgutachten.</p> <p>Vom Berge: Das kann, das darf nicht sein! Impossible!</p> <p><hi rendition="#g">Antony Thourret:</hi> Das sei ein Verfassungsbruch.</p> <p>Passy endigt unter mancherlei Anspielungen auf Cavaignac's Liberalismus.</p> <p>Man ruft rechts: Schluß! Schluß!</p> <p><hi rendition="#g">Clement Thomas</hi> protestirt mit bekanntem Feuer gegen den Schluß.</p> <p><hi rendition="#g">Dufaure</hi> erläutert die Stelle des Marrast'schen Ausschußberichts über die temporären Beamtengehälter und hebt besonders hervor, daß diese Repräsentationsgelder ja nur provisorisch seien. Er stimmt im Herzen dafür.</p> <p>Die Versammlung schreitet unter großer Gährung zur Abstimmung durch Zettel.</p> <p>Das Gehalt nebst dem Zuschuß für den Präsidenten wird mit 418 gegen 341 Stimmen angenommen. (Sensation.)</p> <p>Der Präsident hat somit 100,000 Franken monatlich, oder 3333 1/3 Frk. täglich zu verzehren.</p> <p>Das Gesammtgesetz der 2 Zwölftheile geht schließlich mit 531 gegen 193 Stimmen durch.</p> <p>Die Versammlung trennt sich in großer Agitation um 6 Uhr.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Rußland.</head> <div xml:id="ar246b_002" type="jArticle"> <head>Petersburg, 6. Febr.</head> <p>Unter diesem Datum wird einem czechischen Blatte geschrieben: Wenn wir Eure Zeitungen, Urtheile und Schilderungen über die russische Politik lesen, überzeugen wir uns immer mehr, wie wenig gekannt wir in Europa sind. Uns kümmert dieses in der That wenig oder gar nichts, aber Euch ist die schlechte Kenntniß der Politik des russ. Kabinets in der freien Entwicklung hinderlich, da die von Euch gehegte Furcht, daß die Russen Eure Länder betreten könnten, Euch die Energie raubt und es bewirkt, daß Ihr den Czar fürchtet, wie bei uns kleine Kinder Gespenster und Geister.</p> <p>So höret denn endlich ein- für allemal und wisset, daß die Politik des Czaren sich so zu den Bewegungen Europas verhält, wie die englische Diplomatie zur Industrie und zum Handel des Festlandes. Je mehr bei Euch Revolutionen, Aufstände, Bombardements und belagerte Städte es gibt, desto fröhlicher ist der Czar, desto reicher ist Albion.</p> <p>Wir wissen, daß russ. Agenten in Paris, Berlin, Frankfurt und Wien Rubeln unter das Volk zu dem Zwecke austheilen, damit sie die Flamme der Uneinigkeit nicht mit Wasser löschen, sondern mit Oel unterstützen.</p> <p>Der Czar hat in der That Antheil an den Unruhen der civilisirten Welt, nicht aber aus der Ursache, um sie zu unterjochen, sondern einzig und allein, um die Völker zu beschäftigen und ihnen die Gelegenheit zu benehmen, Rußland in der Eroberung der Türkei hindernd in den Weg zu treten.</p> <p>Was unsere anderweitigen Zustände anbelangt, so kann ich Euch außer der Furcht des Czaren um sein eigenes Leben, welche Furcht bereits den höchsten Grad erreichte, so daß er Tag für Tag in einem andern Zimmer schläft! außer tagtäglichen Foltermartern — Verbannungen nach Sibirien — Degradiren der Generale zu gemeinen Soldaten — Vermögensconfiskationen der Polen — Schändlichkeit der Minister, Bestechlichkeit und eine grausenhafte Corruption der Beamten — außer allem diesen habe ich Euch nichts Neues zu melden.</p> <p>Apropos; es erschienen hier lithographirte Proklamationen Bestucev's, Morave'vs, Pestel's, ja selbst Bakunin's. Die Polizei geht von einem Einwohner zum andern, confiscirt derlei Proklamationen, wo sie sie nur findet und dem Besitzer läßt sie bis hundert Stockschläge aufzählen: ohne Unterschied des Standes, ja auch dem Adel und den Beamten, was übrigens der Hoffnung Raum gibt, daß auch bei uns die Gleichberechtigung einmal eingeführt werden dürfte.</p> </div> </div> <div n="1"> <bibl> Redakteur <hi rendition="#aq">en chef</hi> Karl Marx. </bibl> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar246b_004" type="jArticle"> <head>Wesel.</head> <p>Im Namen des Königs hat in der Untersuchungssache, gegen den Kaufmann Otto Custodis zu Emmerich, das Königl. Land- und Stadtgericht zu Wesel in seiner Sitzung vom 3. Februar 1849, an welcher der Gerichtsdirektor v. Hausen, der Gerichtsrath Jagemann und die Oberlandsgerichtsassessoren Feriée und Windhorst als Richter Theil nahmen, vermöge Auftrags des Senats für Strafsachen des Königl. Oberlandesgerichts zu Hamm den Verhandlungen gemäß erkannt:</p> <p>Daß der Kaufmann Otto Custodis wegen wörtlicher Beleidigung des Prinzen von Preußen außerordentlich zu einer Festungsstrafe von 6 Monaten zu verurtheilen und schuldig sei, die Kosten dieser Untersuchung zu tragen, welche im Unvermögensfalle bis auf die baaren dem Criminalfond zur Last fallenden Auslagen, niederzuschlagen.</p> <p rendition="#et">Von Gerichtswegen.</p> <p rendition="#et">Gründe.</p> <p>Nach einer Anzeige mehrerer Emmericher Bürger bei dem dortigen Gerichte, daß sich der Kaufmann Otto Custodis nach der Ankunft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen daselbst mehrere Male herausgenommen habe, die Aeußerung zu thun: „man hätte den Prinzen, rstatt ihm ein Hurrah zu bringen, todt schießen sollen“<lb/> wurde gegen ihn die Untersuchung eingeleitet.</p> <p>Die Zeugen deponiren</p> <p>1) Der Posthalter Gerh. Baumann:</p> <p>Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen geäußert habe, man hätte den Prinzen, statt ihm ein Hurray zu bringen, todt schießen sollen. Ich weiß nicht, daß er solches selbst gesagt, noch auch habe ich Derartiges durch andere vernommen, namentlich, daß eine solche Aeußerung von ihm geschehen.</p> <p>2) Der Wirth Hermann Terdnitz:</p> <p>Ich weiß nicht, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit den Prinzen von Preußen sich verächtlich ausgesprochen, namentlich nicht, daß er gesagt: man hätte, statt ihm ein Hurrah zu bringen, ihn todtschießen sollen, und habe auch nicht von Andern gehört, daß er eine solche Aeußerung gethan. Nach der Zeit, als der gedachte Prinz durch hiesige Stadt gekommen, stand Custodis mit dem Grenzaufseher Kind zusammen. Beide sprachen über den Prinzen, ich kann aber nicht sagen, was. Sie waren an dem hiesigen Steinthore und unterhielten sich. Mein Gedächtniß ist schwach und kann ich mich gar nicht mehr darauf besinnen, was gesprochen ist, namentlich, daß der Prinz von Preußen in der gepflogenen Unterredung beschimpft, verhöhnt oder bedrohet sei, auch nicht, daß der Wunsch vorgekommen, daß man ihn hätte todt schießen sollen. Es schwebt mir darüber auch nicht einmal dunkel etwas vor.</p> <p>Vor der Unterschrift, und als die Beeidigungsformel bis zu den Worten und „daran genommen habe“ von dem Zeugen nachgesprochen, erklärt der Zeuge weiter:</p> <p>Ich erinnere mich allerdings, daß bei der gepflogenen Unterredung zwischen Custodis und Kind, der Erstere von „todtschießen“ sprach und vom Prinzen von Preußen die Rede war; ich kann mich aber des Zusammenhanges des Gesprächs nicht mehr entsinnen.</p> <p>Ich muß meine vorstehende Aussagen dahin berichtigen, daß die Rede von schießen, wie mir vorsteht, war; möglich ist es auch, daß von Todtschießen gesprochen wurde, ich kann mich aber darauf nicht genau mehr besinnen; ferner ist es auch möglich, daß von Hurrah etwas vorkam, ich kann dies nicht behaupten.</p> <p>3) Der Grenzaufseher Friedrich Kind:</p> <p>Als im Anfang des Monats Juni v. J. Sr. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen durch Emmerich gekommen war, es war dies am Sonntag, traf ich am Morgen des darauf folgenden Montags mit Otto Custodis auf der hiesigen Straße am Steinthor zusammen. Es begegnete uns dort der Wirth Terdnitz, welcher die Frage an uns richtete: Meine Herren, was gibts Neues? Otto Custodis gab darauf zur Antwort: „Nichts besonderes, man sollte nur gestern den Prinzen von Preußen hier gleich todt geschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kommt doch in Zeit von vierzehn Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen.“ Derselbe setzte noch hinzu, „es wäre wohl anzunehmen gewesen, daß hier nichts hätte vorfallen können, indem Beamte in der Nähe vom Posthause wären aufgestellt gewesen.“ Ich machte dem Otto Custodis dann bemerklich, daß es viel sei, was er da sage, worauf er in sein Haus ging, nachdem sich Terdnitz schon entfernt hatte. Ich habe von dem Vorfalle Villaret, Revisions-Inspektor, und dem Steuerrath Holzheimer Anzeige gemacht, und bin auf Veranlassung des Letztern zum Terdnitz gegangen, um ihn zu fragen, ob er das, was Otto Custodis gesagt, auch bezeugen könne? Terdnitz gab auf meine Frage zur Antwort: „Ich kann nicht gut hören, und wenn Deutsch gesprochen wird und mich die Sache angeht, muß ich erst einige Male darnach fragen, um es recht zu verstehen;“ daß er die Worte des Custodis wirklich, wie ich sie bekundet, gehört, sagte er mir nicht; ich vermuthe es aber, weil er sogleich nach deren Ausspruch fortging.</p> <p>Die Zeugen, Gymnasiallehrer van Weel und der Postsekretär Herm Dewidt, sagen aus, der Erstere, daß ihm jene Aeußerung von dem Grenzaufseher Kind erzählt sei, der Letztere, er habe gehört, daß Otto Custodis sich geäußert haben solle, wenn das Gesetz es erlaubt, hätte man den Prinzen todt schießen sollen. Er weiß nicht, ob Custodis dieses oder ähnliches in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesagt hat, da er es weder von ihm selbst, noch durch Andere, die es von ihm vernommen, gehört habe.</p> <p>Inculpat, 33 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landwehrmann 2. Aufgebots, vermögend, noch nicht in Untersuchung gewesen, sagt aus:</p> <p>Es ist mir zu Ohren gekommen, daß ich um die Zeit, als der Prinz von Preußen Emmerich passirte, um nach Berlin zurückzukehren, in Beziehung auf ihn auch beleidigender Ausdrücke bedient haben soll; ich muß aber eine solche Anschuldigung durchaus bestreiten. Es muß schon unwahrscheinlich erscheinen, daß ich den gedachten Prinzen in Gegenwart eines Steuerbeamten beschimpft, da anzunehmen, daß ich mich wohl gehütet haben würde, solches zu thun. Wenn ich auf die Aussage des Kindt aufmerksam gemacht werde, daß ich am Montag im Monat Juni nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen durch Emmerich, in Gegenwart des Wirths Terdnitz und in seiner Anwesenheit geäußert, „man hätte am Tage vorher den Prinzen gleich todt schießen sollen, dann wäre die Sache am Ende, sonst komme doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen,“ so bemerke ich darauf: Es ist durchaus unwahr, daß ich die mir vorgehaltenen oder ähnliche Worte in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesprochen. Ich wohne nahe am Steinthore und unterhalte mich wohl mit vorübergehenden Leuten. Ich habe auch wohl mit Terdnitz und Kindt gesprochen; ich erinnere mich aber nicht mehr, daß solches am Tage nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen gewesen; die Deposition des Terdnitz erscheint nach ihrem Inhalte und weil der Mann ja geständlich taub ist, ohne Gewicht.</p> <p>Auf die Eröffnung, daß zufolge gerichtlichen Beschlusses wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen gegen mich die Untersuchung eingeleitet worden, habe ich, nachdem mir der Inhalt der Akten bekannt gemacht, folgendes anzuführen:</p> <p>Ich bin unschuldig und bin auch in dieser Sache nicht für überführt zu betrachten, da es an zureichenden Beweisen fehlt, weshalb ich um meine Freisprechung bitten muß. In Emmerich bestehen 2 politische Vereine und meine Gegner, namentlich die Hauptzollamts-Beamten suchen Alles auf, um mich zu verdächtigen, darum kann die Aussage des Kindt keinen Glauben verdienen.</p> <p>Durch diese Beweisaufnahme ist das Verbrechen so weit erwiesen, daß die Verhängung einer außerordentlichen Strafe keinem Bedenken unterliegen kann.</p> <p>Der Zeuge, Gränzaufsehen Kindt, hat die That vollständig deponirt. Die von dem Angeschuldigten gemachte Ausstellung gegen denselben, daß in Emmerich zwei politische Vereine bestehen und seine Gegner namentlich die Zollamtsbeamten Alles aufsuchen, ihn zu verdächtigen, kann die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen durchaus nicht schwächen, dieselbe wird durch die Aussage des Terdnitz noch unterstützt.</p> <p>Dieser Zeuge hat zwar durch sein Benehmen bei seiner Vernehmung den Verdacht des versuchten Meineides begründet, welcher indeß dem kompetenten Gerücht nicht fur genügend erschien, die förmliche Untersuchung einzuleiten, hierdurch wird seine ganze eidliche Deposition erheblich geschwächt.</p> <p>Da der Zeuge indeß bei der Confrontation mit dem Zeugen Kindt seine schwankende Aussage damit schließt, „möglich ist es, daß Custodis sich in der bemerkten Weise geäußert, ich kann aber nur bekunden, was oben niedergeschrieben ist,“ so unterstützt, wie gesagt, diese Deposition die des Zeugen Kindt.</p> <p>Das Verbrechen selbst erscheint als eine wörtliche Beleidigung des Prinzen von Preußen, der als unmittelbarer Thronfolger, im gesetzlichen Sinne als Kronprinz zu betrachten ist. Die bekundete Aeußerung, „man sollte den Prinzen von Preußen hier gleich todtgeschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kann doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen kommen,“ erscheint unzweifelhaft als eine Beleidigung. Sie enthält nämlich den Vorwurf, daß der Prinz von Preußen dazu beitragen würde, die damalige politische Stellung des Landes umzustoßen (auf den Kopf zu stellen) und enthält zugleich das Urtheil, daß derselbe deshalb verdiene todtgeschossen zu werden. Die hiebei obwaltende boshafte Absicht des Angeschuldigten wird noch dadurch unterstützt, daß er in seiner Vertheidigung erklärt: „es bestehen zwei politische Parteien in Emmerich, und die Beamten seien seine Gegner.“</p> <p>Nach dem allgemeinen Landrechte II Tit. 20 § 205 sollen wörtliche Injurien gegen den Kronprinzen oder andern Mitglieder der königl. Familie mit ein- bis zweijähriger Zuchthaus- oder Festungsstrafe geahndet werden.</p> <p>Die verhängte sechsmonatliche Festungsstrafe erscheint deshalb dem Grade des geführten Beweises und der Stellung des Angeschuldigten im bürgerlichen Leben durchaus angemessen. (Krim-Ord. Nr. 398.) Die gesetzliche Folge dieser Verurtheilung ist auch, daß demselben die Kosten der Untersuchung zur Last gesetzt werden müsten.</p> <p>Aus diesen Gründen mußte wie geschehen erkannt werden.</p> <p rendition="#et">(gez.) v. Hansen. Jagemann. Faricé. Windhorn.<lb/> Herr Kaufmann Custodis erhält vorstehend die verlangte Abschrift.<lb/> Emmerich, den 5. März 1849.</p> <p rendition="#et">Königl. Land- und Stadtgericht.<lb/> An<lb/> den Herrn Kaufmann Otto Custodis hier.</p> </div> <div xml:id="ar246b_005" type="jArticle"> <p>In Nro. 239 Ihrer Zeitung wird in einer Correspondenz aus Leipzig Eins der „Häupter der Demokratie“, der „kühne Bayard“ Hexamer angegriffen und von ihm Allerlei gefabelt, daß er sich hier aufhalte, wie „ein versteckter chinesischer Kaiser“, daß er 200,000 Thlr. heirathe, so vorsichtig sei, wie preußische Geheimräthe und sich doch — fürchte“, daß er „das Tageslicht nicht sehe und nur einzelne Vertraute die Ehre genießen, in's verschlossene Zimmer vor den bebenden Herren gerufen zu werden“. Außerdem beehrt ihn der Corr. mit dem Titel „demokratischer Pfuscher“.</p> <p>Wir wissen nichts von diesen Fabeln, haben vielmehr den Bürger Hexamer sehr häufig im Tageslicht spazieren gehend gesehen, haben sehr oft mit ihm gesprochen, in seiner Wohnung, in Wirthshäusern, auf der Straße u. s. w. Der Corr. hat sich diese Fabeln à la „Neue Preußische Zeitung“ aufbinden lassen, oder hat sie in seinem Zorne darüber niedergeschrieben, daß er vielleicht einmal das Zimmer des Bürgers Hexamer verschlossen gefunden hat. So viel wir wissen, hat Hexamer sein Zimmer zuweilen verschlossen, um in seinen Arbeiten nicht gestört zu werden. Jeder von hier würde unter ähnlichen Umständen dasselbe thun.</p> <p>Ein Neu Preußisches Zeitungsmährchen ist auch die Erzählung von 200,000 Thlrn. welche der glückliche Bürger Hexamer „heirathen“ soll.</p> <p>Hexaemer hält sich gegenwärtig nicht mehr in Leipzig auf, er könnte von dem Angriffe des Correspondenten vielleicht nichts erfahren. Wir halten uns deßhalb für verpflichtet, zu erklären, daß der Angriff gegen Hexamer nur <hi rendition="#g">Unwahrheiten</hi> enthält und können dafür noch mehrere Gewährsmänner bringen. Dem Angegriffenen stellen wir anheim, wie er gegen die Behauptung, daß er „sich fürchte“ und ein „demokratischer Pfuscher“ sei, selbst auftreten und sich Genugthuung verschaffen will.</p> <p>Zugleich mit dieser Erklärung haben wir ähnliche den Redaktionen der demokratischen Blätter zugehen lassen, um so viel wir vermögen, einen Mann vor ungerechten Verläumdungen in Schutz zu nehmen, der die Achtung Aller genießt, die ihn kennen.</p> <p>Leipzig 10. März.</p> <p rendition="#et">Ludwig Schneck. Buchhändler. C. H. Hassenstein. Professor.<lb/> C. H. Hoßfeld. Buchdruckereibesitzer. B. Ottendorfer.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Meteorologische Beobachtungen.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [1373/0001]
Beilage zu Nr. 246 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 15. März 1849. Heute Morgen ist eine zweite Beilage ausgegeben worden.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Hohenzollern'sche Gesammtreformplan. — Censur.) Elberfeldt. (v. d. Heydt.) Berlin. (Adreßkommission. — I. und II. Kammer. — Plan des Ministeriums. — Die Steuerverweigerer. — Ein Antrag Elsner's. — Feigheit der Berliner Blätter. — Märzerinnerungen. — Klatsch. — Die Rehberger. — Krawall wegen Schmuggelei.) Wien. (Die Oktroyirung und der angebliche Jubel. — Muße für Reichstags-Deputirte. — Neue Note nach Frankfurt. — Verurtheilungen. — Vermischtes). Olmütz. (Die octroyirte Verfassung. Schluß). Hullein. (Die aufgelösten Deputirten). Prag. (Empfang der heimoctroyirten Deputirten). Leipzig. (Volksversammlung). Gera. (Heimsendung der reußischen Konstituante). Lübeck. (Blockade der schleswig-holstein'schen Küsten).
Ungarn. Vom Kriegsschauplatze.
Schweiz. Bern (Der republikanische Musterstaat.) — Luzern (Beitrag zum Bundesrecht.) — Waadt (Sieg der Radikalen.) — Schaffhausen. (Reichstruppenscandal.)
Italien. (Oestreich. Noten. Römische Note. Rüstungen in Toulon gegen Italien. Rüstungen in Rom. Ministerveränderung in Turin. Neapolit. Ultimatum.) — Mailand. (Erschießungen.)
Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. Nat.-Verf.) —
Rußland. Petersburg. (Russische Zustände.)
Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“, oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.
[Französische Republik] — Unter den vielen Tausenden von Grubenarbeitern des Loirethales (St. Etienne, Rive de Gier etc.) herrscht eine große Gährung. Die Gründe hiefür liegen in den ewigen Streitigkeiten wegen der Lohnverhältnisse zwischen Arbeit und Capital. Die Aktionäre wollen die Arbeitsstunden vermehren, ohne den Lohn zu erhöhen. Daher die Arbeitseinstellungen in Masse. Die Nähe des Generalissimus Bugeaud und seiner Alpenarmee stählt natürlich den Muth der Herren Aktionäre, welche bis zum 10. März etwa 350 Arbeiter, welche sich eine tägliche Vermehrung der Arbeitszeit von 2 Stunden für den gleichen Lohn nicht gefallen lassen wollen, außer Brod setzten.
Bis zu diesem Tage reichen die neuesten Lyoner Berichte.
— Das Wahlmanifest der Rue de Poitiers ist fertig; aber es soll erst nach Votirung des Wahlgesetzes in der National-Versammlung veröffentlicht werden. Ursprünglich dem edelen Remusat zur Abfassung übertragen, nahm es aber bald Herr Thiers, der Allmächtige, unter seine Feile. Statt der Worte „Rückkehr zur Ordnung“ setzte er „Bestehung der Ordnung“; statt des Ausdrucks „der Auserwählte des 10. Dez.“, setzte er „die Wahl des 10 Dez.“ An diesen Correkturen erkennen Sie den alten Fuchs, der für sein kleines Gräflein in Eisenach ein Hinterpförtchen offen lassen möchte. Berryer lebt und stirbt für den Grafen Chambord in Frohsdorf; wie sich Piat und Persigny, die — wie Thiers äußerte — ein Kaiserthum ohne Kaiser herstellen wollen, mit diesen Verböserungen des Manifestes vertragen werden: darauf sind wir in der That neugierig.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 12. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.
An der Tagesordnung ist die Schlußberathung des Wahlgesetzes. Sie war am Sonnabend bis zum Artikel 81 gerückt, zu welchem Bastiat den berüchtigten Zusatz stellt:
„Volksvertreter dürfen kein besoldetes Amt bekleiden, selbst nicht das eines Ministers.“
Lefranc stattet im Namen des Ausschusses zuvörderst über einen Nachtrag zu Artikel 76 Bericht ab, der von den rehabilitirten Fallirten handelt und also lautet:
„Zu Volksvertretern können nicht gewählt werden diejenigen Bürger, welche im In- oder Auslande fallirten und deren Rehabilitation noch nicht erfolgte.“
Dieser Nachtrag wird, trotz einer Gegenrede Joly's angenommen und ein Gegenantrag desselben Deputirten mit 467 gegen 241 Stimmen verworfen.
Ehe die Versammlung fortschreitet, trägt der Finanzminister Passy darauf an, die verlangten 2 Zwölftel des 1849er Büdgets zu votiren.
Perrée (vom Siecle) will nur Ein Zwölftel votiren.
Goudchaux dringt darauf, daß man das ganze Büdget diskutire. In diesem Falle will er gern die 2 Zwölftheile bewilligen.
Passy erwidert ihnen, daß es sich zunächst um pünktliche Fortführung des Staatsdienstes handele.
Die Versammlung genehmigt den verlangten Credit von 176 Millionen Franken pro April und Mai.
Passy, Finanzminister, nimmt von Neuem das Wort und beantragt die Fortdauer der laut Beschlüsse vom 20. December 1848 festgesetzten Specialzuschüsse für den Präsidenten der Republik. (Ah! Ah!)
Stimmen vom Berge: Das ist eine neue Civilliste!
Dezeimeries bekämpft den Zuschuß ziemlich lebhaft.
Passy erwidert, daß er ja auch dem General Cavaignac gewährt wor[d]en. Der Präsident müsse Repräsentationsgelder haben u. s. w. (Sein Vortrag ruft einen entsetzlichen Lärmen hervor.)
Marrast ruft den Brives zur Ordnung
Passy fährt trotz des Tumults fort und stützt sich auf das Marrast'sche Ausschußgutachten.
Vom Berge: Das kann, das darf nicht sein! Impossible!
Antony Thourret: Das sei ein Verfassungsbruch.
Passy endigt unter mancherlei Anspielungen auf Cavaignac's Liberalismus.
Man ruft rechts: Schluß! Schluß!
Clement Thomas protestirt mit bekanntem Feuer gegen den Schluß.
Dufaure erläutert die Stelle des Marrast'schen Ausschußberichts über die temporären Beamtengehälter und hebt besonders hervor, daß diese Repräsentationsgelder ja nur provisorisch seien. Er stimmt im Herzen dafür.
Die Versammlung schreitet unter großer Gährung zur Abstimmung durch Zettel.
Das Gehalt nebst dem Zuschuß für den Präsidenten wird mit 418 gegen 341 Stimmen angenommen. (Sensation.)
Der Präsident hat somit 100,000 Franken monatlich, oder 3333 1/3 Frk. täglich zu verzehren.
Das Gesammtgesetz der 2 Zwölftheile geht schließlich mit 531 gegen 193 Stimmen durch.
Die Versammlung trennt sich in großer Agitation um 6 Uhr.
Rußland. Petersburg, 6. Febr. Unter diesem Datum wird einem czechischen Blatte geschrieben: Wenn wir Eure Zeitungen, Urtheile und Schilderungen über die russische Politik lesen, überzeugen wir uns immer mehr, wie wenig gekannt wir in Europa sind. Uns kümmert dieses in der That wenig oder gar nichts, aber Euch ist die schlechte Kenntniß der Politik des russ. Kabinets in der freien Entwicklung hinderlich, da die von Euch gehegte Furcht, daß die Russen Eure Länder betreten könnten, Euch die Energie raubt und es bewirkt, daß Ihr den Czar fürchtet, wie bei uns kleine Kinder Gespenster und Geister.
So höret denn endlich ein- für allemal und wisset, daß die Politik des Czaren sich so zu den Bewegungen Europas verhält, wie die englische Diplomatie zur Industrie und zum Handel des Festlandes. Je mehr bei Euch Revolutionen, Aufstände, Bombardements und belagerte Städte es gibt, desto fröhlicher ist der Czar, desto reicher ist Albion.
Wir wissen, daß russ. Agenten in Paris, Berlin, Frankfurt und Wien Rubeln unter das Volk zu dem Zwecke austheilen, damit sie die Flamme der Uneinigkeit nicht mit Wasser löschen, sondern mit Oel unterstützen.
Der Czar hat in der That Antheil an den Unruhen der civilisirten Welt, nicht aber aus der Ursache, um sie zu unterjochen, sondern einzig und allein, um die Völker zu beschäftigen und ihnen die Gelegenheit zu benehmen, Rußland in der Eroberung der Türkei hindernd in den Weg zu treten.
Was unsere anderweitigen Zustände anbelangt, so kann ich Euch außer der Furcht des Czaren um sein eigenes Leben, welche Furcht bereits den höchsten Grad erreichte, so daß er Tag für Tag in einem andern Zimmer schläft! außer tagtäglichen Foltermartern — Verbannungen nach Sibirien — Degradiren der Generale zu gemeinen Soldaten — Vermögensconfiskationen der Polen — Schändlichkeit der Minister, Bestechlichkeit und eine grausenhafte Corruption der Beamten — außer allem diesen habe ich Euch nichts Neues zu melden.
Apropos; es erschienen hier lithographirte Proklamationen Bestucev's, Morave'vs, Pestel's, ja selbst Bakunin's. Die Polizei geht von einem Einwohner zum andern, confiscirt derlei Proklamationen, wo sie sie nur findet und dem Besitzer läßt sie bis hundert Stockschläge aufzählen: ohne Unterschied des Standes, ja auch dem Adel und den Beamten, was übrigens der Hoffnung Raum gibt, daß auch bei uns die Gleichberechtigung einmal eingeführt werden dürfte.
Redakteur en chef Karl Marx. Wesel. Im Namen des Königs hat in der Untersuchungssache, gegen den Kaufmann Otto Custodis zu Emmerich, das Königl. Land- und Stadtgericht zu Wesel in seiner Sitzung vom 3. Februar 1849, an welcher der Gerichtsdirektor v. Hausen, der Gerichtsrath Jagemann und die Oberlandsgerichtsassessoren Feriée und Windhorst als Richter Theil nahmen, vermöge Auftrags des Senats für Strafsachen des Königl. Oberlandesgerichts zu Hamm den Verhandlungen gemäß erkannt:
Daß der Kaufmann Otto Custodis wegen wörtlicher Beleidigung des Prinzen von Preußen außerordentlich zu einer Festungsstrafe von 6 Monaten zu verurtheilen und schuldig sei, die Kosten dieser Untersuchung zu tragen, welche im Unvermögensfalle bis auf die baaren dem Criminalfond zur Last fallenden Auslagen, niederzuschlagen.
Von Gerichtswegen.
Gründe.
Nach einer Anzeige mehrerer Emmericher Bürger bei dem dortigen Gerichte, daß sich der Kaufmann Otto Custodis nach der Ankunft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen daselbst mehrere Male herausgenommen habe, die Aeußerung zu thun: „man hätte den Prinzen, rstatt ihm ein Hurrah zu bringen, todt schießen sollen“
wurde gegen ihn die Untersuchung eingeleitet.
Die Zeugen deponiren
1) Der Posthalter Gerh. Baumann:
Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen geäußert habe, man hätte den Prinzen, statt ihm ein Hurray zu bringen, todt schießen sollen. Ich weiß nicht, daß er solches selbst gesagt, noch auch habe ich Derartiges durch andere vernommen, namentlich, daß eine solche Aeußerung von ihm geschehen.
2) Der Wirth Hermann Terdnitz:
Ich weiß nicht, daß Otto Custodis in Beziehung auf Sr. Königl. Hoheit den Prinzen von Preußen sich verächtlich ausgesprochen, namentlich nicht, daß er gesagt: man hätte, statt ihm ein Hurrah zu bringen, ihn todtschießen sollen, und habe auch nicht von Andern gehört, daß er eine solche Aeußerung gethan. Nach der Zeit, als der gedachte Prinz durch hiesige Stadt gekommen, stand Custodis mit dem Grenzaufseher Kind zusammen. Beide sprachen über den Prinzen, ich kann aber nicht sagen, was. Sie waren an dem hiesigen Steinthore und unterhielten sich. Mein Gedächtniß ist schwach und kann ich mich gar nicht mehr darauf besinnen, was gesprochen ist, namentlich, daß der Prinz von Preußen in der gepflogenen Unterredung beschimpft, verhöhnt oder bedrohet sei, auch nicht, daß der Wunsch vorgekommen, daß man ihn hätte todt schießen sollen. Es schwebt mir darüber auch nicht einmal dunkel etwas vor.
Vor der Unterschrift, und als die Beeidigungsformel bis zu den Worten und „daran genommen habe“ von dem Zeugen nachgesprochen, erklärt der Zeuge weiter:
Ich erinnere mich allerdings, daß bei der gepflogenen Unterredung zwischen Custodis und Kind, der Erstere von „todtschießen“ sprach und vom Prinzen von Preußen die Rede war; ich kann mich aber des Zusammenhanges des Gesprächs nicht mehr entsinnen.
Ich muß meine vorstehende Aussagen dahin berichtigen, daß die Rede von schießen, wie mir vorsteht, war; möglich ist es auch, daß von Todtschießen gesprochen wurde, ich kann mich aber darauf nicht genau mehr besinnen; ferner ist es auch möglich, daß von Hurrah etwas vorkam, ich kann dies nicht behaupten.
3) Der Grenzaufseher Friedrich Kind:
Als im Anfang des Monats Juni v. J. Sr. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen durch Emmerich gekommen war, es war dies am Sonntag, traf ich am Morgen des darauf folgenden Montags mit Otto Custodis auf der hiesigen Straße am Steinthor zusammen. Es begegnete uns dort der Wirth Terdnitz, welcher die Frage an uns richtete: Meine Herren, was gibts Neues? Otto Custodis gab darauf zur Antwort: „Nichts besonderes, man sollte nur gestern den Prinzen von Preußen hier gleich todt geschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kommt doch in Zeit von vierzehn Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen.“ Derselbe setzte noch hinzu, „es wäre wohl anzunehmen gewesen, daß hier nichts hätte vorfallen können, indem Beamte in der Nähe vom Posthause wären aufgestellt gewesen.“ Ich machte dem Otto Custodis dann bemerklich, daß es viel sei, was er da sage, worauf er in sein Haus ging, nachdem sich Terdnitz schon entfernt hatte. Ich habe von dem Vorfalle Villaret, Revisions-Inspektor, und dem Steuerrath Holzheimer Anzeige gemacht, und bin auf Veranlassung des Letztern zum Terdnitz gegangen, um ihn zu fragen, ob er das, was Otto Custodis gesagt, auch bezeugen könne? Terdnitz gab auf meine Frage zur Antwort: „Ich kann nicht gut hören, und wenn Deutsch gesprochen wird und mich die Sache angeht, muß ich erst einige Male darnach fragen, um es recht zu verstehen;“ daß er die Worte des Custodis wirklich, wie ich sie bekundet, gehört, sagte er mir nicht; ich vermuthe es aber, weil er sogleich nach deren Ausspruch fortging.
Die Zeugen, Gymnasiallehrer van Weel und der Postsekretär Herm Dewidt, sagen aus, der Erstere, daß ihm jene Aeußerung von dem Grenzaufseher Kind erzählt sei, der Letztere, er habe gehört, daß Otto Custodis sich geäußert haben solle, wenn das Gesetz es erlaubt, hätte man den Prinzen todt schießen sollen. Er weiß nicht, ob Custodis dieses oder ähnliches in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesagt hat, da er es weder von ihm selbst, noch durch Andere, die es von ihm vernommen, gehört habe.
Inculpat, 33 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Vater von 4 Kindern, Landwehrmann 2. Aufgebots, vermögend, noch nicht in Untersuchung gewesen, sagt aus:
Es ist mir zu Ohren gekommen, daß ich um die Zeit, als der Prinz von Preußen Emmerich passirte, um nach Berlin zurückzukehren, in Beziehung auf ihn auch beleidigender Ausdrücke bedient haben soll; ich muß aber eine solche Anschuldigung durchaus bestreiten. Es muß schon unwahrscheinlich erscheinen, daß ich den gedachten Prinzen in Gegenwart eines Steuerbeamten beschimpft, da anzunehmen, daß ich mich wohl gehütet haben würde, solches zu thun. Wenn ich auf die Aussage des Kindt aufmerksam gemacht werde, daß ich am Montag im Monat Juni nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen durch Emmerich, in Gegenwart des Wirths Terdnitz und in seiner Anwesenheit geäußert, „man hätte am Tage vorher den Prinzen gleich todt schießen sollen, dann wäre die Sache am Ende, sonst komme doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen,“ so bemerke ich darauf: Es ist durchaus unwahr, daß ich die mir vorgehaltenen oder ähnliche Worte in Beziehung auf den Prinzen von Preußen gesprochen. Ich wohne nahe am Steinthore und unterhalte mich wohl mit vorübergehenden Leuten. Ich habe auch wohl mit Terdnitz und Kindt gesprochen; ich erinnere mich aber nicht mehr, daß solches am Tage nach der Durchkunft des Prinzen von Preußen gewesen; die Deposition des Terdnitz erscheint nach ihrem Inhalte und weil der Mann ja geständlich taub ist, ohne Gewicht.
Auf die Eröffnung, daß zufolge gerichtlichen Beschlusses wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen gegen mich die Untersuchung eingeleitet worden, habe ich, nachdem mir der Inhalt der Akten bekannt gemacht, folgendes anzuführen:
Ich bin unschuldig und bin auch in dieser Sache nicht für überführt zu betrachten, da es an zureichenden Beweisen fehlt, weshalb ich um meine Freisprechung bitten muß. In Emmerich bestehen 2 politische Vereine und meine Gegner, namentlich die Hauptzollamts-Beamten suchen Alles auf, um mich zu verdächtigen, darum kann die Aussage des Kindt keinen Glauben verdienen.
Durch diese Beweisaufnahme ist das Verbrechen so weit erwiesen, daß die Verhängung einer außerordentlichen Strafe keinem Bedenken unterliegen kann.
Der Zeuge, Gränzaufsehen Kindt, hat die That vollständig deponirt. Die von dem Angeschuldigten gemachte Ausstellung gegen denselben, daß in Emmerich zwei politische Vereine bestehen und seine Gegner namentlich die Zollamtsbeamten Alles aufsuchen, ihn zu verdächtigen, kann die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen durchaus nicht schwächen, dieselbe wird durch die Aussage des Terdnitz noch unterstützt.
Dieser Zeuge hat zwar durch sein Benehmen bei seiner Vernehmung den Verdacht des versuchten Meineides begründet, welcher indeß dem kompetenten Gerücht nicht fur genügend erschien, die förmliche Untersuchung einzuleiten, hierdurch wird seine ganze eidliche Deposition erheblich geschwächt.
Da der Zeuge indeß bei der Confrontation mit dem Zeugen Kindt seine schwankende Aussage damit schließt, „möglich ist es, daß Custodis sich in der bemerkten Weise geäußert, ich kann aber nur bekunden, was oben niedergeschrieben ist,“ so unterstützt, wie gesagt, diese Deposition die des Zeugen Kindt.
Das Verbrechen selbst erscheint als eine wörtliche Beleidigung des Prinzen von Preußen, der als unmittelbarer Thronfolger, im gesetzlichen Sinne als Kronprinz zu betrachten ist. Die bekundete Aeußerung, „man sollte den Prinzen von Preußen hier gleich todtgeschossen haben, dann wäre die Sache am Ende, sonst kann doch in Zeit von 14 Tagen die Welt noch auf den Kopf zu stehen kommen,“ erscheint unzweifelhaft als eine Beleidigung. Sie enthält nämlich den Vorwurf, daß der Prinz von Preußen dazu beitragen würde, die damalige politische Stellung des Landes umzustoßen (auf den Kopf zu stellen) und enthält zugleich das Urtheil, daß derselbe deshalb verdiene todtgeschossen zu werden. Die hiebei obwaltende boshafte Absicht des Angeschuldigten wird noch dadurch unterstützt, daß er in seiner Vertheidigung erklärt: „es bestehen zwei politische Parteien in Emmerich, und die Beamten seien seine Gegner.“
Nach dem allgemeinen Landrechte II Tit. 20 § 205 sollen wörtliche Injurien gegen den Kronprinzen oder andern Mitglieder der königl. Familie mit ein- bis zweijähriger Zuchthaus- oder Festungsstrafe geahndet werden.
Die verhängte sechsmonatliche Festungsstrafe erscheint deshalb dem Grade des geführten Beweises und der Stellung des Angeschuldigten im bürgerlichen Leben durchaus angemessen. (Krim-Ord. Nr. 398.) Die gesetzliche Folge dieser Verurtheilung ist auch, daß demselben die Kosten der Untersuchung zur Last gesetzt werden müsten.
Aus diesen Gründen mußte wie geschehen erkannt werden.
(gez.) v. Hansen. Jagemann. Faricé. Windhorn.
Herr Kaufmann Custodis erhält vorstehend die verlangte Abschrift.
Emmerich, den 5. März 1849.
Königl. Land- und Stadtgericht.
An
den Herrn Kaufmann Otto Custodis hier.
In Nro. 239 Ihrer Zeitung wird in einer Correspondenz aus Leipzig Eins der „Häupter der Demokratie“, der „kühne Bayard“ Hexamer angegriffen und von ihm Allerlei gefabelt, daß er sich hier aufhalte, wie „ein versteckter chinesischer Kaiser“, daß er 200,000 Thlr. heirathe, so vorsichtig sei, wie preußische Geheimräthe und sich doch — fürchte“, daß er „das Tageslicht nicht sehe und nur einzelne Vertraute die Ehre genießen, in's verschlossene Zimmer vor den bebenden Herren gerufen zu werden“. Außerdem beehrt ihn der Corr. mit dem Titel „demokratischer Pfuscher“.
Wir wissen nichts von diesen Fabeln, haben vielmehr den Bürger Hexamer sehr häufig im Tageslicht spazieren gehend gesehen, haben sehr oft mit ihm gesprochen, in seiner Wohnung, in Wirthshäusern, auf der Straße u. s. w. Der Corr. hat sich diese Fabeln à la „Neue Preußische Zeitung“ aufbinden lassen, oder hat sie in seinem Zorne darüber niedergeschrieben, daß er vielleicht einmal das Zimmer des Bürgers Hexamer verschlossen gefunden hat. So viel wir wissen, hat Hexamer sein Zimmer zuweilen verschlossen, um in seinen Arbeiten nicht gestört zu werden. Jeder von hier würde unter ähnlichen Umständen dasselbe thun.
Ein Neu Preußisches Zeitungsmährchen ist auch die Erzählung von 200,000 Thlrn. welche der glückliche Bürger Hexamer „heirathen“ soll.
Hexaemer hält sich gegenwärtig nicht mehr in Leipzig auf, er könnte von dem Angriffe des Correspondenten vielleicht nichts erfahren. Wir halten uns deßhalb für verpflichtet, zu erklären, daß der Angriff gegen Hexamer nur Unwahrheiten enthält und können dafür noch mehrere Gewährsmänner bringen. Dem Angegriffenen stellen wir anheim, wie er gegen die Behauptung, daß er „sich fürchte“ und ein „demokratischer Pfuscher“ sei, selbst auftreten und sich Genugthuung verschaffen will.
Zugleich mit dieser Erklärung haben wir ähnliche den Redaktionen der demokratischen Blätter zugehen lassen, um so viel wir vermögen, einen Mann vor ungerechten Verläumdungen in Schutz zu nehmen, der die Achtung Aller genießt, die ihn kennen.
Leipzig 10. März.
Ludwig Schneck. Buchhändler. C. H. Hassenstein. Professor.
C. H. Hoßfeld. Buchdruckereibesitzer. B. Ottendorfer.
Meteorologische Beobachtungen. _
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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