Neue Rheinische Zeitung. Nr. 271. Köln, 13. April 1849. Zweite Ausgabe.Und jetzt kommt dieser Mensch und beantragt (Dideldum!) in einem konstitutionellen Staate, für welches Institut er immerwährend zu schwarmen vorgiebt, eine solche drakonische Strafe, wie sie selbst die heilige Hermandad Metternichscher Inquisition nicht verhängen wollte. Ist er ja doch auf dem besten Wege, sich in der "guten Meinung" des Monarchen zu rehabilitiren! Selbst die durch und durch reaktionäre Richterklique leistete dem Antrage ihres konstitutionellen Kollegen, Staatsanwalt nicht Folge und verurtheilte (!) den Angeklagten, einen ganz vorzüglich beleumundeten, noch nie bestraften jungen Mann zu 6 Wochen verschärfter Gefängnißstrafe, blos weil er Demokrat ist. Die Verhandlung selbst war höchst unerquicklich. Der Präsident, ein unausstehlich quäkender, in der finsteren Schule der Inquisition groß gezogener Bureaukrat, leitete natürlich die Verhandlung ganz nach seinem Standrechtsgeschmack. Die Einsprache des Angeklagten wurde auf brutale Weise zurückgewiesen. (Schweig Er, Er hat das Wort nicht!) Die Entlastungszeugen, wenn sie wegen des ungewohnten Schauplatzes etwas verlegene Aussage erstatteten, ohne weitere Veranlassung als ungültig verworfen, den Belastungszeugen in gleichem Falle alle Worte in den Mund gestrichen oder auf den Weg geholfen, und so oft der Angeklagte oder dessen Vertheidiger die Belastungszeugen oder vielmehr Denuncianten wegen der Verschiedenheit ihrer früheren und ihrer gegenwärtigen Aussage zur Rede stellen wollten, dieses verhinderte mit der höchst genialen und hämisch ausgesprochenen Begütigungsphrase an den Interpellirten: "Sei Er nur ganz ruhig; Er hat seinen Eid geleistet (wie standgerecht logisch!), seine Aussage ist ganz in der Ordnung!" Auch die Ausführung der Vertheidigung entsprach nicht ganz unseren Anforderungen. So gewandt der Vertheidiger im Allgemeinen die Sache des Angeklagten führte, so sehr befremdete es uns, daß derselbe in diesem Prozeß, der doch in das politische Gebiet hinüberspielte, sich blos auf den physischen Standpunkt des Angeklagten stellte, und darzuthun suchte, wie der Angeklagte im trunkenen Zustande nicht jegliches Wort habe abwägen können, anstatt auch die politische Seite der Anklage zu berühren, sowohl vom Standpunkte des Angeklagten, als auch von dem des politischen Zeitlaufes und darauf hin die Nichtigkeit einer solchen veralteten Anklage nachzuweisen. Sie werden mir es nicht verdenken, diese Verhandlung etwas ausführlicher und weitläufiger beschrieben zu haben, denn es lag mir daran, Ihnen durch dieses einfache Beispiel einen Begriff beizubringen, wie in ganz Franken das Gericht den Willen der Gerechtigkeit und des Volkes respektirt, wie man überhaupt unsere allerhöchsten Märzverheißungen zur Geltung bringt und wie man uns selbst das Wenige von den sogenannten Märzerrungenschaften traurigen Andenkens zu verkümmern sucht. Hr. v. Kleinschrodt, Minister des Innern, arbeitet schon recht wacker daran, zur Freude seines Lehrers und Rathgebers Abel, uns ein niederträchtig reaktionäres Gesetz wegen Wiedereinführung der Kaution für Zeitschriften und eines Verbots des Kolportirens derselben zu oktroyiren. Alles natürlich auf Grund der ebenso farblosen, wässerlichen, mattherzigen und trotzdem ganz ohnmächtigen Grundrechte und des ebenso blödsinnigen Konstitutionalismus. Doch rütteln wir nicht weiter an dem tiefsinnigen Schlaf unserer Heulersippschaft und wenden wir unsern Blick zu einer freundlicheren Erscheinung. Am 2. April feierten wir einen Tag politischen Fortschrittes. Die erste großartige revolutionär-demokratische Demonstration in Franken, ein Kongreß baierischer Arbeiter, fand zu Nürnberg statt. Es handelte sich vorzugsweise um eine feste, verbrüderte Organisation aller bairischer Arbeitervereine und Aufstellung gemeinschaftlicher Statuten, um so nach einheitlichem Prinzipe handeln zu können. Der Kongreß, der im Hotel Bamberg tagte, war von 40 Vereinen beschickt, der überwiegenden Mehrzahl nach von fränkischen Arbeitervereinen. Außerdem waren auf demselben auch zwei auswärtige demokratische Celebritäten erschienen, Herr Born vom Leipziger Centralausschusse der Arbeitervereine (Redakteur der "Verbrüderung") und der durch seine Verwickelungen mit der Würtemberger Polizei vielfach bekannte Redakteur Schiffterling aus Ulm. Ersterer (Born) wurde durch Akklamation zum Präsidenten ausgerufen. Die ersten Verhandlungen waren von dem thränenreichen Wasser demokratischer Sentimentalität zu sehr durchtränkt, als daß ich Ihnen weiter darüber zu berichten für nöthig fände. Die zweite Sitzung des Kongresses (am 3. April) ward früh 10 Uhr unter dem Vorsitze des Bürgers Born eröffnet; zum Schriftführer war Friedrich aus München bestimmt. Bei der Tagesordnung richtete man sich nach den provisorischen Statuten des Münchner Arbeitervereins. Artikel I. verlangt: Organisation und feste Verbrüderung der bairischen Arbeitervereine. Ehrstein und Hartling aus Würzburg machen den richtigen Vorschlag, diese Verbrüderung auch auf nichtbairische Vereine auszudehnen. Schiffterling (aus Ulm) unterstützte diesen. Arbeiter Niffle, der wegen eines Artikels 6 volle Monate lang einem halsstarrigem Staatsanwalt zu Liebe im Kerker gehalten und dann ohne alles Urtheil wieder an's Licht gesetzt wurde, macht einige faktische Bemerkungen zu dem Paragraphen. Angenommen wurden hierauf die Artikel: Die Arbeitervereine treten in Verbindung mit dem Centralvereine, und, nach dem Vorschlage von Schiffterling: die Arbeitervereine der Städte München, Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Neustadt a. d. Hardt (Rheinpfalz) Regensburg, Landshut haben als Vorort die Aufgabe, die in ihren Bezirken liegenden Vereine mit einander zu verbinden. (Bezirksvereine.) Ein Amendement Ehrliebs wird abgelehnt, der Zusatz von Hartling "Es bleibt jedem Vereinn unbenommen, welchem Vereine er sich anschließen will" angenommen. Ebenso der folgende Artikel: Der Vorort der bairischen Arbeitervereine befindet sich für das nächste Halbjahr (April bis September) in München, seine Mitglieder werden von dem dortigen Vereine gewählt, er hat vorzüglich die Aufgabe die Angelegenheiten der bairischen Arbeiter gegenüber der Volksvertretung zu besorgen. 15 Kassel, 10. April. Heute Morgen sollte ein festlicher Zug stattfinden bei Gelegenheit der Pflanzung einer Eiche zu Ehren Robert Blums. Er kam aber nicht zu Stande, denn das gesammte kurhessische Armeecorps war aufgeboten worden. Garde-Leibregiment, Jäger, Artillerie und Husaren standen in Schlachtordnung mit scharfgeladenem Gewehr auf dem Friedrichsplatz, an welchem sich der Zug vorbeibewegen sollte. Den Abend zuvor war aus Auftrag kurfürstlichen Staatsministeriums von dem Stadtrathe als Vorstand der hiesigen Polizeiverwaltung ein Schreiben bei dem Volkscomite eingelaufen, wodurch das Entfalten jeder rothen Fahne als "Sinnbild der Republik und des Kommunismus" verboten wurde. Bei Anblick dieser "imposanten Militärkräfte" begab sich nun der Volksrath auf das Ministerium und erhielt allda Bescheid, man könne bei der verfassungsmäßigen Theilung der Gewalten es nur anerkennen, daß der konstitutionelle Kurfürst sich in Widerspruch mit dem Volkswillen setze. Könne nichts ohne ihn geschehen, so sei es noch viel weniger zu dulden, wenn etwas gegen ihn geschehe. Nun gelten zwar in Kurhessen die Grundrechte, auch hat man noch obendrein unter dem vielen Unrathe der Gesetzsammlung ein besonderes Gesetz zum Schutze der vaterländischen Versammlungs- und Associationsfreiheit, - aber das Ministerium hatte den Muth der demokratischen Führer richtig beurtheilt. Der Zug soll indeß, wie ich höre, heute Mittag um 4 Uhr als "Spaziergang" stattfinden. Frankfurt, 11. April. National-Versammlung. Vicepräsident Kirchgeßner zeigt den Austritt der Abgeordneten Schreiber aus Bielefeld, Bauernschmidt aus Wien, Haßler aus Ulm, v Senger aus Wirsitz im Großherzogthum Posen, Hildebrand aus Böhmen an. Ein durch das Reichsjustizministerium übergebenes Schreiben des östreichischen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt beantragt bei der National-Versammlung die Genehmigung zur Untersuchung und Haft gegen den Abg. Gritzner wegen der gegen ihn voliegenden Anschuldigung des Hochverraths. Der Abg. Gritzner reicht folgende schriftliche Erklärung ein: An das Präsidium der deutschen constituirenden National-Versammlung in Frankfurt. Verfolgt wegen meiner Theilnahme an den Wiener Oktoberereignissen - selbst bis in Mitte der Paulskirche - finde ich mich deshalb und auch aus andern wichtigen Gründen veranlaßt, aus einer Versammlung zu scheiden, deren Majorität dem deutschen Volke anstatt der verheißenen Freiheit nur Schmach und Unglück bereitet hat. Indem ich somit mein Mandat als Abgeordneter für den Kärntner Wahlbezirk St. Andre zurücklege, habe ich die Ehre, hiervon das Präsidium in die nöthige Kenntniß zu setzen. Frankfurt, am 10. April 1849. Max Jos. Gritzner. Archer interpellirt das Reichsministerium: ob das Gerücht, daß der Präsident und mehrere Mitglieder desselben den Abg. Simon und Genossen die Erklärung gegeben, sie würden keine Aenderung der Reichsverfassung zulassen, gegründet und ob diese Erklärung eine offizielle gewesen sei. "Edler" v. Gagern: Die bezügliche Erklärung sei mit den Unterschriften in den Zeitungen erschienen; es sei also kein Anlaß vorhanden, von einem Gerüchte zu sprechen. Er habe sich für die Verfassung ausgesprochen, nicht weil sie in allen Punkten mit seiner Ueberzeugung übereinstimme, sondern weil er glaube, daß jeder Einzelne ein Opfer seinen Ansichten bringen müsse, damit die National-Versammlung etwas zu schaffen im Stande sei. Die Erklärung, welche er und mehrere andere Mitglieder des Reichsministeriums unterschrieben sei natürlich nur in ihrer Eigenschaft als Mitglied der National-Versammlung gegeben worden. Kriegsminister v. Peucker theilt mit, daß die eroberte Fregatte Gefion den Namen "Eckernförde" erhalten habe und daß die Flagge derselben nach Frankfurt gebracht werden soll, um hier zur Ausstellung für Nationalbummler gebraucht zu werden. (Große Rührung.) Venedey erinnert an seinen frühern Antrag: daß Derjenige, der das erste feindliche Schiff erobere, eine Nationalbelohnung erhalte, und das Schiff den Namen Desjenigen führe, welcher zur Eroberung desselben am meisten beigetragen habe. (Worunter nach diesem Antrag Patriot Venedey selbst zu verstehen ist.) Präsident Simson erhält hierauf das Wort, um im Namen der nach Berlin entsendeten Deputation Bericht zu erstatten. Ueber den Empfang zu sprechen, hält er für zeitraubend, und will lieber gleich zu dem geschäftlichen Theil übergehen. Dieser geschäftliche Theil besteht in den bereits bekannten Thatsachen. Minister Brandenburg ließ sich die Anrede der Deputation vorher mittheilen, und theilte dafür zwei Mitgliedern der Deputation Einiges von der beabsichtigten Antwort des Königs mit. Aus Allem geht hervor, das der talentvolle König eine Improvisation ganz anderen Inhalts für passend hielt, als das ministerielle Textbuch lautete. Die Berathung über diese Antwort wurde durch die Einladung nach Charlottenburg unterbrochen, und ergab dann als Resultat das bekannte Biedermännische Schreiben an die Minister. Dies Schreiben, schließt Simson, war nöthig, um der Ansicht entgegenzutreten, als könne die Kaiserkrone ohne die vollständige Annahme der Verfassung angenommen werden. (Beifall links; gleichgültige Ruhe rechts) Auf Grund dieses Berichtes sind dem Vorsitzenden mehrere dringliche Anträge eingereicht, welche derselbe verliest. Die Herren Heckscher, v. Hermann u. A. stellen einen Dringlichkeitsantrag, es solle die Verfassung in den §§. 68-84 so abgeändert werden, daß der Abschn. 3, Art 1 laute: "Die Reichsregierung besteht aus einem Reichsstatthalter und sechs Regierungsmitgliedern (das alte Direktorium mit abwechselndem Vorsitz von Preußen und Oesterreich, und seinem Sitz in Frankfurt.)" Ein zweiter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Kierulf, Vogt, Raveaux und Genossen will: "1) Die verfassunggebende Reichsversammlung erkläre feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung angenommenen und verkündeten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten. 2) Den Bericht der Deputation einem Ausschusse zur schleunigen Berichterstattung zu übergeben." Ein dritter dringlicher Antrag von M. Mohl, Ahrens, Römer und Uhland: "In Erwägung, daß die Antwort des Königs von Preußen als eine Ablehnung der Kaiserkrone zu betrachten ist, beschließe die Nationalversammlung: daß die Oberhauptsfrage als eine offene betrachtet werde und ein neuer Ausschuß von 30 Gliedern über dieselbe berathe und berichte." Verbesserungsanträge der Abg. Roßmäßler und Simon aus Trier zu dem Antrag des Abg. Kierulf wollen, daß in dem ersten Alinea desselben eine Anerkennung der Antwort der Deputation an daß preußische Ministerium ausgesprochen werde, und daß die Berathung über den Bericht des Ausschusses bis längstens Montag stattfinde. Ein vierter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Detmold, Gombart, Beisler, Somaruga und Genossen will, daß die Nationalversammlung sich auf vier Wochen vertage, um die Antworten der Regierungen abzuwarten. (Allgemeine Heiterkeit.) Abg. v. Mayfeld will, daß die Nationalversammlung einen Ausschuß von 30 Gliedern niedersetze, welcher über die Oberhauptsfrage berathe und berichte. Abg. v. Dieskau: Die Nationalversammlung beschließe, an die Stelle des Abschnitts "über das Oberhaupt" zu setzen: "Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem von dem Volke auf 4 Jahre zu wählenden Präsidenten, dem ein Vicepräsident zur Seite steht, übertragen. Jeder Deutsche ist wählbar." Abg. Schütz aus Mainz u. G. stellen den Antrag, es werde unmittelbar auf Grund des vorliegenden Wahlgesetzes eine neue souveräne Nationalversammlung bis zum 1. Juni zusammenberufen. Bis dahin bleibt die Nationalversammlung permanent. Abg. Schlöffel beantragt, daß die Nationalversammlung beschließe, sie sei permanent, kein Staat dürfe den Abgeordneten das Mandat entziehen, das deutsche Volk möge dafür sorgen, daß die Nationalversammlung gegen sogenannte gesetzliche Streitkräfte geschützt werde. Statt der §§ 83, 84 setze man: "das Oberhaupt des deutschen Staates ist ein verantwortlicher Vollziehungsausschuß von 50 Gliedern, auf 4 Jahre durch das Volk zu wählen und der Volksvertretung verantwortlich" Abg. Ahrens beantragt, daß der Bericht der Deputation und alle dazu eingereichten Dringlichkeitsanträge einem Ausschusse zur Berichterstattung übergeben werde. Der Vorsitzende stellt die Dringlichkeitsfragen; dem Antrage des Abg. Heckscher wird die Dringlichkeit nicht zuerkannt. Abg. Raveaux hat zuerst das Wort für seinen Antrag. Er begründet denselben in wenigen Worten: Halten wir zusammen, halten wir fest an der Souveränetät der Nation, das wird auf das Volk wirken, das wird auf die Fürsten wirken. (Bravo.) Abg. Wurm aus Hamburg: Ich bin der Meinung, man müsse sich die Grundsätze der Deputation aneignen; man kann noch weiter gehen, man kann der Meinung sein, der König von Preußen habe für seine Person abgelehnt, allein nicht im Namen Preußens. (Gelächter und Ruf: der Prinz von Preußen! Ich erkläre mich für den Antrag der Abgeordneten Kierulf, Vogt, Zell u. G. Abg. Simon von Trier fragt, ob der Ausschuß das Verhältniß der Antwort des Königs von Preußen zur deutschen Reichsverfassung aufklären und erst festsetzen solle. Dieses Verhältniß kann nicht zweifelhaft sein Er trägt darauf an, daß man die Antwort der Deputation anerkenne und erkläre, daß man an der ganzen Verfassung, wie sie vorliegt, festhalte. Unter dieser Verfassung sei es allen Parteien möglich, sich zu schaaren und deswegen halte seine Partei mit derselben. Der Redner wendet sich an die Abgeordneten der Rechten und der Centren. Meine Herren, Sie haben der äußersten Partei öfters Vorwürfe wegen ihrer Ungeduld gemacht, ich habe Ihnen entgegnet, daß Sie nur schwarzen Undank zu erwarten haben. Sie sehen, es ist so eingetroffen. Allein wir werden jetzt festhalten und uns zu Ihnen schaaren, um die Verfassung zu schützen. Aus den trüben Gewässern der vormärzlichen Diplomatie sind kalte Nebel aufgestiegen. Diese Nebel werden sich als Wolken zusammenziehen und wir werden ein verderbenschwangeres Gewitter haben, welches zunächst in den Thurm der Kirche einzuschlagen droht, in der wir sitzen. Wachen und sorgen Sie für einen Blitzableiter, welcher den Blitz von Ihnen ableite und auf die Häupter der sichtbaren Schuldigen schleudere. (Großer Beifall.) Abg. Simon war der letzte eingeschriebene Redner. Der Vorsitzende will die Dringlichkeitsfrage zu den übrigen Anträgen stellen. Ueber die Reihenfolge derselben entspinnt sich eine kleine Debatte. Nachdem allen übrigen Dringlichkeitsträgen die Dringlichkeit von der Versammlung nicht zuerkannt worden, wird zur Abstimmung über den Kierulf'schen bereits diskutirten Antrag geschritten. Ueber die Fragestellung desselben und der dazu von den Abgg. Simon aus Trier und Roßmäßler gestellten Verbesserungsanträge entspinnt sich eine kurze Debatte. Zuerst kommt der Antrag des Abg. Kierulf mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Simon aus Trier zur Abstimmung. Derselbe will, daß die Bestimmung der Bildung eines Ausschusses wegbleibe und die Anerkennung der Antwort der Deputation zu Eingang desselben ausgesprochen werde. Ueber den Kierulf'schen Antrag in Verbindung mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Ahrens, welcher verlangt, daß eine Bestimmung eingeschoben werde wodurch die Oberhauptsfrage als eine offene zu betrachten seie, über welche ein besonderer Ausschuß geeignete Vorschläge zu machen habe, wird namentlich abgestimmt. Der Ahrens'sche Verbesserungsantrag wird mit 328 gegen 106 Stimmen abgelehnt. Es wird sogleich zur namentlichen Abstimmung über den Kierulf'schen Antrag geschritten. Er lautet: "Die verfassunggebende Reichsversammlung, veranlaßt durch den Inhalt des von der Deputation erstatteten Berichts: 1) erklärt hierdurch feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung beschlossenen und verkündigten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten; 2) sie verweist den von der Deputation erstatteten Bericht an einen durch die Abtheilungen zu erwählenden Ausschuß von 30 Mitgliedern zur möglichst schleunigen Berichterstattung und zur Vorbereitung der Maßregeln, welche zur Durchführung der unter 1 gegebenen feierlichen Erklärung nöthig erscheinen." Der Antrag wird mit 276 gegen 159 Stimmen angenommen. Eine Stimme enthält sich der Abstimmung. Ungefähr 40 Abgeordnete der Linken reichen eine Erklärung ein, dahin lautend, daß sie sich deßwegen der Abstimmung enthalten, weil sie es für unlogisch und unpraktisch halten, an einem Kaiserthume ohne Kaiser festzuhalten. - Die Versammlung beschließt, daß die Abtheilungen zur Wahl des Ausschusses morgen früh 9 Uhr zusammentreten. Nächste Sitzung: Freitag, 14. April. Tagesordnung: Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Berichte des volkswirthschaftlichen und des Prioritäts- und Petitionsausschusses. Schluß der Sitzung 2 1/2 Uhr. Italien. 103 Aus Piemont, 6. April. (Uebersetzung aus dem Italienischen). Republikanisch oder kosakisch, roth oder russisch (o rossi, o Russi), das wird auch hier immer mehr das Schiboleth der Parteien. Unser letztes Kriegsunglück hat wenigstens das Gute, daß es die Parteien scharf von einander geschieden und die schlaffen Vermittlerseelen in den Hintergrund geschleudert hat. Rossi oder Russi, Republikaner oder Verräther, Revolutionäre oder Knechte der Russen und Kroaten, das sind jetzt die beiden einzigen Parteien, die bei uns in Piemont etwas bedeuten, und die in diesem Augenblick unter den Mauern Genua's die Debatte mit Kanonenkugeln führen. Und wenn auch für den Augenblick die Russi die Oberhand behalten, die Zeit der Rossi ist nicht fern. Wir sehen hier, wie Sie wissen, von der deutschen Presse sehr wenig. Die Augsburger Allgemeine, ein paar Schweizer Blätter, das ist Alles. Ich habe in diesen Blättern sowohl wie in den französischen kontrerevolutionären Journalen (giornali codineschi) mehr als einmal den Vorwurf der Feigheit gegen uns Italiener ausgesprochen gefunden. Man beruft sich auf den unerhört schnellen Erfolg der Kaiserlichen, obwohl gerade diese Blätter am besten wissen, mit wie viel östreichischem Gold und piemontesischem Codini-Verrath dieser Erfolg erkauft war. Nicht allein, daß Ramorino offenen Verrath beging, offener und schmählicher als der, den man Grouchy bei Waterloo vorwarf; nicht allein, daß der Abentheurer Chrzanowski, der Empfohlene des Ordnungshelden Bugeaud, sich höchst zweideutig benahm, daß der Codino Della Marmora von vorn herein lieber gegen Toskana und Rom als gegen die Oestreicher gezogen wäre, daß er, der im Kampf gegen die Kroaten nicht zu finden war, sofort bei der Hand ist, wo es gilt, die Genuesische Revolution zu unterdrücken - nicht genug mit alledem, hat die jesuitisch-militärisch-adlige Konspiration hier in Turin und besonders im Hauptquartier dafür zu sorgen gewußt, daß alle militärische Organisation gelöst und vernichtet wurde. Der Dienst der Verproviantirung, der Munitionszufuhren, der Lazarethe, Alles war urplötzlich unterbrochen und wie vernichtet. Alle Verbindung mit der Armee hörte auf, und das unfähige Ministerium war gegenüber dieser Desorganisation ohnmächtig und rathlos. Während wir hier ohne alle Nachrichten von der Armee waren, war der Sieg der Kaiserlichen bei Novara am 27. Mittags schon in Wien bekannt, wie Sie aus der Augsb. Ztg. gesehen haben werden! In demselben Maße aber wie die offizielle Regierungsorganisation gelähmt und gesprengt war, in demselben Maß entwickelte die geheime Organisation der Kamarilla ihre Thätigkeit. Der ganze Generalstab konspirirte mit den hiesigen Codini. Alle Operationspläne wurden verrathen und zugleich durch dieselben Offiziere vereitelt, von denen sie ausgeführt werden sollten. Die Ordonnanzen wurden spät, nachlässig oder gar nicht abgeschickt und kamen fast nie an. So kam es daß es auf dem Schlachtfeld von Novara nur die Hälfte der disponiblen Truppen den Oestreichern gegenüber stand und daß auch von dieser ein bedeutender Theil sich nicht schlug. Diejenigen aber, die sich schlugen, haben eine Tapferkeit bewiesen, die selbst unsern Feinden die höchste Achtung eingeflößt hat. Ich schrieb Ihnen schon neulich, daß der Verlust der Oestreicher weit bedeutender ist als der unsrige. In dem von der Augsb. Ztg. veröffentlichten offiziellen Bericht sagt Radetzki: "Die Regimenter und Bataillone der ersten Schlachtlinie haben jedes zehn bis zwölf todte oder verwundete Stabsoffiziere; und der Verlust der Soldaten beläuft sich auf zwei bis drei Tausend". Diese Stelle ist in der Uebersetzung des Berichts, welche die offizielle Gazzetta privilegiata di Milano (und diese Angabe war noch unter der Wahrheit) veröffentlicht, mit Absicht ausgelassen. Auch die Stelle, worin die Besetzung von Alessandria als eine der Bedingungen des Waffenstillstands angegeben wird, findet sich nicht im italienischen Texte. Von den Proben der Tapferkeit, welche unser Volk in den blutigen Straßenkämpfen von Brescia und Genua abgelegt hat, brauche ich Ihnen wohl kaum zu sprechen. Die Details über Beide werden Ihnen bekannt sein. Zwei Tage heißer Schlacht, unterstütz durch Bombardement und Brandstiftung, brauchten die Barbaren ehe sie mit Brescia fertig wurden, mit einer Stadt, die, längst entwaffnet, im Kampfe selbst sich erst Waffen und Cartouchen erobern mußte! Und vollends Genua! Hier kämpfte das Volk von zwei Uhr Nachmittags bis den nächsten Morgen zehn Uhr gegen eine kompakte, in der Oberstadt am Spiritu Santo und auf der Piazza dell' Acquaverde vortheilhaft aufgestellte Militärmacht, und zwang sie zur Kapitulation. Männer und Weiber, Kinder und Greise, Priester und Mönche schlugen sich mit der Flinte in der Hand. Vor Allen aber die Arbeiter. Und in diesem Augenblick steht La Marmora vor den Thoren der Stadt, und muß der Kampf zwischen dem Volk und der Belagerungsarmee aufs Neue entbrannt sein. Gebe der Himmel dem tapfern Volk den Sieg. Ich muß noch einmal auf den Verrath zurückkommen, dem wir erlegen sind. Die zwischen unsern Codini und den Kaiserlichen abgeschlossene Konvention, war schon vor dem Feldzug notorisch bei den östreichischen Offizieren. Während in Mailand über Radetzki's Pläne die falschesten Gerüchte, z. B. von einem Rückzug hinter die Adda etc. etc., verbreitet wurden, erklärten östreichische Offiziere in vertrauten Zirkeln, sie seien von den Piemontesen gerufen, sie würden in Turin als Befreier von der Pöbelherrschaft einziehen, und zwar binnen drei Tagen. Ja, sie rühmten sich geradezu ihrer Verbindungen im piemontesischen Lager und in Turin. Die sardinische Flotte, die aus vier Fregatten und drei Dämpfern besteht, hat sich nicht gerührt. Sie konnte die östreichische Flotte während des kurzen Feldzugs vernichten, aber man zog es vor, sie in Unthätigkeit zu halten. Die östreichische Flotte, die bei Pola Und jetzt kommt dieser Mensch und beantragt (Dideldum!) in einem konstitutionellen Staate, für welches Institut er immerwährend zu schwarmen vorgiebt, eine solche drakonische Strafe, wie sie selbst die heilige Hermandad Metternichscher Inquisition nicht verhängen wollte. Ist er ja doch auf dem besten Wege, sich in der „guten Meinung“ des Monarchen zu rehabilitiren! Selbst die durch und durch reaktionäre Richterklique leistete dem Antrage ihres konstitutionellen Kollegen, Staatsanwalt nicht Folge und verurtheilte (!) den Angeklagten, einen ganz vorzüglich beleumundeten, noch nie bestraften jungen Mann zu 6 Wochen verschärfter Gefängnißstrafe, blos weil er Demokrat ist. Die Verhandlung selbst war höchst unerquicklich. Der Präsident, ein unausstehlich quäkender, in der finsteren Schule der Inquisition groß gezogener Bureaukrat, leitete natürlich die Verhandlung ganz nach seinem Standrechtsgeschmack. Die Einsprache des Angeklagten wurde auf brutale Weise zurückgewiesen. (Schweig Er, Er hat das Wort nicht!) Die Entlastungszeugen, wenn sie wegen des ungewohnten Schauplatzes etwas verlegene Aussage erstatteten, ohne weitere Veranlassung als ungültig verworfen, den Belastungszeugen in gleichem Falle alle Worte in den Mund gestrichen oder auf den Weg geholfen, und so oft der Angeklagte oder dessen Vertheidiger die Belastungszeugen oder vielmehr Denuncianten wegen der Verschiedenheit ihrer früheren und ihrer gegenwärtigen Aussage zur Rede stellen wollten, dieses verhinderte mit der höchst genialen und hämisch ausgesprochenen Begütigungsphrase an den Interpellirten: „Sei Er nur ganz ruhig; Er hat seinen Eid geleistet (wie standgerecht logisch!), seine Aussage ist ganz in der Ordnung!“ Auch die Ausführung der Vertheidigung entsprach nicht ganz unseren Anforderungen. So gewandt der Vertheidiger im Allgemeinen die Sache des Angeklagten führte, so sehr befremdete es uns, daß derselbe in diesem Prozeß, der doch in das politische Gebiet hinüberspielte, sich blos auf den physischen Standpunkt des Angeklagten stellte, und darzuthun suchte, wie der Angeklagte im trunkenen Zustande nicht jegliches Wort habe abwägen können, anstatt auch die politische Seite der Anklage zu berühren, sowohl vom Standpunkte des Angeklagten, als auch von dem des politischen Zeitlaufes und darauf hin die Nichtigkeit einer solchen veralteten Anklage nachzuweisen. Sie werden mir es nicht verdenken, diese Verhandlung etwas ausführlicher und weitläufiger beschrieben zu haben, denn es lag mir daran, Ihnen durch dieses einfache Beispiel einen Begriff beizubringen, wie in ganz Franken das Gericht den Willen der Gerechtigkeit und des Volkes respektirt, wie man überhaupt unsere allerhöchsten Märzverheißungen zur Geltung bringt und wie man uns selbst das Wenige von den sogenannten Märzerrungenschaften traurigen Andenkens zu verkümmern sucht. Hr. v. Kleinschrodt, Minister des Innern, arbeitet schon recht wacker daran, zur Freude seines Lehrers und Rathgebers Abel, uns ein niederträchtig reaktionäres Gesetz wegen Wiedereinführung der Kaution für Zeitschriften und eines Verbots des Kolportirens derselben zu oktroyiren. Alles natürlich auf Grund der ebenso farblosen, wässerlichen, mattherzigen und trotzdem ganz ohnmächtigen Grundrechte und des ebenso blödsinnigen Konstitutionalismus. Doch rütteln wir nicht weiter an dem tiefsinnigen Schlaf unserer Heulersippschaft und wenden wir unsern Blick zu einer freundlicheren Erscheinung. Am 2. April feierten wir einen Tag politischen Fortschrittes. Die erste großartige revolutionär-demokratische Demonstration in Franken, ein Kongreß baierischer Arbeiter, fand zu Nürnberg statt. Es handelte sich vorzugsweise um eine feste, verbrüderte Organisation aller bairischer Arbeitervereine und Aufstellung gemeinschaftlicher Statuten, um so nach einheitlichem Prinzipe handeln zu können. Der Kongreß, der im Hotel Bamberg tagte, war von 40 Vereinen beschickt, der überwiegenden Mehrzahl nach von fränkischen Arbeitervereinen. Außerdem waren auf demselben auch zwei auswärtige demokratische Celebritäten erschienen, Herr Born vom Leipziger Centralausschusse der Arbeitervereine (Redakteur der „Verbrüderung“) und der durch seine Verwickelungen mit der Würtemberger Polizei vielfach bekannte Redakteur Schiffterling aus Ulm. Ersterer (Born) wurde durch Akklamation zum Präsidenten ausgerufen. Die ersten Verhandlungen waren von dem thränenreichen Wasser demokratischer Sentimentalität zu sehr durchtränkt, als daß ich Ihnen weiter darüber zu berichten für nöthig fände. Die zweite Sitzung des Kongresses (am 3. April) ward früh 10 Uhr unter dem Vorsitze des Bürgers Born eröffnet; zum Schriftführer war Friedrich aus München bestimmt. Bei der Tagesordnung richtete man sich nach den provisorischen Statuten des Münchner Arbeitervereins. Artikel I. verlangt: Organisation und feste Verbrüderung der bairischen Arbeitervereine. Ehrstein und Hartling aus Würzburg machen den richtigen Vorschlag, diese Verbrüderung auch auf nichtbairische Vereine auszudehnen. Schiffterling (aus Ulm) unterstützte diesen. Arbeiter Niffle, der wegen eines Artikels 6 volle Monate lang einem halsstarrigem Staatsanwalt zu Liebe im Kerker gehalten und dann ohne alles Urtheil wieder an's Licht gesetzt wurde, macht einige faktische Bemerkungen zu dem Paragraphen. Angenommen wurden hierauf die Artikel: Die Arbeitervereine treten in Verbindung mit dem Centralvereine, und, nach dem Vorschlage von Schiffterling: die Arbeitervereine der Städte München, Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Neustadt a. d. Hardt (Rheinpfalz) Regensburg, Landshut haben als Vorort die Aufgabe, die in ihren Bezirken liegenden Vereine mit einander zu verbinden. (Bezirksvereine.) Ein Amendement Ehrliebs wird abgelehnt, der Zusatz von Hartling „Es bleibt jedem Vereinn unbenommen, welchem Vereine er sich anschließen will“ angenommen. Ebenso der folgende Artikel: Der Vorort der bairischen Arbeitervereine befindet sich für das nächste Halbjahr (April bis September) in München, seine Mitglieder werden von dem dortigen Vereine gewählt, er hat vorzüglich die Aufgabe die Angelegenheiten der bairischen Arbeiter gegenüber der Volksvertretung zu besorgen. 15 Kassel, 10. April. Heute Morgen sollte ein festlicher Zug stattfinden bei Gelegenheit der Pflanzung einer Eiche zu Ehren Robert Blums. Er kam aber nicht zu Stande, denn das gesammte kurhessische Armeecorps war aufgeboten worden. Garde-Leibregiment, Jäger, Artillerie und Husaren standen in Schlachtordnung mit scharfgeladenem Gewehr auf dem Friedrichsplatz, an welchem sich der Zug vorbeibewegen sollte. Den Abend zuvor war aus Auftrag kurfürstlichen Staatsministeriums von dem Stadtrathe als Vorstand der hiesigen Polizeiverwaltung ein Schreiben bei dem Volkscomité eingelaufen, wodurch das Entfalten jeder rothen Fahne als „Sinnbild der Republik und des Kommunismus“ verboten wurde. Bei Anblick dieser „imposanten Militärkräfte“ begab sich nun der Volksrath auf das Ministerium und erhielt allda Bescheid, man könne bei der verfassungsmäßigen Theilung der Gewalten es nur anerkennen, daß der konstitutionelle Kurfürst sich in Widerspruch mit dem Volkswillen setze. Könne nichts ohne ihn geschehen, so sei es noch viel weniger zu dulden, wenn etwas gegen ihn geschehe. Nun gelten zwar in Kurhessen die Grundrechte, auch hat man noch obendrein unter dem vielen Unrathe der Gesetzsammlung ein besonderes Gesetz zum Schutze der vaterländischen Versammlungs- und Associationsfreiheit, ‒ aber das Ministerium hatte den Muth der demokratischen Führer richtig beurtheilt. Der Zug soll indeß, wie ich höre, heute Mittag um 4 Uhr als „Spaziergang“ stattfinden. Frankfurt, 11. April. National-Versammlung. Vicepräsident Kirchgeßner zeigt den Austritt der Abgeordneten Schreiber aus Bielefeld, Bauernschmidt aus Wien, Haßler aus Ulm, v Senger aus Wirsitz im Großherzogthum Posen, Hildebrand aus Böhmen an. Ein durch das Reichsjustizministerium übergebenes Schreiben des östreichischen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt beantragt bei der National-Versammlung die Genehmigung zur Untersuchung und Haft gegen den Abg. Gritzner wegen der gegen ihn voliegenden Anschuldigung des Hochverraths. Der Abg. Gritzner reicht folgende schriftliche Erklärung ein: An das Präsidium der deutschen constituirenden National-Versammlung in Frankfurt. Verfolgt wegen meiner Theilnahme an den Wiener Oktoberereignissen ‒ selbst bis in Mitte der Paulskirche ‒ finde ich mich deshalb und auch aus andern wichtigen Gründen veranlaßt, aus einer Versammlung zu scheiden, deren Majorität dem deutschen Volke anstatt der verheißenen Freiheit nur Schmach und Unglück bereitet hat. Indem ich somit mein Mandat als Abgeordneter für den Kärntner Wahlbezirk St. Andre zurücklege, habe ich die Ehre, hiervon das Präsidium in die nöthige Kenntniß zu setzen. Frankfurt, am 10. April 1849. Max Jos. Gritzner. Archer interpellirt das Reichsministerium: ob das Gerücht, daß der Präsident und mehrere Mitglieder desselben den Abg. Simon und Genossen die Erklärung gegeben, sie würden keine Aenderung der Reichsverfassung zulassen, gegründet und ob diese Erklärung eine offizielle gewesen sei. „Edler“ v. Gagern: Die bezügliche Erklärung sei mit den Unterschriften in den Zeitungen erschienen; es sei also kein Anlaß vorhanden, von einem Gerüchte zu sprechen. Er habe sich für die Verfassung ausgesprochen, nicht weil sie in allen Punkten mit seiner Ueberzeugung übereinstimme, sondern weil er glaube, daß jeder Einzelne ein Opfer seinen Ansichten bringen müsse, damit die National-Versammlung etwas zu schaffen im Stande sei. Die Erklärung, welche er und mehrere andere Mitglieder des Reichsministeriums unterschrieben sei natürlich nur in ihrer Eigenschaft als Mitglied der National-Versammlung gegeben worden. Kriegsminister v. Peucker theilt mit, daß die eroberte Fregatte Gefion den Namen „Eckernförde“ erhalten habe und daß die Flagge derselben nach Frankfurt gebracht werden soll, um hier zur Ausstellung für Nationalbummler gebraucht zu werden. (Große Rührung.) Venedey erinnert an seinen frühern Antrag: daß Derjenige, der das erste feindliche Schiff erobere, eine Nationalbelohnung erhalte, und das Schiff den Namen Desjenigen führe, welcher zur Eroberung desselben am meisten beigetragen habe. (Worunter nach diesem Antrag Patriot Venedey selbst zu verstehen ist.) Präsident Simson erhält hierauf das Wort, um im Namen der nach Berlin entsendeten Deputation Bericht zu erstatten. Ueber den Empfang zu sprechen, hält er für zeitraubend, und will lieber gleich zu dem geschäftlichen Theil übergehen. Dieser geschäftliche Theil besteht in den bereits bekannten Thatsachen. Minister Brandenburg ließ sich die Anrede der Deputation vorher mittheilen, und theilte dafür zwei Mitgliedern der Deputation Einiges von der beabsichtigten Antwort des Königs mit. Aus Allem geht hervor, das der talentvolle König eine Improvisation ganz anderen Inhalts für passend hielt, als das ministerielle Textbuch lautete. Die Berathung über diese Antwort wurde durch die Einladung nach Charlottenburg unterbrochen, und ergab dann als Resultat das bekannte Biedermännische Schreiben an die Minister. Dies Schreiben, schließt Simson, war nöthig, um der Ansicht entgegenzutreten, als könne die Kaiserkrone ohne die vollständige Annahme der Verfassung angenommen werden. (Beifall links; gleichgültige Ruhe rechts) Auf Grund dieses Berichtes sind dem Vorsitzenden mehrere dringliche Anträge eingereicht, welche derselbe verliest. Die Herren Heckscher, v. Hermann u. A. stellen einen Dringlichkeitsantrag, es solle die Verfassung in den §§. 68-84 so abgeändert werden, daß der Abschn. 3, Art 1 laute: „Die Reichsregierung besteht aus einem Reichsstatthalter und sechs Regierungsmitgliedern (das alte Direktorium mit abwechselndem Vorsitz von Preußen und Oesterreich, und seinem Sitz in Frankfurt.)“ Ein zweiter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Kierulf, Vogt, Raveaux und Genossen will: „1) Die verfassunggebende Reichsversammlung erkläre feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung angenommenen und verkündeten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten. 2) Den Bericht der Deputation einem Ausschusse zur schleunigen Berichterstattung zu übergeben.“ Ein dritter dringlicher Antrag von M. Mohl, Ahrens, Römer und Uhland: „In Erwägung, daß die Antwort des Königs von Preußen als eine Ablehnung der Kaiserkrone zu betrachten ist, beschließe die Nationalversammlung: daß die Oberhauptsfrage als eine offene betrachtet werde und ein neuer Ausschuß von 30 Gliedern über dieselbe berathe und berichte.“ Verbesserungsanträge der Abg. Roßmäßler und Simon aus Trier zu dem Antrag des Abg. Kierulf wollen, daß in dem ersten Alinea desselben eine Anerkennung der Antwort der Deputation an daß preußische Ministerium ausgesprochen werde, und daß die Berathung über den Bericht des Ausschusses bis längstens Montag stattfinde. Ein vierter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Detmold, Gombart, Beisler, Somaruga und Genossen will, daß die Nationalversammlung sich auf vier Wochen vertage, um die Antworten der Regierungen abzuwarten. (Allgemeine Heiterkeit.) Abg. v. Mayfeld will, daß die Nationalversammlung einen Ausschuß von 30 Gliedern niedersetze, welcher über die Oberhauptsfrage berathe und berichte. Abg. v. Dieskau: Die Nationalversammlung beschließe, an die Stelle des Abschnitts „über das Oberhaupt“ zu setzen: „Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem von dem Volke auf 4 Jahre zu wählenden Präsidenten, dem ein Vicepräsident zur Seite steht, übertragen. Jeder Deutsche ist wählbar.“ Abg. Schütz aus Mainz u. G. stellen den Antrag, es werde unmittelbar auf Grund des vorliegenden Wahlgesetzes eine neue souveräne Nationalversammlung bis zum 1. Juni zusammenberufen. Bis dahin bleibt die Nationalversammlung permanent. Abg. Schlöffel beantragt, daß die Nationalversammlung beschließe, sie sei permanent, kein Staat dürfe den Abgeordneten das Mandat entziehen, das deutsche Volk möge dafür sorgen, daß die Nationalversammlung gegen sogenannte gesetzliche Streitkräfte geschützt werde. Statt der §§ 83, 84 setze man: „das Oberhaupt des deutschen Staates ist ein verantwortlicher Vollziehungsausschuß von 50 Gliedern, auf 4 Jahre durch das Volk zu wählen und der Volksvertretung verantwortlich“ Abg. Ahrens beantragt, daß der Bericht der Deputation und alle dazu eingereichten Dringlichkeitsanträge einem Ausschusse zur Berichterstattung übergeben werde. Der Vorsitzende stellt die Dringlichkeitsfragen; dem Antrage des Abg. Heckscher wird die Dringlichkeit nicht zuerkannt. Abg. Raveaux hat zuerst das Wort für seinen Antrag. Er begründet denselben in wenigen Worten: Halten wir zusammen, halten wir fest an der Souveränetät der Nation, das wird auf das Volk wirken, das wird auf die Fürsten wirken. (Bravo.) Abg. Wurm aus Hamburg: Ich bin der Meinung, man müsse sich die Grundsätze der Deputation aneignen; man kann noch weiter gehen, man kann der Meinung sein, der König von Preußen habe für seine Person abgelehnt, allein nicht im Namen Preußens. (Gelächter und Ruf: der Prinz von Preußen! Ich erkläre mich für den Antrag der Abgeordneten Kierulf, Vogt, Zell u. G. Abg. Simon von Trier fragt, ob der Ausschuß das Verhältniß der Antwort des Königs von Preußen zur deutschen Reichsverfassung aufklären und erst festsetzen solle. Dieses Verhältniß kann nicht zweifelhaft sein Er trägt darauf an, daß man die Antwort der Deputation anerkenne und erkläre, daß man an der ganzen Verfassung, wie sie vorliegt, festhalte. Unter dieser Verfassung sei es allen Parteien möglich, sich zu schaaren und deswegen halte seine Partei mit derselben. Der Redner wendet sich an die Abgeordneten der Rechten und der Centren. Meine Herren, Sie haben der äußersten Partei öfters Vorwürfe wegen ihrer Ungeduld gemacht, ich habe Ihnen entgegnet, daß Sie nur schwarzen Undank zu erwarten haben. Sie sehen, es ist so eingetroffen. Allein wir werden jetzt festhalten und uns zu Ihnen schaaren, um die Verfassung zu schützen. Aus den trüben Gewässern der vormärzlichen Diplomatie sind kalte Nebel aufgestiegen. Diese Nebel werden sich als Wolken zusammenziehen und wir werden ein verderbenschwangeres Gewitter haben, welches zunächst in den Thurm der Kirche einzuschlagen droht, in der wir sitzen. Wachen und sorgen Sie für einen Blitzableiter, welcher den Blitz von Ihnen ableite und auf die Häupter der sichtbaren Schuldigen schleudere. (Großer Beifall.) Abg. Simon war der letzte eingeschriebene Redner. Der Vorsitzende will die Dringlichkeitsfrage zu den übrigen Anträgen stellen. Ueber die Reihenfolge derselben entspinnt sich eine kleine Debatte. Nachdem allen übrigen Dringlichkeitsträgen die Dringlichkeit von der Versammlung nicht zuerkannt worden, wird zur Abstimmung über den Kierulf'schen bereits diskutirten Antrag geschritten. Ueber die Fragestellung desselben und der dazu von den Abgg. Simon aus Trier und Roßmäßler gestellten Verbesserungsanträge entspinnt sich eine kurze Debatte. Zuerst kommt der Antrag des Abg. Kierulf mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Simon aus Trier zur Abstimmung. Derselbe will, daß die Bestimmung der Bildung eines Ausschusses wegbleibe und die Anerkennung der Antwort der Deputation zu Eingang desselben ausgesprochen werde. Ueber den Kierulf'schen Antrag in Verbindung mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Ahrens, welcher verlangt, daß eine Bestimmung eingeschoben werde wodurch die Oberhauptsfrage als eine offene zu betrachten seie, über welche ein besonderer Ausschuß geeignete Vorschläge zu machen habe, wird namentlich abgestimmt. Der Ahrens'sche Verbesserungsantrag wird mit 328 gegen 106 Stimmen abgelehnt. Es wird sogleich zur namentlichen Abstimmung über den Kierulf'schen Antrag geschritten. Er lautet: „Die verfassunggebende Reichsversammlung, veranlaßt durch den Inhalt des von der Deputation erstatteten Berichts: 1) erklärt hierdurch feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung beschlossenen und verkündigten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten; 2) sie verweist den von der Deputation erstatteten Bericht an einen durch die Abtheilungen zu erwählenden Ausschuß von 30 Mitgliedern zur möglichst schleunigen Berichterstattung und zur Vorbereitung der Maßregeln, welche zur Durchführung der unter 1 gegebenen feierlichen Erklärung nöthig erscheinen.“ Der Antrag wird mit 276 gegen 159 Stimmen angenommen. Eine Stimme enthält sich der Abstimmung. Ungefähr 40 Abgeordnete der Linken reichen eine Erklärung ein, dahin lautend, daß sie sich deßwegen der Abstimmung enthalten, weil sie es für unlogisch und unpraktisch halten, an einem Kaiserthume ohne Kaiser festzuhalten. ‒ Die Versammlung beschließt, daß die Abtheilungen zur Wahl des Ausschusses morgen früh 9 Uhr zusammentreten. Nächste Sitzung: Freitag, 14. April. Tagesordnung: Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Berichte des volkswirthschaftlichen und des Prioritäts- und Petitionsausschusses. Schluß der Sitzung 2 1/2 Uhr. Italien. 103 Aus Piemont, 6. April. (Uebersetzung aus dem Italienischen). Republikanisch oder kosakisch, roth oder russisch (o rossi, o Russi), das wird auch hier immer mehr das Schiboleth der Parteien. Unser letztes Kriegsunglück hat wenigstens das Gute, daß es die Parteien scharf von einander geschieden und die schlaffen Vermittlerseelen in den Hintergrund geschleudert hat. Rossi oder Russi, Republikaner oder Verräther, Revolutionäre oder Knechte der Russen und Kroaten, das sind jetzt die beiden einzigen Parteien, die bei uns in Piemont etwas bedeuten, und die in diesem Augenblick unter den Mauern Genua's die Debatte mit Kanonenkugeln führen. Und wenn auch für den Augenblick die Russi die Oberhand behalten, die Zeit der Rossi ist nicht fern. Wir sehen hier, wie Sie wissen, von der deutschen Presse sehr wenig. Die Augsburger Allgemeine, ein paar Schweizer Blätter, das ist Alles. Ich habe in diesen Blättern sowohl wie in den französischen kontrerevolutionären Journalen (giornali codineschi) mehr als einmal den Vorwurf der Feigheit gegen uns Italiener ausgesprochen gefunden. Man beruft sich auf den unerhört schnellen Erfolg der Kaiserlichen, obwohl gerade diese Blätter am besten wissen, mit wie viel östreichischem Gold und piemontesischem Codini-Verrath dieser Erfolg erkauft war. Nicht allein, daß Ramorino offenen Verrath beging, offener und schmählicher als der, den man Grouchy bei Waterloo vorwarf; nicht allein, daß der Abentheurer Chrzanowski, der Empfohlene des Ordnungshelden Bugeaud, sich höchst zweideutig benahm, daß der Codino Della Marmora von vorn herein lieber gegen Toskana und Rom als gegen die Oestreicher gezogen wäre, daß er, der im Kampf gegen die Kroaten nicht zu finden war, sofort bei der Hand ist, wo es gilt, die Genuesische Revolution zu unterdrücken ‒ nicht genug mit alledem, hat die jesuitisch-militärisch-adlige Konspiration hier in Turin und besonders im Hauptquartier dafür zu sorgen gewußt, daß alle militärische Organisation gelöst und vernichtet wurde. Der Dienst der Verproviantirung, der Munitionszufuhren, der Lazarethe, Alles war urplötzlich unterbrochen und wie vernichtet. Alle Verbindung mit der Armee hörte auf, und das unfähige Ministerium war gegenüber dieser Desorganisation ohnmächtig und rathlos. Während wir hier ohne alle Nachrichten von der Armee waren, war der Sieg der Kaiserlichen bei Novara am 27. Mittags schon in Wien bekannt, wie Sie aus der Augsb. Ztg. gesehen haben werden! In demselben Maße aber wie die offizielle Regierungsorganisation gelähmt und gesprengt war, in demselben Maß entwickelte die geheime Organisation der Kamarilla ihre Thätigkeit. Der ganze Generalstab konspirirte mit den hiesigen Codini. Alle Operationspläne wurden verrathen und zugleich durch dieselben Offiziere vereitelt, von denen sie ausgeführt werden sollten. Die Ordonnanzen wurden spät, nachlässig oder gar nicht abgeschickt und kamen fast nie an. So kam es daß es auf dem Schlachtfeld von Novara nur die Hälfte der disponiblen Truppen den Oestreichern gegenüber stand und daß auch von dieser ein bedeutender Theil sich nicht schlug. Diejenigen aber, die sich schlugen, haben eine Tapferkeit bewiesen, die selbst unsern Feinden die höchste Achtung eingeflößt hat. Ich schrieb Ihnen schon neulich, daß der Verlust der Oestreicher weit bedeutender ist als der unsrige. In dem von der Augsb. Ztg. veröffentlichten offiziellen Bericht sagt Radetzki: „Die Regimenter und Bataillone der ersten Schlachtlinie haben jedes zehn bis zwölf todte oder verwundete Stabsoffiziere; und der Verlust der Soldaten beläuft sich auf zwei bis drei Tausend“. Diese Stelle ist in der Uebersetzung des Berichts, welche die offizielle Gazzetta privilegiata di Milano (und diese Angabe war noch unter der Wahrheit) veröffentlicht, mit Absicht ausgelassen. Auch die Stelle, worin die Besetzung von Alessandria als eine der Bedingungen des Waffenstillstands angegeben wird, findet sich nicht im italienischen Texte. Von den Proben der Tapferkeit, welche unser Volk in den blutigen Straßenkämpfen von Brescia und Genua abgelegt hat, brauche ich Ihnen wohl kaum zu sprechen. Die Details über Beide werden Ihnen bekannt sein. Zwei Tage heißer Schlacht, unterstütz durch Bombardement und Brandstiftung, brauchten die Barbaren ehe sie mit Brescia fertig wurden, mit einer Stadt, die, längst entwaffnet, im Kampfe selbst sich erst Waffen und Cartouchen erobern mußte! Und vollends Genua! Hier kämpfte das Volk von zwei Uhr Nachmittags bis den nächsten Morgen zehn Uhr gegen eine kompakte, in der Oberstadt am Spiritu Santo und auf der Piazza dell' Acquaverde vortheilhaft aufgestellte Militärmacht, und zwang sie zur Kapitulation. Männer und Weiber, Kinder und Greise, Priester und Mönche schlugen sich mit der Flinte in der Hand. Vor Allen aber die Arbeiter. Und in diesem Augenblick steht La Marmora vor den Thoren der Stadt, und muß der Kampf zwischen dem Volk und der Belagerungsarmee aufs Neue entbrannt sein. Gebe der Himmel dem tapfern Volk den Sieg. Ich muß noch einmal auf den Verrath zurückkommen, dem wir erlegen sind. Die zwischen unsern Codini und den Kaiserlichen abgeschlossene Konvention, war schon vor dem Feldzug notorisch bei den östreichischen Offizieren. Während in Mailand über Radetzki's Pläne die falschesten Gerüchte, z. B. von einem Rückzug hinter die Adda etc. etc., verbreitet wurden, erklärten östreichische Offiziere in vertrauten Zirkeln, sie seien von den Piemontesen gerufen, sie würden in Turin als Befreier von der Pöbelherrschaft einziehen, und zwar binnen drei Tagen. Ja, sie rühmten sich geradezu ihrer Verbindungen im piemontesischen Lager und in Turin. Die sardinische Flotte, die aus vier Fregatten und drei Dämpfern besteht, hat sich nicht gerührt. Sie konnte die östreichische Flotte während des kurzen Feldzugs vernichten, aber man zog es vor, sie in Unthätigkeit zu halten. Die östreichische Flotte, die bei Pola <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar271-2_006" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1532"/> Und jetzt kommt dieser Mensch und beantragt (Dideldum!) in einem konstitutionellen Staate, für welches Institut er immerwährend zu schwarmen vorgiebt, eine solche drakonische Strafe, wie sie selbst die heilige Hermandad Metternichscher Inquisition nicht verhängen wollte. Ist er ja doch auf dem besten Wege, sich in der „guten Meinung“ des Monarchen zu rehabilitiren! Selbst die durch und durch reaktionäre Richterklique leistete dem Antrage ihres konstitutionellen Kollegen, Staatsanwalt nicht Folge und verurtheilte (!) den Angeklagten, einen ganz vorzüglich beleumundeten, noch nie bestraften jungen Mann zu 6 Wochen verschärfter Gefängnißstrafe, blos weil er Demokrat ist. Die Verhandlung selbst war höchst unerquicklich. Der Präsident, ein unausstehlich quäkender, in der finsteren Schule der Inquisition groß gezogener Bureaukrat, leitete natürlich die Verhandlung ganz nach seinem Standrechtsgeschmack. Die Einsprache des Angeklagten wurde auf brutale Weise zurückgewiesen. (Schweig Er, Er hat das Wort nicht!) Die Entlastungszeugen, wenn sie wegen des ungewohnten Schauplatzes etwas verlegene Aussage erstatteten, ohne weitere Veranlassung als ungültig verworfen, den Belastungszeugen in gleichem Falle alle Worte in den Mund gestrichen oder auf den Weg geholfen, und so oft der Angeklagte oder dessen Vertheidiger die Belastungszeugen oder vielmehr Denuncianten wegen der Verschiedenheit ihrer früheren und ihrer gegenwärtigen Aussage zur Rede stellen wollten, dieses verhinderte mit der höchst genialen und hämisch ausgesprochenen Begütigungsphrase an den Interpellirten: „Sei Er nur ganz ruhig; Er hat seinen Eid geleistet (wie standgerecht logisch!), seine Aussage ist ganz in der Ordnung!“ Auch die Ausführung der Vertheidigung entsprach nicht ganz unseren Anforderungen. So gewandt der Vertheidiger im Allgemeinen die Sache des Angeklagten führte, so sehr befremdete es uns, daß derselbe in diesem Prozeß, der doch in das politische Gebiet hinüberspielte, sich blos auf den physischen Standpunkt des Angeklagten stellte, und darzuthun suchte, wie der Angeklagte im trunkenen Zustande nicht jegliches Wort habe abwägen können, anstatt auch die politische Seite der Anklage zu berühren, sowohl vom Standpunkte des Angeklagten, als auch von dem des politischen Zeitlaufes und darauf hin die Nichtigkeit einer solchen veralteten Anklage nachzuweisen.</p> <p>Sie werden mir es nicht verdenken, diese Verhandlung etwas ausführlicher und weitläufiger beschrieben zu haben, denn es lag mir daran, Ihnen durch dieses einfache Beispiel einen Begriff beizubringen, wie in ganz Franken das Gericht den Willen der Gerechtigkeit und des Volkes respektirt, wie man überhaupt unsere allerhöchsten Märzverheißungen zur Geltung bringt und wie man uns selbst das Wenige von den sogenannten Märzerrungenschaften traurigen Andenkens zu verkümmern sucht.</p> <p>Hr. v. Kleinschrodt, Minister des Innern, arbeitet schon recht wacker daran, zur Freude seines Lehrers und Rathgebers Abel, uns ein niederträchtig reaktionäres Gesetz wegen Wiedereinführung der Kaution für Zeitschriften und eines Verbots des Kolportirens derselben zu oktroyiren. Alles natürlich auf Grund der ebenso farblosen, wässerlichen, mattherzigen und trotzdem ganz ohnmächtigen Grundrechte und des ebenso blödsinnigen Konstitutionalismus. Doch rütteln wir nicht weiter an dem tiefsinnigen Schlaf unserer Heulersippschaft und wenden wir unsern Blick zu einer freundlicheren Erscheinung.</p> <p>Am 2. April feierten wir einen Tag politischen Fortschrittes. Die erste großartige revolutionär-demokratische Demonstration in Franken, ein Kongreß baierischer Arbeiter, fand zu Nürnberg statt. Es handelte sich vorzugsweise um eine feste, verbrüderte Organisation aller bairischer Arbeitervereine und Aufstellung gemeinschaftlicher Statuten, um so nach einheitlichem Prinzipe handeln zu können. Der Kongreß, der im Hotel Bamberg tagte, war von 40 Vereinen beschickt, der überwiegenden Mehrzahl nach von fränkischen Arbeitervereinen. Außerdem waren auf demselben auch zwei auswärtige demokratische Celebritäten erschienen, Herr Born vom Leipziger Centralausschusse der Arbeitervereine (Redakteur der „Verbrüderung“) und der durch seine Verwickelungen mit der Würtemberger Polizei vielfach bekannte Redakteur Schiffterling aus Ulm. Ersterer (Born) wurde durch Akklamation zum Präsidenten ausgerufen. Die ersten Verhandlungen waren von dem thränenreichen Wasser demokratischer Sentimentalität zu sehr durchtränkt, als daß ich Ihnen weiter darüber zu berichten für nöthig fände.</p> <p>Die zweite Sitzung des Kongresses (am 3. April) ward früh 10 Uhr unter dem Vorsitze des Bürgers Born eröffnet; zum Schriftführer war Friedrich aus München bestimmt. Bei der Tagesordnung richtete man sich nach den provisorischen Statuten des Münchner Arbeitervereins. Artikel I. verlangt: Organisation und feste Verbrüderung der bairischen Arbeitervereine. Ehrstein und Hartling aus Würzburg machen den richtigen Vorschlag, diese Verbrüderung auch auf nichtbairische Vereine auszudehnen. Schiffterling (aus Ulm) unterstützte diesen.</p> <p>Arbeiter Niffle, der wegen eines Artikels 6 volle Monate lang einem halsstarrigem Staatsanwalt zu Liebe im Kerker gehalten und dann ohne alles Urtheil wieder an's Licht gesetzt wurde, macht einige faktische Bemerkungen zu dem Paragraphen. Angenommen wurden hierauf die Artikel: Die Arbeitervereine treten in Verbindung mit dem Centralvereine, und, nach dem Vorschlage von Schiffterling: die Arbeitervereine der Städte München, Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Neustadt a. d. Hardt (Rheinpfalz) Regensburg, Landshut haben als Vorort die Aufgabe, die in ihren Bezirken liegenden Vereine mit einander zu verbinden. (Bezirksvereine.) Ein Amendement Ehrliebs wird abgelehnt, der Zusatz von Hartling „Es bleibt jedem Vereinn unbenommen, welchem Vereine er sich anschließen will“ angenommen. Ebenso der folgende Artikel: Der Vorort der bairischen Arbeitervereine befindet sich für das nächste Halbjahr (April bis September) in München, seine Mitglieder werden von dem dortigen Vereine gewählt, er hat vorzüglich die Aufgabe die Angelegenheiten der bairischen Arbeiter gegenüber der Volksvertretung zu besorgen.</p> </div> <div xml:id="ar271-2_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Kassel, 10. April.</head> <p>Heute Morgen sollte ein festlicher Zug stattfinden bei Gelegenheit der Pflanzung einer Eiche zu Ehren Robert Blums. Er kam aber nicht zu Stande, denn das gesammte kurhessische Armeecorps war aufgeboten worden. Garde-Leibregiment, Jäger, Artillerie und Husaren standen in Schlachtordnung mit scharfgeladenem Gewehr auf dem Friedrichsplatz, an welchem sich der Zug vorbeibewegen sollte. Den Abend zuvor war aus Auftrag kurfürstlichen Staatsministeriums von dem Stadtrathe als Vorstand der hiesigen Polizeiverwaltung ein Schreiben bei dem Volkscomité eingelaufen, wodurch das Entfalten jeder rothen Fahne als „Sinnbild der Republik und des Kommunismus“ verboten wurde. Bei Anblick dieser „imposanten Militärkräfte“ begab sich nun der Volksrath auf das Ministerium und erhielt allda Bescheid, man könne bei der verfassungsmäßigen Theilung der Gewalten es nur anerkennen, daß der konstitutionelle Kurfürst sich in Widerspruch mit dem Volkswillen setze. Könne nichts ohne ihn geschehen, so sei es noch viel weniger zu dulden, wenn etwas <hi rendition="#g">gegen</hi> ihn geschehe. Nun gelten zwar in Kurhessen die Grundrechte, auch hat man noch obendrein unter dem vielen Unrathe der Gesetzsammlung ein besonderes Gesetz zum Schutze der vaterländischen Versammlungs- und Associationsfreiheit, ‒ aber das Ministerium hatte den Muth der demokratischen Führer richtig beurtheilt. Der Zug soll indeß, wie ich höre, heute Mittag um 4 Uhr als „Spaziergang“ stattfinden.</p> </div> <div xml:id="ar271-2_008" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 11. April. National-Versammlung.</head> <p>Vicepräsident <hi rendition="#g">Kirchgeßner</hi> zeigt den Austritt der Abgeordneten Schreiber aus Bielefeld, Bauernschmidt aus Wien, Haßler aus Ulm, v Senger aus Wirsitz im Großherzogthum Posen, Hildebrand aus Böhmen an.</p> <p>Ein durch das Reichsjustizministerium übergebenes Schreiben des östreichischen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt beantragt bei der National-Versammlung die Genehmigung zur Untersuchung und Haft gegen den Abg. Gritzner wegen der gegen ihn voliegenden Anschuldigung des Hochverraths.</p> <p>Der Abg. Gritzner reicht folgende schriftliche Erklärung ein:</p> <p>An das</p> <p>Präsidium der deutschen constituirenden National-Versammlung</p> <p>in Frankfurt.</p> <p>Verfolgt wegen meiner Theilnahme an den Wiener Oktoberereignissen ‒ selbst bis in Mitte der Paulskirche ‒ finde ich mich deshalb und auch aus andern wichtigen Gründen veranlaßt, aus einer Versammlung zu scheiden, <hi rendition="#g">deren Majorität dem deutschen Volke anstatt der verheißenen Freiheit nur Schmach und Unglück bereitet hat.</hi> Indem ich somit mein Mandat als Abgeordneter für den Kärntner Wahlbezirk St. Andre zurücklege, habe ich die Ehre, hiervon das Präsidium in die nöthige Kenntniß zu setzen.</p> <p>Frankfurt, am 10. April 1849.</p> <p> <hi rendition="#g">Max Jos. Gritzner.</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Archer</hi> interpellirt das Reichsministerium: ob das Gerücht, daß der Präsident und mehrere Mitglieder desselben den Abg. Simon und Genossen die Erklärung gegeben, sie würden keine Aenderung der Reichsverfassung zulassen, gegründet und ob diese Erklärung eine offizielle gewesen sei.</p> <p>„Edler“ <hi rendition="#g">v. Gagern:</hi> Die bezügliche Erklärung sei mit den Unterschriften in den Zeitungen erschienen; es sei also kein Anlaß vorhanden, von einem Gerüchte zu sprechen. Er habe sich für die Verfassung ausgesprochen, nicht weil sie in allen Punkten mit seiner Ueberzeugung übereinstimme, sondern weil er glaube, daß jeder Einzelne ein Opfer seinen Ansichten bringen müsse, damit die National-Versammlung etwas zu schaffen im Stande sei. Die Erklärung, welche er und mehrere andere Mitglieder des Reichsministeriums unterschrieben sei natürlich nur in ihrer Eigenschaft als Mitglied der National-Versammlung gegeben worden.</p> <p>Kriegsminister <hi rendition="#g">v. Peucker</hi> theilt mit, daß die eroberte Fregatte Gefion den Namen „Eckernförde“ erhalten habe und daß die Flagge derselben nach Frankfurt gebracht werden soll, um hier zur Ausstellung für Nationalbummler gebraucht zu werden. (Große Rührung.)</p> <p><hi rendition="#g">Venedey</hi> erinnert an seinen frühern Antrag: daß Derjenige, der das erste feindliche Schiff erobere, eine Nationalbelohnung erhalte, und das Schiff den Namen Desjenigen führe, welcher zur Eroberung desselben am meisten beigetragen habe. (Worunter nach diesem Antrag Patriot Venedey selbst zu verstehen ist.)</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Simson</hi> erhält hierauf das Wort, um im Namen der nach Berlin entsendeten Deputation Bericht zu erstatten. Ueber den Empfang zu sprechen, hält er für zeitraubend, und will lieber gleich zu dem geschäftlichen Theil übergehen. Dieser geschäftliche Theil besteht in den bereits bekannten Thatsachen. Minister Brandenburg ließ sich die Anrede der Deputation vorher mittheilen, und theilte dafür zwei Mitgliedern der Deputation Einiges von der <hi rendition="#g">beabsichtigten</hi> Antwort des Königs mit. Aus Allem geht hervor, das der talentvolle König eine Improvisation ganz anderen Inhalts für passend hielt, als das ministerielle Textbuch lautete. Die Berathung über diese Antwort wurde durch die Einladung nach Charlottenburg unterbrochen, und ergab dann als Resultat das bekannte Biedermännische Schreiben an die Minister. Dies Schreiben, schließt Simson, war nöthig, um der Ansicht entgegenzutreten, als könne die Kaiserkrone <hi rendition="#g">ohne die vollständige Annahme der Verfassung</hi> angenommen werden. (Beifall links; gleichgültige Ruhe rechts)</p> <p>Auf Grund dieses Berichtes sind dem Vorsitzenden mehrere dringliche Anträge eingereicht, welche derselbe verliest.</p> <p>Die Herren <hi rendition="#g">Heckscher, v. Hermann u. A.</hi> stellen einen Dringlichkeitsantrag, es solle die Verfassung in den §§. 68-84 so abgeändert werden, daß der Abschn. 3, Art 1 laute:</p> <p>„Die Reichsregierung besteht aus einem Reichsstatthalter und sechs Regierungsmitgliedern (das alte Direktorium mit abwechselndem Vorsitz von Preußen und Oesterreich, und seinem Sitz in Frankfurt.)“ Ein zweiter Dringlichkeitsantrag der Abgg. <hi rendition="#g">Kierulf, Vogt, Raveaux</hi> und Genossen will:</p> <p>„1) Die verfassunggebende Reichsversammlung erkläre feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung angenommenen und verkündeten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten. 2) Den Bericht der Deputation einem Ausschusse zur schleunigen Berichterstattung zu übergeben.“</p> <p>Ein dritter dringlicher Antrag von <hi rendition="#g">M. Mohl, Ahrens, Römer</hi> und <hi rendition="#g">Uhland:</hi> </p> <p>„In Erwägung, daß die Antwort des Königs von Preußen als eine Ablehnung der Kaiserkrone zu betrachten ist, beschließe die Nationalversammlung: daß die Oberhauptsfrage als eine offene betrachtet werde und ein neuer Ausschuß von 30 Gliedern über dieselbe berathe und berichte.“</p> <p>Verbesserungsanträge der Abg. <hi rendition="#g">Roßmäßler</hi> und Simon aus Trier zu dem Antrag des Abg. Kierulf wollen, daß in dem ersten Alinea desselben eine Anerkennung der Antwort der Deputation an daß preußische Ministerium ausgesprochen werde, und daß die Berathung über den Bericht des Ausschusses bis längstens Montag stattfinde.</p> <p>Ein vierter Dringlichkeitsantrag der Abgg. <hi rendition="#g">Detmold, Gombart, Beisler, Somaruga</hi> und Genossen will, daß die Nationalversammlung sich auf vier Wochen vertage, um die Antworten der Regierungen abzuwarten. (Allgemeine Heiterkeit.)</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">v. Mayfeld</hi> will, daß die Nationalversammlung einen Ausschuß von 30 Gliedern niedersetze, welcher über die Oberhauptsfrage berathe und berichte.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">v. Dieskau:</hi> Die Nationalversammlung beschließe, an die Stelle des Abschnitts „über das Oberhaupt“ zu setzen:</p> <p>„Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem von dem Volke auf 4 Jahre zu wählenden Präsidenten, dem ein Vicepräsident zur Seite steht, übertragen. Jeder Deutsche ist wählbar.“</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Schütz</hi> aus Mainz u. G. stellen den Antrag, es werde unmittelbar auf Grund des vorliegenden Wahlgesetzes eine neue souveräne Nationalversammlung bis zum 1. Juni zusammenberufen. Bis dahin bleibt die Nationalversammlung permanent.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Schlöffel</hi> beantragt, daß die Nationalversammlung beschließe, sie sei permanent, kein Staat dürfe den Abgeordneten das Mandat entziehen, das deutsche Volk möge dafür sorgen, daß die Nationalversammlung gegen sogenannte gesetzliche Streitkräfte geschützt werde. Statt der §§ 83, 84 setze man:</p> <p>„das Oberhaupt des deutschen Staates ist ein verantwortlicher Vollziehungsausschuß von 50 Gliedern, auf 4 Jahre durch das Volk zu wählen und der Volksvertretung verantwortlich“</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Ahrens</hi> beantragt, daß der Bericht der Deputation und alle dazu eingereichten Dringlichkeitsanträge einem Ausschusse zur Berichterstattung übergeben werde.</p> <p>Der Vorsitzende stellt die Dringlichkeitsfragen; dem Antrage des Abg. Heckscher wird die Dringlichkeit nicht zuerkannt.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Raveaux</hi> hat zuerst das Wort für seinen Antrag. Er begründet denselben in wenigen Worten: Halten wir zusammen, halten wir fest an der Souveränetät der Nation, das wird auf das Volk wirken, das wird auf die Fürsten wirken. (Bravo.)</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Wurm</hi> aus Hamburg: Ich bin der Meinung, man müsse sich die Grundsätze der Deputation aneignen; man kann noch weiter gehen, man kann der Meinung sein, der König von Preußen habe für seine Person abgelehnt, allein nicht im Namen Preußens. (Gelächter und Ruf: der Prinz von Preußen! Ich erkläre mich für den Antrag der Abgeordneten Kierulf, Vogt, Zell u. G.</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Simon</hi> von Trier fragt, ob der Ausschuß das Verhältniß der Antwort des Königs von Preußen zur deutschen Reichsverfassung aufklären und erst festsetzen solle. Dieses Verhältniß kann nicht zweifelhaft sein Er trägt darauf an, daß man die Antwort der Deputation anerkenne und erkläre, daß man an der ganzen Verfassung, wie sie vorliegt, festhalte. Unter dieser Verfassung sei es allen Parteien möglich, sich zu schaaren und deswegen halte seine Partei mit derselben. Der Redner wendet sich an die Abgeordneten der Rechten und der Centren. Meine Herren, Sie haben der äußersten Partei öfters Vorwürfe wegen ihrer Ungeduld gemacht, ich habe Ihnen entgegnet, daß Sie nur schwarzen Undank zu erwarten haben. Sie sehen, es ist so eingetroffen. Allein wir werden jetzt festhalten und uns zu Ihnen schaaren, um die Verfassung zu schützen. Aus den trüben Gewässern der vormärzlichen Diplomatie sind kalte Nebel aufgestiegen.</p> <p>Diese Nebel werden sich als Wolken zusammenziehen und wir werden ein verderbenschwangeres Gewitter haben, welches zunächst in den Thurm der Kirche einzuschlagen droht, in der wir sitzen. Wachen und sorgen Sie für einen Blitzableiter, welcher den Blitz von Ihnen ableite und auf die Häupter der sichtbaren Schuldigen schleudere. (Großer Beifall.)</p> <p>Abg. <hi rendition="#g">Simon</hi> war der letzte eingeschriebene Redner. Der Vorsitzende will die Dringlichkeitsfrage zu den übrigen Anträgen stellen. Ueber die Reihenfolge derselben entspinnt sich eine kleine Debatte. Nachdem allen übrigen Dringlichkeitsträgen die Dringlichkeit von der Versammlung nicht zuerkannt worden, wird zur Abstimmung über den Kierulf'schen bereits diskutirten Antrag geschritten. Ueber die Fragestellung desselben und der dazu von den Abgg. Simon aus Trier und Roßmäßler gestellten Verbesserungsanträge entspinnt sich eine kurze Debatte. Zuerst kommt der Antrag des Abg. Kierulf mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Simon aus Trier zur Abstimmung. Derselbe will, daß die Bestimmung der Bildung eines Ausschusses wegbleibe und die Anerkennung der Antwort der Deputation zu Eingang desselben ausgesprochen werde. Ueber den Kierulf'schen Antrag in Verbindung mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Ahrens, welcher verlangt, daß eine Bestimmung eingeschoben werde wodurch die Oberhauptsfrage als eine offene zu betrachten seie, über welche ein besonderer Ausschuß geeignete Vorschläge zu machen habe, wird namentlich abgestimmt. Der Ahrens'sche Verbesserungsantrag wird mit 328 gegen 106 Stimmen abgelehnt. Es wird sogleich zur namentlichen Abstimmung über den Kierulf'schen Antrag geschritten. Er lautet:</p> <p>„Die verfassunggebende Reichsversammlung, veranlaßt durch den Inhalt des von der Deputation erstatteten Berichts: 1) erklärt hierdurch feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung beschlossenen und verkündigten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten; 2) sie verweist den von der Deputation erstatteten Bericht an einen durch die Abtheilungen zu erwählenden Ausschuß von 30 Mitgliedern zur möglichst schleunigen Berichterstattung und zur Vorbereitung der Maßregeln, welche zur Durchführung der unter 1 gegebenen feierlichen Erklärung nöthig erscheinen.“</p> <p><hi rendition="#g">Der Antrag wird mit 276 gegen 159 Stimmen angenommen.</hi> Eine Stimme enthält sich der Abstimmung. Ungefähr 40 Abgeordnete der Linken reichen eine Erklärung ein, dahin lautend, daß sie sich deßwegen der Abstimmung enthalten, weil sie es für unlogisch und unpraktisch halten, an einem Kaiserthume ohne Kaiser festzuhalten. ‒ Die Versammlung beschließt, daß die Abtheilungen zur Wahl des Ausschusses morgen früh 9 Uhr zusammentreten. Nächste Sitzung: Freitag, 14. April. Tagesordnung: Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Berichte des volkswirthschaftlichen und des Prioritäts- und Petitionsausschusses.</p> <p>Schluß der Sitzung 2 1/2 Uhr.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar271-2_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Aus Piemont, 6. April.</head> <p>(Uebersetzung aus dem Italienischen). Republikanisch oder kosakisch, <hi rendition="#g">roth</hi> oder <hi rendition="#g">russisch</hi> (o rossi, o Russi), das wird auch hier immer mehr das Schiboleth der Parteien. Unser letztes Kriegsunglück hat wenigstens das Gute, daß es die Parteien scharf von einander geschieden und die schlaffen Vermittlerseelen in den Hintergrund geschleudert hat. Rossi oder Russi, Republikaner oder Verräther, Revolutionäre oder Knechte der Russen und Kroaten, das sind jetzt die beiden einzigen Parteien, die bei uns in Piemont etwas bedeuten, und die in diesem Augenblick unter den Mauern Genua's die Debatte mit Kanonenkugeln führen. Und wenn auch für den Augenblick die Russi die Oberhand behalten, die Zeit der Rossi ist nicht fern.</p> <p>Wir sehen hier, wie Sie wissen, von der deutschen Presse sehr wenig. Die Augsburger Allgemeine, ein paar Schweizer Blätter, das ist Alles. Ich habe in diesen Blättern sowohl wie in den französischen kontrerevolutionären Journalen (giornali codineschi) mehr als einmal den Vorwurf der Feigheit gegen uns Italiener ausgesprochen gefunden. Man beruft sich auf den unerhört schnellen Erfolg der Kaiserlichen, obwohl gerade <hi rendition="#g">diese</hi> Blätter am besten wissen, mit wie viel östreichischem Gold und piemontesischem Codini-Verrath dieser Erfolg <hi rendition="#g">erkauft</hi> war. Nicht allein, daß Ramorino offenen Verrath beging, offener und schmählicher als der, den man Grouchy bei Waterloo vorwarf; nicht allein, daß der Abentheurer Chrzanowski, der Empfohlene des Ordnungshelden Bugeaud, sich höchst zweideutig benahm, daß der Codino Della Marmora von vorn herein lieber gegen Toskana und Rom als gegen die Oestreicher gezogen wäre, daß er, der im Kampf gegen die Kroaten nicht zu finden war, sofort bei der Hand ist, wo es gilt, die Genuesische Revolution zu unterdrücken ‒ nicht genug mit alledem, hat die jesuitisch-militärisch-adlige Konspiration hier in Turin und besonders im Hauptquartier dafür zu sorgen gewußt, daß alle militärische Organisation gelöst und vernichtet wurde. Der Dienst der Verproviantirung, der Munitionszufuhren, der Lazarethe, Alles war urplötzlich unterbrochen und wie vernichtet. Alle Verbindung mit der Armee hörte auf, und das unfähige Ministerium war gegenüber dieser Desorganisation ohnmächtig und rathlos. Während wir hier ohne alle Nachrichten von der Armee waren, war der Sieg der Kaiserlichen bei Novara am 27. Mittags schon in Wien bekannt, wie Sie aus der Augsb. Ztg. gesehen haben werden! In demselben Maße aber wie die offizielle Regierungsorganisation gelähmt und gesprengt war, in demselben Maß entwickelte die <hi rendition="#g">geheime</hi> Organisation der Kamarilla ihre Thätigkeit. Der ganze Generalstab konspirirte mit den hiesigen Codini. Alle Operationspläne wurden verrathen und zugleich durch dieselben Offiziere vereitelt, von denen sie ausgeführt werden sollten. Die Ordonnanzen wurden spät, nachlässig oder gar nicht abgeschickt und kamen fast nie an. So kam es daß es auf dem Schlachtfeld von Novara nur die Hälfte der disponiblen Truppen den Oestreichern gegenüber stand und daß auch von dieser ein bedeutender Theil sich nicht schlug. Diejenigen aber, die sich schlugen, haben eine Tapferkeit bewiesen, die selbst unsern Feinden die höchste Achtung eingeflößt hat. Ich schrieb Ihnen schon neulich, daß der Verlust der Oestreicher weit bedeutender ist als der unsrige. In dem von der Augsb. Ztg. veröffentlichten offiziellen Bericht sagt Radetzki: „Die Regimenter und Bataillone der ersten Schlachtlinie haben jedes zehn bis zwölf todte oder verwundete Stabsoffiziere; und der Verlust der Soldaten beläuft sich auf zwei bis drei Tausend“. Diese Stelle ist in der Uebersetzung des Berichts, welche die offizielle Gazzetta privilegiata di Milano (und diese Angabe war <hi rendition="#g">noch unter</hi> der Wahrheit) veröffentlicht, <hi rendition="#g">mit Absicht ausgelassen.</hi> Auch die Stelle, worin die Besetzung von Alessandria als eine der Bedingungen des Waffenstillstands angegeben wird, findet sich nicht im italienischen Texte.</p> <p>Von den Proben der Tapferkeit, welche unser Volk in den blutigen Straßenkämpfen von Brescia und Genua abgelegt hat, brauche ich Ihnen wohl kaum zu sprechen. Die Details über Beide werden Ihnen bekannt sein. Zwei Tage heißer Schlacht, unterstütz durch Bombardement und Brandstiftung, brauchten die Barbaren ehe sie mit Brescia fertig wurden, mit einer Stadt, die, längst entwaffnet, im Kampfe selbst sich erst Waffen und Cartouchen erobern mußte! Und vollends Genua! Hier kämpfte das Volk von zwei Uhr Nachmittags bis den nächsten Morgen zehn Uhr gegen eine kompakte, in der Oberstadt am Spiritu Santo und auf der Piazza dell' Acquaverde vortheilhaft aufgestellte Militärmacht, und zwang sie zur Kapitulation. Männer und Weiber, Kinder und Greise, Priester und Mönche schlugen sich mit der Flinte in der Hand. Vor Allen aber die Arbeiter. Und in diesem Augenblick steht La Marmora vor den Thoren der Stadt, und muß der Kampf zwischen dem Volk und der Belagerungsarmee aufs Neue entbrannt sein. Gebe der Himmel dem tapfern Volk den Sieg.</p> <p>Ich muß noch einmal auf den Verrath zurückkommen, dem wir erlegen sind. Die zwischen unsern Codini und den Kaiserlichen abgeschlossene Konvention, war schon vor dem Feldzug notorisch bei den östreichischen Offizieren. Während in Mailand über Radetzki's Pläne die falschesten Gerüchte, z. B. von einem Rückzug hinter die Adda etc. etc., verbreitet wurden, erklärten östreichische Offiziere in vertrauten Zirkeln, sie seien von den Piemontesen gerufen, sie würden in Turin als Befreier von der Pöbelherrschaft einziehen, und zwar <hi rendition="#g">binnen drei Tagen.</hi> Ja, sie rühmten sich geradezu ihrer Verbindungen im piemontesischen Lager und in Turin.</p> <p>Die sardinische Flotte, die aus vier Fregatten und drei Dämpfern besteht, hat sich nicht gerührt. Sie konnte die östreichische Flotte während des kurzen Feldzugs vernichten, aber man zog es vor, sie in Unthätigkeit zu halten. Die östreichische Flotte, die bei Pola </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1532/0002]
Und jetzt kommt dieser Mensch und beantragt (Dideldum!) in einem konstitutionellen Staate, für welches Institut er immerwährend zu schwarmen vorgiebt, eine solche drakonische Strafe, wie sie selbst die heilige Hermandad Metternichscher Inquisition nicht verhängen wollte. Ist er ja doch auf dem besten Wege, sich in der „guten Meinung“ des Monarchen zu rehabilitiren! Selbst die durch und durch reaktionäre Richterklique leistete dem Antrage ihres konstitutionellen Kollegen, Staatsanwalt nicht Folge und verurtheilte (!) den Angeklagten, einen ganz vorzüglich beleumundeten, noch nie bestraften jungen Mann zu 6 Wochen verschärfter Gefängnißstrafe, blos weil er Demokrat ist. Die Verhandlung selbst war höchst unerquicklich. Der Präsident, ein unausstehlich quäkender, in der finsteren Schule der Inquisition groß gezogener Bureaukrat, leitete natürlich die Verhandlung ganz nach seinem Standrechtsgeschmack. Die Einsprache des Angeklagten wurde auf brutale Weise zurückgewiesen. (Schweig Er, Er hat das Wort nicht!) Die Entlastungszeugen, wenn sie wegen des ungewohnten Schauplatzes etwas verlegene Aussage erstatteten, ohne weitere Veranlassung als ungültig verworfen, den Belastungszeugen in gleichem Falle alle Worte in den Mund gestrichen oder auf den Weg geholfen, und so oft der Angeklagte oder dessen Vertheidiger die Belastungszeugen oder vielmehr Denuncianten wegen der Verschiedenheit ihrer früheren und ihrer gegenwärtigen Aussage zur Rede stellen wollten, dieses verhinderte mit der höchst genialen und hämisch ausgesprochenen Begütigungsphrase an den Interpellirten: „Sei Er nur ganz ruhig; Er hat seinen Eid geleistet (wie standgerecht logisch!), seine Aussage ist ganz in der Ordnung!“ Auch die Ausführung der Vertheidigung entsprach nicht ganz unseren Anforderungen. So gewandt der Vertheidiger im Allgemeinen die Sache des Angeklagten führte, so sehr befremdete es uns, daß derselbe in diesem Prozeß, der doch in das politische Gebiet hinüberspielte, sich blos auf den physischen Standpunkt des Angeklagten stellte, und darzuthun suchte, wie der Angeklagte im trunkenen Zustande nicht jegliches Wort habe abwägen können, anstatt auch die politische Seite der Anklage zu berühren, sowohl vom Standpunkte des Angeklagten, als auch von dem des politischen Zeitlaufes und darauf hin die Nichtigkeit einer solchen veralteten Anklage nachzuweisen.
Sie werden mir es nicht verdenken, diese Verhandlung etwas ausführlicher und weitläufiger beschrieben zu haben, denn es lag mir daran, Ihnen durch dieses einfache Beispiel einen Begriff beizubringen, wie in ganz Franken das Gericht den Willen der Gerechtigkeit und des Volkes respektirt, wie man überhaupt unsere allerhöchsten Märzverheißungen zur Geltung bringt und wie man uns selbst das Wenige von den sogenannten Märzerrungenschaften traurigen Andenkens zu verkümmern sucht.
Hr. v. Kleinschrodt, Minister des Innern, arbeitet schon recht wacker daran, zur Freude seines Lehrers und Rathgebers Abel, uns ein niederträchtig reaktionäres Gesetz wegen Wiedereinführung der Kaution für Zeitschriften und eines Verbots des Kolportirens derselben zu oktroyiren. Alles natürlich auf Grund der ebenso farblosen, wässerlichen, mattherzigen und trotzdem ganz ohnmächtigen Grundrechte und des ebenso blödsinnigen Konstitutionalismus. Doch rütteln wir nicht weiter an dem tiefsinnigen Schlaf unserer Heulersippschaft und wenden wir unsern Blick zu einer freundlicheren Erscheinung.
Am 2. April feierten wir einen Tag politischen Fortschrittes. Die erste großartige revolutionär-demokratische Demonstration in Franken, ein Kongreß baierischer Arbeiter, fand zu Nürnberg statt. Es handelte sich vorzugsweise um eine feste, verbrüderte Organisation aller bairischer Arbeitervereine und Aufstellung gemeinschaftlicher Statuten, um so nach einheitlichem Prinzipe handeln zu können. Der Kongreß, der im Hotel Bamberg tagte, war von 40 Vereinen beschickt, der überwiegenden Mehrzahl nach von fränkischen Arbeitervereinen. Außerdem waren auf demselben auch zwei auswärtige demokratische Celebritäten erschienen, Herr Born vom Leipziger Centralausschusse der Arbeitervereine (Redakteur der „Verbrüderung“) und der durch seine Verwickelungen mit der Würtemberger Polizei vielfach bekannte Redakteur Schiffterling aus Ulm. Ersterer (Born) wurde durch Akklamation zum Präsidenten ausgerufen. Die ersten Verhandlungen waren von dem thränenreichen Wasser demokratischer Sentimentalität zu sehr durchtränkt, als daß ich Ihnen weiter darüber zu berichten für nöthig fände.
Die zweite Sitzung des Kongresses (am 3. April) ward früh 10 Uhr unter dem Vorsitze des Bürgers Born eröffnet; zum Schriftführer war Friedrich aus München bestimmt. Bei der Tagesordnung richtete man sich nach den provisorischen Statuten des Münchner Arbeitervereins. Artikel I. verlangt: Organisation und feste Verbrüderung der bairischen Arbeitervereine. Ehrstein und Hartling aus Würzburg machen den richtigen Vorschlag, diese Verbrüderung auch auf nichtbairische Vereine auszudehnen. Schiffterling (aus Ulm) unterstützte diesen.
Arbeiter Niffle, der wegen eines Artikels 6 volle Monate lang einem halsstarrigem Staatsanwalt zu Liebe im Kerker gehalten und dann ohne alles Urtheil wieder an's Licht gesetzt wurde, macht einige faktische Bemerkungen zu dem Paragraphen. Angenommen wurden hierauf die Artikel: Die Arbeitervereine treten in Verbindung mit dem Centralvereine, und, nach dem Vorschlage von Schiffterling: die Arbeitervereine der Städte München, Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Neustadt a. d. Hardt (Rheinpfalz) Regensburg, Landshut haben als Vorort die Aufgabe, die in ihren Bezirken liegenden Vereine mit einander zu verbinden. (Bezirksvereine.) Ein Amendement Ehrliebs wird abgelehnt, der Zusatz von Hartling „Es bleibt jedem Vereinn unbenommen, welchem Vereine er sich anschließen will“ angenommen. Ebenso der folgende Artikel: Der Vorort der bairischen Arbeitervereine befindet sich für das nächste Halbjahr (April bis September) in München, seine Mitglieder werden von dem dortigen Vereine gewählt, er hat vorzüglich die Aufgabe die Angelegenheiten der bairischen Arbeiter gegenüber der Volksvertretung zu besorgen.
15 Kassel, 10. April. Heute Morgen sollte ein festlicher Zug stattfinden bei Gelegenheit der Pflanzung einer Eiche zu Ehren Robert Blums. Er kam aber nicht zu Stande, denn das gesammte kurhessische Armeecorps war aufgeboten worden. Garde-Leibregiment, Jäger, Artillerie und Husaren standen in Schlachtordnung mit scharfgeladenem Gewehr auf dem Friedrichsplatz, an welchem sich der Zug vorbeibewegen sollte. Den Abend zuvor war aus Auftrag kurfürstlichen Staatsministeriums von dem Stadtrathe als Vorstand der hiesigen Polizeiverwaltung ein Schreiben bei dem Volkscomité eingelaufen, wodurch das Entfalten jeder rothen Fahne als „Sinnbild der Republik und des Kommunismus“ verboten wurde. Bei Anblick dieser „imposanten Militärkräfte“ begab sich nun der Volksrath auf das Ministerium und erhielt allda Bescheid, man könne bei der verfassungsmäßigen Theilung der Gewalten es nur anerkennen, daß der konstitutionelle Kurfürst sich in Widerspruch mit dem Volkswillen setze. Könne nichts ohne ihn geschehen, so sei es noch viel weniger zu dulden, wenn etwas gegen ihn geschehe. Nun gelten zwar in Kurhessen die Grundrechte, auch hat man noch obendrein unter dem vielen Unrathe der Gesetzsammlung ein besonderes Gesetz zum Schutze der vaterländischen Versammlungs- und Associationsfreiheit, ‒ aber das Ministerium hatte den Muth der demokratischen Führer richtig beurtheilt. Der Zug soll indeß, wie ich höre, heute Mittag um 4 Uhr als „Spaziergang“ stattfinden.
Frankfurt, 11. April. National-Versammlung. Vicepräsident Kirchgeßner zeigt den Austritt der Abgeordneten Schreiber aus Bielefeld, Bauernschmidt aus Wien, Haßler aus Ulm, v Senger aus Wirsitz im Großherzogthum Posen, Hildebrand aus Böhmen an.
Ein durch das Reichsjustizministerium übergebenes Schreiben des östreichischen Bevollmächtigten bei der Centralgewalt beantragt bei der National-Versammlung die Genehmigung zur Untersuchung und Haft gegen den Abg. Gritzner wegen der gegen ihn voliegenden Anschuldigung des Hochverraths.
Der Abg. Gritzner reicht folgende schriftliche Erklärung ein:
An das
Präsidium der deutschen constituirenden National-Versammlung
in Frankfurt.
Verfolgt wegen meiner Theilnahme an den Wiener Oktoberereignissen ‒ selbst bis in Mitte der Paulskirche ‒ finde ich mich deshalb und auch aus andern wichtigen Gründen veranlaßt, aus einer Versammlung zu scheiden, deren Majorität dem deutschen Volke anstatt der verheißenen Freiheit nur Schmach und Unglück bereitet hat. Indem ich somit mein Mandat als Abgeordneter für den Kärntner Wahlbezirk St. Andre zurücklege, habe ich die Ehre, hiervon das Präsidium in die nöthige Kenntniß zu setzen.
Frankfurt, am 10. April 1849.
Max Jos. Gritzner.
Archer interpellirt das Reichsministerium: ob das Gerücht, daß der Präsident und mehrere Mitglieder desselben den Abg. Simon und Genossen die Erklärung gegeben, sie würden keine Aenderung der Reichsverfassung zulassen, gegründet und ob diese Erklärung eine offizielle gewesen sei.
„Edler“ v. Gagern: Die bezügliche Erklärung sei mit den Unterschriften in den Zeitungen erschienen; es sei also kein Anlaß vorhanden, von einem Gerüchte zu sprechen. Er habe sich für die Verfassung ausgesprochen, nicht weil sie in allen Punkten mit seiner Ueberzeugung übereinstimme, sondern weil er glaube, daß jeder Einzelne ein Opfer seinen Ansichten bringen müsse, damit die National-Versammlung etwas zu schaffen im Stande sei. Die Erklärung, welche er und mehrere andere Mitglieder des Reichsministeriums unterschrieben sei natürlich nur in ihrer Eigenschaft als Mitglied der National-Versammlung gegeben worden.
Kriegsminister v. Peucker theilt mit, daß die eroberte Fregatte Gefion den Namen „Eckernförde“ erhalten habe und daß die Flagge derselben nach Frankfurt gebracht werden soll, um hier zur Ausstellung für Nationalbummler gebraucht zu werden. (Große Rührung.)
Venedey erinnert an seinen frühern Antrag: daß Derjenige, der das erste feindliche Schiff erobere, eine Nationalbelohnung erhalte, und das Schiff den Namen Desjenigen führe, welcher zur Eroberung desselben am meisten beigetragen habe. (Worunter nach diesem Antrag Patriot Venedey selbst zu verstehen ist.)
Präsident Simson erhält hierauf das Wort, um im Namen der nach Berlin entsendeten Deputation Bericht zu erstatten. Ueber den Empfang zu sprechen, hält er für zeitraubend, und will lieber gleich zu dem geschäftlichen Theil übergehen. Dieser geschäftliche Theil besteht in den bereits bekannten Thatsachen. Minister Brandenburg ließ sich die Anrede der Deputation vorher mittheilen, und theilte dafür zwei Mitgliedern der Deputation Einiges von der beabsichtigten Antwort des Königs mit. Aus Allem geht hervor, das der talentvolle König eine Improvisation ganz anderen Inhalts für passend hielt, als das ministerielle Textbuch lautete. Die Berathung über diese Antwort wurde durch die Einladung nach Charlottenburg unterbrochen, und ergab dann als Resultat das bekannte Biedermännische Schreiben an die Minister. Dies Schreiben, schließt Simson, war nöthig, um der Ansicht entgegenzutreten, als könne die Kaiserkrone ohne die vollständige Annahme der Verfassung angenommen werden. (Beifall links; gleichgültige Ruhe rechts)
Auf Grund dieses Berichtes sind dem Vorsitzenden mehrere dringliche Anträge eingereicht, welche derselbe verliest.
Die Herren Heckscher, v. Hermann u. A. stellen einen Dringlichkeitsantrag, es solle die Verfassung in den §§. 68-84 so abgeändert werden, daß der Abschn. 3, Art 1 laute:
„Die Reichsregierung besteht aus einem Reichsstatthalter und sechs Regierungsmitgliedern (das alte Direktorium mit abwechselndem Vorsitz von Preußen und Oesterreich, und seinem Sitz in Frankfurt.)“ Ein zweiter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Kierulf, Vogt, Raveaux und Genossen will:
„1) Die verfassunggebende Reichsversammlung erkläre feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung angenommenen und verkündeten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten. 2) Den Bericht der Deputation einem Ausschusse zur schleunigen Berichterstattung zu übergeben.“
Ein dritter dringlicher Antrag von M. Mohl, Ahrens, Römer und Uhland:
„In Erwägung, daß die Antwort des Königs von Preußen als eine Ablehnung der Kaiserkrone zu betrachten ist, beschließe die Nationalversammlung: daß die Oberhauptsfrage als eine offene betrachtet werde und ein neuer Ausschuß von 30 Gliedern über dieselbe berathe und berichte.“
Verbesserungsanträge der Abg. Roßmäßler und Simon aus Trier zu dem Antrag des Abg. Kierulf wollen, daß in dem ersten Alinea desselben eine Anerkennung der Antwort der Deputation an daß preußische Ministerium ausgesprochen werde, und daß die Berathung über den Bericht des Ausschusses bis längstens Montag stattfinde.
Ein vierter Dringlichkeitsantrag der Abgg. Detmold, Gombart, Beisler, Somaruga und Genossen will, daß die Nationalversammlung sich auf vier Wochen vertage, um die Antworten der Regierungen abzuwarten. (Allgemeine Heiterkeit.)
Abg. v. Mayfeld will, daß die Nationalversammlung einen Ausschuß von 30 Gliedern niedersetze, welcher über die Oberhauptsfrage berathe und berichte.
Abg. v. Dieskau: Die Nationalversammlung beschließe, an die Stelle des Abschnitts „über das Oberhaupt“ zu setzen:
„Die ausübende Gewalt des deutschen Reichs wird einem von dem Volke auf 4 Jahre zu wählenden Präsidenten, dem ein Vicepräsident zur Seite steht, übertragen. Jeder Deutsche ist wählbar.“
Abg. Schütz aus Mainz u. G. stellen den Antrag, es werde unmittelbar auf Grund des vorliegenden Wahlgesetzes eine neue souveräne Nationalversammlung bis zum 1. Juni zusammenberufen. Bis dahin bleibt die Nationalversammlung permanent.
Abg. Schlöffel beantragt, daß die Nationalversammlung beschließe, sie sei permanent, kein Staat dürfe den Abgeordneten das Mandat entziehen, das deutsche Volk möge dafür sorgen, daß die Nationalversammlung gegen sogenannte gesetzliche Streitkräfte geschützt werde. Statt der §§ 83, 84 setze man:
„das Oberhaupt des deutschen Staates ist ein verantwortlicher Vollziehungsausschuß von 50 Gliedern, auf 4 Jahre durch das Volk zu wählen und der Volksvertretung verantwortlich“
Abg. Ahrens beantragt, daß der Bericht der Deputation und alle dazu eingereichten Dringlichkeitsanträge einem Ausschusse zur Berichterstattung übergeben werde.
Der Vorsitzende stellt die Dringlichkeitsfragen; dem Antrage des Abg. Heckscher wird die Dringlichkeit nicht zuerkannt.
Abg. Raveaux hat zuerst das Wort für seinen Antrag. Er begründet denselben in wenigen Worten: Halten wir zusammen, halten wir fest an der Souveränetät der Nation, das wird auf das Volk wirken, das wird auf die Fürsten wirken. (Bravo.)
Abg. Wurm aus Hamburg: Ich bin der Meinung, man müsse sich die Grundsätze der Deputation aneignen; man kann noch weiter gehen, man kann der Meinung sein, der König von Preußen habe für seine Person abgelehnt, allein nicht im Namen Preußens. (Gelächter und Ruf: der Prinz von Preußen! Ich erkläre mich für den Antrag der Abgeordneten Kierulf, Vogt, Zell u. G.
Abg. Simon von Trier fragt, ob der Ausschuß das Verhältniß der Antwort des Königs von Preußen zur deutschen Reichsverfassung aufklären und erst festsetzen solle. Dieses Verhältniß kann nicht zweifelhaft sein Er trägt darauf an, daß man die Antwort der Deputation anerkenne und erkläre, daß man an der ganzen Verfassung, wie sie vorliegt, festhalte. Unter dieser Verfassung sei es allen Parteien möglich, sich zu schaaren und deswegen halte seine Partei mit derselben. Der Redner wendet sich an die Abgeordneten der Rechten und der Centren. Meine Herren, Sie haben der äußersten Partei öfters Vorwürfe wegen ihrer Ungeduld gemacht, ich habe Ihnen entgegnet, daß Sie nur schwarzen Undank zu erwarten haben. Sie sehen, es ist so eingetroffen. Allein wir werden jetzt festhalten und uns zu Ihnen schaaren, um die Verfassung zu schützen. Aus den trüben Gewässern der vormärzlichen Diplomatie sind kalte Nebel aufgestiegen.
Diese Nebel werden sich als Wolken zusammenziehen und wir werden ein verderbenschwangeres Gewitter haben, welches zunächst in den Thurm der Kirche einzuschlagen droht, in der wir sitzen. Wachen und sorgen Sie für einen Blitzableiter, welcher den Blitz von Ihnen ableite und auf die Häupter der sichtbaren Schuldigen schleudere. (Großer Beifall.)
Abg. Simon war der letzte eingeschriebene Redner. Der Vorsitzende will die Dringlichkeitsfrage zu den übrigen Anträgen stellen. Ueber die Reihenfolge derselben entspinnt sich eine kleine Debatte. Nachdem allen übrigen Dringlichkeitsträgen die Dringlichkeit von der Versammlung nicht zuerkannt worden, wird zur Abstimmung über den Kierulf'schen bereits diskutirten Antrag geschritten. Ueber die Fragestellung desselben und der dazu von den Abgg. Simon aus Trier und Roßmäßler gestellten Verbesserungsanträge entspinnt sich eine kurze Debatte. Zuerst kommt der Antrag des Abg. Kierulf mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Simon aus Trier zur Abstimmung. Derselbe will, daß die Bestimmung der Bildung eines Ausschusses wegbleibe und die Anerkennung der Antwort der Deputation zu Eingang desselben ausgesprochen werde. Ueber den Kierulf'schen Antrag in Verbindung mit dem Verbesserungsantrage des Abg. Ahrens, welcher verlangt, daß eine Bestimmung eingeschoben werde wodurch die Oberhauptsfrage als eine offene zu betrachten seie, über welche ein besonderer Ausschuß geeignete Vorschläge zu machen habe, wird namentlich abgestimmt. Der Ahrens'sche Verbesserungsantrag wird mit 328 gegen 106 Stimmen abgelehnt. Es wird sogleich zur namentlichen Abstimmung über den Kierulf'schen Antrag geschritten. Er lautet:
„Die verfassunggebende Reichsversammlung, veranlaßt durch den Inhalt des von der Deputation erstatteten Berichts: 1) erklärt hierdurch feierlich vor der deutschen Nation, an der in zweiter Lesung beschlossenen und verkündigten Reichsverfassung und dem Wahlgesetze unwandelbar festzuhalten; 2) sie verweist den von der Deputation erstatteten Bericht an einen durch die Abtheilungen zu erwählenden Ausschuß von 30 Mitgliedern zur möglichst schleunigen Berichterstattung und zur Vorbereitung der Maßregeln, welche zur Durchführung der unter 1 gegebenen feierlichen Erklärung nöthig erscheinen.“
Der Antrag wird mit 276 gegen 159 Stimmen angenommen. Eine Stimme enthält sich der Abstimmung. Ungefähr 40 Abgeordnete der Linken reichen eine Erklärung ein, dahin lautend, daß sie sich deßwegen der Abstimmung enthalten, weil sie es für unlogisch und unpraktisch halten, an einem Kaiserthume ohne Kaiser festzuhalten. ‒ Die Versammlung beschließt, daß die Abtheilungen zur Wahl des Ausschusses morgen früh 9 Uhr zusammentreten. Nächste Sitzung: Freitag, 14. April. Tagesordnung: Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Berichte des volkswirthschaftlichen und des Prioritäts- und Petitionsausschusses.
Schluß der Sitzung 2 1/2 Uhr.
Italien. 103 Aus Piemont, 6. April. (Uebersetzung aus dem Italienischen). Republikanisch oder kosakisch, roth oder russisch (o rossi, o Russi), das wird auch hier immer mehr das Schiboleth der Parteien. Unser letztes Kriegsunglück hat wenigstens das Gute, daß es die Parteien scharf von einander geschieden und die schlaffen Vermittlerseelen in den Hintergrund geschleudert hat. Rossi oder Russi, Republikaner oder Verräther, Revolutionäre oder Knechte der Russen und Kroaten, das sind jetzt die beiden einzigen Parteien, die bei uns in Piemont etwas bedeuten, und die in diesem Augenblick unter den Mauern Genua's die Debatte mit Kanonenkugeln führen. Und wenn auch für den Augenblick die Russi die Oberhand behalten, die Zeit der Rossi ist nicht fern.
Wir sehen hier, wie Sie wissen, von der deutschen Presse sehr wenig. Die Augsburger Allgemeine, ein paar Schweizer Blätter, das ist Alles. Ich habe in diesen Blättern sowohl wie in den französischen kontrerevolutionären Journalen (giornali codineschi) mehr als einmal den Vorwurf der Feigheit gegen uns Italiener ausgesprochen gefunden. Man beruft sich auf den unerhört schnellen Erfolg der Kaiserlichen, obwohl gerade diese Blätter am besten wissen, mit wie viel östreichischem Gold und piemontesischem Codini-Verrath dieser Erfolg erkauft war. Nicht allein, daß Ramorino offenen Verrath beging, offener und schmählicher als der, den man Grouchy bei Waterloo vorwarf; nicht allein, daß der Abentheurer Chrzanowski, der Empfohlene des Ordnungshelden Bugeaud, sich höchst zweideutig benahm, daß der Codino Della Marmora von vorn herein lieber gegen Toskana und Rom als gegen die Oestreicher gezogen wäre, daß er, der im Kampf gegen die Kroaten nicht zu finden war, sofort bei der Hand ist, wo es gilt, die Genuesische Revolution zu unterdrücken ‒ nicht genug mit alledem, hat die jesuitisch-militärisch-adlige Konspiration hier in Turin und besonders im Hauptquartier dafür zu sorgen gewußt, daß alle militärische Organisation gelöst und vernichtet wurde. Der Dienst der Verproviantirung, der Munitionszufuhren, der Lazarethe, Alles war urplötzlich unterbrochen und wie vernichtet. Alle Verbindung mit der Armee hörte auf, und das unfähige Ministerium war gegenüber dieser Desorganisation ohnmächtig und rathlos. Während wir hier ohne alle Nachrichten von der Armee waren, war der Sieg der Kaiserlichen bei Novara am 27. Mittags schon in Wien bekannt, wie Sie aus der Augsb. Ztg. gesehen haben werden! In demselben Maße aber wie die offizielle Regierungsorganisation gelähmt und gesprengt war, in demselben Maß entwickelte die geheime Organisation der Kamarilla ihre Thätigkeit. Der ganze Generalstab konspirirte mit den hiesigen Codini. Alle Operationspläne wurden verrathen und zugleich durch dieselben Offiziere vereitelt, von denen sie ausgeführt werden sollten. Die Ordonnanzen wurden spät, nachlässig oder gar nicht abgeschickt und kamen fast nie an. So kam es daß es auf dem Schlachtfeld von Novara nur die Hälfte der disponiblen Truppen den Oestreichern gegenüber stand und daß auch von dieser ein bedeutender Theil sich nicht schlug. Diejenigen aber, die sich schlugen, haben eine Tapferkeit bewiesen, die selbst unsern Feinden die höchste Achtung eingeflößt hat. Ich schrieb Ihnen schon neulich, daß der Verlust der Oestreicher weit bedeutender ist als der unsrige. In dem von der Augsb. Ztg. veröffentlichten offiziellen Bericht sagt Radetzki: „Die Regimenter und Bataillone der ersten Schlachtlinie haben jedes zehn bis zwölf todte oder verwundete Stabsoffiziere; und der Verlust der Soldaten beläuft sich auf zwei bis drei Tausend“. Diese Stelle ist in der Uebersetzung des Berichts, welche die offizielle Gazzetta privilegiata di Milano (und diese Angabe war noch unter der Wahrheit) veröffentlicht, mit Absicht ausgelassen. Auch die Stelle, worin die Besetzung von Alessandria als eine der Bedingungen des Waffenstillstands angegeben wird, findet sich nicht im italienischen Texte.
Von den Proben der Tapferkeit, welche unser Volk in den blutigen Straßenkämpfen von Brescia und Genua abgelegt hat, brauche ich Ihnen wohl kaum zu sprechen. Die Details über Beide werden Ihnen bekannt sein. Zwei Tage heißer Schlacht, unterstütz durch Bombardement und Brandstiftung, brauchten die Barbaren ehe sie mit Brescia fertig wurden, mit einer Stadt, die, längst entwaffnet, im Kampfe selbst sich erst Waffen und Cartouchen erobern mußte! Und vollends Genua! Hier kämpfte das Volk von zwei Uhr Nachmittags bis den nächsten Morgen zehn Uhr gegen eine kompakte, in der Oberstadt am Spiritu Santo und auf der Piazza dell' Acquaverde vortheilhaft aufgestellte Militärmacht, und zwang sie zur Kapitulation. Männer und Weiber, Kinder und Greise, Priester und Mönche schlugen sich mit der Flinte in der Hand. Vor Allen aber die Arbeiter. Und in diesem Augenblick steht La Marmora vor den Thoren der Stadt, und muß der Kampf zwischen dem Volk und der Belagerungsarmee aufs Neue entbrannt sein. Gebe der Himmel dem tapfern Volk den Sieg.
Ich muß noch einmal auf den Verrath zurückkommen, dem wir erlegen sind. Die zwischen unsern Codini und den Kaiserlichen abgeschlossene Konvention, war schon vor dem Feldzug notorisch bei den östreichischen Offizieren. Während in Mailand über Radetzki's Pläne die falschesten Gerüchte, z. B. von einem Rückzug hinter die Adda etc. etc., verbreitet wurden, erklärten östreichische Offiziere in vertrauten Zirkeln, sie seien von den Piemontesen gerufen, sie würden in Turin als Befreier von der Pöbelherrschaft einziehen, und zwar binnen drei Tagen. Ja, sie rühmten sich geradezu ihrer Verbindungen im piemontesischen Lager und in Turin.
Die sardinische Flotte, die aus vier Fregatten und drei Dämpfern besteht, hat sich nicht gerührt. Sie konnte die östreichische Flotte während des kurzen Feldzugs vernichten, aber man zog es vor, sie in Unthätigkeit zu halten. Die östreichische Flotte, die bei Pola
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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