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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 282. Köln, 26. April 1849.

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gerkorps ebenfalls, mindestens zur Hälfte aus thätigen Demokraten zusammengesetzt ist, wird man es ganz in der Ordnung finden, daß Bonin sie möglichst zusammenschießen äßt, und daß es selbst wünschenswerth wäre, wenn sie ganz von der Erde vertilgt würden.

Ein anderer Beweis für den Verrath ist, daß in Hamburg noch immer ein dänisches Postamt besteht, daß mithin die Dänen mindestens eben so genau über die Stellung und Stärke unserer Truppen unterrichtet sind als unsere - wir wollen sagen die Reichsfeldherren, wenn nicht die Dänen oder vielmehr der "liebenswürdige" Dänenkönig über Berlin oder Potsdam-Sanssouci direkt von allem Nöthigen in Kenntniß gesetzt wird.

Eben so hat man der posener und rheinpreußische Landwehr den glorreichen Auftrag ertheilt, sich auf den Düppeler Schanzen zusammenschießen zu lassen.

Die Kreuzritterin wird wahrscheinlich, wenn sie die Nachricht empfangen sollte, daß letztere Truppen ganz verschwunden seien, nicht wie über den Verlust der Dänen bei Eckernförde in ein Jammergeheul ausbrechen, sondern jubeln, daß wieder einige Feinde des wurmstichigen Hohenzollern'schen Thrones von der Erde verschwunden sind.

München, 19. April.

Die Ernennung v. d. Pfordtens zum Minister des Aeußern ist erfolgt. Graf Bray wird, wie man hört, aus dem Staatsdienst sich völlig zurückziehen, nachdem er, von Natur ein schlichter Mann, die Kunst der Diplomatie nur durch Erziehung gelernt und seit er zum ersten Male Minister gewesen, Gunst und Ungunst des Hofes in reicher Abwechslung genossen hat. Mit v. d. Pfordten, der als sächsischer Minister sich als ein strenger Anhänger der particularistischen Politik erwiesen, wird wenigstens die Ungewißheit unserer Lage aufhören. Ich glaube, eine Kammerauflösung wird das Nächste sein, was geschehen wird, und kann mir nicht denken, daß v. d. Pfordten, ein Constitutioneller vom reinsten Wasser, das Portefeuille übernommen hätte, wenn er nicht dächte, die jetzige Kammer, mit der entschiedenen Majorität für Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse, repräsentirte nicht die wahre Volksmeinung, und eine Neuwahl würde dem Particularismus den Sieg verschaffen.

(Fr. O. P. A. Z.)
8 Wien, 20. April.

So eben, 12 Uhr Mittags, ist der englische Gesandte von hier abgereist. Die Ursache der Abreise konnte man nicht erfahren.

8 Wien, 21. April.

Einem Privatschreiben aus Temeswar vom 12. April zufolge, ziehen sich die Kolonnen der Magyaren, die gegen das Banat im Marsche waren, nach Hermannstadt zurück. Bem trifft in Hermannstadt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung. Der kommandirende General der russischen Truppen, Lüders, ist über Rimnik nach der Siebenbürger Gränze abgegangen.

In der Bacska und dem Czaikistenbataillon herrscht Perczel mit seinen fliegenden und siegreichen Kolonnen. Bei seiner kühnen Diversion nach Peterwardein, hat er die fast uneinnehmbare Festung mit Geld und Lebensmitteln versehen, und wenn er auch nicht die Besatzung verstärkt, so hat er doch ihre moralische Kraft gehoben. Perczel ist hier im Süden, was Görgey im Norden, der verschmitzteste, kühnste und klügste Guerillaführer, der in den neuesten Bürgerkriegen aufgetaucht ist. Als er am 29. März einen Theil der Peterwardeiner Besatzung zum Ausfalle gegen Kamenitz geschickt, und diesen Schritt mit circa 300 Todten und Verwundeten büßte, wendete er sich gegen St. Tomas. Er hatte nur 3 Bataillone Infanterie, eine Division Kavallerie, eine Kavalleriebatterie, 2 Haubitzen und 2 Sechspfünder; die Besatzung von St. Tomas hatte nur 6 kleine Geschütze, auch das Kommando Biga's fehlte. Die für unüberwindlich gehaltene Schanze fiel daher in seine Hände, gleich darauf fiel auch die Römerschanze. Damit war das Czaikistenbataillon preisgegeben, und heute kam uns die Nachricht zu, daß Perczel am Ostersamstage gegen 11 Uhr Vormittags auch Titel besetzt habe. Diese letzte Nachricht besonders verbreitete panischen Schrecken, weil er dadurch eine sehr günstige Position gewonnen, die in der kürzesten Zeit eine schwer einnehmbare Festung werden kann, und den Uebergang nach Syrmien sichert. Der Landsturm ist zwar aufgeboten, aber seine Vortheile sind blos sekundär im Gefolge einer regulären Truppe, ohne welche er nichts bedeutet. Hätten Biga in Karlowitz und Nugent in Kamenitz disponible militärische Kräfte, dann könnte ein etwaiger Uebergang in die Gränze mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Das ist aber nicht der Fall, denn vor Peterwardein stehen nicht über 6000 Mann. Die nächste Gränze ist schon entvölkert, und hat kaum Hände zum Feldbau. Auch offenbart sich schon überall Kampfesmüdigkeit und Sehnsucht nach dem Frieden. Daß Perczel den Plan führe, in die Gränze eine Diversion zu machen, erzählen die gefangenen Slaven, Gränzer, die von Kossuth entlassen, die wahrscheinliche Mission haben, für die Magyaren in der Gränze Sympathien zu wecken.

In Pesth ist die k. k. Armee durch die unvorbereitete eilige Abreise des Fürsten Windischgrätz bedeutend verstimmt, besonders da er nicht das geringste freundliche Abschiedswort an seine Krieger zurückließ. Ueberhaupt wissen diese Armeen gar nicht, wie sie daran sind, und was im Kriegsrathe beschlossen wird; wonach es auch der magyarischen Partei sehr schwer werden dürfte, etwas von den Kriegsplänen zu erfahren. Am 18. früh ist ein Truppenkorps von 10,000 Mann durch die Stadt über die beiden Brücken nach Ofen, und von da auf der nördlichen Straße weiter gezogen wahrscheinlich gegen Gran.

Der Figyelmezö widerspricht der Angabe, als ob Baron von Welden in Pesth angelangt wäre. Er ist in Gran bei dem dortigen Armeekorps geblieben, wird aber jeden Augenblick in Pesth erwartet.

Sämmtliche Minister sind seit Donnerstag den 19. April in Olmütz bei einer Konferenz bezüglich der Pacifikation Ungarns. Es dürfte etwas gewichtiges herauskommen, da das Ministerium noch nie so lange in Olmütz weilte.

* Frankfurt, 23. April.

National-Versammlung.

Simon eröffnet die Sitzung bald nach 9 Uhr.

Von den östreichischen Abgeordneten haben wiederum sieben ihr Mandat niedergelegt.

Vogt interpellirt:

"ob es wahr sei, daß das preußische Ministerium gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland Einsprache erhoben und protestirt habe?"

Eine Interpellation von L. und M. Simon lautet dahin:

"Auf wessen Befehl und zu welchem Zweck die im badischen Oberlande aufgestellten würtembergischen Truppen, deren Zurückziehung das Reichsministerium noch im März für unthunlich erklärte, zurückgezogen worden seien?"

Reichsministerpräsident v. Gagern: Das preußische Ministerium hat gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland keine Einsprache und keinen Protest erhoben; es ist vielmehr mit dem Reichsministerium darin einverstanden, daß der Krieg mit Energie fortgeführt werden müsse. Der vorrückenden Bewegung unserer Truppen steht also nichts im Wege (Beifall).

Reichskriegsminister v. Peucker: Das Reichsministerium hat die Zurückziehung der Truppen nicht angeordnet und auch keine amtliche Nachricht erhalten, daß sie erfolgt sei. Auf die Nachrichten der öffentlichen Blätter hin hat aber des Ministerium gestern sofort einen Offizier zur Gewinnung näherer Aufklärung abgesandt. (Beifall).

Ein dringender Antrag des Hrn. Gräveil will die Mitgliedschaft der östreichischen Abgeordneten in der Reichsversammlung für erloschen erklären und denjenigen Oestreichern, die als Zuhörer in der Paulskirche verbleiben, abgesonderte Ehrenplätze angewiesen sehen. (Pfui! Pfui! von der Linken.) Für die Dringlichkeit erhebt sich nur eine ironische Minderheit von der linken Seite des Hauses.

Man kommt zum Hauptgegenstand der heutigen Tagesordnung, zu dem Bericht des Dreiß[unleserliches Material]- oder Kaiser-Ausschusses, der in drei Theile zerfällt: 1. das Gutachten der Majorität - Berichterstatter Kierulf; 2. ein Minoritätsgutachten von L. Simon aus Trier; 3. ein dito von Fr. Raveanx aus Köln.

Detmold und Reichensperper haben noch ein Sondergutachten eingereicht.

Von schriftlichen Verbesserungsanträgen liegen sehr verschiedenartige vor: Von Gravell, von v. Ende, von Müller aus Würzburg, von v. Dieskau.

Der Müllersche Antrag verlangt Revision der Verfassung, nach Maßgabe der Regierungsbedenken etc, Vertagung der Reichsversammlung bis 14. Mai und Aehnliches!!

Schulz aus Darmstadt beantragt:

"daß die Regierungen, die ihre Beitrittserklärung nicht binnen einer bestimmten Frist abgeben, als auf die Regierung verzichtend betrachtet werden; ferner auf Niedersetzung einer Regentschaft aus fünf Mitgliedern des Hauses, falls der Erzherzog Reichsverweser seine Theilnahme an der entschiedenen Durchführung der Verfassung verweigern sollte, Aufnahme einer Anleihe für das Reich, Vereidung der Truppen und Bürgerwehren etc., allgemeine Amnestie, Rückberufung der Flüchtlinge und Verbannten"

Kierulf, Berichterstatter der Mehrheit: Einig sei der Ausschuß in dem zu erstrebenden Ziele, nämlich die Verfassung aufrecht zu halten. Die Meinungsverschiedenheit beruhe nur in der Wahl der Mittel. Die linke Hälfte des Ausschusses warnt uns vor einer Politik der Zögerung und drängt zu entschiedenen Maßregeln. Vor solchen Maßregeln und vor einer Berufung an das Volk, scheuen auch wir nicht zurück. Die definitive Entscheidung des Königs von Preußen sei noch nicht erfolgt. Daher konnten wir Ihnen zunächst nur solche Schritte anrathen, wodurch wir aus dieser Ungewißheit hinaus und in klare Verhältnisse kommen und dies ist der Inhalt der Vorschläge der Ausschußmehrheit.

Diese lauten folgendermaßen:

1. die Reichsversammlung erklärt, in Uebereinstimmung mit ihrer nach Berlin gesandten Deputation, daß die Annahme der durch die verfassunggebende Reichsversammlung dem König von Preußen übertragenen Würde des Reichsoberhaupts die Anerkennung, der Reichsverfassung voraussetze.

2. Die Reichsversammlung beschließt:

Die preußische Regierung, so wie die übrigen deutschen Regierungen, welche die Annahme der von der Reichsversammlung beschlossenen und verkündeten Verfassung noch nicht erklärt haben, sind aufzufordern, ihre Anerkennung derselben nunmehr auszusprechen,

und erklärt:

daß zugleich mit der Anerkennung der Reichsverfassung Seitens der preußischen Regierung die Uebertragung der Würde des Reichsoberhauptes an den König von Preußen in Wirksamkeit tritt.

3. Sie beschließt, die provisorische Centralgewalt aufzufordern, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für die Durchführung der Verfassung mitzuwirken.

4. Der erwählte Ausschuß bleibt bestehen, um je nach Lage der Dinge weitere Maßnahmen zu berathen und der Reichsversammlung vorzuschlagen.

Heckscher geht von der auch von der Deputation getheilten Ansicht aus, daß der König von Preußen die Oberhauptswürde abgelehnt habe. Dadurch sei aber die Erbkaiserwürde unmöglich geworden, denn man werde doch weder den Kaiser von Oestreich, noch den König von Bayern wählen wollen. Darum komme er auf seinen Vorschlag einer Collectiv-Regierung zurück. Die Furcht vor Oktroyirung sei kindisch. Man sagt, Preußen werde sich einem Direktorium nicht unterwerfen. Aber auf eine bloße Voraussetzung hin Verfassungsbestimmungen annehmen, welche Oestreich für immer ausschließen, ist höchst ungerecht. Man sagt Oestreich fügt sich nicht, Preußen fügt sich nicht; also müssen wir Oestreich hinauswerfen und Preußen an die Spitze stellen. Die Aufgabe der Nationalversammlung ist, eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen; an den preußischen Kammern ist's, Preußen zum Eintritt in einen freiheitlichen Bundesstaat zu zwingen. Der Redner widerlegt dann die Einwendung, daß ministerielle Verantwortlichkeit mit der Collectiv-Regierung unvereinbar sey. Die Hauptquelle der Zerrissenheit und des Meinungskampfes in Deutschland scheint ihm darin zu liegen, daß der Grundsatz der Souveränetät des Volkes verkehrt angewendet wurde. Dieses Prinzip sei anwendbar auf Einzelstaaten; aber für einen Bundesstaat könne eine Verfassung nur auf dem Wege der freiwilligen Unterwerfung oder des Vertrags geschaffen werden. Er empfiehlt seine Anträge als das Mittel, Oestreich zum Anschluß zu bewegen und die größeren Regierungen durch Betheiligung an der Cen algewalt zur Mitwirkung zu bestimmen. Er erklärt sich schließlich gegen die Anträge des Ausschusses, den er einen Zeitgewinnungsausschuß nennt.

Münch vertheidigt die Majoritätsanträge.

Schmidt aus Löwenberg ist nicht darüber in Zweifel, daß die Antwort des Königs von Preußen eine ablehnende war. Noch nirgends in der civilisirten Welt sei ein Fußtritt für eine Danksagung gehalten worden. Er macht der Minorität des Ausschusses den Vorwurf, daß sie, obwohl die Antwort als ablehnend erkennend, dennoch die Oberhauptsfrage nicht als eine neuerdings offene betrachtete und die Gelegenheit unbenützt ließ, das Volk vor unheilvollen Institutionen zu bewahren. Man sagt, man nehme das Erbkaiserthum für das allgemeine Wahlrecht inKauf. Er aber sage: Zehn Wahlrechte hätten keinen Werth mit dem Erbkaiserthum. Was seien bisher die papierenen Gesetze in den Händen der preußischen Erbmonarchie geworden? Dem preußischen Kaiserthum gegenüber werde man es höchstens bis zu dem Possenspiel des Berliner passiven Widerstandes bringen. Wenn nun die kaiserliche Gewalt ihre Heere gegen die Ungarn sende, werde dann die Minorität auch das Volk mit dem allgemeinen Wahlrecht trösten? Man spricht von den vielen Adressen zu Gunsten des Erbkaiserthums. Auch von der Reichsverweserschaft hegte man Anfangs große Erwartungen; allein nach einem Jahre schon ist die Enttäuschung erfolgt. Der Ertrinkende hängt sich an jeden Strohhalm; allein noch nie hat der Strohhalm vom Ertrinken gerettet. Geben Sie nicht Anlaß zu der Vermuthung, daß Sie das Volk in die Lage des Ertrinkenden bringen wollen, damit es nach Ihrem Strohhalm greifen müsse. Sie hoffen in Berlin durch neues Zureden und durch Palastrevolutionen zu Ihrem Ziele zu kommen - ein Beweis, daß die Zeit über Ihre Kaiseridee gerichtet hat. Soll etwa die Nation sich für den erblichen Kaiser erheben? Ich beantrage, die Oberhauptsfrage noch einmal zu berathen. Es ist möglich, daß auch das Direktorium an dem Absolutismus der Fürsten zerschellt Setzen Sie aber dann nicht Ihre Ehre darein, eigensinnig an einem Beschlusse festzuhalten, sondern darein, daß Sie eingestehen, Sie seien in Folge Ihrer Vergangenheit unfähig, etwas zu Stande zu bringen, und das Sie die Souveränetät, die Sie aus den Händen des Volks empfingen, in diese Hände zurücklegen. Ich kenne etwas Höheres als diese Versammlung und ihre Ehre; es ist die Freiheit und die Wohlfahrt unseres Volkes, und um diese zu erhalten, wäre es ein geringer Preis, wenn diese Versammlung ruhmlos auseinanderginge. (Beifall von der Linken.)

Welcker: Es scheint, wir stehen am Anfang des Endes; mit einer neuen Revolution werden wir bedroht. Aber die Männer der Paulskirche werden nicht zurücktreten, bis die Verfassung ins Leben getreten ist. Auch wir wünschen, die Verfassung mit den Fürsten freundschaftlich zu vereinbaren; aber wir wollen sie nicht von dem guten oder schlechten Rath der Rathgeber der Fürsten abhängig machen. Wir dürfen nicht wanken und weichen von dieser Stelle, so lange uns nicht Gewalt hinwegreißt; wir müssen hier bleiben, bis der ordentliche Reichstag da ist; wir dürfen kein Jota ändern, außer wenn uns die Thatsachen dazu zwingen. Die Verfassung ist nicht mit Verletzung der Fürsten zu Stande gekommen; denn ihre Bemerkungen sind vor der zweiten Lesung gehört worden. und daß sie nicht alle gehört werden konnten, das erklärt die preußische Regierung selbst als die Schuld der Regierungen, weil sie sich nicht einigten. Die Rathgeber, welche den Fürsten die Anerkennung der Verfassung widerrathen, wird das Urtheil der Geschichte treffen. Welche Macht hatten denn die Könige von Bayern und Würtemberg unter der Bundesverfassung? Sie wurden von Oestreich und Preußen im Schlepptau gezogen. Sie hatten nur die Macht, ihre Völker zu zertreten. Man wirft der Verfassung das Wahlgesetz vor. Allein das Wahlgesetz gehört nicht zur Verfassung; übrigens hat auch der König von Preußen in seiner oktroyirten Verfassung kein besseres gegeben. Ich fürchte diese Freiheiten nicht. Auch ist das Staatenhaus ein Gegengewicht. Das suspensive Veto endlich ist für den Bundesstaat weit zweckmäßiger als das absolute, und wenn einmal die Verfassung ins Leben getreten, wird kein Mensch mehr von dem absoluten Veto sprechen. Man sagt, wir hätten Oestreich ausgeschlossen. Oestreich hat uns ausgeschlossen. Von dem Augenblick an, wo Oestreich sich für eine Centralmonarchie entschied, konnte es nicht mehr mit uns gehen. Das östreichische Kabinet hat ausgesprochen, daß es unsere Versammlung lieber heute als morgen nach Hause schicken wolle, indem es sich gegen ein Volkshaus erklärte. Man will die alte Bundeswirthschaft wieder herstellen, aber auf noch schlimmerem Fuße. So lange Oestreich an der Spitze Deutschlands stand, wurde Deutschland immer kleiner und Oestreich immer größer. Das Anerbieten des Eintretens mit allen 38 Millionen Einwohnern Oestreichs ist das schmachvollste, das je gemacht wurde, die einzige Antwort war das preußische Erbkaiserthum. Oestreich würde seine Vorschläge nicht gemacht haben, wenn es nicht auf die Beistimmung einer Reihe von größern Staaten gerechnet hätte. Darum müssen wir unsere fertige Verfassung entrollen vor dem Volk als Fahne der deutschen Einheit. Wir stehen an der Schwelle des Kampfes der deutschen Volksfreiheit gegen fürstliche Souveränetät.

Die Vertagung wird auf morgen beantragt und die Sitzung um 1 1/2 Uhr geschlossen.

* Frankfurt, 23. April.

Der preußische und erbkaiserliche Vereinbarer, Hr. Camphausen, hat seine Entlassung als preußischer Bevollmächtigter eingereicht. Wenn es selbst diesem Manne, der doch voriges Jahr als preußischer Minister sein Möglichstes gethan, das Volk an die Contrerevolution verrathen zu helfen, mit der preußischen Wirthschaft zu arg wird, dann kann sich wohl Jeder denken, wie's mit den königl. preuß. Plänen und Intriguen stehenmag.

Stuttgart, 21. April, Abends.

Der Krieg zwischen der Krone und der Hofpartei einerseits und zwischen dem Ministerium, der Abgeordnetenkammer und dem Volke andererseits ist erklärt. Die Aufregung stieg hier und im ganzen Lande heute bis auf einen unglaublichen Grad, gegen welche der März des vorigen Jahres eine Kleinigkeit ist. Aus allen Gegenden des Landes sind zahlreiche Abgesandte hier, welche nur die Endentscheidung des Königs abwarten und der Volkspartei bewaffneten Zuzug in Massen für den Fall eines Kampfes anbieten. Nach langem Harren ist die Deputation der Kammer endlich heute Nachmittag um 4 Uhr vor den König gelassen worden, hat aber von demselben den Bescheid erhalten, daß der König bei seiner den Ministern gegebenen Erklärung verbleibe und daß er es der Kammer und dem Volk überlasse, sich auf den revolutionären Boden zu stellen. - Die Bürgerwehr machte diesen Abend gleichfalls eine Demonstration zu Gunsten der Reichsverfassung und des Ministeriums, indem sie trotz des schlechten Wetters und trotz des Widerspruchs ihres reactionären Oberkommandanten v. Alberti, der deßhalb zum Rücktritt veranlaßt wurde, parademäßig vor's Rathhaus zog und sich dort zu einer vorberathenen Erklärung folgenden Inhalts vereinigte: "Die Stuttgarter Bürgerwehr, in Erwägung ihres Berufes, zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung mitzuwirken, in fernerer Erwägung, daß die Reichsverfassung, welche sich das deutsche Volk durch seine freigewählten Vertreter gegeben, durch ihre Verkündigung Gesetzeskraft erlangt hat; erklärt, daß sie, so viel an ihr ist, entschlossen sei, der Reichsverfassung Gehorsam zu leisten und zu verschaffen." Diese Erklärung wurde durch ein permanent bleibendes Comite der Bürgerwehr dem König zugefertigt. Nachdem die Bürgerwehr der Reichsverfassung und dem Ministerium Römer wiederholte Hochs gebracht, rückten sie wieder ein. - Die zum König gesandte Deputation der Abgeordneten-Kammer berathet eben ihren Bericht, den sie morgen in einer, trotz des Sonntags abzuhaltenden außerordentlichen Sitzung erstatten wird. Gerüchte: der König schlief diese Nacht nicht hier, sondern auf dem Rosenstein, bewacht von Feldjägern und Artillerie; ein Regimen Oestreicher ist von Bregenz unterwegs hierher. Prinz Friedrich und der Kriegsminister sind in argem Conflict, da Ersterer ohn des Letztern Vorwissen ein Regiment Würtemberger aus Bode hierher berief. Der Minister kontremandirte und drohte dem Prinzen, ihn vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen.

(Fr. J)

Andrerseits berichtet ein anderes Frankfurter Blatt, daß der Schwabenkönig folgende Erklärung den ständischen Abgeordneten ertheilt habe:"er gebe ihnen sein Ehrenwort, daß er die deutsche Verfassung ganz so annehme, wie sie seiner Zeit im Reichsgesetzblatt werde verkündet werden. Was die Uebertragung der Kaiserwürde auf Se. Maj. den König von Preußen betreffe, so könne er darüber um so weniger eine bestimmte Erklärung abgeben, [unleserliches Material] der König von Preußen selbst sich über die Annahme dieser Würde noch nicht entscheidend ausgesprochen. So viel aber könne er versichern, daß wenn die übrigen deutschen Fürsten mit dieser Uebertragung einverstanden seien, er sich von der Anerkennung nicht ausschließen werde."

Stuttgart, 22. April.

Heute Morgens um 7 Uhr wurde eine Sitzung der Kammer der Abgeordneten eröffnet, die bis nach 12 Uhr währte. Abgeordneter Reyscher stellte folgenden Antrag:

1) da das königl. Dekret vom 19. d. und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen;

2) eine Kommission niederzusetzen, welche über die dringliche Lage des Vaterlandes und die zu ergreifenden Maßregeln morgen zu berichten hätte.

Der erste Punkt wurde ohne Widerspruch genehmigt.

Abg. Stockmaier stellte den Antrag:

Die Kammer möge ihre Ueberzeugung dahin aussprechen:

1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht;

2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel ob er dem Civil- oder Militärstand angehöre, zur Verfolgung und zum Schutz dieser Reichsverfassung eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist;

3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militär-Beamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.

Derselbe wurde mit 46 gegen 23 Stimmen angenommen.

Abg. Zwerger beantragte zusätzlich:

1) in einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammern der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr entgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerk unverbrüchlich festzuhalten;

2) in der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.

Derselbe wurde mit großer Majorität angenommen.

(Schw. M.)
* Stuttgart, 22. April.

In der Kammer der Abgeordneten, deren heutige Sitzung früh um 7 Uhr eröffnet wurde, verlas der Präsident die Antwort, die der König gestern Nachmittag der ständischen Deputation ertheilt hatte. Diese Antwort lautet:

"Meine Herren! Ich danke Ihnen, daß Sie Mir Gelegenheit geben, Mich in dieser Angelegenheit offen aussprechen zu können. Sie kennen Meine Freimüthigkeit und Offenheit, die Ich in Meinen Regierungshandlungen immer an den Tag gelegt habe, Ich werde es auch in diesem Falle thun. Ich muß Mich auf den Boden der Thatsachen stellen. Die Reichsversammlung hat eine Verfassung gefertigt, sie ist aber noch nicht vollendet. Dar König v. Preußen hat die deutsche Reichsverfassung noch nicht anerkannt; er hat die Kaiserkrone abgelehnt. Nach heute erhaltenen Nachrichten hat Camphausen mit Gagern über die Aenderungen der Verfassung unterhandelt; was soll Ich also schon jetzt anerkennen, was noch gar nicht existirt? Lassen Sie Mir Zeit. Ich versichere Sie, daß Ich die ganze Reichsverfassung mit Ausnahme der Oberhauptsfrage anerkenne. Dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht. Ich bin dieses Meinem Lande, Meiner Familie und Mir selbst schuldig. Würden aber alle Fürsten von Deutschland es thun, so würde auch ich dieses Opfer für Deutschland bringen, aber mit gebrochenem Herzen. Ich kann durch Ihre Erklärungen, durch Aufruhr im Lande dazu genöthigt werden. Wenn Sie Sich auf den Boden der Revolution stellen und Mich zwingen, Mein Wort zu geben, so ist es kein freies. Das erkennen Sie selbst an und können es auch nicht wollen; denn ein erzwungenes Wort wäre für Mich nicht bindend. Ich könnte es ja widerrufen, wenn Mein Wille wieder frei wäre. Die deutsche Verfassung werde Ich in Meinem Lande durchführen, wie Ich die Grundrechte zuerst

gerkorps ebenfalls, mindestens zur Hälfte aus thätigen Demokraten zusammengesetzt ist, wird man es ganz in der Ordnung finden, daß Bonin sie möglichst zusammenschießen äßt, und daß es selbst wünschenswerth wäre, wenn sie ganz von der Erde vertilgt würden.

Ein anderer Beweis für den Verrath ist, daß in Hamburg noch immer ein dänisches Postamt besteht, daß mithin die Dänen mindestens eben so genau über die Stellung und Stärke unserer Truppen unterrichtet sind als unsere ‒ wir wollen sagen die Reichsfeldherren, wenn nicht die Dänen oder vielmehr der „liebenswürdige“ Dänenkönig über Berlin oder Potsdam-Sanssouci direkt von allem Nöthigen in Kenntniß gesetzt wird.

Eben so hat man der posener und rheinpreußische Landwehr den glorreichen Auftrag ertheilt, sich auf den Düppeler Schanzen zusammenschießen zu lassen.

Die Kreuzritterin wird wahrscheinlich, wenn sie die Nachricht empfangen sollte, daß letztere Truppen ganz verschwunden seien, nicht wie über den Verlust der Dänen bei Eckernförde in ein Jammergeheul ausbrechen, sondern jubeln, daß wieder einige Feinde des wurmstichigen Hohenzollern'schen Thrones von der Erde verschwunden sind.

München, 19. April.

Die Ernennung v. d. Pfordtens zum Minister des Aeußern ist erfolgt. Graf Bray wird, wie man hört, aus dem Staatsdienst sich völlig zurückziehen, nachdem er, von Natur ein schlichter Mann, die Kunst der Diplomatie nur durch Erziehung gelernt und seit er zum ersten Male Minister gewesen, Gunst und Ungunst des Hofes in reicher Abwechslung genossen hat. Mit v. d. Pfordten, der als sächsischer Minister sich als ein strenger Anhänger der particularistischen Politik erwiesen, wird wenigstens die Ungewißheit unserer Lage aufhören. Ich glaube, eine Kammerauflösung wird das Nächste sein, was geschehen wird, und kann mir nicht denken, daß v. d. Pfordten, ein Constitutioneller vom reinsten Wasser, das Portefeuille übernommen hätte, wenn er nicht dächte, die jetzige Kammer, mit der entschiedenen Majorität für Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse, repräsentirte nicht die wahre Volksmeinung, und eine Neuwahl würde dem Particularismus den Sieg verschaffen.

(Fr. O. P. A. Z.)
8 Wien, 20. April.

So eben, 12 Uhr Mittags, ist der englische Gesandte von hier abgereist. Die Ursache der Abreise konnte man nicht erfahren.

8 Wien, 21. April.

Einem Privatschreiben aus Temeswar vom 12. April zufolge, ziehen sich die Kolonnen der Magyaren, die gegen das Banat im Marsche waren, nach Hermannstadt zurück. Bem trifft in Hermannstadt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung. Der kommandirende General der russischen Truppen, Lüders, ist über Rimnik nach der Siebenbürger Gränze abgegangen.

In der Bacska und dem Czaikistenbataillon herrscht Perczel mit seinen fliegenden und siegreichen Kolonnen. Bei seiner kühnen Diversion nach Peterwardein, hat er die fast uneinnehmbare Festung mit Geld und Lebensmitteln versehen, und wenn er auch nicht die Besatzung verstärkt, so hat er doch ihre moralische Kraft gehoben. Perczel ist hier im Süden, was Görgey im Norden, der verschmitzteste, kühnste und klügste Guerillaführer, der in den neuesten Bürgerkriegen aufgetaucht ist. Als er am 29. März einen Theil der Peterwardeiner Besatzung zum Ausfalle gegen Kamenitz geschickt, und diesen Schritt mit circa 300 Todten und Verwundeten büßte, wendete er sich gegen St. Tomas. Er hatte nur 3 Bataillone Infanterie, eine Division Kavallerie, eine Kavalleriebatterie, 2 Haubitzen und 2 Sechspfünder; die Besatzung von St. Tomas hatte nur 6 kleine Geschütze, auch das Kommando Biga's fehlte. Die für unüberwindlich gehaltene Schanze fiel daher in seine Hände, gleich darauf fiel auch die Römerschanze. Damit war das Czaikistenbataillon preisgegeben, und heute kam uns die Nachricht zu, daß Perczel am Ostersamstage gegen 11 Uhr Vormittags auch Titel besetzt habe. Diese letzte Nachricht besonders verbreitete panischen Schrecken, weil er dadurch eine sehr günstige Position gewonnen, die in der kürzesten Zeit eine schwer einnehmbare Festung werden kann, und den Uebergang nach Syrmien sichert. Der Landsturm ist zwar aufgeboten, aber seine Vortheile sind blos sekundär im Gefolge einer regulären Truppe, ohne welche er nichts bedeutet. Hätten Biga in Karlowitz und Nugent in Kamenitz disponible militärische Kräfte, dann könnte ein etwaiger Uebergang in die Gränze mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Das ist aber nicht der Fall, denn vor Peterwardein stehen nicht über 6000 Mann. Die nächste Gränze ist schon entvölkert, und hat kaum Hände zum Feldbau. Auch offenbart sich schon überall Kampfesmüdigkeit und Sehnsucht nach dem Frieden. Daß Perczel den Plan führe, in die Gränze eine Diversion zu machen, erzählen die gefangenen Slaven, Gränzer, die von Kossuth entlassen, die wahrscheinliche Mission haben, für die Magyaren in der Gränze Sympathien zu wecken.

In Pesth ist die k. k. Armee durch die unvorbereitete eilige Abreise des Fürsten Windischgrätz bedeutend verstimmt, besonders da er nicht das geringste freundliche Abschiedswort an seine Krieger zurückließ. Ueberhaupt wissen diese Armeen gar nicht, wie sie daran sind, und was im Kriegsrathe beschlossen wird; wonach es auch der magyarischen Partei sehr schwer werden dürfte, etwas von den Kriegsplänen zu erfahren. Am 18. früh ist ein Truppenkorps von 10,000 Mann durch die Stadt über die beiden Brücken nach Ofen, und von da auf der nördlichen Straße weiter gezogen wahrscheinlich gegen Gran.

Der Figyelmezö widerspricht der Angabe, als ob Baron von Welden in Pesth angelangt wäre. Er ist in Gran bei dem dortigen Armeekorps geblieben, wird aber jeden Augenblick in Pesth erwartet.

Sämmtliche Minister sind seit Donnerstag den 19. April in Olmütz bei einer Konferenz bezüglich der Pacifikation Ungarns. Es dürfte etwas gewichtiges herauskommen, da das Ministerium noch nie so lange in Olmütz weilte.

* Frankfurt, 23. April.

National-Versammlung.

Simon eröffnet die Sitzung bald nach 9 Uhr.

Von den östreichischen Abgeordneten haben wiederum sieben ihr Mandat niedergelegt.

Vogt interpellirt:

„ob es wahr sei, daß das preußische Ministerium gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland Einsprache erhoben und protestirt habe?“

Eine Interpellation von L. und M. Simon lautet dahin:

„Auf wessen Befehl und zu welchem Zweck die im badischen Oberlande aufgestellten würtembergischen Truppen, deren Zurückziehung das Reichsministerium noch im März für unthunlich erklärte, zurückgezogen worden seien?“

Reichsministerpräsident v. Gagern: Das preußische Ministerium hat gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland keine Einsprache und keinen Protest erhoben; es ist vielmehr mit dem Reichsministerium darin einverstanden, daß der Krieg mit Energie fortgeführt werden müsse. Der vorrückenden Bewegung unserer Truppen steht also nichts im Wege (Beifall).

Reichskriegsminister v. Peucker: Das Reichsministerium hat die Zurückziehung der Truppen nicht angeordnet und auch keine amtliche Nachricht erhalten, daß sie erfolgt sei. Auf die Nachrichten der öffentlichen Blätter hin hat aber des Ministerium gestern sofort einen Offizier zur Gewinnung näherer Aufklärung abgesandt. (Beifall).

Ein dringender Antrag des Hrn. Gräveil will die Mitgliedschaft der östreichischen Abgeordneten in der Reichsversammlung für erloschen erklären und denjenigen Oestreichern, die als Zuhörer in der Paulskirche verbleiben, abgesonderte Ehrenplätze angewiesen sehen. (Pfui! Pfui! von der Linken.) Für die Dringlichkeit erhebt sich nur eine ironische Minderheit von der linken Seite des Hauses.

Man kommt zum Hauptgegenstand der heutigen Tagesordnung, zu dem Bericht des Dreiß[unleserliches Material]- oder Kaiser-Ausschusses, der in drei Theile zerfällt: 1. das Gutachten der Majorität ‒ Berichterstatter Kierulf; 2. ein Minoritätsgutachten von L. Simon aus Trier; 3. ein dito von Fr. Raveanx aus Köln.

Detmold und Reichensperper haben noch ein Sondergutachten eingereicht.

Von schriftlichen Verbesserungsanträgen liegen sehr verschiedenartige vor: Von Gravell, von v. Ende, von Müller aus Würzburg, von v. Dieskau.

Der Müllersche Antrag verlangt Revision der Verfassung, nach Maßgabe der Regierungsbedenken etc, Vertagung der Reichsversammlung bis 14. Mai und Aehnliches!!

Schulz aus Darmstadt beantragt:

„daß die Regierungen, die ihre Beitrittserklärung nicht binnen einer bestimmten Frist abgeben, als auf die Regierung verzichtend betrachtet werden; ferner auf Niedersetzung einer Regentschaft aus fünf Mitgliedern des Hauses, falls der Erzherzog Reichsverweser seine Theilnahme an der entschiedenen Durchführung der Verfassung verweigern sollte, Aufnahme einer Anleihe für das Reich, Vereidung der Truppen und Bürgerwehren etc., allgemeine Amnestie, Rückberufung der Flüchtlinge und Verbannten“

Kierulf, Berichterstatter der Mehrheit: Einig sei der Ausschuß in dem zu erstrebenden Ziele, nämlich die Verfassung aufrecht zu halten. Die Meinungsverschiedenheit beruhe nur in der Wahl der Mittel. Die linke Hälfte des Ausschusses warnt uns vor einer Politik der Zögerung und drängt zu entschiedenen Maßregeln. Vor solchen Maßregeln und vor einer Berufung an das Volk, scheuen auch wir nicht zurück. Die definitive Entscheidung des Königs von Preußen sei noch nicht erfolgt. Daher konnten wir Ihnen zunächst nur solche Schritte anrathen, wodurch wir aus dieser Ungewißheit hinaus und in klare Verhältnisse kommen und dies ist der Inhalt der Vorschläge der Ausschußmehrheit.

Diese lauten folgendermaßen:

1. die Reichsversammlung erklärt, in Uebereinstimmung mit ihrer nach Berlin gesandten Deputation, daß die Annahme der durch die verfassunggebende Reichsversammlung dem König von Preußen übertragenen Würde des Reichsoberhaupts die Anerkennung, der Reichsverfassung voraussetze.

2. Die Reichsversammlung beschließt:

Die preußische Regierung, so wie die übrigen deutschen Regierungen, welche die Annahme der von der Reichsversammlung beschlossenen und verkündeten Verfassung noch nicht erklärt haben, sind aufzufordern, ihre Anerkennung derselben nunmehr auszusprechen,

und erklärt:

daß zugleich mit der Anerkennung der Reichsverfassung Seitens der preußischen Regierung die Uebertragung der Würde des Reichsoberhauptes an den König von Preußen in Wirksamkeit tritt.

3. Sie beschließt, die provisorische Centralgewalt aufzufordern, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für die Durchführung der Verfassung mitzuwirken.

4. Der erwählte Ausschuß bleibt bestehen, um je nach Lage der Dinge weitere Maßnahmen zu berathen und der Reichsversammlung vorzuschlagen.

Heckscher geht von der auch von der Deputation getheilten Ansicht aus, daß der König von Preußen die Oberhauptswürde abgelehnt habe. Dadurch sei aber die Erbkaiserwürde unmöglich geworden, denn man werde doch weder den Kaiser von Oestreich, noch den König von Bayern wählen wollen. Darum komme er auf seinen Vorschlag einer Collectiv-Regierung zurück. Die Furcht vor Oktroyirung sei kindisch. Man sagt, Preußen werde sich einem Direktorium nicht unterwerfen. Aber auf eine bloße Voraussetzung hin Verfassungsbestimmungen annehmen, welche Oestreich für immer ausschließen, ist höchst ungerecht. Man sagt Oestreich fügt sich nicht, Preußen fügt sich nicht; also müssen wir Oestreich hinauswerfen und Preußen an die Spitze stellen. Die Aufgabe der Nationalversammlung ist, eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen; an den preußischen Kammern ist's, Preußen zum Eintritt in einen freiheitlichen Bundesstaat zu zwingen. Der Redner widerlegt dann die Einwendung, daß ministerielle Verantwortlichkeit mit der Collectiv-Regierung unvereinbar sey. Die Hauptquelle der Zerrissenheit und des Meinungskampfes in Deutschland scheint ihm darin zu liegen, daß der Grundsatz der Souveränetät des Volkes verkehrt angewendet wurde. Dieses Prinzip sei anwendbar auf Einzelstaaten; aber für einen Bundesstaat könne eine Verfassung nur auf dem Wege der freiwilligen Unterwerfung oder des Vertrags geschaffen werden. Er empfiehlt seine Anträge als das Mittel, Oestreich zum Anschluß zu bewegen und die größeren Regierungen durch Betheiligung an der Cen algewalt zur Mitwirkung zu bestimmen. Er erklärt sich schließlich gegen die Anträge des Ausschusses, den er einen Zeitgewinnungsausschuß nennt.

Münch vertheidigt die Majoritätsanträge.

Schmidt aus Löwenberg ist nicht darüber in Zweifel, daß die Antwort des Königs von Preußen eine ablehnende war. Noch nirgends in der civilisirten Welt sei ein Fußtritt für eine Danksagung gehalten worden. Er macht der Minorität des Ausschusses den Vorwurf, daß sie, obwohl die Antwort als ablehnend erkennend, dennoch die Oberhauptsfrage nicht als eine neuerdings offene betrachtete und die Gelegenheit unbenützt ließ, das Volk vor unheilvollen Institutionen zu bewahren. Man sagt, man nehme das Erbkaiserthum für das allgemeine Wahlrecht inKauf. Er aber sage: Zehn Wahlrechte hätten keinen Werth mit dem Erbkaiserthum. Was seien bisher die papierenen Gesetze in den Händen der preußischen Erbmonarchie geworden? Dem preußischen Kaiserthum gegenüber werde man es höchstens bis zu dem Possenspiel des Berliner passiven Widerstandes bringen. Wenn nun die kaiserliche Gewalt ihre Heere gegen die Ungarn sende, werde dann die Minorität auch das Volk mit dem allgemeinen Wahlrecht trösten? Man spricht von den vielen Adressen zu Gunsten des Erbkaiserthums. Auch von der Reichsverweserschaft hegte man Anfangs große Erwartungen; allein nach einem Jahre schon ist die Enttäuschung erfolgt. Der Ertrinkende hängt sich an jeden Strohhalm; allein noch nie hat der Strohhalm vom Ertrinken gerettet. Geben Sie nicht Anlaß zu der Vermuthung, daß Sie das Volk in die Lage des Ertrinkenden bringen wollen, damit es nach Ihrem Strohhalm greifen müsse. Sie hoffen in Berlin durch neues Zureden und durch Palastrevolutionen zu Ihrem Ziele zu kommen ‒ ein Beweis, daß die Zeit über Ihre Kaiseridee gerichtet hat. Soll etwa die Nation sich für den erblichen Kaiser erheben? Ich beantrage, die Oberhauptsfrage noch einmal zu berathen. Es ist möglich, daß auch das Direktorium an dem Absolutismus der Fürsten zerschellt Setzen Sie aber dann nicht Ihre Ehre darein, eigensinnig an einem Beschlusse festzuhalten, sondern darein, daß Sie eingestehen, Sie seien in Folge Ihrer Vergangenheit unfähig, etwas zu Stande zu bringen, und das Sie die Souveränetät, die Sie aus den Händen des Volks empfingen, in diese Hände zurücklegen. Ich kenne etwas Höheres als diese Versammlung und ihre Ehre; es ist die Freiheit und die Wohlfahrt unseres Volkes, und um diese zu erhalten, wäre es ein geringer Preis, wenn diese Versammlung ruhmlos auseinanderginge. (Beifall von der Linken.)

Welcker: Es scheint, wir stehen am Anfang des Endes; mit einer neuen Revolution werden wir bedroht. Aber die Männer der Paulskirche werden nicht zurücktreten, bis die Verfassung ins Leben getreten ist. Auch wir wünschen, die Verfassung mit den Fürsten freundschaftlich zu vereinbaren; aber wir wollen sie nicht von dem guten oder schlechten Rath der Rathgeber der Fürsten abhängig machen. Wir dürfen nicht wanken und weichen von dieser Stelle, so lange uns nicht Gewalt hinwegreißt; wir müssen hier bleiben, bis der ordentliche Reichstag da ist; wir dürfen kein Jota ändern, außer wenn uns die Thatsachen dazu zwingen. Die Verfassung ist nicht mit Verletzung der Fürsten zu Stande gekommen; denn ihre Bemerkungen sind vor der zweiten Lesung gehört worden. und daß sie nicht alle gehört werden konnten, das erklärt die preußische Regierung selbst als die Schuld der Regierungen, weil sie sich nicht einigten. Die Rathgeber, welche den Fürsten die Anerkennung der Verfassung widerrathen, wird das Urtheil der Geschichte treffen. Welche Macht hatten denn die Könige von Bayern und Würtemberg unter der Bundesverfassung? Sie wurden von Oestreich und Preußen im Schlepptau gezogen. Sie hatten nur die Macht, ihre Völker zu zertreten. Man wirft der Verfassung das Wahlgesetz vor. Allein das Wahlgesetz gehört nicht zur Verfassung; übrigens hat auch der König von Preußen in seiner oktroyirten Verfassung kein besseres gegeben. Ich fürchte diese Freiheiten nicht. Auch ist das Staatenhaus ein Gegengewicht. Das suspensive Veto endlich ist für den Bundesstaat weit zweckmäßiger als das absolute, und wenn einmal die Verfassung ins Leben getreten, wird kein Mensch mehr von dem absoluten Veto sprechen. Man sagt, wir hätten Oestreich ausgeschlossen. Oestreich hat uns ausgeschlossen. Von dem Augenblick an, wo Oestreich sich für eine Centralmonarchie entschied, konnte es nicht mehr mit uns gehen. Das östreichische Kabinet hat ausgesprochen, daß es unsere Versammlung lieber heute als morgen nach Hause schicken wolle, indem es sich gegen ein Volkshaus erklärte. Man will die alte Bundeswirthschaft wieder herstellen, aber auf noch schlimmerem Fuße. So lange Oestreich an der Spitze Deutschlands stand, wurde Deutschland immer kleiner und Oestreich immer größer. Das Anerbieten des Eintretens mit allen 38 Millionen Einwohnern Oestreichs ist das schmachvollste, das je gemacht wurde, die einzige Antwort war das preußische Erbkaiserthum. Oestreich würde seine Vorschläge nicht gemacht haben, wenn es nicht auf die Beistimmung einer Reihe von größern Staaten gerechnet hätte. Darum müssen wir unsere fertige Verfassung entrollen vor dem Volk als Fahne der deutschen Einheit. Wir stehen an der Schwelle des Kampfes der deutschen Volksfreiheit gegen fürstliche Souveränetät.

Die Vertagung wird auf morgen beantragt und die Sitzung um 1 1/2 Uhr geschlossen.

* Frankfurt, 23. April.

Der preußische und erbkaiserliche Vereinbarer, Hr. Camphausen, hat seine Entlassung als preußischer Bevollmächtigter eingereicht. Wenn es selbst diesem Manne, der doch voriges Jahr als preußischer Minister sein Möglichstes gethan, das Volk an die Contrerevolution verrathen zu helfen, mit der preußischen Wirthschaft zu arg wird, dann kann sich wohl Jeder denken, wie's mit den königl. preuß. Plänen und Intriguen stehenmag.

Stuttgart, 21. April, Abends.

Der Krieg zwischen der Krone und der Hofpartei einerseits und zwischen dem Ministerium, der Abgeordnetenkammer und dem Volke andererseits ist erklärt. Die Aufregung stieg hier und im ganzen Lande heute bis auf einen unglaublichen Grad, gegen welche der März des vorigen Jahres eine Kleinigkeit ist. Aus allen Gegenden des Landes sind zahlreiche Abgesandte hier, welche nur die Endentscheidung des Königs abwarten und der Volkspartei bewaffneten Zuzug in Massen für den Fall eines Kampfes anbieten. Nach langem Harren ist die Deputation der Kammer endlich heute Nachmittag um 4 Uhr vor den König gelassen worden, hat aber von demselben den Bescheid erhalten, daß der König bei seiner den Ministern gegebenen Erklärung verbleibe und daß er es der Kammer und dem Volk überlasse, sich auf den revolutionären Boden zu stellen. ‒ Die Bürgerwehr machte diesen Abend gleichfalls eine Demonstration zu Gunsten der Reichsverfassung und des Ministeriums, indem sie trotz des schlechten Wetters und trotz des Widerspruchs ihres reactionären Oberkommandanten v. Alberti, der deßhalb zum Rücktritt veranlaßt wurde, parademäßig vor's Rathhaus zog und sich dort zu einer vorberathenen Erklärung folgenden Inhalts vereinigte: „Die Stuttgarter Bürgerwehr, in Erwägung ihres Berufes, zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung mitzuwirken, in fernerer Erwägung, daß die Reichsverfassung, welche sich das deutsche Volk durch seine freigewählten Vertreter gegeben, durch ihre Verkündigung Gesetzeskraft erlangt hat; erklärt, daß sie, so viel an ihr ist, entschlossen sei, der Reichsverfassung Gehorsam zu leisten und zu verschaffen.“ Diese Erklärung wurde durch ein permanent bleibendes Comite der Bürgerwehr dem König zugefertigt. Nachdem die Bürgerwehr der Reichsverfassung und dem Ministerium Römer wiederholte Hochs gebracht, rückten sie wieder ein. ‒ Die zum König gesandte Deputation der Abgeordneten-Kammer berathet eben ihren Bericht, den sie morgen in einer, trotz des Sonntags abzuhaltenden außerordentlichen Sitzung erstatten wird. Gerüchte: der König schlief diese Nacht nicht hier, sondern auf dem Rosenstein, bewacht von Feldjägern und Artillerie; ein Regimen Oestreicher ist von Bregenz unterwegs hierher. Prinz Friedrich und der Kriegsminister sind in argem Conflict, da Ersterer ohn des Letztern Vorwissen ein Regiment Würtemberger aus Bode hierher berief. Der Minister kontremandirte und drohte dem Prinzen, ihn vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen.

(Fr. J)

Andrerseits berichtet ein anderes Frankfurter Blatt, daß der Schwabenkönig folgende Erklärung den ständischen Abgeordneten ertheilt habe:„er gebe ihnen sein Ehrenwort, daß er die deutsche Verfassung ganz so annehme, wie sie seiner Zeit im Reichsgesetzblatt werde verkündet werden. Was die Uebertragung der Kaiserwürde auf Se. Maj. den König von Preußen betreffe, so könne er darüber um so weniger eine bestimmte Erklärung abgeben, [unleserliches Material] der König von Preußen selbst sich über die Annahme dieser Würde noch nicht entscheidend ausgesprochen. So viel aber könne er versichern, daß wenn die übrigen deutschen Fürsten mit dieser Uebertragung einverstanden seien, er sich von der Anerkennung nicht ausschließen werde.“

Stuttgart, 22. April.

Heute Morgens um 7 Uhr wurde eine Sitzung der Kammer der Abgeordneten eröffnet, die bis nach 12 Uhr währte. Abgeordneter Reyscher stellte folgenden Antrag:

1) da das königl. Dekret vom 19. d. und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen;

2) eine Kommission niederzusetzen, welche über die dringliche Lage des Vaterlandes und die zu ergreifenden Maßregeln morgen zu berichten hätte.

Der erste Punkt wurde ohne Widerspruch genehmigt.

Abg. Stockmaier stellte den Antrag:

Die Kammer möge ihre Ueberzeugung dahin aussprechen:

1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht;

2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel ob er dem Civil- oder Militärstand angehöre, zur Verfolgung und zum Schutz dieser Reichsverfassung eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist;

3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militär-Beamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.

Derselbe wurde mit 46 gegen 23 Stimmen angenommen.

Abg. Zwerger beantragte zusätzlich:

1) in einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammern der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr entgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerk unverbrüchlich festzuhalten;

2) in der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.

Derselbe wurde mit großer Majorität angenommen.

(Schw. M.)
* Stuttgart, 22. April.

In der Kammer der Abgeordneten, deren heutige Sitzung früh um 7 Uhr eröffnet wurde, verlas der Präsident die Antwort, die der König gestern Nachmittag der ständischen Deputation ertheilt hatte. Diese Antwort lautet:

„Meine Herren! Ich danke Ihnen, daß Sie Mir Gelegenheit geben, Mich in dieser Angelegenheit offen aussprechen zu können. Sie kennen Meine Freimüthigkeit und Offenheit, die Ich in Meinen Regierungshandlungen immer an den Tag gelegt habe, Ich werde es auch in diesem Falle thun. Ich muß Mich auf den Boden der Thatsachen stellen. Die Reichsversammlung hat eine Verfassung gefertigt, sie ist aber noch nicht vollendet. Dar König v. Preußen hat die deutsche Reichsverfassung noch nicht anerkannt; er hat die Kaiserkrone abgelehnt. Nach heute erhaltenen Nachrichten hat Camphausen mit Gagern über die Aenderungen der Verfassung unterhandelt; was soll Ich also schon jetzt anerkennen, was noch gar nicht existirt? Lassen Sie Mir Zeit. Ich versichere Sie, daß Ich die ganze Reichsverfassung mit Ausnahme der Oberhauptsfrage anerkenne. Dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht. Ich bin dieses Meinem Lande, Meiner Familie und Mir selbst schuldig. Würden aber alle Fürsten von Deutschland es thun, so würde auch ich dieses Opfer für Deutschland bringen, aber mit gebrochenem Herzen. Ich kann durch Ihre Erklärungen, durch Aufruhr im Lande dazu genöthigt werden. Wenn Sie Sich auf den Boden der Revolution stellen und Mich zwingen, Mein Wort zu geben, so ist es kein freies. Das erkennen Sie selbst an und können es auch nicht wollen; denn ein erzwungenes Wort wäre für Mich nicht bindend. Ich könnte es ja widerrufen, wenn Mein Wille wieder frei wäre. Die deutsche Verfassung werde Ich in Meinem Lande durchführen, wie Ich die Grundrechte zuerst

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          <p><pb facs="#f0003" n="1591"/>
gerkorps ebenfalls, mindestens <hi rendition="#g">zur Hälfte aus thätigen Demokraten</hi> zusammengesetzt ist, wird man es ganz in der Ordnung finden, daß Bonin sie möglichst zusammenschießen äßt, und daß es selbst wünschenswerth wäre, wenn sie ganz von der Erde vertilgt würden.</p>
          <p>Ein anderer Beweis für den Verrath ist, daß in <hi rendition="#g">Hamburg noch immer ein dänisches Postamt besteht,</hi> daß mithin die Dänen mindestens eben so genau über die Stellung und Stärke unserer Truppen unterrichtet sind als unsere &#x2012; wir wollen sagen die Reichsfeldherren, wenn nicht die Dänen oder vielmehr der &#x201E;liebenswürdige&#x201C; Dänenkönig über Berlin oder Potsdam-Sanssouci direkt von allem Nöthigen in Kenntniß gesetzt wird.</p>
          <p>Eben so hat man der posener und rheinpreußische Landwehr den glorreichen Auftrag ertheilt, sich auf den Düppeler Schanzen zusammenschießen zu lassen.</p>
          <p>Die Kreuzritterin wird wahrscheinlich, wenn sie die Nachricht empfangen sollte, daß letztere Truppen ganz verschwunden seien, nicht wie über den Verlust der Dänen bei Eckernförde in ein Jammergeheul ausbrechen, sondern jubeln, daß wieder einige Feinde des wurmstichigen Hohenzollern'schen Thrones von der Erde verschwunden sind.</p>
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          <head>München, 19. April.</head>
          <p>Die Ernennung v. d. Pfordtens zum Minister des Aeußern ist erfolgt. Graf Bray wird, wie man hört, aus dem Staatsdienst sich völlig zurückziehen, nachdem er, von Natur ein schlichter Mann, die Kunst der Diplomatie nur durch Erziehung gelernt und seit er zum ersten Male Minister gewesen, Gunst und Ungunst des Hofes in reicher Abwechslung genossen hat. Mit v. d. Pfordten, der als sächsischer Minister sich als ein strenger Anhänger der particularistischen Politik erwiesen, wird wenigstens die Ungewißheit unserer Lage aufhören. Ich glaube, eine Kammerauflösung wird das Nächste sein, was geschehen wird, und kann mir nicht denken, daß v. d. Pfordten, ein Constitutioneller vom reinsten Wasser, das Portefeuille übernommen hätte, wenn er nicht dächte, die jetzige Kammer, mit der entschiedenen Majorität für Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse, repräsentirte nicht die wahre Volksmeinung, und eine Neuwahl würde dem Particularismus den Sieg verschaffen.</p>
          <bibl>(Fr. O. P. A. Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>8</author></bibl> Wien, 20. April.</head>
          <p>So eben, 12 Uhr Mittags, ist der englische Gesandte von hier abgereist. Die Ursache der Abreise konnte man nicht erfahren.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar282_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>8</author></bibl> Wien, 21. April.</head>
          <p>Einem Privatschreiben aus Temeswar vom 12. April zufolge, ziehen sich die Kolonnen der Magyaren, die gegen das Banat im Marsche waren, nach Hermannstadt zurück. Bem trifft in Hermannstadt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung. Der kommandirende General der russischen Truppen, Lüders, ist über Rimnik nach der Siebenbürger Gränze abgegangen.</p>
          <p>In der Bacska und dem Czaikistenbataillon herrscht Perczel mit seinen fliegenden und siegreichen Kolonnen. Bei seiner kühnen Diversion nach Peterwardein, hat er die fast uneinnehmbare Festung mit Geld und Lebensmitteln versehen, und wenn er auch nicht die Besatzung verstärkt, so hat er doch ihre moralische Kraft gehoben. Perczel ist hier im Süden, was Görgey im Norden, der verschmitzteste, kühnste und klügste Guerillaführer, der in den neuesten Bürgerkriegen aufgetaucht ist. Als er am 29. März einen Theil der Peterwardeiner Besatzung zum Ausfalle gegen Kamenitz geschickt, und diesen Schritt mit circa 300 Todten und Verwundeten büßte, wendete er sich gegen St. Tomas. Er hatte nur 3 Bataillone Infanterie, eine Division Kavallerie, eine Kavalleriebatterie, 2 Haubitzen und 2 Sechspfünder; die Besatzung von St. Tomas hatte nur 6 kleine Geschütze, auch das Kommando Biga's fehlte. Die für unüberwindlich gehaltene Schanze fiel daher in seine Hände, gleich darauf fiel auch die Römerschanze. Damit war das Czaikistenbataillon preisgegeben, und heute kam uns die Nachricht zu, daß Perczel am Ostersamstage gegen 11 Uhr Vormittags auch Titel besetzt habe. Diese letzte Nachricht besonders verbreitete panischen Schrecken, weil er dadurch eine sehr günstige Position gewonnen, die in der kürzesten Zeit eine schwer einnehmbare Festung werden kann, und den Uebergang nach Syrmien sichert. Der Landsturm ist zwar aufgeboten, aber seine Vortheile sind blos sekundär im Gefolge einer regulären Truppe, ohne welche er nichts bedeutet. Hätten Biga in Karlowitz und Nugent in Kamenitz disponible militärische Kräfte, dann könnte ein etwaiger Uebergang in die Gränze mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Das ist aber nicht der Fall, denn vor Peterwardein stehen nicht über 6000 Mann. Die nächste Gränze ist schon entvölkert, und hat kaum Hände zum Feldbau. Auch offenbart sich schon überall Kampfesmüdigkeit und Sehnsucht nach dem Frieden. Daß Perczel den Plan führe, in die Gränze eine Diversion zu machen, erzählen die gefangenen Slaven, Gränzer, die von Kossuth entlassen, die wahrscheinliche Mission haben, für die Magyaren in der Gränze Sympathien zu wecken.</p>
          <p>In Pesth ist die k. k. Armee durch die unvorbereitete eilige Abreise des Fürsten Windischgrätz bedeutend verstimmt, besonders da er nicht das geringste freundliche Abschiedswort an seine Krieger zurückließ. Ueberhaupt wissen diese Armeen gar nicht, wie sie daran sind, und was im Kriegsrathe beschlossen wird; wonach es auch der magyarischen Partei sehr schwer werden dürfte, etwas von den Kriegsplänen zu erfahren. Am 18. früh ist ein Truppenkorps von 10,000 Mann durch die Stadt über die beiden Brücken nach Ofen, und von da auf der nördlichen Straße weiter gezogen wahrscheinlich gegen Gran.</p>
          <p>Der Figyelmezö widerspricht der Angabe, als ob Baron von Welden in Pesth angelangt wäre. Er ist in Gran bei dem dortigen Armeekorps geblieben, wird aber jeden Augenblick in Pesth erwartet.</p>
          <p>Sämmtliche Minister sind seit Donnerstag den 19. April in Olmütz bei einer Konferenz bezüglich der Pacifikation Ungarns. Es dürfte etwas gewichtiges herauskommen, da das Ministerium noch nie so lange in Olmütz weilte.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 23. April.</head>
          <p>National-Versammlung.</p>
          <p>Simon eröffnet die Sitzung bald nach 9 Uhr.</p>
          <p>Von den östreichischen Abgeordneten haben wiederum <hi rendition="#g">sieben</hi> ihr Mandat niedergelegt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> interpellirt:</p>
          <p>&#x201E;ob es wahr sei, daß das preußische Ministerium gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland Einsprache erhoben und protestirt habe?&#x201C;</p>
          <p>Eine Interpellation von L. und M. <hi rendition="#g">Simon</hi> lautet dahin:</p>
          <p>&#x201E;Auf wessen Befehl und zu welchem Zweck die im badischen Oberlande aufgestellten würtembergischen Truppen, deren Zurückziehung das Reichsministerium noch im März für unthunlich erklärte, zurückgezogen worden seien?&#x201C;</p>
          <p>Reichsministerpräsident v. <hi rendition="#g">Gagern:</hi> Das preußische Ministerium hat gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland keine Einsprache und keinen Protest erhoben; es ist vielmehr mit dem Reichsministerium darin einverstanden, daß der Krieg mit Energie fortgeführt werden müsse. Der vorrückenden Bewegung unserer Truppen steht also nichts im Wege (Beifall).</p>
          <p>Reichskriegsminister v. <hi rendition="#g">Peucker:</hi> Das Reichsministerium hat die Zurückziehung der Truppen nicht angeordnet und auch keine amtliche Nachricht erhalten, daß sie erfolgt sei. Auf die Nachrichten der öffentlichen Blätter hin hat aber des Ministerium gestern sofort einen Offizier zur Gewinnung näherer Aufklärung abgesandt. (Beifall).</p>
          <p>Ein dringender Antrag des Hrn. <hi rendition="#g">Gräveil</hi> will die Mitgliedschaft der östreichischen Abgeordneten in der Reichsversammlung für erloschen erklären und denjenigen Oestreichern, die als Zuhörer in der Paulskirche verbleiben, abgesonderte Ehrenplätze angewiesen sehen. (Pfui! Pfui! von der Linken.) Für die Dringlichkeit erhebt sich nur eine ironische Minderheit von der linken Seite des Hauses.</p>
          <p>Man kommt zum Hauptgegenstand der heutigen Tagesordnung, zu dem Bericht des Dreiß<gap reason="illegible"/>- oder Kaiser-Ausschusses, der in drei Theile zerfällt: 1. das Gutachten der Majorität &#x2012; Berichterstatter Kierulf; 2. ein Minoritätsgutachten von L. Simon aus Trier; 3. ein dito von Fr. Raveanx aus Köln.</p>
          <p><hi rendition="#g">Detmold</hi> und <hi rendition="#g">Reichensperper</hi> haben noch ein Sondergutachten eingereicht.</p>
          <p>Von schriftlichen Verbesserungsanträgen liegen sehr verschiedenartige vor: Von Gravell, von v. Ende, von Müller aus Würzburg, von v. Dieskau.</p>
          <p>Der Müllersche Antrag verlangt Revision der Verfassung, nach Maßgabe der Regierungsbedenken etc, Vertagung der Reichsversammlung bis 14. Mai und Aehnliches!!</p>
          <p><hi rendition="#g">Schulz</hi> aus Darmstadt beantragt:</p>
          <p>&#x201E;daß die Regierungen, die ihre Beitrittserklärung nicht binnen einer bestimmten Frist abgeben, als auf die Regierung verzichtend betrachtet werden; ferner auf Niedersetzung einer Regentschaft aus fünf Mitgliedern des Hauses, falls der Erzherzog Reichsverweser seine Theilnahme an der entschiedenen Durchführung der Verfassung verweigern sollte, Aufnahme einer Anleihe für das Reich, Vereidung der Truppen und Bürgerwehren etc., allgemeine Amnestie, Rückberufung der Flüchtlinge und Verbannten&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Kierulf,</hi> Berichterstatter der Mehrheit: Einig sei der Ausschuß in dem zu erstrebenden Ziele, nämlich die Verfassung aufrecht zu halten. Die Meinungsverschiedenheit beruhe nur in der Wahl der Mittel. Die linke Hälfte des Ausschusses warnt uns vor einer Politik der Zögerung und drängt zu entschiedenen Maßregeln. Vor solchen Maßregeln und vor einer Berufung an das Volk, scheuen auch wir nicht zurück. Die definitive Entscheidung des Königs von Preußen sei noch nicht erfolgt. Daher konnten wir Ihnen zunächst nur solche Schritte anrathen, wodurch wir aus dieser Ungewißheit hinaus und in klare Verhältnisse kommen und dies ist der Inhalt der Vorschläge der Ausschußmehrheit.</p>
          <p>Diese lauten folgendermaßen:</p>
          <p>1. die Reichsversammlung erklärt, in Uebereinstimmung mit ihrer nach Berlin gesandten Deputation, daß die Annahme der durch die verfassunggebende Reichsversammlung dem König von Preußen übertragenen Würde des Reichsoberhaupts die Anerkennung, der Reichsverfassung voraussetze.</p>
          <p>2. Die Reichsversammlung beschließt:</p>
          <p>Die preußische Regierung, so wie die übrigen deutschen Regierungen, welche die Annahme der von der Reichsversammlung beschlossenen und verkündeten Verfassung noch nicht erklärt haben, sind aufzufordern, ihre Anerkennung derselben nunmehr auszusprechen,</p>
          <p>und erklärt:</p>
          <p>daß zugleich mit der Anerkennung der Reichsverfassung Seitens der preußischen Regierung die Uebertragung der Würde des Reichsoberhauptes an den König von Preußen in Wirksamkeit tritt.</p>
          <p>3. Sie beschließt, die provisorische Centralgewalt aufzufordern, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für die Durchführung der Verfassung mitzuwirken.</p>
          <p>4. Der erwählte Ausschuß bleibt bestehen, um je nach Lage der Dinge weitere Maßnahmen zu berathen und der Reichsversammlung vorzuschlagen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Heckscher</hi> geht von der auch von der Deputation getheilten Ansicht aus, daß der König von Preußen die Oberhauptswürde abgelehnt habe. Dadurch sei aber die Erbkaiserwürde unmöglich geworden, denn man werde doch weder den Kaiser von Oestreich, noch den König von Bayern wählen wollen. Darum komme er auf seinen Vorschlag einer Collectiv-Regierung zurück. Die Furcht vor Oktroyirung sei kindisch. Man sagt, Preußen werde sich einem Direktorium nicht unterwerfen. Aber auf eine bloße Voraussetzung hin Verfassungsbestimmungen annehmen, welche Oestreich für immer ausschließen, ist höchst ungerecht. Man sagt Oestreich fügt sich nicht, Preußen fügt sich nicht; also müssen wir Oestreich hinauswerfen und Preußen an die Spitze stellen. Die Aufgabe der Nationalversammlung ist, eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen; an den preußischen Kammern ist's, Preußen zum Eintritt in einen freiheitlichen Bundesstaat zu zwingen. Der Redner widerlegt dann die Einwendung, daß ministerielle Verantwortlichkeit mit der Collectiv-Regierung unvereinbar sey. Die Hauptquelle der Zerrissenheit und des Meinungskampfes in Deutschland scheint ihm darin zu liegen, daß der Grundsatz der Souveränetät des Volkes verkehrt angewendet wurde. Dieses Prinzip sei anwendbar auf Einzelstaaten; aber für einen Bundesstaat könne eine Verfassung nur auf dem Wege der freiwilligen Unterwerfung oder des Vertrags geschaffen werden. Er empfiehlt seine Anträge als das Mittel, Oestreich zum Anschluß zu bewegen und die größeren Regierungen durch Betheiligung an der Cen algewalt zur Mitwirkung zu bestimmen. Er erklärt sich schließlich gegen die Anträge des Ausschusses, den er einen Zeitgewinnungsausschuß nennt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Münch</hi> vertheidigt die Majoritätsanträge.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmidt</hi> aus Löwenberg ist nicht darüber in Zweifel, daß die Antwort des Königs von Preußen eine ablehnende war. Noch nirgends in der civilisirten Welt sei ein Fußtritt für eine Danksagung gehalten worden. Er macht der Minorität des Ausschusses den Vorwurf, daß sie, obwohl die Antwort als ablehnend erkennend, dennoch die Oberhauptsfrage nicht als eine neuerdings offene betrachtete und die Gelegenheit unbenützt ließ, das Volk vor unheilvollen Institutionen zu bewahren. Man sagt, man nehme das Erbkaiserthum für das allgemeine Wahlrecht inKauf. Er aber sage: Zehn Wahlrechte hätten keinen Werth mit dem Erbkaiserthum. Was seien bisher die papierenen Gesetze in den Händen der preußischen Erbmonarchie geworden? Dem preußischen Kaiserthum gegenüber werde man es höchstens bis zu dem Possenspiel des Berliner passiven Widerstandes bringen. Wenn nun die kaiserliche Gewalt ihre Heere gegen die Ungarn sende, werde dann die Minorität auch das Volk mit dem allgemeinen Wahlrecht trösten? Man spricht von den vielen Adressen zu Gunsten des Erbkaiserthums. Auch von der Reichsverweserschaft hegte man Anfangs große Erwartungen; allein nach einem Jahre schon ist die Enttäuschung erfolgt. Der Ertrinkende hängt sich an jeden Strohhalm; allein noch nie hat der Strohhalm vom Ertrinken gerettet. Geben Sie nicht Anlaß zu der Vermuthung, daß Sie das Volk in die Lage des Ertrinkenden bringen wollen, damit es nach Ihrem Strohhalm greifen müsse. Sie hoffen in Berlin durch neues Zureden und durch Palastrevolutionen zu Ihrem Ziele zu kommen &#x2012; ein Beweis, daß die Zeit über Ihre Kaiseridee gerichtet hat. Soll etwa die Nation sich für den erblichen Kaiser erheben? Ich beantrage, die Oberhauptsfrage noch einmal zu berathen. Es ist möglich, daß auch das Direktorium an dem Absolutismus der Fürsten zerschellt Setzen Sie aber dann nicht Ihre Ehre darein, eigensinnig an einem Beschlusse festzuhalten, sondern darein, daß Sie eingestehen, Sie seien in Folge Ihrer Vergangenheit unfähig, etwas zu Stande zu bringen, und das Sie die Souveränetät, die Sie aus den Händen des Volks empfingen, in diese Hände zurücklegen. Ich kenne etwas Höheres als diese Versammlung und ihre Ehre; es ist die Freiheit und die Wohlfahrt unseres Volkes, und um diese zu erhalten, wäre es ein geringer Preis, wenn diese Versammlung ruhmlos auseinanderginge. (Beifall von der Linken.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Welcker:</hi> Es scheint, wir stehen am Anfang des Endes; mit einer neuen Revolution werden wir bedroht. Aber die Männer der Paulskirche werden nicht zurücktreten, bis die Verfassung ins Leben getreten ist. Auch wir wünschen, die Verfassung mit den Fürsten freundschaftlich zu vereinbaren; aber wir wollen sie nicht von dem guten oder schlechten Rath der Rathgeber der Fürsten abhängig machen. Wir dürfen nicht wanken und weichen von dieser Stelle, so lange uns nicht Gewalt hinwegreißt; wir müssen hier bleiben, bis der ordentliche Reichstag da ist; wir dürfen kein Jota ändern, außer wenn uns die Thatsachen dazu zwingen. Die Verfassung ist nicht mit Verletzung der Fürsten zu Stande gekommen; denn ihre Bemerkungen sind vor der zweiten Lesung gehört worden. und daß sie nicht alle gehört werden konnten, das erklärt die preußische Regierung selbst als die Schuld der Regierungen, weil sie sich nicht einigten. Die Rathgeber, welche den Fürsten die Anerkennung der Verfassung widerrathen, wird das Urtheil der Geschichte treffen. Welche Macht hatten denn die Könige von Bayern und Würtemberg unter der Bundesverfassung? Sie wurden von Oestreich und Preußen im Schlepptau gezogen. Sie hatten nur die Macht, ihre Völker zu zertreten. Man wirft der Verfassung das Wahlgesetz vor. Allein das Wahlgesetz gehört nicht zur Verfassung; übrigens hat auch der König von Preußen in seiner oktroyirten Verfassung kein besseres gegeben. Ich fürchte diese Freiheiten nicht. Auch ist das Staatenhaus ein Gegengewicht. Das suspensive Veto endlich ist für den Bundesstaat weit zweckmäßiger als das absolute, und wenn einmal die Verfassung ins Leben getreten, wird kein Mensch mehr von dem absoluten Veto sprechen. Man sagt, wir hätten Oestreich ausgeschlossen. Oestreich hat uns ausgeschlossen. Von dem Augenblick an, wo Oestreich sich für eine Centralmonarchie entschied, konnte es nicht mehr mit uns gehen. Das östreichische Kabinet hat ausgesprochen, daß es unsere Versammlung lieber heute als morgen nach Hause schicken wolle, indem es sich gegen ein Volkshaus erklärte. Man will die alte Bundeswirthschaft wieder herstellen, aber auf noch schlimmerem Fuße. So lange Oestreich an der Spitze Deutschlands stand, wurde Deutschland immer kleiner und Oestreich immer größer. Das Anerbieten des Eintretens mit allen 38 Millionen Einwohnern Oestreichs ist das schmachvollste, das je gemacht wurde, die einzige Antwort war das preußische Erbkaiserthum. Oestreich würde seine Vorschläge nicht gemacht haben, wenn es nicht auf die Beistimmung einer Reihe von größern Staaten gerechnet hätte. Darum müssen wir unsere fertige Verfassung entrollen vor dem Volk als Fahne der deutschen Einheit. Wir stehen an der Schwelle des Kampfes der deutschen Volksfreiheit gegen fürstliche Souveränetät.</p>
          <p>Die Vertagung wird auf morgen beantragt und die Sitzung um 1 1/2 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar282_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 23. April.</head>
          <p>Der preußische und erbkaiserliche Vereinbarer, Hr. Camphausen, hat seine Entlassung als preußischer Bevollmächtigter eingereicht. Wenn es selbst diesem Manne, der doch voriges Jahr als preußischer Minister sein Möglichstes gethan, das Volk an die Contrerevolution verrathen zu helfen, mit der preußischen Wirthschaft zu arg wird, dann kann sich wohl Jeder denken, wie's mit den königl. preuß. Plänen und Intriguen stehenmag.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar282_017" type="jArticle">
          <head>Stuttgart, 21. April, Abends.</head>
          <p>Der Krieg zwischen der Krone und der Hofpartei einerseits und zwischen dem Ministerium, der Abgeordnetenkammer und dem Volke andererseits ist erklärt. Die Aufregung stieg hier und im ganzen Lande heute bis auf einen unglaublichen Grad, gegen welche der März des vorigen Jahres eine Kleinigkeit ist. Aus allen Gegenden des Landes sind zahlreiche Abgesandte hier, welche nur die Endentscheidung des Königs abwarten und der Volkspartei bewaffneten Zuzug in Massen für den Fall eines Kampfes anbieten. Nach langem Harren ist die Deputation der Kammer endlich heute Nachmittag um 4 Uhr vor den König gelassen worden, hat aber von demselben den Bescheid erhalten, daß der König bei seiner den Ministern gegebenen Erklärung verbleibe und daß er es der Kammer und dem Volk überlasse, sich auf den revolutionären Boden zu stellen. &#x2012; Die Bürgerwehr machte diesen Abend gleichfalls eine Demonstration zu Gunsten der Reichsverfassung und des Ministeriums, indem sie trotz des schlechten Wetters und trotz des Widerspruchs ihres reactionären Oberkommandanten v. Alberti, der deßhalb zum Rücktritt veranlaßt wurde, parademäßig vor's Rathhaus zog und sich dort zu einer vorberathenen Erklärung folgenden Inhalts vereinigte: &#x201E;Die Stuttgarter Bürgerwehr, in Erwägung ihres Berufes, zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung mitzuwirken, in fernerer Erwägung, daß die Reichsverfassung, welche sich das deutsche Volk durch seine freigewählten Vertreter gegeben, durch ihre Verkündigung Gesetzeskraft erlangt hat; erklärt, daß sie, so viel an ihr ist, entschlossen sei, der Reichsverfassung Gehorsam zu leisten und zu verschaffen.&#x201C; Diese Erklärung wurde durch ein permanent bleibendes Comite der Bürgerwehr dem König zugefertigt. Nachdem die Bürgerwehr der Reichsverfassung und dem Ministerium Römer wiederholte Hochs gebracht, rückten sie wieder ein. &#x2012; Die zum König gesandte Deputation der Abgeordneten-Kammer berathet eben ihren Bericht, den sie morgen in einer, trotz des Sonntags abzuhaltenden außerordentlichen Sitzung erstatten wird. Gerüchte: der König schlief diese Nacht nicht hier, sondern auf dem Rosenstein, bewacht von Feldjägern und Artillerie; ein Regimen Oestreicher ist von Bregenz unterwegs hierher. Prinz Friedrich und der Kriegsminister sind in argem Conflict, da Ersterer ohn des Letztern Vorwissen ein Regiment Würtemberger aus Bode hierher berief. Der Minister kontremandirte und drohte dem Prinzen, ihn vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen.</p>
          <bibl>(Fr. J)</bibl>
          <p>Andrerseits berichtet ein anderes Frankfurter Blatt, daß der Schwabenkönig folgende Erklärung den ständischen Abgeordneten ertheilt habe:&#x201E;er gebe ihnen sein Ehrenwort, daß er die deutsche Verfassung ganz so annehme, wie sie seiner Zeit im Reichsgesetzblatt werde verkündet werden. Was die Uebertragung der Kaiserwürde auf Se. Maj. den König von Preußen betreffe, so könne er darüber um so weniger eine bestimmte Erklärung abgeben, <gap reason="illegible"/> der König von Preußen selbst sich über die Annahme dieser Würde noch nicht entscheidend ausgesprochen. So viel aber könne er versichern, daß wenn die übrigen deutschen Fürsten mit dieser Uebertragung einverstanden seien, er sich von der Anerkennung nicht ausschließen werde.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar282_018" type="jArticle">
          <head>Stuttgart, 22. April.</head>
          <p>Heute Morgens um 7 Uhr wurde eine Sitzung der Kammer der Abgeordneten eröffnet, die bis nach 12 Uhr währte. Abgeordneter Reyscher stellte folgenden Antrag:</p>
          <p>1) da das königl. Dekret vom 19. d. und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen;</p>
          <p>2) eine Kommission niederzusetzen, welche über die dringliche Lage des Vaterlandes und die zu ergreifenden Maßregeln morgen zu berichten hätte.</p>
          <p>Der erste Punkt wurde ohne Widerspruch genehmigt.</p>
          <p>Abg. Stockmaier stellte den Antrag:</p>
          <p>Die Kammer möge ihre Ueberzeugung dahin aussprechen:</p>
          <p>1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht;</p>
          <p>2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel ob er dem Civil- oder Militärstand angehöre, zur Verfolgung und zum Schutz dieser Reichsverfassung eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist;</p>
          <p>3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militär-Beamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden.</p>
          <p>Derselbe wurde mit 46 gegen 23 Stimmen angenommen.</p>
          <p>Abg. Zwerger beantragte zusätzlich:</p>
          <p>1) in einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammern der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr entgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerk unverbrüchlich festzuhalten;</p>
          <p>2) in der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen.</p>
          <p>Derselbe wurde mit großer Majorität angenommen.</p>
          <bibl>(Schw. M.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar282_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Stuttgart, 22. April.</head>
          <p>In der Kammer der Abgeordneten, deren heutige Sitzung früh um 7 Uhr eröffnet wurde, verlas der Präsident die Antwort, die der König gestern Nachmittag der ständischen Deputation ertheilt hatte. Diese Antwort lautet:</p>
          <p>&#x201E;Meine Herren! Ich danke Ihnen, daß Sie Mir Gelegenheit geben, Mich in dieser Angelegenheit offen aussprechen zu können. Sie kennen Meine Freimüthigkeit und Offenheit, die Ich in Meinen Regierungshandlungen immer an den Tag gelegt habe, Ich werde es auch in diesem Falle thun. Ich muß Mich auf den Boden der Thatsachen stellen. Die Reichsversammlung hat eine Verfassung gefertigt, sie ist aber noch nicht vollendet. Dar König v. Preußen hat die deutsche Reichsverfassung noch nicht anerkannt; er hat die Kaiserkrone abgelehnt. Nach heute erhaltenen Nachrichten hat Camphausen mit Gagern über die Aenderungen der Verfassung unterhandelt; was soll Ich also schon jetzt anerkennen, was noch gar nicht existirt? Lassen Sie Mir Zeit. Ich versichere Sie, daß Ich die ganze Reichsverfassung mit Ausnahme der Oberhauptsfrage anerkenne. Dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht. Ich bin dieses Meinem Lande, Meiner Familie und Mir selbst schuldig. Würden aber alle Fürsten von Deutschland es thun, so würde auch ich dieses Opfer für Deutschland bringen, aber mit gebrochenem Herzen. Ich kann durch Ihre Erklärungen, durch Aufruhr im Lande dazu genöthigt werden. Wenn Sie Sich auf den Boden der Revolution stellen und Mich zwingen, Mein Wort zu geben, so ist es kein freies. Das erkennen Sie selbst an und können es auch nicht wollen; denn ein erzwungenes Wort wäre für Mich nicht bindend. Ich könnte es ja widerrufen, wenn Mein Wille wieder frei wäre. Die deutsche Verfassung werde Ich in Meinem Lande durchführen, wie Ich die Grundrechte zuerst
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1591/0003] gerkorps ebenfalls, mindestens zur Hälfte aus thätigen Demokraten zusammengesetzt ist, wird man es ganz in der Ordnung finden, daß Bonin sie möglichst zusammenschießen äßt, und daß es selbst wünschenswerth wäre, wenn sie ganz von der Erde vertilgt würden. Ein anderer Beweis für den Verrath ist, daß in Hamburg noch immer ein dänisches Postamt besteht, daß mithin die Dänen mindestens eben so genau über die Stellung und Stärke unserer Truppen unterrichtet sind als unsere ‒ wir wollen sagen die Reichsfeldherren, wenn nicht die Dänen oder vielmehr der „liebenswürdige“ Dänenkönig über Berlin oder Potsdam-Sanssouci direkt von allem Nöthigen in Kenntniß gesetzt wird. Eben so hat man der posener und rheinpreußische Landwehr den glorreichen Auftrag ertheilt, sich auf den Düppeler Schanzen zusammenschießen zu lassen. Die Kreuzritterin wird wahrscheinlich, wenn sie die Nachricht empfangen sollte, daß letztere Truppen ganz verschwunden seien, nicht wie über den Verlust der Dänen bei Eckernförde in ein Jammergeheul ausbrechen, sondern jubeln, daß wieder einige Feinde des wurmstichigen Hohenzollern'schen Thrones von der Erde verschwunden sind. München, 19. April. Die Ernennung v. d. Pfordtens zum Minister des Aeußern ist erfolgt. Graf Bray wird, wie man hört, aus dem Staatsdienst sich völlig zurückziehen, nachdem er, von Natur ein schlichter Mann, die Kunst der Diplomatie nur durch Erziehung gelernt und seit er zum ersten Male Minister gewesen, Gunst und Ungunst des Hofes in reicher Abwechslung genossen hat. Mit v. d. Pfordten, der als sächsischer Minister sich als ein strenger Anhänger der particularistischen Politik erwiesen, wird wenigstens die Ungewißheit unserer Lage aufhören. Ich glaube, eine Kammerauflösung wird das Nächste sein, was geschehen wird, und kann mir nicht denken, daß v. d. Pfordten, ein Constitutioneller vom reinsten Wasser, das Portefeuille übernommen hätte, wenn er nicht dächte, die jetzige Kammer, mit der entschiedenen Majorität für Anerkennung der Frankfurter Beschlüsse, repräsentirte nicht die wahre Volksmeinung, und eine Neuwahl würde dem Particularismus den Sieg verschaffen. (Fr. O. P. A. Z.) 8 Wien, 20. April. So eben, 12 Uhr Mittags, ist der englische Gesandte von hier abgereist. Die Ursache der Abreise konnte man nicht erfahren. 8 Wien, 21. April. Einem Privatschreiben aus Temeswar vom 12. April zufolge, ziehen sich die Kolonnen der Magyaren, die gegen das Banat im Marsche waren, nach Hermannstadt zurück. Bem trifft in Hermannstadt alle Vorkehrungen zur Vertheidigung. Der kommandirende General der russischen Truppen, Lüders, ist über Rimnik nach der Siebenbürger Gränze abgegangen. In der Bacska und dem Czaikistenbataillon herrscht Perczel mit seinen fliegenden und siegreichen Kolonnen. Bei seiner kühnen Diversion nach Peterwardein, hat er die fast uneinnehmbare Festung mit Geld und Lebensmitteln versehen, und wenn er auch nicht die Besatzung verstärkt, so hat er doch ihre moralische Kraft gehoben. Perczel ist hier im Süden, was Görgey im Norden, der verschmitzteste, kühnste und klügste Guerillaführer, der in den neuesten Bürgerkriegen aufgetaucht ist. Als er am 29. März einen Theil der Peterwardeiner Besatzung zum Ausfalle gegen Kamenitz geschickt, und diesen Schritt mit circa 300 Todten und Verwundeten büßte, wendete er sich gegen St. Tomas. Er hatte nur 3 Bataillone Infanterie, eine Division Kavallerie, eine Kavalleriebatterie, 2 Haubitzen und 2 Sechspfünder; die Besatzung von St. Tomas hatte nur 6 kleine Geschütze, auch das Kommando Biga's fehlte. Die für unüberwindlich gehaltene Schanze fiel daher in seine Hände, gleich darauf fiel auch die Römerschanze. Damit war das Czaikistenbataillon preisgegeben, und heute kam uns die Nachricht zu, daß Perczel am Ostersamstage gegen 11 Uhr Vormittags auch Titel besetzt habe. Diese letzte Nachricht besonders verbreitete panischen Schrecken, weil er dadurch eine sehr günstige Position gewonnen, die in der kürzesten Zeit eine schwer einnehmbare Festung werden kann, und den Uebergang nach Syrmien sichert. Der Landsturm ist zwar aufgeboten, aber seine Vortheile sind blos sekundär im Gefolge einer regulären Truppe, ohne welche er nichts bedeutet. Hätten Biga in Karlowitz und Nugent in Kamenitz disponible militärische Kräfte, dann könnte ein etwaiger Uebergang in die Gränze mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Das ist aber nicht der Fall, denn vor Peterwardein stehen nicht über 6000 Mann. Die nächste Gränze ist schon entvölkert, und hat kaum Hände zum Feldbau. Auch offenbart sich schon überall Kampfesmüdigkeit und Sehnsucht nach dem Frieden. Daß Perczel den Plan führe, in die Gränze eine Diversion zu machen, erzählen die gefangenen Slaven, Gränzer, die von Kossuth entlassen, die wahrscheinliche Mission haben, für die Magyaren in der Gränze Sympathien zu wecken. In Pesth ist die k. k. Armee durch die unvorbereitete eilige Abreise des Fürsten Windischgrätz bedeutend verstimmt, besonders da er nicht das geringste freundliche Abschiedswort an seine Krieger zurückließ. Ueberhaupt wissen diese Armeen gar nicht, wie sie daran sind, und was im Kriegsrathe beschlossen wird; wonach es auch der magyarischen Partei sehr schwer werden dürfte, etwas von den Kriegsplänen zu erfahren. Am 18. früh ist ein Truppenkorps von 10,000 Mann durch die Stadt über die beiden Brücken nach Ofen, und von da auf der nördlichen Straße weiter gezogen wahrscheinlich gegen Gran. Der Figyelmezö widerspricht der Angabe, als ob Baron von Welden in Pesth angelangt wäre. Er ist in Gran bei dem dortigen Armeekorps geblieben, wird aber jeden Augenblick in Pesth erwartet. Sämmtliche Minister sind seit Donnerstag den 19. April in Olmütz bei einer Konferenz bezüglich der Pacifikation Ungarns. Es dürfte etwas gewichtiges herauskommen, da das Ministerium noch nie so lange in Olmütz weilte. * Frankfurt, 23. April. National-Versammlung. Simon eröffnet die Sitzung bald nach 9 Uhr. Von den östreichischen Abgeordneten haben wiederum sieben ihr Mandat niedergelegt. Vogt interpellirt: „ob es wahr sei, daß das preußische Ministerium gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland Einsprache erhoben und protestirt habe?“ Eine Interpellation von L. und M. Simon lautet dahin: „Auf wessen Befehl und zu welchem Zweck die im badischen Oberlande aufgestellten würtembergischen Truppen, deren Zurückziehung das Reichsministerium noch im März für unthunlich erklärte, zurückgezogen worden seien?“ Reichsministerpräsident v. Gagern: Das preußische Ministerium hat gegen den Einmarsch der Reichstruppen in Jütland keine Einsprache und keinen Protest erhoben; es ist vielmehr mit dem Reichsministerium darin einverstanden, daß der Krieg mit Energie fortgeführt werden müsse. Der vorrückenden Bewegung unserer Truppen steht also nichts im Wege (Beifall). Reichskriegsminister v. Peucker: Das Reichsministerium hat die Zurückziehung der Truppen nicht angeordnet und auch keine amtliche Nachricht erhalten, daß sie erfolgt sei. Auf die Nachrichten der öffentlichen Blätter hin hat aber des Ministerium gestern sofort einen Offizier zur Gewinnung näherer Aufklärung abgesandt. (Beifall). Ein dringender Antrag des Hrn. Gräveil will die Mitgliedschaft der östreichischen Abgeordneten in der Reichsversammlung für erloschen erklären und denjenigen Oestreichern, die als Zuhörer in der Paulskirche verbleiben, abgesonderte Ehrenplätze angewiesen sehen. (Pfui! Pfui! von der Linken.) Für die Dringlichkeit erhebt sich nur eine ironische Minderheit von der linken Seite des Hauses. Man kommt zum Hauptgegenstand der heutigen Tagesordnung, zu dem Bericht des Dreiß_ - oder Kaiser-Ausschusses, der in drei Theile zerfällt: 1. das Gutachten der Majorität ‒ Berichterstatter Kierulf; 2. ein Minoritätsgutachten von L. Simon aus Trier; 3. ein dito von Fr. Raveanx aus Köln. Detmold und Reichensperper haben noch ein Sondergutachten eingereicht. Von schriftlichen Verbesserungsanträgen liegen sehr verschiedenartige vor: Von Gravell, von v. Ende, von Müller aus Würzburg, von v. Dieskau. Der Müllersche Antrag verlangt Revision der Verfassung, nach Maßgabe der Regierungsbedenken etc, Vertagung der Reichsversammlung bis 14. Mai und Aehnliches!! Schulz aus Darmstadt beantragt: „daß die Regierungen, die ihre Beitrittserklärung nicht binnen einer bestimmten Frist abgeben, als auf die Regierung verzichtend betrachtet werden; ferner auf Niedersetzung einer Regentschaft aus fünf Mitgliedern des Hauses, falls der Erzherzog Reichsverweser seine Theilnahme an der entschiedenen Durchführung der Verfassung verweigern sollte, Aufnahme einer Anleihe für das Reich, Vereidung der Truppen und Bürgerwehren etc., allgemeine Amnestie, Rückberufung der Flüchtlinge und Verbannten“ Kierulf, Berichterstatter der Mehrheit: Einig sei der Ausschuß in dem zu erstrebenden Ziele, nämlich die Verfassung aufrecht zu halten. Die Meinungsverschiedenheit beruhe nur in der Wahl der Mittel. Die linke Hälfte des Ausschusses warnt uns vor einer Politik der Zögerung und drängt zu entschiedenen Maßregeln. Vor solchen Maßregeln und vor einer Berufung an das Volk, scheuen auch wir nicht zurück. Die definitive Entscheidung des Königs von Preußen sei noch nicht erfolgt. Daher konnten wir Ihnen zunächst nur solche Schritte anrathen, wodurch wir aus dieser Ungewißheit hinaus und in klare Verhältnisse kommen und dies ist der Inhalt der Vorschläge der Ausschußmehrheit. Diese lauten folgendermaßen: 1. die Reichsversammlung erklärt, in Uebereinstimmung mit ihrer nach Berlin gesandten Deputation, daß die Annahme der durch die verfassunggebende Reichsversammlung dem König von Preußen übertragenen Würde des Reichsoberhaupts die Anerkennung, der Reichsverfassung voraussetze. 2. Die Reichsversammlung beschließt: Die preußische Regierung, so wie die übrigen deutschen Regierungen, welche die Annahme der von der Reichsversammlung beschlossenen und verkündeten Verfassung noch nicht erklärt haben, sind aufzufordern, ihre Anerkennung derselben nunmehr auszusprechen, und erklärt: daß zugleich mit der Anerkennung der Reichsverfassung Seitens der preußischen Regierung die Uebertragung der Würde des Reichsoberhauptes an den König von Preußen in Wirksamkeit tritt. 3. Sie beschließt, die provisorische Centralgewalt aufzufordern, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln für die Durchführung der Verfassung mitzuwirken. 4. Der erwählte Ausschuß bleibt bestehen, um je nach Lage der Dinge weitere Maßnahmen zu berathen und der Reichsversammlung vorzuschlagen. Heckscher geht von der auch von der Deputation getheilten Ansicht aus, daß der König von Preußen die Oberhauptswürde abgelehnt habe. Dadurch sei aber die Erbkaiserwürde unmöglich geworden, denn man werde doch weder den Kaiser von Oestreich, noch den König von Bayern wählen wollen. Darum komme er auf seinen Vorschlag einer Collectiv-Regierung zurück. Die Furcht vor Oktroyirung sei kindisch. Man sagt, Preußen werde sich einem Direktorium nicht unterwerfen. Aber auf eine bloße Voraussetzung hin Verfassungsbestimmungen annehmen, welche Oestreich für immer ausschließen, ist höchst ungerecht. Man sagt Oestreich fügt sich nicht, Preußen fügt sich nicht; also müssen wir Oestreich hinauswerfen und Preußen an die Spitze stellen. Die Aufgabe der Nationalversammlung ist, eine Verfassung für ganz Deutschland zu schaffen; an den preußischen Kammern ist's, Preußen zum Eintritt in einen freiheitlichen Bundesstaat zu zwingen. Der Redner widerlegt dann die Einwendung, daß ministerielle Verantwortlichkeit mit der Collectiv-Regierung unvereinbar sey. Die Hauptquelle der Zerrissenheit und des Meinungskampfes in Deutschland scheint ihm darin zu liegen, daß der Grundsatz der Souveränetät des Volkes verkehrt angewendet wurde. Dieses Prinzip sei anwendbar auf Einzelstaaten; aber für einen Bundesstaat könne eine Verfassung nur auf dem Wege der freiwilligen Unterwerfung oder des Vertrags geschaffen werden. Er empfiehlt seine Anträge als das Mittel, Oestreich zum Anschluß zu bewegen und die größeren Regierungen durch Betheiligung an der Cen algewalt zur Mitwirkung zu bestimmen. Er erklärt sich schließlich gegen die Anträge des Ausschusses, den er einen Zeitgewinnungsausschuß nennt. Münch vertheidigt die Majoritätsanträge. Schmidt aus Löwenberg ist nicht darüber in Zweifel, daß die Antwort des Königs von Preußen eine ablehnende war. Noch nirgends in der civilisirten Welt sei ein Fußtritt für eine Danksagung gehalten worden. Er macht der Minorität des Ausschusses den Vorwurf, daß sie, obwohl die Antwort als ablehnend erkennend, dennoch die Oberhauptsfrage nicht als eine neuerdings offene betrachtete und die Gelegenheit unbenützt ließ, das Volk vor unheilvollen Institutionen zu bewahren. Man sagt, man nehme das Erbkaiserthum für das allgemeine Wahlrecht inKauf. Er aber sage: Zehn Wahlrechte hätten keinen Werth mit dem Erbkaiserthum. Was seien bisher die papierenen Gesetze in den Händen der preußischen Erbmonarchie geworden? Dem preußischen Kaiserthum gegenüber werde man es höchstens bis zu dem Possenspiel des Berliner passiven Widerstandes bringen. Wenn nun die kaiserliche Gewalt ihre Heere gegen die Ungarn sende, werde dann die Minorität auch das Volk mit dem allgemeinen Wahlrecht trösten? Man spricht von den vielen Adressen zu Gunsten des Erbkaiserthums. Auch von der Reichsverweserschaft hegte man Anfangs große Erwartungen; allein nach einem Jahre schon ist die Enttäuschung erfolgt. Der Ertrinkende hängt sich an jeden Strohhalm; allein noch nie hat der Strohhalm vom Ertrinken gerettet. Geben Sie nicht Anlaß zu der Vermuthung, daß Sie das Volk in die Lage des Ertrinkenden bringen wollen, damit es nach Ihrem Strohhalm greifen müsse. Sie hoffen in Berlin durch neues Zureden und durch Palastrevolutionen zu Ihrem Ziele zu kommen ‒ ein Beweis, daß die Zeit über Ihre Kaiseridee gerichtet hat. Soll etwa die Nation sich für den erblichen Kaiser erheben? Ich beantrage, die Oberhauptsfrage noch einmal zu berathen. Es ist möglich, daß auch das Direktorium an dem Absolutismus der Fürsten zerschellt Setzen Sie aber dann nicht Ihre Ehre darein, eigensinnig an einem Beschlusse festzuhalten, sondern darein, daß Sie eingestehen, Sie seien in Folge Ihrer Vergangenheit unfähig, etwas zu Stande zu bringen, und das Sie die Souveränetät, die Sie aus den Händen des Volks empfingen, in diese Hände zurücklegen. Ich kenne etwas Höheres als diese Versammlung und ihre Ehre; es ist die Freiheit und die Wohlfahrt unseres Volkes, und um diese zu erhalten, wäre es ein geringer Preis, wenn diese Versammlung ruhmlos auseinanderginge. (Beifall von der Linken.) Welcker: Es scheint, wir stehen am Anfang des Endes; mit einer neuen Revolution werden wir bedroht. Aber die Männer der Paulskirche werden nicht zurücktreten, bis die Verfassung ins Leben getreten ist. Auch wir wünschen, die Verfassung mit den Fürsten freundschaftlich zu vereinbaren; aber wir wollen sie nicht von dem guten oder schlechten Rath der Rathgeber der Fürsten abhängig machen. Wir dürfen nicht wanken und weichen von dieser Stelle, so lange uns nicht Gewalt hinwegreißt; wir müssen hier bleiben, bis der ordentliche Reichstag da ist; wir dürfen kein Jota ändern, außer wenn uns die Thatsachen dazu zwingen. Die Verfassung ist nicht mit Verletzung der Fürsten zu Stande gekommen; denn ihre Bemerkungen sind vor der zweiten Lesung gehört worden. und daß sie nicht alle gehört werden konnten, das erklärt die preußische Regierung selbst als die Schuld der Regierungen, weil sie sich nicht einigten. Die Rathgeber, welche den Fürsten die Anerkennung der Verfassung widerrathen, wird das Urtheil der Geschichte treffen. Welche Macht hatten denn die Könige von Bayern und Würtemberg unter der Bundesverfassung? Sie wurden von Oestreich und Preußen im Schlepptau gezogen. Sie hatten nur die Macht, ihre Völker zu zertreten. Man wirft der Verfassung das Wahlgesetz vor. Allein das Wahlgesetz gehört nicht zur Verfassung; übrigens hat auch der König von Preußen in seiner oktroyirten Verfassung kein besseres gegeben. Ich fürchte diese Freiheiten nicht. Auch ist das Staatenhaus ein Gegengewicht. Das suspensive Veto endlich ist für den Bundesstaat weit zweckmäßiger als das absolute, und wenn einmal die Verfassung ins Leben getreten, wird kein Mensch mehr von dem absoluten Veto sprechen. Man sagt, wir hätten Oestreich ausgeschlossen. Oestreich hat uns ausgeschlossen. Von dem Augenblick an, wo Oestreich sich für eine Centralmonarchie entschied, konnte es nicht mehr mit uns gehen. Das östreichische Kabinet hat ausgesprochen, daß es unsere Versammlung lieber heute als morgen nach Hause schicken wolle, indem es sich gegen ein Volkshaus erklärte. Man will die alte Bundeswirthschaft wieder herstellen, aber auf noch schlimmerem Fuße. So lange Oestreich an der Spitze Deutschlands stand, wurde Deutschland immer kleiner und Oestreich immer größer. Das Anerbieten des Eintretens mit allen 38 Millionen Einwohnern Oestreichs ist das schmachvollste, das je gemacht wurde, die einzige Antwort war das preußische Erbkaiserthum. Oestreich würde seine Vorschläge nicht gemacht haben, wenn es nicht auf die Beistimmung einer Reihe von größern Staaten gerechnet hätte. Darum müssen wir unsere fertige Verfassung entrollen vor dem Volk als Fahne der deutschen Einheit. Wir stehen an der Schwelle des Kampfes der deutschen Volksfreiheit gegen fürstliche Souveränetät. Die Vertagung wird auf morgen beantragt und die Sitzung um 1 1/2 Uhr geschlossen. * Frankfurt, 23. April. Der preußische und erbkaiserliche Vereinbarer, Hr. Camphausen, hat seine Entlassung als preußischer Bevollmächtigter eingereicht. Wenn es selbst diesem Manne, der doch voriges Jahr als preußischer Minister sein Möglichstes gethan, das Volk an die Contrerevolution verrathen zu helfen, mit der preußischen Wirthschaft zu arg wird, dann kann sich wohl Jeder denken, wie's mit den königl. preuß. Plänen und Intriguen stehenmag. Stuttgart, 21. April, Abends. Der Krieg zwischen der Krone und der Hofpartei einerseits und zwischen dem Ministerium, der Abgeordnetenkammer und dem Volke andererseits ist erklärt. Die Aufregung stieg hier und im ganzen Lande heute bis auf einen unglaublichen Grad, gegen welche der März des vorigen Jahres eine Kleinigkeit ist. Aus allen Gegenden des Landes sind zahlreiche Abgesandte hier, welche nur die Endentscheidung des Königs abwarten und der Volkspartei bewaffneten Zuzug in Massen für den Fall eines Kampfes anbieten. Nach langem Harren ist die Deputation der Kammer endlich heute Nachmittag um 4 Uhr vor den König gelassen worden, hat aber von demselben den Bescheid erhalten, daß der König bei seiner den Ministern gegebenen Erklärung verbleibe und daß er es der Kammer und dem Volk überlasse, sich auf den revolutionären Boden zu stellen. ‒ Die Bürgerwehr machte diesen Abend gleichfalls eine Demonstration zu Gunsten der Reichsverfassung und des Ministeriums, indem sie trotz des schlechten Wetters und trotz des Widerspruchs ihres reactionären Oberkommandanten v. Alberti, der deßhalb zum Rücktritt veranlaßt wurde, parademäßig vor's Rathhaus zog und sich dort zu einer vorberathenen Erklärung folgenden Inhalts vereinigte: „Die Stuttgarter Bürgerwehr, in Erwägung ihres Berufes, zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung mitzuwirken, in fernerer Erwägung, daß die Reichsverfassung, welche sich das deutsche Volk durch seine freigewählten Vertreter gegeben, durch ihre Verkündigung Gesetzeskraft erlangt hat; erklärt, daß sie, so viel an ihr ist, entschlossen sei, der Reichsverfassung Gehorsam zu leisten und zu verschaffen.“ Diese Erklärung wurde durch ein permanent bleibendes Comite der Bürgerwehr dem König zugefertigt. Nachdem die Bürgerwehr der Reichsverfassung und dem Ministerium Römer wiederholte Hochs gebracht, rückten sie wieder ein. ‒ Die zum König gesandte Deputation der Abgeordneten-Kammer berathet eben ihren Bericht, den sie morgen in einer, trotz des Sonntags abzuhaltenden außerordentlichen Sitzung erstatten wird. Gerüchte: der König schlief diese Nacht nicht hier, sondern auf dem Rosenstein, bewacht von Feldjägern und Artillerie; ein Regimen Oestreicher ist von Bregenz unterwegs hierher. Prinz Friedrich und der Kriegsminister sind in argem Conflict, da Ersterer ohn des Letztern Vorwissen ein Regiment Würtemberger aus Bode hierher berief. Der Minister kontremandirte und drohte dem Prinzen, ihn vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen. (Fr. J) Andrerseits berichtet ein anderes Frankfurter Blatt, daß der Schwabenkönig folgende Erklärung den ständischen Abgeordneten ertheilt habe:„er gebe ihnen sein Ehrenwort, daß er die deutsche Verfassung ganz so annehme, wie sie seiner Zeit im Reichsgesetzblatt werde verkündet werden. Was die Uebertragung der Kaiserwürde auf Se. Maj. den König von Preußen betreffe, so könne er darüber um so weniger eine bestimmte Erklärung abgeben, _ der König von Preußen selbst sich über die Annahme dieser Würde noch nicht entscheidend ausgesprochen. So viel aber könne er versichern, daß wenn die übrigen deutschen Fürsten mit dieser Uebertragung einverstanden seien, er sich von der Anerkennung nicht ausschließen werde.“ Stuttgart, 22. April. Heute Morgens um 7 Uhr wurde eine Sitzung der Kammer der Abgeordneten eröffnet, die bis nach 12 Uhr währte. Abgeordneter Reyscher stellte folgenden Antrag: 1) da das königl. Dekret vom 19. d. und die Erklärung des Königs in der Audienz an die ständische Deputation durch keine Unterschrift eines Ministers gedeckt ist, einer förmlichen Erklärung der Staatsregierung entgegenzusehen; 2) eine Kommission niederzusetzen, welche über die dringliche Lage des Vaterlandes und die zu ergreifenden Maßregeln morgen zu berichten hätte. Der erste Punkt wurde ohne Widerspruch genehmigt. Abg. Stockmaier stellte den Antrag: Die Kammer möge ihre Ueberzeugung dahin aussprechen: 1) daß die von der deutschen Nationalversammlung verkündigte deutsche Reichsverfassung in Würtemberg als Gesetz besteht; 2) daß jeder würtembergische Staatsbürger, gleichviel ob er dem Civil- oder Militärstand angehöre, zur Verfolgung und zum Schutz dieser Reichsverfassung eben so wie der würtembergischen Landesverfassung verpflichtet ist; 3) daß jeder Angriff auf dieselbe ein Verbrechen sei, und daß deßhalb weder Civil- noch Militär-Beamte verpflichtet seien, einem Befehle Folge zu leisten, bei dessen Ausführung sie sich an diesem Verbrechen betheiligen würden. Derselbe wurde mit 46 gegen 23 Stimmen angenommen. Abg. Zwerger beantragte zusätzlich: 1) in einer Adresse an die Nationalversammlung zu erklären, daß die Kammern der Abgeordneten die Reichsverfassung, so wie sie von ihr entgültig abgeschlossen und verkündet ist, als Gesetz anerkenne, und die Nationalversammlung aufzufordern, an ihrem Verfassungswerk unverbrüchlich festzuhalten; 2) in der gleichen Adresse die Nationalversammlung von den weiteren Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten in Kenntniß zu setzen. Derselbe wurde mit großer Majorität angenommen. (Schw. M.) * Stuttgart, 22. April. In der Kammer der Abgeordneten, deren heutige Sitzung früh um 7 Uhr eröffnet wurde, verlas der Präsident die Antwort, die der König gestern Nachmittag der ständischen Deputation ertheilt hatte. Diese Antwort lautet: „Meine Herren! Ich danke Ihnen, daß Sie Mir Gelegenheit geben, Mich in dieser Angelegenheit offen aussprechen zu können. Sie kennen Meine Freimüthigkeit und Offenheit, die Ich in Meinen Regierungshandlungen immer an den Tag gelegt habe, Ich werde es auch in diesem Falle thun. Ich muß Mich auf den Boden der Thatsachen stellen. Die Reichsversammlung hat eine Verfassung gefertigt, sie ist aber noch nicht vollendet. Dar König v. Preußen hat die deutsche Reichsverfassung noch nicht anerkannt; er hat die Kaiserkrone abgelehnt. Nach heute erhaltenen Nachrichten hat Camphausen mit Gagern über die Aenderungen der Verfassung unterhandelt; was soll Ich also schon jetzt anerkennen, was noch gar nicht existirt? Lassen Sie Mir Zeit. Ich versichere Sie, daß Ich die ganze Reichsverfassung mit Ausnahme der Oberhauptsfrage anerkenne. Dem Hause Hohenzollern unterwerfe Ich Mich nicht. Ich bin dieses Meinem Lande, Meiner Familie und Mir selbst schuldig. Würden aber alle Fürsten von Deutschland es thun, so würde auch ich dieses Opfer für Deutschland bringen, aber mit gebrochenem Herzen. Ich kann durch Ihre Erklärungen, durch Aufruhr im Lande dazu genöthigt werden. Wenn Sie Sich auf den Boden der Revolution stellen und Mich zwingen, Mein Wort zu geben, so ist es kein freies. Das erkennen Sie selbst an und können es auch nicht wollen; denn ein erzwungenes Wort wäre für Mich nicht bindend. Ich könnte es ja widerrufen, wenn Mein Wille wieder frei wäre. Die deutsche Verfassung werde Ich in Meinem Lande durchführen, wie Ich die Grundrechte zuerst

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 282. Köln, 26. April 1849, S. 1591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz282_1849/3>, abgerufen am 29.04.2024.