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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 249. Köln, 18. März 1849. Zweite Ausgabe.

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uns freuen, wenn er sieht, was für ein schönes Ding es ist, nicht um eine mißlungene, nein um eine wohl konstatirte Kußhand.

Nun, nach dem Verhör der Belastungszeugen erklärte der Vertheidiger, Hr. Hagen, der schon früher auf seine Schutzzeugen verzichtet hatte, daß er sich außer Stand sähe, die Vertheidigung zu führen, weil er trotz alles Grübelns bisher noch nicht habe erfindlich machen können, was man der Gräfin zur Last lege, und auf welchem Gesetz die Anklage beruhe. Er müsse es daher dem öffentlichen Ministerium überlassen, seinen Antrag zu nehmen und zu motiviren. Darüber aber ergrimmte Hr. Saedt äußerst heftig und behauptete, der Vertheidiger müsse entweder jetzt sofort vertheidigen, oder überhaupt auf's Wort verzichten.

Diese zweite große Entdeckung, welche die Welt Hrn. Saedt verdankt, und die sich würdig einer ersten von der Kritiklosigkeit staatsprokuratorischer Requisitorien anreiht, wurde indeß vom Gerichtshof nicht gebührend gewürdigt. Vielmehr ließ sich der Gerichtshof von dem alten Motiv leiten, daß die Vertheidigung stets, wenn sie es verlange, das letzte Wort gesetzlich haben müsse und daher mit Vorbehalt der Replik auf das erste Wort verzichten könne. Demzufolge verordnete der Hof, daß Hr. Saedt seinen Antrag nehme.

Hr. Saedt wußte auch dafür Rath. Er erhob sich und nahm, ohne ihn mit einem Worte zu begründen, den Antrag, die Gräfin auf Grund des Art. 179 zu 3 Monat Gefängniß zu verurtheilen!

Drei Monat Gefängniß für einen stumm geschenkten Thaler und eine stumme nicht konstatirte Kußhand! Ach, Hr. Saedt, wenn jede Kußhand so theuer zu stehen käme, wo käme die Welt hin und namentlich die jungen Pseudsgrafen!

Jetzt mußte allerdings Hr. Hagen zuerst sprechen, ohne auf diese Weise einen staatsprokuratorischen Vortrag vor sich zu haben, den er hätte "kritisiren" können; er mußte sich also begnügen, das Requisitorium zu widerlegen, denn ein unmotivirtes, dürres Requisitorium kann kein Mensch kritisiren, und so hat denn Hr. Saedt seinen großen Satz von der Widerlegbarkeit aber Kritiklosigkeit seiner Requisitorien in dieser Sitzung glücklich in die Praxis eingeführt. Hinterher sprach noch Hr. Saedt mit gewohnter Logik und nach einer zwei Minuten langen Berathung verwarf wie natürlich der Gerichtshof die Anklage, weil ein Geschenk ein Geschenk und keine Bestechung sei.

Gewiß war die Sitzung äußerst komisch. Aber es ist bei alledem auch ein sehr ernster Skandal, zu sehen, bis zu welcher sinnlosen Spitze sich die Verfolgungswuth des öffentlichen Ministeriums gegen mißliebige Personen treibt.

Der König von Hannover hat d. d. 13. März in folgendem Allerhöchstem Handbilletstil an seine Minister geschrieben:

"Meine Herren!

Nachdem Sich mich um Ihre Entlassung gebeten haben, welche Ich zuerst zu geben beanstandet, habe Ich Mich an den Antragsteller des Beschlusses der zweiten Kammer durch den Kammerrath v. Münchhausen gewendet, um von ihm eine Auskunft zu haben über ein Programm, welches die Prinzipien enthalte über die künftige Verwaltung, worauf Mir aber ist keine Antwort geworden, nach welcher ich konnte ein neues Ministerium formiren. Da es ist unmöglich, daß das Land kann bestehen ohne Ministerium, so kann Ich unmöglich Ihre Bitte um Entlassung gewähren, und aus Liebe für das Land und wahrem Patriotismus Ich muß fordern von Ihnen Ihr ferneres Verbleiben im Amte. Sie werden, Meine Herren, diesen Entschluß den Kammern bekannt machen.

Hannover, den 10. März 1849. Ernst August.

An meine Herren Ministervorstände."

Da dieses denkwürdige Aktenstück teutscher Geschichte von keinem Minister unterzeichnet ist, so fällt die Verantwortung für den unverantwortlichen Königsstyl auf die "Hannover'sche Zeitung", welche sich zu seinem offiziellen Organ hergegeben hat.

[Deutschland]

Es fehlt also Milde; dagegen ist Wittgenstein im Verein mit d'Ester am 17. März v. J. Morgens im Schlosse erschienen und soll, wie Raveaux bestätigt, damals sehr revolutionär gesprochen haben.

Nach einigen Kleinigkeiten kam die schon oben erwähnte Kommafrage, bei der sich Brandenburg ziemlich geläufig ausdrückte, zur Verhandlung. Es scheint also, daß der ehrenwerthe Ministerpräsident nicht ohne Bildungsfähigkeit ist.

Die Sitzung wurde nach Verlesung und Annahme der Adresse geschlossen und die nächste auf Montag anberaumt

* Halle, 12. März.

Der "Preußenverein für konstitutionelles Königthum" hat folgende göttlich-königlich-vaterländische Eingabe an das Manteuffel-Ministerium gerichtet, die dem urmärkischen Weißbier-Romanduseler Wilibald Alexis in der Vossischen Zeitung zur besonderen Befriedigung gereicht.

"Das unheilvollste Ereigniß, der frevelhafte Aufstand vom 18. März vorigen Jahres, soll auf Betrieb einer nur dem Umsturze dienenden Partei eine festliche Weihe erhalten und somit das Andenken an Verbrecher und an den Jammer der tiefsten moralischen Herabwürdigung eines sonst treuen Volkes in eine Reihe mit kirchlichen Festen treten: es soll der Gipfel aller Uebelthaten und Scheußlichkeiten dem schlichten Sinne des Volkes als eine Quelle des nationalen Glückes vorgespiegelt und der Verbrecher jenes Tages zum Helden, zum Wohlthäter, zum Heiligen werden!

Wir verabscheuen einen solchen Akt als einen neuen sittlichen Betrug, als einen neuen Frevel und Fluch unsrer trauervollen mit moralischer Verblendung hart geschlagenen Zeit und als eine neue fruchtbare Aussaat zu sittlicher Entartung. Wir thun dies um so mehr, als diese aufrührerische Bewegung nur durch Miethlinge und Verbrecher künstlich herbeigeführt und unterhalten worden ist. Wenn man nun aber von anderer Seite in der Wiederkehr des 18. März vielleicht einen An[l]aß dazu ergreifen sollte: durch eine Feier der an diesem Tage gegebenen Königlichen Verheißungen das Verbrechen der Revolution zu verdecken: so können wir Unterzeichnete auch hiergegen unsre dringenden Bedenken nicht verhehlen, in so fern gerade dieser Tag der ausgedehntesten Verheißungen des edelsten Königs und Herrn für jeden wahren Vaterlandsfreund nie etwas andres als ein Schmerzens- und Trauertag sein kann: ein Tag, an welchem die Bosheit eines ruchlosen Haufens und der Undank einer verblendeten Menge die Königliche Würde und jede gesetzliche Autorität geflissentlich auf das Empörendste herabzuwürdigen, ja moralisch zu tödten, und so den geordnetsten und glücklichsten Staat zu vernichten suchen durfte.

Wir ersuchen demnach das Königliche Staatsministerium, in demselben Sinne, mit welchem es seine hohe Aufgabe von Anfang an erfaßt hat, jedem Versuche einer derartigen ruchlosen Feier entgegentreten zu wollen, des Dankes gewiß, der sich stets an den Namen Eines Hohen Ministerii in den Herzen aller braven Preußen für die Rettung des Vaterlandes knüpfen wird."

Alle etwaigen "braven Preußen" in der Rheinprovinz werden diesem Gesinnungsausbruch ihrer Hallischen Schnapsbrüder voll Entzückungen zuheulen.

Q. d. b. v!
103 Aus Thüringen, 15. März.

"Endlich, endlich, muß es doch u. s. w.", so lautet, wenn ich nicht irre, ein alter lutherscher Gesangbuchvers. Wir können jetzt das nämliche Lied singen. Denn; endlich, endlich sind die saubern sächsischen "Reichs"-Truppen endlich, endlich nach Hause marschirt. Und nun leben Sie uns aber recht sehr wohl!

* Wien, 14. März.

Wir haben das Standrecht ertragen, das tägliche Begnadigen "zu Pulver und Blei", die Polizeikniffe von nächtlichen Pistolen- und Flintenschüssen; allein die octroyirten Festlichkeiten für die octroyirte Standrechts-Konstitution jagen selbst dem Zahmsten, selbst vielen Schwarzgelben, die Zornesglut durch die Adern. Die Verhöhnung des Volkes ist um so frecher, als gerade vor einem Jahre das jetzige Standrechtsgesindel an Leib und Gliedern zitterte und im kalten Todesschweiße dalag. Aber nur die geheime Erinnerung an die vorjährigen Ereignisse ist uns gestattet. Eine öffentliche Darlegung ist Hochverrath. Eine Anzahl Studenten wagte es trotz Welden und Standrecht, die Hüte mit Trauerflören umwunden, in der St. Stephanskirche einem Trauergottesdienst für die gestern vor einem Jahre Gefallenen beizuwohnen. Sie wurden an ihrem Vorhaben sehr bald verhindert. Das Militär besetzte den Platz vor der Kirche, vertrieb die in der Kirche befindlichen Studenten und nahm mehrere derselben in Verhaft. Dieses Verfahren zog eine große Menschenmasse herbei; es kam jedoch zu keinem Zusammenstoß. Das Volk verlief sich in stummer Wuth.

Es hatten sich viele Menschen auf den Gräbern der Märztodten eingefunden und Kränze von Immergrün auf die Gräber gelegt. Auch hier war das Militär sogleich bei der Hand, um die auf dem Friedhof Anwesenden mit Bajonetten auseinander zu jagen und die Kränze von den Gräbern wegzunehmen und zu zerreißen.

Der "Lloyd" enthält Folgendes: "Der Kriminal-Gerichtshof hat so eben einstimmig erklärt, daß nach den vorliegenden Akten Dr. Fischhof für das Kriminal-Verfahren geeignet sei, weshalb derselbe auch heute Abend in das Kriminal-Gefängniß abgegeben werden wird; dagegen ist gegen den Priester Prato nicht hinlänglicher Grund zu einer gerichtlichen Prozedur vorhanden, es wird daher derselbe aus dem Arreste mit der Weisung entlassen, sogleich nach seiner Heimath abzureisen, da er sich hier für einen längern Aufenthalt nicht ausweisen kann."

Prag, 13. März.

Vorgestern kam Borrosch an, die Studenten hoben ihn aus dem Waggon und trugen ihn bis auf die Straße, ihm ein Vivat bringend. Heute ist großer, vom Studentenausschusse veranstalteter Gottesdienst in der Theinkirche für die für die Freiheit Gefallenen; die Einladung zu diesem Trauergottesdienste durfte nicht angeschlagen werden. Rieger sagte in Kremsier vor seiner Abreise: "wenn wir hier auseinander getrieben werden, lassen wir uns für Frankfurt wählen, und werden dort für die Republik stimmen."

Mehrere Studenten und Handwerksgesellen, welche die oktroyirte Verfassung, die auch in einigen Gasthäusern solenniter verbrannt wurde, sowie den Kaiser schmähten und auf die Republik tranken, wurden arretirt.

* Bruchsal, 12. März.

Egenter, der frühere Redakteur der "Seeblätter," dessen Gesundheit in den feuchten und stinkigen Zellen des pensylvanischen Gefängnisses bereits nach Absicht der badischen Regierung völlig zu Grunde gerichtet worden, hat sich aus seinem Gefängniß mit folgendem Schreiben an das großherzogliche Oberamt gewandt:

"Schon seit dem 20. Januar d. J. bin ich durch das Erkenntniß der Anklagekammer von der Anklage auf Hochverrath freigesprochen; seit dem 19. Februar d. J. ist der Rekurs des Staatsanwalts gegen meine Freisprechung vom großherzoglichen Oberhofgericht abgewiesen, -- und noch immer will sich die Thüre meines Kerkers nicht öffnen.

Wie aus meinen Akten unwiderleglich hervorgeht befinde ich mich seit dem 28. April v. J., also heute 318 volle Tage in widerrechtlicher Haft, und büße diesen Justitzgräuel mit dem Verluste meiner Gesundheit.

Nun erfahre ich zu meinem Erstaunen, daß man, statt mir endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, damit umgehe, mich auf's Neue mit Schandarmenbegleitung von Kerker zu Kerker nach Konstanz zu schleppen, um mir dort noch weitere badische Justiz angedeihen zu lassen.

Ein solches Verfahren wäre nun geradezu empörend! Ich verwahre mich deswegen mit aller Entrüstung dagegen, und verlange zum Mindesten sofortige unbedingte Freilassung oder die Stellung vor's Schwurgericht.

Diese meine Erklärung an die geeignete Stelle sofort befördern zu wollen, ersuche ich ein großherzogliches Oberamt in Bruchsal.

Bruchsal im Gefängniß, den 10. März 1849."

Rastatt, 14. März.

Die beiden Leidensgefährten Struve und Blind wurden heute früh vor 7 Uhr ganz im Stillen aus ihren Blokhausgefängnissen abgeholt, und jeder in einer Ehaise unter Begleitung von 50 Dragonern nach dem Bahnhof eskortirt, um mit dem ersten Bahnzug unter Bedeckung von 100 Scharfschützen des 1sten und 3ten Infanterie-Regiments, die schon vorher im Bahnhof aufgestellt waren, und vor den Augen des Publikums scharf laden mußten, nach Freiburg (vor das Geschwornengericht) verbracht zu werden. General Cloßmann und sein Adjutant ritten an der Spitze der Dragoner-Abtheilung, welche die Gefangenen nach dem Bahnhof begleiteten.

Hannover, 15. März.

Das hannoversche Ministerium hat sich durch das einzige Mittel, welches ihm übrig blieb, aus der Klemme gezogen, in die es durch sein unkonstitutionelles Verfahren gebracht war. Die Vertagung der Stände bis Ostern ist ausgesprochen, zugleich der letzte Antrag des Ministeriums zurückgenommen.

Folgendes ist ist das Vertagungs-Dekret:

"An die allgemeine Ständeversammlung des Königreichs.

"Die offiziellen Nachrichten, welche der Regierung über die am 12. d. M. in der Nationalversammlung zu Frankfurt Statt gefundenen Verhandlungen zugegangen sind, lassen mit höchster Wahrscheinlichkeit erwarten, daß die deutsche Verfassungs-Angelegenheit schon in nächster Zeit eine Wendung nehmen werde, welche diejenige auf diese Angelegenheit bezügliche Regierungs-Proposition, die wir unter dem 13. d. M. den Ständen vorgelegt haben, als den Umständen nicht mehr entsprechend erscheinen lassen würde

"Wir finden uns dadurch veranlaßt, die gedachte Proposition zurückzunehmen und behalten uns vor, baldmöglichst weitere sachgemäße Anträge den Ständen zugehen zu lassen.

"Da aber unverkennbar die Ungewißheit über die in der deutschen Verfassungsfrage beruhende Grundlage der gesammten Staatsverhältnisse die Berathungen der Stände wesentlich erschweren dürfte, so haben wir es für angemessen erachtet, die Stände hierdurch auf eine kurze Zeit zu vertagen, welche wir mit Rücksicht auf das nahe bevorstehende Osterfest bis zum 12. April erstrecken, als an welchem Tage die Stände sich wieder zu versammeln haben werden.

Hannover, den 15. März 1849.

Königlich hannoversches Gesammt-Ministerium.

Bennigsen. Prott. Stüve. Braun. Lehzen. Düring.

Schweiz.
103 Bern, 13. März.

"Neutralität soll immer das erste sein, wovon ich Ihnen berichte, denn darin concentrirt sich der hochwohlweise Verstand des Bundesraths, und der "Neutralität" zu Liebe läßt er fast keinen Tag verstreichen, ohne eine Dummheit oder Schurkerei zu begehen. So hat man jetzt gastfreundschaftlichst von Neuem beschlossen, daß wenn allenfalls auf basellandschaftlichem Gebiete sich ein Flüchtling befinde, der den zweiten badischen Freischaarenzug mitgemacht und dessen Gegenwart das Nachbarland beunruhigen könne, so solle er alsogleich hinausspedirt werden. Dieser Beschluß ist rein lächerlich. Die Flüchtlinge sind in der Schweiz seltne Vögel, trotzdem, daß bald die Karlsruherin, bald die standrechtliche Augsburger Allgemeine sie zu Hunderten an den Gränzen sich versammeln laßt. Freilich, wo fände man sonst einen Vorwand, so viel Militär an die Gränze zu stellen! -- Allein nicht nur die wohlabwägende Gerechtigkeit gegen deutsche Nachbarstaaten macht den Bundesrath auf den hohen Sesseln unruhig. Am 8. März bedroht außerdem noch Frankreich die Neutralität der Eidgenossenschaft. Es überschritt eine ganze Compagnie französischer Soldaten mit Sack und Pack bei Fahy, einem schweizerischen Dorf im Jura, die Gränze, fraternisirte mit den Bewohnern, kaufte sich Taback und zog dann unter den Lebehochs der Schweizer wieder ab. Sogleich Eilboten nach Bern, wichtige Mienen im Großrath, Funk spricht von westlichen Verwicklungen, Stockmar vertheidigt mit Emphase den Patriotismus des Bernerischen Jura; man berichtet an den Bundesrath u. s. w. Jetzt kann Herr Furrer wieder den Diplomaten anziehn und Noten erlassen. O zarte Treibhauspflanze Neutralität, was machst du deinen Pflegern Sorge! Und noch nicht genug, neue Verwicklungen nahen! Es verbreitet sich hier das Gericht, Gagern, Rauschenplatt, Matthy und Bassermann wollten das deutsche Volk in neue Aufstände verwickeln. Darauf hin darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn Herr Furrer und Comp. schon Freischaarenzüge und Neutralitätsverletzung sehen und Truppen an die Gränze beordern. Man sieht, welche erbärmliche Rolle die Schweiz spielt, dies Zwergländchen wird nie eine selbstständig revolutionäre Rolle spielen und höchstens von andern revolutionären Völkern in's Schlepptau genommen. Ueberall der ächte Typus einer kleinen Spießbürger-Republik, das Philisterium zur Herrschaft erhoben, grenzenlose Bornirtheit, Selbstgenügsamkeit und bodenlose Einbildung. Selbst von den wenigen wirklichen Radikalen, die Einsicht in den gewaltigen socialen Gährungsprozeß haben, geschieht lange nicht genug! Freilich in den Wirthshäusern werden mit manchem "Tusig Donnerr" die Italiener frei gemacht, von der Noth des Proletariats gebierpoltert und gefaselt, aber dabei bleibts. Und doch gibts in der Republik Schweiz so viel Pauperismus als sonstwo. Hören Sie z. B. aus einer Statistik von Zürich: 1836 wurden 6760 Personen in Zürich mit 154,157 Franken unterstützt. Die Unterstützungsbedürftigen betrugen also damals den 34. Theil der ganzen Bevölkerung. Im Jahr 1847 aber, nachdem sie sich alle Jahre vermehrt hatten, war der Staat genöthigt, jeden 16ten Einwohner, also zusammen 13,820 Bedürftige, mit einer Summe von 374,730 Fr. zu unterstützen. -- Die Bourgeois in Zürich, denen das Ding doch zu arg wird, versammeln sich und halten sog. Armen-Vereine. Da spricht man ein Langes und Breites von Zwangs-Arbeitshäusern, Entsumpfungen u. s. w., u. s. w. oder Beförderung der Auswanderung. Wie weit man mit diesen bürgerlichen Palliativen kommt, beweist der kleine Kanton Glarus. Auch dort befördert man die Auswanderung theilweise mit Staatsunterstützung, und hat es nach 3 Jahren, von 1845-48, dahin gebracht, daß gerade 1/7 der Bevölkerung fort ist, die aber circa 200,000 Fr. Kapital mitnahmen. Die Paupers sind geblieben.

Das Hauptgezänk in den Zeitungen bildet die Kapitulationsfrage, dann die Schutzzollfrage. Daß es viele Schweizerzeitungen gibt, die die Kapitulation zu vertheidigen wagen, ist selbstredend. Mit voran im Reigen steht die fromme Baslerin -- und die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Herrn Bundespräsidenten Dr. Jonas Furrer!!! Letztere dreht und wendet sich, liebäugelt mit Humanität, Völkerfreiheit u. s. w., und kommt endlich zu dem philosophischen Schluß: Es ginge wohl, aber es geht nicht! Arme Schweiz, wenn die 8000 deiner Söhne, die in Italien dienen, ohne das Blutgeld des Despoten, ohne Pension zurückkehrten, sie würden dich rein aufzehren! Armes Land! --

In der Schutzzollfrage herrscht eine merkwürdige Verwirrung. Die Zollkommission nämlich hat sich höchst unrepublikanisch in tiefes Dunkel gehüllt. Statt mit dem Zollentwurf, für die Schweiz von der höchsten Wichtigkeit, offen an's Tageslicht zu treten und ihn der öffentlichen Kritik zu unterwerfen, läßt sie nur zuweilen befreundeten oder protegirten Blättern eine leise Andeutung über ihre Thätigkeit zukommen. Was ich aus einem halboffiziellen Blatte herausbringen konnte und was so ziemlich sicher zu stehn scheint, ist folgendes Lächerliche. Erstens muß nach der Bundesverfassung der aufzustellende Zoll ein finanzieller sein, d. h. zur Erhaltung des neugebackenen Bundesraths dienen. Zweitens hat man festgestellt: es soll dieser Zoll weder die Rohstoffe, also Industrie, belasten, noch den Consumenten durch Schutzzoll die Waare vertheuern, noch Kosten durch Aufstellen einer Douanenlinie erzeugen! O Schilda, mein Vaterland! Aber wie soll das gemacht werden? Ich weiß es nicht, andre Blätter auch nicht, die Kommission selbst nicht. Einigermaßen erklärt sich dieser Unsinn daraus, daß die Experten sich den verschiedenartigsten Systemen zuneigen. -- Ein andres Blatt berichtet, auf Rohstoffe solle 5 Prozent Zoll, auf Fabrikate 2 Prozent gelegt, d, h. der auswärtigen Industrie eine Einfuhrprämie von 3 Prozent octroyirt werden!! Die Sache ist möglich genug. Warum sollten die sieben Schwaben des Schilda'schen Bundesstaates nicht im Stande sein, eine neue Oekonomie zu erfinden, die, statt der einheimischen Industrie, auch einmal der ausländischen einen Schutzzoll bewilligt. Schilda, mein Vaterland!

Italien.
Rom, 7. März.

Das Ministerium ist in folgender Weise geändert. 1) Manzoni. Finanzen; 2) Saffi, Inneres; 3) Rusconi, Auswärtiges; 4) Lazzarini. Justiz; 5) Montechi, Bauten; 6) Sturbinetti, Unterrichtskultus; 7) Rilliet-Constant aus Genf, Kriegsminister. Da derselbe jedoch noch nicht eingetroffen, so verwaltet es Calandrelli interimistisch.

Die Deputirten aus Toskana sind zur Theilnahme an den Sitzungen der Constituante eingeladen.

Rom.

Am 6. d. hat die römische Nationalversammlung beschlossen, das toscanische Volk einzuladen, seine Abgeordneten hieher in die gemeinsame Versammlung zu senden. Die Minister der Finanzen und des Krieges sind gewechselt. Als Minister des Krieges lesen wir zu unserm Erstaunen: Rilliet-Constant mit dem Beifügen, daß bis zu seiner Ankunft Calendrelli die Stelle interimistisch versehen werde.

(N. Z. Z.)
Neapel, 5. März.

Der König Ferdinand hat den sizilischen Waffenstillstand, der heute abläuft, gekündigt.

068 Turin, 10. März.

Die gestrige Deputirtensitzung war überaus wichtig. Das Ministerium verlangt darin die Aufhebung der Gesetze auf drei Monate, welche die persönliche Freiheit garantiren; ferner die Vollmacht zur Kontrahirung einer Anleihe von 50 Millionen im Auslande und einer freiwilligen Anleihe im Inlande. Zwei Millionen Fr. wurden sofort zur Bewaffnung der Bürgerwehr bewilligt.

Der Herzog von Savoyen ist zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. General Chrzanowski will nach eigenem Wunsch nur die zweite Stelle einnehmen.

Die offizielle Zeitung erklärt, daß die toskanischen Deserteure keine Aufnahme im Heere gefunden hätten, sondern zurückgewiesen würden.

Ungarn.

uns freuen, wenn er sieht, was für ein schönes Ding es ist, nicht um eine mißlungene, nein um eine wohl konstatirte Kußhand.

Nun, nach dem Verhör der Belastungszeugen erklärte der Vertheidiger, Hr. Hagen, der schon früher auf seine Schutzzeugen verzichtet hatte, daß er sich außer Stand sähe, die Vertheidigung zu führen, weil er trotz alles Grübelns bisher noch nicht habe erfindlich machen können, was man der Gräfin zur Last lege, und auf welchem Gesetz die Anklage beruhe. Er müsse es daher dem öffentlichen Ministerium überlassen, seinen Antrag zu nehmen und zu motiviren. Darüber aber ergrimmte Hr. Saedt äußerst heftig und behauptete, der Vertheidiger müsse entweder jetzt sofort vertheidigen, oder überhaupt auf's Wort verzichten.

Diese zweite große Entdeckung, welche die Welt Hrn. Saedt verdankt, und die sich würdig einer ersten von der Kritiklosigkeit staatsprokuratorischer Requisitorien anreiht, wurde indeß vom Gerichtshof nicht gebührend gewürdigt. Vielmehr ließ sich der Gerichtshof von dem alten Motiv leiten, daß die Vertheidigung stets, wenn sie es verlange, das letzte Wort gesetzlich haben müsse und daher mit Vorbehalt der Replik auf das erste Wort verzichten könne. Demzufolge verordnete der Hof, daß Hr. Saedt seinen Antrag nehme.

Hr. Saedt wußte auch dafür Rath. Er erhob sich und nahm, ohne ihn mit einem Worte zu begründen, den Antrag, die Gräfin auf Grund des Art. 179 zu 3 Monat Gefängniß zu verurtheilen!

Drei Monat Gefängniß für einen stumm geschenkten Thaler und eine stumme nicht konstatirte Kußhand! Ach, Hr. Saedt, wenn jede Kußhand so theuer zu stehen käme, wo käme die Welt hin und namentlich die jungen Pseudsgrafen!

Jetzt mußte allerdings Hr. Hagen zuerst sprechen, ohne auf diese Weise einen staatsprokuratorischen Vortrag vor sich zu haben, den er hätte „kritisiren“ können; er mußte sich also begnügen, das Requisitorium zu widerlegen, denn ein unmotivirtes, dürres Requisitorium kann kein Mensch kritisiren, und so hat denn Hr. Saedt seinen großen Satz von der Widerlegbarkeit aber Kritiklosigkeit seiner Requisitorien in dieser Sitzung glücklich in die Praxis eingeführt. Hinterher sprach noch Hr. Saedt mit gewohnter Logik und nach einer zwei Minuten langen Berathung verwarf wie natürlich der Gerichtshof die Anklage, weil ein Geschenk ein Geschenk und keine Bestechung sei.

Gewiß war die Sitzung äußerst komisch. Aber es ist bei alledem auch ein sehr ernster Skandal, zu sehen, bis zu welcher sinnlosen Spitze sich die Verfolgungswuth des öffentlichen Ministeriums gegen mißliebige Personen treibt.

Der König von Hannover hat d. d. 13. März in folgendem Allerhöchstem Handbilletstil an seine Minister geschrieben:

„Meine Herren!

Nachdem Sich mich um Ihre Entlassung gebeten haben, welche Ich zuerst zu geben beanstandet, habe Ich Mich an den Antragsteller des Beschlusses der zweiten Kammer durch den Kammerrath v. Münchhausen gewendet, um von ihm eine Auskunft zu haben über ein Programm, welches die Prinzipien enthalte über die künftige Verwaltung, worauf Mir aber ist keine Antwort geworden, nach welcher ich konnte ein neues Ministerium formiren. Da es ist unmöglich, daß das Land kann bestehen ohne Ministerium, so kann Ich unmöglich Ihre Bitte um Entlassung gewähren, und aus Liebe für das Land und wahrem Patriotismus Ich muß fordern von Ihnen Ihr ferneres Verbleiben im Amte. Sie werden, Meine Herren, diesen Entschluß den Kammern bekannt machen.

Hannover, den 10. März 1849. Ernst August.

An meine Herren Ministervorstände.“

Da dieses denkwürdige Aktenstück teutscher Geschichte von keinem Minister unterzeichnet ist, so fällt die Verantwortung für den unverantwortlichen Königsstyl auf die „Hannover'sche Zeitung“, welche sich zu seinem offiziellen Organ hergegeben hat.

[Deutschland]

Es fehlt also Milde; dagegen ist Wittgenstein im Verein mit d'Ester am 17. März v. J. Morgens im Schlosse erschienen und soll, wie Raveaux bestätigt, damals sehr revolutionär gesprochen haben.

Nach einigen Kleinigkeiten kam die schon oben erwähnte Kommafrage, bei der sich Brandenburg ziemlich geläufig ausdrückte, zur Verhandlung. Es scheint also, daß der ehrenwerthe Ministerpräsident nicht ohne Bildungsfähigkeit ist.

Die Sitzung wurde nach Verlesung und Annahme der Adresse geschlossen und die nächste auf Montag anberaumt

* Halle, 12. März.

Der „Preußenverein für konstitutionelles Königthum“ hat folgende göttlich-königlich-vaterländische Eingabe an das Manteuffel-Ministerium gerichtet, die dem urmärkischen Weißbier-Romanduseler Wilibald Alexis in der Vossischen Zeitung zur besonderen Befriedigung gereicht.

„Das unheilvollste Ereigniß, der frevelhafte Aufstand vom 18. März vorigen Jahres, soll auf Betrieb einer nur dem Umsturze dienenden Partei eine festliche Weihe erhalten und somit das Andenken an Verbrecher und an den Jammer der tiefsten moralischen Herabwürdigung eines sonst treuen Volkes in eine Reihe mit kirchlichen Festen treten: es soll der Gipfel aller Uebelthaten und Scheußlichkeiten dem schlichten Sinne des Volkes als eine Quelle des nationalen Glückes vorgespiegelt und der Verbrecher jenes Tages zum Helden, zum Wohlthäter, zum Heiligen werden!

Wir verabscheuen einen solchen Akt als einen neuen sittlichen Betrug, als einen neuen Frevel und Fluch unsrer trauervollen mit moralischer Verblendung hart geschlagenen Zeit und als eine neue fruchtbare Aussaat zu sittlicher Entartung. Wir thun dies um so mehr, als diese aufrührerische Bewegung nur durch Miethlinge und Verbrecher künstlich herbeigeführt und unterhalten worden ist. Wenn man nun aber von anderer Seite in der Wiederkehr des 18. März vielleicht einen An[l]aß dazu ergreifen sollte: durch eine Feier der an diesem Tage gegebenen Königlichen Verheißungen das Verbrechen der Revolution zu verdecken: so können wir Unterzeichnete auch hiergegen unsre dringenden Bedenken nicht verhehlen, in so fern gerade dieser Tag der ausgedehntesten Verheißungen des edelsten Königs und Herrn für jeden wahren Vaterlandsfreund nie etwas andres als ein Schmerzens- und Trauertag sein kann: ein Tag, an welchem die Bosheit eines ruchlosen Haufens und der Undank einer verblendeten Menge die Königliche Würde und jede gesetzliche Autorität geflissentlich auf das Empörendste herabzuwürdigen, ja moralisch zu tödten, und so den geordnetsten und glücklichsten Staat zu vernichten suchen durfte.

Wir ersuchen demnach das Königliche Staatsministerium, in demselben Sinne, mit welchem es seine hohe Aufgabe von Anfang an erfaßt hat, jedem Versuche einer derartigen ruchlosen Feier entgegentreten zu wollen, des Dankes gewiß, der sich stets an den Namen Eines Hohen Ministerii in den Herzen aller braven Preußen für die Rettung des Vaterlandes knüpfen wird.“

Alle etwaigen „braven Preußen“ in der Rheinprovinz werden diesem Gesinnungsausbruch ihrer Hallischen Schnapsbrüder voll Entzückungen zuheulen.

Q. d. b. v!
103 Aus Thüringen, 15. März.

„Endlich, endlich, muß es doch u. s. w.“, so lautet, wenn ich nicht irre, ein alter lutherscher Gesangbuchvers. Wir können jetzt das nämliche Lied singen. Denn; endlich, endlich sind die saubern sächsischen „Reichs“-Truppen endlich, endlich nach Hause marschirt. Und nun leben Sie uns aber recht sehr wohl!

* Wien, 14. März.

Wir haben das Standrecht ertragen, das tägliche Begnadigen „zu Pulver und Blei“, die Polizeikniffe von nächtlichen Pistolen- und Flintenschüssen; allein die octroyirten Festlichkeiten für die octroyirte Standrechts-Konstitution jagen selbst dem Zahmsten, selbst vielen Schwarzgelben, die Zornesglut durch die Adern. Die Verhöhnung des Volkes ist um so frecher, als gerade vor einem Jahre das jetzige Standrechtsgesindel an Leib und Gliedern zitterte und im kalten Todesschweiße dalag. Aber nur die geheime Erinnerung an die vorjährigen Ereignisse ist uns gestattet. Eine öffentliche Darlegung ist Hochverrath. Eine Anzahl Studenten wagte es trotz Welden und Standrecht, die Hüte mit Trauerflören umwunden, in der St. Stephanskirche einem Trauergottesdienst für die gestern vor einem Jahre Gefallenen beizuwohnen. Sie wurden an ihrem Vorhaben sehr bald verhindert. Das Militär besetzte den Platz vor der Kirche, vertrieb die in der Kirche befindlichen Studenten und nahm mehrere derselben in Verhaft. Dieses Verfahren zog eine große Menschenmasse herbei; es kam jedoch zu keinem Zusammenstoß. Das Volk verlief sich in stummer Wuth.

Es hatten sich viele Menschen auf den Gräbern der Märztodten eingefunden und Kränze von Immergrün auf die Gräber gelegt. Auch hier war das Militär sogleich bei der Hand, um die auf dem Friedhof Anwesenden mit Bajonetten auseinander zu jagen und die Kränze von den Gräbern wegzunehmen und zu zerreißen.

Der „Lloyd“ enthält Folgendes: „Der Kriminal-Gerichtshof hat so eben einstimmig erklärt, daß nach den vorliegenden Akten Dr. Fischhof für das Kriminal-Verfahren geeignet sei, weshalb derselbe auch heute Abend in das Kriminal-Gefängniß abgegeben werden wird; dagegen ist gegen den Priester Prato nicht hinlänglicher Grund zu einer gerichtlichen Prozedur vorhanden, es wird daher derselbe aus dem Arreste mit der Weisung entlassen, sogleich nach seiner Heimath abzureisen, da er sich hier für einen längern Aufenthalt nicht ausweisen kann.“

Prag, 13. März.

Vorgestern kam Borrosch an, die Studenten hoben ihn aus dem Waggon und trugen ihn bis auf die Straße, ihm ein Vivat bringend. Heute ist großer, vom Studentenausschusse veranstalteter Gottesdienst in der Theinkirche für die für die Freiheit Gefallenen; die Einladung zu diesem Trauergottesdienste durfte nicht angeschlagen werden. Rieger sagte in Kremsier vor seiner Abreise: „wenn wir hier auseinander getrieben werden, lassen wir uns für Frankfurt wählen, und werden dort für die Republik stimmen.“

Mehrere Studenten und Handwerksgesellen, welche die oktroyirte Verfassung, die auch in einigen Gasthäusern solenniter verbrannt wurde, sowie den Kaiser schmähten und auf die Republik tranken, wurden arretirt.

* Bruchsal, 12. März.

Egenter, der frühere Redakteur der „Seeblätter,“ dessen Gesundheit in den feuchten und stinkigen Zellen des pensylvanischen Gefängnisses bereits nach Absicht der badischen Regierung völlig zu Grunde gerichtet worden, hat sich aus seinem Gefängniß mit folgendem Schreiben an das großherzogliche Oberamt gewandt:

„Schon seit dem 20. Januar d. J. bin ich durch das Erkenntniß der Anklagekammer von der Anklage auf Hochverrath freigesprochen; seit dem 19. Februar d. J. ist der Rekurs des Staatsanwalts gegen meine Freisprechung vom großherzoglichen Oberhofgericht abgewiesen, — und noch immer will sich die Thüre meines Kerkers nicht öffnen.

Wie aus meinen Akten unwiderleglich hervorgeht befinde ich mich seit dem 28. April v. J., also heute 318 volle Tage in widerrechtlicher Haft, und büße diesen Justitzgräuel mit dem Verluste meiner Gesundheit.

Nun erfahre ich zu meinem Erstaunen, daß man, statt mir endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, damit umgehe, mich auf's Neue mit Schandarmenbegleitung von Kerker zu Kerker nach Konstanz zu schleppen, um mir dort noch weitere badische Justiz angedeihen zu lassen.

Ein solches Verfahren wäre nun geradezu empörend! Ich verwahre mich deswegen mit aller Entrüstung dagegen, und verlange zum Mindesten sofortige unbedingte Freilassung oder die Stellung vor's Schwurgericht.

Diese meine Erklärung an die geeignete Stelle sofort befördern zu wollen, ersuche ich ein großherzogliches Oberamt in Bruchsal.

Bruchsal im Gefängniß, den 10. März 1849.“

Rastatt, 14. März.

Die beiden Leidensgefährten Struve und Blind wurden heute früh vor 7 Uhr ganz im Stillen aus ihren Blokhausgefängnissen abgeholt, und jeder in einer Ehaise unter Begleitung von 50 Dragonern nach dem Bahnhof eskortirt, um mit dem ersten Bahnzug unter Bedeckung von 100 Scharfschützen des 1sten und 3ten Infanterie-Regiments, die schon vorher im Bahnhof aufgestellt waren, und vor den Augen des Publikums scharf laden mußten, nach Freiburg (vor das Geschwornengericht) verbracht zu werden. General Cloßmann und sein Adjutant ritten an der Spitze der Dragoner-Abtheilung, welche die Gefangenen nach dem Bahnhof begleiteten.

Hannover, 15. März.

Das hannoversche Ministerium hat sich durch das einzige Mittel, welches ihm übrig blieb, aus der Klemme gezogen, in die es durch sein unkonstitutionelles Verfahren gebracht war. Die Vertagung der Stände bis Ostern ist ausgesprochen, zugleich der letzte Antrag des Ministeriums zurückgenommen.

Folgendes ist ist das Vertagungs-Dekret:

„An die allgemeine Ständeversammlung des Königreichs.

„Die offiziellen Nachrichten, welche der Regierung über die am 12. d. M. in der Nationalversammlung zu Frankfurt Statt gefundenen Verhandlungen zugegangen sind, lassen mit höchster Wahrscheinlichkeit erwarten, daß die deutsche Verfassungs-Angelegenheit schon in nächster Zeit eine Wendung nehmen werde, welche diejenige auf diese Angelegenheit bezügliche Regierungs-Proposition, die wir unter dem 13. d. M. den Ständen vorgelegt haben, als den Umständen nicht mehr entsprechend erscheinen lassen würde

„Wir finden uns dadurch veranlaßt, die gedachte Proposition zurückzunehmen und behalten uns vor, baldmöglichst weitere sachgemäße Anträge den Ständen zugehen zu lassen.

„Da aber unverkennbar die Ungewißheit über die in der deutschen Verfassungsfrage beruhende Grundlage der gesammten Staatsverhältnisse die Berathungen der Stände wesentlich erschweren dürfte, so haben wir es für angemessen erachtet, die Stände hierdurch auf eine kurze Zeit zu vertagen, welche wir mit Rücksicht auf das nahe bevorstehende Osterfest bis zum 12. April erstrecken, als an welchem Tage die Stände sich wieder zu versammeln haben werden.

Hannover, den 15. März 1849.

Königlich hannoversches Gesammt-Ministerium.

Bennigsen. Prott. Stüve. Braun. Lehzen. Düring.

Schweiz.
103 Bern, 13. März.

„Neutralität soll immer das erste sein, wovon ich Ihnen berichte, denn darin concentrirt sich der hochwohlweise Verstand des Bundesraths, und der „Neutralität“ zu Liebe läßt er fast keinen Tag verstreichen, ohne eine Dummheit oder Schurkerei zu begehen. So hat man jetzt gastfreundschaftlichst von Neuem beschlossen, daß wenn allenfalls auf basellandschaftlichem Gebiete sich ein Flüchtling befinde, der den zweiten badischen Freischaarenzug mitgemacht und dessen Gegenwart das Nachbarland beunruhigen könne, so solle er alsogleich hinausspedirt werden. Dieser Beschluß ist rein lächerlich. Die Flüchtlinge sind in der Schweiz seltne Vögel, trotzdem, daß bald die Karlsruherin, bald die standrechtliche Augsburger Allgemeine sie zu Hunderten an den Gränzen sich versammeln laßt. Freilich, wo fände man sonst einen Vorwand, so viel Militär an die Gränze zu stellen! — Allein nicht nur die wohlabwägende Gerechtigkeit gegen deutsche Nachbarstaaten macht den Bundesrath auf den hohen Sesseln unruhig. Am 8. März bedroht außerdem noch Frankreich die Neutralität der Eidgenossenschaft. Es überschritt eine ganze Compagnie französischer Soldaten mit Sack und Pack bei Fahy, einem schweizerischen Dorf im Jura, die Gränze, fraternisirte mit den Bewohnern, kaufte sich Taback und zog dann unter den Lebehochs der Schweizer wieder ab. Sogleich Eilboten nach Bern, wichtige Mienen im Großrath, Funk spricht von westlichen Verwicklungen, Stockmar vertheidigt mit Emphase den Patriotismus des Bernerischen Jura; man berichtet an den Bundesrath u. s. w. Jetzt kann Herr Furrer wieder den Diplomaten anziehn und Noten erlassen. O zarte Treibhauspflanze Neutralität, was machst du deinen Pflegern Sorge! Und noch nicht genug, neue Verwicklungen nahen! Es verbreitet sich hier das Gericht, Gagern, Rauschenplatt, Matthy und Bassermann wollten das deutsche Volk in neue Aufstände verwickeln. Darauf hin darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn Herr Furrer und Comp. schon Freischaarenzüge und Neutralitätsverletzung sehen und Truppen an die Gränze beordern. Man sieht, welche erbärmliche Rolle die Schweiz spielt, dies Zwergländchen wird nie eine selbstständig revolutionäre Rolle spielen und höchstens von andern revolutionären Völkern in's Schlepptau genommen. Ueberall der ächte Typus einer kleinen Spießbürger-Republik, das Philisterium zur Herrschaft erhoben, grenzenlose Bornirtheit, Selbstgenügsamkeit und bodenlose Einbildung. Selbst von den wenigen wirklichen Radikalen, die Einsicht in den gewaltigen socialen Gährungsprozeß haben, geschieht lange nicht genug! Freilich in den Wirthshäusern werden mit manchem „Tusig Donnerr“ die Italiener frei gemacht, von der Noth des Proletariats gebierpoltert und gefaselt, aber dabei bleibts. Und doch gibts in der Republik Schweiz so viel Pauperismus als sonstwo. Hören Sie z. B. aus einer Statistik von Zürich: 1836 wurden 6760 Personen in Zürich mit 154,157 Franken unterstützt. Die Unterstützungsbedürftigen betrugen also damals den 34. Theil der ganzen Bevölkerung. Im Jahr 1847 aber, nachdem sie sich alle Jahre vermehrt hatten, war der Staat genöthigt, jeden 16ten Einwohner, also zusammen 13,820 Bedürftige, mit einer Summe von 374,730 Fr. zu unterstützen. — Die Bourgeois in Zürich, denen das Ding doch zu arg wird, versammeln sich und halten sog. Armen-Vereine. Da spricht man ein Langes und Breites von Zwangs-Arbeitshäusern, Entsumpfungen u. s. w., u. s. w. oder Beförderung der Auswanderung. Wie weit man mit diesen bürgerlichen Palliativen kommt, beweist der kleine Kanton Glarus. Auch dort befördert man die Auswanderung theilweise mit Staatsunterstützung, und hat es nach 3 Jahren, von 1845-48, dahin gebracht, daß gerade 1/7 der Bevölkerung fort ist, die aber circa 200,000 Fr. Kapital mitnahmen. Die Paupers sind geblieben.

Das Hauptgezänk in den Zeitungen bildet die Kapitulationsfrage, dann die Schutzzollfrage. Daß es viele Schweizerzeitungen gibt, die die Kapitulation zu vertheidigen wagen, ist selbstredend. Mit voran im Reigen steht die fromme Baslerin — und die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Herrn Bundespräsidenten Dr. Jonas Furrer!!! Letztere dreht und wendet sich, liebäugelt mit Humanität, Völkerfreiheit u. s. w., und kommt endlich zu dem philosophischen Schluß: Es ginge wohl, aber es geht nicht! Arme Schweiz, wenn die 8000 deiner Söhne, die in Italien dienen, ohne das Blutgeld des Despoten, ohne Pension zurückkehrten, sie würden dich rein aufzehren! Armes Land! —

In der Schutzzollfrage herrscht eine merkwürdige Verwirrung. Die Zollkommission nämlich hat sich höchst unrepublikanisch in tiefes Dunkel gehüllt. Statt mit dem Zollentwurf, für die Schweiz von der höchsten Wichtigkeit, offen an's Tageslicht zu treten und ihn der öffentlichen Kritik zu unterwerfen, läßt sie nur zuweilen befreundeten oder protegirten Blättern eine leise Andeutung über ihre Thätigkeit zukommen. Was ich aus einem halboffiziellen Blatte herausbringen konnte und was so ziemlich sicher zu stehn scheint, ist folgendes Lächerliche. Erstens muß nach der Bundesverfassung der aufzustellende Zoll ein finanzieller sein, d. h. zur Erhaltung des neugebackenen Bundesraths dienen. Zweitens hat man festgestellt: es soll dieser Zoll weder die Rohstoffe, also Industrie, belasten, noch den Consumenten durch Schutzzoll die Waare vertheuern, noch Kosten durch Aufstellen einer Douanenlinie erzeugen! O Schilda, mein Vaterland! Aber wie soll das gemacht werden? Ich weiß es nicht, andre Blätter auch nicht, die Kommission selbst nicht. Einigermaßen erklärt sich dieser Unsinn daraus, daß die Experten sich den verschiedenartigsten Systemen zuneigen. — Ein andres Blatt berichtet, auf Rohstoffe solle 5 Prozent Zoll, auf Fabrikate 2 Prozent gelegt, d, h. der auswärtigen Industrie eine Einfuhrprämie von 3 Prozent octroyirt werden!! Die Sache ist möglich genug. Warum sollten die sieben Schwaben des Schilda'schen Bundesstaates nicht im Stande sein, eine neue Oekonomie zu erfinden, die, statt der einheimischen Industrie, auch einmal der ausländischen einen Schutzzoll bewilligt. Schilda, mein Vaterland!

Italien.
Rom, 7. März.

Das Ministerium ist in folgender Weise geändert. 1) Manzoni. Finanzen; 2) Saffi, Inneres; 3) Rusconi, Auswärtiges; 4) Lazzarini. Justiz; 5) Montechi, Bauten; 6) Sturbinetti, Unterrichtskultus; 7) Rilliet-Constant aus Genf, Kriegsminister. Da derselbe jedoch noch nicht eingetroffen, so verwaltet es Calandrelli interimistisch.

Die Deputirten aus Toskana sind zur Theilnahme an den Sitzungen der Constituante eingeladen.

Rom.

Am 6. d. hat die römische Nationalversammlung beschlossen, das toscanische Volk einzuladen, seine Abgeordneten hieher in die gemeinsame Versammlung zu senden. Die Minister der Finanzen und des Krieges sind gewechselt. Als Minister des Krieges lesen wir zu unserm Erstaunen: Rilliet-Constant mit dem Beifügen, daß bis zu seiner Ankunft Calendrelli die Stelle interimistisch versehen werde.

(N. Z. Z.)
Neapel, 5. März.

Der König Ferdinand hat den sizilischen Waffenstillstand, der heute abläuft, gekündigt.

068 Turin, 10. März.

Die gestrige Deputirtensitzung war überaus wichtig. Das Ministerium verlangt darin die Aufhebung der Gesetze auf drei Monate, welche die persönliche Freiheit garantiren; ferner die Vollmacht zur Kontrahirung einer Anleihe von 50 Millionen im Auslande und einer freiwilligen Anleihe im Inlande. Zwei Millionen Fr. wurden sofort zur Bewaffnung der Bürgerwehr bewilligt.

Der Herzog von Savoyen ist zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. General Chrzanowski will nach eigenem Wunsch nur die zweite Stelle einnehmen.

Die offizielle Zeitung erklärt, daß die toskanischen Deserteure keine Aufnahme im Heere gefunden hätten, sondern zurückgewiesen würden.

Ungarn.
<TEI>
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uns freuen, wenn er sieht, was für ein schönes Ding es ist, nicht um eine mißlungene, nein um eine wohl konstatirte Kußhand.</p>
          <p>Nun, nach dem Verhör der Belastungszeugen erklärte der Vertheidiger, Hr. Hagen, der schon früher auf seine Schutzzeugen verzichtet hatte, daß er sich außer Stand sähe, die Vertheidigung zu führen, weil er trotz alles Grübelns bisher noch nicht habe erfindlich machen können, was man der Gräfin zur Last lege, und auf welchem Gesetz die Anklage beruhe. Er müsse es daher dem öffentlichen Ministerium überlassen, seinen Antrag zu nehmen und zu motiviren. Darüber aber ergrimmte Hr. Saedt äußerst heftig und behauptete, der Vertheidiger müsse entweder jetzt sofort vertheidigen, oder überhaupt auf's Wort verzichten.</p>
          <p>Diese zweite große Entdeckung, welche die Welt Hrn. Saedt verdankt, und die sich würdig einer ersten von der Kritiklosigkeit staatsprokuratorischer Requisitorien anreiht, wurde indeß vom Gerichtshof nicht gebührend gewürdigt. Vielmehr ließ sich der Gerichtshof von dem alten Motiv leiten, daß die Vertheidigung stets, wenn sie es verlange, das letzte Wort gesetzlich haben müsse und daher mit Vorbehalt der Replik auf das erste Wort verzichten könne. Demzufolge verordnete der Hof, daß Hr. Saedt seinen Antrag nehme.</p>
          <p>Hr. Saedt wußte auch dafür Rath. Er erhob sich und nahm, ohne ihn mit <hi rendition="#g">einem Worte zu begründen,</hi> den Antrag, die Gräfin auf Grund des Art. 179 zu 3 <hi rendition="#g">Monat Gefängniß zu verurtheilen</hi>!</p>
          <p><hi rendition="#g">Drei Monat Gefängniß</hi> für einen stumm geschenkten Thaler und eine stumme nicht konstatirte Kußhand! Ach, Hr. Saedt, wenn jede Kußhand so theuer zu stehen käme, wo käme die Welt hin und namentlich die <hi rendition="#g">jungen Pseudsgrafen</hi>!</p>
          <p>Jetzt mußte allerdings Hr. Hagen zuerst sprechen, ohne auf diese Weise einen staatsprokuratorischen Vortrag vor sich zu haben, den er hätte &#x201E;kritisiren&#x201C; können; er mußte sich also begnügen, das Requisitorium zu <hi rendition="#g">widerlegen,</hi> denn ein unmotivirtes, dürres Requisitorium kann kein Mensch kritisiren, und so hat denn Hr. Saedt seinen großen Satz von der Widerlegbarkeit aber Kritiklosigkeit seiner Requisitorien in dieser Sitzung glücklich in die Praxis eingeführt. Hinterher sprach noch Hr. Saedt mit gewohnter Logik und nach einer zwei Minuten langen Berathung verwarf wie natürlich der Gerichtshof die Anklage, weil ein Geschenk ein Geschenk und keine Bestechung sei.</p>
          <p>Gewiß war die Sitzung äußerst komisch. Aber es ist bei alledem auch ein sehr ernster Skandal, zu sehen, bis zu welcher sinnlosen Spitze sich die Verfolgungswuth des öffentlichen Ministeriums gegen mißliebige Personen treibt.</p>
          <p>Der König von Hannover hat d. d. 13. März in folgendem Allerhöchstem Handbilletstil an seine Minister geschrieben:</p>
          <p>&#x201E;Meine Herren!</p>
          <p>Nachdem Sich mich um Ihre Entlassung gebeten haben, welche Ich zuerst zu geben beanstandet, habe Ich Mich an den Antragsteller des Beschlusses der zweiten Kammer durch den Kammerrath v. Münchhausen gewendet, um von ihm eine Auskunft zu haben über ein Programm, welches die Prinzipien enthalte über die künftige Verwaltung, <hi rendition="#g">worauf Mir aber ist keine Antwort geworden,</hi> nach welcher ich konnte ein neues Ministerium formiren. <hi rendition="#g">Da es ist unmöglich,</hi> daß das Land <hi rendition="#g">kann bestehen</hi> ohne Ministerium, so kann Ich unmöglich Ihre Bitte um Entlassung gewähren, und aus Liebe für das Land und wahrem Patriotismus Ich <hi rendition="#g">muß fordern</hi> von Ihnen Ihr ferneres Verbleiben im Amte. Sie werden, Meine Herren, diesen Entschluß den Kammern bekannt machen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Hannover,</hi> den 10. März 1849. <hi rendition="#g">Ernst August</hi>.</p>
          <p>An meine Herren Ministervorstände.&#x201C;</p>
          <p>Da dieses denkwürdige Aktenstück teutscher Geschichte von keinem Minister unterzeichnet ist, so fällt die Verantwortung für den unverantwortlichen Königsstyl auf die &#x201E;Hannover'sche Zeitung&#x201C;, welche sich zu seinem offiziellen Organ hergegeben hat.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar249-2_008a" type="jArticle">
          <p>Es fehlt also Milde; dagegen ist Wittgenstein im Verein mit d'Ester am 17. März v. J. Morgens im Schlosse erschienen und soll, wie Raveaux bestätigt, damals sehr revolutionär gesprochen haben.</p>
          <p>Nach einigen Kleinigkeiten kam die schon oben erwähnte Kommafrage, bei der sich Brandenburg ziemlich geläufig ausdrückte, zur Verhandlung. Es scheint also, daß der ehrenwerthe Ministerpräsident nicht ohne Bildungsfähigkeit ist.</p>
          <p>Die Sitzung wurde nach Verlesung und Annahme der Adresse geschlossen und die nächste auf Montag anberaumt</p>
        </div>
        <div xml:id="ar249-2_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Halle, 12. März.</head>
          <p>Der &#x201E;Preußenverein für konstitutionelles Königthum&#x201C; hat folgende göttlich-königlich-vaterländische Eingabe an das Manteuffel-Ministerium gerichtet, die dem urmärkischen Weißbier-Romanduseler Wilibald Alexis in der Vossischen Zeitung zur besonderen Befriedigung gereicht.</p>
          <p>&#x201E;Das <hi rendition="#g">unheilvollste Ereigniß, der frevelhafte Aufstand</hi> vom 18. März vorigen Jahres, soll auf Betrieb einer nur dem Umsturze dienenden Partei eine festliche Weihe erhalten und somit das Andenken an <hi rendition="#g">Verbrecher</hi> und an den <hi rendition="#g">Jammer</hi> der tiefsten moralischen Herabwürdigung eines sonst treuen Volkes in eine Reihe mit kirchlichen Festen treten: es soll der <hi rendition="#g">Gipfel aller Uebelthaten und Scheußlichkeiten</hi> dem schlichten Sinne des Volkes als eine Quelle des nationalen Glückes vorgespiegelt und der <hi rendition="#g">Verbrecher jenes Tages</hi> zum Helden, zum Wohlthäter, zum Heiligen werden!</p>
          <p>Wir verabscheuen einen solchen Akt als einen neuen sittlichen Betrug, als einen neuen Frevel und Fluch unsrer trauervollen mit moralischer Verblendung hart geschlagenen Zeit und als eine neue fruchtbare <hi rendition="#g">Aussaat zu sittlicher Entartung</hi>. Wir thun dies um so mehr, als diese aufrührerische Bewegung nur durch Miethlinge und Verbrecher künstlich herbeigeführt und unterhalten worden ist. Wenn man nun aber von anderer Seite in der Wiederkehr des 18. März vielleicht einen An[l]aß dazu ergreifen sollte: durch eine Feier der an diesem Tage gegebenen Königlichen Verheißungen das Verbrechen der Revolution zu verdecken: so können wir Unterzeichnete auch <hi rendition="#g">hiergegen</hi> unsre <hi rendition="#g">dringenden Bedenken</hi> nicht verhehlen, in so fern gerade dieser Tag der ausgedehntesten Verheißungen des edelsten Königs und Herrn für jeden wahren Vaterlandsfreund nie etwas andres als ein <hi rendition="#g">Schmerzens- und Trauertag</hi> sein kann: ein Tag, an welchem die Bosheit eines ruchlosen Haufens und der Undank einer verblendeten Menge die <hi rendition="#g">Königliche Würde</hi> und jede gesetzliche Autorität geflissentlich auf das Empörendste herabzuwürdigen, ja <hi rendition="#g">moralisch zu tödten,</hi> und so den geordnetsten und glücklichsten Staat zu vernichten suchen durfte.</p>
          <p>Wir ersuchen demnach das Königliche Staatsministerium, in demselben Sinne, mit welchem es seine hohe Aufgabe von Anfang an erfaßt hat, jedem Versuche einer derartigen <hi rendition="#g">ruchlosen Feier</hi> entgegentreten zu wollen, des Dankes gewiß, der sich stets an den Namen Eines Hohen Ministerii in den Herzen aller <hi rendition="#b">braven Preußen</hi> für die Rettung des Vaterlandes knüpfen wird.&#x201C;</p>
          <p>Alle etwaigen &#x201E;braven <hi rendition="#g">Preußen</hi>&#x201C; in der Rheinprovinz werden diesem Gesinnungsausbruch ihrer Hallischen Schnapsbrüder voll Entzückungen zuheulen.</p>
          <bibl>Q. d. b. v!</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar249-2_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Aus Thüringen, 15. März.</head>
          <p>&#x201E;Endlich, endlich, muß es doch u. s. w.&#x201C;, so lautet, wenn ich nicht irre, ein alter lutherscher Gesangbuchvers. Wir können jetzt das nämliche Lied singen. Denn; endlich, endlich sind die saubern sächsischen &#x201E;Reichs&#x201C;-Truppen endlich, endlich nach Hause marschirt. Und nun leben Sie uns aber recht sehr wohl!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar249-2_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 14. März.</head>
          <p>Wir haben das Standrecht ertragen, das tägliche Begnadigen &#x201E;zu Pulver und Blei&#x201C;, die Polizeikniffe von nächtlichen Pistolen- und Flintenschüssen; allein die octroyirten Festlichkeiten für die octroyirte Standrechts-Konstitution jagen selbst dem Zahmsten, selbst vielen Schwarzgelben, die Zornesglut durch die Adern. Die Verhöhnung des Volkes ist um so frecher, als gerade vor einem Jahre das jetzige Standrechtsgesindel an Leib und Gliedern zitterte und im kalten Todesschweiße dalag. Aber nur die geheime Erinnerung an die vorjährigen Ereignisse ist uns gestattet. Eine öffentliche Darlegung ist Hochverrath. Eine Anzahl <hi rendition="#g">Studenten</hi> wagte es trotz Welden und Standrecht, die Hüte mit Trauerflören umwunden, in der St. Stephanskirche einem Trauergottesdienst für die gestern vor einem Jahre Gefallenen beizuwohnen. Sie wurden an ihrem Vorhaben sehr bald verhindert. Das Militär besetzte den Platz vor der Kirche, vertrieb die in der Kirche befindlichen Studenten und nahm mehrere derselben in Verhaft. Dieses Verfahren zog eine große Menschenmasse herbei; es kam jedoch zu keinem Zusammenstoß. Das Volk verlief sich in stummer Wuth.</p>
          <p>Es hatten sich viele Menschen auf den Gräbern der Märztodten eingefunden und Kränze von Immergrün auf die Gräber gelegt. Auch hier war das Militär sogleich bei der Hand, um die auf dem Friedhof Anwesenden mit Bajonetten auseinander zu jagen und die Kränze von den Gräbern wegzunehmen und zu zerreißen.</p>
          <p>Der &#x201E;Lloyd&#x201C; enthält Folgendes: &#x201E;Der Kriminal-Gerichtshof hat so eben einstimmig erklärt, daß nach den vorliegenden Akten Dr. <hi rendition="#g">Fischhof</hi> für das Kriminal-Verfahren geeignet sei, weshalb derselbe auch heute Abend in das Kriminal-Gefängniß abgegeben werden wird; dagegen ist gegen den Priester <hi rendition="#g">Prato</hi> nicht hinlänglicher Grund zu einer gerichtlichen Prozedur vorhanden, es wird daher derselbe aus dem Arreste mit der Weisung entlassen, sogleich nach seiner Heimath abzureisen, da er sich hier für einen längern Aufenthalt nicht ausweisen kann.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head>Prag, 13. März.</head>
          <p>Vorgestern kam Borrosch an, die Studenten hoben ihn aus dem Waggon und trugen ihn bis auf die Straße, ihm ein Vivat bringend. Heute ist großer, vom Studentenausschusse veranstalteter Gottesdienst in der Theinkirche für die für die Freiheit Gefallenen; die Einladung zu diesem Trauergottesdienste durfte nicht angeschlagen werden. Rieger sagte in Kremsier vor seiner Abreise: &#x201E;wenn wir hier auseinander getrieben werden, lassen wir uns für Frankfurt wählen, und werden dort für die Republik stimmen.&#x201C;</p>
          <p>Mehrere Studenten und Handwerksgesellen, welche die oktroyirte Verfassung, die auch in einigen Gasthäusern solenniter verbrannt wurde, sowie den Kaiser schmähten und auf die Republik tranken, wurden arretirt.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bruchsal, 12. März.</head>
          <p><hi rendition="#g">Egenter,</hi> der frühere Redakteur der &#x201E;Seeblätter,&#x201C; dessen Gesundheit in den feuchten und stinkigen Zellen des pensylvanischen Gefängnisses bereits nach Absicht der badischen Regierung völlig zu Grunde gerichtet worden, hat sich aus seinem Gefängniß mit folgendem Schreiben an das großherzogliche Oberamt gewandt:</p>
          <p>&#x201E;Schon seit dem 20. Januar d. J. bin ich durch das Erkenntniß der Anklagekammer von der Anklage auf Hochverrath freigesprochen; seit dem 19. Februar d. J. ist der Rekurs des Staatsanwalts gegen meine Freisprechung vom großherzoglichen Oberhofgericht abgewiesen, &#x2014; und noch immer will sich die Thüre meines Kerkers nicht öffnen.</p>
          <p>Wie aus meinen Akten unwiderleglich hervorgeht befinde ich mich seit dem 28. April v. J., also heute 318 volle Tage in widerrechtlicher Haft, und büße diesen Justitzgräuel mit dem Verluste meiner Gesundheit.</p>
          <p>Nun erfahre ich zu meinem Erstaunen, daß man, statt mir endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, damit umgehe, mich auf's Neue mit Schandarmenbegleitung von Kerker zu Kerker nach Konstanz zu schleppen, um mir dort noch weitere badische Justiz angedeihen zu lassen.</p>
          <p>Ein solches Verfahren wäre nun geradezu empörend! Ich verwahre mich deswegen mit aller Entrüstung dagegen, und verlange zum Mindesten <hi rendition="#g">sofortige unbedingte Freilassung</hi> oder die <hi rendition="#g">Stellung vor's Schwurgericht</hi>.</p>
          <p>Diese meine Erklärung an die geeignete Stelle sofort befördern zu wollen, ersuche ich ein großherzogliches Oberamt in Bruchsal.</p>
          <p>Bruchsal im Gefängniß, den 10. März 1849.&#x201C;</p>
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          <head>Rastatt, 14. März.</head>
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          <head>Hannover, 15. März.</head>
          <p>Das hannoversche Ministerium hat sich durch das einzige Mittel, welches ihm übrig blieb, aus der Klemme gezogen, in die es durch sein unkonstitutionelles Verfahren gebracht war. Die <hi rendition="#g">Vertagung der Stände</hi> bis Ostern ist ausgesprochen, zugleich <hi rendition="#g">der letzte Antrag des Ministeriums zurückgenommen</hi>.</p>
          <p>Folgendes ist ist das <hi rendition="#g">Vertagungs-Dekret:</hi> </p>
          <p rendition="#et">&#x201E;An die allgemeine Ständeversammlung des Königreichs.</p>
          <p>&#x201E;Die offiziellen Nachrichten, welche der Regierung über die am 12. d. M. in der Nationalversammlung zu Frankfurt Statt gefundenen Verhandlungen zugegangen sind, lassen mit höchster Wahrscheinlichkeit erwarten, daß die deutsche Verfassungs-Angelegenheit schon in nächster Zeit eine Wendung nehmen werde, welche diejenige auf diese Angelegenheit bezügliche Regierungs-Proposition, die wir unter dem 13. d. M. den Ständen vorgelegt haben, als den Umständen <hi rendition="#g">nicht mehr entsprechend</hi> erscheinen lassen würde</p>
          <p>&#x201E;Wir finden uns dadurch veranlaßt, <hi rendition="#g">die gedachte Proposition zurückzunehmen</hi> und behalten uns vor, baldmöglichst weitere sachgemäße Anträge den Ständen zugehen zu lassen.</p>
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          <p>Hannover, den 15. März 1849.</p>
          <p>Königlich hannoversches Gesammt-Ministerium.</p>
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Bern, 13. März.</head>
          <p>&#x201E;Neutralität soll immer das erste sein, wovon ich Ihnen berichte, denn darin concentrirt sich der hochwohlweise Verstand des Bundesraths, und der &#x201E;Neutralität&#x201C; zu Liebe läßt er fast keinen Tag verstreichen, ohne eine Dummheit oder Schurkerei zu begehen. So hat man jetzt gastfreundschaftlichst von <hi rendition="#g">Neuem beschlossen,</hi> daß wenn allenfalls auf basellandschaftlichem Gebiete sich ein Flüchtling befinde, der den zweiten badischen Freischaarenzug mitgemacht und dessen Gegenwart das Nachbarland beunruhigen könne, so solle er alsogleich hinausspedirt werden. Dieser Beschluß ist <hi rendition="#g">rein</hi> lächerlich. Die Flüchtlinge sind in der Schweiz seltne Vögel, trotzdem, daß bald die Karlsruherin, bald die standrechtliche Augsburger Allgemeine sie zu Hunderten an den Gränzen sich versammeln laßt. Freilich, wo fände man sonst einen Vorwand, so viel Militär an die Gränze zu stellen! &#x2014; Allein nicht nur die wohlabwägende Gerechtigkeit gegen deutsche Nachbarstaaten macht den Bundesrath auf den hohen Sesseln unruhig. Am 8. März bedroht außerdem noch <hi rendition="#g">Frankreich</hi> die Neutralität der Eidgenossenschaft. Es überschritt eine ganze Compagnie französischer Soldaten mit Sack und Pack bei Fahy, einem schweizerischen Dorf im Jura, die Gränze, fraternisirte mit den Bewohnern, kaufte sich Taback und zog dann unter den Lebehochs der Schweizer wieder ab. Sogleich Eilboten nach Bern, wichtige Mienen im Großrath, Funk spricht von westlichen Verwicklungen, Stockmar vertheidigt mit Emphase den Patriotismus des Bernerischen Jura; man berichtet an den Bundesrath u. s. w. Jetzt kann Herr Furrer wieder den Diplomaten anziehn und Noten erlassen. O <hi rendition="#g">zarte Treibhauspflanze Neutralität</hi>, was machst du deinen Pflegern Sorge! Und noch nicht genug, neue Verwicklungen nahen! Es verbreitet sich hier das Gericht, Gagern, Rauschenplatt, Matthy und Bassermann wollten das deutsche Volk in neue Aufstände verwickeln. Darauf hin darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn Herr Furrer und Comp. schon Freischaarenzüge und Neutralitätsverletzung sehen und Truppen an die Gränze beordern. Man sieht, welche erbärmliche Rolle die Schweiz spielt, dies Zwergländchen wird nie eine selbstständig revolutionäre Rolle spielen und höchstens von andern revolutionären Völkern in's Schlepptau genommen. Ueberall der ächte Typus einer kleinen Spießbürger-Republik, das <hi rendition="#g">Philisterium</hi> zur Herrschaft erhoben, grenzenlose Bornirtheit, Selbstgenügsamkeit und bodenlose Einbildung. Selbst von den wenigen wirklichen Radikalen, die Einsicht in den gewaltigen socialen Gährungsprozeß haben, geschieht lange nicht genug! Freilich in den Wirthshäusern werden mit manchem &#x201E;Tusig Donnerr&#x201C; die Italiener frei gemacht, von der Noth des Proletariats gebierpoltert und gefaselt, aber dabei bleibts. Und doch gibts in der Republik Schweiz so viel Pauperismus als sonstwo. Hören Sie z. B. aus einer Statistik von Zürich: 1836 wurden 6760 Personen in Zürich mit 154,157 Franken unterstützt. Die Unterstützungsbedürftigen betrugen also damals den 34. Theil der ganzen Bevölkerung. Im Jahr 1847 aber, nachdem sie sich alle Jahre vermehrt hatten, war der Staat genöthigt, jeden 16ten Einwohner, also zusammen 13,820 Bedürftige, mit einer Summe von 374,730 Fr. zu unterstützen. &#x2014; Die Bourgeois in Zürich, denen das Ding doch zu arg wird, versammeln sich und halten sog. Armen-Vereine. Da spricht man ein Langes und Breites von <hi rendition="#g">Zwangs-Arbeitshäusern</hi>, Entsumpfungen u. s. w., u. s. w. oder Beförderung der Auswanderung. Wie weit man mit diesen bürgerlichen Palliativen kommt, beweist der kleine Kanton Glarus. Auch dort befördert man die Auswanderung theilweise mit Staatsunterstützung, und hat es nach 3 Jahren, von 1845-48, dahin gebracht, daß gerade 1/7 der Bevölkerung fort ist, die aber circa 200,000 Fr. Kapital mitnahmen. Die Paupers sind geblieben.</p>
          <p>Das Hauptgezänk in den Zeitungen bildet die Kapitulationsfrage, dann die Schutzzollfrage. Daß es viele Schweizerzeitungen gibt, die die Kapitulation zu vertheidigen wagen, ist selbstredend. Mit voran im Reigen steht die fromme Baslerin &#x2014; und die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Herrn Bundespräsidenten Dr. Jonas Furrer!!! Letztere dreht und wendet sich, liebäugelt mit Humanität, Völkerfreiheit u. s. w., und kommt endlich zu dem philosophischen Schluß: Es ginge wohl, aber es geht nicht! Arme Schweiz, wenn die 8000 deiner Söhne, die in Italien dienen, ohne das Blutgeld des Despoten, ohne Pension zurückkehrten, sie würden dich rein aufzehren! Armes Land! &#x2014;</p>
          <p>In der Schutzzollfrage herrscht eine merkwürdige Verwirrung. Die Zollkommission nämlich hat sich höchst unrepublikanisch in tiefes Dunkel gehüllt. Statt mit dem Zollentwurf, für die Schweiz von der höchsten Wichtigkeit, offen an's Tageslicht zu treten und ihn der öffentlichen Kritik zu unterwerfen, läßt sie nur zuweilen befreundeten oder protegirten Blättern eine leise Andeutung über ihre Thätigkeit zukommen. Was ich aus einem halboffiziellen Blatte herausbringen konnte und was so ziemlich sicher zu stehn scheint, ist folgendes Lächerliche. Erstens muß nach der Bundesverfassung der aufzustellende Zoll ein <hi rendition="#g">finanzieller</hi> sein, d. h. zur Erhaltung des neugebackenen Bundesraths dienen. Zweitens hat man festgestellt: es soll dieser Zoll weder die Rohstoffe, also Industrie, belasten, noch den Consumenten durch Schutzzoll die Waare vertheuern, noch Kosten durch Aufstellen einer Douanenlinie erzeugen! O Schilda, mein Vaterland! Aber wie soll das gemacht werden? Ich weiß es nicht, andre Blätter auch nicht, die Kommission selbst nicht. Einigermaßen erklärt sich dieser Unsinn daraus, daß die Experten sich den verschiedenartigsten Systemen zuneigen. &#x2014; Ein andres Blatt berichtet, auf <hi rendition="#g">Rohstoffe</hi> solle 5 Prozent Zoll, auf <hi rendition="#g">Fabrikate</hi> 2 Prozent gelegt, d, h. der auswärtigen Industrie eine Einfuhrprämie von 3 Prozent octroyirt werden!! Die Sache ist möglich genug. Warum sollten die sieben Schwaben des Schilda'schen Bundesstaates nicht im Stande sein, eine neue Oekonomie zu erfinden, die, statt der einheimischen Industrie, auch einmal der ausländischen einen Schutzzoll bewilligt. Schilda, mein Vaterland!</p>
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        <head>Italien.</head>
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          <head>Rom, 7. März.</head>
          <p>Das Ministerium ist in folgender Weise geändert. 1) Manzoni. Finanzen; 2) Saffi, Inneres; 3) Rusconi, Auswärtiges; 4) Lazzarini. Justiz; 5) Montechi, Bauten; 6) Sturbinetti, Unterrichtskultus; 7) Rilliet-Constant aus Genf, Kriegsminister. Da derselbe jedoch noch nicht eingetroffen, so verwaltet es Calandrelli interimistisch.</p>
          <p>Die Deputirten aus Toskana sind zur Theilnahme an den Sitzungen der Constituante eingeladen.</p>
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          <head>Rom.</head>
          <p>Am 6. d. hat die römische Nationalversammlung beschlossen, das toscanische Volk einzuladen, seine Abgeordneten hieher in die gemeinsame Versammlung zu senden. Die Minister der Finanzen und des Krieges sind gewechselt. Als Minister des Krieges lesen wir zu unserm Erstaunen: <hi rendition="#g">Rilliet-Constant</hi> mit dem Beifügen, daß bis zu seiner Ankunft Calendrelli die Stelle interimistisch versehen werde.</p>
          <bibl>(N. Z. Z.)</bibl>
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          <head>Neapel, 5. März.</head>
          <p>Der König Ferdinand hat den sizilischen Waffenstillstand, der heute abläuft, gekündigt.</p>
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        <div xml:id="ar249-2_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Turin, 10. März.</head>
          <p>Die gestrige Deputirtensitzung war überaus wichtig. Das Ministerium verlangt darin die Aufhebung der Gesetze auf drei Monate, welche die persönliche Freiheit garantiren; ferner die Vollmacht zur Kontrahirung einer Anleihe von 50 Millionen im Auslande und einer freiwilligen Anleihe im Inlande. Zwei Millionen Fr. wurden sofort zur Bewaffnung der Bürgerwehr bewilligt.</p>
          <p>Der Herzog von Savoyen ist zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. General Chrzanowski will nach eigenem Wunsch nur die zweite Stelle einnehmen.</p>
          <p>Die offizielle Zeitung erklärt, daß die toskanischen Deserteure keine Aufnahme im Heere gefunden hätten, sondern zurückgewiesen würden.</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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</TEI>
[1398/0002] uns freuen, wenn er sieht, was für ein schönes Ding es ist, nicht um eine mißlungene, nein um eine wohl konstatirte Kußhand. Nun, nach dem Verhör der Belastungszeugen erklärte der Vertheidiger, Hr. Hagen, der schon früher auf seine Schutzzeugen verzichtet hatte, daß er sich außer Stand sähe, die Vertheidigung zu führen, weil er trotz alles Grübelns bisher noch nicht habe erfindlich machen können, was man der Gräfin zur Last lege, und auf welchem Gesetz die Anklage beruhe. Er müsse es daher dem öffentlichen Ministerium überlassen, seinen Antrag zu nehmen und zu motiviren. Darüber aber ergrimmte Hr. Saedt äußerst heftig und behauptete, der Vertheidiger müsse entweder jetzt sofort vertheidigen, oder überhaupt auf's Wort verzichten. Diese zweite große Entdeckung, welche die Welt Hrn. Saedt verdankt, und die sich würdig einer ersten von der Kritiklosigkeit staatsprokuratorischer Requisitorien anreiht, wurde indeß vom Gerichtshof nicht gebührend gewürdigt. Vielmehr ließ sich der Gerichtshof von dem alten Motiv leiten, daß die Vertheidigung stets, wenn sie es verlange, das letzte Wort gesetzlich haben müsse und daher mit Vorbehalt der Replik auf das erste Wort verzichten könne. Demzufolge verordnete der Hof, daß Hr. Saedt seinen Antrag nehme. Hr. Saedt wußte auch dafür Rath. Er erhob sich und nahm, ohne ihn mit einem Worte zu begründen, den Antrag, die Gräfin auf Grund des Art. 179 zu 3 Monat Gefängniß zu verurtheilen! Drei Monat Gefängniß für einen stumm geschenkten Thaler und eine stumme nicht konstatirte Kußhand! Ach, Hr. Saedt, wenn jede Kußhand so theuer zu stehen käme, wo käme die Welt hin und namentlich die jungen Pseudsgrafen! Jetzt mußte allerdings Hr. Hagen zuerst sprechen, ohne auf diese Weise einen staatsprokuratorischen Vortrag vor sich zu haben, den er hätte „kritisiren“ können; er mußte sich also begnügen, das Requisitorium zu widerlegen, denn ein unmotivirtes, dürres Requisitorium kann kein Mensch kritisiren, und so hat denn Hr. Saedt seinen großen Satz von der Widerlegbarkeit aber Kritiklosigkeit seiner Requisitorien in dieser Sitzung glücklich in die Praxis eingeführt. Hinterher sprach noch Hr. Saedt mit gewohnter Logik und nach einer zwei Minuten langen Berathung verwarf wie natürlich der Gerichtshof die Anklage, weil ein Geschenk ein Geschenk und keine Bestechung sei. Gewiß war die Sitzung äußerst komisch. Aber es ist bei alledem auch ein sehr ernster Skandal, zu sehen, bis zu welcher sinnlosen Spitze sich die Verfolgungswuth des öffentlichen Ministeriums gegen mißliebige Personen treibt. Der König von Hannover hat d. d. 13. März in folgendem Allerhöchstem Handbilletstil an seine Minister geschrieben: „Meine Herren! Nachdem Sich mich um Ihre Entlassung gebeten haben, welche Ich zuerst zu geben beanstandet, habe Ich Mich an den Antragsteller des Beschlusses der zweiten Kammer durch den Kammerrath v. Münchhausen gewendet, um von ihm eine Auskunft zu haben über ein Programm, welches die Prinzipien enthalte über die künftige Verwaltung, worauf Mir aber ist keine Antwort geworden, nach welcher ich konnte ein neues Ministerium formiren. Da es ist unmöglich, daß das Land kann bestehen ohne Ministerium, so kann Ich unmöglich Ihre Bitte um Entlassung gewähren, und aus Liebe für das Land und wahrem Patriotismus Ich muß fordern von Ihnen Ihr ferneres Verbleiben im Amte. Sie werden, Meine Herren, diesen Entschluß den Kammern bekannt machen. Hannover, den 10. März 1849. Ernst August. An meine Herren Ministervorstände.“ Da dieses denkwürdige Aktenstück teutscher Geschichte von keinem Minister unterzeichnet ist, so fällt die Verantwortung für den unverantwortlichen Königsstyl auf die „Hannover'sche Zeitung“, welche sich zu seinem offiziellen Organ hergegeben hat. [Deutschland] Es fehlt also Milde; dagegen ist Wittgenstein im Verein mit d'Ester am 17. März v. J. Morgens im Schlosse erschienen und soll, wie Raveaux bestätigt, damals sehr revolutionär gesprochen haben. Nach einigen Kleinigkeiten kam die schon oben erwähnte Kommafrage, bei der sich Brandenburg ziemlich geläufig ausdrückte, zur Verhandlung. Es scheint also, daß der ehrenwerthe Ministerpräsident nicht ohne Bildungsfähigkeit ist. Die Sitzung wurde nach Verlesung und Annahme der Adresse geschlossen und die nächste auf Montag anberaumt * Halle, 12. März. Der „Preußenverein für konstitutionelles Königthum“ hat folgende göttlich-königlich-vaterländische Eingabe an das Manteuffel-Ministerium gerichtet, die dem urmärkischen Weißbier-Romanduseler Wilibald Alexis in der Vossischen Zeitung zur besonderen Befriedigung gereicht. „Das unheilvollste Ereigniß, der frevelhafte Aufstand vom 18. März vorigen Jahres, soll auf Betrieb einer nur dem Umsturze dienenden Partei eine festliche Weihe erhalten und somit das Andenken an Verbrecher und an den Jammer der tiefsten moralischen Herabwürdigung eines sonst treuen Volkes in eine Reihe mit kirchlichen Festen treten: es soll der Gipfel aller Uebelthaten und Scheußlichkeiten dem schlichten Sinne des Volkes als eine Quelle des nationalen Glückes vorgespiegelt und der Verbrecher jenes Tages zum Helden, zum Wohlthäter, zum Heiligen werden! Wir verabscheuen einen solchen Akt als einen neuen sittlichen Betrug, als einen neuen Frevel und Fluch unsrer trauervollen mit moralischer Verblendung hart geschlagenen Zeit und als eine neue fruchtbare Aussaat zu sittlicher Entartung. Wir thun dies um so mehr, als diese aufrührerische Bewegung nur durch Miethlinge und Verbrecher künstlich herbeigeführt und unterhalten worden ist. Wenn man nun aber von anderer Seite in der Wiederkehr des 18. März vielleicht einen An[l]aß dazu ergreifen sollte: durch eine Feier der an diesem Tage gegebenen Königlichen Verheißungen das Verbrechen der Revolution zu verdecken: so können wir Unterzeichnete auch hiergegen unsre dringenden Bedenken nicht verhehlen, in so fern gerade dieser Tag der ausgedehntesten Verheißungen des edelsten Königs und Herrn für jeden wahren Vaterlandsfreund nie etwas andres als ein Schmerzens- und Trauertag sein kann: ein Tag, an welchem die Bosheit eines ruchlosen Haufens und der Undank einer verblendeten Menge die Königliche Würde und jede gesetzliche Autorität geflissentlich auf das Empörendste herabzuwürdigen, ja moralisch zu tödten, und so den geordnetsten und glücklichsten Staat zu vernichten suchen durfte. Wir ersuchen demnach das Königliche Staatsministerium, in demselben Sinne, mit welchem es seine hohe Aufgabe von Anfang an erfaßt hat, jedem Versuche einer derartigen ruchlosen Feier entgegentreten zu wollen, des Dankes gewiß, der sich stets an den Namen Eines Hohen Ministerii in den Herzen aller braven Preußen für die Rettung des Vaterlandes knüpfen wird.“ Alle etwaigen „braven Preußen“ in der Rheinprovinz werden diesem Gesinnungsausbruch ihrer Hallischen Schnapsbrüder voll Entzückungen zuheulen. Q. d. b. v! 103 Aus Thüringen, 15. März. „Endlich, endlich, muß es doch u. s. w.“, so lautet, wenn ich nicht irre, ein alter lutherscher Gesangbuchvers. Wir können jetzt das nämliche Lied singen. Denn; endlich, endlich sind die saubern sächsischen „Reichs“-Truppen endlich, endlich nach Hause marschirt. Und nun leben Sie uns aber recht sehr wohl! * Wien, 14. März. Wir haben das Standrecht ertragen, das tägliche Begnadigen „zu Pulver und Blei“, die Polizeikniffe von nächtlichen Pistolen- und Flintenschüssen; allein die octroyirten Festlichkeiten für die octroyirte Standrechts-Konstitution jagen selbst dem Zahmsten, selbst vielen Schwarzgelben, die Zornesglut durch die Adern. Die Verhöhnung des Volkes ist um so frecher, als gerade vor einem Jahre das jetzige Standrechtsgesindel an Leib und Gliedern zitterte und im kalten Todesschweiße dalag. Aber nur die geheime Erinnerung an die vorjährigen Ereignisse ist uns gestattet. Eine öffentliche Darlegung ist Hochverrath. Eine Anzahl Studenten wagte es trotz Welden und Standrecht, die Hüte mit Trauerflören umwunden, in der St. Stephanskirche einem Trauergottesdienst für die gestern vor einem Jahre Gefallenen beizuwohnen. Sie wurden an ihrem Vorhaben sehr bald verhindert. Das Militär besetzte den Platz vor der Kirche, vertrieb die in der Kirche befindlichen Studenten und nahm mehrere derselben in Verhaft. Dieses Verfahren zog eine große Menschenmasse herbei; es kam jedoch zu keinem Zusammenstoß. Das Volk verlief sich in stummer Wuth. Es hatten sich viele Menschen auf den Gräbern der Märztodten eingefunden und Kränze von Immergrün auf die Gräber gelegt. Auch hier war das Militär sogleich bei der Hand, um die auf dem Friedhof Anwesenden mit Bajonetten auseinander zu jagen und die Kränze von den Gräbern wegzunehmen und zu zerreißen. Der „Lloyd“ enthält Folgendes: „Der Kriminal-Gerichtshof hat so eben einstimmig erklärt, daß nach den vorliegenden Akten Dr. Fischhof für das Kriminal-Verfahren geeignet sei, weshalb derselbe auch heute Abend in das Kriminal-Gefängniß abgegeben werden wird; dagegen ist gegen den Priester Prato nicht hinlänglicher Grund zu einer gerichtlichen Prozedur vorhanden, es wird daher derselbe aus dem Arreste mit der Weisung entlassen, sogleich nach seiner Heimath abzureisen, da er sich hier für einen längern Aufenthalt nicht ausweisen kann.“ Prag, 13. März. Vorgestern kam Borrosch an, die Studenten hoben ihn aus dem Waggon und trugen ihn bis auf die Straße, ihm ein Vivat bringend. Heute ist großer, vom Studentenausschusse veranstalteter Gottesdienst in der Theinkirche für die für die Freiheit Gefallenen; die Einladung zu diesem Trauergottesdienste durfte nicht angeschlagen werden. Rieger sagte in Kremsier vor seiner Abreise: „wenn wir hier auseinander getrieben werden, lassen wir uns für Frankfurt wählen, und werden dort für die Republik stimmen.“ Mehrere Studenten und Handwerksgesellen, welche die oktroyirte Verfassung, die auch in einigen Gasthäusern solenniter verbrannt wurde, sowie den Kaiser schmähten und auf die Republik tranken, wurden arretirt. * Bruchsal, 12. März. Egenter, der frühere Redakteur der „Seeblätter,“ dessen Gesundheit in den feuchten und stinkigen Zellen des pensylvanischen Gefängnisses bereits nach Absicht der badischen Regierung völlig zu Grunde gerichtet worden, hat sich aus seinem Gefängniß mit folgendem Schreiben an das großherzogliche Oberamt gewandt: „Schon seit dem 20. Januar d. J. bin ich durch das Erkenntniß der Anklagekammer von der Anklage auf Hochverrath freigesprochen; seit dem 19. Februar d. J. ist der Rekurs des Staatsanwalts gegen meine Freisprechung vom großherzoglichen Oberhofgericht abgewiesen, — und noch immer will sich die Thüre meines Kerkers nicht öffnen. Wie aus meinen Akten unwiderleglich hervorgeht befinde ich mich seit dem 28. April v. J., also heute 318 volle Tage in widerrechtlicher Haft, und büße diesen Justitzgräuel mit dem Verluste meiner Gesundheit. Nun erfahre ich zu meinem Erstaunen, daß man, statt mir endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, damit umgehe, mich auf's Neue mit Schandarmenbegleitung von Kerker zu Kerker nach Konstanz zu schleppen, um mir dort noch weitere badische Justiz angedeihen zu lassen. Ein solches Verfahren wäre nun geradezu empörend! Ich verwahre mich deswegen mit aller Entrüstung dagegen, und verlange zum Mindesten sofortige unbedingte Freilassung oder die Stellung vor's Schwurgericht. Diese meine Erklärung an die geeignete Stelle sofort befördern zu wollen, ersuche ich ein großherzogliches Oberamt in Bruchsal. Bruchsal im Gefängniß, den 10. März 1849.“ Rastatt, 14. März. Die beiden Leidensgefährten Struve und Blind wurden heute früh vor 7 Uhr ganz im Stillen aus ihren Blokhausgefängnissen abgeholt, und jeder in einer Ehaise unter Begleitung von 50 Dragonern nach dem Bahnhof eskortirt, um mit dem ersten Bahnzug unter Bedeckung von 100 Scharfschützen des 1sten und 3ten Infanterie-Regiments, die schon vorher im Bahnhof aufgestellt waren, und vor den Augen des Publikums scharf laden mußten, nach Freiburg (vor das Geschwornengericht) verbracht zu werden. General Cloßmann und sein Adjutant ritten an der Spitze der Dragoner-Abtheilung, welche die Gefangenen nach dem Bahnhof begleiteten. Hannover, 15. März. Das hannoversche Ministerium hat sich durch das einzige Mittel, welches ihm übrig blieb, aus der Klemme gezogen, in die es durch sein unkonstitutionelles Verfahren gebracht war. Die Vertagung der Stände bis Ostern ist ausgesprochen, zugleich der letzte Antrag des Ministeriums zurückgenommen. Folgendes ist ist das Vertagungs-Dekret: „An die allgemeine Ständeversammlung des Königreichs. „Die offiziellen Nachrichten, welche der Regierung über die am 12. d. M. in der Nationalversammlung zu Frankfurt Statt gefundenen Verhandlungen zugegangen sind, lassen mit höchster Wahrscheinlichkeit erwarten, daß die deutsche Verfassungs-Angelegenheit schon in nächster Zeit eine Wendung nehmen werde, welche diejenige auf diese Angelegenheit bezügliche Regierungs-Proposition, die wir unter dem 13. d. M. den Ständen vorgelegt haben, als den Umständen nicht mehr entsprechend erscheinen lassen würde „Wir finden uns dadurch veranlaßt, die gedachte Proposition zurückzunehmen und behalten uns vor, baldmöglichst weitere sachgemäße Anträge den Ständen zugehen zu lassen. „Da aber unverkennbar die Ungewißheit über die in der deutschen Verfassungsfrage beruhende Grundlage der gesammten Staatsverhältnisse die Berathungen der Stände wesentlich erschweren dürfte, so haben wir es für angemessen erachtet, die Stände hierdurch auf eine kurze Zeit zu vertagen, welche wir mit Rücksicht auf das nahe bevorstehende Osterfest bis zum 12. April erstrecken, als an welchem Tage die Stände sich wieder zu versammeln haben werden. Hannover, den 15. März 1849. Königlich hannoversches Gesammt-Ministerium. Bennigsen. Prott. Stüve. Braun. Lehzen. Düring. Schweiz. 103 Bern, 13. März. „Neutralität soll immer das erste sein, wovon ich Ihnen berichte, denn darin concentrirt sich der hochwohlweise Verstand des Bundesraths, und der „Neutralität“ zu Liebe läßt er fast keinen Tag verstreichen, ohne eine Dummheit oder Schurkerei zu begehen. So hat man jetzt gastfreundschaftlichst von Neuem beschlossen, daß wenn allenfalls auf basellandschaftlichem Gebiete sich ein Flüchtling befinde, der den zweiten badischen Freischaarenzug mitgemacht und dessen Gegenwart das Nachbarland beunruhigen könne, so solle er alsogleich hinausspedirt werden. Dieser Beschluß ist rein lächerlich. Die Flüchtlinge sind in der Schweiz seltne Vögel, trotzdem, daß bald die Karlsruherin, bald die standrechtliche Augsburger Allgemeine sie zu Hunderten an den Gränzen sich versammeln laßt. Freilich, wo fände man sonst einen Vorwand, so viel Militär an die Gränze zu stellen! — Allein nicht nur die wohlabwägende Gerechtigkeit gegen deutsche Nachbarstaaten macht den Bundesrath auf den hohen Sesseln unruhig. Am 8. März bedroht außerdem noch Frankreich die Neutralität der Eidgenossenschaft. Es überschritt eine ganze Compagnie französischer Soldaten mit Sack und Pack bei Fahy, einem schweizerischen Dorf im Jura, die Gränze, fraternisirte mit den Bewohnern, kaufte sich Taback und zog dann unter den Lebehochs der Schweizer wieder ab. Sogleich Eilboten nach Bern, wichtige Mienen im Großrath, Funk spricht von westlichen Verwicklungen, Stockmar vertheidigt mit Emphase den Patriotismus des Bernerischen Jura; man berichtet an den Bundesrath u. s. w. Jetzt kann Herr Furrer wieder den Diplomaten anziehn und Noten erlassen. O zarte Treibhauspflanze Neutralität, was machst du deinen Pflegern Sorge! Und noch nicht genug, neue Verwicklungen nahen! Es verbreitet sich hier das Gericht, Gagern, Rauschenplatt, Matthy und Bassermann wollten das deutsche Volk in neue Aufstände verwickeln. Darauf hin darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn Herr Furrer und Comp. schon Freischaarenzüge und Neutralitätsverletzung sehen und Truppen an die Gränze beordern. Man sieht, welche erbärmliche Rolle die Schweiz spielt, dies Zwergländchen wird nie eine selbstständig revolutionäre Rolle spielen und höchstens von andern revolutionären Völkern in's Schlepptau genommen. Ueberall der ächte Typus einer kleinen Spießbürger-Republik, das Philisterium zur Herrschaft erhoben, grenzenlose Bornirtheit, Selbstgenügsamkeit und bodenlose Einbildung. Selbst von den wenigen wirklichen Radikalen, die Einsicht in den gewaltigen socialen Gährungsprozeß haben, geschieht lange nicht genug! Freilich in den Wirthshäusern werden mit manchem „Tusig Donnerr“ die Italiener frei gemacht, von der Noth des Proletariats gebierpoltert und gefaselt, aber dabei bleibts. Und doch gibts in der Republik Schweiz so viel Pauperismus als sonstwo. Hören Sie z. B. aus einer Statistik von Zürich: 1836 wurden 6760 Personen in Zürich mit 154,157 Franken unterstützt. Die Unterstützungsbedürftigen betrugen also damals den 34. Theil der ganzen Bevölkerung. Im Jahr 1847 aber, nachdem sie sich alle Jahre vermehrt hatten, war der Staat genöthigt, jeden 16ten Einwohner, also zusammen 13,820 Bedürftige, mit einer Summe von 374,730 Fr. zu unterstützen. — Die Bourgeois in Zürich, denen das Ding doch zu arg wird, versammeln sich und halten sog. Armen-Vereine. Da spricht man ein Langes und Breites von Zwangs-Arbeitshäusern, Entsumpfungen u. s. w., u. s. w. oder Beförderung der Auswanderung. Wie weit man mit diesen bürgerlichen Palliativen kommt, beweist der kleine Kanton Glarus. Auch dort befördert man die Auswanderung theilweise mit Staatsunterstützung, und hat es nach 3 Jahren, von 1845-48, dahin gebracht, daß gerade 1/7 der Bevölkerung fort ist, die aber circa 200,000 Fr. Kapital mitnahmen. Die Paupers sind geblieben. Das Hauptgezänk in den Zeitungen bildet die Kapitulationsfrage, dann die Schutzzollfrage. Daß es viele Schweizerzeitungen gibt, die die Kapitulation zu vertheidigen wagen, ist selbstredend. Mit voran im Reigen steht die fromme Baslerin — und die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Herrn Bundespräsidenten Dr. Jonas Furrer!!! Letztere dreht und wendet sich, liebäugelt mit Humanität, Völkerfreiheit u. s. w., und kommt endlich zu dem philosophischen Schluß: Es ginge wohl, aber es geht nicht! Arme Schweiz, wenn die 8000 deiner Söhne, die in Italien dienen, ohne das Blutgeld des Despoten, ohne Pension zurückkehrten, sie würden dich rein aufzehren! Armes Land! — In der Schutzzollfrage herrscht eine merkwürdige Verwirrung. Die Zollkommission nämlich hat sich höchst unrepublikanisch in tiefes Dunkel gehüllt. Statt mit dem Zollentwurf, für die Schweiz von der höchsten Wichtigkeit, offen an's Tageslicht zu treten und ihn der öffentlichen Kritik zu unterwerfen, läßt sie nur zuweilen befreundeten oder protegirten Blättern eine leise Andeutung über ihre Thätigkeit zukommen. Was ich aus einem halboffiziellen Blatte herausbringen konnte und was so ziemlich sicher zu stehn scheint, ist folgendes Lächerliche. Erstens muß nach der Bundesverfassung der aufzustellende Zoll ein finanzieller sein, d. h. zur Erhaltung des neugebackenen Bundesraths dienen. Zweitens hat man festgestellt: es soll dieser Zoll weder die Rohstoffe, also Industrie, belasten, noch den Consumenten durch Schutzzoll die Waare vertheuern, noch Kosten durch Aufstellen einer Douanenlinie erzeugen! O Schilda, mein Vaterland! Aber wie soll das gemacht werden? Ich weiß es nicht, andre Blätter auch nicht, die Kommission selbst nicht. Einigermaßen erklärt sich dieser Unsinn daraus, daß die Experten sich den verschiedenartigsten Systemen zuneigen. — Ein andres Blatt berichtet, auf Rohstoffe solle 5 Prozent Zoll, auf Fabrikate 2 Prozent gelegt, d, h. der auswärtigen Industrie eine Einfuhrprämie von 3 Prozent octroyirt werden!! Die Sache ist möglich genug. Warum sollten die sieben Schwaben des Schilda'schen Bundesstaates nicht im Stande sein, eine neue Oekonomie zu erfinden, die, statt der einheimischen Industrie, auch einmal der ausländischen einen Schutzzoll bewilligt. Schilda, mein Vaterland! Italien. Rom, 7. März. Das Ministerium ist in folgender Weise geändert. 1) Manzoni. Finanzen; 2) Saffi, Inneres; 3) Rusconi, Auswärtiges; 4) Lazzarini. Justiz; 5) Montechi, Bauten; 6) Sturbinetti, Unterrichtskultus; 7) Rilliet-Constant aus Genf, Kriegsminister. Da derselbe jedoch noch nicht eingetroffen, so verwaltet es Calandrelli interimistisch. Die Deputirten aus Toskana sind zur Theilnahme an den Sitzungen der Constituante eingeladen. Rom. Am 6. d. hat die römische Nationalversammlung beschlossen, das toscanische Volk einzuladen, seine Abgeordneten hieher in die gemeinsame Versammlung zu senden. Die Minister der Finanzen und des Krieges sind gewechselt. Als Minister des Krieges lesen wir zu unserm Erstaunen: Rilliet-Constant mit dem Beifügen, daß bis zu seiner Ankunft Calendrelli die Stelle interimistisch versehen werde. (N. Z. Z.) Neapel, 5. März. Der König Ferdinand hat den sizilischen Waffenstillstand, der heute abläuft, gekündigt. 068 Turin, 10. März. Die gestrige Deputirtensitzung war überaus wichtig. Das Ministerium verlangt darin die Aufhebung der Gesetze auf drei Monate, welche die persönliche Freiheit garantiren; ferner die Vollmacht zur Kontrahirung einer Anleihe von 50 Millionen im Auslande und einer freiwilligen Anleihe im Inlande. Zwei Millionen Fr. wurden sofort zur Bewaffnung der Bürgerwehr bewilligt. Der Herzog von Savoyen ist zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt. General Chrzanowski will nach eigenem Wunsch nur die zweite Stelle einnehmen. Die offizielle Zeitung erklärt, daß die toskanischen Deserteure keine Aufnahme im Heere gefunden hätten, sondern zurückgewiesen würden. Ungarn.

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<p>Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.</p>




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 249. Köln, 18. März 1849. Zweite Ausgabe, S. 1398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz249ii_1849/2>, abgerufen am 28.04.2024.