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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 267. Köln, 8. April 1849.

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[Deutschland]
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* Berlin, 5. April.

Das Verhältniß der Parteien zu der deutschen Frage möchte sich in folgender Weise gestaltet haben:

Die äußerste Rechte wünscht den alten Bund zurück, und ist begeistert für die Antwort des Königs. Dazu stimmen die von Ulrich eingebrachte motivirte Tagesordnung und der Jubel der "Neuen Preußischen," die dem König endlich seine Schwäche am 19. März 1848 für seine feste Haltung am 3. April 1849 verzeiht.

Die eigentliche Rechte wollte, daß der König vorläufig unbedingt annehme unter Vorbehalt der Zustimmung der deutschen Regierungen. Die Verfassung muß nach ihrer Ansicht allerdings revidirt werden, aber das kommt dem nächsten deutschen Parlament zu. Aber in ihrem Lager ist Zwietracht, Herr von Auerswald möchte gern eine eigene Partei bilden, er würde sich eventuell dem Kirchmann'schen Adreßentwurf anschließen.

-- Die Centren sind natürlich am meisten geschlagen, weil sie die größten Anstrengungen für die Einheit gemacht haben.

Die äußerste Linke findet ihren Ausdruck in ihrer motivirten Tagesordnung.

Die Ultramontanen, Bloemer, Schneeweiß, Osterrath etc., sind gegen das protestantische Kaiserthum, von dem sie Gefahren für ihre religiösen Interessen fürchten.

Obgleich Gerüchte verbreitet wurden vom nahen Zurücktritt des Ministeriums, so sah man es den Gesichtern der Herren am grünen Tische an, daß sie sich niemals wohler gefühlt haben. Brandenburg und selbst Manteuffel unterhielten sich, wie es schien, sehr angenehm. Auf dem breiten Gesicht des Ersteren sah man ein gemüthliches, auf dem des Anderen ein höchst satyrisches Lächeln die ganze Sitzung über.

Wir sind glücklich wieder in die alte schöne Zeit zurückgekommen, in der man patriotische Demonstrationen in das Theater verlegt. Vorgestern Abend wurde im Opernhause von einer bezahlten Clique nach dem "deutschen Vaterland" gerufen. Auf dieses Zeichen regnete es Texte, der Vorhang flog auf und es erschien der ganze Sängerchor in schwarzen Fracks, weißen Glacehandschuhen u. s. w., und erfüllte den Wunsch. Leider hat der teutsche Küstner wenig Dank, man ist bei Hofe sehr empört über diese voreilige Demonstration.

Im "Götz von Berlichingen" hat man gestern Abend selbst den armen Göthe mit Einschiebseln nicht verschont. Bei der Stelle welche ungefähr heißt: "Es lebe der Kaiser, er möge Ordnung in Deutschland schaffen," variirte man: "Er möge mit den deutschen Fürsten Ordnung machen."

Gestern begab sich der ehemalige Lieutenant v. Mauschewitz in das Redaktionszimmer der N. Pr. Z., um Rechenschaft zu fordern für die gemeinen, schmachvollen und lügenhaften Schmähungen und Verdächtigungen, mit den ihn sonst jede Nummer dieses ehrlosen Blattes überhäufte. Herr Wagner, der Redakteur, verweigerte natürlich, wie sehr er auch sonst die Feigheit der Demokraten zu verhöhnen pflegt, jede Genugthuung. Hierüber erbittert, gab ihm Hr. v. Mauschewitz einen Schlag auf den Kopf.

Als Bodelschwingh mit frecher Verhöhnung des Volkes, welches ihn vom Strange, der ihm von Rechtswegen zukam, zur Verbannung begnadigte, den Kampf der Berliner einen entehrenden Straßenkampf nannte, erhob sich die Linke. "Er ist Verräther, hieß es, "er entehrt die Tribüne" -- "herunter mit dem Schuft!" -- "Er ist ein Schurke!" -- "Es ist eine Schande, mit ihm zusammenzusitzen." -- Die Sitzung mußte suspendirt werden."

In der Mitte des Jahres 1844 reisten die beiden Gebrüder v. d. Heydt mit dem nachher bekannten Dr. Schütte mit der Post von Rotterdam nach der preuß. Gränze. In Emmerich wurden sie natürlich von den Zollbeamten angehalten. Bei Dr. Schütte fand sich keine Contrebande, die beiden Brüder aus Elberfeld hatten jeder einen großen englischen Koffer bei sich, der die Aufmerksamkeit der Zollbeamten sogleich erregte. Daniel, der jetzige große Handelsminister, wandte sich an den Steuerbeamten und sagte: "Mein Name ist v. d. Heydt aus Elberfeld, Sie kennen mich?" "Ja wohl," antwortete der Beamte, "Sie sind Banquier." "Der andere Herr ist mein Bruder, Kaufmann, August v. d. Heydt, Sie werden meinen Worten glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir nichts Steuerbares bei uns haben. Herr Schütte kann uns das bezeugen, er hat mit uns in einem Gasthofe in Rotterdam gewohnt." (Davon war natürlich kein Wort wahr.)

Der Beamte besteht auf die Durchsuchung, weil es seine Pflicht sei. ""Der jetzige Minister Daniel v. d. Heydt gibt sein Ehrenwort, daß nichts Steuerbares in beiden Koffern vorhanden sei.""

Trotz des Ehrenwortes werden die Koffer untersucht. Beide sind voll englischer Schmuggelwaaren. Daniel v. d. Heydt muß drei Tausend Thaler Strafe zahlen, und um abreisen zu können, einen Wechsel auf Elberfeld ausstellen

Trotz seines gebrochenen Ehrenwortes sitzt Daniel v. d. Heydt heute am Ministertische Sr. Majestät des Königs von Preußen.

Die Ablehnung der Kaiserkrone schreibt man unter Anderm besonders dem österreichischen Gesandten, Ritter Prokesch von Osten, zu. Prokesch, einer der feinsten Weltmänner, ausgezeichnet durch einen glänzenden Namen, mit einem großen politisch-romantischen Schimmer, gewann sehr bald einen unbedingten Einfluß bei dem König, der selbst dem Ministerium bedenklich wurde. Der Oestreicher hat seine mittelalterlichen Neigungen zu benutzen gewußt, und ihm die Rolle eines Friedensfürsten, der berufen sei, überall die Anarchie zu unterdrücken, so lockend ausgemalt, daß der König nicht zweifelte, die quasi-revolutionäre Kaiserkrone hinwegzustoßen und mit Oesterreich im besten Einverständniß zu bleiben.

Die Deputation der Paulskirche hat in corpore die Einladung zu einem Diner abgelehnt, welches bei dem Prinzen von Preußen heute ihnen zu Ehren stattfinden sollte.

Die Kammer der Intelligenz, die Kammer der Herren, hat gestern einen Auftritt erlebt, wie dem zwischen Proudhon und Pyat, über den die konstitutionellen Journale so höhnisch die Nase zu rümpfen wußten.

In der Abendsitzung der ersten Kammer wurde bekanntlich nach Verlesung der Note von der Linken der Antrag gestellt, den am Vormittag gefaßten Beschluß wieder umzuwerfen, und morgen eine außerordentliche Sitzung zu halten. Die Rechte, als sie sah, daß sie in der Minorität bleiben würde, war unehrenhaft genug, nach Art ihrer Gesinnungsgenossen in der vormaligen Nationalversammlung, durch Verlassen des Saales die Kammer unbeschlußfähig zu machen. Empört darüber, ruft Fischer aus Breslau im Vorsaal: "Aber, meine Herrn, Sie gehen fort, und wir stehen doch einem gemeinsamen Feinde gegenüber." ... "Was!" rief der Graf York ihm zu, faßte ihn heftig an dem Rock und schüttelte ihn, "Sie reden von gemeinschaftlichem Feinde? Wir haben gar keinen Feind..." Fischer sucht ihn los zu werden. York wirft ihm den Handschuh ins Gesicht, und nun beginnt eine vollständige Prügelei die damit endigt, daß Fischer in die Kammer stürzt und erzählt, daß Ungeziemliches vorgegangen sei, wofür er zur Ordnung gerufen wurde.

So geht es her in der Blüthe preußischer Aristokratie!

* Berlin, 5. April.

Sitzung der zweiten Kammer.

Nach Verlesung des Protokolls zeigt Abg. Schramm an, daß eine Erklärung der Wahlmänner von Langensalza den vom Minister des Innern bei Gelegenheit der Adreß-Debatte mitgetheilten Bericht des dortigen Landrathsverwesers widerlege, nächstens sei eine ähnliche Erklärung des Magistrats und der Stadtverordneten zu erwarten.

Ueber das gestern angenommene Moritz'sche Amendement (s. unten) wird nochmals namentlich abgestimmt und dasselbe mit 135 gegen 133 Stimmen angenommen.

54 Abg. sind verreist:

Die von den Abg. Jung und Poninski angekündigten Interpellationen werden von den Interpellanten bis zur nächsten Sitzung zurückgezogen.

Pflücker interpellirt den Minister des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Arbeiten, was er für Regulirung des Oderflußbettes und der Oderschifffahrt thun wolle.

Der Minister v. d. Heydt erwidert, daß in diesem Jahre noch mehr als gewöhnlich für diesen Zweck geschehen werde.

Hierauf kommt man zur deutschen Frage.

Vinke als Berichterstatter verliest den gestern mitgetheilten Kommissionsbericht und die Adreßentwürfe.

Der Ministerpräsident macht die Mittheilung, daß gestern eine elegraphische Depesche von Frankfurt eingegangen, wonach sich die National-Versammlung bis zum 11. d. M. vertagt habe.

Vor Beginn der Diskussion tragen Schwerin und Genossen auf einfache Tagesordnung an.

Schwerin begründet diesen Antrag. Er spricht davon, daß es einen Standpunkt der Revolution gebe, von dem aus man alles Alte umstoßen wolle. Ein zweiter Standpunkt sei der der Contrerevolution, von dem aus man Alles wieder in das alte Geleise zurückführen wolle. Auf diesen beiden Standpunkten stehe er nicht. Er wolle das Alte mit dem Neuen vermitteln und so die Revolution abschließen. Der Weg, den das Ministerium eingeschlagen, den es sich in der Note vom 23. Januar vorgezeichnet und den es so glänzend durch die gestern mitgetheilte Note fortführe, habe seine ganze Zustimmung Daher sei er für den Uebergang der Tagesordnung.

Moritz: Die Augen ganz Europa's, ganz Deutschland's sind auf uns gerichtet, man will die Ansichten dieser hohen Versammlung erfahren und wir sollen zur Tagesordnung übergehen? Kein Deutscher kann das wollen. Es ist Zeit, daß wir endlich unsre Meinung offen und klar der Welt darlegen. Der vorige Redner sagte, daß er nicht auf dem Standpunkte der Revolution stehe. War das aber nicht revolutionär, als er im vorigen Jahre die dreifarbige Fahne aufpflanzen ließ? (Schwerin vom Platze aus: "Das werde ich heute auch noch thun." -- Moritz: "Wenn es Wrangel erlaubt!") Der Redner will durchaus eine Adresse angenommen sehen und wird sich gegen alle Tagesordnungen und motivirte Tagesordnungen erheben.

Der Antrag auf Tagesordnung wird verworfen.

Vinke als Berichterstatter erhält zuerst das Wort und betrachtet die Politik, welches das Ministerium eingeschlagen, als eine entschieden verderbliche. Den Weg, den es einschlagen will, sei ein sehr langweiliger, denn die Zusammenberufung der Bevollmächtigten der deutschen Regierungen nach Frankfurt sei nur der Anfang vom Ende, dann ginge erst die Vereinbarung los. Das Ministerium läßt aber nicht erwarten, daß es seine Politik ändern werde, es wird vielmehr Se. Majestät in die größten Verwicklungen und Unannehmlichkeiten bringen. Daher bin ich jetzt nicht mehr für die von mir vorgeschlagene Adresse, nach der Note vom 3. d. habe ich dem Ministerium ein vollkommenes Mißtrauensvotum geben wollen, welches ich in meiner heutigen motivirten Tagesordnung ausspreche. Wir müssen der Welt zeigen, daß wir Deutsche sind und die deutsche Einheit wollen.

Löher spricht sich entschieden gegen das jetzt befolgte System der Contrerevolution aus. Wenn man nicht durch demokratische Institutionen das Volk beruhige, wenn man es im Gegentheil mit der alten Willkürherrschaft unterdrückt, so wird es sich einst wieder mit aller Kraft erheben. Daher erkenne man die deutsche Reichsverfassung an

Waldeck: Als vor einigen Tagen eine Adresse an Sr. Maj. beschlossen wurde, erklärten sich meine Freunde und ich, gegen jede Adresse. Seitdem hat das Ministerium uns Mittheilungen gemacht, auf die wir nun genöthigt sind, unsere Ansicht auszusprechen. Daß das Ministerium den Panzer der Reaktion, den es schon von seinen Vorgängern geerbt hat und den es noch mehr stählte, nicht ablegen will, darin werden Sie mir beistimmen. Wir haben von diesem Ministerium nichts anders erwartet. Sie m. H. zur Rechten, riefen vorgestern: das Vaterland ist in Gefahr. Sie sind enttäuscht worden. Wir waren es nicht, denn wir hatten uns nicht getäuscht. Schon am 2. November und noch früher riefen wir, das Vaterland ist in Gefahr. Von diesem Ministerium erwarteten wir nichts anderes. Es wird einen Art. 105 in die deutsche Verfassung hinein bringen wollen... Was wir aber wollen? Wir wollen eine unter dem Einfluß des Volkes stehende Regierung. Ist es nicht besser, wenn ein Fürst unter diesem Einfluß steht, als unter dem der Junker, Pfaffen und Pietisten. War etwa Ferdinand VII. freier, weil er von Priester, hohem Adel und Kamarilla gegängelt wurde. Nicht die absoluten Fürsten sind die freien. -- Der Redner geht auf das Heer über, wie es jetzt mißbraucht wird, und wie es sein sollte. Seine geistvolle, glänzende Rede, die trotz ihrer ungewöhnlichen Länge bei todtenstillem Hause angehört wurde, wurde nur durch einige Mißfallsbezeigungen der äußersten Rechten und oft wiederholtem langen Beifallklatschen der Linken unterbrochen. Als der Redner von den demokratischen Bestrebungen Dessau's und Mecklenburg's lobend sprach, lachten Bismark und Kleist-Retzow. Da wandte sich Waldeck zu ihnen hin und sprach, daß nur Mitglieder des Junkerparlaments über die Bestrebungen der Mecklenburger sich von der Junkerherrschaft zu befreien, lachen könnten und daß sie einen deutschen Kaiser wünschten, welcher diese Junkerherrschaft wieder herstelle. -- Der Redner erklärt sich gegen jede Adresse.

Kirchmann sagt, daß er im Wesentlichen mit den Ansichten Waldeck's übereinstimme, daß er jedoch für eine Adresse und gegen jede motivirte Tagesordnung sich aussprechen musse, da man bestimmt sagen müsse, was wir wollen in der deutschen Frage. Wenn wir Sr. Maj. in einer Adresse erklären, daß wir mit den Grundsätzen Seiner Regierung nicht übereinstimmen, so kann das weiter nichts zur Folge haben, als den Rücktritt des Ministeriums. Die Krone wird dadurch nicht berührt.

Minister Manteuffel: Es ist dem Ministerium von dieser (linken) Seite des Hauses gesagt worden, es werde, wenn es heute ein Mißtrauensvotum erhalte, so wenig zurücktreten, als im November. Das ist insoweit richtig, als das Ministerium damals eine Maßregel durchführte, die ihrer Natur nach von der National-Versammlung gemißbilligt werden mußte. Jetzt sind wir in einem gleichen Fall. Wer auf dem Standpunkt der Volkssouveränetät steht, wird die unbedingte Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse verlangen. Wir halten aber die Rechte der Fürsten für gleichberechtigt neben der Volkssouveränetät, deshalb mußten wir die Annahme der Kaiserkrone von der Zustimmung der Fürsten abhängig zu machen. Wir müssen dieses Princip festhalten und werden auch ferner daran halten.

v. Berg: Die Frankfurter Versammlung hat eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen, das ist ihre Aufgabe. Aber sich mit den einzelnen Fürsten in Unterhandlungen über ihre Partikular-Interessen einzulassen, das ist ihr Beruf nicht. Er theilt die Note mit, welche die Frankfurter Deputation gestern an das Ministerium absandte. Die Note sieht die Antwort des Königs als ablehnend an, weil die National-Versammlung nur nach der Annahme der ganzen Verfassung zur Wahl eines Oberhauptes schritt und nur durch Anerkennung der von der National-Versammlung verkündeten Verfassung könne man die Wahl annehmen. Da aber in der Antwort Sr. Majestät eine Nichtanerkennung der Verfassung liege, so könne diese Antwort auch nur als ablehnend angesehen werden. -- Sich gegen Vincke und Genossen wendend: Sie wollen, daß wir dem Ministerium mit Ihnen ein Mißtrauensvotum geben sollen. Aber das thaten wir schon beim Eintritt des Ministeriums. Das Ministerium trat damals nicht zurück. Es erklärte damit, daß es kein Mißtrauensvotum achte. Sie haben das Ministerium bisher gestützt und es für konstitutionell anerkannt. Jetzt wollen Sie ein anderes Ministerium. Was soll uns ein solches, wenn es das Prinzip des vorigen anerkannte.

Manteuffel: Das Ministerium hat gestern von der Frankfurter Deputation die von dem letzten Redner verlesene Note erhalten. Aber die Deputation ist nicht die National-Versammlung und deshalb hat das Ministerium diese Note auch nur mit der Mittheilung der Cirkularnote beantwortet. Der Berichterstatter sagte, Se. Maj. müsse sich ein deutscheres Ministerium schaffen. Wir halten uns für deutsch in alle dem was wir der Krone rathen.

D'Ester: Ich kenne nur zwei Staatsformen, die Demokratie und den Absolutismus. Wenn man wie Graf Schwerin vermitteln will, so betrügt man sich selbst. Denn man steht entweder noch auf dem absoluten Boden und heuchelt Demokratie, oder man steht auf demokratischem Standpunkte und bemüht sich wiederwillen, das soviel wie möglich zu verleugnen. Ich glaube dem Grafen Schwerin, daß er noch so denkt wie in den Märztagen. Das Märzministerium, dessen Mitglied er war, hat ja eben die Vereinbarung erfunden. Hr. v. Vincke, der jetzt seine Adresse zurückzieht und dafür eine motivirte Tagesordnung, welche ein Mißtrauensvotum enthält, [Fortsetzung]

[Fortsetzung] besessen, seynd die Bauern mit grimmigen Speeren vor das Schloß gezogen und haben deklariret, daß der fürstliche Schnaps unwürdiglich schlecht sei, was Serenissimus geleugnet, aber nichts geholffen, denn alle Vorrechte seynd Ihme genommen und die Privilegien von Lippe Bückeburg gehören an dem Meere der Verflossenheit.

Als die Fürsten aber gesehn, daß es ihnen also hart zu Leibe ging, seynd sie in sich gegangen und haben gute Min zu bößem Spiel gemacht. Haben demnach gepotten, gesetzt und gefestnet, daß gleichsamb zu einem Reichstag wie früher in Nüremberg, in Augspurg und so ferner, jetzt die Statt Frankfurt zu einer großen National Versammlung der Teutschen mit Vertrettern beschickt werde, damit durch Gotts des Allmächtigen Hilf und durch guter Freund Ränk, die Sach in die Läng gezogen und etwan eine andre güldine Bull verffertigt werde zu gemeinem Nutz, vornemblich der Fürsten.

Also seynd denn in Frankfurt arriviret Leut aller Koulören. Da aber dieß Statt ein sehr fröhlicher Ort ist, an frischen Wässern, mit gesunder Lufft, lustigen umbligenden Buschen und fruchtbarem Erdkreis, so hat den wohllöblichen Volksvertrettern solcher Aufenthalt gar wol gefallen. Da sie aber durch des Volcks Gunst nur drey Thaler per diem vor ihr Arbeit und Plansir bezogen, so mögt leicht anzunehmen sein, daß sie nicht stets des besten Weins genossen, was ihnen als teutschen Männern sehr an Geist und Spiritus geschadet und ihre Debatten often seltsam schlimm gemacht.

Haben indeß tapffer diskurirt und seynd gesessen gewesen in Sanct Pauli Kirch, menniglich bekannt und abkonterfeit auf Pfeiffenköpfen und Tassen der Welt zu großer Erlustigung.

Die vornemblichsten dieser teutschen Männer seynd in Reihen abgetheilt und schelten sich aber folgendermassen:

Zum ersten seynd sie separirt nach Rechten, Linken und Mittelpünckten; ein alterthumblich parliamentarisch usus desgleichen wol stammen mag aus Engelland oder Francken. Richtiger seynd sie indeß zu trennen nach jenen locis, id est Wirths-Gast- und übrigen Häußern, darinnen sie zur Sterkung ihres Geists und Leips des kühlen Weins geneußen nebst lieblicher Speißen. Diese Trennung ist originaliter rein teutsch. Zu nennen were in solchem Bezug das Cassino, der Landsperg, die Hall des Westen End's, daß Kaffehauß Milani, der Wirtemperger- der Augspurger- der Teutsche- und der Nüremberger Hof, zusampt dem Tonnersberg, ein untergeordnet, wohlfeil Kneipchen.

Da ist zu sehn von Seiten des Cassino zum Exempel der Staatssecretarius Bassermann, ein länglich Mann mit wenig Stirn so früher in Mannheimb als Antiquarius libraris bankruptiret; der Minister Beckerath, ein Crevelder Wechsler oder Bankir, solcher Geld zu niedrigem Wucherzinß leiht und fromm von Sinnsbildung ist; der gelahrte Professor Dahlmanus, dessen Antlitz gleichet dem Essigschwamb, womit man Christum am Kreuze geträncket; Heckscher, so gen Turin gesendet ward, des Advokaten-handwercks kundig und so schon einmal vom bößen Bolck der Strick den Hals umbgelegt worden. Mevissen, so früherhin in Linnengarn that und sich fast sehr herausgewickelt; Raumer, ein unglücklich Mensch, und als Gesandter nach Parys von keinen Lorbeeren; von Schmerling, Reichsminister, so das ganze Parliament teutscher Nation während sechs Monat an der Nasen herumbgeführet hat. Simbson aus Königsberg, des heiligen römischen Reichs Eselskinnbacken; Soiron, vulgo Auriga cerevisialis. Vom Augspurger Hof ist aber zu melden Biedermannn, ein geringer Litteratus aus Leipzig. Vom Landsberg: Wilhelmus Jordan, ein arm Reimschmied. Aus dem Kaffehauß Milani: der muthig Ritter Finck, Taurus parlamentaris; von Radowitz, ein fein Mann, so die Flöh husten hört. Aus dem Westen-End Raveaux, der bekennt kölnisch Funck; Jacobus Venedey, Lacrima imperialis. Aus dem Teutschen Hof: Rösler, Canarius parlamentaris; aus dem Tonnersberg aber der bärtig Schlöffel, ein grimmig Mann, so von sein Feind Hyäna parlamentaris geheißet ist. Von selbsten versteht es sich, daß in all Separationen viel ehrliche Leut' seynd, womit den überhaupt des heilig römische Reich wunderlich gesegnet. Vatter Jahn bettelt an der Pfordten.

Ueber allen Vertrettern sitzet aber angethan in ein schwartz manierlich Kleit, der President, der edel Gaggern, so die Sage geht, der von Zews stamme, als er reißend ein oberländisch Nympff beschlaffen. Der edel Gaggern leutet mit ein stürmisch Glock und dann schweigt Alles sämptlich und nur ein simpel Mann erhebt sich und hält sein Sermon, je der Weill.

Dieß seynd die teutschen Männer, so gen Frankfurt gesant durch der Fürsten Gunst und für des gemeinen Volcks Gelt, zu retten das teutsche Land aus Konfusion und Zerwürfnuß und wiederumb auf die Bein zu helffen dem heilig römischen Reich. Viel unruhig Leut seynd mit untergeloffen, als man solche Vertretter erwöhlet und wenn sich der edlen Fürsten Freund rechts gesatzt und die Halbmenschen die Mittelpünckt eingenommen, so seynd des Teuffels Böck links erblicket, zur Aergernuß viel Gerechter.

Mittlerweil ist aber bei all dem Reden und Gethön der hailig Geist Gotts über sie kommen, und hat mit ander weltlich Ursach auf sie eingewürckt, daß schlüßlich die eingeborne Sanfftmut teutschen Bluts bei ihnen zum Durchbruch erlangt und der Geist der Versöhnung wundersamb einzig aus der Verwildernuß emporgeschwebet ist. Ausgelassen einig unverbesserlich Böck, seynd daher die meist darin eingekommen, daß dieß Parliament in Frankfurt nichts vorstell als ein Reichstag, wie man sie im teutschen Alterthumb gekennt zu Nüremberg oder zu Augspurg.

Und gleich Keyser Karl IV haben sie den hassigen sathan verfluchet, so Adam vom paradyß geworffen, und den Zorn so Pompeyum und Julium zu hefftigem Streit erwecket, und die unkeuschheit so Troy zerstört, und die Tailung und Unuinigkeit, alls Bösen Kern, so auch das alt teutsch christlich kaiserthumb zernicht hat. Und sind wie Keyser Carol mit sich zu Rath gangen und haben [Fortsetzung]

[Deutschland]
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* Berlin, 5. April.

Das Verhältniß der Parteien zu der deutschen Frage möchte sich in folgender Weise gestaltet haben:

Die äußerste Rechte wünscht den alten Bund zurück, und ist begeistert für die Antwort des Königs. Dazu stimmen die von Ulrich eingebrachte motivirte Tagesordnung und der Jubel der „Neuen Preußischen,“ die dem König endlich seine Schwäche am 19. März 1848 für seine feste Haltung am 3. April 1849 verzeiht.

Die eigentliche Rechte wollte, daß der König vorläufig unbedingt annehme unter Vorbehalt der Zustimmung der deutschen Regierungen. Die Verfassung muß nach ihrer Ansicht allerdings revidirt werden, aber das kommt dem nächsten deutschen Parlament zu. Aber in ihrem Lager ist Zwietracht, Herr von Auerswald möchte gern eine eigene Partei bilden, er würde sich eventuell dem Kirchmann'schen Adreßentwurf anschließen.

— Die Centren sind natürlich am meisten geschlagen, weil sie die größten Anstrengungen für die Einheit gemacht haben.

Die äußerste Linke findet ihren Ausdruck in ihrer motivirten Tagesordnung.

Die Ultramontanen, Bloemer, Schneeweiß, Osterrath etc., sind gegen das protestantische Kaiserthum, von dem sie Gefahren für ihre religiösen Interessen fürchten.

Obgleich Gerüchte verbreitet wurden vom nahen Zurücktritt des Ministeriums, so sah man es den Gesichtern der Herren am grünen Tische an, daß sie sich niemals wohler gefühlt haben. Brandenburg und selbst Manteuffel unterhielten sich, wie es schien, sehr angenehm. Auf dem breiten Gesicht des Ersteren sah man ein gemüthliches, auf dem des Anderen ein höchst satyrisches Lächeln die ganze Sitzung über.

Wir sind glücklich wieder in die alte schöne Zeit zurückgekommen, in der man patriotische Demonstrationen in das Theater verlegt. Vorgestern Abend wurde im Opernhause von einer bezahlten Clique nach dem „deutschen Vaterland“ gerufen. Auf dieses Zeichen regnete es Texte, der Vorhang flog auf und es erschien der ganze Sängerchor in schwarzen Fracks, weißen Glacehandschuhen u. s. w., und erfüllte den Wunsch. Leider hat der teutsche Küstner wenig Dank, man ist bei Hofe sehr empört über diese voreilige Demonstration.

Im „Götz von Berlichingen“ hat man gestern Abend selbst den armen Göthe mit Einschiebseln nicht verschont. Bei der Stelle welche ungefähr heißt: „Es lebe der Kaiser, er möge Ordnung in Deutschland schaffen,“ variirte man: „Er möge mit den deutschen Fürsten Ordnung machen.“

Gestern begab sich der ehemalige Lieutenant v. Mauschewitz in das Redaktionszimmer der N. Pr. Z., um Rechenschaft zu fordern für die gemeinen, schmachvollen und lügenhaften Schmähungen und Verdächtigungen, mit den ihn sonst jede Nummer dieses ehrlosen Blattes überhäufte. Herr Wagner, der Redakteur, verweigerte natürlich, wie sehr er auch sonst die Feigheit der Demokraten zu verhöhnen pflegt, jede Genugthuung. Hierüber erbittert, gab ihm Hr. v. Mauschewitz einen Schlag auf den Kopf.

Als Bodelschwingh mit frecher Verhöhnung des Volkes, welches ihn vom Strange, der ihm von Rechtswegen zukam, zur Verbannung begnadigte, den Kampf der Berliner einen entehrenden Straßenkampf nannte, erhob sich die Linke. „Er ist Verräther, hieß es, „er entehrt die Tribüne“ — „herunter mit dem Schuft!“ — „Er ist ein Schurke!“ — „Es ist eine Schande, mit ihm zusammenzusitzen.“ — Die Sitzung mußte suspendirt werden.“

In der Mitte des Jahres 1844 reisten die beiden Gebrüder v. d. Heydt mit dem nachher bekannten Dr. Schütte mit der Post von Rotterdam nach der preuß. Gränze. In Emmerich wurden sie natürlich von den Zollbeamten angehalten. Bei Dr. Schütte fand sich keine Contrebande, die beiden Brüder aus Elberfeld hatten jeder einen großen englischen Koffer bei sich, der die Aufmerksamkeit der Zollbeamten sogleich erregte. Daniel, der jetzige große Handelsminister, wandte sich an den Steuerbeamten und sagte: „Mein Name ist v. d. Heydt aus Elberfeld, Sie kennen mich?“ „Ja wohl,“ antwortete der Beamte, „Sie sind Banquier.“ „Der andere Herr ist mein Bruder, Kaufmann, August v. d. Heydt, Sie werden meinen Worten glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir nichts Steuerbares bei uns haben. Herr Schütte kann uns das bezeugen, er hat mit uns in einem Gasthofe in Rotterdam gewohnt.“ (Davon war natürlich kein Wort wahr.)

Der Beamte besteht auf die Durchsuchung, weil es seine Pflicht sei. „„Der jetzige Minister Daniel v. d. Heydt gibt sein Ehrenwort, daß nichts Steuerbares in beiden Koffern vorhanden sei.““

Trotz des Ehrenwortes werden die Koffer untersucht. Beide sind voll englischer Schmuggelwaaren. Daniel v. d. Heydt muß drei Tausend Thaler Strafe zahlen, und um abreisen zu können, einen Wechsel auf Elberfeld ausstellen

Trotz seines gebrochenen Ehrenwortes sitzt Daniel v. d. Heydt heute am Ministertische Sr. Majestät des Königs von Preußen.

Die Ablehnung der Kaiserkrone schreibt man unter Anderm besonders dem österreichischen Gesandten, Ritter Prokesch von Osten, zu. Prokesch, einer der feinsten Weltmänner, ausgezeichnet durch einen glänzenden Namen, mit einem großen politisch-romantischen Schimmer, gewann sehr bald einen unbedingten Einfluß bei dem König, der selbst dem Ministerium bedenklich wurde. Der Oestreicher hat seine mittelalterlichen Neigungen zu benutzen gewußt, und ihm die Rolle eines Friedensfürsten, der berufen sei, überall die Anarchie zu unterdrücken, so lockend ausgemalt, daß der König nicht zweifelte, die quasi-revolutionäre Kaiserkrone hinwegzustoßen und mit Oesterreich im besten Einverständniß zu bleiben.

Die Deputation der Paulskirche hat in corpore die Einladung zu einem Diner abgelehnt, welches bei dem Prinzen von Preußen heute ihnen zu Ehren stattfinden sollte.

Die Kammer der Intelligenz, die Kammer der Herren, hat gestern einen Auftritt erlebt, wie dem zwischen Proudhon und Pyat, über den die konstitutionellen Journale so höhnisch die Nase zu rümpfen wußten.

In der Abendsitzung der ersten Kammer wurde bekanntlich nach Verlesung der Note von der Linken der Antrag gestellt, den am Vormittag gefaßten Beschluß wieder umzuwerfen, und morgen eine außerordentliche Sitzung zu halten. Die Rechte, als sie sah, daß sie in der Minorität bleiben würde, war unehrenhaft genug, nach Art ihrer Gesinnungsgenossen in der vormaligen Nationalversammlung, durch Verlassen des Saales die Kammer unbeschlußfähig zu machen. Empört darüber, ruft Fischer aus Breslau im Vorsaal: „Aber, meine Herrn, Sie gehen fort, und wir stehen doch einem gemeinsamen Feinde gegenüber.“ … „Was!“ rief der Graf York ihm zu, faßte ihn heftig an dem Rock und schüttelte ihn, „Sie reden von gemeinschaftlichem Feinde? Wir haben gar keinen Feind…“ Fischer sucht ihn los zu werden. York wirft ihm den Handschuh ins Gesicht, und nun beginnt eine vollständige Prügelei die damit endigt, daß Fischer in die Kammer stürzt und erzählt, daß Ungeziemliches vorgegangen sei, wofür er zur Ordnung gerufen wurde.

So geht es her in der Blüthe preußischer Aristokratie!

* Berlin, 5. April.

Sitzung der zweiten Kammer.

Nach Verlesung des Protokolls zeigt Abg. Schramm an, daß eine Erklärung der Wahlmänner von Langensalza den vom Minister des Innern bei Gelegenheit der Adreß-Debatte mitgetheilten Bericht des dortigen Landrathsverwesers widerlege, nächstens sei eine ähnliche Erklärung des Magistrats und der Stadtverordneten zu erwarten.

Ueber das gestern angenommene Moritz'sche Amendement (s. unten) wird nochmals namentlich abgestimmt und dasselbe mit 135 gegen 133 Stimmen angenommen.

54 Abg. sind verreist:

Die von den Abg. Jung und Poninski angekündigten Interpellationen werden von den Interpellanten bis zur nächsten Sitzung zurückgezogen.

Pflücker interpellirt den Minister des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Arbeiten, was er für Regulirung des Oderflußbettes und der Oderschifffahrt thun wolle.

Der Minister v. d. Heydt erwidert, daß in diesem Jahre noch mehr als gewöhnlich für diesen Zweck geschehen werde.

Hierauf kommt man zur deutschen Frage.

Vinke als Berichterstatter verliest den gestern mitgetheilten Kommissionsbericht und die Adreßentwürfe.

Der Ministerpräsident macht die Mittheilung, daß gestern eine elegraphische Depesche von Frankfurt eingegangen, wonach sich die National-Versammlung bis zum 11. d. M. vertagt habe.

Vor Beginn der Diskussion tragen Schwerin und Genossen auf einfache Tagesordnung an.

Schwerin begründet diesen Antrag. Er spricht davon, daß es einen Standpunkt der Revolution gebe, von dem aus man alles Alte umstoßen wolle. Ein zweiter Standpunkt sei der der Contrerevolution, von dem aus man Alles wieder in das alte Geleise zurückführen wolle. Auf diesen beiden Standpunkten stehe er nicht. Er wolle das Alte mit dem Neuen vermitteln und so die Revolution abschließen. Der Weg, den das Ministerium eingeschlagen, den es sich in der Note vom 23. Januar vorgezeichnet und den es so glänzend durch die gestern mitgetheilte Note fortführe, habe seine ganze Zustimmung Daher sei er für den Uebergang der Tagesordnung.

Moritz: Die Augen ganz Europa's, ganz Deutschland's sind auf uns gerichtet, man will die Ansichten dieser hohen Versammlung erfahren und wir sollen zur Tagesordnung übergehen? Kein Deutscher kann das wollen. Es ist Zeit, daß wir endlich unsre Meinung offen und klar der Welt darlegen. Der vorige Redner sagte, daß er nicht auf dem Standpunkte der Revolution stehe. War das aber nicht revolutionär, als er im vorigen Jahre die dreifarbige Fahne aufpflanzen ließ? (Schwerin vom Platze aus: „Das werde ich heute auch noch thun.“ — Moritz: „Wenn es Wrangel erlaubt!“) Der Redner will durchaus eine Adresse angenommen sehen und wird sich gegen alle Tagesordnungen und motivirte Tagesordnungen erheben.

Der Antrag auf Tagesordnung wird verworfen.

Vinke als Berichterstatter erhält zuerst das Wort und betrachtet die Politik, welches das Ministerium eingeschlagen, als eine entschieden verderbliche. Den Weg, den es einschlagen will, sei ein sehr langweiliger, denn die Zusammenberufung der Bevollmächtigten der deutschen Regierungen nach Frankfurt sei nur der Anfang vom Ende, dann ginge erst die Vereinbarung los. Das Ministerium läßt aber nicht erwarten, daß es seine Politik ändern werde, es wird vielmehr Se. Majestät in die größten Verwicklungen und Unannehmlichkeiten bringen. Daher bin ich jetzt nicht mehr für die von mir vorgeschlagene Adresse, nach der Note vom 3. d. habe ich dem Ministerium ein vollkommenes Mißtrauensvotum geben wollen, welches ich in meiner heutigen motivirten Tagesordnung ausspreche. Wir müssen der Welt zeigen, daß wir Deutsche sind und die deutsche Einheit wollen.

Löher spricht sich entschieden gegen das jetzt befolgte System der Contrerevolution aus. Wenn man nicht durch demokratische Institutionen das Volk beruhige, wenn man es im Gegentheil mit der alten Willkürherrschaft unterdrückt, so wird es sich einst wieder mit aller Kraft erheben. Daher erkenne man die deutsche Reichsverfassung an

Waldeck: Als vor einigen Tagen eine Adresse an Sr. Maj. beschlossen wurde, erklärten sich meine Freunde und ich, gegen jede Adresse. Seitdem hat das Ministerium uns Mittheilungen gemacht, auf die wir nun genöthigt sind, unsere Ansicht auszusprechen. Daß das Ministerium den Panzer der Reaktion, den es schon von seinen Vorgängern geerbt hat und den es noch mehr stählte, nicht ablegen will, darin werden Sie mir beistimmen. Wir haben von diesem Ministerium nichts anders erwartet. Sie m. H. zur Rechten, riefen vorgestern: das Vaterland ist in Gefahr. Sie sind enttäuscht worden. Wir waren es nicht, denn wir hatten uns nicht getäuscht. Schon am 2. November und noch früher riefen wir, das Vaterland ist in Gefahr. Von diesem Ministerium erwarteten wir nichts anderes. Es wird einen Art. 105 in die deutsche Verfassung hinein bringen wollen… Was wir aber wollen? Wir wollen eine unter dem Einfluß des Volkes stehende Regierung. Ist es nicht besser, wenn ein Fürst unter diesem Einfluß steht, als unter dem der Junker, Pfaffen und Pietisten. War etwa Ferdinand VII. freier, weil er von Priester, hohem Adel und Kamarilla gegängelt wurde. Nicht die absoluten Fürsten sind die freien. — Der Redner geht auf das Heer über, wie es jetzt mißbraucht wird, und wie es sein sollte. Seine geistvolle, glänzende Rede, die trotz ihrer ungewöhnlichen Länge bei todtenstillem Hause angehört wurde, wurde nur durch einige Mißfallsbezeigungen der äußersten Rechten und oft wiederholtem langen Beifallklatschen der Linken unterbrochen. Als der Redner von den demokratischen Bestrebungen Dessau's und Mecklenburg's lobend sprach, lachten Bismark und Kleist-Retzow. Da wandte sich Waldeck zu ihnen hin und sprach, daß nur Mitglieder des Junkerparlaments über die Bestrebungen der Mecklenburger sich von der Junkerherrschaft zu befreien, lachen könnten und daß sie einen deutschen Kaiser wünschten, welcher diese Junkerherrschaft wieder herstelle. — Der Redner erklärt sich gegen jede Adresse.

Kirchmann sagt, daß er im Wesentlichen mit den Ansichten Waldeck's übereinstimme, daß er jedoch für eine Adresse und gegen jede motivirte Tagesordnung sich aussprechen musse, da man bestimmt sagen müsse, was wir wollen in der deutschen Frage. Wenn wir Sr. Maj. in einer Adresse erklären, daß wir mit den Grundsätzen Seiner Regierung nicht übereinstimmen, so kann das weiter nichts zur Folge haben, als den Rücktritt des Ministeriums. Die Krone wird dadurch nicht berührt.

Minister Manteuffel: Es ist dem Ministerium von dieser (linken) Seite des Hauses gesagt worden, es werde, wenn es heute ein Mißtrauensvotum erhalte, so wenig zurücktreten, als im November. Das ist insoweit richtig, als das Ministerium damals eine Maßregel durchführte, die ihrer Natur nach von der National-Versammlung gemißbilligt werden mußte. Jetzt sind wir in einem gleichen Fall. Wer auf dem Standpunkt der Volkssouveränetät steht, wird die unbedingte Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse verlangen. Wir halten aber die Rechte der Fürsten für gleichberechtigt neben der Volkssouveränetät, deshalb mußten wir die Annahme der Kaiserkrone von der Zustimmung der Fürsten abhängig zu machen. Wir müssen dieses Princip festhalten und werden auch ferner daran halten.

v. Berg: Die Frankfurter Versammlung hat eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen, das ist ihre Aufgabe. Aber sich mit den einzelnen Fürsten in Unterhandlungen über ihre Partikular-Interessen einzulassen, das ist ihr Beruf nicht. Er theilt die Note mit, welche die Frankfurter Deputation gestern an das Ministerium absandte. Die Note sieht die Antwort des Königs als ablehnend an, weil die National-Versammlung nur nach der Annahme der ganzen Verfassung zur Wahl eines Oberhauptes schritt und nur durch Anerkennung der von der National-Versammlung verkündeten Verfassung könne man die Wahl annehmen. Da aber in der Antwort Sr. Majestät eine Nichtanerkennung der Verfassung liege, so könne diese Antwort auch nur als ablehnend angesehen werden. — Sich gegen Vincke und Genossen wendend: Sie wollen, daß wir dem Ministerium mit Ihnen ein Mißtrauensvotum geben sollen. Aber das thaten wir schon beim Eintritt des Ministeriums. Das Ministerium trat damals nicht zurück. Es erklärte damit, daß es kein Mißtrauensvotum achte. Sie haben das Ministerium bisher gestützt und es für konstitutionell anerkannt. Jetzt wollen Sie ein anderes Ministerium. Was soll uns ein solches, wenn es das Prinzip des vorigen anerkannte.

Manteuffel: Das Ministerium hat gestern von der Frankfurter Deputation die von dem letzten Redner verlesene Note erhalten. Aber die Deputation ist nicht die National-Versammlung und deshalb hat das Ministerium diese Note auch nur mit der Mittheilung der Cirkularnote beantwortet. Der Berichterstatter sagte, Se. Maj. müsse sich ein deutscheres Ministerium schaffen. Wir halten uns für deutsch in alle dem was wir der Krone rathen.

D'Ester: Ich kenne nur zwei Staatsformen, die Demokratie und den Absolutismus. Wenn man wie Graf Schwerin vermitteln will, so betrügt man sich selbst. Denn man steht entweder noch auf dem absoluten Boden und heuchelt Demokratie, oder man steht auf demokratischem Standpunkte und bemüht sich wiederwillen, das soviel wie möglich zu verleugnen. Ich glaube dem Grafen Schwerin, daß er noch so denkt wie in den Märztagen. Das Märzministerium, dessen Mitglied er war, hat ja eben die Vereinbarung erfunden. Hr. v. Vincke, der jetzt seine Adresse zurückzieht und dafür eine motivirte Tagesordnung, welche ein Mißtrauensvotum enthält, [Fortsetzung]

[Fortsetzung] besessen, seynd die Bauern mit grimmigen Speeren vor das Schloß gezogen und haben deklariret, daß der fürstliche Schnaps unwürdiglich schlecht sei, was Serenissimus geleugnet, aber nichts geholffen, denn alle Vorrechte seynd Ihme genommen und die Privilegien von Lippe Bückeburg gehören an dem Meere der Verflossenheit.

Als die Fürsten aber gesehn, daß es ihnen also hart zu Leibe ging, seynd sie in sich gegangen und haben gute Min zu bößem Spiel gemacht. Haben demnach gepotten, gesetzt und gefestnet, daß gleichsamb zu einem Reichstag wie früher in Nüremberg, in Augspurg und so ferner, jetzt die Statt Frankfurt zu einer großen National Versammlung der Teutschen mit Vertrettern beschickt werde, damit durch Gotts des Allmächtigen Hilf und durch guter Freund Ränk, die Sach in die Läng gezogen und etwan eine andre güldine Bull verffertigt werde zu gemeinem Nutz, vornemblich der Fürsten.

Also seynd denn in Frankfurt arriviret Leut aller Koulören. Da aber dieß Statt ein sehr fröhlicher Ort ist, an frischen Wässern, mit gesunder Lufft, lustigen umbligenden Buschen und fruchtbarem Erdkreis, so hat den wohllöblichen Volksvertrettern solcher Aufenthalt gar wol gefallen. Da sie aber durch des Volcks Gunst nur drey Thaler per diem vor ihr Arbeit und Plansir bezogen, so mögt leicht anzunehmen sein, daß sie nicht stets des besten Weins genossen, was ihnen als teutschen Männern sehr an Geist und Spiritus geschadet und ihre Debatten often seltsam schlimm gemacht.

Haben indeß tapffer diskurirt und seynd gesessen gewesen in Sanct Pauli Kirch, menniglich bekannt und abkonterfeit auf Pfeiffenköpfen und Tassen der Welt zu großer Erlustigung.

Die vornemblichsten dieser teutschen Männer seynd in Reihen abgetheilt und schelten sich aber folgendermassen:

Zum ersten seynd sie separirt nach Rechten, Linken und Mittelpünckten; ein alterthumblich parliamentarisch usus desgleichen wol stammen mag aus Engelland oder Francken. Richtiger seynd sie indeß zu trennen nach jenen locis, id est Wirths-Gast- und übrigen Häußern, darinnen sie zur Sterkung ihres Geists und Leips des kühlen Weins geneußen nebst lieblicher Speißen. Diese Trennung ist originaliter rein teutsch. Zu nennen were in solchem Bezug das Cassino, der Landsperg, die Hall des Westen End's, daß Kaffehauß Milani, der Wirtemperger- der Augspurger- der Teutsche- und der Nüremberger Hof, zusampt dem Tonnersberg, ein untergeordnet, wohlfeil Kneipchen.

Da ist zu sehn von Seiten des Cassino zum Exempel der Staatssecretarius Bassermann, ein länglich Mann mit wenig Stirn so früher in Mannheimb als Antiquarius libraris bankruptiret; der Minister Beckerath, ein Crevelder Wechsler oder Bankir, solcher Geld zu niedrigem Wucherzinß leiht und fromm von Sinnsbildung ist; der gelahrte Professor Dahlmanus, dessen Antlitz gleichet dem Essigschwamb, womit man Christum am Kreuze geträncket; Heckscher, so gen Turin gesendet ward, des Advokaten-handwercks kundig und so schon einmal vom bößen Bolck der Strick den Hals umbgelegt worden. Mevissen, so früherhin in Linnengarn that und sich fast sehr herausgewickelt; Raumer, ein unglücklich Mensch, und als Gesandter nach Parys von keinen Lorbeeren; von Schmerling, Reichsminister, so das ganze Parliament teutscher Nation während sechs Monat an der Nasen herumbgeführet hat. Simbson aus Königsberg, des heiligen römischen Reichs Eselskinnbacken; Soiron, vulgo Auriga cerevisialis. Vom Augspurger Hof ist aber zu melden Biedermannn, ein geringer Litteratus aus Leipzig. Vom Landsberg: Wilhelmus Jordan, ein arm Reimschmied. Aus dem Kaffehauß Milani: der muthig Ritter Finck, Taurus parlamentaris; von Radowitz, ein fein Mann, so die Flöh husten hört. Aus dem Westen-End Raveaux, der bekennt kölnisch Funck; Jacobus Venedey, Lacrima imperialis. Aus dem Teutschen Hof: Rösler, Canarius parlamentaris; aus dem Tonnersberg aber der bärtig Schlöffel, ein grimmig Mann, so von sein Feind Hyäna parlamentaris geheißet ist. Von selbsten versteht es sich, daß in all Separationen viel ehrliche Leut' seynd, womit den überhaupt des heilig römische Reich wunderlich gesegnet. Vatter Jahn bettelt an der Pfordten.

Ueber allen Vertrettern sitzet aber angethan in ein schwartz manierlich Kleit, der President, der edel Gaggern, so die Sage geht, der von Zews stamme, als er reißend ein oberländisch Nympff beschlaffen. Der edel Gaggern leutet mit ein stürmisch Glock und dann schweigt Alles sämptlich und nur ein simpel Mann erhebt sich und hält sein Sermon, je der Weill.

Dieß seynd die teutschen Männer, so gen Frankfurt gesant durch der Fürsten Gunst und für des gemeinen Volcks Gelt, zu retten das teutsche Land aus Konfusion und Zerwürfnuß und wiederumb auf die Bein zu helffen dem heilig römischen Reich. Viel unruhig Leut seynd mit untergeloffen, als man solche Vertretter erwöhlet und wenn sich der edlen Fürsten Freund rechts gesatzt und die Halbmenschen die Mittelpünckt eingenommen, so seynd des Teuffels Böck links erblicket, zur Aergernuß viel Gerechter.

Mittlerweil ist aber bei all dem Reden und Gethön der hailig Geist Gotts über sie kommen, und hat mit ander weltlich Ursach auf sie eingewürckt, daß schlüßlich die eingeborne Sanfftmut teutschen Bluts bei ihnen zum Durchbruch erlangt und der Geist der Versöhnung wundersamb einzig aus der Verwildernuß emporgeschwebet ist. Ausgelassen einig unverbesserlich Böck, seynd daher die meist darin eingekommen, daß dieß Parliament in Frankfurt nichts vorstell als ein Reichstag, wie man sie im teutschen Alterthumb gekennt zu Nüremberg oder zu Augspurg.

Und gleich Keyser Karl IV haben sie den hassigen sathan verfluchet, so Adam vom paradyß geworffen, und den Zorn so Pompeyum und Julium zu hefftigem Streit erwecket, und die unkeuschheit so Troy zerstört, und die Tailung und Unuinigkeit, alls Bösen Kern, so auch das alt teutsch christlich kaiserthumb zernicht hat. Und sind wie Keyser Carol mit sich zu Rath gangen und haben [Fortsetzung]

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        <head>[Deutschland]</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Lohnarbeit und Kapital, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 5. April.</head>
          <p>Das Verhältniß der Parteien zu der deutschen Frage möchte sich in folgender Weise gestaltet haben:</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">äußerste Rechte</hi> wünscht den alten Bund zurück, und ist begeistert für die Antwort des Königs. Dazu stimmen die von Ulrich eingebrachte motivirte Tagesordnung und der Jubel der &#x201E;Neuen Preußischen,&#x201C; die dem König endlich seine Schwäche am 19. März 1848 für seine feste Haltung am 3. April 1849 verzeiht.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">eigentliche Rechte</hi> wollte, daß der König vorläufig unbedingt annehme unter Vorbehalt der Zustimmung der deutschen Regierungen. Die Verfassung muß nach ihrer Ansicht allerdings revidirt werden, aber das kommt dem nächsten deutschen Parlament zu. Aber in ihrem Lager ist Zwietracht, Herr von Auerswald möchte gern eine eigene Partei bilden, er würde sich eventuell dem Kirchmann'schen Adreßentwurf anschließen.</p>
          <p>&#x2014; Die <hi rendition="#g">Centren</hi> sind natürlich am meisten geschlagen, weil sie die größten Anstrengungen für die Einheit gemacht haben.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">äußerste Linke</hi> findet ihren Ausdruck in ihrer motivirten Tagesordnung.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">Ultramontanen,</hi> Bloemer, Schneeweiß, Osterrath etc., sind gegen das protestantische Kaiserthum, von dem sie Gefahren für ihre religiösen Interessen fürchten.</p>
          <p>Obgleich Gerüchte verbreitet wurden vom nahen Zurücktritt des Ministeriums, so sah man es den Gesichtern der Herren am grünen Tische an, daß sie sich niemals wohler gefühlt haben. Brandenburg und selbst Manteuffel unterhielten sich, wie es schien, sehr angenehm. Auf dem breiten Gesicht des Ersteren sah man ein gemüthliches, auf dem des Anderen ein höchst satyrisches Lächeln die ganze Sitzung über.</p>
          <p>Wir sind glücklich wieder in die alte schöne Zeit zurückgekommen, in der man patriotische Demonstrationen in das Theater verlegt. Vorgestern Abend wurde im Opernhause von einer bezahlten Clique nach dem &#x201E;deutschen Vaterland&#x201C; gerufen. Auf dieses Zeichen regnete es Texte, der Vorhang flog auf und es erschien der ganze Sängerchor in schwarzen Fracks, weißen Glacehandschuhen u. s. w., und erfüllte den Wunsch. Leider hat der teutsche Küstner wenig Dank, man ist bei Hofe sehr empört über diese voreilige Demonstration.</p>
          <p>Im &#x201E;Götz von Berlichingen&#x201C; hat man gestern Abend selbst den armen Göthe mit Einschiebseln nicht verschont. Bei der Stelle welche ungefähr heißt: &#x201E;Es lebe der Kaiser, er möge Ordnung in Deutschland schaffen,&#x201C; variirte man: &#x201E;Er möge mit den deutschen Fürsten Ordnung machen.&#x201C;</p>
          <p>Gestern begab sich der ehemalige Lieutenant v. Mauschewitz in das Redaktionszimmer der N. Pr. Z., um Rechenschaft zu fordern für die gemeinen, schmachvollen und lügenhaften Schmähungen und Verdächtigungen, mit den ihn sonst jede Nummer dieses ehrlosen Blattes überhäufte. Herr Wagner, der Redakteur, verweigerte natürlich, wie sehr er auch sonst die Feigheit der Demokraten zu verhöhnen pflegt, jede Genugthuung. Hierüber erbittert, gab ihm Hr. v. Mauschewitz einen Schlag auf den Kopf.</p>
          <p>Als Bodelschwingh mit frecher Verhöhnung des Volkes, welches ihn vom Strange, der ihm von Rechtswegen zukam, zur Verbannung begnadigte, den Kampf der Berliner einen entehrenden Straßenkampf nannte, erhob sich die Linke. &#x201E;Er ist Verräther, hieß es, &#x201E;er entehrt die Tribüne&#x201C; &#x2014; &#x201E;herunter mit dem Schuft!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Er ist ein Schurke!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Es ist eine Schande, mit ihm zusammenzusitzen.&#x201C; &#x2014; Die Sitzung mußte suspendirt werden.&#x201C;</p>
          <p>In der Mitte des Jahres 1844 reisten die beiden Gebrüder v. d. Heydt mit dem nachher bekannten Dr. Schütte mit der Post von Rotterdam nach der preuß. Gränze. In Emmerich wurden sie natürlich von den Zollbeamten angehalten. Bei Dr. Schütte fand sich keine Contrebande, die beiden Brüder aus Elberfeld hatten jeder einen großen englischen Koffer bei sich, der die Aufmerksamkeit der Zollbeamten sogleich erregte. Daniel, der jetzige große Handelsminister, wandte sich an den Steuerbeamten und sagte: &#x201E;Mein Name ist v. d. Heydt aus Elberfeld, Sie kennen mich?&#x201C; &#x201E;Ja wohl,&#x201C; antwortete der Beamte, &#x201E;Sie sind Banquier.&#x201C; &#x201E;Der andere Herr ist mein Bruder, Kaufmann, August v. d. Heydt, Sie werden meinen Worten glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir nichts Steuerbares bei uns haben. Herr Schütte kann uns das bezeugen, er hat mit uns in einem Gasthofe in Rotterdam gewohnt.&#x201C; (Davon war natürlich kein Wort wahr.)</p>
          <p>Der Beamte besteht auf die Durchsuchung, weil es seine Pflicht sei. &#x201E;&#x201E;Der jetzige Minister Daniel v. d. Heydt gibt sein Ehrenwort, daß nichts Steuerbares in beiden Koffern vorhanden sei.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>Trotz des Ehrenwortes werden die Koffer untersucht. Beide sind voll englischer Schmuggelwaaren. Daniel v. d. Heydt muß drei Tausend Thaler Strafe zahlen, und um abreisen zu können, einen Wechsel auf Elberfeld ausstellen</p>
          <p>Trotz seines gebrochenen Ehrenwortes sitzt Daniel v. d. Heydt heute am Ministertische Sr. Majestät des Königs von Preußen.</p>
          <p>Die Ablehnung der Kaiserkrone schreibt man unter Anderm besonders dem österreichischen Gesandten, Ritter Prokesch von Osten, zu. Prokesch, einer der feinsten Weltmänner, ausgezeichnet durch einen glänzenden Namen, mit einem großen politisch-romantischen Schimmer, gewann sehr bald einen unbedingten Einfluß bei dem König, der selbst dem Ministerium bedenklich wurde. Der Oestreicher hat seine mittelalterlichen Neigungen zu benutzen gewußt, und ihm die Rolle eines Friedensfürsten, der berufen sei, überall die Anarchie zu unterdrücken, so lockend ausgemalt, daß der König nicht zweifelte, die quasi-revolutionäre Kaiserkrone hinwegzustoßen und mit Oesterreich im besten Einverständniß zu bleiben.</p>
          <p>Die Deputation der Paulskirche hat in corpore die Einladung zu einem Diner abgelehnt, welches bei dem Prinzen von Preußen heute ihnen zu Ehren stattfinden sollte.</p>
          <p>Die Kammer der Intelligenz, die Kammer der Herren, hat gestern einen Auftritt erlebt, wie dem zwischen Proudhon und Pyat, über den die konstitutionellen Journale so höhnisch die Nase zu rümpfen wußten.</p>
          <p>In der Abendsitzung der ersten Kammer wurde bekanntlich nach Verlesung der Note von der Linken der Antrag gestellt, den am Vormittag gefaßten Beschluß wieder umzuwerfen, und morgen eine außerordentliche Sitzung zu halten. Die Rechte, als sie sah, daß sie in der Minorität bleiben würde, war unehrenhaft genug, nach Art ihrer Gesinnungsgenossen in der vormaligen Nationalversammlung, durch Verlassen des Saales die Kammer unbeschlußfähig zu machen. Empört darüber, ruft Fischer aus Breslau im Vorsaal: &#x201E;Aber, meine Herrn, Sie gehen fort, und wir stehen doch einem gemeinsamen Feinde gegenüber.&#x201C; &#x2026; &#x201E;Was!&#x201C; rief der Graf York ihm zu, faßte ihn heftig an dem Rock und schüttelte ihn, &#x201E;Sie reden von gemeinschaftlichem Feinde? Wir haben gar keinen Feind&#x2026;&#x201C; Fischer sucht ihn los zu werden. York wirft ihm den Handschuh ins Gesicht, und nun beginnt eine vollständige Prügelei die damit endigt, daß Fischer in die Kammer stürzt und erzählt, daß Ungeziemliches vorgegangen sei, wofür er zur Ordnung gerufen wurde.</p>
          <p>So geht es her in der Blüthe preußischer Aristokratie!</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 5. April.</head>
          <p> <hi rendition="#b">Sitzung der zweiten Kammer.</hi> </p>
          <p>Nach Verlesung des Protokolls zeigt Abg. <hi rendition="#g">Schramm</hi> an, daß eine Erklärung der Wahlmänner von Langensalza den vom Minister des Innern bei Gelegenheit der Adreß-Debatte mitgetheilten Bericht des dortigen Landrathsverwesers widerlege, nächstens sei eine ähnliche Erklärung des Magistrats und der Stadtverordneten zu erwarten.</p>
          <p>Ueber das gestern angenommene Moritz'sche Amendement (s. unten) wird nochmals namentlich abgestimmt und dasselbe mit 135 gegen 133 Stimmen angenommen.</p>
          <p>54 Abg. sind verreist:</p>
          <p>Die von den Abg. Jung und Poninski angekündigten Interpellationen werden von den Interpellanten bis zur nächsten Sitzung zurückgezogen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Pflücker</hi> interpellirt den Minister des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Arbeiten, was er für Regulirung des Oderflußbettes und der Oderschifffahrt thun wolle.</p>
          <p>Der Minister v. d.<hi rendition="#g"> Heydt</hi> erwidert, daß in diesem Jahre noch mehr als gewöhnlich für diesen Zweck geschehen werde.</p>
          <p>Hierauf kommt man zur deutschen Frage.</p>
          <p><hi rendition="#g">Vinke</hi> als Berichterstatter verliest den gestern mitgetheilten Kommissionsbericht und die Adreßentwürfe.</p>
          <p>Der <hi rendition="#g">Ministerpräsident</hi> macht die Mittheilung, daß gestern eine elegraphische Depesche von Frankfurt eingegangen, wonach sich die National-Versammlung bis zum 11. d. M. vertagt habe.</p>
          <p>Vor Beginn der Diskussion tragen <hi rendition="#g">Schwerin</hi> und Genossen auf einfache Tagesordnung an.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schwerin</hi> begründet diesen Antrag. Er spricht davon, daß es einen Standpunkt der Revolution gebe, von dem aus man alles Alte umstoßen wolle. Ein zweiter Standpunkt sei der der Contrerevolution, von dem aus man Alles wieder in das alte Geleise zurückführen wolle. Auf diesen beiden Standpunkten stehe er nicht. Er wolle das Alte mit dem Neuen vermitteln und so die Revolution abschließen. Der Weg, den das Ministerium eingeschlagen, den es sich in der Note vom 23. Januar vorgezeichnet und den es so glänzend durch die gestern mitgetheilte Note fortführe, habe seine ganze Zustimmung Daher sei er für den Uebergang der Tagesordnung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Moritz:</hi> Die Augen ganz Europa's, ganz Deutschland's sind auf uns gerichtet, man will die Ansichten dieser hohen Versammlung erfahren und wir sollen zur Tagesordnung übergehen? Kein Deutscher kann das wollen. Es ist Zeit, daß wir endlich unsre Meinung offen und klar der Welt darlegen. Der vorige Redner sagte, daß er nicht auf dem Standpunkte der Revolution stehe. War das aber nicht revolutionär, als er im vorigen Jahre die dreifarbige Fahne aufpflanzen ließ? (Schwerin vom Platze aus: &#x201E;Das werde ich heute auch noch thun.&#x201C; &#x2014; Moritz: &#x201E;Wenn es Wrangel erlaubt!&#x201C;) Der Redner will durchaus eine Adresse angenommen sehen und wird sich gegen alle Tagesordnungen und motivirte Tagesordnungen erheben.</p>
          <p>Der Antrag auf Tagesordnung wird verworfen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Vinke</hi> als Berichterstatter erhält zuerst das Wort und betrachtet die Politik, welches das Ministerium eingeschlagen, als eine entschieden verderbliche. Den Weg, den es einschlagen will, sei ein sehr langweiliger, denn die Zusammenberufung der Bevollmächtigten der deutschen Regierungen nach Frankfurt sei nur der Anfang vom Ende, dann ginge erst die Vereinbarung los. Das Ministerium läßt aber nicht erwarten, daß es seine Politik ändern werde, es wird vielmehr Se. Majestät in die größten Verwicklungen und Unannehmlichkeiten bringen. Daher bin ich jetzt nicht mehr für die von mir vorgeschlagene Adresse, nach der Note vom 3. d. habe ich dem Ministerium ein vollkommenes Mißtrauensvotum geben wollen, welches ich in meiner heutigen motivirten Tagesordnung ausspreche. Wir müssen der Welt zeigen, daß wir Deutsche sind und die deutsche Einheit wollen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Löher</hi> spricht sich entschieden gegen das jetzt befolgte System der Contrerevolution aus. Wenn man nicht durch demokratische Institutionen das Volk beruhige, wenn man es im Gegentheil mit der alten Willkürherrschaft unterdrückt, so wird es sich einst wieder mit aller Kraft erheben. Daher erkenne man die deutsche Reichsverfassung an</p>
          <p><hi rendition="#g">Waldeck:</hi> Als vor einigen Tagen eine Adresse an Sr. Maj. beschlossen wurde, erklärten sich meine Freunde und ich, gegen jede Adresse. Seitdem hat das Ministerium uns Mittheilungen gemacht, auf die wir nun genöthigt sind, unsere Ansicht auszusprechen. Daß das Ministerium den Panzer der Reaktion, den es schon von seinen Vorgängern geerbt hat und den es noch mehr stählte, nicht ablegen will, darin werden Sie mir beistimmen. Wir haben von diesem Ministerium nichts anders erwartet. Sie m. H. zur Rechten, riefen vorgestern: das Vaterland ist in Gefahr. Sie sind enttäuscht worden. Wir waren es nicht, denn wir hatten uns nicht getäuscht. Schon am 2. November und noch früher riefen wir, das Vaterland ist in Gefahr. Von diesem Ministerium erwarteten wir nichts anderes. Es wird einen Art. 105 in die deutsche Verfassung hinein bringen wollen&#x2026; Was wir aber wollen? Wir wollen eine unter dem Einfluß des Volkes stehende Regierung. Ist es nicht besser, wenn ein Fürst unter diesem Einfluß steht, als unter dem der Junker, Pfaffen und Pietisten. War etwa Ferdinand VII. freier, weil er von Priester, hohem Adel und Kamarilla gegängelt wurde. Nicht die absoluten Fürsten sind die freien. &#x2014; Der Redner geht auf das Heer über, wie es jetzt mißbraucht wird, und wie es sein sollte. Seine geistvolle, glänzende Rede, die trotz ihrer ungewöhnlichen Länge bei todtenstillem Hause angehört wurde, wurde nur durch einige Mißfallsbezeigungen der äußersten Rechten und oft wiederholtem langen Beifallklatschen der Linken unterbrochen. Als der Redner von den demokratischen Bestrebungen Dessau's und Mecklenburg's lobend sprach, lachten Bismark und Kleist-Retzow. Da wandte sich Waldeck zu ihnen hin und sprach, daß nur Mitglieder des Junkerparlaments über die Bestrebungen der Mecklenburger sich von der Junkerherrschaft zu befreien, lachen könnten und daß sie einen deutschen Kaiser wünschten, welcher diese Junkerherrschaft wieder herstelle. &#x2014; Der Redner erklärt sich gegen jede Adresse.</p>
          <p><hi rendition="#g">Kirchmann</hi> sagt, daß er im Wesentlichen mit den Ansichten Waldeck's übereinstimme, daß er jedoch für eine Adresse und gegen jede motivirte Tagesordnung sich aussprechen musse, da man bestimmt sagen müsse, was wir wollen in der deutschen Frage. Wenn wir Sr. Maj. in einer Adresse erklären, daß wir mit den Grundsätzen Seiner Regierung nicht übereinstimmen, so kann das weiter nichts zur Folge haben, als den Rücktritt des Ministeriums. Die Krone wird dadurch nicht berührt.</p>
          <p>Minister <hi rendition="#g">Manteuffel:</hi> Es ist dem Ministerium von dieser (linken) Seite des Hauses gesagt worden, es werde, wenn es heute ein Mißtrauensvotum erhalte, so wenig zurücktreten, als im November. Das ist insoweit richtig, als das Ministerium damals eine Maßregel durchführte, die ihrer Natur nach von der National-Versammlung gemißbilligt werden mußte. Jetzt sind wir in einem gleichen Fall. Wer auf dem Standpunkt der Volkssouveränetät steht, wird die unbedingte Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse verlangen. Wir halten aber die Rechte der Fürsten für gleichberechtigt neben der Volkssouveränetät, deshalb mußten wir die Annahme der Kaiserkrone von der Zustimmung der Fürsten abhängig zu machen. Wir müssen dieses Princip festhalten und werden auch ferner daran halten.</p>
          <p>v. <hi rendition="#g">Berg:</hi> Die Frankfurter Versammlung hat eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen, das ist ihre Aufgabe. Aber sich mit den einzelnen Fürsten in Unterhandlungen über ihre Partikular-Interessen einzulassen, das ist ihr Beruf nicht. Er theilt die Note mit, welche die Frankfurter Deputation gestern an das Ministerium absandte. Die Note sieht die Antwort des Königs als ablehnend an, weil die National-Versammlung nur nach der Annahme der ganzen Verfassung zur Wahl eines Oberhauptes schritt und nur durch Anerkennung der von der National-Versammlung verkündeten Verfassung könne man die Wahl annehmen. Da aber in der Antwort Sr. Majestät eine Nichtanerkennung der Verfassung liege, so könne diese Antwort auch nur als ablehnend angesehen werden. &#x2014; Sich gegen Vincke und Genossen wendend: Sie wollen, daß wir dem Ministerium mit Ihnen ein Mißtrauensvotum geben sollen. Aber das thaten wir schon beim Eintritt des Ministeriums. Das Ministerium trat damals nicht zurück. Es erklärte damit, daß es kein Mißtrauensvotum achte. Sie haben das Ministerium bisher gestützt und es für konstitutionell anerkannt. Jetzt wollen Sie ein anderes Ministerium. Was soll uns ein solches, wenn es das Prinzip des vorigen anerkannte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Manteuffel:</hi> Das Ministerium hat gestern von der Frankfurter Deputation die von dem letzten Redner verlesene Note erhalten. Aber die Deputation ist nicht die National-Versammlung und deshalb hat das Ministerium diese Note auch nur mit der Mittheilung der Cirkularnote beantwortet. Der Berichterstatter sagte, Se. Maj. müsse sich ein deutscheres Ministerium schaffen. Wir halten uns für deutsch in alle dem was wir der Krone rathen.</p>
          <p><hi rendition="#g">D'Ester:</hi> Ich kenne nur zwei Staatsformen, die Demokratie und den Absolutismus. Wenn man wie Graf Schwerin vermitteln will, so betrügt man sich selbst. Denn man steht entweder noch auf dem absoluten Boden und heuchelt Demokratie, oder man steht auf demokratischem Standpunkte und bemüht sich wiederwillen, das soviel wie möglich zu verleugnen. Ich glaube dem Grafen Schwerin, daß er noch so denkt wie in den Märztagen. Das Märzministerium, dessen Mitglied er war, hat ja eben die Vereinbarung erfunden. Hr. v. Vincke, der jetzt seine Adresse zurückzieht und dafür eine motivirte Tagesordnung, welche ein Mißtrauensvotum enthält, <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> besessen, seynd die Bauern mit grimmigen Speeren vor das Schloß gezogen und haben deklariret, daß der fürstliche Schnaps unwürdiglich schlecht sei, was Serenissimus geleugnet, aber nichts geholffen, denn alle Vorrechte seynd Ihme genommen und die Privilegien von Lippe Bückeburg gehören an dem Meere der Verflossenheit.</p>
          <p>Als die Fürsten aber gesehn, daß es ihnen also hart zu Leibe ging, seynd sie in sich gegangen und haben gute Min zu bößem Spiel gemacht. Haben demnach gepotten, gesetzt und gefestnet, daß gleichsamb zu einem Reichstag wie früher in Nüremberg, in Augspurg und so ferner, jetzt die Statt Frankfurt zu einer großen National Versammlung der Teutschen mit Vertrettern beschickt werde, damit durch Gotts des Allmächtigen Hilf und durch guter Freund Ränk, die Sach in die Läng gezogen und etwan eine andre güldine Bull verffertigt werde zu gemeinem Nutz, vornemblich der Fürsten.</p>
          <p>Also seynd denn in Frankfurt arriviret Leut aller Koulören. Da aber dieß Statt ein sehr fröhlicher Ort ist, an frischen Wässern, mit gesunder Lufft, lustigen umbligenden Buschen und fruchtbarem Erdkreis, so hat den wohllöblichen Volksvertrettern solcher Aufenthalt gar wol gefallen. Da sie aber durch des Volcks Gunst nur drey Thaler per diem vor ihr Arbeit und Plansir bezogen, so mögt leicht anzunehmen sein, daß sie nicht stets des besten Weins genossen, was ihnen als teutschen Männern sehr an Geist und Spiritus geschadet und ihre Debatten often seltsam schlimm gemacht.</p>
          <p>Haben indeß tapffer diskurirt und seynd gesessen gewesen in Sanct Pauli Kirch, menniglich bekannt und abkonterfeit auf Pfeiffenköpfen und Tassen der Welt zu großer Erlustigung.</p>
          <p>Die vornemblichsten dieser teutschen Männer seynd in Reihen abgetheilt und schelten sich aber folgendermassen:</p>
          <p>Zum ersten seynd sie separirt nach Rechten, Linken und Mittelpünckten; ein alterthumblich parliamentarisch usus desgleichen wol stammen mag aus Engelland oder Francken. Richtiger seynd sie indeß zu trennen nach jenen locis, id est Wirths-Gast- und übrigen Häußern, darinnen sie zur Sterkung ihres Geists und Leips des kühlen Weins geneußen nebst lieblicher Speißen. Diese Trennung ist originaliter rein teutsch. Zu nennen were in solchem Bezug das Cassino, der Landsperg, die Hall des Westen End's, daß Kaffehauß Milani, der Wirtemperger- der Augspurger- der Teutsche- und der Nüremberger Hof, zusampt dem Tonnersberg, ein untergeordnet, wohlfeil Kneipchen.</p>
          <p>Da ist zu sehn von Seiten des Cassino zum Exempel der Staatssecretarius Bassermann, ein länglich Mann mit wenig Stirn so früher in Mannheimb als Antiquarius libraris bankruptiret; der Minister Beckerath, ein Crevelder Wechsler oder Bankir, solcher Geld zu niedrigem Wucherzinß leiht und fromm von Sinnsbildung ist; der gelahrte Professor Dahlmanus, dessen Antlitz gleichet dem Essigschwamb, womit man Christum am Kreuze geträncket; Heckscher, so gen Turin gesendet ward, des Advokaten-handwercks kundig und so schon einmal vom bößen Bolck der Strick den Hals umbgelegt worden. Mevissen, so früherhin in Linnengarn that und sich fast sehr herausgewickelt; Raumer, ein unglücklich Mensch, und als Gesandter nach Parys von keinen Lorbeeren; von Schmerling, Reichsminister, so das ganze Parliament teutscher Nation während sechs Monat an der Nasen herumbgeführet hat. Simbson aus Königsberg, des heiligen römischen Reichs Eselskinnbacken; Soiron, vulgo Auriga cerevisialis. Vom Augspurger Hof ist aber zu melden Biedermannn, ein geringer Litteratus aus Leipzig. Vom Landsberg: Wilhelmus Jordan, ein arm Reimschmied. Aus dem Kaffehauß Milani: der muthig Ritter Finck, Taurus parlamentaris; von Radowitz, ein fein Mann, so die Flöh husten hört. Aus dem Westen-End Raveaux, der bekennt kölnisch Funck; Jacobus Venedey, Lacrima imperialis. Aus dem Teutschen Hof: Rösler, Canarius parlamentaris; aus dem Tonnersberg aber der bärtig Schlöffel, ein grimmig Mann, so von sein Feind Hyäna parlamentaris geheißet ist. Von selbsten versteht es sich, daß in all Separationen viel ehrliche Leut' seynd, womit den überhaupt des heilig römische Reich wunderlich gesegnet. Vatter Jahn bettelt an der Pfordten.</p>
          <p>Ueber allen Vertrettern sitzet aber angethan in ein schwartz manierlich Kleit, der President, der edel Gaggern, so die Sage geht, der von Zews stamme, als er reißend ein oberländisch Nympff beschlaffen. Der edel Gaggern leutet mit ein stürmisch Glock und dann schweigt Alles sämptlich und nur ein simpel Mann erhebt sich und hält sein Sermon, je der Weill.</p>
          <p>Dieß seynd die teutschen Männer, so gen Frankfurt gesant durch der Fürsten Gunst und für des gemeinen Volcks Gelt, zu retten das teutsche Land aus Konfusion und Zerwürfnuß und wiederumb auf die Bein zu helffen dem heilig römischen Reich. Viel unruhig Leut seynd mit untergeloffen, als man solche Vertretter erwöhlet und wenn sich der edlen Fürsten Freund rechts gesatzt und die Halbmenschen die Mittelpünckt eingenommen, so seynd des Teuffels Böck links erblicket, zur Aergernuß viel Gerechter.</p>
          <p>Mittlerweil ist aber bei all dem Reden und Gethön der hailig Geist Gotts über sie kommen, und hat mit ander weltlich Ursach auf sie eingewürckt, daß schlüßlich die eingeborne Sanfftmut teutschen Bluts bei ihnen zum Durchbruch erlangt und der Geist der Versöhnung wundersamb einzig aus der Verwildernuß emporgeschwebet ist. Ausgelassen einig unverbesserlich Böck, seynd daher die meist darin eingekommen, daß dieß Parliament in Frankfurt nichts vorstell als ein Reichstag, wie man sie im teutschen Alterthumb gekennt zu Nüremberg oder zu Augspurg.</p>
          <p>Und gleich Keyser Karl IV haben sie den hassigen sathan verfluchet, so Adam vom paradyß geworffen, und den Zorn so Pompeyum und Julium zu hefftigem Streit erwecket, und die unkeuschheit so Troy zerstört, und die Tailung und Unuinigkeit, alls Bösen Kern, so auch das alt teutsch christlich kaiserthumb zernicht hat. Und sind wie Keyser Carol mit sich zu Rath gangen und haben <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
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[1504/0002] [Deutschland] _ * Berlin, 5. April. Das Verhältniß der Parteien zu der deutschen Frage möchte sich in folgender Weise gestaltet haben: Die äußerste Rechte wünscht den alten Bund zurück, und ist begeistert für die Antwort des Königs. Dazu stimmen die von Ulrich eingebrachte motivirte Tagesordnung und der Jubel der „Neuen Preußischen,“ die dem König endlich seine Schwäche am 19. März 1848 für seine feste Haltung am 3. April 1849 verzeiht. Die eigentliche Rechte wollte, daß der König vorläufig unbedingt annehme unter Vorbehalt der Zustimmung der deutschen Regierungen. Die Verfassung muß nach ihrer Ansicht allerdings revidirt werden, aber das kommt dem nächsten deutschen Parlament zu. Aber in ihrem Lager ist Zwietracht, Herr von Auerswald möchte gern eine eigene Partei bilden, er würde sich eventuell dem Kirchmann'schen Adreßentwurf anschließen. — Die Centren sind natürlich am meisten geschlagen, weil sie die größten Anstrengungen für die Einheit gemacht haben. Die äußerste Linke findet ihren Ausdruck in ihrer motivirten Tagesordnung. Die Ultramontanen, Bloemer, Schneeweiß, Osterrath etc., sind gegen das protestantische Kaiserthum, von dem sie Gefahren für ihre religiösen Interessen fürchten. Obgleich Gerüchte verbreitet wurden vom nahen Zurücktritt des Ministeriums, so sah man es den Gesichtern der Herren am grünen Tische an, daß sie sich niemals wohler gefühlt haben. Brandenburg und selbst Manteuffel unterhielten sich, wie es schien, sehr angenehm. Auf dem breiten Gesicht des Ersteren sah man ein gemüthliches, auf dem des Anderen ein höchst satyrisches Lächeln die ganze Sitzung über. Wir sind glücklich wieder in die alte schöne Zeit zurückgekommen, in der man patriotische Demonstrationen in das Theater verlegt. Vorgestern Abend wurde im Opernhause von einer bezahlten Clique nach dem „deutschen Vaterland“ gerufen. Auf dieses Zeichen regnete es Texte, der Vorhang flog auf und es erschien der ganze Sängerchor in schwarzen Fracks, weißen Glacehandschuhen u. s. w., und erfüllte den Wunsch. Leider hat der teutsche Küstner wenig Dank, man ist bei Hofe sehr empört über diese voreilige Demonstration. Im „Götz von Berlichingen“ hat man gestern Abend selbst den armen Göthe mit Einschiebseln nicht verschont. Bei der Stelle welche ungefähr heißt: „Es lebe der Kaiser, er möge Ordnung in Deutschland schaffen,“ variirte man: „Er möge mit den deutschen Fürsten Ordnung machen.“ Gestern begab sich der ehemalige Lieutenant v. Mauschewitz in das Redaktionszimmer der N. Pr. Z., um Rechenschaft zu fordern für die gemeinen, schmachvollen und lügenhaften Schmähungen und Verdächtigungen, mit den ihn sonst jede Nummer dieses ehrlosen Blattes überhäufte. Herr Wagner, der Redakteur, verweigerte natürlich, wie sehr er auch sonst die Feigheit der Demokraten zu verhöhnen pflegt, jede Genugthuung. Hierüber erbittert, gab ihm Hr. v. Mauschewitz einen Schlag auf den Kopf. Als Bodelschwingh mit frecher Verhöhnung des Volkes, welches ihn vom Strange, der ihm von Rechtswegen zukam, zur Verbannung begnadigte, den Kampf der Berliner einen entehrenden Straßenkampf nannte, erhob sich die Linke. „Er ist Verräther, hieß es, „er entehrt die Tribüne“ — „herunter mit dem Schuft!“ — „Er ist ein Schurke!“ — „Es ist eine Schande, mit ihm zusammenzusitzen.“ — Die Sitzung mußte suspendirt werden.“ In der Mitte des Jahres 1844 reisten die beiden Gebrüder v. d. Heydt mit dem nachher bekannten Dr. Schütte mit der Post von Rotterdam nach der preuß. Gränze. In Emmerich wurden sie natürlich von den Zollbeamten angehalten. Bei Dr. Schütte fand sich keine Contrebande, die beiden Brüder aus Elberfeld hatten jeder einen großen englischen Koffer bei sich, der die Aufmerksamkeit der Zollbeamten sogleich erregte. Daniel, der jetzige große Handelsminister, wandte sich an den Steuerbeamten und sagte: „Mein Name ist v. d. Heydt aus Elberfeld, Sie kennen mich?“ „Ja wohl,“ antwortete der Beamte, „Sie sind Banquier.“ „Der andere Herr ist mein Bruder, Kaufmann, August v. d. Heydt, Sie werden meinen Worten glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir nichts Steuerbares bei uns haben. Herr Schütte kann uns das bezeugen, er hat mit uns in einem Gasthofe in Rotterdam gewohnt.“ (Davon war natürlich kein Wort wahr.) Der Beamte besteht auf die Durchsuchung, weil es seine Pflicht sei. „„Der jetzige Minister Daniel v. d. Heydt gibt sein Ehrenwort, daß nichts Steuerbares in beiden Koffern vorhanden sei.““ Trotz des Ehrenwortes werden die Koffer untersucht. Beide sind voll englischer Schmuggelwaaren. Daniel v. d. Heydt muß drei Tausend Thaler Strafe zahlen, und um abreisen zu können, einen Wechsel auf Elberfeld ausstellen Trotz seines gebrochenen Ehrenwortes sitzt Daniel v. d. Heydt heute am Ministertische Sr. Majestät des Königs von Preußen. Die Ablehnung der Kaiserkrone schreibt man unter Anderm besonders dem österreichischen Gesandten, Ritter Prokesch von Osten, zu. Prokesch, einer der feinsten Weltmänner, ausgezeichnet durch einen glänzenden Namen, mit einem großen politisch-romantischen Schimmer, gewann sehr bald einen unbedingten Einfluß bei dem König, der selbst dem Ministerium bedenklich wurde. Der Oestreicher hat seine mittelalterlichen Neigungen zu benutzen gewußt, und ihm die Rolle eines Friedensfürsten, der berufen sei, überall die Anarchie zu unterdrücken, so lockend ausgemalt, daß der König nicht zweifelte, die quasi-revolutionäre Kaiserkrone hinwegzustoßen und mit Oesterreich im besten Einverständniß zu bleiben. Die Deputation der Paulskirche hat in corpore die Einladung zu einem Diner abgelehnt, welches bei dem Prinzen von Preußen heute ihnen zu Ehren stattfinden sollte. Die Kammer der Intelligenz, die Kammer der Herren, hat gestern einen Auftritt erlebt, wie dem zwischen Proudhon und Pyat, über den die konstitutionellen Journale so höhnisch die Nase zu rümpfen wußten. In der Abendsitzung der ersten Kammer wurde bekanntlich nach Verlesung der Note von der Linken der Antrag gestellt, den am Vormittag gefaßten Beschluß wieder umzuwerfen, und morgen eine außerordentliche Sitzung zu halten. Die Rechte, als sie sah, daß sie in der Minorität bleiben würde, war unehrenhaft genug, nach Art ihrer Gesinnungsgenossen in der vormaligen Nationalversammlung, durch Verlassen des Saales die Kammer unbeschlußfähig zu machen. Empört darüber, ruft Fischer aus Breslau im Vorsaal: „Aber, meine Herrn, Sie gehen fort, und wir stehen doch einem gemeinsamen Feinde gegenüber.“ … „Was!“ rief der Graf York ihm zu, faßte ihn heftig an dem Rock und schüttelte ihn, „Sie reden von gemeinschaftlichem Feinde? Wir haben gar keinen Feind…“ Fischer sucht ihn los zu werden. York wirft ihm den Handschuh ins Gesicht, und nun beginnt eine vollständige Prügelei die damit endigt, daß Fischer in die Kammer stürzt und erzählt, daß Ungeziemliches vorgegangen sei, wofür er zur Ordnung gerufen wurde. So geht es her in der Blüthe preußischer Aristokratie! * Berlin, 5. April. Sitzung der zweiten Kammer. Nach Verlesung des Protokolls zeigt Abg. Schramm an, daß eine Erklärung der Wahlmänner von Langensalza den vom Minister des Innern bei Gelegenheit der Adreß-Debatte mitgetheilten Bericht des dortigen Landrathsverwesers widerlege, nächstens sei eine ähnliche Erklärung des Magistrats und der Stadtverordneten zu erwarten. Ueber das gestern angenommene Moritz'sche Amendement (s. unten) wird nochmals namentlich abgestimmt und dasselbe mit 135 gegen 133 Stimmen angenommen. 54 Abg. sind verreist: Die von den Abg. Jung und Poninski angekündigten Interpellationen werden von den Interpellanten bis zur nächsten Sitzung zurückgezogen. Pflücker interpellirt den Minister des Handels, der Gewerbe und öffentlichen Arbeiten, was er für Regulirung des Oderflußbettes und der Oderschifffahrt thun wolle. Der Minister v. d. Heydt erwidert, daß in diesem Jahre noch mehr als gewöhnlich für diesen Zweck geschehen werde. Hierauf kommt man zur deutschen Frage. Vinke als Berichterstatter verliest den gestern mitgetheilten Kommissionsbericht und die Adreßentwürfe. Der Ministerpräsident macht die Mittheilung, daß gestern eine elegraphische Depesche von Frankfurt eingegangen, wonach sich die National-Versammlung bis zum 11. d. M. vertagt habe. Vor Beginn der Diskussion tragen Schwerin und Genossen auf einfache Tagesordnung an. Schwerin begründet diesen Antrag. Er spricht davon, daß es einen Standpunkt der Revolution gebe, von dem aus man alles Alte umstoßen wolle. Ein zweiter Standpunkt sei der der Contrerevolution, von dem aus man Alles wieder in das alte Geleise zurückführen wolle. Auf diesen beiden Standpunkten stehe er nicht. Er wolle das Alte mit dem Neuen vermitteln und so die Revolution abschließen. Der Weg, den das Ministerium eingeschlagen, den es sich in der Note vom 23. Januar vorgezeichnet und den es so glänzend durch die gestern mitgetheilte Note fortführe, habe seine ganze Zustimmung Daher sei er für den Uebergang der Tagesordnung. Moritz: Die Augen ganz Europa's, ganz Deutschland's sind auf uns gerichtet, man will die Ansichten dieser hohen Versammlung erfahren und wir sollen zur Tagesordnung übergehen? Kein Deutscher kann das wollen. Es ist Zeit, daß wir endlich unsre Meinung offen und klar der Welt darlegen. Der vorige Redner sagte, daß er nicht auf dem Standpunkte der Revolution stehe. War das aber nicht revolutionär, als er im vorigen Jahre die dreifarbige Fahne aufpflanzen ließ? (Schwerin vom Platze aus: „Das werde ich heute auch noch thun.“ — Moritz: „Wenn es Wrangel erlaubt!“) Der Redner will durchaus eine Adresse angenommen sehen und wird sich gegen alle Tagesordnungen und motivirte Tagesordnungen erheben. Der Antrag auf Tagesordnung wird verworfen. Vinke als Berichterstatter erhält zuerst das Wort und betrachtet die Politik, welches das Ministerium eingeschlagen, als eine entschieden verderbliche. Den Weg, den es einschlagen will, sei ein sehr langweiliger, denn die Zusammenberufung der Bevollmächtigten der deutschen Regierungen nach Frankfurt sei nur der Anfang vom Ende, dann ginge erst die Vereinbarung los. Das Ministerium läßt aber nicht erwarten, daß es seine Politik ändern werde, es wird vielmehr Se. Majestät in die größten Verwicklungen und Unannehmlichkeiten bringen. Daher bin ich jetzt nicht mehr für die von mir vorgeschlagene Adresse, nach der Note vom 3. d. habe ich dem Ministerium ein vollkommenes Mißtrauensvotum geben wollen, welches ich in meiner heutigen motivirten Tagesordnung ausspreche. Wir müssen der Welt zeigen, daß wir Deutsche sind und die deutsche Einheit wollen. Löher spricht sich entschieden gegen das jetzt befolgte System der Contrerevolution aus. Wenn man nicht durch demokratische Institutionen das Volk beruhige, wenn man es im Gegentheil mit der alten Willkürherrschaft unterdrückt, so wird es sich einst wieder mit aller Kraft erheben. Daher erkenne man die deutsche Reichsverfassung an Waldeck: Als vor einigen Tagen eine Adresse an Sr. Maj. beschlossen wurde, erklärten sich meine Freunde und ich, gegen jede Adresse. Seitdem hat das Ministerium uns Mittheilungen gemacht, auf die wir nun genöthigt sind, unsere Ansicht auszusprechen. Daß das Ministerium den Panzer der Reaktion, den es schon von seinen Vorgängern geerbt hat und den es noch mehr stählte, nicht ablegen will, darin werden Sie mir beistimmen. Wir haben von diesem Ministerium nichts anders erwartet. Sie m. H. zur Rechten, riefen vorgestern: das Vaterland ist in Gefahr. Sie sind enttäuscht worden. Wir waren es nicht, denn wir hatten uns nicht getäuscht. Schon am 2. November und noch früher riefen wir, das Vaterland ist in Gefahr. Von diesem Ministerium erwarteten wir nichts anderes. Es wird einen Art. 105 in die deutsche Verfassung hinein bringen wollen… Was wir aber wollen? Wir wollen eine unter dem Einfluß des Volkes stehende Regierung. Ist es nicht besser, wenn ein Fürst unter diesem Einfluß steht, als unter dem der Junker, Pfaffen und Pietisten. War etwa Ferdinand VII. freier, weil er von Priester, hohem Adel und Kamarilla gegängelt wurde. Nicht die absoluten Fürsten sind die freien. — Der Redner geht auf das Heer über, wie es jetzt mißbraucht wird, und wie es sein sollte. Seine geistvolle, glänzende Rede, die trotz ihrer ungewöhnlichen Länge bei todtenstillem Hause angehört wurde, wurde nur durch einige Mißfallsbezeigungen der äußersten Rechten und oft wiederholtem langen Beifallklatschen der Linken unterbrochen. Als der Redner von den demokratischen Bestrebungen Dessau's und Mecklenburg's lobend sprach, lachten Bismark und Kleist-Retzow. Da wandte sich Waldeck zu ihnen hin und sprach, daß nur Mitglieder des Junkerparlaments über die Bestrebungen der Mecklenburger sich von der Junkerherrschaft zu befreien, lachen könnten und daß sie einen deutschen Kaiser wünschten, welcher diese Junkerherrschaft wieder herstelle. — Der Redner erklärt sich gegen jede Adresse. Kirchmann sagt, daß er im Wesentlichen mit den Ansichten Waldeck's übereinstimme, daß er jedoch für eine Adresse und gegen jede motivirte Tagesordnung sich aussprechen musse, da man bestimmt sagen müsse, was wir wollen in der deutschen Frage. Wenn wir Sr. Maj. in einer Adresse erklären, daß wir mit den Grundsätzen Seiner Regierung nicht übereinstimmen, so kann das weiter nichts zur Folge haben, als den Rücktritt des Ministeriums. Die Krone wird dadurch nicht berührt. Minister Manteuffel: Es ist dem Ministerium von dieser (linken) Seite des Hauses gesagt worden, es werde, wenn es heute ein Mißtrauensvotum erhalte, so wenig zurücktreten, als im November. Das ist insoweit richtig, als das Ministerium damals eine Maßregel durchführte, die ihrer Natur nach von der National-Versammlung gemißbilligt werden mußte. Jetzt sind wir in einem gleichen Fall. Wer auf dem Standpunkt der Volkssouveränetät steht, wird die unbedingte Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse verlangen. Wir halten aber die Rechte der Fürsten für gleichberechtigt neben der Volkssouveränetät, deshalb mußten wir die Annahme der Kaiserkrone von der Zustimmung der Fürsten abhängig zu machen. Wir müssen dieses Princip festhalten und werden auch ferner daran halten. v. Berg: Die Frankfurter Versammlung hat eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen, das ist ihre Aufgabe. Aber sich mit den einzelnen Fürsten in Unterhandlungen über ihre Partikular-Interessen einzulassen, das ist ihr Beruf nicht. Er theilt die Note mit, welche die Frankfurter Deputation gestern an das Ministerium absandte. Die Note sieht die Antwort des Königs als ablehnend an, weil die National-Versammlung nur nach der Annahme der ganzen Verfassung zur Wahl eines Oberhauptes schritt und nur durch Anerkennung der von der National-Versammlung verkündeten Verfassung könne man die Wahl annehmen. Da aber in der Antwort Sr. Majestät eine Nichtanerkennung der Verfassung liege, so könne diese Antwort auch nur als ablehnend angesehen werden. — Sich gegen Vincke und Genossen wendend: Sie wollen, daß wir dem Ministerium mit Ihnen ein Mißtrauensvotum geben sollen. Aber das thaten wir schon beim Eintritt des Ministeriums. Das Ministerium trat damals nicht zurück. Es erklärte damit, daß es kein Mißtrauensvotum achte. Sie haben das Ministerium bisher gestützt und es für konstitutionell anerkannt. Jetzt wollen Sie ein anderes Ministerium. Was soll uns ein solches, wenn es das Prinzip des vorigen anerkannte. Manteuffel: Das Ministerium hat gestern von der Frankfurter Deputation die von dem letzten Redner verlesene Note erhalten. Aber die Deputation ist nicht die National-Versammlung und deshalb hat das Ministerium diese Note auch nur mit der Mittheilung der Cirkularnote beantwortet. Der Berichterstatter sagte, Se. Maj. müsse sich ein deutscheres Ministerium schaffen. Wir halten uns für deutsch in alle dem was wir der Krone rathen. D'Ester: Ich kenne nur zwei Staatsformen, die Demokratie und den Absolutismus. Wenn man wie Graf Schwerin vermitteln will, so betrügt man sich selbst. Denn man steht entweder noch auf dem absoluten Boden und heuchelt Demokratie, oder man steht auf demokratischem Standpunkte und bemüht sich wiederwillen, das soviel wie möglich zu verleugnen. Ich glaube dem Grafen Schwerin, daß er noch so denkt wie in den Märztagen. Das Märzministerium, dessen Mitglied er war, hat ja eben die Vereinbarung erfunden. Hr. v. Vincke, der jetzt seine Adresse zurückzieht und dafür eine motivirte Tagesordnung, welche ein Mißtrauensvotum enthält, [Fortsetzung] [Fortsetzung] besessen, seynd die Bauern mit grimmigen Speeren vor das Schloß gezogen und haben deklariret, daß der fürstliche Schnaps unwürdiglich schlecht sei, was Serenissimus geleugnet, aber nichts geholffen, denn alle Vorrechte seynd Ihme genommen und die Privilegien von Lippe Bückeburg gehören an dem Meere der Verflossenheit. Als die Fürsten aber gesehn, daß es ihnen also hart zu Leibe ging, seynd sie in sich gegangen und haben gute Min zu bößem Spiel gemacht. Haben demnach gepotten, gesetzt und gefestnet, daß gleichsamb zu einem Reichstag wie früher in Nüremberg, in Augspurg und so ferner, jetzt die Statt Frankfurt zu einer großen National Versammlung der Teutschen mit Vertrettern beschickt werde, damit durch Gotts des Allmächtigen Hilf und durch guter Freund Ränk, die Sach in die Läng gezogen und etwan eine andre güldine Bull verffertigt werde zu gemeinem Nutz, vornemblich der Fürsten. Also seynd denn in Frankfurt arriviret Leut aller Koulören. Da aber dieß Statt ein sehr fröhlicher Ort ist, an frischen Wässern, mit gesunder Lufft, lustigen umbligenden Buschen und fruchtbarem Erdkreis, so hat den wohllöblichen Volksvertrettern solcher Aufenthalt gar wol gefallen. Da sie aber durch des Volcks Gunst nur drey Thaler per diem vor ihr Arbeit und Plansir bezogen, so mögt leicht anzunehmen sein, daß sie nicht stets des besten Weins genossen, was ihnen als teutschen Männern sehr an Geist und Spiritus geschadet und ihre Debatten often seltsam schlimm gemacht. Haben indeß tapffer diskurirt und seynd gesessen gewesen in Sanct Pauli Kirch, menniglich bekannt und abkonterfeit auf Pfeiffenköpfen und Tassen der Welt zu großer Erlustigung. Die vornemblichsten dieser teutschen Männer seynd in Reihen abgetheilt und schelten sich aber folgendermassen: Zum ersten seynd sie separirt nach Rechten, Linken und Mittelpünckten; ein alterthumblich parliamentarisch usus desgleichen wol stammen mag aus Engelland oder Francken. Richtiger seynd sie indeß zu trennen nach jenen locis, id est Wirths-Gast- und übrigen Häußern, darinnen sie zur Sterkung ihres Geists und Leips des kühlen Weins geneußen nebst lieblicher Speißen. Diese Trennung ist originaliter rein teutsch. Zu nennen were in solchem Bezug das Cassino, der Landsperg, die Hall des Westen End's, daß Kaffehauß Milani, der Wirtemperger- der Augspurger- der Teutsche- und der Nüremberger Hof, zusampt dem Tonnersberg, ein untergeordnet, wohlfeil Kneipchen. Da ist zu sehn von Seiten des Cassino zum Exempel der Staatssecretarius Bassermann, ein länglich Mann mit wenig Stirn so früher in Mannheimb als Antiquarius libraris bankruptiret; der Minister Beckerath, ein Crevelder Wechsler oder Bankir, solcher Geld zu niedrigem Wucherzinß leiht und fromm von Sinnsbildung ist; der gelahrte Professor Dahlmanus, dessen Antlitz gleichet dem Essigschwamb, womit man Christum am Kreuze geträncket; Heckscher, so gen Turin gesendet ward, des Advokaten-handwercks kundig und so schon einmal vom bößen Bolck der Strick den Hals umbgelegt worden. Mevissen, so früherhin in Linnengarn that und sich fast sehr herausgewickelt; Raumer, ein unglücklich Mensch, und als Gesandter nach Parys von keinen Lorbeeren; von Schmerling, Reichsminister, so das ganze Parliament teutscher Nation während sechs Monat an der Nasen herumbgeführet hat. Simbson aus Königsberg, des heiligen römischen Reichs Eselskinnbacken; Soiron, vulgo Auriga cerevisialis. Vom Augspurger Hof ist aber zu melden Biedermannn, ein geringer Litteratus aus Leipzig. Vom Landsberg: Wilhelmus Jordan, ein arm Reimschmied. Aus dem Kaffehauß Milani: der muthig Ritter Finck, Taurus parlamentaris; von Radowitz, ein fein Mann, so die Flöh husten hört. Aus dem Westen-End Raveaux, der bekennt kölnisch Funck; Jacobus Venedey, Lacrima imperialis. Aus dem Teutschen Hof: Rösler, Canarius parlamentaris; aus dem Tonnersberg aber der bärtig Schlöffel, ein grimmig Mann, so von sein Feind Hyäna parlamentaris geheißet ist. Von selbsten versteht es sich, daß in all Separationen viel ehrliche Leut' seynd, womit den überhaupt des heilig römische Reich wunderlich gesegnet. Vatter Jahn bettelt an der Pfordten. Ueber allen Vertrettern sitzet aber angethan in ein schwartz manierlich Kleit, der President, der edel Gaggern, so die Sage geht, der von Zews stamme, als er reißend ein oberländisch Nympff beschlaffen. Der edel Gaggern leutet mit ein stürmisch Glock und dann schweigt Alles sämptlich und nur ein simpel Mann erhebt sich und hält sein Sermon, je der Weill. Dieß seynd die teutschen Männer, so gen Frankfurt gesant durch der Fürsten Gunst und für des gemeinen Volcks Gelt, zu retten das teutsche Land aus Konfusion und Zerwürfnuß und wiederumb auf die Bein zu helffen dem heilig römischen Reich. Viel unruhig Leut seynd mit untergeloffen, als man solche Vertretter erwöhlet und wenn sich der edlen Fürsten Freund rechts gesatzt und die Halbmenschen die Mittelpünckt eingenommen, so seynd des Teuffels Böck links erblicket, zur Aergernuß viel Gerechter. Mittlerweil ist aber bei all dem Reden und Gethön der hailig Geist Gotts über sie kommen, und hat mit ander weltlich Ursach auf sie eingewürckt, daß schlüßlich die eingeborne Sanfftmut teutschen Bluts bei ihnen zum Durchbruch erlangt und der Geist der Versöhnung wundersamb einzig aus der Verwildernuß emporgeschwebet ist. Ausgelassen einig unverbesserlich Böck, seynd daher die meist darin eingekommen, daß dieß Parliament in Frankfurt nichts vorstell als ein Reichstag, wie man sie im teutschen Alterthumb gekennt zu Nüremberg oder zu Augspurg. Und gleich Keyser Karl IV haben sie den hassigen sathan verfluchet, so Adam vom paradyß geworffen, und den Zorn so Pompeyum und Julium zu hefftigem Streit erwecket, und die unkeuschheit so Troy zerstört, und die Tailung und Unuinigkeit, alls Bösen Kern, so auch das alt teutsch christlich kaiserthumb zernicht hat. Und sind wie Keyser Carol mit sich zu Rath gangen und haben [Fortsetzung]

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 267. Köln, 8. April 1849, S. 1504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz267i_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.