Neue Rheinische Zeitung. Nr. 282. Köln, 26. April 1849.eingeführt habe. Ich gebe Ihnen mein Wort, aber dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht, Mein Gewissen und Meine Ueberzeugung lassen es nicht zu. Dem Kaiser von Oestreich, wenn er gewählt worden wäre (da Ich die Ueberzeugung habe, daß es für Würtemberg vortheilhaft gewesen wäre), würde Ich Mich unterworfen haben. Ich bin mit Meinem Ministerium nicht uneins, Ich bin mit Ihm bis diesen Augenblick ganz zufrieden. Eine Meinungsverschiedenheit herrscht zwischen uns nicht, nur über die Zeit Meiner Erklärung bin Ich ich mit ihm nicht einig. Ich vertraue auf den guten Sinn Meines Golkes. Der Kern des Volkes ist gut gesinnt. "Die Aufregung ist durch die Vereine, welche auch eine März-Errungenschaft sind, künstlich hervorgebracht. Wollen Sie Mich zwingen, Ich muß es darauf ankommen lassen, Sie kennen Meinen Muth. Es ist nicht um Meinetwillen, Ich habe nur noch wenige Jahre zu leben, aber Mein Vaterland, Mein Haus, Meine Familie legt Mir diese Pflicht auf. Ich wurde es sehr bedauern, wenn gerade jetzt in dieser wichtigen Sache die Stände mit der Regierung nicht Hand in Hand gingen." Nachdem einige Mitglieder Bemerkungen gemacht hatten und der Präsident beifügte, daß gerade die Zeit es sei, die so außerordentlich dränge, so, daß jede weitere Zögerung in Anerkennung der deutschen Reichs-Verfassung die Folgen haben könnte, daß wir Alle Ruhe und Ordnung im Lande zu erhalten nicht mehr im Stande wären, und dieses Sr. Maj. im Namen der Abgeordnetenkammer aufrichtig auszusprechen, sei unsere Pflicht - erwiderte Se. Majestät: "Wir wollen sehen, Ich muß es darauf ankommen lassen. Ich habe nach Meiner Ueberzeugung, nach Meinem Gewissen gesprochen." Die Kammer nimmt nach längerer Diskussion folgenden von Reyscher gestellten Antrag an, welcher lautet: "Da das königliche Dekret vom 19. d., und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen." Hierauf wird ein Antrag von Stockmayer mit einiger Abänderung dahin lautend angenommen: "Die Kammer wolle ihre Ueberzeugung dahin aussprechen: 1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht; 2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel, ob er dem Civil- oder Militärstande angehöre, zur Befolgung und zum Schutze dieser Reichsverfassung, eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist; 3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militärbeamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden." Es werden nun auch folgende Zusatzanträge Zwerger's mit bedeutender Majorität angenommen: 1) "In einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammer der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr endgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerke unverbrüchlich festzuhalten. 2) In der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen." Italien. * Ueber den Erfolg der Standrechtsbedingungen Radetzki's in Piemont erhalten wir auch heute keine bestimmten Nachrichten. Der ministerielle "Saggiatore" von Turin widerspricht dem Gerücht, daß die Besetzung Alessandrias durch die Oestreicher bereits abgekartet sei; die "Opinione" dagegen bringt eine Korrespondenz aus Allessandria selbst, wonach man in der Stadt jeden Augenblick dem Erscheinen der Oestreicher entgegensieht. In andern Blättern wird wieder der Abbruch der Friedensunterhandlung zwischen Radetzki und Piemont gemeldet. Das "Journal des Debats" endlich erklärt, daß ihm die fabelhaften Forderungen Oestreichs an Piemont von mehren Seiten bestätigt werden; es drückt dabei in seiner schlottrigen Bettelmanier die Hoffnung aus, daß "Radetzki nicht ganz (!) der treue Ausdruck der Absichten des Wiener Kabinets sei", und daß Frankreich im Verein mit der englischen Regierung die nöthigen Maßregeln ergreifen werde, um Piemont gegen weitern Mißbrauch zu schützen, den Oestreich von seinen Siegen machen könnte. Das schurkische Verfahren des englischen Commodore Hardwig während des Todeskampfes von Genua, und die feige Verrätherei der französischen Expedition nach Civita-Vecchia, lassen über den "Schutz" keinen Zweifel, welchen Piemont von diesen beiden Mächten zu erwarten hat. * Turin, 19. April. Gerüchte (offenbar voreilige) behaupten, Radetzki habe nach der Rückkehr Boncompagni's sofort Befehl gegeben, Allessandria zu besetzen. Uebrigens ist nach den hier herrschenden Ansichten, der frühere oder spätere Ausbruch des Krieges dennoch unvermeidlich. Die Bedingungen, die Bruck uns im Namen Schwarzenbergs überbracht, sind unerfüllbar: 1) 200 a 250 Mill. Lires Kriegsgelder. 2) Gemischte Besetzung Allessandria's und Novara's. 3) Entwaffnung der Bürgerwehr und eines großen Theils des Heeres. 4) Abänderung der wichtigsten Stellen der Verfassung. (!!!) Pinelli hat vorgezogen, sein Ministeramt niederzulegen, da er auf solche Bedingungen hin keine Unterhandlungen anknüpfen will. Hektor de Sonnaz, Kommandant von Allessandria, hat ebenfalls abgedankt. * Piacenza, 14. April. Es ist hier eine Proklamation von dem Sohne Karl Ludwigs, datirt "London, 24. März 1849" eingetroffen, worin er sich unter dem Namen Karl III. zum Herzog von Parma, Piacenza etc. erklärt und bis zu seiner Ankunft eine Regentschaft ernennt. In Parma hat die Militärregierung viele Beamte und mehrere Professoren abgesetzt. Fast alle italienischen Journale und sämmtliche piemontesische ohne Ausnahme sind verboten. Die Bewohner dieses Landes, das nun ganz von Oestreichern besetzt ist, sehen mit Schrecken den alten vormärzlichen Zustand der Dinge zurückkehren. An eine Vereinigung mit Piemont ist nicht zu denken und selbst wenn sie stattfände, wären wir um nichts gebessert. Denn es liegt auf der Hand, daß Oestreich künftig eben so gut in Turin, wie in Mailand, Parma, Modena etc. Gesetze diktiren und überall mit den nämlichen Mitteln herrschen wird, mit politischen Prozessen, Inquisition, Censur, Belagerungszustand und Bombardement. * Florenz, 16. April. Von hier ist eine Deputation aus den "Edelsten" des Landes (Vanni, Kammerpräsident; Campini, Senatspräsident; Fürst Demidoff und den Bürgermeistern von Sienna, Pisa, Lucca u. s. w.) nach Gaeta abgereis't, um den Großherzog zur Rückkehr in seine Erbstaaten einzuladen. Nach neueren Gerüchten sollen die Oestreicher auf dem Gebiet von Pontremoli und Massa bis gegen Cerreto vorgedrungen sein, worauf die englischen und französischen Bevollmächtigten die Herren Murat und Baron abgeschickt hätten, um den General Kolowrat zum Einhalt seines Marsches zu ersuchen. Aus Livorno gehen die widersprechendsten Gerüchte ein. Soviel ist gewiß, daß in der Stadt die größte Aufregung herrscht; man spricht sogar von der Bildung einer provisorischen Regierung, an deren Spitze Pigli (ehemaliger Gouverneur von Livorno unter dem Ministerium Montanelli), stehen soll. Avezzana soll Livorno verlassen und sich nach Civita-Vecchia begeben haben. Alle Kommunikation ist von Neuem abgebrochen. * Von der neapolitanischen Gränze, 12. April. Das 10. Linienregiment, das bei Courtatone tapfer gegen die Oestreicher kämpfte, ist auf Befehl der Regierung in die übrigen Regimenter eingereiht und das 3. Bataillon des 9. Linienregiments wegen seiner entschieden demokratischen Gesinnung völlig aufgelöst und entwaffnet worden. * Neapel, 14. April. Beim Abgang des Schiffes "Scamandre" war hier das Gerücht verbreitet, daß Mieroslawski nach einem mörderischen Kampfe gezwungen worden sei, Catania wieder zu räumen. Venedig, 9. April. General Pepe, der sein Hauptquartier wieder hierher verlegt hat, macht durch Tagesbefehl bekannt, daß Venedig sich auf die Devensive beschränken werde. Es heißt, die Regierung wolle mehrere tausend österreichisch gesinnte Personen von hier fortweisen. Ein sogenannter Sicherheitsausschuß gibt sich damit ab, diese Personen ausfindig zu machen. Die sardinische Flotte soll nun wirklich unser Gewässer verlassen. Die Lebensmittel fangen wieder an zu steigen und das Papiergeld ist selbst mit 30 Proc. Verlust gegen Silber nicht anzubringen. Polen. Lemberg, 11. April. Unter diesem Datum enthält die "Lemberger Zeitung" in ihrem amtlichen Theil folgenden mit mehrern heuchlerischen Phrasen durchspickten Banditen- und Standrechts-Artikel: "Im Sinne herabgelangter h. Ministerial-Erlasse erging an die Vorstände der politischen Behörden in Betreff der Behandlung der Polnischen Emigranten und Fremden die nachstehende Weisung: Das h. Ministerium des Innern hat mit dem Erlasse vom 5. d. M., Z. 2347, zu bedeuten befunden, daß es bei den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen durch die dringende Nothwendigkeit geboten sei, alle zur Ausweisung bestimmten Emigranten und Fremden, so weit die Belassung Einzelner im Lande nicht vom Landespräsidium ausdrücklich bewilliget oder in Aussicht gestellt worden ist, ohne Ausnahme aus dem Lande zu schaffen. Die Außerlandesschaffung derjenigen, welche vor dem 1. November 1848 nach Galizien gekommen sind, hat, wie es Euer Wohlgeboren aus den dießfälligen Weisungen bekannt ist, nach Umständen - durch die Abtransportirung nach Amerika oder durch die Instradirung nach Frankreich oder England, oder durch die Auslieferung an die zuständigen Behörden zu geschehen. Jene Emigranten und Fremde der ersten Art, welche mittellos sind, sollen es für eine Gnade (! ansehen, daß die Regierung die Sorge für ihre Ueberschiffung nach Amerika übernimmt und die Kosten dafür bestreitet. Die Regierung sorgt für ihre Unterbringung in Amerika nur aus Rücksicht auf ihre Bitte und nicht aus irgend einer Verpflichtung. Die bemittelten Emigranten und Fremden sind auf eigene Kosten nach Frankreich zu instradiren. Die Emigranten dagegen, welche in eine der in meinem Erlasse vom 15. März d. J., Z. 2811, bezeichneten Kategorien gehören, nämlich: a) jene, die in dem Verzeichnisse über die mit Zurücklassung ihrer Pässe von Lemberg oder vom Transporte Entwichenen vorkommen; b) jene, welche Mitglieder der sogenannten Polnischen Centralisation sind; c) jene, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen haben; ferner zu Folge h. Ministerial-Erlasses vom 4. d. M. Z. 2847 alle jene Individuen dieser Art, welche sich mittlerweile in was immer für einer Weise an irgend einer Ruhestörung betheiligen, oder zur dießfälligen Hülfeleistung bereit zeigen sollten und die Kriegsgesetze nicht eine andere Behandlung vorschreiben, sind unnachsichtlich auf dem kürzesten Wege an die zuständigen Behörden auszuliefern, nur bleibt die Verordnung aufrecht, daß die Verhandlungs-Akten bezüglich der Individuen ad b. bevor ihre Abschaffung eingeleitet wird, vorläufig dem Landespräsidium vorgelegt werden sollen. Was insbesondere die in dem Präsidial-Erlasse vom 15. v. M., Zahl 2811 zu litt c. bezeichneten Fremden anbelangt, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen - so sind zu Folge der herabgelangten hohen Ministerialweisungen vom 5. d. M. in diese Kategorie nicht nur 1) diejenigen Emigranten und Fremden, welche die Duldung, die ihnen bisher zu Theil wurde, und die humane (!) Behandlung (!!) in Folge der Lemberger Capitulation verkennend, in ihrer Böswilligkeit soweit gingen, daß sie mit den Waffen in der Hand zu Gunsten der rebellischen Magyaren gegen unsere Truppen kämpften, sondern 2) auch diejenigen einzurechnen, welche auf was immer für eine Art der Ungarischen Revolutionspartei Vorschub leisten, oder Einverständnisse mit den Rebellen unterhalten. Auf Individuen, welche erst nach dem 1. November 1848 ins Land gekommen sind, solches seither nicht verlassen und sich bei der zuständigen Behörde nicht gemeldet haben, finden diese Bestimmungen keine Anwendung, sondern sie sind nach den bestehenden Vorschriften in ihre zuständige Heimath abzuschaffen. Ich theile Euerer Wohlgeboren diese Bestimmungen im Nachhange zu meinen früheren Weisungen zur genauesten Nachachtung mit. Französische Republik. 12 Paris, 23. April. Die Episode mit Fould und Goudchaux ist noch nicht zu Ende; der dramatische Theil folgt nach; Duell, Prozeß, oder etwas anderes der Art. Lustig ist es zu sehen, welches lustige Ende die Bourgeois-Partei nimmt. Fould und Goudchaux sind das Gespräch von ganz Paris geworden. Ein Duell zwischen Fould und Goudchaux! Nein, nein! das ist unmöglich! Eine andere Bewandtniß hat es mit Ledru-Rollin und Delamarre. In derselben Sitzung von gestern nämlich hat Ledru-Rollin auf ganz kennbare Weise den Banquier denunzirt, der ihm ein Zwangsanlehn auf 20 der ersten Kapitalisten der Stadt vorgeschlagen hat. Dieser Banquier war kein anderer als Delamarre, Eigenthümer von der "Patrie." Es bildet diese Geschichte das Seitenstück zu Fould-Goudchaux. Einige Tage nach der Februar-Revolution kam Delamarre in aller Eile zum Minister Ledru-Rollin gelaufen, und sprach folgende Worte zu ihm: "Die Republik braucht Geld? Hier ist eine Liste der vornehmsten Kapitalisten von Paris, mit genauer Angabe ihres Vermögenszustandes. Lassen Sie sie hierher bescheiden, und nicht eher von dannen ziehen, bis sie für 50 Millionen unterzeichnet haben. Die Leute werden sich anfangs sträuben; aber sperren Sie jeden in ein besonderes Kabinet ein, und Ihr werdet sehn, in 24 Stunden sind die 50 Millionen ausgezahlt." Ledru-Rollin antwortete auf Delamarre's Vorschlag, indem er ihm die Thüre zeigte. Auch dieses kam gestern in der Kammer zur Sprache, und wird heute vom Journal Ledru-Rollins, der Revolution democratique et sociale. mit allen Details wiedererzählt. Delamarre will sich schlagen mit Ledru-Rollin. Aber Delamarre ist kein Banquier von Geburt, wie Fould und Goudchaux. Delamarre ist ein Glücksritter. Leibgardist unter Louis XVIII. oder Carl X., hat er sich nachher den Börsenspekulationen hingegeben, und ein Vermögen von zehn Millionen erworben. Wenn Leute, wie Delamarre und Fould, Leute aus "der Partei der Ordnung" von Bankerotte und Zwangsanleihen sprechen, so ist damit die ganze Partei der Ordnung kompromittirt. Fould stand an der Spitze der Rue de Poitiers; er war einer derjenigen Kandidaten von Paris, welche sich schmeichelten, die meisten Stimmen erhalten zu haben. Alle diese Stimmen waren pratiques, gute Kunden, lauter Leute, die Disconto zahlen; und jetzt ist ihm nichts geblieben von allen diesen Kunden, als die Freundschaft des Prinzen-Präsidenten der Republik: wahrlich eine theure, kostbare Freundschaft, fast ebenso theuer als die der famosen Tänzerinnen, aber vielleicht lange nicht so amüsant. Was nun die Rue de Poitiers anbetrifft, so wird sie jeden Tag unverschämter in ihrem Korruptionssystem. Man sieht offenbar, daß sie Leute an der Spitze hat, die mit den kaufmännischen Operationen vertraut sind. In der Wahlagitation spielt bekanntlich das Papier eine große Rolle: die Vertheilung der Bülletins, Programme - Alles das macht eine Papier-Consumtion nothwendig, von der man sich schwerlich eine Vorstellung macht. Am Wahltage ist das Pflaster von Paris von Papier wörtlich überschwemmt, und jeder Vorübergehende wird mit Papier so zu sagen überladen. Will man nun wissen auf welchen Einfall die Rue de Poitiers gekommen ist, um sich das Monopol der Bülletins u. s. w. anzueignen? Sie will sich das Monopol des weißen, unbeschriebenen, das Monopol des Druckpapiers verschaffen; sie will alles Papier an sich kaufen, um der demokratischen Partei die Mittel der Verbreitung ihrer Bülletins, Schriften u. s. w. abzuschneiden. Der Einfall ist ungemein charakteristisch für diese Geldpartei. Die Caution der Journale bildet bereits ein Monopol für die Bourgeoisblätter; sie gibt dem Kapital allein das Recht, Journale zu gründen. Der Plan der Rue de Poitiers geht noch weiter. Er will dem Kapital allein das Recht zu drucken und zu schreiben verschaffen. Ja, wenn es eben so leicht wäre, die Papierfabrikation zu okkupiren, wie die Quecksilbergruben, wenn Hr. Rothschild das Druckpapier eben so sehr in die Höhe treiben könnte, wie die Staatspapiere, dann würde er sich wenigstens ein Verdienst um die Litteratur erwerben. Nur ein Spekulant konnte auf dieses Radikalmittel gegen die schlechte Litteratur verfallen. Und wirklich stehen an der Spitze der Rue de Poitiers lauter Namen, wie Delamarre, Hottinger, N. Duchatel, Delessert, Fould etc.: lauter feines Papier, das das gute französische Druckpapier beherrschen will. Paris, 23. April Der Moniteur öffnet endlich den Mund über die Abfahrt des Pabstgeschwaders. Laut einer telegraphischen Depesche des Präfekten der Rhonemündungen, verließ das Geschwader am 22. April Vormittags 10 Uhr den Hafen von Marseille. - Der Moniteur widerlegt die Behauptung der Reform und des Peuple, nach welcher 280 Unteroffiziere während voriger Nacht in die Abbage geworfen worden seien. - Kaum ist das Gesetz über die Druckfreiheit von Wahlschriften im Moniteur erschienen, ruft das Journal des Debats aus, so liest man auf allen Mauern von Paris folgendes Plakat: Wahlprogramm der revolutionären Kommunisten. "Wenn das Volk hungert, darf Niemand essen." (Blanqui vor dem Gericht in Bourges) Im Angesichte des ganzen Landes stellen wir hiermit die Grundsätzeauf, welche die alte gesellschaftliche Ordnung regeneriren sollen, die eben zusammenstürzt. Unsere Lehre, welche alle Männer von ehrlichem Gemüth annehmen, ist keine neue, sie ist die wahreste, revolutionäre Tradition; zu allen Zeiten hatte sie die ausgezeichnetsten Männer zu ihren Aposteln. Diese Lehre bemächtigt sich mit jedem Tage mehr des menschlichen Geistes. Die Entdeckungen der Wissenschaft machen neue Entwickelungen derselben unerläßlich, deren Augenscheinlichkeit durch Argumente hervortritt, die eben jenen wissenschaftlichen Entdeckungen angemessen. Wir erkennen allen menschlichen Wesen ein Ur-Recht an, das selbst jeder Gesellschaft vorangeht: das Recht zu leben. Wir verstehen unter leben, die vollständige Entwickelung aller unserer Geistesanlagen und die gänzliche Befriedigung aller unserer Bedürfnisse. Es ist die allgemeine Vereinigung aller Wesen, verbunden zum gemeinsamen Interesse, das allein das Criterium der Wahrheit unserer Grundsätze bildet. Alsdann kein Antagonismus, keine Tyranei, keine Bruderkriege mehr; unsere gesellschaftliche Ordnung heißt: Gemeinschaft (communaute). Wir erkennen den Grundsätzen des Communismus ein Recht über alle künstlerische und unterdrückerische Majoritäten an. Im Angesicht einer gesellschaftlichen Ordnung, die sich auflöst, muß eine starke Hand, ein überzeugungsvoller, entschlossener und fähiger Mann der Gesellschaft ihre wahre Bahn anweisen und die Staatsgewalt nicht früher niederlegen, als bis die absolute Gleichheit unter allen Menschen hergestellt ist. Wir halten uns bei keiner transitorischen Idee auf, zum Beispiel: Progressivsteuern u. s. w. Was ist das in einer Welt, wo Alles Allen gehört? Wir wollen die Familie und das Eigenthum beibehalten, aber frei von allen Mißbräuchen und Vorurtheilen. Kommunisten! Wir müssen zusammenstehen. Vereinzeln wir unsere Stimmen nicht, damit unsere Kandidaten in der legislativen Assemblee unterstützen und für den Triumph der Grundsätze einer allgemeinen Gemeinschaft arbeiten können. Paris, den 22. April 1849. Der Ausschuß der revolutionären Kommunisten. Rasetti, Präsident. Gohe, Vizepräsident. Turgard, Schriftführer. Obiger Ausschuß der revolutionären Communisten schlägt seinen Anhängern folgende fünf Kandidaten für die Kammer vor: 1) Eugen Fombertaux, Redakteur der Commune sociale. 2) Page, Juwelen-, Gold- und Silberarbeiter. 3) Morel, Schuhmacher. 4) Chardon, Schriftsteller. 5) Gibot, Buchhändler. - Der Constitutionnel speit ebenfalls Feuer und Flammen gegen obige kommunistische Wahl-Propaganda. Der Wahlkampf verspricht mit jedem Tage heisser zu werden. - Die Nationalversammlung soll heute 500,000 Frk. Choleragelder votiren, welche wahrscheinlich zu Wahlbestechungen statt Cholerabinden benutzt werden sollen. - Unsere indische Colonie Pondichery die etwa 30,000 Wähler zählt, hat den reichen Rheder Lecourt von Nantes mit 13,000 von 20,000 Stimmenden zum Volksvertreter gewählt. Lecourt wird morgen proklamirt werden. - Esquiros, Ex-Redakteur des Juni-Journals L'Aeonsateur public, hat sich vor den Kriegsgerichten gestellt. Sein Prozeß wird heute, Montag 23., Vormittags begonnen haben. - Aus Bordeaux meldet man vom 21., daß das dortige demokratische Journal "Le Peuple souverain" von der Staatsanwaltschaft dem sechsten Preßprozesse unterworfen wurde. - Seit acht Tagen tragen sich mehrere Pariser Journale mit der Idee eines allgemeinen Congresses in Mailand (statt Verona), in welchem ein lombardisch venetianisches Königreich, mit dem Großherzog an der Spitze, verfaßt werden soll. - Delamarre ließ an heutiger Börse eine lange Epistel zu seiner Rechtfertigung gegen Ledru-Rollin vertheilen. - Im Conferenzsaale der Nationslversammlung trug man sich mit dem Gerüchte, daß eine Division der Alpenarmee abgezweigt und nach Piemont geschickt worden sei, um den übertriebenen Forderungen Schwarzenbergs entschieden entgegenzutreten. - Am nächsten Sonnabend giebt es wieder viel Tumult in der Nationalversammlung. An diesem Tage kommt die Rechnungsablegung der provisorischen Regierung zur Sprache. - Die Honetten wollen die Rothen wegen ihrer Geldzahlungen an den Club der Clubs angreifen und Ledru-Rollin stürzen. Auch soll der Jude Rothschild, dem Ledru Rollin 10 Millionen Fr. habe abfordern lassen wollen, bei dieser Parlamentskomödie eine Rolle spielen. - Der Staatsrath hat seine Arbeiten begonnen. Eine seiner ersten Arbeiten soll die Begutachtung eines Begnadigungsgesuches der berühmten Giftmischerin Laffarge sein, die stark an der Schwindsucht leide. - National-Versammlung. Sitzung vom 23. April. Marrast, dessen Gattin noch an der Cholera darniederliegt, ist ziemlich wieder hergestellt und eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung. An der Tagesordnung ist die zweite Deliberation über die Feststellung der Entschädigungssumme für unsere Pflanzer seit der Sclavenemancipation Hierzu eine Beilage. eingeführt habe. Ich gebe Ihnen mein Wort, aber dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht, Mein Gewissen und Meine Ueberzeugung lassen es nicht zu. Dem Kaiser von Oestreich, wenn er gewählt worden wäre (da Ich die Ueberzeugung habe, daß es für Würtemberg vortheilhaft gewesen wäre), würde Ich Mich unterworfen haben. Ich bin mit Meinem Ministerium nicht uneins, Ich bin mit Ihm bis diesen Augenblick ganz zufrieden. Eine Meinungsverschiedenheit herrscht zwischen uns nicht, nur über die Zeit Meiner Erklärung bin Ich ich mit ihm nicht einig. Ich vertraue auf den guten Sinn Meines Golkes. Der Kern des Volkes ist gut gesinnt. „Die Aufregung ist durch die Vereine, welche auch eine März-Errungenschaft sind, künstlich hervorgebracht. Wollen Sie Mich zwingen, Ich muß es darauf ankommen lassen, Sie kennen Meinen Muth. Es ist nicht um Meinetwillen, Ich habe nur noch wenige Jahre zu leben, aber Mein Vaterland, Mein Haus, Meine Familie legt Mir diese Pflicht auf. Ich wurde es sehr bedauern, wenn gerade jetzt in dieser wichtigen Sache die Stände mit der Regierung nicht Hand in Hand gingen.“ Nachdem einige Mitglieder Bemerkungen gemacht hatten und der Präsident beifügte, daß gerade die Zeit es sei, die so außerordentlich dränge, so, daß jede weitere Zögerung in Anerkennung der deutschen Reichs-Verfassung die Folgen haben könnte, daß wir Alle Ruhe und Ordnung im Lande zu erhalten nicht mehr im Stande wären, und dieses Sr. Maj. im Namen der Abgeordnetenkammer aufrichtig auszusprechen, sei unsere Pflicht ‒ erwiderte Se. Majestät: „Wir wollen sehen, Ich muß es darauf ankommen lassen. Ich habe nach Meiner Ueberzeugung, nach Meinem Gewissen gesprochen.“ Die Kammer nimmt nach längerer Diskussion folgenden von Reyscher gestellten Antrag an, welcher lautet: „Da das königliche Dekret vom 19. d., und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen.“ Hierauf wird ein Antrag von Stockmayer mit einiger Abänderung dahin lautend angenommen: „Die Kammer wolle ihre Ueberzeugung dahin aussprechen: 1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht; 2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel, ob er dem Civil- oder Militärstande angehöre, zur Befolgung und zum Schutze dieser Reichsverfassung, eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist; 3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militärbeamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.“ Es werden nun auch folgende Zusatzanträge Zwerger's mit bedeutender Majorität angenommen: 1) „In einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammer der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr endgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerke unverbrüchlich festzuhalten. 2) In der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.“ Italien. * Ueber den Erfolg der Standrechtsbedingungen Radetzki's in Piemont erhalten wir auch heute keine bestimmten Nachrichten. Der ministerielle „Saggiatore“ von Turin widerspricht dem Gerücht, daß die Besetzung Alessandrias durch die Oestreicher bereits abgekartet sei; die „Opinione“ dagegen bringt eine Korrespondenz aus Allessandria selbst, wonach man in der Stadt jeden Augenblick dem Erscheinen der Oestreicher entgegensieht. In andern Blättern wird wieder der Abbruch der Friedensunterhandlung zwischen Radetzki und Piemont gemeldet. Das „Journal des Debats“ endlich erklärt, daß ihm die fabelhaften Forderungen Oestreichs an Piemont von mehren Seiten bestätigt werden; es drückt dabei in seiner schlottrigen Bettelmanier die Hoffnung aus, daß „Radetzki nicht ganz (!) der treue Ausdruck der Absichten des Wiener Kabinets sei“, und daß Frankreich im Verein mit der englischen Regierung die nöthigen Maßregeln ergreifen werde, um Piemont gegen weitern Mißbrauch zu schützen, den Oestreich von seinen Siegen machen könnte. Das schurkische Verfahren des englischen Commodore Hardwig während des Todeskampfes von Genua, und die feige Verrätherei der französischen Expedition nach Civita-Vecchia, lassen über den „Schutz“ keinen Zweifel, welchen Piemont von diesen beiden Mächten zu erwarten hat. * Turin, 19. April. Gerüchte (offenbar voreilige) behaupten, Radetzki habe nach der Rückkehr Boncompagni's sofort Befehl gegeben, Allessandria zu besetzen. Uebrigens ist nach den hier herrschenden Ansichten, der frühere oder spätere Ausbruch des Krieges dennoch unvermeidlich. Die Bedingungen, die Bruck uns im Namen Schwarzenbergs überbracht, sind unerfüllbar: 1) 200 à 250 Mill. Lires Kriegsgelder. 2) Gemischte Besetzung Allessandria's und Novara's. 3) Entwaffnung der Bürgerwehr und eines großen Theils des Heeres. 4) Abänderung der wichtigsten Stellen der Verfassung. (!!!) Pinelli hat vorgezogen, sein Ministeramt niederzulegen, da er auf solche Bedingungen hin keine Unterhandlungen anknüpfen will. Hektor de Sonnaz, Kommandant von Allessandria, hat ebenfalls abgedankt. * Piacenza, 14. April. Es ist hier eine Proklamation von dem Sohne Karl Ludwigs, datirt „London, 24. März 1849“ eingetroffen, worin er sich unter dem Namen Karl III. zum Herzog von Parma, Piacenza etc. erklärt und bis zu seiner Ankunft eine Regentschaft ernennt. In Parma hat die Militärregierung viele Beamte und mehrere Professoren abgesetzt. Fast alle italienischen Journale und sämmtliche piemontesische ohne Ausnahme sind verboten. Die Bewohner dieses Landes, das nun ganz von Oestreichern besetzt ist, sehen mit Schrecken den alten vormärzlichen Zustand der Dinge zurückkehren. An eine Vereinigung mit Piemont ist nicht zu denken und selbst wenn sie stattfände, wären wir um nichts gebessert. Denn es liegt auf der Hand, daß Oestreich künftig eben so gut in Turin, wie in Mailand, Parma, Modena etc. Gesetze diktiren und überall mit den nämlichen Mitteln herrschen wird, mit politischen Prozessen, Inquisition, Censur, Belagerungszustand und Bombardement. * Florenz, 16. April. Von hier ist eine Deputation aus den „Edelsten“ des Landes (Vanni, Kammerpräsident; Campini, Senatspräsident; Fürst Demidoff und den Bürgermeistern von Sienna, Pisa, Lucca u. s. w.) nach Gaëta abgereis't, um den Großherzog zur Rückkehr in seine Erbstaaten einzuladen. Nach neueren Gerüchten sollen die Oestreicher auf dem Gebiet von Pontremoli und Massa bis gegen Cerreto vorgedrungen sein, worauf die englischen und französischen Bevollmächtigten die Herren Murat und Baron abgeschickt hätten, um den General Kolowrat zum Einhalt seines Marsches zu ersuchen. Aus Livorno gehen die widersprechendsten Gerüchte ein. Soviel ist gewiß, daß in der Stadt die größte Aufregung herrscht; man spricht sogar von der Bildung einer provisorischen Regierung, an deren Spitze Pigli (ehemaliger Gouverneur von Livorno unter dem Ministerium Montanelli), stehen soll. Avezzana soll Livorno verlassen und sich nach Civita-Vecchia begeben haben. Alle Kommunikation ist von Neuem abgebrochen. * Von der neapolitanischen Gränze, 12. April. Das 10. Linienregiment, das bei Courtatone tapfer gegen die Oestreicher kämpfte, ist auf Befehl der Regierung in die übrigen Regimenter eingereiht und das 3. Bataillon des 9. Linienregiments wegen seiner entschieden demokratischen Gesinnung völlig aufgelöst und entwaffnet worden. * Neapel, 14. April. Beim Abgang des Schiffes „Scamandre“ war hier das Gerücht verbreitet, daß Mieroslawski nach einem mörderischen Kampfe gezwungen worden sei, Catania wieder zu räumen. Venedig, 9. April. General Pepe, der sein Hauptquartier wieder hierher verlegt hat, macht durch Tagesbefehl bekannt, daß Venedig sich auf die Devensive beschränken werde. Es heißt, die Regierung wolle mehrere tausend österreichisch gesinnte Personen von hier fortweisen. Ein sogenannter Sicherheitsausschuß gibt sich damit ab, diese Personen ausfindig zu machen. Die sardinische Flotte soll nun wirklich unser Gewässer verlassen. Die Lebensmittel fangen wieder an zu steigen und das Papiergeld ist selbst mit 30 Proc. Verlust gegen Silber nicht anzubringen. Polen. Lemberg, 11. April. Unter diesem Datum enthält die „Lemberger Zeitung“ in ihrem amtlichen Theil folgenden mit mehrern heuchlerischen Phrasen durchspickten Banditen- und Standrechts-Artikel: „Im Sinne herabgelangter h. Ministerial-Erlasse erging an die Vorstände der politischen Behörden in Betreff der Behandlung der Polnischen Emigranten und Fremden die nachstehende Weisung: Das h. Ministerium des Innern hat mit dem Erlasse vom 5. d. M., Z. 2347, zu bedeuten befunden, daß es bei den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen durch die dringende Nothwendigkeit geboten sei, alle zur Ausweisung bestimmten Emigranten und Fremden, so weit die Belassung Einzelner im Lande nicht vom Landespräsidium ausdrücklich bewilliget oder in Aussicht gestellt worden ist, ohne Ausnahme aus dem Lande zu schaffen. Die Außerlandesschaffung derjenigen, welche vor dem 1. November 1848 nach Galizien gekommen sind, hat, wie es Euer Wohlgeboren aus den dießfälligen Weisungen bekannt ist, nach Umständen ‒ durch die Abtransportirung nach Amerika oder durch die Instradirung nach Frankreich oder England, oder durch die Auslieferung an die zuständigen Behörden zu geschehen. Jene Emigranten und Fremde der ersten Art, welche mittellos sind, sollen es für eine Gnade (! ansehen, daß die Regierung die Sorge für ihre Ueberschiffung nach Amerika übernimmt und die Kosten dafür bestreitet. Die Regierung sorgt für ihre Unterbringung in Amerika nur aus Rücksicht auf ihre Bitte und nicht aus irgend einer Verpflichtung. Die bemittelten Emigranten und Fremden sind auf eigene Kosten nach Frankreich zu instradiren. Die Emigranten dagegen, welche in eine der in meinem Erlasse vom 15. März d. J., Z. 2811, bezeichneten Kategorien gehören, nämlich: a) jene, die in dem Verzeichnisse über die mit Zurücklassung ihrer Pässe von Lemberg oder vom Transporte Entwichenen vorkommen; b) jene, welche Mitglieder der sogenannten Polnischen Centralisation sind; c) jene, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen haben; ferner zu Folge h. Ministerial-Erlasses vom 4. d. M. Z. 2847 alle jene Individuen dieser Art, welche sich mittlerweile in was immer für einer Weise an irgend einer Ruhestörung betheiligen, oder zur dießfälligen Hülfeleistung bereit zeigen sollten und die Kriegsgesetze nicht eine andere Behandlung vorschreiben, sind unnachsichtlich auf dem kürzesten Wege an die zuständigen Behörden auszuliefern, nur bleibt die Verordnung aufrecht, daß die Verhandlungs-Akten bezüglich der Individuen ad b. bevor ihre Abschaffung eingeleitet wird, vorläufig dem Landespräsidium vorgelegt werden sollen. Was insbesondere die in dem Präsidial-Erlasse vom 15. v. M., Zahl 2811 zu litt c. bezeichneten Fremden anbelangt, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen ‒ so sind zu Folge der herabgelangten hohen Ministerialweisungen vom 5. d. M. in diese Kategorie nicht nur 1) diejenigen Emigranten und Fremden, welche die Duldung, die ihnen bisher zu Theil wurde, und die humane (!) Behandlung (!!) in Folge der Lemberger Capitulation verkennend, in ihrer Böswilligkeit soweit gingen, daß sie mit den Waffen in der Hand zu Gunsten der rebellischen Magyaren gegen unsere Truppen kämpften, sondern 2) auch diejenigen einzurechnen, welche auf was immer für eine Art der Ungarischen Revolutionspartei Vorschub leisten, oder Einverständnisse mit den Rebellen unterhalten. Auf Individuen, welche erst nach dem 1. November 1848 ins Land gekommen sind, solches seither nicht verlassen und sich bei der zuständigen Behörde nicht gemeldet haben, finden diese Bestimmungen keine Anwendung, sondern sie sind nach den bestehenden Vorschriften in ihre zuständige Heimath abzuschaffen. Ich theile Euerer Wohlgeboren diese Bestimmungen im Nachhange zu meinen früheren Weisungen zur genauesten Nachachtung mit. Französische Republik. 12 Paris, 23. April. Die Episode mit Fould und Goudchaux ist noch nicht zu Ende; der dramatische Theil folgt nach; Duell, Prozeß, oder etwas anderes der Art. Lustig ist es zu sehen, welches lustige Ende die Bourgeois-Partei nimmt. Fould und Goudchaux sind das Gespräch von ganz Paris geworden. Ein Duell zwischen Fould und Goudchaux! Nein, nein! das ist unmöglich! Eine andere Bewandtniß hat es mit Ledru-Rollin und Delamarre. In derselben Sitzung von gestern nämlich hat Ledru-Rollin auf ganz kennbare Weise den Banquier denunzirt, der ihm ein Zwangsanlehn auf 20 der ersten Kapitalisten der Stadt vorgeschlagen hat. Dieser Banquier war kein anderer als Delamarre, Eigenthümer von der „Patrie.“ Es bildet diese Geschichte das Seitenstück zu Fould-Goudchaux. Einige Tage nach der Februar-Revolution kam Delamarre in aller Eile zum Minister Ledru-Rollin gelaufen, und sprach folgende Worte zu ihm: „Die Republik braucht Geld? Hier ist eine Liste der vornehmsten Kapitalisten von Paris, mit genauer Angabe ihres Vermögenszustandes. Lassen Sie sie hierher bescheiden, und nicht eher von dannen ziehen, bis sie für 50 Millionen unterzeichnet haben. Die Leute werden sich anfangs sträuben; aber sperren Sie jeden in ein besonderes Kabinet ein, und Ihr werdet sehn, in 24 Stunden sind die 50 Millionen ausgezahlt.“ Ledru-Rollin antwortete auf Delamarre's Vorschlag, indem er ihm die Thüre zeigte. Auch dieses kam gestern in der Kammer zur Sprache, und wird heute vom Journal Ledru-Rollins, der Révolution démocratique et sociale. mit allen Details wiedererzählt. Delamarre will sich schlagen mit Ledru-Rollin. Aber Delamarre ist kein Banquier von Geburt, wie Fould und Goudchaux. Delamarre ist ein Glücksritter. Leibgardist unter Louis XVIII. oder Carl X., hat er sich nachher den Börsenspekulationen hingegeben, und ein Vermögen von zehn Millionen erworben. Wenn Leute, wie Delamarre und Fould, Leute aus „der Partei der Ordnung“ von Bankerotte und Zwangsanleihen sprechen, so ist damit die ganze Partei der Ordnung kompromittirt. Fould stand an der Spitze der Rue de Poitiers; er war einer derjenigen Kandidaten von Paris, welche sich schmeichelten, die meisten Stimmen erhalten zu haben. Alle diese Stimmen waren pratiques, gute Kunden, lauter Leute, die Disconto zahlen; und jetzt ist ihm nichts geblieben von allen diesen Kunden, als die Freundschaft des Prinzen-Präsidenten der Republik: wahrlich eine theure, kostbare Freundschaft, fast ebenso theuer als die der famosen Tänzerinnen, aber vielleicht lange nicht so amüsant. Was nun die Rue de Poitiers anbetrifft, so wird sie jeden Tag unverschämter in ihrem Korruptionssystem. Man sieht offenbar, daß sie Leute an der Spitze hat, die mit den kaufmännischen Operationen vertraut sind. In der Wahlagitation spielt bekanntlich das Papier eine große Rolle: die Vertheilung der Bülletins, Programme ‒ Alles das macht eine Papier-Consumtion nothwendig, von der man sich schwerlich eine Vorstellung macht. Am Wahltage ist das Pflaster von Paris von Papier wörtlich überschwemmt, und jeder Vorübergehende wird mit Papier so zu sagen überladen. Will man nun wissen auf welchen Einfall die Rue de Poitiers gekommen ist, um sich das Monopol der Bülletins u. s. w. anzueignen? Sie will sich das Monopol des weißen, unbeschriebenen, das Monopol des Druckpapiers verschaffen; sie will alles Papier an sich kaufen, um der demokratischen Partei die Mittel der Verbreitung ihrer Bülletins, Schriften u. s. w. abzuschneiden. Der Einfall ist ungemein charakteristisch für diese Geldpartei. Die Caution der Journale bildet bereits ein Monopol für die Bourgeoisblätter; sie gibt dem Kapital allein das Recht, Journale zu gründen. Der Plan der Rue de Poitiers geht noch weiter. Er will dem Kapital allein das Recht zu drucken und zu schreiben verschaffen. Ja, wenn es eben so leicht wäre, die Papierfabrikation zu okkupiren, wie die Quecksilbergruben, wenn Hr. Rothschild das Druckpapier eben so sehr in die Höhe treiben könnte, wie die Staatspapiere, dann würde er sich wenigstens ein Verdienst um die Litteratur erwerben. Nur ein Spekulant konnte auf dieses Radikalmittel gegen die schlechte Litteratur verfallen. Und wirklich stehen an der Spitze der Rue de Poitiers lauter Namen, wie Delamarre, Hottinger, N. Duchatel, Delessert, Fould etc.: lauter feines Papier, das das gute französische Druckpapier beherrschen will. Paris, 23. April Der Moniteur öffnet endlich den Mund über die Abfahrt des Pabstgeschwaders. Laut einer telegraphischen Depesche des Präfekten der Rhonemündungen, verließ das Geschwader am 22. April Vormittags 10 Uhr den Hafen von Marseille. ‒ Der Moniteur widerlegt die Behauptung der Reform und des Peuple, nach welcher 280 Unteroffiziere während voriger Nacht in die Abbage geworfen worden seien. ‒ Kaum ist das Gesetz über die Druckfreiheit von Wahlschriften im Moniteur erschienen, ruft das Journal des Debats aus, so liest man auf allen Mauern von Paris folgendes Plakat: Wahlprogramm der revolutionären Kommunisten. „Wenn das Volk hungert, darf Niemand essen.“ (Blanqui vor dem Gericht in Bourges) Im Angesichte des ganzen Landes stellen wir hiermit die Grundsätzeauf, welche die alte gesellschaftliche Ordnung regeneriren sollen, die eben zusammenstürzt. Unsere Lehre, welche alle Männer von ehrlichem Gemüth annehmen, ist keine neue, sie ist die wahreste, revolutionäre Tradition; zu allen Zeiten hatte sie die ausgezeichnetsten Männer zu ihren Aposteln. Diese Lehre bemächtigt sich mit jedem Tage mehr des menschlichen Geistes. Die Entdeckungen der Wissenschaft machen neue Entwickelungen derselben unerläßlich, deren Augenscheinlichkeit durch Argumente hervortritt, die eben jenen wissenschaftlichen Entdeckungen angemessen. Wir erkennen allen menschlichen Wesen ein Ur-Recht an, das selbst jeder Gesellschaft vorangeht: das Recht zu leben. Wir verstehen unter leben, die vollständige Entwickelung aller unserer Geistesanlagen und die gänzliche Befriedigung aller unserer Bedürfnisse. Es ist die allgemeine Vereinigung aller Wesen, verbunden zum gemeinsamen Interesse, das allein das Criterium der Wahrheit unserer Grundsätze bildet. Alsdann kein Antagonismus, keine Tyranei, keine Bruderkriege mehr; unsere gesellschaftliche Ordnung heißt: Gemeinschaft (communauté). Wir erkennen den Grundsätzen des Communismus ein Recht über alle künstlerische und unterdrückerische Majoritäten an. Im Angesicht einer gesellschaftlichen Ordnung, die sich auflöst, muß eine starke Hand, ein überzeugungsvoller, entschlossener und fähiger Mann der Gesellschaft ihre wahre Bahn anweisen und die Staatsgewalt nicht früher niederlegen, als bis die absolute Gleichheit unter allen Menschen hergestellt ist. Wir halten uns bei keiner transitorischen Idee auf, zum Beispiel: Progressivsteuern u. s. w. Was ist das in einer Welt, wo Alles Allen gehört? Wir wollen die Familie und das Eigenthum beibehalten, aber frei von allen Mißbräuchen und Vorurtheilen. Kommunisten! Wir müssen zusammenstehen. Vereinzeln wir unsere Stimmen nicht, damit unsere Kandidaten in der legislativen Assemblée unterstützen und für den Triumph der Grundsätze einer allgemeinen Gemeinschaft arbeiten können. Paris, den 22. April 1849. Der Ausschuß der revolutionären Kommunisten. Rasetti, Präsident. Gohé, Vizepräsident. Turgard, Schriftführer. Obiger Ausschuß der revolutionären Communisten schlägt seinen Anhängern folgende fünf Kandidaten für die Kammer vor: 1) Eugen Fombertaux, Redakteur der Commune sociale. 2) Page, Juwelen-, Gold- und Silberarbeiter. 3) Morel, Schuhmacher. 4) Chardon, Schriftsteller. 5) Gibot, Buchhändler. ‒ Der Constitutionnel speit ebenfalls Feuer und Flammen gegen obige kommunistische Wahl-Propaganda. Der Wahlkampf verspricht mit jedem Tage heisser zu werden. ‒ Die Nationalversammlung soll heute 500,000 Frk. Choleragelder votiren, welche wahrscheinlich zu Wahlbestechungen statt Cholerabinden benutzt werden sollen. ‒ Unsere indische Colonie Pondichery die etwa 30,000 Wähler zählt, hat den reichen Rheder Lecourt von Nantes mit 13,000 von 20,000 Stimmenden zum Volksvertreter gewählt. Lecourt wird morgen proklamirt werden. ‒ Esquiros, Ex-Redakteur des Juni-Journals L'Aeonsateur public, hat sich vor den Kriegsgerichten gestellt. Sein Prozeß wird heute, Montag 23., Vormittags begonnen haben. ‒ Aus Bordeaux meldet man vom 21., daß das dortige demokratische Journal „Le Peuple souverain“ von der Staatsanwaltschaft dem sechsten Preßprozesse unterworfen wurde. ‒ Seit acht Tagen tragen sich mehrere Pariser Journale mit der Idee eines allgemeinen Congresses in Mailand (statt Verona), in welchem ein lombardisch venetianisches Königreich, mit dem Großherzog an der Spitze, verfaßt werden soll. ‒ Delamarre ließ an heutiger Börse eine lange Epistel zu seiner Rechtfertigung gegen Ledru-Rollin vertheilen. ‒ Im Conferenzsaale der Nationslversammlung trug man sich mit dem Gerüchte, daß eine Division der Alpenarmee abgezweigt und nach Piemont geschickt worden sei, um den übertriebenen Forderungen Schwarzenbergs entschieden entgegenzutreten. ‒ Am nächsten Sonnabend giebt es wieder viel Tumult in der Nationalversammlung. An diesem Tage kommt die Rechnungsablegung der provisorischen Regierung zur Sprache. ‒ Die Honetten wollen die Rothen wegen ihrer Geldzahlungen an den Club der Clubs angreifen und Ledru-Rollin stürzen. Auch soll der Jude Rothschild, dem Ledru Rollin 10 Millionen Fr. habe abfordern lassen wollen, bei dieser Parlamentskomödie eine Rolle spielen. ‒ Der Staatsrath hat seine Arbeiten begonnen. Eine seiner ersten Arbeiten soll die Begutachtung eines Begnadigungsgesuches der berühmten Giftmischerin Laffarge sein, die stark an der Schwindsucht leide. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 23. April. Marrast, dessen Gattin noch an der Cholera darniederliegt, ist ziemlich wieder hergestellt und eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung. An der Tagesordnung ist die zweite Deliberation über die Feststellung der Entschädigungssumme für unsere Pflanzer seit der Sclavenemancipation Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar282_019" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="1592"/> eingeführt habe. Ich gebe Ihnen mein Wort, aber dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht, Mein Gewissen und Meine Ueberzeugung lassen es nicht zu. Dem Kaiser von Oestreich, wenn er gewählt worden wäre (da Ich die Ueberzeugung habe, daß es für Würtemberg vortheilhaft gewesen wäre), würde Ich Mich unterworfen haben. Ich bin mit Meinem Ministerium nicht uneins, Ich bin mit Ihm bis diesen Augenblick ganz zufrieden. Eine Meinungsverschiedenheit herrscht zwischen uns nicht, nur über die Zeit Meiner Erklärung bin Ich ich mit ihm nicht einig. Ich vertraue auf den guten Sinn Meines Golkes. Der Kern des Volkes ist gut gesinnt. „Die Aufregung ist durch die Vereine, welche auch eine März-Errungenschaft sind, künstlich hervorgebracht. Wollen Sie Mich zwingen, Ich muß es darauf ankommen lassen, Sie kennen Meinen Muth. Es ist nicht um Meinetwillen, Ich habe nur noch wenige Jahre zu leben, aber Mein Vaterland, Mein Haus, Meine Familie legt Mir diese Pflicht auf. Ich wurde es sehr bedauern, wenn gerade jetzt in dieser wichtigen Sache die Stände mit der Regierung nicht Hand in Hand gingen.“</p> <p>Nachdem einige Mitglieder Bemerkungen gemacht hatten und der Präsident beifügte, daß gerade die Zeit es sei, die so außerordentlich dränge, so, daß jede weitere Zögerung in Anerkennung der deutschen Reichs-Verfassung die Folgen haben könnte, daß wir Alle Ruhe und Ordnung im Lande zu erhalten nicht mehr im Stande wären, und dieses Sr. Maj. im Namen der Abgeordnetenkammer aufrichtig auszusprechen, sei unsere Pflicht ‒ erwiderte Se. Majestät:</p> <p>„Wir wollen sehen, Ich muß es darauf ankommen lassen. Ich habe nach Meiner Ueberzeugung, nach Meinem Gewissen gesprochen.“</p> <p>Die Kammer nimmt nach längerer Diskussion folgenden von Reyscher gestellten Antrag an, welcher lautet:</p> <p>„Da das königliche Dekret vom 19. d., und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen.“</p> <p>Hierauf wird ein Antrag von Stockmayer mit einiger Abänderung dahin lautend angenommen:</p> <p>„Die Kammer wolle ihre Ueberzeugung dahin aussprechen:</p> <p>1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht;</p> <p>2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel, ob er dem Civil- oder Militärstande angehöre, zur Befolgung und zum Schutze dieser Reichsverfassung, eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist;</p> <p>3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militärbeamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.“</p> <p>Es werden nun auch folgende Zusatzanträge Zwerger's mit bedeutender Majorität angenommen:</p> <p>1) „In einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammer der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr endgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerke unverbrüchlich festzuhalten.</p> <p>2) In der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar282_020" type="jArticle"> <bibl> <author>*</author> </bibl> <p>Ueber den Erfolg der Standrechtsbedingungen Radetzki's in Piemont erhalten wir auch heute keine bestimmten Nachrichten. Der ministerielle „Saggiatore“ von Turin widerspricht dem Gerücht, daß die Besetzung Alessandrias durch die Oestreicher bereits abgekartet sei; die „Opinione“ dagegen bringt eine Korrespondenz aus Allessandria selbst, wonach man in der Stadt jeden Augenblick dem Erscheinen der Oestreicher entgegensieht. In andern Blättern wird wieder der Abbruch der Friedensunterhandlung zwischen Radetzki und Piemont gemeldet. Das „Journal des Debats“ endlich erklärt, daß ihm die fabelhaften Forderungen Oestreichs an Piemont von mehren Seiten bestätigt werden; es drückt dabei in seiner schlottrigen Bettelmanier die Hoffnung aus, daß „Radetzki nicht ganz (!) der treue Ausdruck der Absichten des Wiener Kabinets sei“, und daß Frankreich im Verein mit der englischen Regierung die nöthigen Maßregeln ergreifen werde, um Piemont gegen weitern Mißbrauch zu schützen, den Oestreich von seinen Siegen machen könnte.</p> <p>Das schurkische Verfahren des englischen Commodore Hardwig während des Todeskampfes von Genua, und die feige Verrätherei der französischen Expedition nach Civita-Vecchia, lassen über den „Schutz“ keinen Zweifel, welchen Piemont von diesen beiden Mächten zu erwarten hat.</p> </div> <div xml:id="ar282_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 19. April.</head> <p>Gerüchte (offenbar voreilige) behaupten, Radetzki habe nach der Rückkehr Boncompagni's sofort Befehl gegeben, Allessandria zu besetzen. Uebrigens ist nach den hier herrschenden Ansichten, der frühere oder spätere Ausbruch des Krieges dennoch unvermeidlich. Die Bedingungen, die Bruck uns im Namen Schwarzenbergs überbracht, sind unerfüllbar: 1) 200 à 250 Mill. Lires Kriegsgelder. 2) Gemischte Besetzung Allessandria's und Novara's. 3) Entwaffnung der Bürgerwehr und eines großen Theils des Heeres. 4) Abänderung der wichtigsten Stellen der Verfassung. (!!!)</p> <p>Pinelli hat vorgezogen, sein Ministeramt niederzulegen, da er auf solche Bedingungen hin keine Unterhandlungen anknüpfen will. Hektor de Sonnaz, Kommandant von Allessandria, hat ebenfalls abgedankt.</p> </div> <div xml:id="ar282_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Piacenza, 14. April.</head> <p>Es ist hier eine Proklamation von dem Sohne Karl Ludwigs, datirt „London, 24. März 1849“ eingetroffen, worin er sich unter dem Namen Karl III. zum Herzog von Parma, Piacenza etc. erklärt und bis zu seiner Ankunft eine Regentschaft ernennt. In Parma hat die Militärregierung viele Beamte und mehrere Professoren abgesetzt. Fast alle italienischen Journale und sämmtliche piemontesische ohne Ausnahme sind verboten. Die Bewohner dieses Landes, das nun ganz von Oestreichern besetzt ist, sehen mit Schrecken den alten vormärzlichen Zustand der Dinge zurückkehren. An eine Vereinigung mit Piemont ist nicht zu denken und selbst wenn sie stattfände, wären wir um nichts gebessert. Denn es liegt auf der Hand, daß Oestreich künftig eben so gut in Turin, wie in Mailand, Parma, Modena etc. Gesetze diktiren und überall mit den nämlichen Mitteln herrschen wird, mit politischen Prozessen, Inquisition, Censur, Belagerungszustand und Bombardement.</p> </div> <div xml:id="ar282_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Florenz, 16. April.</head> <p>Von hier ist eine Deputation aus den „Edelsten“ des Landes (Vanni, Kammerpräsident; Campini, Senatspräsident; Fürst Demidoff und den Bürgermeistern von Sienna, Pisa, Lucca u. s. w.) nach Gaëta abgereis't, um den Großherzog zur Rückkehr in seine Erbstaaten einzuladen.</p> <p>Nach neueren Gerüchten sollen die Oestreicher auf dem Gebiet von Pontremoli und Massa bis gegen Cerreto vorgedrungen sein, worauf die englischen und französischen Bevollmächtigten die Herren Murat und Baron abgeschickt hätten, um den General Kolowrat zum Einhalt seines Marsches zu ersuchen.</p> <p>Aus Livorno gehen die widersprechendsten Gerüchte ein. Soviel ist gewiß, daß in der Stadt die größte Aufregung herrscht; man spricht sogar von der Bildung einer provisorischen Regierung, an deren Spitze Pigli (ehemaliger Gouverneur von Livorno unter dem Ministerium Montanelli), stehen soll. Avezzana soll Livorno verlassen und sich nach Civita-Vecchia begeben haben. Alle Kommunikation ist von Neuem abgebrochen.</p> </div> <div xml:id="ar282_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Von der neapolitanischen Gränze, 12. April.</head> <p>Das 10. Linienregiment, das bei Courtatone tapfer gegen die Oestreicher kämpfte, ist auf Befehl der Regierung in die übrigen Regimenter eingereiht und das 3. Bataillon des 9. Linienregiments wegen seiner entschieden demokratischen Gesinnung völlig aufgelöst und entwaffnet worden.</p> </div> <div xml:id="ar282_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel, 14. April.</head> <p>Beim Abgang des Schiffes „Scamandre“ war hier das Gerücht verbreitet, daß Mieroslawski nach einem mörderischen Kampfe gezwungen worden sei, Catania wieder zu räumen.</p> </div> <div xml:id="ar282_026" type="jArticle"> <head>Venedig, 9. April.</head> <p>General Pepe, der sein Hauptquartier wieder hierher verlegt hat, macht durch Tagesbefehl bekannt, daß Venedig sich auf die Devensive beschränken werde. Es heißt, die Regierung wolle mehrere tausend österreichisch gesinnte Personen von hier fortweisen. Ein sogenannter Sicherheitsausschuß gibt sich damit ab, diese Personen ausfindig zu machen. Die sardinische Flotte soll nun wirklich unser Gewässer verlassen. Die Lebensmittel fangen wieder an zu steigen und das Papiergeld ist selbst mit 30 Proc. Verlust gegen Silber nicht anzubringen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar282_027" type="jArticle"> <head>Lemberg, 11. April.</head> <p>Unter diesem Datum enthält die „Lemberger Zeitung“ in ihrem amtlichen Theil folgenden mit mehrern heuchlerischen Phrasen durchspickten Banditen- und Standrechts-Artikel:</p> <p>„Im Sinne herabgelangter h. Ministerial-Erlasse erging an die Vorstände der politischen Behörden in Betreff der Behandlung der Polnischen Emigranten und Fremden die nachstehende Weisung:</p> <p>Das h. Ministerium des Innern hat mit dem Erlasse vom 5. d. M., Z. 2347, zu bedeuten befunden, daß es bei den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen durch die dringende Nothwendigkeit geboten sei, alle zur Ausweisung bestimmten Emigranten und Fremden, so weit die Belassung Einzelner im Lande nicht vom Landespräsidium ausdrücklich bewilliget oder in Aussicht gestellt worden ist, ohne Ausnahme aus dem Lande zu schaffen. Die Außerlandesschaffung derjenigen, welche vor dem 1. November 1848 nach Galizien gekommen sind, hat, wie es Euer Wohlgeboren aus den dießfälligen Weisungen bekannt ist, nach Umständen ‒ durch die Abtransportirung nach Amerika oder durch die Instradirung nach Frankreich oder England, oder durch die Auslieferung an die zuständigen Behörden zu geschehen.</p> <p>Jene Emigranten und Fremde der ersten Art, welche mittellos sind, sollen es für eine Gnade (! ansehen, daß die Regierung die Sorge für ihre Ueberschiffung nach Amerika übernimmt und die Kosten dafür bestreitet. Die Regierung sorgt für ihre Unterbringung in Amerika nur aus Rücksicht auf ihre Bitte und nicht aus irgend einer Verpflichtung.</p> <p>Die bemittelten Emigranten und Fremden sind auf eigene Kosten nach Frankreich zu instradiren. Die Emigranten dagegen, welche in eine der in meinem Erlasse vom 15. März d. J., Z. 2811, bezeichneten Kategorien gehören, nämlich:</p> <p>a) jene, die in dem Verzeichnisse über die mit Zurücklassung ihrer Pässe von Lemberg oder vom Transporte Entwichenen vorkommen;</p> <p>b) jene, welche Mitglieder der sogenannten Polnischen Centralisation sind;</p> <p>c) jene, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen haben; ferner zu Folge h. Ministerial-Erlasses vom 4. d. M. Z. 2847 alle jene Individuen dieser Art, welche sich mittlerweile in was immer für einer Weise an irgend einer Ruhestörung betheiligen, oder zur dießfälligen Hülfeleistung bereit zeigen sollten und die Kriegsgesetze nicht eine andere Behandlung vorschreiben, sind unnachsichtlich auf dem kürzesten Wege an die zuständigen Behörden auszuliefern, nur bleibt die Verordnung aufrecht, daß die Verhandlungs-Akten bezüglich der Individuen ad b. bevor ihre Abschaffung eingeleitet wird, vorläufig dem Landespräsidium vorgelegt werden sollen.</p> <p>Was insbesondere die in dem Präsidial-Erlasse vom 15. v. M., Zahl 2811 zu litt c. bezeichneten Fremden anbelangt, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen ‒ so sind zu Folge der herabgelangten hohen Ministerialweisungen vom 5. d. M. in diese Kategorie nicht nur</p> <p>1) diejenigen Emigranten und Fremden, welche die Duldung, die ihnen bisher zu Theil wurde, und die humane (!) Behandlung (!!) in Folge der Lemberger Capitulation verkennend, in ihrer Böswilligkeit soweit gingen, daß sie mit den Waffen in der Hand zu Gunsten der rebellischen Magyaren gegen unsere Truppen kämpften, sondern</p> <p>2) auch diejenigen einzurechnen, welche auf was immer für eine Art der Ungarischen Revolutionspartei Vorschub leisten, oder Einverständnisse mit den Rebellen unterhalten.</p> <p>Auf Individuen, welche erst nach dem 1. November 1848 ins Land gekommen sind, solches seither nicht verlassen und sich bei der zuständigen Behörde nicht gemeldet haben, finden diese Bestimmungen keine Anwendung, sondern sie sind nach den bestehenden Vorschriften in ihre zuständige Heimath abzuschaffen.</p> <p>Ich theile Euerer Wohlgeboren diese Bestimmungen im Nachhange zu meinen früheren Weisungen zur genauesten Nachachtung mit.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar282_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 23. April.</head> <p>Die Episode mit Fould und Goudchaux ist noch nicht zu Ende; der dramatische Theil folgt nach; Duell, Prozeß, oder etwas anderes der Art. Lustig ist es zu sehen, welches lustige Ende die Bourgeois-Partei nimmt. Fould und Goudchaux sind das Gespräch von ganz Paris geworden. Ein Duell zwischen Fould und Goudchaux! Nein, nein! das ist unmöglich!</p> <p>Eine andere Bewandtniß hat es mit Ledru-Rollin und Delamarre. In derselben Sitzung von gestern nämlich hat Ledru-Rollin auf ganz kennbare Weise den Banquier denunzirt, der ihm ein Zwangsanlehn auf 20 der ersten Kapitalisten der Stadt vorgeschlagen hat. Dieser Banquier war kein anderer als Delamarre, Eigenthümer von der „Patrie.“ Es bildet diese Geschichte das Seitenstück zu Fould-Goudchaux. Einige Tage nach der Februar-Revolution kam Delamarre in aller Eile zum Minister Ledru-Rollin gelaufen, und sprach folgende Worte zu ihm: „Die Republik braucht Geld? Hier ist eine Liste der vornehmsten Kapitalisten von Paris, mit genauer Angabe ihres Vermögenszustandes. Lassen Sie sie hierher bescheiden, und nicht eher von dannen ziehen, bis sie für 50 Millionen unterzeichnet haben. Die Leute werden sich anfangs sträuben; aber sperren Sie jeden in ein besonderes Kabinet ein, und Ihr werdet sehn, in 24 Stunden sind die 50 Millionen ausgezahlt.“ Ledru-Rollin antwortete auf Delamarre's Vorschlag, indem er ihm die Thüre zeigte. Auch dieses kam gestern in der Kammer zur Sprache, und wird heute vom Journal Ledru-Rollins, der Révolution démocratique et sociale. mit allen Details wiedererzählt. Delamarre will sich schlagen mit Ledru-Rollin. Aber Delamarre ist kein Banquier von Geburt, wie Fould und Goudchaux. Delamarre ist ein Glücksritter. Leibgardist unter Louis XVIII. oder Carl X., hat er sich nachher den Börsenspekulationen hingegeben, und ein Vermögen von zehn Millionen erworben.</p> <p>Wenn Leute, wie Delamarre und Fould, Leute aus „der Partei der Ordnung“ von Bankerotte und Zwangsanleihen sprechen, so ist damit die ganze Partei der Ordnung kompromittirt. Fould stand an der Spitze der Rue de Poitiers; er war einer derjenigen Kandidaten von Paris, welche sich schmeichelten, die meisten Stimmen erhalten zu haben. Alle diese Stimmen waren pratiques, gute Kunden, lauter Leute, die Disconto zahlen; und jetzt ist ihm nichts geblieben von allen diesen Kunden, als die Freundschaft des Prinzen-Präsidenten der Republik: wahrlich eine theure, kostbare Freundschaft, fast ebenso theuer als die der famosen Tänzerinnen, aber vielleicht lange nicht so amüsant.</p> <p>Was nun die Rue de Poitiers anbetrifft, so wird sie jeden Tag unverschämter in ihrem Korruptionssystem. Man sieht offenbar, daß sie Leute an der Spitze hat, die mit den kaufmännischen Operationen vertraut sind. In der Wahlagitation spielt bekanntlich das Papier eine große Rolle: die Vertheilung der Bülletins, Programme ‒ Alles das macht eine Papier-Consumtion nothwendig, von der man sich schwerlich eine Vorstellung macht. Am Wahltage ist das Pflaster von Paris von Papier wörtlich überschwemmt, und jeder Vorübergehende wird mit Papier so zu sagen überladen. Will man nun wissen auf welchen Einfall die Rue de Poitiers gekommen ist, um sich das Monopol der Bülletins u. s. w. anzueignen? Sie will sich das Monopol des weißen, unbeschriebenen, das Monopol des Druckpapiers verschaffen; sie will alles Papier an sich kaufen, um der demokratischen Partei die Mittel der Verbreitung ihrer Bülletins, Schriften u. s. w. abzuschneiden. Der Einfall ist ungemein charakteristisch für diese Geldpartei. Die Caution der Journale bildet bereits ein Monopol für die Bourgeoisblätter; sie gibt dem Kapital allein das Recht, Journale zu gründen. Der Plan der Rue de Poitiers geht noch weiter. Er will dem Kapital allein das Recht zu drucken und zu schreiben verschaffen. Ja, wenn es eben so leicht wäre, die Papierfabrikation zu okkupiren, wie die Quecksilbergruben, wenn Hr. Rothschild das Druckpapier eben so sehr in die Höhe treiben könnte, wie die Staatspapiere, dann würde er sich wenigstens ein Verdienst um die Litteratur erwerben. Nur ein Spekulant konnte auf dieses Radikalmittel gegen die schlechte Litteratur verfallen. Und wirklich stehen an der Spitze der Rue de Poitiers lauter Namen, wie Delamarre, Hottinger, N. Duchatel, Delessert, Fould etc.: lauter feines Papier, das das gute französische Druckpapier beherrschen will.</p> </div> <div xml:id="ar282_029" type="jArticle"> <head>Paris, 23. April</head> <p>Der Moniteur öffnet endlich den Mund über die Abfahrt des Pabstgeschwaders.</p> <p>Laut einer telegraphischen Depesche des Präfekten der Rhonemündungen, verließ das Geschwader am 22. April Vormittags 10 Uhr den Hafen von Marseille.</p> <p>‒ Der Moniteur widerlegt die Behauptung der Reform und des Peuple, nach welcher 280 Unteroffiziere während voriger Nacht in die Abbage geworfen worden seien.</p> <p>‒ Kaum ist das Gesetz über die Druckfreiheit von Wahlschriften im Moniteur erschienen, ruft das Journal des Debats aus, so liest man auf allen Mauern von Paris folgendes Plakat:</p> <p> <hi rendition="#g">Wahlprogramm der revolutionären Kommunisten.</hi> </p> <p>„Wenn das Volk hungert, darf Niemand essen.“</p> <p>(Blanqui vor dem Gericht in Bourges)</p> <p>Im Angesichte des ganzen Landes stellen wir hiermit die Grundsätzeauf, welche die alte gesellschaftliche Ordnung regeneriren sollen, die eben zusammenstürzt. Unsere Lehre, welche alle Männer von ehrlichem Gemüth annehmen, ist keine neue, sie ist die wahreste, revolutionäre Tradition; zu allen Zeiten hatte sie die ausgezeichnetsten Männer zu ihren Aposteln. Diese Lehre bemächtigt sich mit jedem Tage mehr des menschlichen Geistes. Die Entdeckungen der Wissenschaft machen neue Entwickelungen derselben unerläßlich, deren Augenscheinlichkeit durch Argumente hervortritt, die eben jenen wissenschaftlichen Entdeckungen angemessen. Wir erkennen allen menschlichen Wesen ein Ur-Recht an, das selbst jeder Gesellschaft vorangeht: das Recht zu leben. Wir verstehen unter leben, die vollständige Entwickelung aller unserer Geistesanlagen und die gänzliche Befriedigung aller unserer Bedürfnisse.</p> <p>Es ist die allgemeine Vereinigung aller Wesen, verbunden zum gemeinsamen Interesse, das allein das Criterium der Wahrheit unserer Grundsätze bildet. Alsdann kein Antagonismus, keine Tyranei, keine Bruderkriege mehr; unsere gesellschaftliche Ordnung heißt: <hi rendition="#g">Gemeinschaft</hi> (communauté). Wir erkennen den Grundsätzen des Communismus ein Recht über alle künstlerische und unterdrückerische Majoritäten an. Im Angesicht einer gesellschaftlichen Ordnung, die sich auflöst, muß eine starke Hand, ein überzeugungsvoller, entschlossener und fähiger Mann der Gesellschaft ihre wahre Bahn anweisen und die Staatsgewalt nicht früher niederlegen, als bis die absolute Gleichheit unter allen Menschen hergestellt ist. Wir halten uns bei keiner transitorischen Idee auf, zum Beispiel: Progressivsteuern u. s. w.</p> <p>Was ist das in einer Welt, wo Alles Allen gehört? Wir wollen die Familie und das Eigenthum beibehalten, aber frei von allen Mißbräuchen und Vorurtheilen. Kommunisten! Wir müssen zusammenstehen. Vereinzeln wir unsere Stimmen nicht, damit unsere Kandidaten in der legislativen Assemblée unterstützen und für den Triumph der Grundsätze einer allgemeinen Gemeinschaft arbeiten können.</p> <p>Paris, den 22. April 1849.</p> <p>Der Ausschuß der revolutionären Kommunisten.</p> <p>Rasetti, Präsident. Gohé, Vizepräsident. Turgard, Schriftführer.</p> <p>Obiger Ausschuß der revolutionären Communisten schlägt seinen Anhängern folgende fünf Kandidaten für die Kammer vor:</p> <p>1) Eugen Fombertaux, Redakteur der Commune sociale.</p> <p>2) Page, Juwelen-, Gold- und Silberarbeiter.</p> <p>3) Morel, Schuhmacher.</p> <p>4) Chardon, Schriftsteller.</p> <p>5) Gibot, Buchhändler.</p> <p>‒ Der Constitutionnel speit ebenfalls Feuer und Flammen gegen obige kommunistische Wahl-Propaganda.</p> <p>Der Wahlkampf verspricht mit jedem Tage heisser zu werden.</p> <p>‒ Die Nationalversammlung soll heute 500,000 Frk. Choleragelder votiren, welche wahrscheinlich zu Wahlbestechungen statt Cholerabinden benutzt werden sollen.</p> <p>‒ Unsere indische Colonie Pondichery die etwa 30,000 Wähler zählt, hat den reichen Rheder Lecourt von Nantes mit 13,000 von 20,000 Stimmenden zum Volksvertreter gewählt.</p> <p>Lecourt wird morgen proklamirt werden.</p> <p>‒ Esquiros, Ex-Redakteur des Juni-Journals L'Aeonsateur public, hat sich vor den Kriegsgerichten gestellt.</p> <p>Sein Prozeß wird heute, Montag 23., Vormittags begonnen haben.</p> <p>‒ Aus Bordeaux meldet man vom 21., daß das dortige demokratische Journal „Le Peuple souverain“ von der Staatsanwaltschaft dem sechsten Preßprozesse unterworfen wurde.</p> <p>‒ Seit acht Tagen tragen sich mehrere Pariser Journale mit der Idee eines allgemeinen Congresses in Mailand (statt Verona), in welchem ein lombardisch venetianisches Königreich, mit dem Großherzog an der Spitze, verfaßt werden soll.</p> <p>‒ Delamarre ließ an heutiger Börse eine lange Epistel zu seiner Rechtfertigung gegen Ledru-Rollin vertheilen.</p> <p>‒ Im Conferenzsaale der Nationslversammlung trug man sich mit dem Gerüchte, daß eine Division der Alpenarmee abgezweigt und nach Piemont geschickt worden sei, um den übertriebenen Forderungen Schwarzenbergs entschieden entgegenzutreten.</p> <p>‒ Am nächsten Sonnabend giebt es wieder viel Tumult in der Nationalversammlung. An diesem Tage kommt die Rechnungsablegung der provisorischen Regierung zur Sprache.</p> <p>‒ Die Honetten wollen die Rothen wegen ihrer Geldzahlungen an den Club der Clubs angreifen und Ledru-Rollin stürzen. Auch soll der Jude Rothschild, dem Ledru Rollin 10 Millionen Fr. habe abfordern lassen wollen, bei dieser Parlamentskomödie eine Rolle spielen.</p> <p>‒ Der Staatsrath hat seine Arbeiten begonnen. Eine seiner ersten Arbeiten soll die Begutachtung eines Begnadigungsgesuches der berühmten Giftmischerin Laffarge sein, die stark an der Schwindsucht leide.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 23. April. Marrast, dessen Gattin noch an der Cholera darniederliegt, ist ziemlich wieder hergestellt und eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung.</p> <p>An der Tagesordnung ist die zweite Deliberation über die Feststellung der Entschädigungssumme für unsere Pflanzer seit der Sclavenemancipation</p> <p> <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1592/0004]
eingeführt habe. Ich gebe Ihnen mein Wort, aber dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht, Mein Gewissen und Meine Ueberzeugung lassen es nicht zu. Dem Kaiser von Oestreich, wenn er gewählt worden wäre (da Ich die Ueberzeugung habe, daß es für Würtemberg vortheilhaft gewesen wäre), würde Ich Mich unterworfen haben. Ich bin mit Meinem Ministerium nicht uneins, Ich bin mit Ihm bis diesen Augenblick ganz zufrieden. Eine Meinungsverschiedenheit herrscht zwischen uns nicht, nur über die Zeit Meiner Erklärung bin Ich ich mit ihm nicht einig. Ich vertraue auf den guten Sinn Meines Golkes. Der Kern des Volkes ist gut gesinnt. „Die Aufregung ist durch die Vereine, welche auch eine März-Errungenschaft sind, künstlich hervorgebracht. Wollen Sie Mich zwingen, Ich muß es darauf ankommen lassen, Sie kennen Meinen Muth. Es ist nicht um Meinetwillen, Ich habe nur noch wenige Jahre zu leben, aber Mein Vaterland, Mein Haus, Meine Familie legt Mir diese Pflicht auf. Ich wurde es sehr bedauern, wenn gerade jetzt in dieser wichtigen Sache die Stände mit der Regierung nicht Hand in Hand gingen.“
Nachdem einige Mitglieder Bemerkungen gemacht hatten und der Präsident beifügte, daß gerade die Zeit es sei, die so außerordentlich dränge, so, daß jede weitere Zögerung in Anerkennung der deutschen Reichs-Verfassung die Folgen haben könnte, daß wir Alle Ruhe und Ordnung im Lande zu erhalten nicht mehr im Stande wären, und dieses Sr. Maj. im Namen der Abgeordnetenkammer aufrichtig auszusprechen, sei unsere Pflicht ‒ erwiderte Se. Majestät:
„Wir wollen sehen, Ich muß es darauf ankommen lassen. Ich habe nach Meiner Ueberzeugung, nach Meinem Gewissen gesprochen.“
Die Kammer nimmt nach längerer Diskussion folgenden von Reyscher gestellten Antrag an, welcher lautet:
„Da das königliche Dekret vom 19. d., und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen.“
Hierauf wird ein Antrag von Stockmayer mit einiger Abänderung dahin lautend angenommen:
„Die Kammer wolle ihre Ueberzeugung dahin aussprechen:
1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht;
2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel, ob er dem Civil- oder Militärstande angehöre, zur Befolgung und zum Schutze dieser Reichsverfassung, eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist;
3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militärbeamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.“
Es werden nun auch folgende Zusatzanträge Zwerger's mit bedeutender Majorität angenommen:
1) „In einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammer der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr endgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerke unverbrüchlich festzuhalten.
2) In der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.“
Italien. * Ueber den Erfolg der Standrechtsbedingungen Radetzki's in Piemont erhalten wir auch heute keine bestimmten Nachrichten. Der ministerielle „Saggiatore“ von Turin widerspricht dem Gerücht, daß die Besetzung Alessandrias durch die Oestreicher bereits abgekartet sei; die „Opinione“ dagegen bringt eine Korrespondenz aus Allessandria selbst, wonach man in der Stadt jeden Augenblick dem Erscheinen der Oestreicher entgegensieht. In andern Blättern wird wieder der Abbruch der Friedensunterhandlung zwischen Radetzki und Piemont gemeldet. Das „Journal des Debats“ endlich erklärt, daß ihm die fabelhaften Forderungen Oestreichs an Piemont von mehren Seiten bestätigt werden; es drückt dabei in seiner schlottrigen Bettelmanier die Hoffnung aus, daß „Radetzki nicht ganz (!) der treue Ausdruck der Absichten des Wiener Kabinets sei“, und daß Frankreich im Verein mit der englischen Regierung die nöthigen Maßregeln ergreifen werde, um Piemont gegen weitern Mißbrauch zu schützen, den Oestreich von seinen Siegen machen könnte.
Das schurkische Verfahren des englischen Commodore Hardwig während des Todeskampfes von Genua, und die feige Verrätherei der französischen Expedition nach Civita-Vecchia, lassen über den „Schutz“ keinen Zweifel, welchen Piemont von diesen beiden Mächten zu erwarten hat.
* Turin, 19. April. Gerüchte (offenbar voreilige) behaupten, Radetzki habe nach der Rückkehr Boncompagni's sofort Befehl gegeben, Allessandria zu besetzen. Uebrigens ist nach den hier herrschenden Ansichten, der frühere oder spätere Ausbruch des Krieges dennoch unvermeidlich. Die Bedingungen, die Bruck uns im Namen Schwarzenbergs überbracht, sind unerfüllbar: 1) 200 à 250 Mill. Lires Kriegsgelder. 2) Gemischte Besetzung Allessandria's und Novara's. 3) Entwaffnung der Bürgerwehr und eines großen Theils des Heeres. 4) Abänderung der wichtigsten Stellen der Verfassung. (!!!)
Pinelli hat vorgezogen, sein Ministeramt niederzulegen, da er auf solche Bedingungen hin keine Unterhandlungen anknüpfen will. Hektor de Sonnaz, Kommandant von Allessandria, hat ebenfalls abgedankt.
* Piacenza, 14. April. Es ist hier eine Proklamation von dem Sohne Karl Ludwigs, datirt „London, 24. März 1849“ eingetroffen, worin er sich unter dem Namen Karl III. zum Herzog von Parma, Piacenza etc. erklärt und bis zu seiner Ankunft eine Regentschaft ernennt. In Parma hat die Militärregierung viele Beamte und mehrere Professoren abgesetzt. Fast alle italienischen Journale und sämmtliche piemontesische ohne Ausnahme sind verboten. Die Bewohner dieses Landes, das nun ganz von Oestreichern besetzt ist, sehen mit Schrecken den alten vormärzlichen Zustand der Dinge zurückkehren. An eine Vereinigung mit Piemont ist nicht zu denken und selbst wenn sie stattfände, wären wir um nichts gebessert. Denn es liegt auf der Hand, daß Oestreich künftig eben so gut in Turin, wie in Mailand, Parma, Modena etc. Gesetze diktiren und überall mit den nämlichen Mitteln herrschen wird, mit politischen Prozessen, Inquisition, Censur, Belagerungszustand und Bombardement.
* Florenz, 16. April. Von hier ist eine Deputation aus den „Edelsten“ des Landes (Vanni, Kammerpräsident; Campini, Senatspräsident; Fürst Demidoff und den Bürgermeistern von Sienna, Pisa, Lucca u. s. w.) nach Gaëta abgereis't, um den Großherzog zur Rückkehr in seine Erbstaaten einzuladen.
Nach neueren Gerüchten sollen die Oestreicher auf dem Gebiet von Pontremoli und Massa bis gegen Cerreto vorgedrungen sein, worauf die englischen und französischen Bevollmächtigten die Herren Murat und Baron abgeschickt hätten, um den General Kolowrat zum Einhalt seines Marsches zu ersuchen.
Aus Livorno gehen die widersprechendsten Gerüchte ein. Soviel ist gewiß, daß in der Stadt die größte Aufregung herrscht; man spricht sogar von der Bildung einer provisorischen Regierung, an deren Spitze Pigli (ehemaliger Gouverneur von Livorno unter dem Ministerium Montanelli), stehen soll. Avezzana soll Livorno verlassen und sich nach Civita-Vecchia begeben haben. Alle Kommunikation ist von Neuem abgebrochen.
* Von der neapolitanischen Gränze, 12. April. Das 10. Linienregiment, das bei Courtatone tapfer gegen die Oestreicher kämpfte, ist auf Befehl der Regierung in die übrigen Regimenter eingereiht und das 3. Bataillon des 9. Linienregiments wegen seiner entschieden demokratischen Gesinnung völlig aufgelöst und entwaffnet worden.
* Neapel, 14. April. Beim Abgang des Schiffes „Scamandre“ war hier das Gerücht verbreitet, daß Mieroslawski nach einem mörderischen Kampfe gezwungen worden sei, Catania wieder zu räumen.
Venedig, 9. April. General Pepe, der sein Hauptquartier wieder hierher verlegt hat, macht durch Tagesbefehl bekannt, daß Venedig sich auf die Devensive beschränken werde. Es heißt, die Regierung wolle mehrere tausend österreichisch gesinnte Personen von hier fortweisen. Ein sogenannter Sicherheitsausschuß gibt sich damit ab, diese Personen ausfindig zu machen. Die sardinische Flotte soll nun wirklich unser Gewässer verlassen. Die Lebensmittel fangen wieder an zu steigen und das Papiergeld ist selbst mit 30 Proc. Verlust gegen Silber nicht anzubringen.
Polen. Lemberg, 11. April. Unter diesem Datum enthält die „Lemberger Zeitung“ in ihrem amtlichen Theil folgenden mit mehrern heuchlerischen Phrasen durchspickten Banditen- und Standrechts-Artikel:
„Im Sinne herabgelangter h. Ministerial-Erlasse erging an die Vorstände der politischen Behörden in Betreff der Behandlung der Polnischen Emigranten und Fremden die nachstehende Weisung:
Das h. Ministerium des Innern hat mit dem Erlasse vom 5. d. M., Z. 2347, zu bedeuten befunden, daß es bei den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen durch die dringende Nothwendigkeit geboten sei, alle zur Ausweisung bestimmten Emigranten und Fremden, so weit die Belassung Einzelner im Lande nicht vom Landespräsidium ausdrücklich bewilliget oder in Aussicht gestellt worden ist, ohne Ausnahme aus dem Lande zu schaffen. Die Außerlandesschaffung derjenigen, welche vor dem 1. November 1848 nach Galizien gekommen sind, hat, wie es Euer Wohlgeboren aus den dießfälligen Weisungen bekannt ist, nach Umständen ‒ durch die Abtransportirung nach Amerika oder durch die Instradirung nach Frankreich oder England, oder durch die Auslieferung an die zuständigen Behörden zu geschehen.
Jene Emigranten und Fremde der ersten Art, welche mittellos sind, sollen es für eine Gnade (! ansehen, daß die Regierung die Sorge für ihre Ueberschiffung nach Amerika übernimmt und die Kosten dafür bestreitet. Die Regierung sorgt für ihre Unterbringung in Amerika nur aus Rücksicht auf ihre Bitte und nicht aus irgend einer Verpflichtung.
Die bemittelten Emigranten und Fremden sind auf eigene Kosten nach Frankreich zu instradiren. Die Emigranten dagegen, welche in eine der in meinem Erlasse vom 15. März d. J., Z. 2811, bezeichneten Kategorien gehören, nämlich:
a) jene, die in dem Verzeichnisse über die mit Zurücklassung ihrer Pässe von Lemberg oder vom Transporte Entwichenen vorkommen;
b) jene, welche Mitglieder der sogenannten Polnischen Centralisation sind;
c) jene, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen haben; ferner zu Folge h. Ministerial-Erlasses vom 4. d. M. Z. 2847 alle jene Individuen dieser Art, welche sich mittlerweile in was immer für einer Weise an irgend einer Ruhestörung betheiligen, oder zur dießfälligen Hülfeleistung bereit zeigen sollten und die Kriegsgesetze nicht eine andere Behandlung vorschreiben, sind unnachsichtlich auf dem kürzesten Wege an die zuständigen Behörden auszuliefern, nur bleibt die Verordnung aufrecht, daß die Verhandlungs-Akten bezüglich der Individuen ad b. bevor ihre Abschaffung eingeleitet wird, vorläufig dem Landespräsidium vorgelegt werden sollen.
Was insbesondere die in dem Präsidial-Erlasse vom 15. v. M., Zahl 2811 zu litt c. bezeichneten Fremden anbelangt, welche an der Ungarischen Insurrektion Theil genommen ‒ so sind zu Folge der herabgelangten hohen Ministerialweisungen vom 5. d. M. in diese Kategorie nicht nur
1) diejenigen Emigranten und Fremden, welche die Duldung, die ihnen bisher zu Theil wurde, und die humane (!) Behandlung (!!) in Folge der Lemberger Capitulation verkennend, in ihrer Böswilligkeit soweit gingen, daß sie mit den Waffen in der Hand zu Gunsten der rebellischen Magyaren gegen unsere Truppen kämpften, sondern
2) auch diejenigen einzurechnen, welche auf was immer für eine Art der Ungarischen Revolutionspartei Vorschub leisten, oder Einverständnisse mit den Rebellen unterhalten.
Auf Individuen, welche erst nach dem 1. November 1848 ins Land gekommen sind, solches seither nicht verlassen und sich bei der zuständigen Behörde nicht gemeldet haben, finden diese Bestimmungen keine Anwendung, sondern sie sind nach den bestehenden Vorschriften in ihre zuständige Heimath abzuschaffen.
Ich theile Euerer Wohlgeboren diese Bestimmungen im Nachhange zu meinen früheren Weisungen zur genauesten Nachachtung mit.
Französische Republik. 12 Paris, 23. April. Die Episode mit Fould und Goudchaux ist noch nicht zu Ende; der dramatische Theil folgt nach; Duell, Prozeß, oder etwas anderes der Art. Lustig ist es zu sehen, welches lustige Ende die Bourgeois-Partei nimmt. Fould und Goudchaux sind das Gespräch von ganz Paris geworden. Ein Duell zwischen Fould und Goudchaux! Nein, nein! das ist unmöglich!
Eine andere Bewandtniß hat es mit Ledru-Rollin und Delamarre. In derselben Sitzung von gestern nämlich hat Ledru-Rollin auf ganz kennbare Weise den Banquier denunzirt, der ihm ein Zwangsanlehn auf 20 der ersten Kapitalisten der Stadt vorgeschlagen hat. Dieser Banquier war kein anderer als Delamarre, Eigenthümer von der „Patrie.“ Es bildet diese Geschichte das Seitenstück zu Fould-Goudchaux. Einige Tage nach der Februar-Revolution kam Delamarre in aller Eile zum Minister Ledru-Rollin gelaufen, und sprach folgende Worte zu ihm: „Die Republik braucht Geld? Hier ist eine Liste der vornehmsten Kapitalisten von Paris, mit genauer Angabe ihres Vermögenszustandes. Lassen Sie sie hierher bescheiden, und nicht eher von dannen ziehen, bis sie für 50 Millionen unterzeichnet haben. Die Leute werden sich anfangs sträuben; aber sperren Sie jeden in ein besonderes Kabinet ein, und Ihr werdet sehn, in 24 Stunden sind die 50 Millionen ausgezahlt.“ Ledru-Rollin antwortete auf Delamarre's Vorschlag, indem er ihm die Thüre zeigte. Auch dieses kam gestern in der Kammer zur Sprache, und wird heute vom Journal Ledru-Rollins, der Révolution démocratique et sociale. mit allen Details wiedererzählt. Delamarre will sich schlagen mit Ledru-Rollin. Aber Delamarre ist kein Banquier von Geburt, wie Fould und Goudchaux. Delamarre ist ein Glücksritter. Leibgardist unter Louis XVIII. oder Carl X., hat er sich nachher den Börsenspekulationen hingegeben, und ein Vermögen von zehn Millionen erworben.
Wenn Leute, wie Delamarre und Fould, Leute aus „der Partei der Ordnung“ von Bankerotte und Zwangsanleihen sprechen, so ist damit die ganze Partei der Ordnung kompromittirt. Fould stand an der Spitze der Rue de Poitiers; er war einer derjenigen Kandidaten von Paris, welche sich schmeichelten, die meisten Stimmen erhalten zu haben. Alle diese Stimmen waren pratiques, gute Kunden, lauter Leute, die Disconto zahlen; und jetzt ist ihm nichts geblieben von allen diesen Kunden, als die Freundschaft des Prinzen-Präsidenten der Republik: wahrlich eine theure, kostbare Freundschaft, fast ebenso theuer als die der famosen Tänzerinnen, aber vielleicht lange nicht so amüsant.
Was nun die Rue de Poitiers anbetrifft, so wird sie jeden Tag unverschämter in ihrem Korruptionssystem. Man sieht offenbar, daß sie Leute an der Spitze hat, die mit den kaufmännischen Operationen vertraut sind. In der Wahlagitation spielt bekanntlich das Papier eine große Rolle: die Vertheilung der Bülletins, Programme ‒ Alles das macht eine Papier-Consumtion nothwendig, von der man sich schwerlich eine Vorstellung macht. Am Wahltage ist das Pflaster von Paris von Papier wörtlich überschwemmt, und jeder Vorübergehende wird mit Papier so zu sagen überladen. Will man nun wissen auf welchen Einfall die Rue de Poitiers gekommen ist, um sich das Monopol der Bülletins u. s. w. anzueignen? Sie will sich das Monopol des weißen, unbeschriebenen, das Monopol des Druckpapiers verschaffen; sie will alles Papier an sich kaufen, um der demokratischen Partei die Mittel der Verbreitung ihrer Bülletins, Schriften u. s. w. abzuschneiden. Der Einfall ist ungemein charakteristisch für diese Geldpartei. Die Caution der Journale bildet bereits ein Monopol für die Bourgeoisblätter; sie gibt dem Kapital allein das Recht, Journale zu gründen. Der Plan der Rue de Poitiers geht noch weiter. Er will dem Kapital allein das Recht zu drucken und zu schreiben verschaffen. Ja, wenn es eben so leicht wäre, die Papierfabrikation zu okkupiren, wie die Quecksilbergruben, wenn Hr. Rothschild das Druckpapier eben so sehr in die Höhe treiben könnte, wie die Staatspapiere, dann würde er sich wenigstens ein Verdienst um die Litteratur erwerben. Nur ein Spekulant konnte auf dieses Radikalmittel gegen die schlechte Litteratur verfallen. Und wirklich stehen an der Spitze der Rue de Poitiers lauter Namen, wie Delamarre, Hottinger, N. Duchatel, Delessert, Fould etc.: lauter feines Papier, das das gute französische Druckpapier beherrschen will.
Paris, 23. April Der Moniteur öffnet endlich den Mund über die Abfahrt des Pabstgeschwaders.
Laut einer telegraphischen Depesche des Präfekten der Rhonemündungen, verließ das Geschwader am 22. April Vormittags 10 Uhr den Hafen von Marseille.
‒ Der Moniteur widerlegt die Behauptung der Reform und des Peuple, nach welcher 280 Unteroffiziere während voriger Nacht in die Abbage geworfen worden seien.
‒ Kaum ist das Gesetz über die Druckfreiheit von Wahlschriften im Moniteur erschienen, ruft das Journal des Debats aus, so liest man auf allen Mauern von Paris folgendes Plakat:
Wahlprogramm der revolutionären Kommunisten.
„Wenn das Volk hungert, darf Niemand essen.“
(Blanqui vor dem Gericht in Bourges)
Im Angesichte des ganzen Landes stellen wir hiermit die Grundsätzeauf, welche die alte gesellschaftliche Ordnung regeneriren sollen, die eben zusammenstürzt. Unsere Lehre, welche alle Männer von ehrlichem Gemüth annehmen, ist keine neue, sie ist die wahreste, revolutionäre Tradition; zu allen Zeiten hatte sie die ausgezeichnetsten Männer zu ihren Aposteln. Diese Lehre bemächtigt sich mit jedem Tage mehr des menschlichen Geistes. Die Entdeckungen der Wissenschaft machen neue Entwickelungen derselben unerläßlich, deren Augenscheinlichkeit durch Argumente hervortritt, die eben jenen wissenschaftlichen Entdeckungen angemessen. Wir erkennen allen menschlichen Wesen ein Ur-Recht an, das selbst jeder Gesellschaft vorangeht: das Recht zu leben. Wir verstehen unter leben, die vollständige Entwickelung aller unserer Geistesanlagen und die gänzliche Befriedigung aller unserer Bedürfnisse.
Es ist die allgemeine Vereinigung aller Wesen, verbunden zum gemeinsamen Interesse, das allein das Criterium der Wahrheit unserer Grundsätze bildet. Alsdann kein Antagonismus, keine Tyranei, keine Bruderkriege mehr; unsere gesellschaftliche Ordnung heißt: Gemeinschaft (communauté). Wir erkennen den Grundsätzen des Communismus ein Recht über alle künstlerische und unterdrückerische Majoritäten an. Im Angesicht einer gesellschaftlichen Ordnung, die sich auflöst, muß eine starke Hand, ein überzeugungsvoller, entschlossener und fähiger Mann der Gesellschaft ihre wahre Bahn anweisen und die Staatsgewalt nicht früher niederlegen, als bis die absolute Gleichheit unter allen Menschen hergestellt ist. Wir halten uns bei keiner transitorischen Idee auf, zum Beispiel: Progressivsteuern u. s. w.
Was ist das in einer Welt, wo Alles Allen gehört? Wir wollen die Familie und das Eigenthum beibehalten, aber frei von allen Mißbräuchen und Vorurtheilen. Kommunisten! Wir müssen zusammenstehen. Vereinzeln wir unsere Stimmen nicht, damit unsere Kandidaten in der legislativen Assemblée unterstützen und für den Triumph der Grundsätze einer allgemeinen Gemeinschaft arbeiten können.
Paris, den 22. April 1849.
Der Ausschuß der revolutionären Kommunisten.
Rasetti, Präsident. Gohé, Vizepräsident. Turgard, Schriftführer.
Obiger Ausschuß der revolutionären Communisten schlägt seinen Anhängern folgende fünf Kandidaten für die Kammer vor:
1) Eugen Fombertaux, Redakteur der Commune sociale.
2) Page, Juwelen-, Gold- und Silberarbeiter.
3) Morel, Schuhmacher.
4) Chardon, Schriftsteller.
5) Gibot, Buchhändler.
‒ Der Constitutionnel speit ebenfalls Feuer und Flammen gegen obige kommunistische Wahl-Propaganda.
Der Wahlkampf verspricht mit jedem Tage heisser zu werden.
‒ Die Nationalversammlung soll heute 500,000 Frk. Choleragelder votiren, welche wahrscheinlich zu Wahlbestechungen statt Cholerabinden benutzt werden sollen.
‒ Unsere indische Colonie Pondichery die etwa 30,000 Wähler zählt, hat den reichen Rheder Lecourt von Nantes mit 13,000 von 20,000 Stimmenden zum Volksvertreter gewählt.
Lecourt wird morgen proklamirt werden.
‒ Esquiros, Ex-Redakteur des Juni-Journals L'Aeonsateur public, hat sich vor den Kriegsgerichten gestellt.
Sein Prozeß wird heute, Montag 23., Vormittags begonnen haben.
‒ Aus Bordeaux meldet man vom 21., daß das dortige demokratische Journal „Le Peuple souverain“ von der Staatsanwaltschaft dem sechsten Preßprozesse unterworfen wurde.
‒ Seit acht Tagen tragen sich mehrere Pariser Journale mit der Idee eines allgemeinen Congresses in Mailand (statt Verona), in welchem ein lombardisch venetianisches Königreich, mit dem Großherzog an der Spitze, verfaßt werden soll.
‒ Delamarre ließ an heutiger Börse eine lange Epistel zu seiner Rechtfertigung gegen Ledru-Rollin vertheilen.
‒ Im Conferenzsaale der Nationslversammlung trug man sich mit dem Gerüchte, daß eine Division der Alpenarmee abgezweigt und nach Piemont geschickt worden sei, um den übertriebenen Forderungen Schwarzenbergs entschieden entgegenzutreten.
‒ Am nächsten Sonnabend giebt es wieder viel Tumult in der Nationalversammlung. An diesem Tage kommt die Rechnungsablegung der provisorischen Regierung zur Sprache.
‒ Die Honetten wollen die Rothen wegen ihrer Geldzahlungen an den Club der Clubs angreifen und Ledru-Rollin stürzen. Auch soll der Jude Rothschild, dem Ledru Rollin 10 Millionen Fr. habe abfordern lassen wollen, bei dieser Parlamentskomödie eine Rolle spielen.
‒ Der Staatsrath hat seine Arbeiten begonnen. Eine seiner ersten Arbeiten soll die Begutachtung eines Begnadigungsgesuches der berühmten Giftmischerin Laffarge sein, die stark an der Schwindsucht leide.
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 23. April. Marrast, dessen Gattin noch an der Cholera darniederliegt, ist ziemlich wieder hergestellt und eröffnet um 12 1/2 Uhr die Sitzung.
An der Tagesordnung ist die zweite Deliberation über die Feststellung der Entschädigungssumme für unsere Pflanzer seit der Sclavenemancipation
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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