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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 292. Köln, 8. Mai 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 292. Köln, Dienstag, den 8. Mai 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allem preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insektionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. - Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. - Nur frankirte Briefe werden angenommen. - Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Wegen einer kleinen Beschädigung an unserer Maschine konnte heute Morgen kein Extrablatt ausgegeben werden.

Uebersicht.

Deutschland. Berlin. (Klatsch. - Die Dresdener Revolution. - Preußische Truppen nach Dresden). Breslau. (Aus Ungarn. - Die Russen). Wien. (Vermischtes). Dresden. (Details über den Aufstand. - Zwei Proklamationen der provisorischen Regierung). Leipzig. (Aufregung wegen Dreden; Maßregeln). Görlitz. (Zusammenziehung eines Armeecorps). Schleswig - Holstein. (Vom Kriegsschauplatze). Braunschweig. (Verzögerung der Waffenaustheilung). Nürnberg. (Volksversammlung). Frankfurt. (Aus der Rheinpfalz. - Ausruf des Donnersberg. - National-Versammlung).

Ungarn. (Vom Kriegsschauplatze.)

Italien. (Aus Civita-Vecchia). Rom. (Vertheidigungsanstalten). Neapel. (Palermos Unterwerfung).

Französische Republik. Paris. (Die Amnestie und L. Napoleon. - Vermischtes. - National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Amerikanische Post. - Unterhaus).

Deutschland.
Berlin, 5. Mai.

Das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment ist heute mittelst Eisenbahn nach Dresden befördert worden, um die k. sächsischen Truppen bei Aufrechterhaltung der Ruhe (!) und Ordnung (!) zu unterstützen. Bedeutendere Streitkräfte stehen bereit, um erforderlichen Falls sogleich nachzurücken.

(Staats-Anz.)

"So eben, 2 Uhr, aus Dresden eingehenden Nachrichten vom heutigen Tage (5. Mai) zufolge, war der erste Transport preußischer Truppen dort angelangt, hatte sogleich die wichtigsten Punkte der Altstadt, und zwar zunächst der Brühl'schen Terrasse besetzt. Die Aufständischen verlangen zu kapituliren.

(Const. Z)
Berlin, 5. Mai.

Einer sonst nicht unsicheren Quelle entnehmen wir, daß man es wirklich mit dem alten Wahlgesetz noch ein Mal versuchen will. Von anderer Seite aber wird dem entschieden widersprochen. Eine Klassen-Eintheilung so sagt man, ist das Ende dieses erbärmlichen Liedes. Das wissen wir aber mit Bestimmtheit, Wahlgesetz und Reglement liegen dem Könige schon seit einigen Tagen zur Unterschrift vor und nächstens werden wir diese neueste Schöpfung der fruchtbaren Phantasie des Herrn v. Manteuffel im Staats-Anzeiger erblicken. Freilich allgemeine Urwahlen ist ein "heiliges Versprechen" - die böse Zeit der Versprechungen liegt weit!

Es soll schon vorgestern ein hochgestellter Regierungsbeamter von hier nach Frankfurt gereist sein, um den preuß. Abgeordneten daselbst das Abberufungsschreiben zu überbringen. Man hat die Absicht mit größter Entschiedenheit aufzutreten, wenn diesem Befehl Widerstand entgegengesetzt würde.

Das 20. (Berliner) Landwehrregiment wird nun doch mobil gemacht und soll am Montag in Spandau eingekleidet werden, um an seine Bestimmungsorte abzugehen. Man hat sich bemühet die Leute zu gewinnen, es scheint aber, daß dieser Zweck in sehr geringem Maaße erreicht ist. Eine große Menge der Wehrmänner haben reklamirt und mit großer Entschiedenheit es offen ausgesprochen, daß sie weder nach Oestreich noch gegen das Volk marschiren würden.

Auf gegen einen höheren Beamten geäußertes Bedenken daß der Durchmarsch der Russen durch Preußen doch bedenklich sei, antwortete dieser, daß ja diese Armee wie eine Waare befördert werde. - Aber der Wunsch des Ministeriums wird leider nicht in Erfüllung gehen, der Direktor der oberschlesischen Eisenbahn, Herr Lewald, hat zurückgemeldet, er könne nicht auf das Ansinnen des Ministeriums eingehen, da er befürchten müsse, daß das Volk die ganze Bahn demolire.

Der Landrath des Nieder-Barnimschen Kreises, Hr. v. Scharrnweber, ist durch Manteuffel selbst, mit dem er vor acht Tagen eine längere Unterredung hatte, dazu veranlaßt worden, Petitionen und Adressen für Wahlen nach Steuerklassen zu verbreiten. Es werden dieselben in seinem Kreise durch amtliche Personen verbreitet und manch gutmüthiger Bauer läßt sich schon dadurch zur Unterschrift verleiten.

In der Brüderstraße hat sich hier schon ein reaktionäres Wahlkomite gebildet, dessen Zweck ganz offen der ist, auf Censuswahlen hinzuarbeiten.

Es ist den Offizieren bemerklich gemacht worden, sie möchten sich des Rauchens auf den Straßen enthalten.

Mit Blitzesschnelle verbreiteten sich heute die Nachrichten aus Sachsen durch unsere Stadt. In allen Kreisen, an allen öffentlichen Orten spricht man nur davon, alles Andere wird dadurch verdrängt.

Heute früh um 5 Uhr gingen zwei Bataillone des Kaiser-Franz - Grenadier - Regiments von hier nach Dresden ab. Nachmittag sollen Munitionswagen und noch ein anderes Bataillon folgen.

Der Bahnhof der Anhaltischen Eisenbahn war heute dicht besetzt von Neugierigen, welche nur Nachrichten aus Dresden und Leipzig erwarteten. Als der Zug ankam mußten einige Reisende sogleich Bericht erstatten, es wurden die Proklamationen der provisorischen Regierung von Sachsen (Tzschirner, Heubner und Todt) vorgelesen und mit Jubel gehört. Alle Nachrichten aus Sachsen laufen übrigens darauf hinaus, daß die Altstadt Dresden vollkommen in der Gewalt des Volkes ist; daß ein großer Theil des Militairs mit dem Volke fraternisirt und mit der Kommunalgarde gemeinschaftlich das Zeughaus besetzt hält. Die ganze Stadt soll gestern Abend in wahrhaft trunkener Freudigkeit gewesen und Leute aus dem Volke und aus dem Militär Arm in Arm durch die Straßen gezogen sein. Als der Reisende heute früh um 6 Uhr die Stadt verließ, war die Lage derselben noch die gleiche. Die provisorische Regierung hatte Zuzüge angeordnet, und sind wie wir von Reisenden aus Leipzig erfahren, von dort bereits zwei Züge von mehr als 1500 Mann stark, aus Turnern und andern demokratischen jungen Männern und Arbeitern, nach Dresden auf der Eisenbahn abgegangen. Man erwartet aus dem ganzen Lande solche Freischaarenzüge. Selbst das Militär in der Neustadt wurde durch die Proklamationen schwankend gemacht und man hofft jetzt auf die Preußen, deren Einmarsch Alles einigen wird.

Ueber das Schicksal des Königs lauten unsere Berichte verschieden. Auf der einen Seite wird versichert, er sei nach dem Königsstein geflohen und habe sich dort in Sicherheit gebracht; Andere behaupten, er sei in Pirna erkannt und vom Volk festgenommen worden.

Das 24. Regiment war eigentlich nach Sachsen bestimmt, wurde aber durch Contreordre zurückgerufen, da man nicht mit Unrecht seine demokratische Gesinnung fürchtet.

In Ronderau verlangte der preuß. Gesandte aus Dresden der gestern Morgen eiligst nach Berlin wollte eine Extra-Locomotive und bot 1000 Thlr. Der Bahnhofinspektor war aber brav genug, das Ansinnen zurückzuweisen, indem er auf die Gefahr hinwies, in welche die Bahn geriethe, wenn das Volk durch solche Servilität gegen sie aufgeregt werde.

In Oberschlesien sollen bedeutende Unruhen ausgebrochen sein, weil die Russen durch die Eisenbahn daselbst befördert werden sollen. So hätte sich die Prophezeiung des Direktor Lewald schon jetzt als richtig gezeigt.

Aus Italien erfährt man, daß die 4000 Lombarden, welche von Genua nach Livorno und von dort nach Civita-Becchia gingen, zwei Stunden nach den Franzosen eintrafen und von diesen mit dem donnernden Ruf: vive la republique italienne empfangen wurden.

Herr Held hat eine Volksversammlung nach Zellendorf, zwei Meilen von Berlin entfernt, berufen, zu der aus Potsdam und Berlin jedenfalls sehr viele Menschen hineilen werden.

Endlich fängt unsere Börse an, zu merken daß eine ihr sehr unangenehme Bewegung in Deutschland begonnen. Alle Course fielen heute beträchtlich und nur mit Mühe fanden sich Käufer. Noch vorgestern war die hiesige Börse verblendet genug in Folge der verkündeten russischen Hülfe, die Course zu steigern.

61 Breslau, 4. Mai.

Meinen gestrigen Notizen habe ich hinzuzufügen, daß einem unverbürgten Gerüchte zufolge die Russen deshalb von der russischen Gränze verschwunden sein sollen, weil im Innern Rußlands sehr bedeutende Unruhen ausgebrochen sein sollen. Soviel ist gewiß, daß bis jetzt auf der schlesischen Bahn, also mit deutschen Kräften, keine Russen nach Oestreich befördert worden sind. Ob die russische Intervention überhaupt unterbleibt und aus welchem Grunde, darüber konnte ich mit Bestimmtheit nichts erfahren. Ich habe dafür, daß die russische Intervention unterbleibt, eine Art Autorität. Der gestrige Wiener Zug brachte uns nämlich eine mir bekannte Standrechtsbestie pur sang, den Hauptherausgeber und profitwüthigen Seelenverkäufer des ersten Wiener Standrechtsorgans der "Presse." Zang, so nennt sich die Bestie, schien bei seiner Ankunft im Bahnhofe etwas zerstört-mißtrauisch umherzublicken, meinte indessen auf Befragen, ob er von Wien durchgebrannt sei, doch nur, er reise in Geschäften nach Paris. Ich empfehle ihn hiermit, wo er immer sei, den deutschen Arbeitern. Er schien bestürzt, daß er auf seiner Tour noch keinen Russen erblickt und mußte gestehen, das alte Oestreich sei verloren, die europäische Revolution würde bald in Oestreich zum Centralfeuermeer werden. Die "Presse" hat bekanntlich den Windischgrätz gestürzt, indem sie nicht aufhörte, den Standrechtsmörder Welden für ein strategisches Talent auszuschreien. Zang mußte über diese List seines profitwüthigen Judenblattes jetzt lachen und gab zu verstehen, daß diese Lobpreisung des Mordhalunken Welden ihm ein erkleckliches Sümmchen eingetragen und die Presse wenig danach gefragt habe, welche Resultate dieser Schacher für das alte Oestreich bringen dürfte. Das ist die Bourgeoisie; der unverschämteste Ausdruck aller jemals dagewesenen unverschämten Profitwuth. Durch die heutigen Blätter werden Sie von hier die neuesten Urkunden aus Ungarn erhalten; sie enthalten die Entthronung des Urscheusals der europäischen Despotie, des Hauses Habsburg, die Ernennung Kossuth's zum Präsidenten von Ungarn, seine Proklamation an die Völker, kurz die Republik Osteuropa's sie beweisen die ganze Größe der Bewegung, der Nation und des Mannes, der sie leitet. Das Volk von Deutsch-Oestreich ist, wie ich höre, fest entschlossen, den Napoleon der Magyaren ebenfalls anzuerkennen und die schwarz-roth-goldene Bornirtheit der deutschen Reichs-Hottentotten ganz fahren zu lassen. Ich würde Rheinland-Westphalen anrathen, desgleichen zu thun und sich an die Zukunft des französischen Proletariats fest anzuschließen. Zwischen der Freiheit der Magyaren, Polen, Italiener, Franzosen werden die brandenburgischen Kern-Wanzenlande, der urdeutsche Bierwanst und die unvertilgbare Trampelthiergenialität der schlafrock- und pfeifenbegabten preußisch-deutschen Bourgeois und Professoren mit ihren gekrönten Reichs-Mord-Nothwendigkeiten in Europa gar wenig mehr zu bedeuten haben. Der Speichel Europa's wird sie bedecken. Statt der Russen soll, wie ich mit Bestimmtheit vernommen, "Mein herrliches Kriegsheer" an Oestreichs Gränzen rücken. Der Hohn ist um so größer, um so klassisch-deutscher. Aber auch die Wuth Deutsch-Oestreichs wird um so gewaltiger auflodern. Deutsch-Oestreich sah im deutschen Reich einmal eine Superiorität, es erwartete von daher seine Befreiung von Mord und Standrecht; es sieht jetzt nur mehr das verhaßte, verachtete, wanzendustige Preußenthum, und wenn die Czechen sich niemals erheben, so werden sie es, sobald die Hungerleider der deutsch-russischen Sandsteppen von der Spree sich Böhmens Gränzen nähern. Der Czar aller Reussen und Preußen soll sich in der Nähe Krakau's befinden und vor ohnmächtigen Wuthanfällen schäumen. Sein Olmützer Unterknäs befindet sich, wie man sagt, auf der Jagd bei Gräfenberg. Die Magyaren sind in der Nähe und die Bevölkerung von Olmütz ist keineswegs schwarzgelb. Das weiß Sophien's Henkerbube, darum schleicht er sich mit seinem Gesindel fort auf die Jagd.

Sie können gewiß sein, daß Kossuth nicht eher ruhen wird, bis das östreichische Scheusal gänzlich erwürgt sein wird. Darum werden Kossuth und sein Volk auch nicht mit der Lamartine'schen Heuchelei vor die Völker treten, sie werden vielmehr binnen kurz ganz Osteuropa in ein revolutionäres Feuermeer verwandeln. Wenigstens können Polen, Italiener und Moldau-Walachen ganz sicher auf magyarische Demokratenheere, aus denen dann die Landesheere gebildet werden, rechnen. Ob, wie das tapfere Berliner Literatengewürm bereits hoffen, außer Deutsch-Oestreich auch der übrige deutsche Reichsrindviehstall berücksichtigt werden wird, ist zu bezweifeln.

Sämmtliche im ehemaligen k. k. Zeughaus zu Wien befindliche Waffen wurden im November ins Neugebäude, welches Windischgrätz hatte befestigen lassen, gebracht, später unter Welden jedoch dahin zurückgeführt. Jetzt sollen dieselben, man weiß nicht wohin, daraus gänzlich verschwunden sein. Der Genius des Volks wird sie wieder finden.

Gestern hat ein magyarischer Kurier, der mit Aufträgen nach Paris reist, Breslau passirt und Kossuth's Proklamation an eine hiesige Redaktion abgegeben. Fürst Lobkowitz ist ebenfalls durchpassirt nach Berlin. Er soll den Marsch der deutschen Reichsmörder und Trampelthiere beschleunigen helfen. Es geht gar nichts in der Welt über die deutsche gottbegnadete Ehrlosigkeit und Verthierung.

Heute findet hier wegen der deutschen Frage eine Berathung des Stadtraths statt. Deutsche feige Bierentrüstungsphrasen und deutsche feige Adressen an die gekrönten Reichsbanditen, das wird das Resultat sein.

Daß die Versicherungen der Wiener Zeitung über das Einrücken von 100,000 Russen in Siebenbürgen, nichts als lächerliche Schreckschüsse sind, bedarf für Sie keiner Erwähnung. Siebenbürgen ist für die einige 100,000 Russen vernagelt. Die Sache wird sich bald umkehren, es wird dann heißen, die Polen sind in Rußland eingebrochen, die Russen haben Moldau und Walachei verlassen müssen.

61 Breslau, 4. Mai. - 4 Uhr Nachmittags.

Der eben eingetroffene oberschlesische Zug bringt die Nachricht mit, daß 400 Oesterreicher über Kosel nach Krakau heute befördert worden sind, um dort wieder Garnison zu nehmen. Alle Nachrichten über das Einrücken einer Heeresmacht von Russen in Oesterreich sind falsch. Daß Oesterreich wieder Garnison nach Krakau schickt, wo es seine Mannschaften anderwärts so höchst nöthig hat, beweist mehr als jedes andere Vorkommniß, daß bedeutende Motive vorhanden sein müssen, weshalb die Russen nicht einrücken. Es sind dies keine anderen als die ernstesten Drohungen Palmerston's. Palmerston erkennt Ungarn als selbstständiger Staat an, ein Koburg-Cohary soll König eines großen Donaureichs werden. Fiume wird Freihafen, wo England seine Industrieprodukte ausschiffen kann. Diese Mittheilungen scheinen begründet. Deutschland erhält für seine kaiserlichen Privatvergnügungen hierdurch einen furchtbaren Schlag, denn Ungarn soll gegen seine Gränzen hermetisch abgeschlossen werden. Die Magyaren wollen sich für die brutale Stupidität rächen, mit welcher ihre Abgesandten in Frankfurt und Wien aufgenommen, oder vielmehr nicht aufgenommen worden sind. Jetzt wird der deutsche Reichsmichel sich wundern und große Augen machen.

Hierdurch erklärt sich auch die Abreise des englischen Gesandten in Wien.

Wien, 3. Mai.

Auch heute werden wieder viele Kranke und Verwundete vom ungarischen Kriegsschauplatz in die hiesigen Spitäler gebracht. Wir haben durch die Truppen-Concentrirungen in der Hauptstadt und der Nähe von Wien große Noth zu gewärtigen. Heute kostet Rindfleisch 12 Kr. C.-M. und Fett und Viehsorten werden immer theurer.

Kossuth hat bereits eine treffliche Communication zur Beziehung aller ihm nöthigen Kriegsbedürfnisse, von England, Frankreich aus den Häfen des schwarzen Meeres, nach Siebenbürgen organisirt, und hinlängliches Papier in Vorrath, um die Landesvertheidigungs-Commissionen mit seinen Banknoten, die jetzt bessern Werth als die östreichischen haben, in Fülle zu versehen.

Kossuth hat sieben, des Verrathes an der magyarischen Sache beschuldigte Personen proskribirt: Pazmandy jun, Moritz Szent-Kiralyi, Graf Moritz Almasy, Joh. Havas, Babarczy, Graf Paul Sennyey und Kapi. -

* Wien, 3. Mai.

Zur wahrhaften Erbauung unsrer Leser theilen wir die standrechtlichen Wuthausbrüche des amtlichen Organs, der "Wiener. Zeit.", wegen der neuesten aus Ungarn angelangten Dekrete in Nachstehendem mit:

"Der Schleier ist zerrissen, womit Ehrgeiz und Verrath die wahre Richtung und die letzten Pläne der ungarischen Empörung zu verdecken versuchte. Die Führer der Revolution, sich stark fühlend durch Schrecken und Gewalt, berauscht von Erfolgen und Waffenglück, werfen jetzt die Maske ab von Loyalität und Treue, deren sie sich zur Verwirrung der Begriffe, zum Mißbrauche der edelsten Gefühle bisher bedienten.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 292. Köln, Dienstag, den 8. Mai 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allem preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insektionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Wegen einer kleinen Beschädigung an unserer Maschine konnte heute Morgen kein Extrablatt ausgegeben werden.

Uebersicht.

Deutschland. Berlin. (Klatsch. ‒ Die Dresdener Revolution. ‒ Preußische Truppen nach Dresden). Breslau. (Aus Ungarn. ‒ Die Russen). Wien. (Vermischtes). Dresden. (Details über den Aufstand. ‒ Zwei Proklamationen der provisorischen Regierung). Leipzig. (Aufregung wegen Dreden; Maßregeln). Görlitz. (Zusammenziehung eines Armeecorps). Schleswig - Holstein. (Vom Kriegsschauplatze). Braunschweig. (Verzögerung der Waffenaustheilung). Nürnberg. (Volksversammlung). Frankfurt. (Aus der Rheinpfalz. ‒ Ausruf des Donnersberg. ‒ National-Versammlung).

Ungarn. (Vom Kriegsschauplatze.)

Italien. (Aus Civita-Vecchia). Rom. (Vertheidigungsanstalten). Neapel. (Palermos Unterwerfung).

Französische Republik. Paris. (Die Amnestie und L. Napoleon. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung).

Großbritannien. London. (Amerikanische Post. ‒ Unterhaus).

Deutschland.
Berlin, 5. Mai.

Das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment ist heute mittelst Eisenbahn nach Dresden befördert worden, um die k. sächsischen Truppen bei Aufrechterhaltung der Ruhe (!) und Ordnung (!) zu unterstützen. Bedeutendere Streitkräfte stehen bereit, um erforderlichen Falls sogleich nachzurücken.

(Staats-Anz.)

„So eben, 2 Uhr, aus Dresden eingehenden Nachrichten vom heutigen Tage (5. Mai) zufolge, war der erste Transport preußischer Truppen dort angelangt, hatte sogleich die wichtigsten Punkte der Altstadt, und zwar zunächst der Brühl'schen Terrasse besetzt. Die Aufständischen verlangen zu kapituliren.

(Const. Z)
Berlin, 5. Mai.

Einer sonst nicht unsicheren Quelle entnehmen wir, daß man es wirklich mit dem alten Wahlgesetz noch ein Mal versuchen will. Von anderer Seite aber wird dem entschieden widersprochen. Eine Klassen-Eintheilung so sagt man, ist das Ende dieses erbärmlichen Liedes. Das wissen wir aber mit Bestimmtheit, Wahlgesetz und Reglement liegen dem Könige schon seit einigen Tagen zur Unterschrift vor und nächstens werden wir diese neueste Schöpfung der fruchtbaren Phantasie des Herrn v. Manteuffel im Staats-Anzeiger erblicken. Freilich allgemeine Urwahlen ist ein „heiliges Versprechen“ ‒ die böse Zeit der Versprechungen liegt weit!

Es soll schon vorgestern ein hochgestellter Regierungsbeamter von hier nach Frankfurt gereist sein, um den preuß. Abgeordneten daselbst das Abberufungsschreiben zu überbringen. Man hat die Absicht mit größter Entschiedenheit aufzutreten, wenn diesem Befehl Widerstand entgegengesetzt würde.

Das 20. (Berliner) Landwehrregiment wird nun doch mobil gemacht und soll am Montag in Spandau eingekleidet werden, um an seine Bestimmungsorte abzugehen. Man hat sich bemühet die Leute zu gewinnen, es scheint aber, daß dieser Zweck in sehr geringem Maaße erreicht ist. Eine große Menge der Wehrmänner haben reklamirt und mit großer Entschiedenheit es offen ausgesprochen, daß sie weder nach Oestreich noch gegen das Volk marschiren würden.

Auf gegen einen höheren Beamten geäußertes Bedenken daß der Durchmarsch der Russen durch Preußen doch bedenklich sei, antwortete dieser, daß ja diese Armee wie eine Waare befördert werde. ‒ Aber der Wunsch des Ministeriums wird leider nicht in Erfüllung gehen, der Direktor der oberschlesischen Eisenbahn, Herr Lewald, hat zurückgemeldet, er könne nicht auf das Ansinnen des Ministeriums eingehen, da er befürchten müsse, daß das Volk die ganze Bahn demolire.

Der Landrath des Nieder-Barnimschen Kreises, Hr. v. Scharrnweber, ist durch Manteuffel selbst, mit dem er vor acht Tagen eine längere Unterredung hatte, dazu veranlaßt worden, Petitionen und Adressen für Wahlen nach Steuerklassen zu verbreiten. Es werden dieselben in seinem Kreise durch amtliche Personen verbreitet und manch gutmüthiger Bauer läßt sich schon dadurch zur Unterschrift verleiten.

In der Brüderstraße hat sich hier schon ein reaktionäres Wahlkomite gebildet, dessen Zweck ganz offen der ist, auf Censuswahlen hinzuarbeiten.

Es ist den Offizieren bemerklich gemacht worden, sie möchten sich des Rauchens auf den Straßen enthalten.

Mit Blitzesschnelle verbreiteten sich heute die Nachrichten aus Sachsen durch unsere Stadt. In allen Kreisen, an allen öffentlichen Orten spricht man nur davon, alles Andere wird dadurch verdrängt.

Heute früh um 5 Uhr gingen zwei Bataillone des Kaiser-Franz - Grenadier - Regiments von hier nach Dresden ab. Nachmittag sollen Munitionswagen und noch ein anderes Bataillon folgen.

Der Bahnhof der Anhaltischen Eisenbahn war heute dicht besetzt von Neugierigen, welche nur Nachrichten aus Dresden und Leipzig erwarteten. Als der Zug ankam mußten einige Reisende sogleich Bericht erstatten, es wurden die Proklamationen der provisorischen Regierung von Sachsen (Tzschirner, Heubner und Todt) vorgelesen und mit Jubel gehört. Alle Nachrichten aus Sachsen laufen übrigens darauf hinaus, daß die Altstadt Dresden vollkommen in der Gewalt des Volkes ist; daß ein großer Theil des Militairs mit dem Volke fraternisirt und mit der Kommunalgarde gemeinschaftlich das Zeughaus besetzt hält. Die ganze Stadt soll gestern Abend in wahrhaft trunkener Freudigkeit gewesen und Leute aus dem Volke und aus dem Militär Arm in Arm durch die Straßen gezogen sein. Als der Reisende heute früh um 6 Uhr die Stadt verließ, war die Lage derselben noch die gleiche. Die provisorische Regierung hatte Zuzüge angeordnet, und sind wie wir von Reisenden aus Leipzig erfahren, von dort bereits zwei Züge von mehr als 1500 Mann stark, aus Turnern und andern demokratischen jungen Männern und Arbeitern, nach Dresden auf der Eisenbahn abgegangen. Man erwartet aus dem ganzen Lande solche Freischaarenzüge. Selbst das Militär in der Neustadt wurde durch die Proklamationen schwankend gemacht und man hofft jetzt auf die Preußen, deren Einmarsch Alles einigen wird.

Ueber das Schicksal des Königs lauten unsere Berichte verschieden. Auf der einen Seite wird versichert, er sei nach dem Königsstein geflohen und habe sich dort in Sicherheit gebracht; Andere behaupten, er sei in Pirna erkannt und vom Volk festgenommen worden.

Das 24. Regiment war eigentlich nach Sachsen bestimmt, wurde aber durch Contreordre zurückgerufen, da man nicht mit Unrecht seine demokratische Gesinnung fürchtet.

In Ronderau verlangte der preuß. Gesandte aus Dresden der gestern Morgen eiligst nach Berlin wollte eine Extra-Locomotive und bot 1000 Thlr. Der Bahnhofinspektor war aber brav genug, das Ansinnen zurückzuweisen, indem er auf die Gefahr hinwies, in welche die Bahn geriethe, wenn das Volk durch solche Servilität gegen sie aufgeregt werde.

In Oberschlesien sollen bedeutende Unruhen ausgebrochen sein, weil die Russen durch die Eisenbahn daselbst befördert werden sollen. So hätte sich die Prophezeiung des Direktor Lewald schon jetzt als richtig gezeigt.

Aus Italien erfährt man, daß die 4000 Lombarden, welche von Genua nach Livorno und von dort nach Civita-Becchia gingen, zwei Stunden nach den Franzosen eintrafen und von diesen mit dem donnernden Ruf: vive la république italienne empfangen wurden.

Herr Held hat eine Volksversammlung nach Zellendorf, zwei Meilen von Berlin entfernt, berufen, zu der aus Potsdam und Berlin jedenfalls sehr viele Menschen hineilen werden.

Endlich fängt unsere Börse an, zu merken daß eine ihr sehr unangenehme Bewegung in Deutschland begonnen. Alle Course fielen heute beträchtlich und nur mit Mühe fanden sich Käufer. Noch vorgestern war die hiesige Börse verblendet genug in Folge der verkündeten russischen Hülfe, die Course zu steigern.

61 Breslau, 4. Mai.

Meinen gestrigen Notizen habe ich hinzuzufügen, daß einem unverbürgten Gerüchte zufolge die Russen deshalb von der russischen Gränze verschwunden sein sollen, weil im Innern Rußlands sehr bedeutende Unruhen ausgebrochen sein sollen. Soviel ist gewiß, daß bis jetzt auf der schlesischen Bahn, also mit deutschen Kräften, keine Russen nach Oestreich befördert worden sind. Ob die russische Intervention überhaupt unterbleibt und aus welchem Grunde, darüber konnte ich mit Bestimmtheit nichts erfahren. Ich habe dafür, daß die russische Intervention unterbleibt, eine Art Autorität. Der gestrige Wiener Zug brachte uns nämlich eine mir bekannte Standrechtsbestie pur sang, den Hauptherausgeber und profitwüthigen Seelenverkäufer des ersten Wiener Standrechtsorgans der „Presse.“ Zang, so nennt sich die Bestie, schien bei seiner Ankunft im Bahnhofe etwas zerstört-mißtrauisch umherzublicken, meinte indessen auf Befragen, ob er von Wien durchgebrannt sei, doch nur, er reise in Geschäften nach Paris. Ich empfehle ihn hiermit, wo er immer sei, den deutschen Arbeitern. Er schien bestürzt, daß er auf seiner Tour noch keinen Russen erblickt und mußte gestehen, das alte Oestreich sei verloren, die europäische Revolution würde bald in Oestreich zum Centralfeuermeer werden. Die „Presse“ hat bekanntlich den Windischgrätz gestürzt, indem sie nicht aufhörte, den Standrechtsmörder Welden für ein strategisches Talent auszuschreien. Zang mußte über diese List seines profitwüthigen Judenblattes jetzt lachen und gab zu verstehen, daß diese Lobpreisung des Mordhalunken Welden ihm ein erkleckliches Sümmchen eingetragen und die Presse wenig danach gefragt habe, welche Resultate dieser Schacher für das alte Oestreich bringen dürfte. Das ist die Bourgeoisie; der unverschämteste Ausdruck aller jemals dagewesenen unverschämten Profitwuth. Durch die heutigen Blätter werden Sie von hier die neuesten Urkunden aus Ungarn erhalten; sie enthalten die Entthronung des Urscheusals der europäischen Despotie, des Hauses Habsburg, die Ernennung Kossuth's zum Präsidenten von Ungarn, seine Proklamation an die Völker, kurz die Republik Osteuropa's sie beweisen die ganze Größe der Bewegung, der Nation und des Mannes, der sie leitet. Das Volk von Deutsch-Oestreich ist, wie ich höre, fest entschlossen, den Napoleon der Magyaren ebenfalls anzuerkennen und die schwarz-roth-goldene Bornirtheit der deutschen Reichs-Hottentotten ganz fahren zu lassen. Ich würde Rheinland-Westphalen anrathen, desgleichen zu thun und sich an die Zukunft des französischen Proletariats fest anzuschließen. Zwischen der Freiheit der Magyaren, Polen, Italiener, Franzosen werden die brandenburgischen Kern-Wanzenlande, der urdeutsche Bierwanst und die unvertilgbare Trampelthiergenialität der schlafrock- und pfeifenbegabten preußisch-deutschen Bourgeois und Professoren mit ihren gekrönten Reichs-Mord-Nothwendigkeiten in Europa gar wenig mehr zu bedeuten haben. Der Speichel Europa's wird sie bedecken. Statt der Russen soll, wie ich mit Bestimmtheit vernommen, „Mein herrliches Kriegsheer“ an Oestreichs Gränzen rücken. Der Hohn ist um so größer, um so klassisch-deutscher. Aber auch die Wuth Deutsch-Oestreichs wird um so gewaltiger auflodern. Deutsch-Oestreich sah im deutschen Reich einmal eine Superiorität, es erwartete von daher seine Befreiung von Mord und Standrecht; es sieht jetzt nur mehr das verhaßte, verachtete, wanzendustige Preußenthum, und wenn die Czechen sich niemals erheben, so werden sie es, sobald die Hungerleider der deutsch-russischen Sandsteppen von der Spree sich Böhmens Gränzen nähern. Der Czar aller Reussen und Preußen soll sich in der Nähe Krakau's befinden und vor ohnmächtigen Wuthanfällen schäumen. Sein Olmützer Unterknäs befindet sich, wie man sagt, auf der Jagd bei Gräfenberg. Die Magyaren sind in der Nähe und die Bevölkerung von Olmütz ist keineswegs schwarzgelb. Das weiß Sophien's Henkerbube, darum schleicht er sich mit seinem Gesindel fort auf die Jagd.

Sie können gewiß sein, daß Kossuth nicht eher ruhen wird, bis das östreichische Scheusal gänzlich erwürgt sein wird. Darum werden Kossuth und sein Volk auch nicht mit der Lamartine'schen Heuchelei vor die Völker treten, sie werden vielmehr binnen kurz ganz Osteuropa in ein revolutionäres Feuermeer verwandeln. Wenigstens können Polen, Italiener und Moldau-Walachen ganz sicher auf magyarische Demokratenheere, aus denen dann die Landesheere gebildet werden, rechnen. Ob, wie das tapfere Berliner Literatengewürm bereits hoffen, außer Deutsch-Oestreich auch der übrige deutsche Reichsrindviehstall berücksichtigt werden wird, ist zu bezweifeln.

Sämmtliche im ehemaligen k. k. Zeughaus zu Wien befindliche Waffen wurden im November ins Neugebäude, welches Windischgrätz hatte befestigen lassen, gebracht, später unter Welden jedoch dahin zurückgeführt. Jetzt sollen dieselben, man weiß nicht wohin, daraus gänzlich verschwunden sein. Der Genius des Volks wird sie wieder finden.

Gestern hat ein magyarischer Kurier, der mit Aufträgen nach Paris reist, Breslau passirt und Kossuth's Proklamation an eine hiesige Redaktion abgegeben. Fürst Lobkowitz ist ebenfalls durchpassirt nach Berlin. Er soll den Marsch der deutschen Reichsmörder und Trampelthiere beschleunigen helfen. Es geht gar nichts in der Welt über die deutsche gottbegnadete Ehrlosigkeit und Verthierung.

Heute findet hier wegen der deutschen Frage eine Berathung des Stadtraths statt. Deutsche feige Bierentrüstungsphrasen und deutsche feige Adressen an die gekrönten Reichsbanditen, das wird das Resultat sein.

Daß die Versicherungen der Wiener Zeitung über das Einrücken von 100,000 Russen in Siebenbürgen, nichts als lächerliche Schreckschüsse sind, bedarf für Sie keiner Erwähnung. Siebenbürgen ist für die einige 100,000 Russen vernagelt. Die Sache wird sich bald umkehren, es wird dann heißen, die Polen sind in Rußland eingebrochen, die Russen haben Moldau und Walachei verlassen müssen.

61 Breslau, 4. Mai. ‒ 4 Uhr Nachmittags.

Der eben eingetroffene oberschlesische Zug bringt die Nachricht mit, daß 400 Oesterreicher über Kosel nach Krakau heute befördert worden sind, um dort wieder Garnison zu nehmen. Alle Nachrichten über das Einrücken einer Heeresmacht von Russen in Oesterreich sind falsch. Daß Oesterreich wieder Garnison nach Krakau schickt, wo es seine Mannschaften anderwärts so höchst nöthig hat, beweist mehr als jedes andere Vorkommniß, daß bedeutende Motive vorhanden sein müssen, weshalb die Russen nicht einrücken. Es sind dies keine anderen als die ernstesten Drohungen Palmerston's. Palmerston erkennt Ungarn als selbstständiger Staat an, ein Koburg-Cohary soll König eines großen Donaureichs werden. Fiume wird Freihafen, wo England seine Industrieprodukte ausschiffen kann. Diese Mittheilungen scheinen begründet. Deutschland erhält für seine kaiserlichen Privatvergnügungen hierdurch einen furchtbaren Schlag, denn Ungarn soll gegen seine Gränzen hermetisch abgeschlossen werden. Die Magyaren wollen sich für die brutale Stupidität rächen, mit welcher ihre Abgesandten in Frankfurt und Wien aufgenommen, oder vielmehr nicht aufgenommen worden sind. Jetzt wird der deutsche Reichsmichel sich wundern und große Augen machen.

Hierdurch erklärt sich auch die Abreise des englischen Gesandten in Wien.

Wien, 3. Mai.

Auch heute werden wieder viele Kranke und Verwundete vom ungarischen Kriegsschauplatz in die hiesigen Spitäler gebracht. Wir haben durch die Truppen-Concentrirungen in der Hauptstadt und der Nähe von Wien große Noth zu gewärtigen. Heute kostet Rindfleisch 12 Kr. C.-M. und Fett und Viehsorten werden immer theurer.

Kossuth hat bereits eine treffliche Communication zur Beziehung aller ihm nöthigen Kriegsbedürfnisse, von England, Frankreich aus den Häfen des schwarzen Meeres, nach Siebenbürgen organisirt, und hinlängliches Papier in Vorrath, um die Landesvertheidigungs-Commissionen mit seinen Banknoten, die jetzt bessern Werth als die östreichischen haben, in Fülle zu versehen.

Kossuth hat sieben, des Verrathes an der magyarischen Sache beschuldigte Personen proskribirt: Pazmandy jun, Moritz Szent-Kiralyi, Graf Moritz Almasy, Joh. Havas, Babarczy, Graf Paul Sennyey und Kapi. ‒

* Wien, 3. Mai.

Zur wahrhaften Erbauung unsrer Leser theilen wir die standrechtlichen Wuthausbrüche des amtlichen Organs, der „Wiener. Zeit.“, wegen der neuesten aus Ungarn angelangten Dekrete in Nachstehendem mit:

„Der Schleier ist zerrissen, womit Ehrgeiz und Verrath die wahre Richtung und die letzten Pläne der ungarischen Empörung zu verdecken versuchte. Die Führer der Revolution, sich stark fühlend durch Schrecken und Gewalt, berauscht von Erfolgen und Waffenglück, werfen jetzt die Maske ab von Loyalität und Treue, deren sie sich zur Verwirrung der Begriffe, zum Mißbrauche der edelsten Gefühle bisher bedienten.

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        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No 292. Köln, Dienstag, den 8. Mai 1849.</docDate>
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        <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allem preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. &#x2012; Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p>
        <p>Insektionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. &#x2012; Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. &#x2012; Nur frankirte Briefe werden angenommen. &#x2012; Expedition in Aachen bei <hi rendition="#g">Ernst ter Meer;</hi> in Düsseldorf bei <hi rendition="#g">F. W. Schmitz,</hi> Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.</p>
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        <p>Wegen einer kleinen Beschädigung an unserer Maschine konnte heute Morgen kein Extrablatt ausgegeben werden.</p>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Berlin. (Klatsch. &#x2012; Die Dresdener Revolution. &#x2012; Preußische Truppen nach Dresden). Breslau. (Aus Ungarn. &#x2012; Die Russen). Wien. (Vermischtes). Dresden. (Details über den Aufstand. &#x2012; Zwei Proklamationen der provisorischen Regierung). Leipzig. (Aufregung wegen Dreden; Maßregeln). Görlitz. (Zusammenziehung eines Armeecorps). Schleswig - Holstein. (Vom Kriegsschauplatze). Braunschweig. (Verzögerung der Waffenaustheilung). Nürnberg. (Volksversammlung). Frankfurt. (Aus der Rheinpfalz. &#x2012; Ausruf des Donnersberg. &#x2012; National-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> (Vom Kriegsschauplatze.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> (Aus Civita-Vecchia). Rom. (Vertheidigungsanstalten). Neapel. (Palermos Unterwerfung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> Paris. (Die Amnestie und L. Napoleon. &#x2012; Vermischtes. &#x2012; National-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Amerikanische Post. &#x2012; Unterhaus).</p>
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        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar292_001" type="jArticle">
          <head>Berlin, 5. Mai.</head>
          <p>Das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment ist heute mittelst Eisenbahn nach Dresden befördert worden, um die k. sächsischen Truppen bei Aufrechterhaltung der Ruhe (!) und Ordnung (!) zu unterstützen. Bedeutendere Streitkräfte stehen bereit, um erforderlichen Falls sogleich nachzurücken.</p>
          <bibl>(Staats-Anz.)</bibl>
          <p>&#x201E;So eben, 2 Uhr, aus <hi rendition="#g">Dresden</hi> eingehenden Nachrichten vom heutigen Tage (5. Mai) zufolge, war der erste Transport preußischer Truppen dort angelangt, hatte sogleich die wichtigsten Punkte der Altstadt, und zwar zunächst der Brühl'schen Terrasse besetzt. Die Aufständischen verlangen zu kapituliren.</p>
          <bibl>(Const. Z)</bibl>
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          <head>Berlin, 5. Mai.</head>
          <p>Einer sonst nicht unsicheren Quelle entnehmen wir, daß man es wirklich mit dem alten Wahlgesetz noch ein Mal versuchen will. Von anderer Seite aber wird dem entschieden widersprochen. Eine Klassen-Eintheilung so sagt man, ist das Ende dieses erbärmlichen Liedes. Das wissen wir aber mit Bestimmtheit, Wahlgesetz und Reglement liegen dem Könige schon seit einigen Tagen zur Unterschrift vor und nächstens werden wir diese neueste Schöpfung der fruchtbaren Phantasie des Herrn v. Manteuffel im Staats-Anzeiger erblicken. Freilich allgemeine Urwahlen ist ein &#x201E;heiliges Versprechen&#x201C; &#x2012; die böse Zeit der Versprechungen liegt weit!</p>
          <p>Es soll schon vorgestern ein hochgestellter Regierungsbeamter von hier nach Frankfurt gereist sein, um den preuß. Abgeordneten daselbst das Abberufungsschreiben zu überbringen. Man hat die Absicht mit größter Entschiedenheit aufzutreten, wenn diesem Befehl Widerstand entgegengesetzt würde.</p>
          <p>Das 20. (Berliner) Landwehrregiment wird nun doch mobil gemacht und soll am Montag in Spandau eingekleidet werden, um an seine Bestimmungsorte abzugehen. Man hat sich bemühet die Leute zu gewinnen, es scheint aber, daß dieser Zweck in sehr geringem Maaße erreicht ist. Eine große Menge der Wehrmänner haben reklamirt und mit großer Entschiedenheit es offen ausgesprochen, daß sie weder nach Oestreich noch gegen das Volk marschiren würden.</p>
          <p>Auf gegen einen höheren Beamten geäußertes Bedenken daß der Durchmarsch der Russen durch Preußen doch bedenklich sei, antwortete dieser, daß ja diese Armee wie eine Waare befördert werde. &#x2012; Aber der Wunsch des Ministeriums wird leider nicht in Erfüllung gehen, der Direktor der oberschlesischen Eisenbahn, Herr Lewald, hat zurückgemeldet, er könne nicht auf das Ansinnen des Ministeriums eingehen, da er befürchten müsse, daß das Volk die ganze Bahn demolire.</p>
          <p>Der Landrath des Nieder-Barnimschen Kreises, Hr. v. Scharrnweber, ist durch Manteuffel selbst, mit dem er vor acht Tagen eine längere Unterredung hatte, dazu veranlaßt worden, Petitionen und Adressen für Wahlen nach Steuerklassen zu verbreiten. Es werden dieselben in seinem Kreise durch amtliche Personen verbreitet und manch gutmüthiger Bauer läßt sich schon dadurch zur Unterschrift verleiten.</p>
          <p>In der Brüderstraße hat sich hier schon ein reaktionäres Wahlkomite gebildet, dessen Zweck ganz offen der ist, auf Censuswahlen hinzuarbeiten.</p>
          <p>Es ist den Offizieren bemerklich gemacht worden, sie möchten sich des Rauchens auf den Straßen enthalten.</p>
          <p>Mit Blitzesschnelle verbreiteten sich heute die Nachrichten aus Sachsen durch unsere Stadt. In allen Kreisen, an allen öffentlichen Orten spricht man nur davon, alles Andere wird dadurch verdrängt.</p>
          <p>Heute früh um 5 Uhr gingen zwei Bataillone des Kaiser-Franz - Grenadier - Regiments von hier nach Dresden ab. Nachmittag sollen Munitionswagen und noch ein anderes Bataillon folgen.</p>
          <p>Der Bahnhof der Anhaltischen Eisenbahn war heute dicht besetzt von Neugierigen, welche nur Nachrichten aus Dresden und Leipzig erwarteten. Als der Zug ankam mußten einige Reisende sogleich Bericht erstatten, es wurden die Proklamationen der provisorischen Regierung von Sachsen (Tzschirner, Heubner und Todt) vorgelesen und mit Jubel gehört. Alle Nachrichten aus Sachsen laufen übrigens darauf hinaus, daß die Altstadt Dresden vollkommen in der Gewalt des Volkes ist; daß ein großer Theil des Militairs mit dem Volke fraternisirt und mit der Kommunalgarde gemeinschaftlich das Zeughaus besetzt hält. Die ganze Stadt soll gestern Abend in wahrhaft trunkener Freudigkeit gewesen und Leute aus dem Volke und aus dem Militär Arm in Arm durch die Straßen gezogen sein. Als der Reisende heute früh um 6 Uhr die Stadt verließ, war die Lage derselben noch die gleiche. Die provisorische Regierung hatte Zuzüge angeordnet, und sind wie wir von Reisenden aus Leipzig erfahren, von dort bereits zwei Züge von mehr als 1500 Mann stark, aus Turnern und andern demokratischen jungen Männern und Arbeitern, nach Dresden auf der Eisenbahn abgegangen. Man erwartet aus dem ganzen Lande solche Freischaarenzüge. Selbst das Militär in der Neustadt wurde durch die Proklamationen schwankend gemacht und man hofft jetzt auf die Preußen, deren Einmarsch Alles einigen wird.</p>
          <p>Ueber das Schicksal des Königs lauten unsere Berichte verschieden. Auf der einen Seite wird versichert, er sei nach dem Königsstein geflohen und habe sich dort in Sicherheit gebracht; Andere behaupten, er sei in Pirna erkannt und vom Volk festgenommen worden.</p>
          <p>Das 24. Regiment war eigentlich nach Sachsen bestimmt, wurde aber durch Contreordre zurückgerufen, da man nicht mit Unrecht seine demokratische Gesinnung fürchtet.</p>
          <p>In Ronderau verlangte der preuß. Gesandte aus Dresden der gestern Morgen eiligst nach Berlin wollte eine Extra-Locomotive und bot 1000 Thlr. Der Bahnhofinspektor war aber brav genug, das Ansinnen zurückzuweisen, indem er auf die Gefahr hinwies, in welche die Bahn geriethe, wenn das Volk durch solche Servilität gegen sie aufgeregt werde.</p>
          <p>In Oberschlesien sollen bedeutende Unruhen ausgebrochen sein, weil die Russen durch die Eisenbahn daselbst befördert werden sollen. So hätte sich die Prophezeiung des Direktor Lewald schon jetzt als richtig gezeigt.</p>
          <p>Aus Italien erfährt man, daß die 4000 Lombarden, welche von Genua nach Livorno und von dort nach Civita-Becchia gingen, zwei Stunden nach den Franzosen eintrafen und von diesen mit dem donnernden Ruf: vive la république italienne empfangen wurden.</p>
          <p>Herr Held hat eine Volksversammlung nach Zellendorf, zwei Meilen von Berlin entfernt, berufen, zu der aus Potsdam und Berlin jedenfalls sehr viele Menschen hineilen werden.</p>
          <p>Endlich fängt unsere Börse an, zu merken daß eine ihr sehr unangenehme Bewegung in Deutschland begonnen. Alle Course fielen heute beträchtlich und nur mit Mühe fanden sich Käufer. Noch vorgestern war die hiesige Börse verblendet genug in Folge der verkündeten russischen Hülfe, die Course zu steigern.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 4. Mai.</head>
          <p>Meinen gestrigen Notizen habe ich hinzuzufügen, daß einem unverbürgten Gerüchte zufolge die Russen deshalb von der russischen Gränze verschwunden sein sollen, weil im Innern Rußlands sehr bedeutende Unruhen ausgebrochen sein sollen. Soviel ist gewiß, daß bis jetzt auf der schlesischen Bahn, also mit deutschen Kräften, keine Russen nach Oestreich befördert worden sind. Ob die russische Intervention überhaupt unterbleibt und aus welchem Grunde, darüber konnte ich mit Bestimmtheit nichts erfahren. Ich habe dafür, daß die russische Intervention unterbleibt, eine Art Autorität. Der gestrige Wiener Zug brachte uns nämlich eine mir bekannte Standrechtsbestie pur sang, den Hauptherausgeber und profitwüthigen Seelenverkäufer des ersten Wiener Standrechtsorgans der &#x201E;Presse.&#x201C; Zang, so nennt sich die Bestie, schien bei seiner Ankunft im Bahnhofe etwas zerstört-mißtrauisch umherzublicken, meinte indessen auf Befragen, ob er von Wien durchgebrannt sei, doch nur, er reise in Geschäften nach Paris. Ich empfehle ihn hiermit, wo er immer sei, den deutschen Arbeitern. Er schien bestürzt, daß er auf seiner Tour noch keinen Russen erblickt und mußte gestehen, das alte Oestreich sei verloren, die europäische Revolution würde bald in Oestreich zum Centralfeuermeer werden. Die &#x201E;Presse&#x201C; hat bekanntlich den Windischgrätz gestürzt, indem sie nicht aufhörte, den Standrechtsmörder Welden für ein strategisches Talent auszuschreien. Zang mußte über diese List seines profitwüthigen Judenblattes jetzt lachen und gab zu verstehen, daß diese Lobpreisung des Mordhalunken Welden ihm ein erkleckliches Sümmchen eingetragen und die Presse wenig danach gefragt habe, welche Resultate dieser Schacher für das alte Oestreich bringen dürfte. Das ist die Bourgeoisie; der unverschämteste Ausdruck aller jemals dagewesenen unverschämten Profitwuth. Durch die heutigen Blätter werden Sie von hier die neuesten Urkunden aus Ungarn erhalten; sie enthalten die Entthronung des Urscheusals der europäischen Despotie, des Hauses Habsburg, die Ernennung Kossuth's zum Präsidenten von Ungarn, seine Proklamation an die Völker, kurz die Republik Osteuropa's sie beweisen die ganze Größe der Bewegung, der Nation und des Mannes, der sie leitet. Das Volk von Deutsch-Oestreich ist, wie ich höre, fest entschlossen, den Napoleon der Magyaren ebenfalls anzuerkennen und die schwarz-roth-goldene Bornirtheit der deutschen Reichs-Hottentotten ganz fahren zu lassen. Ich würde Rheinland-Westphalen anrathen, desgleichen zu thun und sich an die Zukunft des französischen Proletariats fest anzuschließen. Zwischen der Freiheit der Magyaren, Polen, Italiener, Franzosen werden die brandenburgischen Kern-Wanzenlande, der urdeutsche Bierwanst und die unvertilgbare Trampelthiergenialität der schlafrock- und pfeifenbegabten preußisch-deutschen Bourgeois und Professoren mit ihren gekrönten Reichs-Mord-Nothwendigkeiten in Europa gar wenig mehr zu bedeuten haben. Der Speichel Europa's wird sie bedecken. Statt der Russen soll, wie ich mit Bestimmtheit vernommen, &#x201E;Mein herrliches Kriegsheer&#x201C; an Oestreichs Gränzen rücken. Der Hohn ist um so größer, um so klassisch-deutscher. Aber auch die Wuth Deutsch-Oestreichs wird um so gewaltiger auflodern. Deutsch-Oestreich sah im deutschen Reich einmal eine Superiorität, es erwartete von daher seine Befreiung von Mord und Standrecht; es sieht jetzt nur mehr das verhaßte, verachtete, wanzendustige Preußenthum, und wenn die Czechen sich niemals erheben, so werden sie es, sobald die Hungerleider der deutsch-russischen Sandsteppen von der Spree sich Böhmens Gränzen nähern. Der Czar aller Reussen und Preußen soll sich in der Nähe Krakau's befinden und vor ohnmächtigen Wuthanfällen schäumen. Sein Olmützer Unterknäs befindet sich, wie man sagt, auf der Jagd bei Gräfenberg. Die Magyaren sind in der Nähe und die Bevölkerung von Olmütz ist keineswegs schwarzgelb. Das weiß Sophien's Henkerbube, darum schleicht er sich mit seinem Gesindel fort auf die Jagd.</p>
          <p>Sie können gewiß sein, daß Kossuth nicht eher ruhen wird, bis das östreichische Scheusal gänzlich erwürgt sein wird. Darum werden Kossuth und sein Volk auch nicht mit der Lamartine'schen Heuchelei vor die Völker treten, sie werden vielmehr binnen kurz ganz Osteuropa in ein revolutionäres Feuermeer verwandeln. Wenigstens können Polen, Italiener und Moldau-Walachen ganz sicher auf magyarische Demokratenheere, aus denen dann die Landesheere gebildet werden, rechnen. Ob, wie das tapfere Berliner Literatengewürm bereits hoffen, außer Deutsch-Oestreich auch der übrige deutsche Reichsrindviehstall berücksichtigt werden wird, ist zu bezweifeln.</p>
          <p>Sämmtliche im ehemaligen k. k. Zeughaus zu Wien befindliche Waffen wurden im November ins Neugebäude, welches Windischgrätz hatte befestigen lassen, gebracht, später unter Welden jedoch dahin zurückgeführt. Jetzt sollen dieselben, man weiß nicht wohin, daraus gänzlich verschwunden sein. Der Genius des Volks wird sie wieder finden.</p>
          <p>Gestern hat ein magyarischer Kurier, der mit Aufträgen nach Paris reist, Breslau passirt und Kossuth's Proklamation an eine hiesige Redaktion abgegeben. Fürst Lobkowitz ist ebenfalls durchpassirt nach Berlin. Er soll den Marsch der deutschen Reichsmörder und Trampelthiere beschleunigen helfen. Es geht gar nichts in der Welt über die deutsche gottbegnadete Ehrlosigkeit und Verthierung.</p>
          <p>Heute findet hier wegen der deutschen Frage eine Berathung des Stadtraths statt. Deutsche feige Bierentrüstungsphrasen und deutsche feige Adressen an die gekrönten Reichsbanditen, das wird das Resultat sein.</p>
          <p>Daß die Versicherungen der Wiener Zeitung über das Einrücken von 100,000 Russen in Siebenbürgen, nichts als lächerliche Schreckschüsse sind, bedarf für Sie keiner Erwähnung. Siebenbürgen ist für die einige 100,000 Russen vernagelt. Die Sache wird sich bald umkehren, es wird dann heißen, die Polen sind in Rußland eingebrochen, die Russen haben Moldau und Walachei verlassen müssen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar292_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 4. Mai. &#x2012; 4 Uhr Nachmittags.</head>
          <p>Der eben eingetroffene oberschlesische Zug bringt die Nachricht mit, daß 400 Oesterreicher über Kosel nach Krakau heute befördert worden sind, um dort wieder Garnison zu nehmen. Alle Nachrichten über das Einrücken einer Heeresmacht von Russen in Oesterreich sind falsch. Daß Oesterreich wieder Garnison nach Krakau schickt, wo es seine Mannschaften anderwärts so höchst nöthig hat, beweist mehr als jedes andere Vorkommniß, daß bedeutende Motive vorhanden sein müssen, weshalb die Russen nicht einrücken. Es sind dies keine anderen als die ernstesten Drohungen Palmerston's. Palmerston erkennt Ungarn als selbstständiger Staat an, ein Koburg-Cohary soll König eines großen Donaureichs werden. Fiume wird Freihafen, wo England seine Industrieprodukte ausschiffen kann. Diese Mittheilungen scheinen begründet. Deutschland erhält für seine kaiserlichen Privatvergnügungen hierdurch einen furchtbaren Schlag, denn Ungarn soll gegen seine Gränzen hermetisch abgeschlossen werden. Die Magyaren wollen sich für die brutale Stupidität rächen, mit welcher ihre Abgesandten in Frankfurt und Wien aufgenommen, oder vielmehr nicht aufgenommen worden sind. Jetzt wird der deutsche Reichsmichel sich wundern und große Augen machen.</p>
          <p>Hierdurch erklärt sich auch die Abreise des englischen Gesandten in Wien.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar292_005" type="jArticle">
          <head>Wien, 3. Mai.</head>
          <p>Auch heute werden wieder viele Kranke und Verwundete vom ungarischen Kriegsschauplatz in die hiesigen Spitäler gebracht. Wir haben durch die Truppen-Concentrirungen in der Hauptstadt und der Nähe von Wien große Noth zu gewärtigen. Heute kostet Rindfleisch 12 Kr. C.-M. und Fett und Viehsorten werden immer theurer.</p>
          <p>Kossuth hat bereits eine treffliche Communication zur Beziehung aller ihm nöthigen Kriegsbedürfnisse, von England, Frankreich aus den Häfen des schwarzen Meeres, nach Siebenbürgen organisirt, und hinlängliches Papier in Vorrath, um die Landesvertheidigungs-Commissionen mit seinen Banknoten, die jetzt bessern Werth als die östreichischen haben, in Fülle zu versehen.</p>
          <p>Kossuth hat sieben, des Verrathes an der magyarischen Sache beschuldigte Personen proskribirt: Pazmandy jun, Moritz Szent-Kiralyi, Graf Moritz Almasy, Joh. Havas, Babarczy, Graf Paul Sennyey und Kapi. &#x2012;</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 3. Mai.</head>
          <p>Zur wahrhaften Erbauung unsrer Leser theilen wir die standrechtlichen Wuthausbrüche des amtlichen Organs, der &#x201E;Wiener. Zeit.&#x201C;, wegen der neuesten aus Ungarn angelangten Dekrete in Nachstehendem mit:</p>
          <p>&#x201E;Der Schleier ist zerrissen, womit Ehrgeiz und Verrath die wahre Richtung und die letzten Pläne der ungarischen Empörung zu verdecken versuchte. Die Führer der Revolution, sich stark fühlend durch Schrecken und Gewalt, berauscht von Erfolgen und Waffenglück, werfen jetzt die Maske ab von Loyalität und Treue, deren sie sich zur Verwirrung der Begriffe, zum Mißbrauche der edelsten Gefühle bisher bedienten.</p>
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[1655/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 292. Köln, Dienstag, den 8. Mai 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allem preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insektionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Wegen einer kleinen Beschädigung an unserer Maschine konnte heute Morgen kein Extrablatt ausgegeben werden. Uebersicht. Deutschland. Berlin. (Klatsch. ‒ Die Dresdener Revolution. ‒ Preußische Truppen nach Dresden). Breslau. (Aus Ungarn. ‒ Die Russen). Wien. (Vermischtes). Dresden. (Details über den Aufstand. ‒ Zwei Proklamationen der provisorischen Regierung). Leipzig. (Aufregung wegen Dreden; Maßregeln). Görlitz. (Zusammenziehung eines Armeecorps). Schleswig - Holstein. (Vom Kriegsschauplatze). Braunschweig. (Verzögerung der Waffenaustheilung). Nürnberg. (Volksversammlung). Frankfurt. (Aus der Rheinpfalz. ‒ Ausruf des Donnersberg. ‒ National-Versammlung). Ungarn. (Vom Kriegsschauplatze.) Italien. (Aus Civita-Vecchia). Rom. (Vertheidigungsanstalten). Neapel. (Palermos Unterwerfung). Französische Republik. Paris. (Die Amnestie und L. Napoleon. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung). Großbritannien. London. (Amerikanische Post. ‒ Unterhaus). Deutschland. Berlin, 5. Mai. Das Kaiser-Alexander-Grenadierregiment ist heute mittelst Eisenbahn nach Dresden befördert worden, um die k. sächsischen Truppen bei Aufrechterhaltung der Ruhe (!) und Ordnung (!) zu unterstützen. Bedeutendere Streitkräfte stehen bereit, um erforderlichen Falls sogleich nachzurücken. (Staats-Anz.) „So eben, 2 Uhr, aus Dresden eingehenden Nachrichten vom heutigen Tage (5. Mai) zufolge, war der erste Transport preußischer Truppen dort angelangt, hatte sogleich die wichtigsten Punkte der Altstadt, und zwar zunächst der Brühl'schen Terrasse besetzt. Die Aufständischen verlangen zu kapituliren. (Const. Z) Berlin, 5. Mai. Einer sonst nicht unsicheren Quelle entnehmen wir, daß man es wirklich mit dem alten Wahlgesetz noch ein Mal versuchen will. Von anderer Seite aber wird dem entschieden widersprochen. Eine Klassen-Eintheilung so sagt man, ist das Ende dieses erbärmlichen Liedes. Das wissen wir aber mit Bestimmtheit, Wahlgesetz und Reglement liegen dem Könige schon seit einigen Tagen zur Unterschrift vor und nächstens werden wir diese neueste Schöpfung der fruchtbaren Phantasie des Herrn v. Manteuffel im Staats-Anzeiger erblicken. Freilich allgemeine Urwahlen ist ein „heiliges Versprechen“ ‒ die böse Zeit der Versprechungen liegt weit! Es soll schon vorgestern ein hochgestellter Regierungsbeamter von hier nach Frankfurt gereist sein, um den preuß. Abgeordneten daselbst das Abberufungsschreiben zu überbringen. Man hat die Absicht mit größter Entschiedenheit aufzutreten, wenn diesem Befehl Widerstand entgegengesetzt würde. Das 20. (Berliner) Landwehrregiment wird nun doch mobil gemacht und soll am Montag in Spandau eingekleidet werden, um an seine Bestimmungsorte abzugehen. Man hat sich bemühet die Leute zu gewinnen, es scheint aber, daß dieser Zweck in sehr geringem Maaße erreicht ist. Eine große Menge der Wehrmänner haben reklamirt und mit großer Entschiedenheit es offen ausgesprochen, daß sie weder nach Oestreich noch gegen das Volk marschiren würden. Auf gegen einen höheren Beamten geäußertes Bedenken daß der Durchmarsch der Russen durch Preußen doch bedenklich sei, antwortete dieser, daß ja diese Armee wie eine Waare befördert werde. ‒ Aber der Wunsch des Ministeriums wird leider nicht in Erfüllung gehen, der Direktor der oberschlesischen Eisenbahn, Herr Lewald, hat zurückgemeldet, er könne nicht auf das Ansinnen des Ministeriums eingehen, da er befürchten müsse, daß das Volk die ganze Bahn demolire. Der Landrath des Nieder-Barnimschen Kreises, Hr. v. Scharrnweber, ist durch Manteuffel selbst, mit dem er vor acht Tagen eine längere Unterredung hatte, dazu veranlaßt worden, Petitionen und Adressen für Wahlen nach Steuerklassen zu verbreiten. Es werden dieselben in seinem Kreise durch amtliche Personen verbreitet und manch gutmüthiger Bauer läßt sich schon dadurch zur Unterschrift verleiten. In der Brüderstraße hat sich hier schon ein reaktionäres Wahlkomite gebildet, dessen Zweck ganz offen der ist, auf Censuswahlen hinzuarbeiten. Es ist den Offizieren bemerklich gemacht worden, sie möchten sich des Rauchens auf den Straßen enthalten. Mit Blitzesschnelle verbreiteten sich heute die Nachrichten aus Sachsen durch unsere Stadt. In allen Kreisen, an allen öffentlichen Orten spricht man nur davon, alles Andere wird dadurch verdrängt. Heute früh um 5 Uhr gingen zwei Bataillone des Kaiser-Franz - Grenadier - Regiments von hier nach Dresden ab. Nachmittag sollen Munitionswagen und noch ein anderes Bataillon folgen. Der Bahnhof der Anhaltischen Eisenbahn war heute dicht besetzt von Neugierigen, welche nur Nachrichten aus Dresden und Leipzig erwarteten. Als der Zug ankam mußten einige Reisende sogleich Bericht erstatten, es wurden die Proklamationen der provisorischen Regierung von Sachsen (Tzschirner, Heubner und Todt) vorgelesen und mit Jubel gehört. Alle Nachrichten aus Sachsen laufen übrigens darauf hinaus, daß die Altstadt Dresden vollkommen in der Gewalt des Volkes ist; daß ein großer Theil des Militairs mit dem Volke fraternisirt und mit der Kommunalgarde gemeinschaftlich das Zeughaus besetzt hält. Die ganze Stadt soll gestern Abend in wahrhaft trunkener Freudigkeit gewesen und Leute aus dem Volke und aus dem Militär Arm in Arm durch die Straßen gezogen sein. Als der Reisende heute früh um 6 Uhr die Stadt verließ, war die Lage derselben noch die gleiche. Die provisorische Regierung hatte Zuzüge angeordnet, und sind wie wir von Reisenden aus Leipzig erfahren, von dort bereits zwei Züge von mehr als 1500 Mann stark, aus Turnern und andern demokratischen jungen Männern und Arbeitern, nach Dresden auf der Eisenbahn abgegangen. Man erwartet aus dem ganzen Lande solche Freischaarenzüge. Selbst das Militär in der Neustadt wurde durch die Proklamationen schwankend gemacht und man hofft jetzt auf die Preußen, deren Einmarsch Alles einigen wird. Ueber das Schicksal des Königs lauten unsere Berichte verschieden. Auf der einen Seite wird versichert, er sei nach dem Königsstein geflohen und habe sich dort in Sicherheit gebracht; Andere behaupten, er sei in Pirna erkannt und vom Volk festgenommen worden. Das 24. Regiment war eigentlich nach Sachsen bestimmt, wurde aber durch Contreordre zurückgerufen, da man nicht mit Unrecht seine demokratische Gesinnung fürchtet. In Ronderau verlangte der preuß. Gesandte aus Dresden der gestern Morgen eiligst nach Berlin wollte eine Extra-Locomotive und bot 1000 Thlr. Der Bahnhofinspektor war aber brav genug, das Ansinnen zurückzuweisen, indem er auf die Gefahr hinwies, in welche die Bahn geriethe, wenn das Volk durch solche Servilität gegen sie aufgeregt werde. In Oberschlesien sollen bedeutende Unruhen ausgebrochen sein, weil die Russen durch die Eisenbahn daselbst befördert werden sollen. So hätte sich die Prophezeiung des Direktor Lewald schon jetzt als richtig gezeigt. Aus Italien erfährt man, daß die 4000 Lombarden, welche von Genua nach Livorno und von dort nach Civita-Becchia gingen, zwei Stunden nach den Franzosen eintrafen und von diesen mit dem donnernden Ruf: vive la république italienne empfangen wurden. Herr Held hat eine Volksversammlung nach Zellendorf, zwei Meilen von Berlin entfernt, berufen, zu der aus Potsdam und Berlin jedenfalls sehr viele Menschen hineilen werden. Endlich fängt unsere Börse an, zu merken daß eine ihr sehr unangenehme Bewegung in Deutschland begonnen. Alle Course fielen heute beträchtlich und nur mit Mühe fanden sich Käufer. Noch vorgestern war die hiesige Börse verblendet genug in Folge der verkündeten russischen Hülfe, die Course zu steigern. 61 Breslau, 4. Mai. Meinen gestrigen Notizen habe ich hinzuzufügen, daß einem unverbürgten Gerüchte zufolge die Russen deshalb von der russischen Gränze verschwunden sein sollen, weil im Innern Rußlands sehr bedeutende Unruhen ausgebrochen sein sollen. Soviel ist gewiß, daß bis jetzt auf der schlesischen Bahn, also mit deutschen Kräften, keine Russen nach Oestreich befördert worden sind. Ob die russische Intervention überhaupt unterbleibt und aus welchem Grunde, darüber konnte ich mit Bestimmtheit nichts erfahren. Ich habe dafür, daß die russische Intervention unterbleibt, eine Art Autorität. Der gestrige Wiener Zug brachte uns nämlich eine mir bekannte Standrechtsbestie pur sang, den Hauptherausgeber und profitwüthigen Seelenverkäufer des ersten Wiener Standrechtsorgans der „Presse.“ Zang, so nennt sich die Bestie, schien bei seiner Ankunft im Bahnhofe etwas zerstört-mißtrauisch umherzublicken, meinte indessen auf Befragen, ob er von Wien durchgebrannt sei, doch nur, er reise in Geschäften nach Paris. Ich empfehle ihn hiermit, wo er immer sei, den deutschen Arbeitern. Er schien bestürzt, daß er auf seiner Tour noch keinen Russen erblickt und mußte gestehen, das alte Oestreich sei verloren, die europäische Revolution würde bald in Oestreich zum Centralfeuermeer werden. Die „Presse“ hat bekanntlich den Windischgrätz gestürzt, indem sie nicht aufhörte, den Standrechtsmörder Welden für ein strategisches Talent auszuschreien. Zang mußte über diese List seines profitwüthigen Judenblattes jetzt lachen und gab zu verstehen, daß diese Lobpreisung des Mordhalunken Welden ihm ein erkleckliches Sümmchen eingetragen und die Presse wenig danach gefragt habe, welche Resultate dieser Schacher für das alte Oestreich bringen dürfte. Das ist die Bourgeoisie; der unverschämteste Ausdruck aller jemals dagewesenen unverschämten Profitwuth. Durch die heutigen Blätter werden Sie von hier die neuesten Urkunden aus Ungarn erhalten; sie enthalten die Entthronung des Urscheusals der europäischen Despotie, des Hauses Habsburg, die Ernennung Kossuth's zum Präsidenten von Ungarn, seine Proklamation an die Völker, kurz die Republik Osteuropa's sie beweisen die ganze Größe der Bewegung, der Nation und des Mannes, der sie leitet. Das Volk von Deutsch-Oestreich ist, wie ich höre, fest entschlossen, den Napoleon der Magyaren ebenfalls anzuerkennen und die schwarz-roth-goldene Bornirtheit der deutschen Reichs-Hottentotten ganz fahren zu lassen. Ich würde Rheinland-Westphalen anrathen, desgleichen zu thun und sich an die Zukunft des französischen Proletariats fest anzuschließen. Zwischen der Freiheit der Magyaren, Polen, Italiener, Franzosen werden die brandenburgischen Kern-Wanzenlande, der urdeutsche Bierwanst und die unvertilgbare Trampelthiergenialität der schlafrock- und pfeifenbegabten preußisch-deutschen Bourgeois und Professoren mit ihren gekrönten Reichs-Mord-Nothwendigkeiten in Europa gar wenig mehr zu bedeuten haben. Der Speichel Europa's wird sie bedecken. Statt der Russen soll, wie ich mit Bestimmtheit vernommen, „Mein herrliches Kriegsheer“ an Oestreichs Gränzen rücken. Der Hohn ist um so größer, um so klassisch-deutscher. Aber auch die Wuth Deutsch-Oestreichs wird um so gewaltiger auflodern. Deutsch-Oestreich sah im deutschen Reich einmal eine Superiorität, es erwartete von daher seine Befreiung von Mord und Standrecht; es sieht jetzt nur mehr das verhaßte, verachtete, wanzendustige Preußenthum, und wenn die Czechen sich niemals erheben, so werden sie es, sobald die Hungerleider der deutsch-russischen Sandsteppen von der Spree sich Böhmens Gränzen nähern. Der Czar aller Reussen und Preußen soll sich in der Nähe Krakau's befinden und vor ohnmächtigen Wuthanfällen schäumen. Sein Olmützer Unterknäs befindet sich, wie man sagt, auf der Jagd bei Gräfenberg. Die Magyaren sind in der Nähe und die Bevölkerung von Olmütz ist keineswegs schwarzgelb. Das weiß Sophien's Henkerbube, darum schleicht er sich mit seinem Gesindel fort auf die Jagd. Sie können gewiß sein, daß Kossuth nicht eher ruhen wird, bis das östreichische Scheusal gänzlich erwürgt sein wird. Darum werden Kossuth und sein Volk auch nicht mit der Lamartine'schen Heuchelei vor die Völker treten, sie werden vielmehr binnen kurz ganz Osteuropa in ein revolutionäres Feuermeer verwandeln. Wenigstens können Polen, Italiener und Moldau-Walachen ganz sicher auf magyarische Demokratenheere, aus denen dann die Landesheere gebildet werden, rechnen. Ob, wie das tapfere Berliner Literatengewürm bereits hoffen, außer Deutsch-Oestreich auch der übrige deutsche Reichsrindviehstall berücksichtigt werden wird, ist zu bezweifeln. Sämmtliche im ehemaligen k. k. Zeughaus zu Wien befindliche Waffen wurden im November ins Neugebäude, welches Windischgrätz hatte befestigen lassen, gebracht, später unter Welden jedoch dahin zurückgeführt. Jetzt sollen dieselben, man weiß nicht wohin, daraus gänzlich verschwunden sein. Der Genius des Volks wird sie wieder finden. Gestern hat ein magyarischer Kurier, der mit Aufträgen nach Paris reist, Breslau passirt und Kossuth's Proklamation an eine hiesige Redaktion abgegeben. Fürst Lobkowitz ist ebenfalls durchpassirt nach Berlin. Er soll den Marsch der deutschen Reichsmörder und Trampelthiere beschleunigen helfen. Es geht gar nichts in der Welt über die deutsche gottbegnadete Ehrlosigkeit und Verthierung. Heute findet hier wegen der deutschen Frage eine Berathung des Stadtraths statt. Deutsche feige Bierentrüstungsphrasen und deutsche feige Adressen an die gekrönten Reichsbanditen, das wird das Resultat sein. Daß die Versicherungen der Wiener Zeitung über das Einrücken von 100,000 Russen in Siebenbürgen, nichts als lächerliche Schreckschüsse sind, bedarf für Sie keiner Erwähnung. Siebenbürgen ist für die einige 100,000 Russen vernagelt. Die Sache wird sich bald umkehren, es wird dann heißen, die Polen sind in Rußland eingebrochen, die Russen haben Moldau und Walachei verlassen müssen. 61 Breslau, 4. Mai. ‒ 4 Uhr Nachmittags. Der eben eingetroffene oberschlesische Zug bringt die Nachricht mit, daß 400 Oesterreicher über Kosel nach Krakau heute befördert worden sind, um dort wieder Garnison zu nehmen. Alle Nachrichten über das Einrücken einer Heeresmacht von Russen in Oesterreich sind falsch. Daß Oesterreich wieder Garnison nach Krakau schickt, wo es seine Mannschaften anderwärts so höchst nöthig hat, beweist mehr als jedes andere Vorkommniß, daß bedeutende Motive vorhanden sein müssen, weshalb die Russen nicht einrücken. Es sind dies keine anderen als die ernstesten Drohungen Palmerston's. Palmerston erkennt Ungarn als selbstständiger Staat an, ein Koburg-Cohary soll König eines großen Donaureichs werden. Fiume wird Freihafen, wo England seine Industrieprodukte ausschiffen kann. Diese Mittheilungen scheinen begründet. Deutschland erhält für seine kaiserlichen Privatvergnügungen hierdurch einen furchtbaren Schlag, denn Ungarn soll gegen seine Gränzen hermetisch abgeschlossen werden. Die Magyaren wollen sich für die brutale Stupidität rächen, mit welcher ihre Abgesandten in Frankfurt und Wien aufgenommen, oder vielmehr nicht aufgenommen worden sind. Jetzt wird der deutsche Reichsmichel sich wundern und große Augen machen. Hierdurch erklärt sich auch die Abreise des englischen Gesandten in Wien. Wien, 3. Mai. Auch heute werden wieder viele Kranke und Verwundete vom ungarischen Kriegsschauplatz in die hiesigen Spitäler gebracht. Wir haben durch die Truppen-Concentrirungen in der Hauptstadt und der Nähe von Wien große Noth zu gewärtigen. Heute kostet Rindfleisch 12 Kr. C.-M. und Fett und Viehsorten werden immer theurer. Kossuth hat bereits eine treffliche Communication zur Beziehung aller ihm nöthigen Kriegsbedürfnisse, von England, Frankreich aus den Häfen des schwarzen Meeres, nach Siebenbürgen organisirt, und hinlängliches Papier in Vorrath, um die Landesvertheidigungs-Commissionen mit seinen Banknoten, die jetzt bessern Werth als die östreichischen haben, in Fülle zu versehen. Kossuth hat sieben, des Verrathes an der magyarischen Sache beschuldigte Personen proskribirt: Pazmandy jun, Moritz Szent-Kiralyi, Graf Moritz Almasy, Joh. Havas, Babarczy, Graf Paul Sennyey und Kapi. ‒ * Wien, 3. Mai. Zur wahrhaften Erbauung unsrer Leser theilen wir die standrechtlichen Wuthausbrüche des amtlichen Organs, der „Wiener. Zeit.“, wegen der neuesten aus Ungarn angelangten Dekrete in Nachstehendem mit: „Der Schleier ist zerrissen, womit Ehrgeiz und Verrath die wahre Richtung und die letzten Pläne der ungarischen Empörung zu verdecken versuchte. Die Führer der Revolution, sich stark fühlend durch Schrecken und Gewalt, berauscht von Erfolgen und Waffenglück, werfen jetzt die Maske ab von Loyalität und Treue, deren sie sich zur Verwirrung der Begriffe, zum Mißbrauche der edelsten Gefühle bisher bedienten.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 292. Köln, 8. Mai 1849, S. 1655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz292_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.