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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 279. Köln, 22. April 1849. Zweite Ausgabe.

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entgehen. Durch diese Erklärung und etwa noch durch die wohlfeile Anerkennung der deutschen Verfassung hofft das Ministerium außerdem den Waffen seiner Gegner die Spitze abzubrechen und durch neue Sympathieen eine festere Stellung zu gewinnen. So wird denn die nächste Zukunft schon entscheidende Entschlüsse und vielleicht nicht minder entscheidende Thatsachen bringen.

In der Agrarkommission hat man eine heillose Angst vor dem Elsnerschen Antrage auf Ablösung der bäuerlichen Grundstücke. Man sucht in Göthescher Manier die unangenehme Berathung so weit hinauszuschieben als möglich und der Präsident der Kommission Citoyen Hermann Hatzfeld hat seine Getreuen demgemäß bis auf Montag vertagt.

Von den Abgg. Grebel und Genossen ist ein Antrag auf Aufhebung der Moststeuer gestellt und als Motiv die Noth der Winzer angeführt.

Als Amendement zum Waldeck'schen Antrag, die Aufhebung der Belagerungszustände wird von den Abgg. Renard, Möcke etc. vorgeschlagen, nach dem Wort "aufzuheben" zu setzen: "und den Kammern ein Tumult- und Aufruhrgesetz, welches sich nicht allein auf Berlin beschränkt, zur schleunigsten Begutachtung und Beschlußnahme vorzulegen."

Die Verfassungs - Revisions - Kommission ist in ihren Arbeiten heute bis zu Artikel 50 gelangt. Es erhob sich eine sehr heftige Debatte in Bezug auf den gestrigen Angriff des Abg. Behnsch gegen die Rechte der Kommission, welche Hr. v. Auerswald so gütig war mit tiefster Verachtung zurückzuweisen. Hr. v. Vinke meinte, er hätte gehofft, daß die Kommission als Ganzes durch jenen Angriff sich beleidigt gefühlt haben würde, daß ferner ein Mitglied der Linken in der Kommission die Vertheidigung übernehmen werde, da der Angriff von dieser Seite des Hauses ausgegangen sei. Unruh und Phillips erwiderten, daß auch sie den Angriff Behnsch's mißbilligen müßten, sich aber nicht veranlaßt gefühlt hätten, das Wort zu ergreifen, nachdem Hr. v. Auerswald gesprochen. Der Abg. Stein trat energischer auf und meinte, er würde die Vertheidigung der Kommission nicht haben übernehmen können, da er den Vorwurf der Verzögerung für begründet erachte, obwohl die Kommission nicht angestrengter habe arbeiten können. Der Grund liege darin, daß die Herren der äußersten Rechten in der Kommission Amendements stellten, die Stunden lang diskutirt würden, und für welche sich am Ende nur die Amendementsteller selbst erhöben. Er stelle deshalb den Antrag, daß nur die Amendements zur Diskussion kommen sollten, für deren Unterstützung sich mindestens 15 Mitglieder erhöben. Scherzhafterweise war Hr. Stein nach einer kurzen Diskussion über diesen Antrag der Einzige, der dafür stimmte, so daß sich noch Hr. Kleist-Retzow, um ihn nicht ganz allein zu lassen, erhob.

Nachdem die ersten beiden Titel berathen waren, schlug man vor, dieselben sogleich der Kammer zur weiteren Berathung vorzulegen. Es wurde dagegen angeführt, daß man die Gestaltung der deutschen Verhältnisse abwarten müsse, obwohl Stein mit Recht erwiderte, entweder ordneten sie sich in den nächsten Tagen oder aus der ganzen deutschen Verfassung würde nichts. Der Antrag wurde verworfen.

Ehe man zu der Berathung des dritten Titels, der "vom König" handelt, überging, bemerkte Vinke, er habe dazu gar kein Amendement zu stellen und die ganze Rechte befolgt die gleiche Taktik. Die Linke ließ sich natürlich nicht hindern ihrerseits das Möglichste zu thun, obwohl ihre Anstrengungen unfruchtbar waren. Das Verhältniß der Partheien ist nämlich folgendes; 6 Mitglieder der Commission gehören, wie Bodelschwingh, Kleist, Retzow, Arnim der äußersten Rechten an; 8 Mitglieder mit Vinke, und Auerswald der Rechten; 2 Wenzel und Rhoden dem Centrum; 2 Unruh und Phillips der gemässigten Linken; 3 der äußersten Linken, Ziegler, Liebelt und Stein.

Aus sicherster Quelle erfahren wir, daß die äußerste Linke in Bezug auf den Rodbertus'schen Antrag zwar eine motivirte Tagesordnung vorschlagen, sich aber eventuell für denselben erklären wird. Der Redner der Partei wird wahrscheinlich Waldeck sein. Die Tagesordnung wird heute Abend in der Fraktionssitzung berathen werden.

Sitzung der ersten Kammer.

Die Tribünen sind gefüllt, weil man eine interessante Sitzung erwartet. Der Minister, Graf Arnim, sagt auf die Interpellation des Grafen Oyhrn, daß er sich nicht veranlaßt fühle, dieselbe zu beantworten.

In Betreff der ähnlichen Interpellation Bergmanns erklärt Brandenburg, ad 1 derselben: er könne nicht antworten; ad 2: er werde die Erklärung der 28 Regierungen auf das Bureau niederlegen und in den nächsten Tagen der Kammer Mittheilungen über die Politik des Ministeriums machen.

Bei Gierkes Antrag auf Anerkennung der deutschen Verfassung wird nicht einmal die Dringlichkeit hinreichend unterstützt.

Die Kammer geht nun zur Tagesordnung über und unterhält sich über den Bornemannschen Antrag über die Gerichtsorganisation bis um 2 Uhr, wo die Sitzung geschlossen wird.

61 Breslau, 19. April.

Die Sitzung des demokratischen Hauptvereins gewann gestern dadurch an Interesse, daß man versuchte, das sozialistische Terrain desselben zu sondiren. Zuerst ernannte der Verein drei Mitglieder, welche sich mit drei Mitgliedern des sozialistischen Vereins in Verbindung setzen sollen, um im sozialistisch-demokratischen Sinne durch Schlesien Propaganda zu machen. Sodann wurde beschlossen, dem Märzkaterverein zu Frankfurt, der einige landrechtlich umständliche Mittheilungen über die kaiserliche Kyffhäuserfrage gemacht hatte, eine gehörige Antwort zu geben, die ihm das Aprilmiauen vertreiben soll. In diesen Mittheilungen stellt der Central-Märzkaterverein sein transzendental-bornirtes Verhalten dem deutschen Volk als Zukunftsnorm auf. Die Debatte, welche sich alsdann auf die Interpellation Körber's in Veranlassung einer Rede, welche Stilch im Arbeiterbankett gehalten, entspann, bewies, daß der demokratische Verein noch viele Bourgeoiselemente enthält und selbst seine sozialistischen Mitglieder über den eigentlichen Kern ihres Strebens noch sehr konfuse Ansichten haben. Die sozialistischen Nothwendigkeiten scheinen mir jedoch hier so reichlich vorhanden zu sein, daß die Herren bald den rechten Weg treffen müssen, indem sie aus ihrer leitenden Mitte namentlich alle bloße Witz-, Phrasen- und Theorienhelden ausscheiden, um sich rein an die Fakta zu halten.

Während das Volk auf den Straßen verhungert, und als Bettler en masse in die Häuser stürzt, sind Trottoirs und Bierhäuser immer voll von Cigarren rauchenden, sich gütlich thuenden königl. preuß. gottbegnadeten Soldaten, welche einem überall in die Rippen fahren. Breslau gleicht einem Kriegslager, in welchem ganz besonders auch die Offiziere mit jenen berühmten brandenburgisch-hohenzollern'schen Backenknochen, Ministerschnurrbärten und stechenden Iltisaugen sich ganz besonders übermüthig und ladstockgraziös herumzuräkeln wissen.

Unter diesen Umständen kenne ich hier vorläufig keinen anziehenderen Punkt, als den oberschlesischen Bahnhof. Nachdem daselbst bisher nur demokratische Flüchtlinge eingetroffen waren, und die unaussprechliche Güte der königl. preuß. Polizei zu bewundern Gelegenheit gefunden, werden seit einigen Tagen auch schwarzgelbe Bestien aus Oesterreich und vom Kriegsschauplatz ausgesetzt, die dann zuweilen selbst schon auf dem Bahnhofe als Deklamatoren wider Magyaren und Wiener auftreten, und von einem aufmerksamen Zuhörerkreis standrechtlicher Gensd'armen sich anstaunen lassen. Ein solcher Held erzählte ihnen neulich, daß die Magyaren ihm Weib und Kind verbrannt, und all sein Hab und Gut verwüstet und gestohlen hätten. Meistens sind diese Kumpane gemeine Spione der österreichischen Bestienpolizei, die den Schwefel ihres magyarischen Verderbens riechen, und sich bei guter Zeit angeblich nach Amerika aus dem Staube machen.

Aus einer solchen Unterhaltung führe ich noch an, daß die gekrönte Central-Standrechts-Bestie zu Olmütz für den Fall zum Durchbrennen gerüstet ist, daß die Magyaren mit Uebermacht die mährische Gränze überschreiten sollten. Die Central-Bestie will dann nach Prag zu dem gütigen Idioten übersiedeln. - Daß an die Stelle des Mörders Windischgrätz der Mörder Welden in Ungarn getreten, will doch nicht recht beruhigen. Man weiß, daß der Mörder Welden mit seinen wurstdicken Tigerlippen, seinen henkergenialen Strangaugen und seinem k. k. österreichischen General-Bulldog-Schädel nichts ist, als ein gemeiner deutscher Bandit, der keine andere Fähigkeit besitzt, als die Fähigkeit des plumpen Mordes. Als dieser Mensch vor Komorn erschienen war, sollen die Soldaten ihm zugemuthet haben, zuerst einmal als Stürmer voranzugehen. Von allen Seiten stürzen jedoch mordentbrannte Schaaren wider das heldenmüthige Magyarenvolk, während Europa's Westen nichts von der solidarischen Brüderlichkeit der Völker zu begreifen scheint und in seiner infamen Apathie dasteht, als kämpften tief in der Türkei Janitscharen mit andern Bestien. Selbst die äußerste französische Demokratie trifft dieser Vorwurf der Infamie. Vom Sieg oder von der Niederlage der Magyaren hängt, das fühlt die Contrerevolution, nicht aber die Stupidität der Volksvertreter, hängt Europa's Schicksal ab. Friedrich Wilhelm IV. läßt sich darum täglich einen Kurier aus Pesth nach Potsdam kommen, weil er weiß, daß mit dem Untergang des östreichischen Urscheusals auch seine Rolle ausgespielt ist. Die Völker haben alles Interesse, diesen Untergang zu befördern und doch fangen sie kaum jetzt an, sich um den Riesenkampf der Magyaren zeitungsmäßig zu kümmern.

Sind die Magyaren besiegt, ist Rußland's bestialischste Klaue wieder schlagfertig; dann wird mit der Bourgeoisie der ganze Absolutismus über Frankreich's Proletarierkampf herstürzen und ihm vielleicht ein knutiges Ende, wenigstens in Deutschland, bereiten.

Daß man in Siebenbürgen und jetzt auch in Galizien die Bürger überredet (Strang, Pulver und Blei) haben will, die russische Hülfe anzurufen, hat seinen Grund darin, damit der Central-Tamerlan später zur Rettung seiner dynastischen Bestien-Ehre sagen kann, er habe diese Hülfe für sich durchaus nicht nöthig gehabt und nur dem Wunsche seiner guten geängstigten Bürger nachgegeben.

Die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtswesens wird dem Volke hier auf die hochverrätherischste Weise zum Besten gegeben. Die Lokale sind so geräumig, daß sie außer dem Gerichte mit seiner landrechtlichen Phisiognomie wirklich beinahe noch zwei Gensd'armen und einen Zuhörer fassen, und für unser eins nur die landrechtlich klassischste Langeweile neben Verachtung ihrer Jämmerlichkeit darbieten können.

* Posen, 17. April.

Die "Zeitung des Osten" theilt eine interessante Unterhaltung zwischen polnischen Abgeordneten und preußischen gottbegnadeten Ministern in Betreff der Demarkationslinie mit: Als nämlich die 3 fast ganz aus Polen bestehenden Landwehrbataillone mobil gemacht wurden, um nach Schleswig zu marschiren, und sich für die preußisch-kaiserlich-deutsch-centralgewaltige Komödie und diplomatischen Kriegstrug todt schlagen zu lassen: da begaben sich zwei polnische Deputirte zum Kriegsminister Strotha und gaben ihre Verwunderung über solches gezwungene Betheiligen der Polen an den ruhmreichen Lorbeeren "Meines" wie des übrigen deutsch-centralen "herrlichen Kriegsheeres" zu erkennen. "Nun, was wollen Sie thun?" war die Frage. "Wir werden Sie interpelliren." "Wissen Sie auch, was das heißt, einen Minister interpelliren?" - "Nun? - Das heißt, ihn kompromittiren." - "In dem Fall würde es uns aber sehr leid thun - wir müßten dann die Demarkationslinie, so ungelegen sie ist, durchführen - dann freilich würden diejenigen Landwehrleute aus Schleswig zurückgezogen werden, die von jenseits der Demarkationslinie her sind." - "Freilich haben Excellenz sehr Recht, wenn sie denken, daß interpelliren und kompromittiren synonym sind. Sehr häufig sind Interpellationen sehr kompromittirend." - Es gehört wahrlich nicht viel Scharfsinn dazu, die Erklärung des Ministers trotz all' ihrer Schlauheit mit den benöthigten Glossen auszustatten. Diese Erklärung wird aber mit Bezug auf die Demarkationslinie um so spaßhafter, als Herr Manteuffel seinerseits einigen anderen Deputirten mittheilte, "es bleibt nichts übrig, als die Demarkationslinie in Ausführung zu bringen."

Durch Androhung, die Demarkationslinie durchzuführen, sollen die Polen gezwungen werden, sich stillschweigend zum Ruhm und Vergnügen preußisch-deutscher diplomatischer Intriganten todt schießen zu lassen, während doch nur der christlich-germanische Bürger allein mit diesem Vorrecht ausgestattet sein und bleiben sollte.

Luckau, 11. April.

Mit höchstem Erstaunen lasen wir Lukkauer am Sonnabend im Kreisblatt Nr. 13. folgende "Bekanntmachung."

"Höherer Anordnung zufolge darf die Bürgerwehr in ihrer gegenwärtigen Organisation nicht länger bestehen. Die Bürgerwehr ist vielmehr entweder auf Grund des Bürgerwehr-Gesetzes schleunigst zu reorganisiren oder aufzulösen. Da nun der größte Theil der Einwohnerschaft gegen eine Reorganisation der Bürgerwehr im Sinne des Gesetzes vom 17. Oktober 1848 protestirt und darauf angetragen hat, bis dahin damit Anstand zu nehmen, daß das von vielen Seiten angefochtene Bürgerwehrgesetz einer anderweiten Revision durch die Kammern unterlegen hat, so sehen wir uns genöthigt, das bisher unter dem Namen Bürgerwehr bestehende Corps hiermit als aufgelöst zu erklären. Die Mitglieder dieses Corps fordern wir hiermit auf, binnen acht Tagen die ihnen eingehändigten Waffen auf dem Rathhause abzuliefern, und wird einem Jeden über die Ablieferung eine Bescheinigung gegeben werden.

Luckau, 28. März 1849.

Der Magistrat, (gez.) Reußner."

Die hier erwähnte "höhere Anordnung" geht aus von einem Herrn Gläser, der seit einiger Zeit den als Abgeordneten zur ersten Kammer gewählten Herrn von Manteuffel im Landrathsamte vertritt.

Sie lautet so:

"Aus Veranlassung der Sonntag den 18. d. M. hier statt gehabten Demonstration sehe ich mich genöthigt, den Magistrat darauf hinzuweisen, daß nach §. 6. des Gesetzes über die Einrichtung der Bürgerwehr vom 17. Oktober 1848 die Mitglieder der Bürgerwehr sich ohne Befehl ihrer Anführer weder zu dienstlichen Zwecken versammeln, noch unter die Waffen treten, die Anführer diesen Befehl aber nicht ohne Requisition der zuständigen Civil-Behörden (§. 67) ertheilen dürfen, ausgenommen, so weit es sich um die Vollziehung des Dienstreglements handelt. Der Fall der Ausnahme ist nun hier nicht eingetreten, da die hiesige Bürgerwehr kein Dienstreglement im gesetzlichen Sinne hat, und es würde daher, da eine Versammlung in Waffen ohne Requisition der zuständigen Behörde erfolgt ist, die in §. 81. 82. angedrohte Strafe verwirkt sein.

"Da indeß ein Verbot des stattgehabten Aufzuges wahrscheinlich große Aufregung verursacht haben würde, und bei dem beobachteten Stillschweigen der Behörde der ganze Tag ohne jede ernstliche *) Störung der öffentlichen Ruhe vorübergegangen ist, so will ich **) um so weniger auf Verfolgung der eben nachgewiesenen Gesetzwidrigkeit dringen, als ich überhaupt, so lange die hiesige Bürgerwehr nicht nach dem Gesetze vom 17. Oktober 1848 organisirt ist, dieselbe nicht für zu Recht bestehend, und folgeweise auch die Bestimmung jenes Gesetzes nicht auf sie anwendbar erachten kann. Um so mehr wird es aber nöthig, daß der Magistrat sich des Schleunigsten damit beschäftige, jenes Institut entweder auf gesetzlichem Wege zu ordnen, oder, wenn dies in der Schnelligkeit, der vielen sich dagegen erhebenden Stimmen wegen nicht möglich sein sollte, dasselbe in seiner jetzigen Gestalt aufzulösen."

"Ein nicht gesetzlich organisirtes Corps ist ein zu gefährliches Elemen für die öffentliche Ruhe, um es länger dulden zu können. Ich ersuche hiermit den Magistrat, mir binnen 14 Tagen anzuzeigen, was in dieser Beziehung geschehen ist.

Lukau, den 21. März.1849.

Der Königl. Landrath. J. V. (gez.) Gläser. "

Diese beiden Schriftstücke zeigen, was in Preußen im März 1849 auch außerhalb des Balgerungszustandes die Büreaukratie dem Volke wieder bieten zu dürfen meint. Die Veranlassung ist kurz diese:

Zur Feier des 18. März zog die hiesige Bürgerwehr, nachdem der Magistrat 24 Stunden zuvor Anzeige davon erhalten, gefolgt von geordneten Zügen zahlreicher nicht bewaffneter Einwohner zur Kirche, hielt einen Umzug durch die Stadt, und ging dann still auseinander!!

(Centralbt. d. Niederl.)
* Aus Schleswig-Holstein, 18. April.
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Polen.
Von der russischen Gränze, 12. April.

Noch immer kommt es vor, das russische Juden, preußische Unterthanen in den Gränzörtern für das russische Militär aufkaufen, und sie je nach der Körperkraft mit 70, 80 und mehr Silberrubel pro Mann bezahlen. Mancher kraftvolle preußische Mann hat sich für dieses Blutgeld der russischen Knute untergelegt. Welche Stellung die angekauften preußischen Unterthanen in den Reihen des russischen Heeres einnehmen, erhellt aus der Thatsache, daß ein russischer Offizier seinen Soldaten, die an einem gekauften Preußen die Prügelstrafe exekutirten, zurief: "Haut nur zu, es ist ein Bezahlter!" - In der letzten Zeit sind auffallend viel Deserteure über die Gränze nach Preußen geflohen, meistens Rekruten von der letzten Aushebung. Glücklich, wer unbemerkt und unverfolgt den Fuß über die preußische Gränze setzt, aber wehe dem, der in die Hände der Kosaken fällt. - Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt, wie diese Zeitung neulich meldete, die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 25 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesem Gouvernement mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kronländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln.

Krakau, 14. April.

Gestern bekamen die hier noch weilenden Emigranten den Auftrag, sich bis 5 Uhr Nachmittags reisefertig im Polizeigebäude zu stellen; man spricht, sie würden nach Theresienstadt übersiedelt werden. In der Nacht wurden deren viele aus ihren Wohnungen geholt und mit Fiakern weggeführt.

Italien.

* Man liest im Pariser Moniteur folgende Lügen-Depesche:

Palermo, 10. April.

Die sog. kleine sizilische Armee (unter Mieroslawski) hat sich, nachdem sie die Stadt Taormina verloren, in voller Unordnung aufgelöst, einige ihrer Offiziere ermordet und die Kriegskasse geplündert. Catania hat sich ohne Schwertstreich ergeben. In Palermo herrscht große Versteinerung und Alles läßt darauf schliessen, daß es sich nicht vertheidigen werde.

Man fürchtet, daß die von den Gebirgen herabsteigenden Bauern die Stadt noch vor Ankunft der Neapolitaner plündern wollen.

* Rom, 11. April.

Galletti ist wieder zum Präsidenten und Bonaparte mit Salicetti zum Vicepräsidenten der Constituante ernannt worden.

* Turin, 16. April.

Romarino und Galanti, die des Verraths angeklagt vor ein Kriegsgericht gestellt worden waren, sind - natürlich - unschuldig befunden und freigelassen worden.

* Livorno, 13. April.

Es heißt, daß sich Guerazzi im alten Palais befinde; man weiß jedoch nicht, ob als Geißel, oder zur exemplarischen Rache für die Reaktion aufbewahrt. Vorgestern wurde ein Pistolenschuß auf ihn abgefeuert, der ihn jedoch nicht traf. Ein honetter Bourgeois warf ihm dagegen einen Stein gegen die Brust, der ihn erheblich verletzte. Von den Ministern hat man mit Ausnahme Adami's keine Nachricht; der letztere ist seit gestern Abend wieder eingetroffen.

Man hat hier noch keine Proklamation, keine Ordre veröffentlicht; das Volk wartet; Freiwillige, Tirailleure, Artilleristen sind unter den Waffen; Eisenbahn und Telegraphenlinie sind abgeschnitten und man erwartet auf den Abend einen blutigen Zusammenstoß.

Dies scheint ein stehendes epithetoun ornans im Büreaustyl zu sein, da ich auf Erkundigung auch icht von einer geringen Störung gehört habe.
Wahrscheinlich ein Schreibfehler statt "Ich", da hier von Ausübung eines Begnadigungsrechtes die Rede zu sein scheint.

entgehen. Durch diese Erklärung und etwa noch durch die wohlfeile Anerkennung der deutschen Verfassung hofft das Ministerium außerdem den Waffen seiner Gegner die Spitze abzubrechen und durch neue Sympathieen eine festere Stellung zu gewinnen. So wird denn die nächste Zukunft schon entscheidende Entschlüsse und vielleicht nicht minder entscheidende Thatsachen bringen.

In der Agrarkommission hat man eine heillose Angst vor dem Elsnerschen Antrage auf Ablösung der bäuerlichen Grundstücke. Man sucht in Göthescher Manier die unangenehme Berathung so weit hinauszuschieben als möglich und der Präsident der Kommission Citoyen Hermann Hatzfeld hat seine Getreuen demgemäß bis auf Montag vertagt.

Von den Abgg. Grebel und Genossen ist ein Antrag auf Aufhebung der Moststeuer gestellt und als Motiv die Noth der Winzer angeführt.

Als Amendement zum Waldeck'schen Antrag, die Aufhebung der Belagerungszustände wird von den Abgg. Renard, Möcke etc. vorgeschlagen, nach dem Wort „aufzuheben“ zu setzen: „und den Kammern ein Tumult- und Aufruhrgesetz, welches sich nicht allein auf Berlin beschränkt, zur schleunigsten Begutachtung und Beschlußnahme vorzulegen.“

Die Verfassungs - Revisions - Kommission ist in ihren Arbeiten heute bis zu Artikel 50 gelangt. Es erhob sich eine sehr heftige Debatte in Bezug auf den gestrigen Angriff des Abg. Behnsch gegen die Rechte der Kommission, welche Hr. v. Auerswald so gütig war mit tiefster Verachtung zurückzuweisen. Hr. v. Vinke meinte, er hätte gehofft, daß die Kommission als Ganzes durch jenen Angriff sich beleidigt gefühlt haben würde, daß ferner ein Mitglied der Linken in der Kommission die Vertheidigung übernehmen werde, da der Angriff von dieser Seite des Hauses ausgegangen sei. Unruh und Phillips erwiderten, daß auch sie den Angriff Behnsch's mißbilligen müßten, sich aber nicht veranlaßt gefühlt hätten, das Wort zu ergreifen, nachdem Hr. v. Auerswald gesprochen. Der Abg. Stein trat energischer auf und meinte, er würde die Vertheidigung der Kommission nicht haben übernehmen können, da er den Vorwurf der Verzögerung für begründet erachte, obwohl die Kommission nicht angestrengter habe arbeiten können. Der Grund liege darin, daß die Herren der äußersten Rechten in der Kommission Amendements stellten, die Stunden lang diskutirt würden, und für welche sich am Ende nur die Amendementsteller selbst erhöben. Er stelle deshalb den Antrag, daß nur die Amendements zur Diskussion kommen sollten, für deren Unterstützung sich mindestens 15 Mitglieder erhöben. Scherzhafterweise war Hr. Stein nach einer kurzen Diskussion über diesen Antrag der Einzige, der dafür stimmte, so daß sich noch Hr. Kleist-Retzow, um ihn nicht ganz allein zu lassen, erhob.

Nachdem die ersten beiden Titel berathen waren, schlug man vor, dieselben sogleich der Kammer zur weiteren Berathung vorzulegen. Es wurde dagegen angeführt, daß man die Gestaltung der deutschen Verhältnisse abwarten müsse, obwohl Stein mit Recht erwiderte, entweder ordneten sie sich in den nächsten Tagen oder aus der ganzen deutschen Verfassung würde nichts. Der Antrag wurde verworfen.

Ehe man zu der Berathung des dritten Titels, der „vom König“ handelt, überging, bemerkte Vinke, er habe dazu gar kein Amendement zu stellen und die ganze Rechte befolgt die gleiche Taktik. Die Linke ließ sich natürlich nicht hindern ihrerseits das Möglichste zu thun, obwohl ihre Anstrengungen unfruchtbar waren. Das Verhältniß der Partheien ist nämlich folgendes; 6 Mitglieder der Commission gehören, wie Bodelschwingh, Kleist, Retzow, Arnim der äußersten Rechten an; 8 Mitglieder mit Vinke, und Auerswald der Rechten; 2 Wenzel und Rhoden dem Centrum; 2 Unruh und Phillips der gemässigten Linken; 3 der äußersten Linken, Ziegler, Liebelt und Stein.

Aus sicherster Quelle erfahren wir, daß die äußerste Linke in Bezug auf den Rodbertus'schen Antrag zwar eine motivirte Tagesordnung vorschlagen, sich aber eventuell für denselben erklären wird. Der Redner der Partei wird wahrscheinlich Waldeck sein. Die Tagesordnung wird heute Abend in der Fraktionssitzung berathen werden.

Sitzung der ersten Kammer.

Die Tribünen sind gefüllt, weil man eine interessante Sitzung erwartet. Der Minister, Graf Arnim, sagt auf die Interpellation des Grafen Oyhrn, daß er sich nicht veranlaßt fühle, dieselbe zu beantworten.

In Betreff der ähnlichen Interpellation Bergmanns erklärt Brandenburg, ad 1 derselben: er könne nicht antworten; ad 2: er werde die Erklärung der 28 Regierungen auf das Bureau niederlegen und in den nächsten Tagen der Kammer Mittheilungen über die Politik des Ministeriums machen.

Bei Gierkes Antrag auf Anerkennung der deutschen Verfassung wird nicht einmal die Dringlichkeit hinreichend unterstützt.

Die Kammer geht nun zur Tagesordnung über und unterhält sich über den Bornemannschen Antrag über die Gerichtsorganisation bis um 2 Uhr, wo die Sitzung geschlossen wird.

61 Breslau, 19. April.

Die Sitzung des demokratischen Hauptvereins gewann gestern dadurch an Interesse, daß man versuchte, das sozialistische Terrain desselben zu sondiren. Zuerst ernannte der Verein drei Mitglieder, welche sich mit drei Mitgliedern des sozialistischen Vereins in Verbindung setzen sollen, um im sozialistisch-demokratischen Sinne durch Schlesien Propaganda zu machen. Sodann wurde beschlossen, dem Märzkaterverein zu Frankfurt, der einige landrechtlich umständliche Mittheilungen über die kaiserliche Kyffhäuserfrage gemacht hatte, eine gehörige Antwort zu geben, die ihm das Aprilmiauen vertreiben soll. In diesen Mittheilungen stellt der Central-Märzkaterverein sein transzendental-bornirtes Verhalten dem deutschen Volk als Zukunftsnorm auf. Die Debatte, welche sich alsdann auf die Interpellation Körber's in Veranlassung einer Rede, welche Stilch im Arbeiterbankett gehalten, entspann, bewies, daß der demokratische Verein noch viele Bourgeoiselemente enthält und selbst seine sozialistischen Mitglieder über den eigentlichen Kern ihres Strebens noch sehr konfuse Ansichten haben. Die sozialistischen Nothwendigkeiten scheinen mir jedoch hier so reichlich vorhanden zu sein, daß die Herren bald den rechten Weg treffen müssen, indem sie aus ihrer leitenden Mitte namentlich alle bloße Witz-, Phrasen- und Theorienhelden ausscheiden, um sich rein an die Fakta zu halten.

Während das Volk auf den Straßen verhungert, und als Bettler en masse in die Häuser stürzt, sind Trottoirs und Bierhäuser immer voll von Cigarren rauchenden, sich gütlich thuenden königl. preuß. gottbegnadeten Soldaten, welche einem überall in die Rippen fahren. Breslau gleicht einem Kriegslager, in welchem ganz besonders auch die Offiziere mit jenen berühmten brandenburgisch-hohenzollern'schen Backenknochen, Ministerschnurrbärten und stechenden Iltisaugen sich ganz besonders übermüthig und ladstockgraziös herumzuräkeln wissen.

Unter diesen Umständen kenne ich hier vorläufig keinen anziehenderen Punkt, als den oberschlesischen Bahnhof. Nachdem daselbst bisher nur demokratische Flüchtlinge eingetroffen waren, und die unaussprechliche Güte der königl. preuß. Polizei zu bewundern Gelegenheit gefunden, werden seit einigen Tagen auch schwarzgelbe Bestien aus Oesterreich und vom Kriegsschauplatz ausgesetzt, die dann zuweilen selbst schon auf dem Bahnhofe als Deklamatoren wider Magyaren und Wiener auftreten, und von einem aufmerksamen Zuhörerkreis standrechtlicher Gensd'armen sich anstaunen lassen. Ein solcher Held erzählte ihnen neulich, daß die Magyaren ihm Weib und Kind verbrannt, und all sein Hab und Gut verwüstet und gestohlen hätten. Meistens sind diese Kumpane gemeine Spione der österreichischen Bestienpolizei, die den Schwefel ihres magyarischen Verderbens riechen, und sich bei guter Zeit angeblich nach Amerika aus dem Staube machen.

Aus einer solchen Unterhaltung führe ich noch an, daß die gekrönte Central-Standrechts-Bestie zu Olmütz für den Fall zum Durchbrennen gerüstet ist, daß die Magyaren mit Uebermacht die mährische Gränze überschreiten sollten. Die Central-Bestie will dann nach Prag zu dem gütigen Idioten übersiedeln. ‒ Daß an die Stelle des Mörders Windischgrätz der Mörder Welden in Ungarn getreten, will doch nicht recht beruhigen. Man weiß, daß der Mörder Welden mit seinen wurstdicken Tigerlippen, seinen henkergenialen Strangaugen und seinem k. k. österreichischen General-Bulldog-Schädel nichts ist, als ein gemeiner deutscher Bandit, der keine andere Fähigkeit besitzt, als die Fähigkeit des plumpen Mordes. Als dieser Mensch vor Komorn erschienen war, sollen die Soldaten ihm zugemuthet haben, zuerst einmal als Stürmer voranzugehen. Von allen Seiten stürzen jedoch mordentbrannte Schaaren wider das heldenmüthige Magyarenvolk, während Europa's Westen nichts von der solidarischen Brüderlichkeit der Völker zu begreifen scheint und in seiner infamen Apathie dasteht, als kämpften tief in der Türkei Janitscharen mit andern Bestien. Selbst die äußerste französische Demokratie trifft dieser Vorwurf der Infamie. Vom Sieg oder von der Niederlage der Magyaren hängt, das fühlt die Contrerevolution, nicht aber die Stupidität der Volksvertreter, hängt Europa's Schicksal ab. Friedrich Wilhelm IV. läßt sich darum täglich einen Kurier aus Pesth nach Potsdam kommen, weil er weiß, daß mit dem Untergang des östreichischen Urscheusals auch seine Rolle ausgespielt ist. Die Völker haben alles Interesse, diesen Untergang zu befördern und doch fangen sie kaum jetzt an, sich um den Riesenkampf der Magyaren zeitungsmäßig zu kümmern.

Sind die Magyaren besiegt, ist Rußland's bestialischste Klaue wieder schlagfertig; dann wird mit der Bourgeoisie der ganze Absolutismus über Frankreich's Proletarierkampf herstürzen und ihm vielleicht ein knutiges Ende, wenigstens in Deutschland, bereiten.

Daß man in Siebenbürgen und jetzt auch in Galizien die Bürger überredet (Strang, Pulver und Blei) haben will, die russische Hülfe anzurufen, hat seinen Grund darin, damit der Central-Tamerlan später zur Rettung seiner dynastischen Bestien-Ehre sagen kann, er habe diese Hülfe für sich durchaus nicht nöthig gehabt und nur dem Wunsche seiner guten geängstigten Bürger nachgegeben.

Die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtswesens wird dem Volke hier auf die hochverrätherischste Weise zum Besten gegeben. Die Lokale sind so geräumig, daß sie außer dem Gerichte mit seiner landrechtlichen Phisiognomie wirklich beinahe noch zwei Gensd'armen und einen Zuhörer fassen, und für unser eins nur die landrechtlich klassischste Langeweile neben Verachtung ihrer Jämmerlichkeit darbieten können.

* Posen, 17. April.

Die „Zeitung des Osten“ theilt eine interessante Unterhaltung zwischen polnischen Abgeordneten und preußischen gottbegnadeten Ministern in Betreff der Demarkationslinie mit: Als nämlich die 3 fast ganz aus Polen bestehenden Landwehrbataillone mobil gemacht wurden, um nach Schleswig zu marschiren, und sich für die preußisch-kaiserlich-deutsch-centralgewaltige Komödie und diplomatischen Kriegstrug todt schlagen zu lassen: da begaben sich zwei polnische Deputirte zum Kriegsminister Strotha und gaben ihre Verwunderung über solches gezwungene Betheiligen der Polen an den ruhmreichen Lorbeeren „Meines“ wie des übrigen deutsch-centralen „herrlichen Kriegsheeres“ zu erkennen. „Nun, was wollen Sie thun?“ war die Frage. „Wir werden Sie interpelliren.“ „Wissen Sie auch, was das heißt, einen Minister interpelliren?“ ‒ „Nun? ‒ Das heißt, ihn kompromittiren.“ ‒ „In dem Fall würde es uns aber sehr leid thun ‒ wir müßten dann die Demarkationslinie, so ungelegen sie ist, durchführen ‒ dann freilich würden diejenigen Landwehrleute aus Schleswig zurückgezogen werden, die von jenseits der Demarkationslinie her sind.“ ‒ „Freilich haben Excellenz sehr Recht, wenn sie denken, daß interpelliren und kompromittiren synonym sind. Sehr häufig sind Interpellationen sehr kompromittirend.“ ‒ Es gehört wahrlich nicht viel Scharfsinn dazu, die Erklärung des Ministers trotz all' ihrer Schlauheit mit den benöthigten Glossen auszustatten. Diese Erklärung wird aber mit Bezug auf die Demarkationslinie um so spaßhafter, als Herr Manteuffel seinerseits einigen anderen Deputirten mittheilte, „es bleibt nichts übrig, als die Demarkationslinie in Ausführung zu bringen.“

Durch Androhung, die Demarkationslinie durchzuführen, sollen die Polen gezwungen werden, sich stillschweigend zum Ruhm und Vergnügen preußisch-deutscher diplomatischer Intriganten todt schießen zu lassen, während doch nur der christlich-germanische Bürger allein mit diesem Vorrecht ausgestattet sein und bleiben sollte.

Luckau, 11. April.

Mit höchstem Erstaunen lasen wir Lukkauer am Sonnabend im Kreisblatt Nr. 13. folgende „Bekanntmachung.“

„Höherer Anordnung zufolge darf die Bürgerwehr in ihrer gegenwärtigen Organisation nicht länger bestehen. Die Bürgerwehr ist vielmehr entweder auf Grund des Bürgerwehr-Gesetzes schleunigst zu reorganisiren oder aufzulösen. Da nun der größte Theil der Einwohnerschaft gegen eine Reorganisation der Bürgerwehr im Sinne des Gesetzes vom 17. Oktober 1848 protestirt und darauf angetragen hat, bis dahin damit Anstand zu nehmen, daß das von vielen Seiten angefochtene Bürgerwehrgesetz einer anderweiten Revision durch die Kammern unterlegen hat, so sehen wir uns genöthigt, das bisher unter dem Namen Bürgerwehr bestehende Corps hiermit als aufgelöst zu erklären. Die Mitglieder dieses Corps fordern wir hiermit auf, binnen acht Tagen die ihnen eingehändigten Waffen auf dem Rathhause abzuliefern, und wird einem Jeden über die Ablieferung eine Bescheinigung gegeben werden.

Luckau, 28. März 1849.

Der Magistrat, (gez.) Reußner.“

Die hier erwähnte „höhere Anordnung“ geht aus von einem Herrn Gläser, der seit einiger Zeit den als Abgeordneten zur ersten Kammer gewählten Herrn von Manteuffel im Landrathsamte vertritt.

Sie lautet so:

„Aus Veranlassung der Sonntag den 18. d. M. hier statt gehabten Demonstration sehe ich mich genöthigt, den Magistrat darauf hinzuweisen, daß nach §. 6. des Gesetzes über die Einrichtung der Bürgerwehr vom 17. Oktober 1848 die Mitglieder der Bürgerwehr sich ohne Befehl ihrer Anführer weder zu dienstlichen Zwecken versammeln, noch unter die Waffen treten, die Anführer diesen Befehl aber nicht ohne Requisition der zuständigen Civil-Behörden (§. 67) ertheilen dürfen, ausgenommen, so weit es sich um die Vollziehung des Dienstreglements handelt. Der Fall der Ausnahme ist nun hier nicht eingetreten, da die hiesige Bürgerwehr kein Dienstreglement im gesetzlichen Sinne hat, und es würde daher, da eine Versammlung in Waffen ohne Requisition der zuständigen Behörde erfolgt ist, die in §. 81. 82. angedrohte Strafe verwirkt sein.

„Da indeß ein Verbot des stattgehabten Aufzuges wahrscheinlich große Aufregung verursacht haben würde, und bei dem beobachteten Stillschweigen der Behörde der ganze Tag ohne jede ernstliche *) Störung der öffentlichen Ruhe vorübergegangen ist, so will ich **) um so weniger auf Verfolgung der eben nachgewiesenen Gesetzwidrigkeit dringen, als ich überhaupt, so lange die hiesige Bürgerwehr nicht nach dem Gesetze vom 17. Oktober 1848 organisirt ist, dieselbe nicht für zu Recht bestehend, und folgeweise auch die Bestimmung jenes Gesetzes nicht auf sie anwendbar erachten kann. Um so mehr wird es aber nöthig, daß der Magistrat sich des Schleunigsten damit beschäftige, jenes Institut entweder auf gesetzlichem Wege zu ordnen, oder, wenn dies in der Schnelligkeit, der vielen sich dagegen erhebenden Stimmen wegen nicht möglich sein sollte, dasselbe in seiner jetzigen Gestalt aufzulösen.“

„Ein nicht gesetzlich organisirtes Corps ist ein zu gefährliches Elemen für die öffentliche Ruhe, um es länger dulden zu können. Ich ersuche hiermit den Magistrat, mir binnen 14 Tagen anzuzeigen, was in dieser Beziehung geschehen ist.

Lukau, den 21. März.1849.

Der Königl. Landrath. J. V. (gez.) Gläser. “

Diese beiden Schriftstücke zeigen, was in Preußen im März 1849 auch außerhalb des Balgerungszustandes die Büreaukratie dem Volke wieder bieten zu dürfen meint. Die Veranlassung ist kurz diese:

Zur Feier des 18. März zog die hiesige Bürgerwehr, nachdem der Magistrat 24 Stunden zuvor Anzeige davon erhalten, gefolgt von geordneten Zügen zahlreicher nicht bewaffneter Einwohner zur Kirche, hielt einen Umzug durch die Stadt, und ging dann still auseinander!!

(Centralbt. d. Niederl.)
* Aus Schleswig-Holstein, 18. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Polen.
Von der russischen Gränze, 12. April.

Noch immer kommt es vor, das russische Juden, preußische Unterthanen in den Gränzörtern für das russische Militär aufkaufen, und sie je nach der Körperkraft mit 70, 80 und mehr Silberrubel pro Mann bezahlen. Mancher kraftvolle preußische Mann hat sich für dieses Blutgeld der russischen Knute untergelegt. Welche Stellung die angekauften preußischen Unterthanen in den Reihen des russischen Heeres einnehmen, erhellt aus der Thatsache, daß ein russischer Offizier seinen Soldaten, die an einem gekauften Preußen die Prügelstrafe exekutirten, zurief: „Haut nur zu, es ist ein Bezahlter!“ ‒ In der letzten Zeit sind auffallend viel Deserteure über die Gränze nach Preußen geflohen, meistens Rekruten von der letzten Aushebung. Glücklich, wer unbemerkt und unverfolgt den Fuß über die preußische Gränze setzt, aber wehe dem, der in die Hände der Kosaken fällt. ‒ Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt, wie diese Zeitung neulich meldete, die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 25 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesem Gouvernement mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kronländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln.

Krakau, 14. April.

Gestern bekamen die hier noch weilenden Emigranten den Auftrag, sich bis 5 Uhr Nachmittags reisefertig im Polizeigebäude zu stellen; man spricht, sie würden nach Theresienstadt übersiedelt werden. In der Nacht wurden deren viele aus ihren Wohnungen geholt und mit Fiakern weggeführt.

Italien.

* Man liest im Pariser Moniteur folgende Lügen-Depesche:

Palermo, 10. April.

Die sog. kleine sizilische Armee (unter Mieroslawski) hat sich, nachdem sie die Stadt Taormina verloren, in voller Unordnung aufgelöst, einige ihrer Offiziere ermordet und die Kriegskasse geplündert. Catania hat sich ohne Schwertstreich ergeben. In Palermo herrscht große Versteinerung und Alles läßt darauf schliessen, daß es sich nicht vertheidigen werde.

Man fürchtet, daß die von den Gebirgen herabsteigenden Bauern die Stadt noch vor Ankunft der Neapolitaner plündern wollen.

* Rom, 11. April.

Galletti ist wieder zum Präsidenten und Bonaparte mit Salicetti zum Vicepräsidenten der Constituante ernannt worden.

* Turin, 16. April.

Romarino und Galanti, die des Verraths angeklagt vor ein Kriegsgericht gestellt worden waren, sind ‒ natürlich ‒ unschuldig befunden und freigelassen worden.

* Livorno, 13. April.

Es heißt, daß sich Guerazzi im alten Palais befinde; man weiß jedoch nicht, ob als Geißel, oder zur exemplarischen Rache für die Reaktion aufbewahrt. Vorgestern wurde ein Pistolenschuß auf ihn abgefeuert, der ihn jedoch nicht traf. Ein honetter Bourgeois warf ihm dagegen einen Stein gegen die Brust, der ihn erheblich verletzte. Von den Ministern hat man mit Ausnahme Adami's keine Nachricht; der letztere ist seit gestern Abend wieder eingetroffen.

Man hat hier noch keine Proklamation, keine Ordre veröffentlicht; das Volk wartet; Freiwillige, Tirailleure, Artilleristen sind unter den Waffen; Eisenbahn und Telegraphenlinie sind abgeschnitten und man erwartet auf den Abend einen blutigen Zusammenstoß.

Dies scheint ein stehendes epithetoun ornans im Büreaustyl zu sein, da ich auf Erkundigung auch icht von einer geringen Störung gehört habe.
Wahrscheinlich ein Schreibfehler statt „Ich“, da hier von Ausübung eines Begnadigungsrechtes die Rede zu sein scheint.
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          <p><pb facs="#f0002" n="1578"/>
entgehen. Durch diese Erklärung und etwa noch durch die wohlfeile Anerkennung der deutschen Verfassung hofft das Ministerium außerdem den Waffen seiner Gegner die Spitze abzubrechen und durch neue Sympathieen eine festere Stellung zu gewinnen. So wird denn die nächste Zukunft schon entscheidende Entschlüsse und vielleicht nicht minder entscheidende Thatsachen bringen.</p>
          <p>In der Agrarkommission hat man eine heillose Angst vor dem Elsnerschen Antrage auf Ablösung der bäuerlichen Grundstücke. Man sucht in Göthescher Manier die unangenehme Berathung so weit hinauszuschieben als möglich und der Präsident der Kommission Citoyen Hermann Hatzfeld hat seine Getreuen demgemäß bis auf Montag vertagt.</p>
          <p>Von den Abgg. Grebel und Genossen ist ein Antrag auf Aufhebung der Moststeuer gestellt und als Motiv die Noth der Winzer angeführt.</p>
          <p>Als Amendement zum Waldeck'schen Antrag, die Aufhebung der Belagerungszustände wird von den Abgg. Renard, Möcke etc. vorgeschlagen, nach dem Wort &#x201E;aufzuheben&#x201C; zu setzen: &#x201E;und den Kammern ein Tumult- und Aufruhrgesetz, welches sich nicht allein auf Berlin beschränkt, zur schleunigsten Begutachtung und Beschlußnahme vorzulegen.&#x201C;</p>
          <p>Die Verfassungs - Revisions - Kommission ist in ihren Arbeiten heute bis zu Artikel 50 gelangt. Es erhob sich eine sehr heftige Debatte in Bezug auf den gestrigen Angriff des Abg. <hi rendition="#g">Behnsch</hi> gegen die Rechte der Kommission, welche Hr. v. Auerswald so gütig war mit tiefster Verachtung zurückzuweisen. Hr. v. Vinke meinte, er hätte gehofft, daß die Kommission als Ganzes durch jenen Angriff sich beleidigt gefühlt haben würde, daß ferner ein Mitglied der Linken in der Kommission die Vertheidigung übernehmen werde, da der Angriff von dieser Seite des Hauses ausgegangen sei. Unruh und Phillips erwiderten, daß auch sie den Angriff Behnsch's mißbilligen müßten, sich aber nicht veranlaßt gefühlt hätten, das Wort zu ergreifen, nachdem Hr. v. Auerswald gesprochen. Der Abg. Stein trat energischer auf und meinte, er würde die Vertheidigung der Kommission nicht haben übernehmen können, da er den Vorwurf der Verzögerung für begründet erachte, obwohl die Kommission nicht angestrengter habe arbeiten können. Der Grund liege darin, daß die Herren der äußersten Rechten in der Kommission Amendements stellten, die Stunden lang diskutirt würden, und für welche sich am Ende nur die Amendementsteller selbst erhöben. Er stelle deshalb den Antrag, daß nur die Amendements zur Diskussion kommen sollten, für deren Unterstützung sich mindestens 15 Mitglieder erhöben. Scherzhafterweise war Hr. Stein nach einer kurzen Diskussion über diesen Antrag der Einzige, der dafür stimmte, so daß sich noch Hr. Kleist-Retzow, um ihn nicht ganz allein zu lassen, erhob.</p>
          <p>Nachdem die ersten beiden Titel berathen waren, schlug man vor, dieselben sogleich der Kammer zur weiteren Berathung vorzulegen. Es wurde dagegen angeführt, daß man die Gestaltung der deutschen Verhältnisse abwarten müsse, obwohl Stein mit Recht erwiderte, entweder ordneten sie sich in den nächsten Tagen oder aus der ganzen deutschen Verfassung würde nichts. Der Antrag wurde verworfen.</p>
          <p>Ehe man zu der Berathung des dritten Titels, der &#x201E;vom König&#x201C; handelt, überging, bemerkte Vinke, er habe dazu gar kein Amendement zu stellen und die ganze Rechte befolgt die gleiche Taktik. Die Linke ließ sich natürlich nicht hindern ihrerseits das Möglichste zu thun, obwohl ihre Anstrengungen unfruchtbar waren. Das Verhältniß der Partheien ist nämlich folgendes; 6 Mitglieder der Commission gehören, wie Bodelschwingh, Kleist, Retzow, Arnim der äußersten Rechten an; 8 Mitglieder mit Vinke, und Auerswald der Rechten; 2 Wenzel und Rhoden dem Centrum; 2 Unruh und Phillips der gemässigten Linken; 3 der äußersten Linken, Ziegler, Liebelt und Stein.</p>
          <p>Aus sicherster Quelle erfahren wir, daß die äußerste Linke in Bezug auf den Rodbertus'schen Antrag zwar eine motivirte Tagesordnung vorschlagen, <hi rendition="#g">sich aber eventuell für denselben erklären wird.</hi> Der Redner der Partei wird wahrscheinlich Waldeck sein. Die Tagesordnung wird heute Abend in der Fraktionssitzung berathen werden.</p>
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        <head>Sitzung der ersten Kammer.</head>
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          <p>Die Tribünen sind gefüllt, weil man eine interessante Sitzung erwartet. Der Minister, Graf <hi rendition="#g">Arnim,</hi> sagt auf die Interpellation des Grafen Oyhrn, daß er sich nicht veranlaßt fühle, dieselbe zu beantworten.</p>
          <p>In Betreff der ähnlichen Interpellation Bergmanns erklärt Brandenburg, ad 1 derselben: er könne nicht antworten; ad 2: er werde die Erklärung der 28 Regierungen auf das Bureau niederlegen und in den nächsten Tagen der Kammer Mittheilungen über die Politik des Ministeriums machen.</p>
          <p>Bei <hi rendition="#g">Gierkes</hi> Antrag auf Anerkennung der deutschen Verfassung wird nicht einmal die Dringlichkeit hinreichend unterstützt.</p>
          <p>Die Kammer geht nun zur Tagesordnung über und unterhält sich über den Bornemannschen Antrag über die Gerichtsorganisation bis um 2 Uhr, wo die Sitzung geschlossen wird.</p>
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          <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 19. April.</head>
          <p>Die Sitzung des demokratischen Hauptvereins gewann gestern dadurch an Interesse, daß man versuchte, das sozialistische Terrain desselben zu sondiren. Zuerst ernannte der Verein drei Mitglieder, welche sich mit drei Mitgliedern des sozialistischen Vereins in Verbindung setzen sollen, um im sozialistisch-demokratischen Sinne durch Schlesien Propaganda zu machen. Sodann wurde beschlossen, dem Märzkaterverein zu Frankfurt, der einige landrechtlich umständliche Mittheilungen über die kaiserliche Kyffhäuserfrage gemacht hatte, eine gehörige Antwort zu geben, die ihm das Aprilmiauen vertreiben soll. In diesen Mittheilungen stellt der Central-Märzkaterverein sein transzendental-bornirtes Verhalten dem deutschen Volk als Zukunftsnorm auf. Die Debatte, welche sich alsdann auf die Interpellation Körber's in Veranlassung einer Rede, welche Stilch im Arbeiterbankett gehalten, entspann, bewies, daß der demokratische Verein noch viele Bourgeoiselemente enthält und selbst seine sozialistischen Mitglieder über den eigentlichen Kern ihres Strebens noch sehr konfuse Ansichten haben. Die sozialistischen Nothwendigkeiten scheinen mir jedoch hier so reichlich vorhanden zu sein, daß die Herren bald den rechten Weg treffen müssen, indem sie aus ihrer leitenden Mitte namentlich alle bloße Witz-, Phrasen- und Theorienhelden ausscheiden, um sich rein an die Fakta zu halten.</p>
          <p>Während das Volk auf den Straßen verhungert, und als Bettler en masse in die Häuser stürzt, sind Trottoirs und Bierhäuser immer voll von Cigarren rauchenden, sich gütlich thuenden königl. preuß. gottbegnadeten Soldaten, welche einem überall in die Rippen fahren. Breslau gleicht einem Kriegslager, in welchem ganz besonders auch die Offiziere mit jenen berühmten brandenburgisch-hohenzollern'schen Backenknochen, Ministerschnurrbärten und stechenden Iltisaugen sich ganz besonders übermüthig und ladstockgraziös herumzuräkeln wissen.</p>
          <p>Unter diesen Umständen kenne ich hier vorläufig keinen anziehenderen Punkt, als den oberschlesischen Bahnhof. Nachdem daselbst bisher nur demokratische Flüchtlinge eingetroffen waren, und die unaussprechliche Güte der königl. preuß. Polizei zu bewundern Gelegenheit gefunden, werden seit einigen Tagen auch schwarzgelbe Bestien aus Oesterreich und vom Kriegsschauplatz ausgesetzt, die dann zuweilen selbst schon auf dem Bahnhofe als Deklamatoren wider Magyaren und Wiener auftreten, und von einem aufmerksamen Zuhörerkreis standrechtlicher Gensd'armen sich anstaunen lassen. Ein solcher Held erzählte ihnen neulich, daß die Magyaren ihm Weib und Kind verbrannt, und all sein Hab und Gut verwüstet und gestohlen hätten. Meistens sind diese Kumpane gemeine Spione der österreichischen Bestienpolizei, die den Schwefel ihres magyarischen Verderbens riechen, und sich bei guter Zeit angeblich nach Amerika aus dem Staube machen.</p>
          <p>Aus einer solchen Unterhaltung führe ich noch an, daß die gekrönte Central-Standrechts-Bestie zu Olmütz für den Fall zum Durchbrennen gerüstet ist, daß die Magyaren mit Uebermacht die mährische Gränze überschreiten sollten. Die Central-Bestie will dann nach Prag zu dem gütigen Idioten übersiedeln. &#x2012; Daß an die Stelle des Mörders Windischgrätz der Mörder Welden in Ungarn getreten, will doch nicht recht beruhigen. Man weiß, daß der Mörder Welden mit seinen wurstdicken Tigerlippen, seinen henkergenialen Strangaugen und seinem k. k. österreichischen General-Bulldog-Schädel nichts ist, als ein gemeiner deutscher Bandit, der keine andere Fähigkeit besitzt, als die Fähigkeit des plumpen Mordes. Als dieser Mensch vor Komorn erschienen war, sollen die Soldaten ihm zugemuthet haben, zuerst einmal als Stürmer voranzugehen. Von allen Seiten stürzen jedoch mordentbrannte Schaaren wider das heldenmüthige Magyarenvolk, während Europa's Westen nichts von der solidarischen Brüderlichkeit der Völker zu begreifen scheint und in seiner infamen Apathie dasteht, als kämpften tief in der Türkei Janitscharen mit andern Bestien. Selbst die äußerste französische Demokratie trifft dieser Vorwurf der Infamie. Vom Sieg oder von der Niederlage der Magyaren hängt, das fühlt die Contrerevolution, nicht aber die Stupidität der Volksvertreter, hängt Europa's Schicksal ab. Friedrich Wilhelm IV. läßt sich darum täglich einen Kurier aus Pesth nach Potsdam kommen, weil er weiß, daß mit dem Untergang des östreichischen Urscheusals auch seine Rolle ausgespielt ist. Die Völker haben alles Interesse, diesen Untergang zu befördern und doch fangen sie kaum jetzt an, sich um den Riesenkampf der Magyaren zeitungsmäßig zu kümmern.</p>
          <p>Sind die Magyaren besiegt, ist Rußland's bestialischste Klaue wieder schlagfertig; dann wird mit der Bourgeoisie der ganze Absolutismus über Frankreich's Proletarierkampf herstürzen und ihm vielleicht ein knutiges Ende, wenigstens in Deutschland, bereiten.</p>
          <p>Daß man in Siebenbürgen und jetzt auch in Galizien die <hi rendition="#g">Bürger</hi> überredet (Strang, Pulver und Blei) haben will, die russische Hülfe anzurufen, hat seinen Grund darin, damit der Central-Tamerlan später zur Rettung seiner dynastischen Bestien-Ehre sagen kann, er habe diese Hülfe für sich durchaus nicht nöthig gehabt und nur dem Wunsche seiner guten geängstigten Bürger nachgegeben.</p>
          <p>Die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtswesens wird dem Volke hier auf die hochverrätherischste Weise zum Besten gegeben. Die Lokale sind so geräumig, daß sie außer dem Gerichte mit seiner landrechtlichen Phisiognomie wirklich beinahe noch zwei Gensd'armen und einen Zuhörer fassen, und für unser eins nur die landrechtlich klassischste Langeweile neben Verachtung ihrer Jämmerlichkeit darbieten können.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar279-2_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Posen, 17. April.</head>
          <p>Die &#x201E;Zeitung des Osten&#x201C; theilt eine interessante Unterhaltung zwischen polnischen Abgeordneten und preußischen gottbegnadeten Ministern in Betreff der Demarkationslinie mit: Als nämlich die 3 fast ganz aus Polen bestehenden Landwehrbataillone mobil gemacht wurden, um nach Schleswig zu marschiren, und sich für die preußisch-kaiserlich-deutsch-centralgewaltige Komödie und diplomatischen Kriegstrug todt schlagen zu lassen: da begaben sich zwei polnische Deputirte zum Kriegsminister Strotha und gaben ihre Verwunderung über solches gezwungene Betheiligen der Polen an den ruhmreichen Lorbeeren &#x201E;Meines&#x201C; wie des übrigen deutsch-centralen &#x201E;herrlichen Kriegsheeres&#x201C; zu erkennen. &#x201E;Nun, was wollen Sie thun?&#x201C; war die Frage. &#x201E;Wir werden Sie interpelliren.&#x201C; &#x201E;Wissen Sie auch, was das heißt, einen Minister interpelliren?&#x201C; &#x2012; &#x201E;Nun? &#x2012; Das heißt, ihn kompromittiren.&#x201C; &#x2012; &#x201E;In dem Fall würde es uns aber sehr leid thun &#x2012; wir müßten dann die Demarkationslinie, so ungelegen sie ist, durchführen &#x2012; dann freilich würden diejenigen Landwehrleute aus Schleswig zurückgezogen werden, die von jenseits der Demarkationslinie her sind.&#x201C; &#x2012; &#x201E;Freilich haben Excellenz sehr Recht, wenn sie denken, daß interpelliren und kompromittiren synonym sind. Sehr häufig sind Interpellationen sehr kompromittirend.&#x201C; &#x2012; Es gehört wahrlich nicht viel Scharfsinn dazu, die Erklärung des Ministers trotz all' ihrer Schlauheit mit den benöthigten Glossen auszustatten. Diese Erklärung wird aber mit Bezug auf die Demarkationslinie um so spaßhafter, als Herr Manteuffel seinerseits einigen anderen Deputirten mittheilte, &#x201E;es bleibt nichts übrig, als die Demarkationslinie in Ausführung zu bringen.&#x201C;</p>
          <p>Durch Androhung, die Demarkationslinie durchzuführen, sollen die Polen gezwungen werden, sich stillschweigend zum Ruhm und Vergnügen preußisch-deutscher diplomatischer Intriganten todt schießen zu lassen, während doch nur der christlich-germanische Bürger allein mit diesem Vorrecht ausgestattet sein und bleiben sollte.</p>
        </div>
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          <head>Luckau, 11. April.</head>
          <p>Mit höchstem Erstaunen lasen wir Lukkauer am Sonnabend im Kreisblatt Nr. 13. folgende &#x201E;Bekanntmachung.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Höherer Anordnung zufolge darf die Bürgerwehr in ihrer gegenwärtigen Organisation nicht länger bestehen. Die Bürgerwehr ist vielmehr entweder auf Grund des Bürgerwehr-Gesetzes schleunigst zu reorganisiren oder aufzulösen. Da nun der größte Theil der Einwohnerschaft gegen eine Reorganisation der Bürgerwehr im Sinne des Gesetzes vom 17. Oktober 1848 protestirt und darauf angetragen hat, bis dahin damit Anstand zu nehmen, daß das von vielen Seiten angefochtene Bürgerwehrgesetz einer anderweiten Revision durch die Kammern unterlegen hat, so sehen wir uns genöthigt, das bisher unter dem Namen Bürgerwehr bestehende Corps hiermit als aufgelöst zu erklären. Die Mitglieder dieses Corps fordern wir hiermit auf, binnen acht Tagen die ihnen eingehändigten Waffen auf dem Rathhause abzuliefern, und wird einem Jeden über die Ablieferung eine Bescheinigung gegeben werden.</p>
          <p>Luckau, 28. März 1849.</p>
          <p>Der Magistrat, (gez.) Reußner.&#x201C;</p>
          <p>Die hier erwähnte &#x201E;höhere Anordnung&#x201C; geht aus von einem Herrn Gläser, der seit einiger Zeit den als Abgeordneten zur ersten Kammer gewählten Herrn von Manteuffel im Landrathsamte vertritt.</p>
          <p>Sie lautet so:</p>
          <p>&#x201E;Aus Veranlassung der Sonntag den 18. d. M. hier statt gehabten Demonstration sehe ich mich genöthigt, den Magistrat darauf hinzuweisen, daß nach §. 6. des Gesetzes über die Einrichtung der Bürgerwehr vom 17. Oktober 1848 die Mitglieder der Bürgerwehr sich ohne Befehl ihrer Anführer weder zu dienstlichen Zwecken versammeln, noch unter die Waffen treten, die Anführer diesen Befehl aber nicht ohne Requisition der zuständigen Civil-Behörden (§. 67) ertheilen dürfen, ausgenommen, so weit es sich um die Vollziehung des Dienstreglements handelt. Der Fall der Ausnahme ist nun hier nicht eingetreten, da die hiesige Bürgerwehr kein Dienstreglement im gesetzlichen Sinne hat, und es würde daher, da eine Versammlung in Waffen ohne Requisition der zuständigen Behörde erfolgt ist, die in §. 81. 82. angedrohte Strafe verwirkt sein.</p>
          <p>&#x201E;Da indeß ein Verbot des stattgehabten Aufzuges wahrscheinlich große Aufregung verursacht haben würde, und bei dem beobachteten Stillschweigen der Behörde der ganze Tag ohne jede ernstliche *)<note place="foot">Dies scheint ein stehendes epithetoun ornans im Büreaustyl zu sein, da ich auf Erkundigung auch icht von einer geringen Störung gehört habe.</note> Störung der öffentlichen Ruhe vorübergegangen ist, so will ich **)<note place="foot">Wahrscheinlich ein Schreibfehler statt &#x201E;Ich&#x201C;, da hier von Ausübung eines Begnadigungsrechtes die Rede zu sein scheint.</note> um so weniger auf Verfolgung der eben nachgewiesenen Gesetzwidrigkeit dringen, als ich überhaupt, so lange die hiesige Bürgerwehr nicht nach dem Gesetze vom 17. Oktober 1848 organisirt ist, dieselbe nicht für zu Recht bestehend, und folgeweise auch die Bestimmung jenes Gesetzes nicht auf sie anwendbar erachten kann. Um so mehr wird es aber nöthig, daß der Magistrat sich des Schleunigsten damit beschäftige, jenes Institut entweder auf gesetzlichem Wege zu ordnen, oder, wenn dies in der Schnelligkeit, der vielen sich dagegen erhebenden Stimmen wegen nicht möglich sein sollte, dasselbe in seiner jetzigen Gestalt aufzulösen.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ein nicht gesetzlich organisirtes Corps ist ein zu gefährliches Elemen für die öffentliche Ruhe, um es länger dulden zu können. Ich ersuche hiermit den Magistrat, mir binnen 14 Tagen anzuzeigen, was in dieser Beziehung geschehen ist.</p>
          <p>Lukau, den 21. März.1849.</p>
          <p>Der Königl. Landrath. J. V. (gez.) Gläser. &#x201C;</p>
          <p>Diese beiden Schriftstücke zeigen, was in Preußen im März 1849 auch außerhalb des Balgerungszustandes die Büreaukratie dem Volke wieder bieten zu dürfen meint. Die Veranlassung ist kurz diese:</p>
          <p>Zur Feier des 18. März zog die hiesige Bürgerwehr, nachdem der Magistrat 24 Stunden zuvor Anzeige davon erhalten, gefolgt von geordneten Zügen zahlreicher nicht bewaffneter Einwohner zur Kirche, hielt einen Umzug durch die Stadt, und ging dann still auseinander!!</p>
          <bibl>(Centralbt. d. Niederl.)</bibl>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vorgebliches Einrücken in Jütland, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Aus Schleswig-Holstein, 18. April.</head>
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        <head>Polen.</head>
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          <head>Von der russischen Gränze, 12. April.</head>
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          <head>Krakau, 14. April.</head>
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          <p><bibl><author>*</author></bibl> Man liest im Pariser Moniteur folgende Lügen-Depesche:</p>
          <p>Palermo, 10. April.</p>
          <p>Die sog. kleine sizilische Armee (unter Mieroslawski) hat sich, nachdem sie die Stadt Taormina verloren, in voller Unordnung aufgelöst, einige ihrer Offiziere ermordet und die Kriegskasse geplündert. Catania hat sich ohne Schwertstreich ergeben. In Palermo herrscht große Versteinerung und Alles läßt darauf schliessen, daß es sich nicht vertheidigen werde.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl>Turin, 16. April.</head>
          <p>Romarino und Galanti, die des Verraths angeklagt vor ein Kriegsgericht gestellt worden waren, sind &#x2012; natürlich &#x2012; unschuldig befunden und freigelassen worden.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl>Livorno, 13. April.</head>
          <p>Es heißt, daß sich Guerazzi im alten Palais befinde; man weiß jedoch nicht, ob als Geißel, oder zur exemplarischen Rache für die Reaktion aufbewahrt. Vorgestern wurde ein Pistolenschuß auf ihn abgefeuert, der ihn jedoch nicht traf. Ein honetter Bourgeois warf ihm dagegen einen Stein gegen die Brust, der ihn erheblich verletzte. Von den Ministern hat man mit Ausnahme Adami's keine Nachricht; der letztere ist seit gestern Abend wieder eingetroffen.</p>
          <p>Man hat hier noch keine Proklamation, keine Ordre veröffentlicht; das Volk wartet; Freiwillige, Tirailleure, Artilleristen sind unter den Waffen; Eisenbahn und Telegraphenlinie sind abgeschnitten und man erwartet auf den Abend einen blutigen Zusammenstoß.</p>
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[1578/0002] entgehen. Durch diese Erklärung und etwa noch durch die wohlfeile Anerkennung der deutschen Verfassung hofft das Ministerium außerdem den Waffen seiner Gegner die Spitze abzubrechen und durch neue Sympathieen eine festere Stellung zu gewinnen. So wird denn die nächste Zukunft schon entscheidende Entschlüsse und vielleicht nicht minder entscheidende Thatsachen bringen. In der Agrarkommission hat man eine heillose Angst vor dem Elsnerschen Antrage auf Ablösung der bäuerlichen Grundstücke. Man sucht in Göthescher Manier die unangenehme Berathung so weit hinauszuschieben als möglich und der Präsident der Kommission Citoyen Hermann Hatzfeld hat seine Getreuen demgemäß bis auf Montag vertagt. Von den Abgg. Grebel und Genossen ist ein Antrag auf Aufhebung der Moststeuer gestellt und als Motiv die Noth der Winzer angeführt. Als Amendement zum Waldeck'schen Antrag, die Aufhebung der Belagerungszustände wird von den Abgg. Renard, Möcke etc. vorgeschlagen, nach dem Wort „aufzuheben“ zu setzen: „und den Kammern ein Tumult- und Aufruhrgesetz, welches sich nicht allein auf Berlin beschränkt, zur schleunigsten Begutachtung und Beschlußnahme vorzulegen.“ Die Verfassungs - Revisions - Kommission ist in ihren Arbeiten heute bis zu Artikel 50 gelangt. Es erhob sich eine sehr heftige Debatte in Bezug auf den gestrigen Angriff des Abg. Behnsch gegen die Rechte der Kommission, welche Hr. v. Auerswald so gütig war mit tiefster Verachtung zurückzuweisen. Hr. v. Vinke meinte, er hätte gehofft, daß die Kommission als Ganzes durch jenen Angriff sich beleidigt gefühlt haben würde, daß ferner ein Mitglied der Linken in der Kommission die Vertheidigung übernehmen werde, da der Angriff von dieser Seite des Hauses ausgegangen sei. Unruh und Phillips erwiderten, daß auch sie den Angriff Behnsch's mißbilligen müßten, sich aber nicht veranlaßt gefühlt hätten, das Wort zu ergreifen, nachdem Hr. v. Auerswald gesprochen. Der Abg. Stein trat energischer auf und meinte, er würde die Vertheidigung der Kommission nicht haben übernehmen können, da er den Vorwurf der Verzögerung für begründet erachte, obwohl die Kommission nicht angestrengter habe arbeiten können. Der Grund liege darin, daß die Herren der äußersten Rechten in der Kommission Amendements stellten, die Stunden lang diskutirt würden, und für welche sich am Ende nur die Amendementsteller selbst erhöben. Er stelle deshalb den Antrag, daß nur die Amendements zur Diskussion kommen sollten, für deren Unterstützung sich mindestens 15 Mitglieder erhöben. Scherzhafterweise war Hr. Stein nach einer kurzen Diskussion über diesen Antrag der Einzige, der dafür stimmte, so daß sich noch Hr. Kleist-Retzow, um ihn nicht ganz allein zu lassen, erhob. Nachdem die ersten beiden Titel berathen waren, schlug man vor, dieselben sogleich der Kammer zur weiteren Berathung vorzulegen. Es wurde dagegen angeführt, daß man die Gestaltung der deutschen Verhältnisse abwarten müsse, obwohl Stein mit Recht erwiderte, entweder ordneten sie sich in den nächsten Tagen oder aus der ganzen deutschen Verfassung würde nichts. Der Antrag wurde verworfen. Ehe man zu der Berathung des dritten Titels, der „vom König“ handelt, überging, bemerkte Vinke, er habe dazu gar kein Amendement zu stellen und die ganze Rechte befolgt die gleiche Taktik. Die Linke ließ sich natürlich nicht hindern ihrerseits das Möglichste zu thun, obwohl ihre Anstrengungen unfruchtbar waren. Das Verhältniß der Partheien ist nämlich folgendes; 6 Mitglieder der Commission gehören, wie Bodelschwingh, Kleist, Retzow, Arnim der äußersten Rechten an; 8 Mitglieder mit Vinke, und Auerswald der Rechten; 2 Wenzel und Rhoden dem Centrum; 2 Unruh und Phillips der gemässigten Linken; 3 der äußersten Linken, Ziegler, Liebelt und Stein. Aus sicherster Quelle erfahren wir, daß die äußerste Linke in Bezug auf den Rodbertus'schen Antrag zwar eine motivirte Tagesordnung vorschlagen, sich aber eventuell für denselben erklären wird. Der Redner der Partei wird wahrscheinlich Waldeck sein. Die Tagesordnung wird heute Abend in der Fraktionssitzung berathen werden. Sitzung der ersten Kammer. Die Tribünen sind gefüllt, weil man eine interessante Sitzung erwartet. Der Minister, Graf Arnim, sagt auf die Interpellation des Grafen Oyhrn, daß er sich nicht veranlaßt fühle, dieselbe zu beantworten. In Betreff der ähnlichen Interpellation Bergmanns erklärt Brandenburg, ad 1 derselben: er könne nicht antworten; ad 2: er werde die Erklärung der 28 Regierungen auf das Bureau niederlegen und in den nächsten Tagen der Kammer Mittheilungen über die Politik des Ministeriums machen. Bei Gierkes Antrag auf Anerkennung der deutschen Verfassung wird nicht einmal die Dringlichkeit hinreichend unterstützt. Die Kammer geht nun zur Tagesordnung über und unterhält sich über den Bornemannschen Antrag über die Gerichtsorganisation bis um 2 Uhr, wo die Sitzung geschlossen wird. 61 Breslau, 19. April. Die Sitzung des demokratischen Hauptvereins gewann gestern dadurch an Interesse, daß man versuchte, das sozialistische Terrain desselben zu sondiren. Zuerst ernannte der Verein drei Mitglieder, welche sich mit drei Mitgliedern des sozialistischen Vereins in Verbindung setzen sollen, um im sozialistisch-demokratischen Sinne durch Schlesien Propaganda zu machen. Sodann wurde beschlossen, dem Märzkaterverein zu Frankfurt, der einige landrechtlich umständliche Mittheilungen über die kaiserliche Kyffhäuserfrage gemacht hatte, eine gehörige Antwort zu geben, die ihm das Aprilmiauen vertreiben soll. In diesen Mittheilungen stellt der Central-Märzkaterverein sein transzendental-bornirtes Verhalten dem deutschen Volk als Zukunftsnorm auf. Die Debatte, welche sich alsdann auf die Interpellation Körber's in Veranlassung einer Rede, welche Stilch im Arbeiterbankett gehalten, entspann, bewies, daß der demokratische Verein noch viele Bourgeoiselemente enthält und selbst seine sozialistischen Mitglieder über den eigentlichen Kern ihres Strebens noch sehr konfuse Ansichten haben. Die sozialistischen Nothwendigkeiten scheinen mir jedoch hier so reichlich vorhanden zu sein, daß die Herren bald den rechten Weg treffen müssen, indem sie aus ihrer leitenden Mitte namentlich alle bloße Witz-, Phrasen- und Theorienhelden ausscheiden, um sich rein an die Fakta zu halten. Während das Volk auf den Straßen verhungert, und als Bettler en masse in die Häuser stürzt, sind Trottoirs und Bierhäuser immer voll von Cigarren rauchenden, sich gütlich thuenden königl. preuß. gottbegnadeten Soldaten, welche einem überall in die Rippen fahren. Breslau gleicht einem Kriegslager, in welchem ganz besonders auch die Offiziere mit jenen berühmten brandenburgisch-hohenzollern'schen Backenknochen, Ministerschnurrbärten und stechenden Iltisaugen sich ganz besonders übermüthig und ladstockgraziös herumzuräkeln wissen. Unter diesen Umständen kenne ich hier vorläufig keinen anziehenderen Punkt, als den oberschlesischen Bahnhof. Nachdem daselbst bisher nur demokratische Flüchtlinge eingetroffen waren, und die unaussprechliche Güte der königl. preuß. Polizei zu bewundern Gelegenheit gefunden, werden seit einigen Tagen auch schwarzgelbe Bestien aus Oesterreich und vom Kriegsschauplatz ausgesetzt, die dann zuweilen selbst schon auf dem Bahnhofe als Deklamatoren wider Magyaren und Wiener auftreten, und von einem aufmerksamen Zuhörerkreis standrechtlicher Gensd'armen sich anstaunen lassen. Ein solcher Held erzählte ihnen neulich, daß die Magyaren ihm Weib und Kind verbrannt, und all sein Hab und Gut verwüstet und gestohlen hätten. Meistens sind diese Kumpane gemeine Spione der österreichischen Bestienpolizei, die den Schwefel ihres magyarischen Verderbens riechen, und sich bei guter Zeit angeblich nach Amerika aus dem Staube machen. Aus einer solchen Unterhaltung führe ich noch an, daß die gekrönte Central-Standrechts-Bestie zu Olmütz für den Fall zum Durchbrennen gerüstet ist, daß die Magyaren mit Uebermacht die mährische Gränze überschreiten sollten. Die Central-Bestie will dann nach Prag zu dem gütigen Idioten übersiedeln. ‒ Daß an die Stelle des Mörders Windischgrätz der Mörder Welden in Ungarn getreten, will doch nicht recht beruhigen. Man weiß, daß der Mörder Welden mit seinen wurstdicken Tigerlippen, seinen henkergenialen Strangaugen und seinem k. k. österreichischen General-Bulldog-Schädel nichts ist, als ein gemeiner deutscher Bandit, der keine andere Fähigkeit besitzt, als die Fähigkeit des plumpen Mordes. Als dieser Mensch vor Komorn erschienen war, sollen die Soldaten ihm zugemuthet haben, zuerst einmal als Stürmer voranzugehen. Von allen Seiten stürzen jedoch mordentbrannte Schaaren wider das heldenmüthige Magyarenvolk, während Europa's Westen nichts von der solidarischen Brüderlichkeit der Völker zu begreifen scheint und in seiner infamen Apathie dasteht, als kämpften tief in der Türkei Janitscharen mit andern Bestien. Selbst die äußerste französische Demokratie trifft dieser Vorwurf der Infamie. Vom Sieg oder von der Niederlage der Magyaren hängt, das fühlt die Contrerevolution, nicht aber die Stupidität der Volksvertreter, hängt Europa's Schicksal ab. Friedrich Wilhelm IV. läßt sich darum täglich einen Kurier aus Pesth nach Potsdam kommen, weil er weiß, daß mit dem Untergang des östreichischen Urscheusals auch seine Rolle ausgespielt ist. Die Völker haben alles Interesse, diesen Untergang zu befördern und doch fangen sie kaum jetzt an, sich um den Riesenkampf der Magyaren zeitungsmäßig zu kümmern. Sind die Magyaren besiegt, ist Rußland's bestialischste Klaue wieder schlagfertig; dann wird mit der Bourgeoisie der ganze Absolutismus über Frankreich's Proletarierkampf herstürzen und ihm vielleicht ein knutiges Ende, wenigstens in Deutschland, bereiten. Daß man in Siebenbürgen und jetzt auch in Galizien die Bürger überredet (Strang, Pulver und Blei) haben will, die russische Hülfe anzurufen, hat seinen Grund darin, damit der Central-Tamerlan später zur Rettung seiner dynastischen Bestien-Ehre sagen kann, er habe diese Hülfe für sich durchaus nicht nöthig gehabt und nur dem Wunsche seiner guten geängstigten Bürger nachgegeben. Die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtswesens wird dem Volke hier auf die hochverrätherischste Weise zum Besten gegeben. Die Lokale sind so geräumig, daß sie außer dem Gerichte mit seiner landrechtlichen Phisiognomie wirklich beinahe noch zwei Gensd'armen und einen Zuhörer fassen, und für unser eins nur die landrechtlich klassischste Langeweile neben Verachtung ihrer Jämmerlichkeit darbieten können. * Posen, 17. April. Die „Zeitung des Osten“ theilt eine interessante Unterhaltung zwischen polnischen Abgeordneten und preußischen gottbegnadeten Ministern in Betreff der Demarkationslinie mit: Als nämlich die 3 fast ganz aus Polen bestehenden Landwehrbataillone mobil gemacht wurden, um nach Schleswig zu marschiren, und sich für die preußisch-kaiserlich-deutsch-centralgewaltige Komödie und diplomatischen Kriegstrug todt schlagen zu lassen: da begaben sich zwei polnische Deputirte zum Kriegsminister Strotha und gaben ihre Verwunderung über solches gezwungene Betheiligen der Polen an den ruhmreichen Lorbeeren „Meines“ wie des übrigen deutsch-centralen „herrlichen Kriegsheeres“ zu erkennen. „Nun, was wollen Sie thun?“ war die Frage. „Wir werden Sie interpelliren.“ „Wissen Sie auch, was das heißt, einen Minister interpelliren?“ ‒ „Nun? ‒ Das heißt, ihn kompromittiren.“ ‒ „In dem Fall würde es uns aber sehr leid thun ‒ wir müßten dann die Demarkationslinie, so ungelegen sie ist, durchführen ‒ dann freilich würden diejenigen Landwehrleute aus Schleswig zurückgezogen werden, die von jenseits der Demarkationslinie her sind.“ ‒ „Freilich haben Excellenz sehr Recht, wenn sie denken, daß interpelliren und kompromittiren synonym sind. Sehr häufig sind Interpellationen sehr kompromittirend.“ ‒ Es gehört wahrlich nicht viel Scharfsinn dazu, die Erklärung des Ministers trotz all' ihrer Schlauheit mit den benöthigten Glossen auszustatten. Diese Erklärung wird aber mit Bezug auf die Demarkationslinie um so spaßhafter, als Herr Manteuffel seinerseits einigen anderen Deputirten mittheilte, „es bleibt nichts übrig, als die Demarkationslinie in Ausführung zu bringen.“ Durch Androhung, die Demarkationslinie durchzuführen, sollen die Polen gezwungen werden, sich stillschweigend zum Ruhm und Vergnügen preußisch-deutscher diplomatischer Intriganten todt schießen zu lassen, während doch nur der christlich-germanische Bürger allein mit diesem Vorrecht ausgestattet sein und bleiben sollte. Luckau, 11. April. Mit höchstem Erstaunen lasen wir Lukkauer am Sonnabend im Kreisblatt Nr. 13. folgende „Bekanntmachung.“ „Höherer Anordnung zufolge darf die Bürgerwehr in ihrer gegenwärtigen Organisation nicht länger bestehen. Die Bürgerwehr ist vielmehr entweder auf Grund des Bürgerwehr-Gesetzes schleunigst zu reorganisiren oder aufzulösen. Da nun der größte Theil der Einwohnerschaft gegen eine Reorganisation der Bürgerwehr im Sinne des Gesetzes vom 17. Oktober 1848 protestirt und darauf angetragen hat, bis dahin damit Anstand zu nehmen, daß das von vielen Seiten angefochtene Bürgerwehrgesetz einer anderweiten Revision durch die Kammern unterlegen hat, so sehen wir uns genöthigt, das bisher unter dem Namen Bürgerwehr bestehende Corps hiermit als aufgelöst zu erklären. Die Mitglieder dieses Corps fordern wir hiermit auf, binnen acht Tagen die ihnen eingehändigten Waffen auf dem Rathhause abzuliefern, und wird einem Jeden über die Ablieferung eine Bescheinigung gegeben werden. Luckau, 28. März 1849. Der Magistrat, (gez.) Reußner.“ Die hier erwähnte „höhere Anordnung“ geht aus von einem Herrn Gläser, der seit einiger Zeit den als Abgeordneten zur ersten Kammer gewählten Herrn von Manteuffel im Landrathsamte vertritt. Sie lautet so: „Aus Veranlassung der Sonntag den 18. d. M. hier statt gehabten Demonstration sehe ich mich genöthigt, den Magistrat darauf hinzuweisen, daß nach §. 6. des Gesetzes über die Einrichtung der Bürgerwehr vom 17. Oktober 1848 die Mitglieder der Bürgerwehr sich ohne Befehl ihrer Anführer weder zu dienstlichen Zwecken versammeln, noch unter die Waffen treten, die Anführer diesen Befehl aber nicht ohne Requisition der zuständigen Civil-Behörden (§. 67) ertheilen dürfen, ausgenommen, so weit es sich um die Vollziehung des Dienstreglements handelt. Der Fall der Ausnahme ist nun hier nicht eingetreten, da die hiesige Bürgerwehr kein Dienstreglement im gesetzlichen Sinne hat, und es würde daher, da eine Versammlung in Waffen ohne Requisition der zuständigen Behörde erfolgt ist, die in §. 81. 82. angedrohte Strafe verwirkt sein. „Da indeß ein Verbot des stattgehabten Aufzuges wahrscheinlich große Aufregung verursacht haben würde, und bei dem beobachteten Stillschweigen der Behörde der ganze Tag ohne jede ernstliche *) Störung der öffentlichen Ruhe vorübergegangen ist, so will ich **) um so weniger auf Verfolgung der eben nachgewiesenen Gesetzwidrigkeit dringen, als ich überhaupt, so lange die hiesige Bürgerwehr nicht nach dem Gesetze vom 17. Oktober 1848 organisirt ist, dieselbe nicht für zu Recht bestehend, und folgeweise auch die Bestimmung jenes Gesetzes nicht auf sie anwendbar erachten kann. Um so mehr wird es aber nöthig, daß der Magistrat sich des Schleunigsten damit beschäftige, jenes Institut entweder auf gesetzlichem Wege zu ordnen, oder, wenn dies in der Schnelligkeit, der vielen sich dagegen erhebenden Stimmen wegen nicht möglich sein sollte, dasselbe in seiner jetzigen Gestalt aufzulösen.“ „Ein nicht gesetzlich organisirtes Corps ist ein zu gefährliches Elemen für die öffentliche Ruhe, um es länger dulden zu können. Ich ersuche hiermit den Magistrat, mir binnen 14 Tagen anzuzeigen, was in dieser Beziehung geschehen ist. Lukau, den 21. März.1849. Der Königl. Landrath. J. V. (gez.) Gläser. “ Diese beiden Schriftstücke zeigen, was in Preußen im März 1849 auch außerhalb des Balgerungszustandes die Büreaukratie dem Volke wieder bieten zu dürfen meint. Die Veranlassung ist kurz diese: Zur Feier des 18. März zog die hiesige Bürgerwehr, nachdem der Magistrat 24 Stunden zuvor Anzeige davon erhalten, gefolgt von geordneten Zügen zahlreicher nicht bewaffneter Einwohner zur Kirche, hielt einen Umzug durch die Stadt, und ging dann still auseinander!! (Centralbt. d. Niederl.) * Aus Schleswig-Holstein, 18. April. _ Polen. Von der russischen Gränze, 12. April. Noch immer kommt es vor, das russische Juden, preußische Unterthanen in den Gränzörtern für das russische Militär aufkaufen, und sie je nach der Körperkraft mit 70, 80 und mehr Silberrubel pro Mann bezahlen. Mancher kraftvolle preußische Mann hat sich für dieses Blutgeld der russischen Knute untergelegt. Welche Stellung die angekauften preußischen Unterthanen in den Reihen des russischen Heeres einnehmen, erhellt aus der Thatsache, daß ein russischer Offizier seinen Soldaten, die an einem gekauften Preußen die Prügelstrafe exekutirten, zurief: „Haut nur zu, es ist ein Bezahlter!“ ‒ In der letzten Zeit sind auffallend viel Deserteure über die Gränze nach Preußen geflohen, meistens Rekruten von der letzten Aushebung. Glücklich, wer unbemerkt und unverfolgt den Fuß über die preußische Gränze setzt, aber wehe dem, der in die Hände der Kosaken fällt. ‒ Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt, wie diese Zeitung neulich meldete, die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 25 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesem Gouvernement mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kronländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln. Krakau, 14. April. Gestern bekamen die hier noch weilenden Emigranten den Auftrag, sich bis 5 Uhr Nachmittags reisefertig im Polizeigebäude zu stellen; man spricht, sie würden nach Theresienstadt übersiedelt werden. In der Nacht wurden deren viele aus ihren Wohnungen geholt und mit Fiakern weggeführt. Italien. * Man liest im Pariser Moniteur folgende Lügen-Depesche: Palermo, 10. April. Die sog. kleine sizilische Armee (unter Mieroslawski) hat sich, nachdem sie die Stadt Taormina verloren, in voller Unordnung aufgelöst, einige ihrer Offiziere ermordet und die Kriegskasse geplündert. Catania hat sich ohne Schwertstreich ergeben. In Palermo herrscht große Versteinerung und Alles läßt darauf schliessen, daß es sich nicht vertheidigen werde. Man fürchtet, daß die von den Gebirgen herabsteigenden Bauern die Stadt noch vor Ankunft der Neapolitaner plündern wollen. * Rom, 11. April. Galletti ist wieder zum Präsidenten und Bonaparte mit Salicetti zum Vicepräsidenten der Constituante ernannt worden. * Turin, 16. April. Romarino und Galanti, die des Verraths angeklagt vor ein Kriegsgericht gestellt worden waren, sind ‒ natürlich ‒ unschuldig befunden und freigelassen worden. * Livorno, 13. April. Es heißt, daß sich Guerazzi im alten Palais befinde; man weiß jedoch nicht, ob als Geißel, oder zur exemplarischen Rache für die Reaktion aufbewahrt. Vorgestern wurde ein Pistolenschuß auf ihn abgefeuert, der ihn jedoch nicht traf. Ein honetter Bourgeois warf ihm dagegen einen Stein gegen die Brust, der ihn erheblich verletzte. Von den Ministern hat man mit Ausnahme Adami's keine Nachricht; der letztere ist seit gestern Abend wieder eingetroffen. Man hat hier noch keine Proklamation, keine Ordre veröffentlicht; das Volk wartet; Freiwillige, Tirailleure, Artilleristen sind unter den Waffen; Eisenbahn und Telegraphenlinie sind abgeschnitten und man erwartet auf den Abend einen blutigen Zusammenstoß. Dies scheint ein stehendes epithetoun ornans im Büreaustyl zu sein, da ich auf Erkundigung auch icht von einer geringen Störung gehört habe. Wahrscheinlich ein Schreibfehler statt „Ich“, da hier von Ausübung eines Begnadigungsrechtes die Rede zu sein scheint.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 279. Köln, 22. April 1849. Zweite Ausgabe, S. 1578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz279ii_1849/2>, abgerufen am 29.04.2024.