Neue Rheinische Zeitung. Nr. 285. Köln, 29. April 1849.den Ihr wiederum mit dem deutschen Volke treiben wollt, wenn Ihr verlangt, wir, die Demokraten, sollen uns für dasselbe begeistern, wofür der westphälische Krautjunker Vincke sicht. Gesinnungsgenossen dieses Kämpen mögen unter den Männern des Märzvereins sein, nicht aber unter den Demokraten. Wir, die wir gerade den Theil des deutschen Volkes vertreten, der immer nur die Revolutionen schlägt, wir sind der Ueberzeugung, daß dieser Theil des Volkes mit uns empört ist über den Verrath seiner Vertreter, den dieselben ausgeführt haben durch Schaffung eines Kaiserreichs. Wenn Ihr endlich am Ende Eures Schreibens vom 11. April sagt: "Deutschland erwartet, daß Jedermann seine Schuldigkeit thun wird," so erwarten wir dagegen, daß das deutsche Volk für die Kaiserfabrikanten, die Wien bombardiren und den Mord Robert Blums ungerächt ließen, keinen Finger krumm machen wird. Sollte jedoch das deutsche Volk zum Kampfe gezwungen werden, so wird es nicht blos kämpfen gegen seine offenen, sondern auch gegen seine geheimen Feinde. Und zu diesen wird es dann die Majorität des Parlaments rechnen, die voriges Jahr durch ihr Zaudern und Verkennen des Zeitbedürfnisses, durch ihre Rath- und Thatlosigkeit das Volk verrathen hat. * Görlitz, 22. April. Als Gegensatz zu einer raubritterlich-oberlausitzischen Denkschrift haben die Rustikalen oder Bauern der Oberlausitz eine Petition an die zweite Kammer entworfen, worin es u. A. heißt: "Die Einführung eines neuen Grundsteuer-Systems, nach welchem künftig der große und kleine Grundbesitz nach gleichem Maßstabe seine Grundsteuer tragen und die Grundsteuer-Befreiungen aufhören sollen, entspricht den Forderungen der Zeit und der Billigkeit und wir erkennen dankbar darin einen Akt der Gerechtigkeit gegen den Rustikalbesitz." "Die Steuerpflichtigen in der Oberlausitz theilen sich gegenwärtig in solche: a) welche zur Ritterschaft oder dem Lande gehören und als Dominialbesitzer: Mundgutsteuer, als Rustikalbesitzer aber: Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlen; dann in solche, b) welche den städtischen Steuer-Corporationen von Görlitz-Lauban und den dazu gehörenden Stadtmitleidenheits-Dorfschaften angehören und als Dominialbesitzer wenn nicht völlige Grundsteuerfreiheit, doch nur einen geringen Betrag leisten, als Rustikalbesitzer aber Fachsteuer, Milizgeld und langvoigteiliche Rente zu entrichten haben. Die jährlich zu entrichtende Steuerquote wird bei a) durch die Städte der Oberlausitz, bei b) aber durch die Städte den Betreffenden zugewiesen. "Hauptträger ist der Rustikalbesitzer. Während z. B. das ritterschaftliche Dominium an einem uns bekannten Orte jährlich 120 Thlr. Mundgutsteuer zahlt, so zahlen die dasigen Rustikalbesitzer bei geringerem Grundbesitze ca. 500 Thlr an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteilicher Rente; und wenn die zur Stadtmitleidenheit gehörige Gemeinde jährlich 204 Thlr. 8 Sgr. 9 Pfg. Fachsteuer unter sich aufbringt und davon nur 180 Thlr. 27 Sgr. 6 Pfg. an die städtische Steuer-Behörde gezahlt werden, so genießt das dasige Dominium nicht nur Steuerfreiheit, sondern es eignet sich den verbleibenden Ueberschuß mit 23 Thlr. 11 Sgr. 3 Pfg. auch noch an. In Zeiten des Krieges ist nach den bis jetzt in der Oberlausitz bestandenen Gesetzen der Rustikalbesitzer allein der Verpflichtete, welcher Lieferungen, Einquartierungen und Militärtransportfuhren zu leisten und zu tragen hat." "Diese Ungleichheit der Besteuerung des Grundbesitzes, wie sie sich zwischen Dominial- und Rustikalbesitz darstellt, findet selbst unter den einzelnen Rustikalbesitzern statt. Während ein Grundbesitz von 4 Morgen jährlich 6 Thlr. an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlt, so zahlt ein Grundbesitz von 15 Morgen etwa 7 Thlr. und ein andrer von 60 Morgen ca. 15 Thlr.; und wenn die unter die Ritterschaft gehörige Gemeinden in Kriegszeiten 43 Einheiten oder Rauchfänge verrechtet, so verrechtet die zur Stadtmitleidenheit gehörige bei gleich großem Grundbesitze nur 4 und eine andere mit sechsmal größerem Grundbesitze nur 42 Einheiten. Was die sonstigen Abgaben, als Klassensteuer, Irrenhausbeiträge, Landtags- und Kreiscommunalkosten betrifft, so ist auch hierbei der Grundbesitz nicht der entscheidende Maßstab, der Rustikalbesitz aber der Hauptträger." 8 Wien, 24. April. Gestern verbreitete sich auf einmal die Nachricht, Komorn sei von Görgey entsetzt, die östreichischen Truppen auf eine eclatante Weise geschlagen und Pesth und Ofen von den k. k. Truppen geräumt und von den Ungarn besetzt. Obige Nachrichten versetzten die gestrige Börse in eine sehr bewegte Stimmung, und die Papiäre fielen unendlich herunter. Die Course fielen Anfangs um 3% und noch darüber. - Wir wußten zuverlässig, daß die Truppen des Generals Wohlgemuth, die an der Waag standen, denen der Ungarn hart gegenüberstehen. Die Ungarn ergriffen die Initiative, und haben so den Hauptzweck ihrer Bewegungen, die Entsetzung Komorn's erreicht. Görgey soll bei Neutra stehen. Die Truppen Wohlgemuth's haben sehr viel gelitten; sie haben sich nach westlicher Richtung zurückgezogen. Nur ein Theil der Bagage konnte durch die Tapferkeit des Regiments Welden gerettet werden. Der k. k. Generalmajor Zitta, welcher jüngst von Olmütz aus zur Leitung der Operationen gegen Komorn berufen wurde, ist bereits seit gestern Morgen wieder hier. Alle diese oben angeführten Thatsachen werden weder durch die officiellen noch durch die halbofficiellen hiesigen Blätter in ihrer ganzen Bedeutung dargestellt, sondern nur als höchst unliebsame Gerüchte behandelt. Ueberhaupt beharrt die hiesige Bourgeois-Journalistik in ihrem gewohnten Aufhetzen zu dem sogenannten Vernichtungskampfe gegen die Ungarn, und zwar mehr noch als die Organe der Regierung. Trotzdem daß man sich die östr. "Erbländer" Polen, Ungarn und Italien um jeden Preis zur Ehre der Integrität Oestreichs erhalten will, werden die aus obigen Provinzen hier weilenden geschäftslosen Personen, in Folge einer Weisung an die hiesige Stadthauptmannschaft vom Gouverneur F.-M.-L. Böhm von hier ausgewiesen, und zwar mit dem Bedeuten, daß dies bis zum 26. d. M. bereits geschehen sein muß. Eine ähnliche Weisung ist auch in Bezug auf die Norddeutschen ergangen. Gerade diese aus den Provinzen Polen, Ungarn und Italien hier weilenden Personen sind die sogenannten östreichischen "Gutgesinnten", welche nur aus Furcht ihr Geld nach Wien schleppten, und selbes hier unter dem Schutz des Belagerungszustandes verzehrten; auf diese Weise verliert die niedere Bourgeoisie einen bedeutenden Theil ihrer Einkünfte, was sie wahrscheinlich auch bald wieder sammt dem hungernden Proletariat aus ihrem Winterschlafe aufwecken wird. Diese Klassen sehen übrigens jetzt schon ein, daß man, um eine Revolution zu machen mehr thun muß, als einen Minister davonjagen, oder an den Laternenpfahl hängen, - sie sehen ein, daß man an Thronen nicht nur rütteln, sondern sie gänzlich umstürzen muß. Auf morgen den 25. April ist die Rekrutirung durch das Loos für ganz Wien in dem bekannten schwarzenbergischen Gartenpalais in der Vorstadt Wieden angekündet. Von den Losungspflichtigen jungen Leuten geht keiner mit Liebe zum Militärdienst in den Bruderkampf gegen den Magyaren. Es ist jedoch ein ruhiges Vorübergehen dieses Losungsactes zu erwarten, da bedeutende militärische Vorkehrungen am benannten Losungsort getroffen werden. - Eine außerordentliche Beilage zum Abendblatte der Wiener Zeitung enthält Folgendes, wo sie, wie alle andern Bourgeoisblätter die östreichische Ohnmacht in Ungarn, und die Uebermacht der Ungarn mit verhaltenem Zorne anerkennen muß: "Der Krieg in Ungarn ist in der neuesten Zeit in ein Stadium getreten, dessen unterscheidender Charakter wohl in das Auge gefaßt werden muß, will man sich für die Begebenheiten, die sich heute in jenem Lande zutragen und vorbereiten, einen richtigen Standpunkt der Beurtheilung verschaffen. "Nachdem in den Monaten Dezember und Januar die kaiserl. Armee in raschem Siegeslauf die westliche Hälfte des Landes besetzt und dessen Hauptstädte in Besitz genommen hatte, gab man sich der Meinung hin, es sei möglich in friedlichen Wegen die Beruhigung des Königreichs zu bewirken, und vor Allem müsse man dahin streben die allenthalben aus ihren Fugen gegangene Administration wieder einzurichten. "Jene Hoffnung erwies sich aber als eine trügerische. Die materielle Ordnung ward allerdings dort, wo die kaiserlichen Truppen standen, hergestellt; die moralische Pacificirung des Landes ward aber nicht bewirkt, und es ging sonach, in fruchtlosen Versuchen, eine Zeit verloren, welche die Rebellenpartei dazu benutzt hat, ihre Streitkräfte durch äußerste Anstrengung aller revolutionären Hülfsquellen, und durch Zuzug aus allen Theilen Europas auf eine Achtung gebietende Höhe zu bringen. "Ein zahlreiches und wohlgerüstetes Heer steht nunmehr dem unsrigen entgegen, und es darf ferner nicht zweifelhaft sein, daß auf dem Schlachtfelde allein die Geschicke Ungarns entschieden werden können. "Diese Wahrheit ist von der kais. Regierung und von den Führern ihres Heeres anerkannt; und der militärische Gesichtspunkt ist sonach derjenige, von welchem aus fortan allein seitens der kaiserlichen Regierung in Ungarn vorangegangen werden wird. "Der Feind muß bekämpft, geschlagen, vernichtet und, bis dieses geschehen, alle anderen Rücksichten als rein sekundäre angesehen und behandelt werden. "Um jenes zu Stande, um die feindliche Armee zum Schlagen, und wo möglich zur Niederlage zu bringen, müssen die Streitkräfte des Kaisers auf diejenigen Punkte koncentrirt werden, welche nach strategischen Berechnungen als die geeignetesten zur Erreichung des Zweckes sich darstellen. "Dieses geschieht in dem gegenwärtigen Augenblicke; und der bewährte Heerführer, den das Vertrauen unseres Monarchen an die Spitze unserer tapferen Schaaren gestellt hat, ist eben damit beschäftigt, die Aufstellungen zu ordnen, in welchen dieselben dem Feinde entgegenzurücken haben. "Es liegt in der Natur der Sache, daß, während diese Vorbereitungen im Gange sind, die einzelnen Züge derselben nicht verlautbart werden können, und daß überhaupt inmitten der Märsche und Gegenmärsche nicht jeder Tag ein Ereigniß oder den Bericht über ein solches bringen kann. "Der patriotische Sinn unserer Mitbürger möge sich aber einstweilen mit der Gewißheit beruhigen, daß ein muthiges, mit allen Kriegserfordernissen versehenes, und von kampferprobten Führern geleitetes Heer, dem außerdem unablässig und von allen Seiten Verstärkungen zuströmen, die Sache des Vaterlandes in Ungarn versicht; daß der Wille, daß ein freies, großes und einiges Oestreich bestehen bleibe immerdar, wie den Monarchen und seine Räthe, so auch die Bevölkerung in den meisten und wichtigsten Theilen unseres weiten Reiches beseelt; und daß diesem vereinten Willen die krampfhaften Anstrengungen einer verbrecherischen, ihr Vaterland in das Unglück stürzenden, und den bösesten Gelüsten des Auslandes dienenden Faktion, am Ende, und - wir hoffen es, auch schnell unterliegen werden." So eben, Vormittags, wird ein Armee-Bülletin, das 35. nämlich, bekannt gemacht, das nichts enthält als die Rückzüge, Aufstellungen und Konzentrirungen der k. k. Truppen in Ungarn, kurz ein abermaliges verschämtes Geständniß, nichts ausgerichtet zu haben, und nichts ausrichten zu können. Nichts als Truppenbewegungen von A bis B, und von B bis C. Es ist natürlich, man muß ja doch den dummen Wienern nach 3 Wochen erfolglosen Wartens wieder einmal etwas mittheilen! Wien. Handelsbriefe aus Wien bekunden, daß die Geschäftswelt und die Kapitalisten der Kaiserstadt keinerlei Vertrauen zu dem dermaligen Bestande der Dinge in Oesterreich haben. Am meisten wird hierfür das Verfahren mit den Banknoten sprechen. Man sucht sie um jeden Preis los zu werden, kauft dafür 5pCt. Metalliques, und remittirt diese nach Frankfurt, um sie dort a tout prix verkaufen zu lassen. Das Gold lassen die Wiener bei den Frankfurter Banquiers stehen. Dies erklärt beiläufig auch den niedern Stand der Diskonto (1pCt.) in Frankfurt a. M. Nach Berichten aus Mailand vom 20. d. M. machte sich der Marschall Graf Radetzky bereit, nach den Lagunen abzureisen, um den Operationen gegen Malghera in Person beizuwohnen. Wien, 23. April. Graf Stadion ist noch immer in Baden nächst Wien, und für Niemand, der nicht zu seinen vertrautesten Freunden gehört, zu sehen und zu sprechen. Er hat Momente, wo er sinnenverwirrt, für gar nichts fähig ist und daher wohl kein Minister-Portefeuille mehr übernehmen wird. Graf Stephan Szecheny, der frühere ungarische Minister, ist noch immer in der Irrenanstalt in Döbling nächst Wien, und wird wohl nicht mehr hergestellt werden; er raset sehr oft und verflucht sich selbst als Denjenigen, der sein Vaterland verrathen und unglücklich gemacht hat, - seine Gemahlin, die vor fünf Monaten mit einer besondern Erlaubniß von Kossuth nach Wien gereist und hier sich aufhält, hat bis jetzt vom Arzt nicht gestattet erhalten, ihren Gemahl zu sehen und zu sprechen. (R. O.-Z.)Altona, den 24. April. In dem vor einigen Monaten mit Th. Bracklow's Verhaftung begonnenen Prozeß ist jetzt endlich das Urtheil gesprochen, welches dahin lautet, daß der Angeklagte von dem ihm zur Last gelegten Vergehen, in öffentlichen Versammlungen zur Unzufriedenheit mit der Regierung resp. zum Ungehorsam aufgefordert zu haben, - da der Thatbestand des Vergehens weder objectiv noch subjectiv constatirt ist, - freigesprochen sei. Nach Angabe des "Ostsee Telegraphen" hätten sich nicht nur die Einwohner Koldings, sondern auch der jütsche Landsturm bei dem Straßengefechte in Kolding betheiligt und Orla Lehmann mit Letzterem agirt. 15 Schleswig-Holstein, 25, April. Wir erlauben uns in Nachstehendem das gestern erwähnte Schreiben mitzutheilen, so weit es sich für die Oeffentlichkeit eignet. Es ist von einem Jäger des 2. Jägerkorps und lautet: "Obgleich ich bei unserer, kurz vor Ablauf des Waffenstillstandes stattgefundenen Zusammenkunft noch großes Vertrauen in Bonin setzte, und Deinen, das Gegentheil vermuthenden, Aeußerungen keinen Glauben beimessen wollte, so gelange ich jetzt doch nach und nach zu der Einsicht, daß dasselbe Spiel wieder mit uns gespielt wird, wie voriges Jahr. Als Grund zu dieser Annahme diene Dir Folgendes: Daß wir Anfangs von den Dänen zurückgedrängt, nach kurzer Zeit aber wieder vordrangen, ist Dir Alles bekannt. Vorgestern den 19. war unser Korps in Wonsyld, eine gute halbe Meile südlich von Kolding. Ehe ich aber weiter in meiner Erzählung fortfahre, muß ich Dir erst noch etwas in's Gedächtniß zurückrufen. Ich habe Dir Mittheilungen darüber gemacht, daß in unserm Korps demokratische Tendenzen einen besonders fruchtbaren Boden gefunden und Blüthe getrieben haben; auch, was man in Beziehung auf die Unterdrückung derselben gethan, wie man die bei uns beliebten Offiziere fortschickte, obgleich wir dagegen petitionirten, wie man uns statt dessen mit preußischen Kamaschenhengsten beglückte, wie man den Seelhorst, der beim Korps allgemein verachtet und verspottet wird, noch immer als Korpskommandeur fungiren läßt. Alles dessen wirst Du dich erinnern. Dieses sowohl, als auch, daß sich in den andern, zu unserer Brigade gehörenden Bataillons, dem 9., 10. und dem 1. Jägerkorps, wenn auch nicht in dem Maße, so doch über die Mehrzahl, der Republikanismus in einer für die Reaktionspartei bedrohlichen Weise verbreitet habe, war dem General Bonin Alles bekannt. Er wußte ferner, daß, wenn wir unserm Erbfeind nur erst ins Auge gesehen, wir auch gern den Rücken desselben sehen möchten. Bonin kannte seine Pappenheimer. Mit dem 9. Bataillon rückten wir gestern den 20. 6 1/2 Uhr früh von Wonsyld gegen Kolding vor. Wir wußten schon, daß es gut verbarrikadirt und verpallisadirt und stark von den Dänen besetzt sei. Es ging uns hier gerade wie bei Schleswig, wo Wrangel die Dänen entwischen ließ, und woselbst, wenn die holsteinischen Truppen diesen nicht in den Rücken gefallen wären, die Herren Preußen derbe Prügel bekommen hätten; bei Schleswig hieß es hinterher, sollte es erst den folgenden Tag losgehen; hier heißt es: Es war gar nicht Bonins Wille, Kolding zu nehmen, darum hatten wir auch keine Artillerie zur Sprengung des verrammelten Thors und später keine Kavallerie, den Feind zu verfolgen. Daß Bonin die Stärke der dänischen Truppen nicht gekannt, will mir nicht einleuchten, denn uns war es bekannt, daß die Dänen in und um Kolding mit 5 Bataillons, 1 Espinglebatterie und 4 Schwadronen Husaren stark standen. Kolding, die südliche Gränzstadt Jütlands, liegt in einem Thal an einem Einschnitt der Ostsee "Fiord" genannt. Gegen Süden ist die Stadt gegen einen Angriff durch die Koldingsau, über die eine Brücke führt, gedeckt; die Häuser vor der Brücke waren mit Schießscharten versehen und von den Dänen besetzt. Ich begreife noch jetzt nicht, wie es möglich war, diese Stellung zu nehmen; Tollkühnheit muß es jedenfalls genannt werden. Uebrigens wäre es uns wohl nicht gelungen, so bald in die Stadt zu kommen, wenn nicht einer von unserem Korps so entschlossen gewesen wäre, herumzugehen und das Thor von Innen zu öffnen. Ich bin wohl auf. Wie ich höre, haben wir nur 25 Todte, was ich bezweifle, da nach meiner Ansicht bedeutend mehr gefallen sein müssen. Ich selbst sah wenigstens 20 fallen, ob sie nun alle todt, wage ich nicht zu behaupten. Am meisten beklagt das Korps den besten Offizier, den Lieutenant Hammel, statt dessen hätte lieber unser Major ins Gras beißen können. Dir werden, bis Du diesen Brief empfängst, wahrscheinlich schon sonst Nachrichten zugegangen sein, aus denen wie aus dem Vorhergesagten deutlich: "Verrath - Verrath" tönen wird. Wenn die Schleswig-Holsteiner noch immer nicht hieran glauben und dies noch immer nicht einsehen, so sind sie wahrlich werth, daß sie auf eine eklatante Weise angeführt werden." So weit der Brief. Die Leser mögen hieraus ersehen, daß nicht blos wir, sondern auch Andere an Verrath glauben. Den Bonin'schen Bericht über das neue Gefecht bei und in Kolding am 23. d., den ich Ihnen gestern eiligst zusandte, werden Sie erhalten haben. Ein anderer mündlicher Bericht eines leichtverwundeten Fähnrichs, der Kolding den 23., Abends 6 Uhr, verlassen hatte, lautet im Wesentlichen gleichlautend, doch sollen nach ihm nur 9 Bataillone Dänen nebst Artillerie und Kavallerie den Schleswig-Holsteinern gegenübergestanden haben. Zweimal sollen die Deutschen wieder vorgedrungen, aber einmal beinahe ganz aus Kolding hinaus geworfen worden sein. Bei dem zweiten Vordringen ist das 13. dänische Bataillon, etwas über die Hälfte aus Schleswigern bestehend, so zu sagen übergegangen, indem es die Gewehre von sich geworfen, die Flucht ergriffen, auf der Flucht aber von holsteinischen Dragonern gefangen genommen worden. Von schleswig-holsteinischer Seite sind, so sagte uns dieser Offizier, vielleicht 3-400 Todte und Verwundete, von denen die Hälfte allein auf das 9. Bataillon kämen (Brav Hr. Bonin, daß von jenem republikanischen "Kanonenfutter" so viel aus dem Wege geräumt ist!), das durch einen Kavallerie-Angriff auf dem Markte gesprengt worden. Die Brigade des linken Flügels hätte endlich diesen todesmuthigen Kämpfern Luft gemacht. In Bonin's Bericht waltet wahrscheinlich ein Versehen ob, so daß es nicht 18, sondern nur 8 Bataillone Dänen gewesen, damit stimmt auch der letztere Bericht überein. Uebrigens wäre es auch eine unerhörte Seltenheit, daß sich 4 Bataillone gegen 18 gehalten haben sollten, dazu noch in einer feindlichen Stadt. Unbegreiflich ist es aber, daß Bonin mit den 4 Bataillonen so isolirt gestanden, daß er nicht gleich Verstärkungen an sich ziehen konnte, oder warum er, wenn das nicht der Fall war, nicht gleich die Brigade des linken Flügels, wie er sich ausdrückt, mit ins Gefecht zog. Möglich, daß es sein Wille war, sich gar nicht in Kolding zu halten, sondern auf eine eklatante Weise von den Dänen wieder von jütschem Boden vertrieben zu werden, daß ihn hieran aber die unerschütterliche Tapferkeit, der Muth und die Ausdauer der schleswig-holsteinischen Truppen gehindert. Solche Truppen wären eines bessern Anführers werth, hätten sie z. B. einen Bem, was würden diese Truppen für Wunder der Tapferkeit verrichten, was für Siege erfechten! Wenn man diese Wirthschaft hier im Lande schon seit vorigem Jahre mit eigenen Augen angesehen, da muß man unwillkürlich ausrufen: "O mein Vaterland, dich nur beklag ich! etc. Unter den Gefangenen der letzten Affaire befindet sich der Exminister Orla Lehmann. Derselbe sitzt in Schleswig auf dem Schlosse Gottorf. So hätte das Schicksal auch diesen Mann, der sehr viel zu den Wirren in Kopenhagen beigetragen, ereilt. Von der Königsau, 24. April. Gestern Morgen griffen die Dänen uns mit sehr überlegener Macht, theils jenseits Koldings, theils eine Meile weiter westlich, bei Wandrup, an. Anfänglich ging unser linker Flügel, der sich gegen die weit überlegene feindliche Truppenmacht zu schwach fühlte, zurück, und wurde dadurch später der rechte Flügel, der bisher anhaltend in den Schanzen jenseits Koldings gekämpft hatte, ebenfalls gezwungen, sich diesseits der Stadt, wo wir unsere Hauptbatterien postirt hatten, zurückzuziehen. Bei diesem Durchzuge der Unserigen durch die Stadt, wurden sie von den Einwohnern mit Hagel beschossen, und als die Dänen nachdrangen, ist ein Theil unserer Verwundeten von den Koldingern erschlagen worden. Zur ewigen Schande der Stadt Kolding ist dies Thatsache, sowie daß man ebenfalls mehrere schleswig-holsteinische Soldaten zu vergiften gesucht hat. Das 9. und 10. Bataillon, zum linken Flügel gehörend, wurde zu sehr von den Einwohnern belästigt, um sich in der von den Dänen mit Granaten beschossenen und bereits in Brand gerathenen Stadt halten zu können, und durch das schändliche Betragen der Einwohnerschaft aufs höchste empört, ertheilte Oberst Zastrow Befehl, die Stadt zusammenzuschießen. Dieselbe ist demnach theils durch Feuer verzehrt, theils durch Granaten und Kanonenkugeln in Ruinen verwandelt worden. Nachdem unsere Truppen sich wieder concentrirt hatten und durch die erforderlichen Streitkräfte ergänzt worden, stellte sich das Gefecht wieder her, der Feind ward vollständig zurückgedrängt, wobei sich ein verzweifelter Straßenkampf entspann. Der Feind mußte aber aus der Stadt hinaus und floh in wilder Hast theils in der Richtung nach Veile, theils nach Friedericia. Der Feind hat sehr bedeutende Verluste erlitten; eine Husarenschwadron, aus 60 bis 70 Mann bestehend, ließen unsere hinter den Schanzen gelagerten Jäger bis auf 25 Schritte herankommen, da erst gaben sie Feuer, und es stürzte die ganze den Ihr wiederum mit dem deutschen Volke treiben wollt, wenn Ihr verlangt, wir, die Demokraten, sollen uns für dasselbe begeistern, wofür der westphälische Krautjunker Vincke sicht. Gesinnungsgenossen dieses Kämpen mögen unter den Männern des Märzvereins sein, nicht aber unter den Demokraten. Wir, die wir gerade den Theil des deutschen Volkes vertreten, der immer nur die Revolutionen schlägt, wir sind der Ueberzeugung, daß dieser Theil des Volkes mit uns empört ist über den Verrath seiner Vertreter, den dieselben ausgeführt haben durch Schaffung eines Kaiserreichs. Wenn Ihr endlich am Ende Eures Schreibens vom 11. April sagt: „Deutschland erwartet, daß Jedermann seine Schuldigkeit thun wird,“ so erwarten wir dagegen, daß das deutsche Volk für die Kaiserfabrikanten, die Wien bombardiren und den Mord Robert Blums ungerächt ließen, keinen Finger krumm machen wird. Sollte jedoch das deutsche Volk zum Kampfe gezwungen werden, so wird es nicht blos kämpfen gegen seine offenen, sondern auch gegen seine geheimen Feinde. Und zu diesen wird es dann die Majorität des Parlaments rechnen, die voriges Jahr durch ihr Zaudern und Verkennen des Zeitbedürfnisses, durch ihre Rath- und Thatlosigkeit das Volk verrathen hat. * Görlitz, 22. April. Als Gegensatz zu einer raubritterlich-oberlausitzischen Denkschrift haben die Rustikalen oder Bauern der Oberlausitz eine Petition an die zweite Kammer entworfen, worin es u. A. heißt: „Die Einführung eines neuen Grundsteuer-Systems, nach welchem künftig der große und kleine Grundbesitz nach gleichem Maßstabe seine Grundsteuer tragen und die Grundsteuer-Befreiungen aufhören sollen, entspricht den Forderungen der Zeit und der Billigkeit und wir erkennen dankbar darin einen Akt der Gerechtigkeit gegen den Rustikalbesitz.“ „Die Steuerpflichtigen in der Oberlausitz theilen sich gegenwärtig in solche: a) welche zur Ritterschaft oder dem Lande gehören und als Dominialbesitzer: Mundgutsteuer, als Rustikalbesitzer aber: Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlen; dann in solche, b) welche den städtischen Steuer-Corporationen von Görlitz-Lauban und den dazu gehörenden Stadtmitleidenheits-Dorfschaften angehören und als Dominialbesitzer wenn nicht völlige Grundsteuerfreiheit, doch nur einen geringen Betrag leisten, als Rustikalbesitzer aber Fachsteuer, Milizgeld und langvoigteiliche Rente zu entrichten haben. Die jährlich zu entrichtende Steuerquote wird bei a) durch die Städte der Oberlausitz, bei b) aber durch die Städte den Betreffenden zugewiesen. „Hauptträger ist der Rustikalbesitzer. Während z. B. das ritterschaftliche Dominium an einem uns bekannten Orte jährlich 120 Thlr. Mundgutsteuer zahlt, so zahlen die dasigen Rustikalbesitzer bei geringerem Grundbesitze ca. 500 Thlr an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteilicher Rente; und wenn die zur Stadtmitleidenheit gehörige Gemeinde jährlich 204 Thlr. 8 Sgr. 9 Pfg. Fachsteuer unter sich aufbringt und davon nur 180 Thlr. 27 Sgr. 6 Pfg. an die städtische Steuer-Behörde gezahlt werden, so genießt das dasige Dominium nicht nur Steuerfreiheit, sondern es eignet sich den verbleibenden Ueberschuß mit 23 Thlr. 11 Sgr. 3 Pfg. auch noch an. In Zeiten des Krieges ist nach den bis jetzt in der Oberlausitz bestandenen Gesetzen der Rustikalbesitzer allein der Verpflichtete, welcher Lieferungen, Einquartierungen und Militärtransportfuhren zu leisten und zu tragen hat.“ „Diese Ungleichheit der Besteuerung des Grundbesitzes, wie sie sich zwischen Dominial- und Rustikalbesitz darstellt, findet selbst unter den einzelnen Rustikalbesitzern statt. Während ein Grundbesitz von 4 Morgen jährlich 6 Thlr. an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlt, so zahlt ein Grundbesitz von 15 Morgen etwa 7 Thlr. und ein andrer von 60 Morgen ca. 15 Thlr.; und wenn die unter die Ritterschaft gehörige Gemeinden in Kriegszeiten 43 Einheiten oder Rauchfänge verrechtet, so verrechtet die zur Stadtmitleidenheit gehörige bei gleich großem Grundbesitze nur 4 und eine andere mit sechsmal größerem Grundbesitze nur 42 Einheiten. Was die sonstigen Abgaben, als Klassensteuer, Irrenhausbeiträge, Landtags- und Kreiscommunalkosten betrifft, so ist auch hierbei der Grundbesitz nicht der entscheidende Maßstab, der Rustikalbesitz aber der Hauptträger.“ 8 Wien, 24. April. Gestern verbreitete sich auf einmal die Nachricht, Komorn sei von Görgey entsetzt, die östreichischen Truppen auf eine eclatante Weise geschlagen und Pesth und Ofen von den k. k. Truppen geräumt und von den Ungarn besetzt. Obige Nachrichten versetzten die gestrige Börse in eine sehr bewegte Stimmung, und die Papiäre fielen unendlich herunter. Die Course fielen Anfangs um 3% und noch darüber. ‒ Wir wußten zuverlässig, daß die Truppen des Generals Wohlgemuth, die an der Waag standen, denen der Ungarn hart gegenüberstehen. Die Ungarn ergriffen die Initiative, und haben so den Hauptzweck ihrer Bewegungen, die Entsetzung Komorn's erreicht. Görgey soll bei Neutra stehen. Die Truppen Wohlgemuth's haben sehr viel gelitten; sie haben sich nach westlicher Richtung zurückgezogen. Nur ein Theil der Bagage konnte durch die Tapferkeit des Regiments Welden gerettet werden. Der k. k. Generalmajor Zitta, welcher jüngst von Olmütz aus zur Leitung der Operationen gegen Komorn berufen wurde, ist bereits seit gestern Morgen wieder hier. Alle diese oben angeführten Thatsachen werden weder durch die officiellen noch durch die halbofficiellen hiesigen Blätter in ihrer ganzen Bedeutung dargestellt, sondern nur als höchst unliebsame Gerüchte behandelt. Ueberhaupt beharrt die hiesige Bourgeois-Journalistik in ihrem gewohnten Aufhetzen zu dem sogenannten Vernichtungskampfe gegen die Ungarn, und zwar mehr noch als die Organe der Regierung. Trotzdem daß man sich die östr. „Erbländer“ Polen, Ungarn und Italien um jeden Preis zur Ehre der Integrität Oestreichs erhalten will, werden die aus obigen Provinzen hier weilenden geschäftslosen Personen, in Folge einer Weisung an die hiesige Stadthauptmannschaft vom Gouverneur F.-M.-L. Böhm von hier ausgewiesen, und zwar mit dem Bedeuten, daß dies bis zum 26. d. M. bereits geschehen sein muß. Eine ähnliche Weisung ist auch in Bezug auf die Norddeutschen ergangen. Gerade diese aus den Provinzen Polen, Ungarn und Italien hier weilenden Personen sind die sogenannten östreichischen „Gutgesinnten“, welche nur aus Furcht ihr Geld nach Wien schleppten, und selbes hier unter dem Schutz des Belagerungszustandes verzehrten; auf diese Weise verliert die niedere Bourgeoisie einen bedeutenden Theil ihrer Einkünfte, was sie wahrscheinlich auch bald wieder sammt dem hungernden Proletariat aus ihrem Winterschlafe aufwecken wird. Diese Klassen sehen übrigens jetzt schon ein, daß man, um eine Revolution zu machen mehr thun muß, als einen Minister davonjagen, oder an den Laternenpfahl hängen, ‒ sie sehen ein, daß man an Thronen nicht nur rütteln, sondern sie gänzlich umstürzen muß. Auf morgen den 25. April ist die Rekrutirung durch das Loos für ganz Wien in dem bekannten schwarzenbergischen Gartenpalais in der Vorstadt Wieden angekündet. Von den Losungspflichtigen jungen Leuten geht keiner mit Liebe zum Militärdienst in den Bruderkampf gegen den Magyaren. Es ist jedoch ein ruhiges Vorübergehen dieses Losungsactes zu erwarten, da bedeutende militärische Vorkehrungen am benannten Losungsort getroffen werden. ‒ Eine außerordentliche Beilage zum Abendblatte der Wiener Zeitung enthält Folgendes, wo sie, wie alle andern Bourgeoisblätter die östreichische Ohnmacht in Ungarn, und die Uebermacht der Ungarn mit verhaltenem Zorne anerkennen muß: „Der Krieg in Ungarn ist in der neuesten Zeit in ein Stadium getreten, dessen unterscheidender Charakter wohl in das Auge gefaßt werden muß, will man sich für die Begebenheiten, die sich heute in jenem Lande zutragen und vorbereiten, einen richtigen Standpunkt der Beurtheilung verschaffen. „Nachdem in den Monaten Dezember und Januar die kaiserl. Armee in raschem Siegeslauf die westliche Hälfte des Landes besetzt und dessen Hauptstädte in Besitz genommen hatte, gab man sich der Meinung hin, es sei möglich in friedlichen Wegen die Beruhigung des Königreichs zu bewirken, und vor Allem müsse man dahin streben die allenthalben aus ihren Fugen gegangene Administration wieder einzurichten. „Jene Hoffnung erwies sich aber als eine trügerische. Die materielle Ordnung ward allerdings dort, wo die kaiserlichen Truppen standen, hergestellt; die moralische Pacificirung des Landes ward aber nicht bewirkt, und es ging sonach, in fruchtlosen Versuchen, eine Zeit verloren, welche die Rebellenpartei dazu benutzt hat, ihre Streitkräfte durch äußerste Anstrengung aller revolutionären Hülfsquellen, und durch Zuzug aus allen Theilen Europas auf eine Achtung gebietende Höhe zu bringen. „Ein zahlreiches und wohlgerüstetes Heer steht nunmehr dem unsrigen entgegen, und es darf ferner nicht zweifelhaft sein, daß auf dem Schlachtfelde allein die Geschicke Ungarns entschieden werden können. „Diese Wahrheit ist von der kais. Regierung und von den Führern ihres Heeres anerkannt; und der militärische Gesichtspunkt ist sonach derjenige, von welchem aus fortan allein seitens der kaiserlichen Regierung in Ungarn vorangegangen werden wird. „Der Feind muß bekämpft, geschlagen, vernichtet und, bis dieses geschehen, alle anderen Rücksichten als rein sekundäre angesehen und behandelt werden. „Um jenes zu Stande, um die feindliche Armee zum Schlagen, und wo möglich zur Niederlage zu bringen, müssen die Streitkräfte des Kaisers auf diejenigen Punkte koncentrirt werden, welche nach strategischen Berechnungen als die geeignetesten zur Erreichung des Zweckes sich darstellen. „Dieses geschieht in dem gegenwärtigen Augenblicke; und der bewährte Heerführer, den das Vertrauen unseres Monarchen an die Spitze unserer tapferen Schaaren gestellt hat, ist eben damit beschäftigt, die Aufstellungen zu ordnen, in welchen dieselben dem Feinde entgegenzurücken haben. „Es liegt in der Natur der Sache, daß, während diese Vorbereitungen im Gange sind, die einzelnen Züge derselben nicht verlautbart werden können, und daß überhaupt inmitten der Märsche und Gegenmärsche nicht jeder Tag ein Ereigniß oder den Bericht über ein solches bringen kann. „Der patriotische Sinn unserer Mitbürger möge sich aber einstweilen mit der Gewißheit beruhigen, daß ein muthiges, mit allen Kriegserfordernissen versehenes, und von kampferprobten Führern geleitetes Heer, dem außerdem unablässig und von allen Seiten Verstärkungen zuströmen, die Sache des Vaterlandes in Ungarn versicht; daß der Wille, daß ein freies, großes und einiges Oestreich bestehen bleibe immerdar, wie den Monarchen und seine Räthe, so auch die Bevölkerung in den meisten und wichtigsten Theilen unseres weiten Reiches beseelt; und daß diesem vereinten Willen die krampfhaften Anstrengungen einer verbrecherischen, ihr Vaterland in das Unglück stürzenden, und den bösesten Gelüsten des Auslandes dienenden Faktion, am Ende, und ‒ wir hoffen es, auch schnell unterliegen werden.“ So eben, Vormittags, wird ein Armee-Bülletin, das 35. nämlich, bekannt gemacht, das nichts enthält als die Rückzüge, Aufstellungen und Konzentrirungen der k. k. Truppen in Ungarn, kurz ein abermaliges verschämtes Geständniß, nichts ausgerichtet zu haben, und nichts ausrichten zu können. Nichts als Truppenbewegungen von A bis B, und von B bis C. Es ist natürlich, man muß ja doch den dummen Wienern nach 3 Wochen erfolglosen Wartens wieder einmal etwas mittheilen! Wien. Handelsbriefe aus Wien bekunden, daß die Geschäftswelt und die Kapitalisten der Kaiserstadt keinerlei Vertrauen zu dem dermaligen Bestande der Dinge in Oesterreich haben. Am meisten wird hierfür das Verfahren mit den Banknoten sprechen. Man sucht sie um jeden Preis los zu werden, kauft dafür 5pCt. Metalliques, und remittirt diese nach Frankfurt, um sie dort à tout prix verkaufen zu lassen. Das Gold lassen die Wiener bei den Frankfurter Banquiers stehen. Dies erklärt beiläufig auch den niedern Stand der Diskonto (1pCt.) in Frankfurt a. M. Nach Berichten aus Mailand vom 20. d. M. machte sich der Marschall Graf Radetzky bereit, nach den Lagunen abzureisen, um den Operationen gegen Malghera in Person beizuwohnen. Wien, 23. April. Graf Stadion ist noch immer in Baden nächst Wien, und für Niemand, der nicht zu seinen vertrautesten Freunden gehört, zu sehen und zu sprechen. Er hat Momente, wo er sinnenverwirrt, für gar nichts fähig ist und daher wohl kein Minister-Portefeuille mehr übernehmen wird. Graf Stephan Szecheny, der frühere ungarische Minister, ist noch immer in der Irrenanstalt in Döbling nächst Wien, und wird wohl nicht mehr hergestellt werden; er raset sehr oft und verflucht sich selbst als Denjenigen, der sein Vaterland verrathen und unglücklich gemacht hat, ‒ seine Gemahlin, die vor fünf Monaten mit einer besondern Erlaubniß von Kossuth nach Wien gereist und hier sich aufhält, hat bis jetzt vom Arzt nicht gestattet erhalten, ihren Gemahl zu sehen und zu sprechen. (R. O.-Z.)Altona, den 24. April. In dem vor einigen Monaten mit Th. Bracklow's Verhaftung begonnenen Prozeß ist jetzt endlich das Urtheil gesprochen, welches dahin lautet, daß der Angeklagte von dem ihm zur Last gelegten Vergehen, in öffentlichen Versammlungen zur Unzufriedenheit mit der Regierung resp. zum Ungehorsam aufgefordert zu haben, ‒ da der Thatbestand des Vergehens weder objectiv noch subjectiv constatirt ist, ‒ freigesprochen sei. Nach Angabe des „Ostsee Telegraphen“ hätten sich nicht nur die Einwohner Koldings, sondern auch der jütsche Landsturm bei dem Straßengefechte in Kolding betheiligt und Orla Lehmann mit Letzterem agirt. 15 Schleswig-Holstein, 25, April. Wir erlauben uns in Nachstehendem das gestern erwähnte Schreiben mitzutheilen, so weit es sich für die Oeffentlichkeit eignet. Es ist von einem Jäger des 2. Jägerkorps und lautet: „Obgleich ich bei unserer, kurz vor Ablauf des Waffenstillstandes stattgefundenen Zusammenkunft noch großes Vertrauen in Bonin setzte, und Deinen, das Gegentheil vermuthenden, Aeußerungen keinen Glauben beimessen wollte, so gelange ich jetzt doch nach und nach zu der Einsicht, daß dasselbe Spiel wieder mit uns gespielt wird, wie voriges Jahr. Als Grund zu dieser Annahme diene Dir Folgendes: Daß wir Anfangs von den Dänen zurückgedrängt, nach kurzer Zeit aber wieder vordrangen, ist Dir Alles bekannt. Vorgestern den 19. war unser Korps in Wonsyld, eine gute halbe Meile südlich von Kolding. Ehe ich aber weiter in meiner Erzählung fortfahre, muß ich Dir erst noch etwas in's Gedächtniß zurückrufen. Ich habe Dir Mittheilungen darüber gemacht, daß in unserm Korps demokratische Tendenzen einen besonders fruchtbaren Boden gefunden und Blüthe getrieben haben; auch, was man in Beziehung auf die Unterdrückung derselben gethan, wie man die bei uns beliebten Offiziere fortschickte, obgleich wir dagegen petitionirten, wie man uns statt dessen mit preußischen Kamaschenhengsten beglückte, wie man den Seelhorst, der beim Korps allgemein verachtet und verspottet wird, noch immer als Korpskommandeur fungiren läßt. Alles dessen wirst Du dich erinnern. Dieses sowohl, als auch, daß sich in den andern, zu unserer Brigade gehörenden Bataillons, dem 9., 10. und dem 1. Jägerkorps, wenn auch nicht in dem Maße, so doch über die Mehrzahl, der Republikanismus in einer für die Reaktionspartei bedrohlichen Weise verbreitet habe, war dem General Bonin Alles bekannt. Er wußte ferner, daß, wenn wir unserm Erbfeind nur erst ins Auge gesehen, wir auch gern den Rücken desselben sehen möchten. Bonin kannte seine Pappenheimer. Mit dem 9. Bataillon rückten wir gestern den 20. 6 1/2 Uhr früh von Wonsyld gegen Kolding vor. Wir wußten schon, daß es gut verbarrikadirt und verpallisadirt und stark von den Dänen besetzt sei. Es ging uns hier gerade wie bei Schleswig, wo Wrangel die Dänen entwischen ließ, und woselbst, wenn die holsteinischen Truppen diesen nicht in den Rücken gefallen wären, die Herren Preußen derbe Prügel bekommen hätten; bei Schleswig hieß es hinterher, sollte es erst den folgenden Tag losgehen; hier heißt es: Es war gar nicht Bonins Wille, Kolding zu nehmen, darum hatten wir auch keine Artillerie zur Sprengung des verrammelten Thors und später keine Kavallerie, den Feind zu verfolgen. Daß Bonin die Stärke der dänischen Truppen nicht gekannt, will mir nicht einleuchten, denn uns war es bekannt, daß die Dänen in und um Kolding mit 5 Bataillons, 1 Espinglebatterie und 4 Schwadronen Husaren stark standen. Kolding, die südliche Gränzstadt Jütlands, liegt in einem Thal an einem Einschnitt der Ostsee „Fiord“ genannt. Gegen Süden ist die Stadt gegen einen Angriff durch die Koldingsau, über die eine Brücke führt, gedeckt; die Häuser vor der Brücke waren mit Schießscharten versehen und von den Dänen besetzt. Ich begreife noch jetzt nicht, wie es möglich war, diese Stellung zu nehmen; Tollkühnheit muß es jedenfalls genannt werden. Uebrigens wäre es uns wohl nicht gelungen, so bald in die Stadt zu kommen, wenn nicht einer von unserem Korps so entschlossen gewesen wäre, herumzugehen und das Thor von Innen zu öffnen. Ich bin wohl auf. Wie ich höre, haben wir nur 25 Todte, was ich bezweifle, da nach meiner Ansicht bedeutend mehr gefallen sein müssen. Ich selbst sah wenigstens 20 fallen, ob sie nun alle todt, wage ich nicht zu behaupten. Am meisten beklagt das Korps den besten Offizier, den Lieutenant Hammel, statt dessen hätte lieber unser Major ins Gras beißen können. Dir werden, bis Du diesen Brief empfängst, wahrscheinlich schon sonst Nachrichten zugegangen sein, aus denen wie aus dem Vorhergesagten deutlich: „Verrath ‒ Verrath“ tönen wird. Wenn die Schleswig-Holsteiner noch immer nicht hieran glauben und dies noch immer nicht einsehen, so sind sie wahrlich werth, daß sie auf eine eklatante Weise angeführt werden.“ So weit der Brief. Die Leser mögen hieraus ersehen, daß nicht blos wir, sondern auch Andere an Verrath glauben. Den Bonin'schen Bericht über das neue Gefecht bei und in Kolding am 23. d., den ich Ihnen gestern eiligst zusandte, werden Sie erhalten haben. Ein anderer mündlicher Bericht eines leichtverwundeten Fähnrichs, der Kolding den 23., Abends 6 Uhr, verlassen hatte, lautet im Wesentlichen gleichlautend, doch sollen nach ihm nur 9 Bataillone Dänen nebst Artillerie und Kavallerie den Schleswig-Holsteinern gegenübergestanden haben. Zweimal sollen die Deutschen wieder vorgedrungen, aber einmal beinahe ganz aus Kolding hinaus geworfen worden sein. Bei dem zweiten Vordringen ist das 13. dänische Bataillon, etwas über die Hälfte aus Schleswigern bestehend, so zu sagen übergegangen, indem es die Gewehre von sich geworfen, die Flucht ergriffen, auf der Flucht aber von holsteinischen Dragonern gefangen genommen worden. Von schleswig-holsteinischer Seite sind, so sagte uns dieser Offizier, vielleicht 3-400 Todte und Verwundete, von denen die Hälfte allein auf das 9. Bataillon kämen (Brav Hr. Bonin, daß von jenem republikanischen „Kanonenfutter“ so viel aus dem Wege geräumt ist!), das durch einen Kavallerie-Angriff auf dem Markte gesprengt worden. Die Brigade des linken Flügels hätte endlich diesen todesmuthigen Kämpfern Luft gemacht. In Bonin's Bericht waltet wahrscheinlich ein Versehen ob, so daß es nicht 18, sondern nur 8 Bataillone Dänen gewesen, damit stimmt auch der letztere Bericht überein. Uebrigens wäre es auch eine unerhörte Seltenheit, daß sich 4 Bataillone gegen 18 gehalten haben sollten, dazu noch in einer feindlichen Stadt. Unbegreiflich ist es aber, daß Bonin mit den 4 Bataillonen so isolirt gestanden, daß er nicht gleich Verstärkungen an sich ziehen konnte, oder warum er, wenn das nicht der Fall war, nicht gleich die Brigade des linken Flügels, wie er sich ausdrückt, mit ins Gefecht zog. Möglich, daß es sein Wille war, sich gar nicht in Kolding zu halten, sondern auf eine eklatante Weise von den Dänen wieder von jütschem Boden vertrieben zu werden, daß ihn hieran aber die unerschütterliche Tapferkeit, der Muth und die Ausdauer der schleswig-holsteinischen Truppen gehindert. Solche Truppen wären eines bessern Anführers werth, hätten sie z. B. einen Bem, was würden diese Truppen für Wunder der Tapferkeit verrichten, was für Siege erfechten! Wenn man diese Wirthschaft hier im Lande schon seit vorigem Jahre mit eigenen Augen angesehen, da muß man unwillkürlich ausrufen: „O mein Vaterland, dich nur beklag ich! etc. Unter den Gefangenen der letzten Affaire befindet sich der Exminister Orla Lehmann. Derselbe sitzt in Schleswig auf dem Schlosse Gottorf. So hätte das Schicksal auch diesen Mann, der sehr viel zu den Wirren in Kopenhagen beigetragen, ereilt. Von der Königsau, 24. April. Gestern Morgen griffen die Dänen uns mit sehr überlegener Macht, theils jenseits Koldings, theils eine Meile weiter westlich, bei Wandrup, an. Anfänglich ging unser linker Flügel, der sich gegen die weit überlegene feindliche Truppenmacht zu schwach fühlte, zurück, und wurde dadurch später der rechte Flügel, der bisher anhaltend in den Schanzen jenseits Koldings gekämpft hatte, ebenfalls gezwungen, sich diesseits der Stadt, wo wir unsere Hauptbatterien postirt hatten, zurückzuziehen. Bei diesem Durchzuge der Unserigen durch die Stadt, wurden sie von den Einwohnern mit Hagel beschossen, und als die Dänen nachdrangen, ist ein Theil unserer Verwundeten von den Koldingern erschlagen worden. Zur ewigen Schande der Stadt Kolding ist dies Thatsache, sowie daß man ebenfalls mehrere schleswig-holsteinische Soldaten zu vergiften gesucht hat. Das 9. und 10. Bataillon, zum linken Flügel gehörend, wurde zu sehr von den Einwohnern belästigt, um sich in der von den Dänen mit Granaten beschossenen und bereits in Brand gerathenen Stadt halten zu können, und durch das schändliche Betragen der Einwohnerschaft aufs höchste empört, ertheilte Oberst Zastrow Befehl, die Stadt zusammenzuschießen. Dieselbe ist demnach theils durch Feuer verzehrt, theils durch Granaten und Kanonenkugeln in Ruinen verwandelt worden. Nachdem unsere Truppen sich wieder concentrirt hatten und durch die erforderlichen Streitkräfte ergänzt worden, stellte sich das Gefecht wieder her, der Feind ward vollständig zurückgedrängt, wobei sich ein verzweifelter Straßenkampf entspann. Der Feind mußte aber aus der Stadt hinaus und floh in wilder Hast theils in der Richtung nach Veile, theils nach Friedericia. Der Feind hat sehr bedeutende Verluste erlitten; eine Husarenschwadron, aus 60 bis 70 Mann bestehend, ließen unsere hinter den Schanzen gelagerten Jäger bis auf 25 Schritte herankommen, da erst gaben sie Feuer, und es stürzte die ganze <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar285-1_006" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1611"/> den Ihr wiederum mit dem deutschen Volke treiben wollt, wenn Ihr verlangt, wir, die Demokraten, sollen uns für dasselbe begeistern, wofür der westphälische Krautjunker Vincke sicht. Gesinnungsgenossen dieses Kämpen mögen unter den Männern des Märzvereins sein, nicht aber unter den Demokraten.</p> <p>Wir, die wir gerade den Theil des deutschen Volkes vertreten, der immer nur die Revolutionen schlägt, wir sind der Ueberzeugung, daß dieser Theil des Volkes mit uns empört ist über den Verrath seiner Vertreter, den dieselben ausgeführt haben durch Schaffung eines Kaiserreichs.</p> <p>Wenn Ihr endlich am Ende Eures Schreibens vom 11. April sagt: „Deutschland erwartet, daß Jedermann seine Schuldigkeit thun wird,“ so erwarten wir dagegen, daß das deutsche Volk für die Kaiserfabrikanten, die Wien bombardiren und den Mord Robert Blums ungerächt ließen, keinen Finger krumm machen wird. Sollte jedoch das deutsche Volk zum Kampfe gezwungen werden, so wird es nicht blos kämpfen gegen seine offenen, sondern auch gegen seine geheimen Feinde. Und zu diesen wird es dann die Majorität des Parlaments rechnen, die voriges Jahr durch ihr Zaudern und Verkennen des Zeitbedürfnisses, durch ihre Rath- und Thatlosigkeit das Volk verrathen hat.</p> </div> <div xml:id="ar285-1_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Görlitz, 22. April.</head> <p>Als Gegensatz zu einer raubritterlich-oberlausitzischen Denkschrift haben die Rustikalen oder Bauern der Oberlausitz eine Petition an die zweite Kammer entworfen, worin es u. A. heißt:</p> <p>„Die Einführung eines neuen Grundsteuer-Systems, nach welchem künftig der große und kleine Grundbesitz nach gleichem Maßstabe seine Grundsteuer tragen und die Grundsteuer-Befreiungen aufhören sollen, entspricht den Forderungen der Zeit und der Billigkeit und wir erkennen dankbar darin einen Akt der Gerechtigkeit gegen den Rustikalbesitz.“</p> <p>„Die Steuerpflichtigen in der Oberlausitz theilen sich gegenwärtig in solche:</p> <p>a) welche zur Ritterschaft oder dem Lande gehören und als Dominialbesitzer: Mundgutsteuer, als Rustikalbesitzer aber: Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlen; dann in solche,</p> <p>b) welche den städtischen Steuer-Corporationen von Görlitz-Lauban und den dazu gehörenden Stadtmitleidenheits-Dorfschaften angehören und als Dominialbesitzer wenn nicht völlige Grundsteuerfreiheit, doch nur einen geringen Betrag leisten, als Rustikalbesitzer aber Fachsteuer, Milizgeld und langvoigteiliche Rente zu entrichten haben. Die jährlich zu entrichtende Steuerquote wird bei a) durch die Städte der Oberlausitz, bei b) aber durch die Städte den Betreffenden zugewiesen.</p> <p>„Hauptträger ist der Rustikalbesitzer. Während z. B. das ritterschaftliche Dominium an einem uns bekannten Orte jährlich 120 Thlr. Mundgutsteuer zahlt, so zahlen die dasigen Rustikalbesitzer bei geringerem Grundbesitze ca. 500 Thlr an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteilicher Rente; und wenn die zur Stadtmitleidenheit gehörige Gemeinde jährlich 204 Thlr. 8 Sgr. 9 Pfg. Fachsteuer unter sich aufbringt und davon nur 180 Thlr. 27 Sgr. 6 Pfg. an die städtische Steuer-Behörde gezahlt werden, so genießt das dasige Dominium nicht nur Steuerfreiheit, sondern es eignet sich den verbleibenden Ueberschuß mit 23 Thlr. 11 Sgr. 3 Pfg. auch noch an. In Zeiten des Krieges ist nach den bis jetzt in der Oberlausitz bestandenen Gesetzen der Rustikalbesitzer allein der Verpflichtete, welcher Lieferungen, Einquartierungen und Militärtransportfuhren zu leisten und zu tragen hat.“</p> <p>„Diese Ungleichheit der Besteuerung des Grundbesitzes, wie sie sich zwischen Dominial- und Rustikalbesitz darstellt, findet selbst unter den einzelnen Rustikalbesitzern statt. Während ein Grundbesitz von 4 Morgen jährlich 6 Thlr. an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlt, so zahlt ein Grundbesitz von 15 Morgen etwa 7 Thlr. und ein andrer von 60 Morgen ca. 15 Thlr.; und wenn die unter die Ritterschaft gehörige Gemeinden in Kriegszeiten 43 Einheiten oder Rauchfänge verrechtet, so verrechtet die zur Stadtmitleidenheit gehörige bei gleich großem Grundbesitze nur 4 und eine andere mit sechsmal größerem Grundbesitze nur 42 Einheiten. Was die sonstigen Abgaben, als Klassensteuer, Irrenhausbeiträge, Landtags- und Kreiscommunalkosten betrifft, so ist auch hierbei der Grundbesitz nicht der entscheidende Maßstab, der Rustikalbesitz aber der Hauptträger.“</p> </div> <div xml:id="ar285-1_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>8</author></bibl> Wien, 24. April.</head> <p>Gestern verbreitete sich auf einmal die Nachricht, Komorn sei von Görgey entsetzt, die östreichischen Truppen auf eine eclatante Weise geschlagen und Pesth und Ofen von den k. k. Truppen geräumt und von den Ungarn besetzt. Obige Nachrichten versetzten die gestrige Börse in eine sehr bewegte Stimmung, und die Papiäre fielen unendlich herunter. Die Course fielen Anfangs um 3% und noch darüber. ‒ Wir wußten zuverlässig, daß die Truppen des Generals Wohlgemuth, die an der Waag standen, denen der Ungarn hart gegenüberstehen. Die Ungarn ergriffen die Initiative, und haben so den Hauptzweck ihrer Bewegungen, die Entsetzung Komorn's erreicht. Görgey soll bei <hi rendition="#g">Neutra</hi> stehen. <hi rendition="#g">Die Truppen Wohlgemuth's haben sehr viel gelitten;</hi> sie haben sich nach westlicher Richtung zurückgezogen. Nur ein Theil der Bagage konnte durch die Tapferkeit des Regiments Welden gerettet werden. Der k. k. Generalmajor Zitta, welcher jüngst von Olmütz aus zur Leitung der Operationen gegen Komorn berufen wurde, ist bereits seit gestern Morgen wieder hier. Alle diese oben angeführten Thatsachen werden weder durch die officiellen noch durch die halbofficiellen hiesigen Blätter in ihrer ganzen Bedeutung dargestellt, sondern nur als höchst unliebsame Gerüchte behandelt. Ueberhaupt beharrt die hiesige Bourgeois-Journalistik in ihrem gewohnten Aufhetzen zu dem sogenannten Vernichtungskampfe gegen die Ungarn, und zwar <hi rendition="#g">mehr noch als die Organe der Regierung.</hi> </p> <p>Trotzdem daß man sich die östr. „Erbländer“ Polen, Ungarn und Italien um jeden Preis zur Ehre der Integrität Oestreichs erhalten will, werden die aus obigen Provinzen hier weilenden geschäftslosen Personen, in Folge einer Weisung an die hiesige Stadthauptmannschaft vom Gouverneur F.-M.-L. Böhm von hier ausgewiesen, und zwar mit dem Bedeuten, daß dies bis zum 26. d. M. bereits geschehen sein muß. Eine ähnliche Weisung ist auch in Bezug auf die Norddeutschen ergangen. Gerade diese aus den Provinzen Polen, Ungarn und Italien hier weilenden Personen sind die sogenannten östreichischen „Gutgesinnten“, welche nur aus Furcht ihr Geld nach Wien schleppten, und selbes hier unter dem Schutz des Belagerungszustandes verzehrten; auf diese Weise verliert die niedere Bourgeoisie einen bedeutenden Theil ihrer Einkünfte, was sie wahrscheinlich auch bald wieder sammt dem hungernden Proletariat aus ihrem Winterschlafe aufwecken wird. Diese Klassen sehen übrigens jetzt schon ein, daß man, um eine Revolution zu machen mehr thun muß, als einen Minister davonjagen, oder an den Laternenpfahl hängen, ‒ sie sehen ein, daß man an Thronen nicht nur rütteln, sondern sie gänzlich umstürzen muß.</p> <p>Auf morgen den 25. April ist die Rekrutirung durch das Loos für ganz Wien in dem bekannten schwarzenbergischen Gartenpalais in der Vorstadt Wieden angekündet. Von den Losungspflichtigen jungen Leuten geht keiner mit Liebe zum Militärdienst in den Bruderkampf gegen den Magyaren. Es ist jedoch ein ruhiges Vorübergehen dieses Losungsactes zu erwarten, da bedeutende militärische Vorkehrungen am benannten Losungsort getroffen werden. ‒ <hi rendition="#g">Eine außerordentliche Beilage zum Abendblatte der Wiener Zeitung</hi> enthält Folgendes, wo sie, wie alle andern Bourgeoisblätter die östreichische Ohnmacht in Ungarn, und die Uebermacht der Ungarn mit verhaltenem Zorne anerkennen muß:</p> <p>„Der Krieg in Ungarn ist in der neuesten Zeit in ein Stadium getreten, dessen unterscheidender Charakter wohl in das Auge gefaßt werden muß, will man sich für die Begebenheiten, die sich heute in jenem Lande zutragen und vorbereiten, einen richtigen Standpunkt der Beurtheilung verschaffen.</p> <p>„Nachdem in den Monaten Dezember und Januar die kaiserl. Armee in raschem Siegeslauf die westliche Hälfte des Landes besetzt und dessen Hauptstädte in Besitz genommen hatte, gab man sich der Meinung hin, es sei möglich in friedlichen Wegen die Beruhigung des Königreichs zu bewirken, und vor Allem müsse man dahin streben die allenthalben aus ihren Fugen gegangene Administration wieder einzurichten.</p> <p>„Jene Hoffnung erwies sich aber als eine trügerische. Die materielle Ordnung ward allerdings dort, wo die kaiserlichen Truppen standen, hergestellt; die moralische Pacificirung des Landes ward aber nicht bewirkt, und es ging sonach, in fruchtlosen Versuchen, eine Zeit verloren, welche die Rebellenpartei dazu benutzt hat, ihre Streitkräfte durch äußerste Anstrengung aller revolutionären Hülfsquellen, und durch Zuzug aus allen Theilen Europas auf eine Achtung gebietende Höhe zu bringen.</p> <p>„Ein zahlreiches und wohlgerüstetes Heer steht nunmehr dem unsrigen entgegen, und es darf ferner nicht zweifelhaft sein, daß auf dem Schlachtfelde allein die Geschicke Ungarns entschieden werden können.</p> <p>„Diese Wahrheit ist von der kais. Regierung und von den Führern ihres Heeres anerkannt; und der militärische Gesichtspunkt ist sonach derjenige, von welchem aus fortan allein seitens der kaiserlichen Regierung in Ungarn vorangegangen werden wird.</p> <p>„Der <hi rendition="#g">Feind</hi> muß bekämpft, geschlagen, vernichtet und, bis dieses geschehen, alle anderen Rücksichten als rein sekundäre angesehen und behandelt werden.</p> <p>„Um jenes zu Stande, um die feindliche Armee zum Schlagen, und wo möglich zur Niederlage zu bringen, müssen die Streitkräfte des Kaisers auf diejenigen Punkte koncentrirt werden, welche nach strategischen Berechnungen als die geeignetesten zur Erreichung des Zweckes sich darstellen.</p> <p>„Dieses geschieht in dem gegenwärtigen Augenblicke; und der bewährte Heerführer, den das Vertrauen unseres Monarchen an die Spitze unserer tapferen Schaaren gestellt hat, ist eben damit beschäftigt, die Aufstellungen zu ordnen, in welchen dieselben dem Feinde entgegenzurücken haben.</p> <p>„Es liegt in der Natur der Sache, daß, während diese Vorbereitungen im Gange sind, die einzelnen Züge derselben nicht verlautbart werden können, und daß überhaupt inmitten der Märsche und Gegenmärsche nicht jeder Tag ein Ereigniß oder den Bericht über ein solches bringen kann.</p> <p>„Der patriotische Sinn unserer Mitbürger möge sich aber einstweilen mit der Gewißheit beruhigen, daß ein muthiges, mit allen Kriegserfordernissen versehenes, und von kampferprobten Führern geleitetes Heer, dem außerdem unablässig und von allen Seiten Verstärkungen zuströmen, die Sache des Vaterlandes in Ungarn versicht; daß der Wille, daß ein freies, großes und einiges Oestreich bestehen bleibe immerdar, wie den Monarchen und seine Räthe, so auch die Bevölkerung in den meisten und wichtigsten Theilen unseres weiten Reiches beseelt; und daß diesem vereinten Willen die krampfhaften Anstrengungen einer verbrecherischen, ihr Vaterland in das Unglück stürzenden, und den bösesten Gelüsten des Auslandes dienenden Faktion, am Ende, und ‒ wir hoffen es, auch schnell unterliegen werden.“</p> <p>So eben, Vormittags, wird ein Armee-Bülletin, das 35. nämlich, bekannt gemacht, das nichts enthält als die Rückzüge, Aufstellungen und Konzentrirungen der k. k. Truppen in Ungarn, kurz ein abermaliges verschämtes Geständniß, nichts ausgerichtet zu haben, und nichts ausrichten zu können. Nichts als Truppenbewegungen von A bis B, und von B bis C.</p> <p>Es ist natürlich, man muß ja doch den dummen Wienern nach 3 Wochen erfolglosen Wartens wieder einmal etwas mittheilen!</p> </div> <div xml:id="ar285-1_009" type="jArticle"> <head>Wien.</head> <p>Handelsbriefe aus Wien bekunden, daß die Geschäftswelt und die Kapitalisten der Kaiserstadt keinerlei Vertrauen zu dem dermaligen Bestande der Dinge in Oesterreich haben. Am meisten wird hierfür das Verfahren mit den Banknoten sprechen. Man sucht sie um jeden Preis los zu werden, kauft dafür 5pCt. Metalliques, und remittirt diese nach Frankfurt, um sie dort à tout prix verkaufen zu lassen. Das Gold lassen die Wiener bei den Frankfurter Banquiers stehen. Dies erklärt beiläufig auch den niedern Stand der Diskonto (1pCt.) in Frankfurt a. M.</p> <p>Nach Berichten aus Mailand vom 20. d. M. machte sich der Marschall Graf Radetzky bereit, nach den Lagunen abzureisen, um den Operationen gegen Malghera in Person beizuwohnen.</p> </div> <div xml:id="ar285-1_010" type="jArticle"> <head>Wien, 23. April.</head> <p>Graf Stadion ist noch immer in Baden nächst Wien, und für Niemand, der nicht zu seinen vertrautesten Freunden gehört, zu sehen und zu sprechen. Er hat Momente, wo er sinnenverwirrt, für gar nichts fähig ist und daher wohl kein Minister-Portefeuille mehr übernehmen wird. Graf Stephan Szecheny, der frühere ungarische Minister, ist noch immer in der Irrenanstalt in Döbling nächst Wien, und wird wohl nicht mehr hergestellt werden; er raset sehr oft und verflucht sich selbst als Denjenigen, der sein Vaterland verrathen und unglücklich gemacht hat, ‒ seine Gemahlin, die vor fünf Monaten mit einer besondern Erlaubniß von Kossuth nach Wien gereist und hier sich aufhält, hat bis jetzt vom Arzt nicht gestattet erhalten, ihren Gemahl zu sehen und zu sprechen.</p> <bibl>(R. O.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar285-1_011" type="jArticle"> <head>Altona, den 24. April.</head> <p>In dem vor einigen Monaten mit Th. Bracklow's Verhaftung begonnenen Prozeß ist jetzt endlich das Urtheil gesprochen, welches dahin lautet, daß der Angeklagte von dem ihm zur Last gelegten Vergehen, in öffentlichen Versammlungen zur Unzufriedenheit mit der Regierung resp. zum Ungehorsam aufgefordert zu haben, ‒ da der Thatbestand des Vergehens weder objectiv noch subjectiv constatirt ist, ‒ freigesprochen sei.</p> <p>Nach Angabe des „Ostsee Telegraphen“ hätten sich nicht nur die Einwohner Koldings, sondern auch der jütsche Landsturm bei dem Straßengefechte in Kolding betheiligt und Orla Lehmann mit Letzterem agirt.</p> </div> <div xml:id="ar285-1_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 25, April.</head> <p>Wir erlauben uns in Nachstehendem das gestern erwähnte Schreiben mitzutheilen, so weit es sich für die Oeffentlichkeit eignet. Es ist von einem Jäger des 2. Jägerkorps und lautet:</p> <p>„Obgleich ich bei unserer, kurz vor Ablauf des Waffenstillstandes stattgefundenen Zusammenkunft noch großes Vertrauen in Bonin setzte, und Deinen, das Gegentheil vermuthenden, Aeußerungen keinen Glauben beimessen wollte, so gelange ich jetzt doch nach und nach zu der Einsicht, daß dasselbe Spiel wieder mit uns gespielt wird, wie voriges Jahr. Als Grund zu dieser Annahme diene Dir Folgendes: Daß wir Anfangs von den Dänen zurückgedrängt, nach kurzer Zeit aber wieder vordrangen, ist Dir Alles bekannt. Vorgestern den 19. war unser Korps in Wonsyld, eine gute halbe Meile südlich von Kolding. Ehe ich aber weiter in meiner Erzählung fortfahre, muß ich Dir erst noch etwas in's Gedächtniß zurückrufen. Ich habe Dir Mittheilungen darüber gemacht, daß in unserm Korps demokratische Tendenzen einen besonders fruchtbaren Boden gefunden und Blüthe getrieben haben; auch, was man in Beziehung auf die Unterdrückung derselben gethan, wie man die bei uns beliebten Offiziere fortschickte, obgleich wir dagegen petitionirten, wie man uns statt dessen mit preußischen Kamaschenhengsten beglückte, wie man den Seelhorst, der beim Korps allgemein verachtet und verspottet wird, noch immer als Korpskommandeur fungiren läßt. Alles dessen wirst Du dich erinnern. Dieses sowohl, als auch, daß sich in den andern, zu unserer Brigade gehörenden Bataillons, dem 9., 10. und dem 1. Jägerkorps, wenn auch nicht in dem Maße, so doch über die Mehrzahl, der Republikanismus in einer für die Reaktionspartei bedrohlichen Weise verbreitet habe, war dem General Bonin Alles bekannt. Er wußte ferner, daß, wenn wir unserm Erbfeind nur erst ins Auge gesehen, wir auch gern den Rücken desselben sehen möchten. Bonin kannte seine Pappenheimer. Mit dem 9. Bataillon rückten wir gestern den 20. 6 1/2 Uhr früh von Wonsyld gegen Kolding vor. Wir wußten schon, daß es gut verbarrikadirt und verpallisadirt und stark von den Dänen besetzt sei. Es ging uns hier gerade wie bei Schleswig, wo Wrangel die Dänen entwischen ließ, und woselbst, wenn die holsteinischen Truppen diesen nicht in den Rücken gefallen wären, die Herren Preußen derbe Prügel bekommen hätten; bei Schleswig hieß es hinterher, sollte es erst den folgenden Tag losgehen; hier heißt es: Es war gar nicht Bonins Wille, Kolding zu nehmen, darum hatten wir auch keine Artillerie zur Sprengung des verrammelten Thors und später keine Kavallerie, den Feind zu verfolgen. Daß Bonin die Stärke der dänischen Truppen nicht gekannt, will mir nicht einleuchten, denn uns war es bekannt, daß die Dänen in und um Kolding mit 5 Bataillons, 1 Espinglebatterie und 4 Schwadronen Husaren stark standen. Kolding, die südliche Gränzstadt Jütlands, liegt in einem Thal an einem Einschnitt der Ostsee „Fiord“ genannt. Gegen Süden ist die Stadt gegen einen Angriff durch die Koldingsau, über die eine Brücke führt, gedeckt; die Häuser vor der Brücke waren mit Schießscharten versehen und von den Dänen besetzt. Ich begreife noch jetzt nicht, wie es möglich war, diese Stellung zu nehmen; Tollkühnheit muß es jedenfalls genannt werden. Uebrigens wäre es uns wohl nicht gelungen, so bald in die Stadt zu kommen, wenn nicht einer von unserem Korps so entschlossen gewesen wäre, herumzugehen und das Thor von Innen zu öffnen. Ich bin wohl auf. Wie ich höre, haben wir nur 25 Todte, was ich bezweifle, da nach meiner Ansicht bedeutend mehr gefallen sein müssen. Ich selbst sah wenigstens 20 fallen, ob sie nun alle todt, wage ich nicht zu behaupten. Am meisten beklagt das Korps den besten Offizier, den Lieutenant Hammel, statt dessen hätte lieber unser Major ins Gras beißen können. Dir werden, bis Du diesen Brief empfängst, wahrscheinlich schon sonst Nachrichten zugegangen sein, aus denen wie aus dem Vorhergesagten deutlich: „Verrath ‒ Verrath“ tönen wird. Wenn die Schleswig-Holsteiner noch immer nicht hieran glauben und dies noch immer nicht einsehen, so sind sie wahrlich werth, daß sie auf eine eklatante Weise angeführt werden.“ So weit der Brief.</p> <p>Die Leser mögen hieraus ersehen, daß nicht blos wir, sondern auch Andere an Verrath glauben.</p> <p>Den Bonin'schen Bericht über das neue Gefecht bei und in Kolding am 23. d., den ich Ihnen gestern eiligst zusandte, werden Sie erhalten haben.</p> <p>Ein anderer mündlicher Bericht eines leichtverwundeten Fähnrichs, der Kolding den 23., Abends 6 Uhr, verlassen hatte, lautet im Wesentlichen gleichlautend, doch sollen nach ihm nur 9 Bataillone Dänen nebst Artillerie und Kavallerie den Schleswig-Holsteinern gegenübergestanden haben. Zweimal sollen die Deutschen wieder vorgedrungen, aber einmal beinahe ganz aus Kolding hinaus geworfen worden sein. Bei dem zweiten Vordringen ist das 13. dänische Bataillon, etwas über die Hälfte aus Schleswigern bestehend, so zu sagen übergegangen, indem es die Gewehre von sich geworfen, die Flucht ergriffen, auf der Flucht aber von holsteinischen Dragonern gefangen genommen worden. Von schleswig-holsteinischer Seite sind, so sagte uns dieser Offizier, vielleicht 3-400 Todte und Verwundete, von denen die Hälfte allein auf das 9. Bataillon kämen (Brav Hr. Bonin, daß von jenem republikanischen „Kanonenfutter“ so viel aus dem Wege geräumt ist!), das durch einen Kavallerie-Angriff auf dem Markte gesprengt worden. Die Brigade des linken Flügels hätte endlich diesen todesmuthigen Kämpfern Luft gemacht.</p> <p>In Bonin's Bericht waltet wahrscheinlich ein Versehen ob, so daß es nicht 18, sondern nur 8 Bataillone Dänen gewesen, damit stimmt auch der letztere Bericht überein. Uebrigens wäre es auch eine unerhörte Seltenheit, daß sich 4 Bataillone gegen 18 gehalten haben sollten, dazu noch in einer feindlichen Stadt. Unbegreiflich ist es aber, daß Bonin mit den 4 Bataillonen so isolirt gestanden, daß er nicht gleich Verstärkungen an sich ziehen konnte, oder warum er, wenn das nicht der Fall war, nicht gleich die Brigade des linken Flügels, wie er sich ausdrückt, mit ins Gefecht zog. Möglich, daß es sein Wille war, sich gar nicht in Kolding zu halten, sondern auf eine eklatante Weise von den Dänen wieder von jütschem Boden vertrieben zu werden, daß ihn hieran aber die unerschütterliche Tapferkeit, der Muth und die Ausdauer der schleswig-holsteinischen Truppen gehindert. Solche Truppen wären eines bessern Anführers werth, hätten sie z. B. einen Bem, was würden diese Truppen für Wunder der Tapferkeit verrichten, was für Siege erfechten! Wenn man diese Wirthschaft hier im Lande schon seit vorigem Jahre mit eigenen Augen angesehen, da muß man unwillkürlich ausrufen: „O mein Vaterland, dich nur beklag ich! etc.</p> <p>Unter den Gefangenen der letzten Affaire befindet sich der Exminister Orla Lehmann. Derselbe sitzt in Schleswig auf dem Schlosse Gottorf. So hätte das Schicksal auch diesen Mann, der sehr viel zu den Wirren in Kopenhagen beigetragen, ereilt.</p> </div> <div xml:id="ar285-1_013" type="jArticle"> <head>Von der Königsau, 24. April.</head> <p>Gestern Morgen griffen die Dänen uns mit sehr überlegener Macht, theils jenseits Koldings, theils eine Meile weiter westlich, bei Wandrup, an. Anfänglich ging unser linker Flügel, der sich gegen die weit überlegene feindliche Truppenmacht zu schwach fühlte, zurück, und wurde dadurch später der rechte Flügel, der bisher anhaltend in den Schanzen jenseits Koldings gekämpft hatte, ebenfalls gezwungen, sich diesseits der Stadt, wo wir unsere Hauptbatterien postirt hatten, zurückzuziehen. Bei diesem Durchzuge der Unserigen durch die Stadt, wurden sie von den Einwohnern mit Hagel beschossen, und als die Dänen nachdrangen, ist ein Theil unserer Verwundeten von den Koldingern erschlagen worden. Zur ewigen Schande der Stadt Kolding ist dies Thatsache, sowie daß man ebenfalls mehrere schleswig-holsteinische Soldaten zu vergiften gesucht hat. Das 9. und 10. Bataillon, zum linken Flügel gehörend, wurde zu sehr von den Einwohnern belästigt, um sich in der von den Dänen mit Granaten beschossenen und bereits in Brand gerathenen Stadt halten zu können, und durch das schändliche Betragen der Einwohnerschaft aufs höchste empört, ertheilte Oberst Zastrow Befehl, die Stadt zusammenzuschießen. Dieselbe ist demnach theils durch Feuer verzehrt, theils durch Granaten und Kanonenkugeln in Ruinen verwandelt worden. Nachdem unsere Truppen sich wieder concentrirt hatten und durch die erforderlichen Streitkräfte ergänzt worden, stellte sich das Gefecht wieder her, der Feind ward vollständig zurückgedrängt, wobei sich ein verzweifelter Straßenkampf entspann.</p> <p>Der Feind mußte aber aus der Stadt hinaus und floh in wilder Hast theils in der Richtung nach Veile, theils nach Friedericia. Der Feind hat sehr bedeutende Verluste erlitten; eine Husarenschwadron, aus 60 bis 70 Mann bestehend, ließen unsere hinter den Schanzen gelagerten Jäger bis auf 25 Schritte herankommen, da erst gaben sie Feuer, und es stürzte die ganze </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1611/0003]
den Ihr wiederum mit dem deutschen Volke treiben wollt, wenn Ihr verlangt, wir, die Demokraten, sollen uns für dasselbe begeistern, wofür der westphälische Krautjunker Vincke sicht. Gesinnungsgenossen dieses Kämpen mögen unter den Männern des Märzvereins sein, nicht aber unter den Demokraten.
Wir, die wir gerade den Theil des deutschen Volkes vertreten, der immer nur die Revolutionen schlägt, wir sind der Ueberzeugung, daß dieser Theil des Volkes mit uns empört ist über den Verrath seiner Vertreter, den dieselben ausgeführt haben durch Schaffung eines Kaiserreichs.
Wenn Ihr endlich am Ende Eures Schreibens vom 11. April sagt: „Deutschland erwartet, daß Jedermann seine Schuldigkeit thun wird,“ so erwarten wir dagegen, daß das deutsche Volk für die Kaiserfabrikanten, die Wien bombardiren und den Mord Robert Blums ungerächt ließen, keinen Finger krumm machen wird. Sollte jedoch das deutsche Volk zum Kampfe gezwungen werden, so wird es nicht blos kämpfen gegen seine offenen, sondern auch gegen seine geheimen Feinde. Und zu diesen wird es dann die Majorität des Parlaments rechnen, die voriges Jahr durch ihr Zaudern und Verkennen des Zeitbedürfnisses, durch ihre Rath- und Thatlosigkeit das Volk verrathen hat.
* Görlitz, 22. April. Als Gegensatz zu einer raubritterlich-oberlausitzischen Denkschrift haben die Rustikalen oder Bauern der Oberlausitz eine Petition an die zweite Kammer entworfen, worin es u. A. heißt:
„Die Einführung eines neuen Grundsteuer-Systems, nach welchem künftig der große und kleine Grundbesitz nach gleichem Maßstabe seine Grundsteuer tragen und die Grundsteuer-Befreiungen aufhören sollen, entspricht den Forderungen der Zeit und der Billigkeit und wir erkennen dankbar darin einen Akt der Gerechtigkeit gegen den Rustikalbesitz.“
„Die Steuerpflichtigen in der Oberlausitz theilen sich gegenwärtig in solche:
a) welche zur Ritterschaft oder dem Lande gehören und als Dominialbesitzer: Mundgutsteuer, als Rustikalbesitzer aber: Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlen; dann in solche,
b) welche den städtischen Steuer-Corporationen von Görlitz-Lauban und den dazu gehörenden Stadtmitleidenheits-Dorfschaften angehören und als Dominialbesitzer wenn nicht völlige Grundsteuerfreiheit, doch nur einen geringen Betrag leisten, als Rustikalbesitzer aber Fachsteuer, Milizgeld und langvoigteiliche Rente zu entrichten haben. Die jährlich zu entrichtende Steuerquote wird bei a) durch die Städte der Oberlausitz, bei b) aber durch die Städte den Betreffenden zugewiesen.
„Hauptträger ist der Rustikalbesitzer. Während z. B. das ritterschaftliche Dominium an einem uns bekannten Orte jährlich 120 Thlr. Mundgutsteuer zahlt, so zahlen die dasigen Rustikalbesitzer bei geringerem Grundbesitze ca. 500 Thlr an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteilicher Rente; und wenn die zur Stadtmitleidenheit gehörige Gemeinde jährlich 204 Thlr. 8 Sgr. 9 Pfg. Fachsteuer unter sich aufbringt und davon nur 180 Thlr. 27 Sgr. 6 Pfg. an die städtische Steuer-Behörde gezahlt werden, so genießt das dasige Dominium nicht nur Steuerfreiheit, sondern es eignet sich den verbleibenden Ueberschuß mit 23 Thlr. 11 Sgr. 3 Pfg. auch noch an. In Zeiten des Krieges ist nach den bis jetzt in der Oberlausitz bestandenen Gesetzen der Rustikalbesitzer allein der Verpflichtete, welcher Lieferungen, Einquartierungen und Militärtransportfuhren zu leisten und zu tragen hat.“
„Diese Ungleichheit der Besteuerung des Grundbesitzes, wie sie sich zwischen Dominial- und Rustikalbesitz darstellt, findet selbst unter den einzelnen Rustikalbesitzern statt. Während ein Grundbesitz von 4 Morgen jährlich 6 Thlr. an Rauchsteuer, Milizgeld und landvoigteiliche Rente zahlt, so zahlt ein Grundbesitz von 15 Morgen etwa 7 Thlr. und ein andrer von 60 Morgen ca. 15 Thlr.; und wenn die unter die Ritterschaft gehörige Gemeinden in Kriegszeiten 43 Einheiten oder Rauchfänge verrechtet, so verrechtet die zur Stadtmitleidenheit gehörige bei gleich großem Grundbesitze nur 4 und eine andere mit sechsmal größerem Grundbesitze nur 42 Einheiten. Was die sonstigen Abgaben, als Klassensteuer, Irrenhausbeiträge, Landtags- und Kreiscommunalkosten betrifft, so ist auch hierbei der Grundbesitz nicht der entscheidende Maßstab, der Rustikalbesitz aber der Hauptträger.“
8 Wien, 24. April. Gestern verbreitete sich auf einmal die Nachricht, Komorn sei von Görgey entsetzt, die östreichischen Truppen auf eine eclatante Weise geschlagen und Pesth und Ofen von den k. k. Truppen geräumt und von den Ungarn besetzt. Obige Nachrichten versetzten die gestrige Börse in eine sehr bewegte Stimmung, und die Papiäre fielen unendlich herunter. Die Course fielen Anfangs um 3% und noch darüber. ‒ Wir wußten zuverlässig, daß die Truppen des Generals Wohlgemuth, die an der Waag standen, denen der Ungarn hart gegenüberstehen. Die Ungarn ergriffen die Initiative, und haben so den Hauptzweck ihrer Bewegungen, die Entsetzung Komorn's erreicht. Görgey soll bei Neutra stehen. Die Truppen Wohlgemuth's haben sehr viel gelitten; sie haben sich nach westlicher Richtung zurückgezogen. Nur ein Theil der Bagage konnte durch die Tapferkeit des Regiments Welden gerettet werden. Der k. k. Generalmajor Zitta, welcher jüngst von Olmütz aus zur Leitung der Operationen gegen Komorn berufen wurde, ist bereits seit gestern Morgen wieder hier. Alle diese oben angeführten Thatsachen werden weder durch die officiellen noch durch die halbofficiellen hiesigen Blätter in ihrer ganzen Bedeutung dargestellt, sondern nur als höchst unliebsame Gerüchte behandelt. Ueberhaupt beharrt die hiesige Bourgeois-Journalistik in ihrem gewohnten Aufhetzen zu dem sogenannten Vernichtungskampfe gegen die Ungarn, und zwar mehr noch als die Organe der Regierung.
Trotzdem daß man sich die östr. „Erbländer“ Polen, Ungarn und Italien um jeden Preis zur Ehre der Integrität Oestreichs erhalten will, werden die aus obigen Provinzen hier weilenden geschäftslosen Personen, in Folge einer Weisung an die hiesige Stadthauptmannschaft vom Gouverneur F.-M.-L. Böhm von hier ausgewiesen, und zwar mit dem Bedeuten, daß dies bis zum 26. d. M. bereits geschehen sein muß. Eine ähnliche Weisung ist auch in Bezug auf die Norddeutschen ergangen. Gerade diese aus den Provinzen Polen, Ungarn und Italien hier weilenden Personen sind die sogenannten östreichischen „Gutgesinnten“, welche nur aus Furcht ihr Geld nach Wien schleppten, und selbes hier unter dem Schutz des Belagerungszustandes verzehrten; auf diese Weise verliert die niedere Bourgeoisie einen bedeutenden Theil ihrer Einkünfte, was sie wahrscheinlich auch bald wieder sammt dem hungernden Proletariat aus ihrem Winterschlafe aufwecken wird. Diese Klassen sehen übrigens jetzt schon ein, daß man, um eine Revolution zu machen mehr thun muß, als einen Minister davonjagen, oder an den Laternenpfahl hängen, ‒ sie sehen ein, daß man an Thronen nicht nur rütteln, sondern sie gänzlich umstürzen muß.
Auf morgen den 25. April ist die Rekrutirung durch das Loos für ganz Wien in dem bekannten schwarzenbergischen Gartenpalais in der Vorstadt Wieden angekündet. Von den Losungspflichtigen jungen Leuten geht keiner mit Liebe zum Militärdienst in den Bruderkampf gegen den Magyaren. Es ist jedoch ein ruhiges Vorübergehen dieses Losungsactes zu erwarten, da bedeutende militärische Vorkehrungen am benannten Losungsort getroffen werden. ‒ Eine außerordentliche Beilage zum Abendblatte der Wiener Zeitung enthält Folgendes, wo sie, wie alle andern Bourgeoisblätter die östreichische Ohnmacht in Ungarn, und die Uebermacht der Ungarn mit verhaltenem Zorne anerkennen muß:
„Der Krieg in Ungarn ist in der neuesten Zeit in ein Stadium getreten, dessen unterscheidender Charakter wohl in das Auge gefaßt werden muß, will man sich für die Begebenheiten, die sich heute in jenem Lande zutragen und vorbereiten, einen richtigen Standpunkt der Beurtheilung verschaffen.
„Nachdem in den Monaten Dezember und Januar die kaiserl. Armee in raschem Siegeslauf die westliche Hälfte des Landes besetzt und dessen Hauptstädte in Besitz genommen hatte, gab man sich der Meinung hin, es sei möglich in friedlichen Wegen die Beruhigung des Königreichs zu bewirken, und vor Allem müsse man dahin streben die allenthalben aus ihren Fugen gegangene Administration wieder einzurichten.
„Jene Hoffnung erwies sich aber als eine trügerische. Die materielle Ordnung ward allerdings dort, wo die kaiserlichen Truppen standen, hergestellt; die moralische Pacificirung des Landes ward aber nicht bewirkt, und es ging sonach, in fruchtlosen Versuchen, eine Zeit verloren, welche die Rebellenpartei dazu benutzt hat, ihre Streitkräfte durch äußerste Anstrengung aller revolutionären Hülfsquellen, und durch Zuzug aus allen Theilen Europas auf eine Achtung gebietende Höhe zu bringen.
„Ein zahlreiches und wohlgerüstetes Heer steht nunmehr dem unsrigen entgegen, und es darf ferner nicht zweifelhaft sein, daß auf dem Schlachtfelde allein die Geschicke Ungarns entschieden werden können.
„Diese Wahrheit ist von der kais. Regierung und von den Führern ihres Heeres anerkannt; und der militärische Gesichtspunkt ist sonach derjenige, von welchem aus fortan allein seitens der kaiserlichen Regierung in Ungarn vorangegangen werden wird.
„Der Feind muß bekämpft, geschlagen, vernichtet und, bis dieses geschehen, alle anderen Rücksichten als rein sekundäre angesehen und behandelt werden.
„Um jenes zu Stande, um die feindliche Armee zum Schlagen, und wo möglich zur Niederlage zu bringen, müssen die Streitkräfte des Kaisers auf diejenigen Punkte koncentrirt werden, welche nach strategischen Berechnungen als die geeignetesten zur Erreichung des Zweckes sich darstellen.
„Dieses geschieht in dem gegenwärtigen Augenblicke; und der bewährte Heerführer, den das Vertrauen unseres Monarchen an die Spitze unserer tapferen Schaaren gestellt hat, ist eben damit beschäftigt, die Aufstellungen zu ordnen, in welchen dieselben dem Feinde entgegenzurücken haben.
„Es liegt in der Natur der Sache, daß, während diese Vorbereitungen im Gange sind, die einzelnen Züge derselben nicht verlautbart werden können, und daß überhaupt inmitten der Märsche und Gegenmärsche nicht jeder Tag ein Ereigniß oder den Bericht über ein solches bringen kann.
„Der patriotische Sinn unserer Mitbürger möge sich aber einstweilen mit der Gewißheit beruhigen, daß ein muthiges, mit allen Kriegserfordernissen versehenes, und von kampferprobten Führern geleitetes Heer, dem außerdem unablässig und von allen Seiten Verstärkungen zuströmen, die Sache des Vaterlandes in Ungarn versicht; daß der Wille, daß ein freies, großes und einiges Oestreich bestehen bleibe immerdar, wie den Monarchen und seine Räthe, so auch die Bevölkerung in den meisten und wichtigsten Theilen unseres weiten Reiches beseelt; und daß diesem vereinten Willen die krampfhaften Anstrengungen einer verbrecherischen, ihr Vaterland in das Unglück stürzenden, und den bösesten Gelüsten des Auslandes dienenden Faktion, am Ende, und ‒ wir hoffen es, auch schnell unterliegen werden.“
So eben, Vormittags, wird ein Armee-Bülletin, das 35. nämlich, bekannt gemacht, das nichts enthält als die Rückzüge, Aufstellungen und Konzentrirungen der k. k. Truppen in Ungarn, kurz ein abermaliges verschämtes Geständniß, nichts ausgerichtet zu haben, und nichts ausrichten zu können. Nichts als Truppenbewegungen von A bis B, und von B bis C.
Es ist natürlich, man muß ja doch den dummen Wienern nach 3 Wochen erfolglosen Wartens wieder einmal etwas mittheilen!
Wien. Handelsbriefe aus Wien bekunden, daß die Geschäftswelt und die Kapitalisten der Kaiserstadt keinerlei Vertrauen zu dem dermaligen Bestande der Dinge in Oesterreich haben. Am meisten wird hierfür das Verfahren mit den Banknoten sprechen. Man sucht sie um jeden Preis los zu werden, kauft dafür 5pCt. Metalliques, und remittirt diese nach Frankfurt, um sie dort à tout prix verkaufen zu lassen. Das Gold lassen die Wiener bei den Frankfurter Banquiers stehen. Dies erklärt beiläufig auch den niedern Stand der Diskonto (1pCt.) in Frankfurt a. M.
Nach Berichten aus Mailand vom 20. d. M. machte sich der Marschall Graf Radetzky bereit, nach den Lagunen abzureisen, um den Operationen gegen Malghera in Person beizuwohnen.
Wien, 23. April. Graf Stadion ist noch immer in Baden nächst Wien, und für Niemand, der nicht zu seinen vertrautesten Freunden gehört, zu sehen und zu sprechen. Er hat Momente, wo er sinnenverwirrt, für gar nichts fähig ist und daher wohl kein Minister-Portefeuille mehr übernehmen wird. Graf Stephan Szecheny, der frühere ungarische Minister, ist noch immer in der Irrenanstalt in Döbling nächst Wien, und wird wohl nicht mehr hergestellt werden; er raset sehr oft und verflucht sich selbst als Denjenigen, der sein Vaterland verrathen und unglücklich gemacht hat, ‒ seine Gemahlin, die vor fünf Monaten mit einer besondern Erlaubniß von Kossuth nach Wien gereist und hier sich aufhält, hat bis jetzt vom Arzt nicht gestattet erhalten, ihren Gemahl zu sehen und zu sprechen.
(R. O.-Z.) Altona, den 24. April. In dem vor einigen Monaten mit Th. Bracklow's Verhaftung begonnenen Prozeß ist jetzt endlich das Urtheil gesprochen, welches dahin lautet, daß der Angeklagte von dem ihm zur Last gelegten Vergehen, in öffentlichen Versammlungen zur Unzufriedenheit mit der Regierung resp. zum Ungehorsam aufgefordert zu haben, ‒ da der Thatbestand des Vergehens weder objectiv noch subjectiv constatirt ist, ‒ freigesprochen sei.
Nach Angabe des „Ostsee Telegraphen“ hätten sich nicht nur die Einwohner Koldings, sondern auch der jütsche Landsturm bei dem Straßengefechte in Kolding betheiligt und Orla Lehmann mit Letzterem agirt.
15 Schleswig-Holstein, 25, April. Wir erlauben uns in Nachstehendem das gestern erwähnte Schreiben mitzutheilen, so weit es sich für die Oeffentlichkeit eignet. Es ist von einem Jäger des 2. Jägerkorps und lautet:
„Obgleich ich bei unserer, kurz vor Ablauf des Waffenstillstandes stattgefundenen Zusammenkunft noch großes Vertrauen in Bonin setzte, und Deinen, das Gegentheil vermuthenden, Aeußerungen keinen Glauben beimessen wollte, so gelange ich jetzt doch nach und nach zu der Einsicht, daß dasselbe Spiel wieder mit uns gespielt wird, wie voriges Jahr. Als Grund zu dieser Annahme diene Dir Folgendes: Daß wir Anfangs von den Dänen zurückgedrängt, nach kurzer Zeit aber wieder vordrangen, ist Dir Alles bekannt. Vorgestern den 19. war unser Korps in Wonsyld, eine gute halbe Meile südlich von Kolding. Ehe ich aber weiter in meiner Erzählung fortfahre, muß ich Dir erst noch etwas in's Gedächtniß zurückrufen. Ich habe Dir Mittheilungen darüber gemacht, daß in unserm Korps demokratische Tendenzen einen besonders fruchtbaren Boden gefunden und Blüthe getrieben haben; auch, was man in Beziehung auf die Unterdrückung derselben gethan, wie man die bei uns beliebten Offiziere fortschickte, obgleich wir dagegen petitionirten, wie man uns statt dessen mit preußischen Kamaschenhengsten beglückte, wie man den Seelhorst, der beim Korps allgemein verachtet und verspottet wird, noch immer als Korpskommandeur fungiren läßt. Alles dessen wirst Du dich erinnern. Dieses sowohl, als auch, daß sich in den andern, zu unserer Brigade gehörenden Bataillons, dem 9., 10. und dem 1. Jägerkorps, wenn auch nicht in dem Maße, so doch über die Mehrzahl, der Republikanismus in einer für die Reaktionspartei bedrohlichen Weise verbreitet habe, war dem General Bonin Alles bekannt. Er wußte ferner, daß, wenn wir unserm Erbfeind nur erst ins Auge gesehen, wir auch gern den Rücken desselben sehen möchten. Bonin kannte seine Pappenheimer. Mit dem 9. Bataillon rückten wir gestern den 20. 6 1/2 Uhr früh von Wonsyld gegen Kolding vor. Wir wußten schon, daß es gut verbarrikadirt und verpallisadirt und stark von den Dänen besetzt sei. Es ging uns hier gerade wie bei Schleswig, wo Wrangel die Dänen entwischen ließ, und woselbst, wenn die holsteinischen Truppen diesen nicht in den Rücken gefallen wären, die Herren Preußen derbe Prügel bekommen hätten; bei Schleswig hieß es hinterher, sollte es erst den folgenden Tag losgehen; hier heißt es: Es war gar nicht Bonins Wille, Kolding zu nehmen, darum hatten wir auch keine Artillerie zur Sprengung des verrammelten Thors und später keine Kavallerie, den Feind zu verfolgen. Daß Bonin die Stärke der dänischen Truppen nicht gekannt, will mir nicht einleuchten, denn uns war es bekannt, daß die Dänen in und um Kolding mit 5 Bataillons, 1 Espinglebatterie und 4 Schwadronen Husaren stark standen. Kolding, die südliche Gränzstadt Jütlands, liegt in einem Thal an einem Einschnitt der Ostsee „Fiord“ genannt. Gegen Süden ist die Stadt gegen einen Angriff durch die Koldingsau, über die eine Brücke führt, gedeckt; die Häuser vor der Brücke waren mit Schießscharten versehen und von den Dänen besetzt. Ich begreife noch jetzt nicht, wie es möglich war, diese Stellung zu nehmen; Tollkühnheit muß es jedenfalls genannt werden. Uebrigens wäre es uns wohl nicht gelungen, so bald in die Stadt zu kommen, wenn nicht einer von unserem Korps so entschlossen gewesen wäre, herumzugehen und das Thor von Innen zu öffnen. Ich bin wohl auf. Wie ich höre, haben wir nur 25 Todte, was ich bezweifle, da nach meiner Ansicht bedeutend mehr gefallen sein müssen. Ich selbst sah wenigstens 20 fallen, ob sie nun alle todt, wage ich nicht zu behaupten. Am meisten beklagt das Korps den besten Offizier, den Lieutenant Hammel, statt dessen hätte lieber unser Major ins Gras beißen können. Dir werden, bis Du diesen Brief empfängst, wahrscheinlich schon sonst Nachrichten zugegangen sein, aus denen wie aus dem Vorhergesagten deutlich: „Verrath ‒ Verrath“ tönen wird. Wenn die Schleswig-Holsteiner noch immer nicht hieran glauben und dies noch immer nicht einsehen, so sind sie wahrlich werth, daß sie auf eine eklatante Weise angeführt werden.“ So weit der Brief.
Die Leser mögen hieraus ersehen, daß nicht blos wir, sondern auch Andere an Verrath glauben.
Den Bonin'schen Bericht über das neue Gefecht bei und in Kolding am 23. d., den ich Ihnen gestern eiligst zusandte, werden Sie erhalten haben.
Ein anderer mündlicher Bericht eines leichtverwundeten Fähnrichs, der Kolding den 23., Abends 6 Uhr, verlassen hatte, lautet im Wesentlichen gleichlautend, doch sollen nach ihm nur 9 Bataillone Dänen nebst Artillerie und Kavallerie den Schleswig-Holsteinern gegenübergestanden haben. Zweimal sollen die Deutschen wieder vorgedrungen, aber einmal beinahe ganz aus Kolding hinaus geworfen worden sein. Bei dem zweiten Vordringen ist das 13. dänische Bataillon, etwas über die Hälfte aus Schleswigern bestehend, so zu sagen übergegangen, indem es die Gewehre von sich geworfen, die Flucht ergriffen, auf der Flucht aber von holsteinischen Dragonern gefangen genommen worden. Von schleswig-holsteinischer Seite sind, so sagte uns dieser Offizier, vielleicht 3-400 Todte und Verwundete, von denen die Hälfte allein auf das 9. Bataillon kämen (Brav Hr. Bonin, daß von jenem republikanischen „Kanonenfutter“ so viel aus dem Wege geräumt ist!), das durch einen Kavallerie-Angriff auf dem Markte gesprengt worden. Die Brigade des linken Flügels hätte endlich diesen todesmuthigen Kämpfern Luft gemacht.
In Bonin's Bericht waltet wahrscheinlich ein Versehen ob, so daß es nicht 18, sondern nur 8 Bataillone Dänen gewesen, damit stimmt auch der letztere Bericht überein. Uebrigens wäre es auch eine unerhörte Seltenheit, daß sich 4 Bataillone gegen 18 gehalten haben sollten, dazu noch in einer feindlichen Stadt. Unbegreiflich ist es aber, daß Bonin mit den 4 Bataillonen so isolirt gestanden, daß er nicht gleich Verstärkungen an sich ziehen konnte, oder warum er, wenn das nicht der Fall war, nicht gleich die Brigade des linken Flügels, wie er sich ausdrückt, mit ins Gefecht zog. Möglich, daß es sein Wille war, sich gar nicht in Kolding zu halten, sondern auf eine eklatante Weise von den Dänen wieder von jütschem Boden vertrieben zu werden, daß ihn hieran aber die unerschütterliche Tapferkeit, der Muth und die Ausdauer der schleswig-holsteinischen Truppen gehindert. Solche Truppen wären eines bessern Anführers werth, hätten sie z. B. einen Bem, was würden diese Truppen für Wunder der Tapferkeit verrichten, was für Siege erfechten! Wenn man diese Wirthschaft hier im Lande schon seit vorigem Jahre mit eigenen Augen angesehen, da muß man unwillkürlich ausrufen: „O mein Vaterland, dich nur beklag ich! etc.
Unter den Gefangenen der letzten Affaire befindet sich der Exminister Orla Lehmann. Derselbe sitzt in Schleswig auf dem Schlosse Gottorf. So hätte das Schicksal auch diesen Mann, der sehr viel zu den Wirren in Kopenhagen beigetragen, ereilt.
Von der Königsau, 24. April. Gestern Morgen griffen die Dänen uns mit sehr überlegener Macht, theils jenseits Koldings, theils eine Meile weiter westlich, bei Wandrup, an. Anfänglich ging unser linker Flügel, der sich gegen die weit überlegene feindliche Truppenmacht zu schwach fühlte, zurück, und wurde dadurch später der rechte Flügel, der bisher anhaltend in den Schanzen jenseits Koldings gekämpft hatte, ebenfalls gezwungen, sich diesseits der Stadt, wo wir unsere Hauptbatterien postirt hatten, zurückzuziehen. Bei diesem Durchzuge der Unserigen durch die Stadt, wurden sie von den Einwohnern mit Hagel beschossen, und als die Dänen nachdrangen, ist ein Theil unserer Verwundeten von den Koldingern erschlagen worden. Zur ewigen Schande der Stadt Kolding ist dies Thatsache, sowie daß man ebenfalls mehrere schleswig-holsteinische Soldaten zu vergiften gesucht hat. Das 9. und 10. Bataillon, zum linken Flügel gehörend, wurde zu sehr von den Einwohnern belästigt, um sich in der von den Dänen mit Granaten beschossenen und bereits in Brand gerathenen Stadt halten zu können, und durch das schändliche Betragen der Einwohnerschaft aufs höchste empört, ertheilte Oberst Zastrow Befehl, die Stadt zusammenzuschießen. Dieselbe ist demnach theils durch Feuer verzehrt, theils durch Granaten und Kanonenkugeln in Ruinen verwandelt worden. Nachdem unsere Truppen sich wieder concentrirt hatten und durch die erforderlichen Streitkräfte ergänzt worden, stellte sich das Gefecht wieder her, der Feind ward vollständig zurückgedrängt, wobei sich ein verzweifelter Straßenkampf entspann.
Der Feind mußte aber aus der Stadt hinaus und floh in wilder Hast theils in der Richtung nach Veile, theils nach Friedericia. Der Feind hat sehr bedeutende Verluste erlitten; eine Husarenschwadron, aus 60 bis 70 Mann bestehend, ließen unsere hinter den Schanzen gelagerten Jäger bis auf 25 Schritte herankommen, da erst gaben sie Feuer, und es stürzte die ganze
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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