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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 297. Köln, Sonntag, den 13. Mai. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. -- Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. -- Nur frankirte Briefe werden angenommen. -- Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die neue preußische Verfassung. -- Das Blutgesetz in Düsseldorf. -- Der Aufstand im Bergischen: Düsseldorf. (Preußische Heldenthaten. -- Standrechtliche Erlasse). Viersen. (Zug nach Düsseldorf und Elberfeld). Elberfeld. (Tagesbericht. -- Benehmen des revolutionären Volkes). Siegburg. (Erstürmung des Zeughauses). Koblenz. (Erklärung). Solingen. (Erstürmung des Gräfrather Zeughauses. -- Zug nach Elberfeld). Iserlohn. (Die Landwehr). Bielefeld. (Die Landwehr). Hagen. (Die Landwehr). Berlin. (Klatsch. -- Der Kampf in Dresden). Breslau. (Verfahren des preußischen Militärs. -- Einige Details über den Barrikadenkampf). Wien. (Bedrohung Preßburgs -- Die Russen). Dresden. (Erlaß vom Königstein. -- Verfolgung der Barrikadenkämpfer). Leipzig. (Die Krämerseelen und das Proletariat. Nürnberg. (Beschluß der Stadt- und Landwehr). Heidelberg. (Erklärung der Bürgerwehr). Mainz. (Zuzug nach der Pfalz. Frankfurt am Main. (National-Versammlung). Neustadt a. d. H. (Revolutionäre Maaßregeln). Ludwigshafen. (Erfolge der Revolution). Frankenthal. (Rheinbairische und altbairische Soldaten.

Ungarn. Preßburg, Wien, von der nordungarischen Gränze. (Vom Kriegsschauplatze).

Italien. Rom. (Der Kampf am 30. April). Mestre. (Die Belagerung von Malghera).

Französische Republik. Paris. (Die römischen Angelegenheiten. -- Der Verrath. -- Proklamation Seitens der demokratischen Seine-Kandidaten. -- Vermischtes. -- Nationalversammlung.)

Großbritanien. London. (Englands auswärtige Politik).

Deutschland.
* Köln, 12. Mai.

Das Potsdamer Mitglied der gott- wie standrechtlich begnadeten Dreifaltigkeit oktroyirte im November v. J. nach Auseinandersprengung der Volksvertreter eine Verfassung, die von den bald zusammentretenden Kammern revidirt werden sollte. Bekanntlich ereilte die neuen Volksvertreter ein ähnliches Schicksal wie die alten; die Einen verjagte man mit Wrangeln'schen Bajonetten, die Andern hieß ein einfaches Manteufel'sches Auflösungsbilletchen nach Hause gehen. Mit der Revision war's demnach ebenfalls zu Ende.

So hatte nun der christlich-germanische Landesvater und seine Spießgesellen, das ganze Heer der ahnenreichen wie ahnenlosen, besternten und unbesternten Herumlagerer, Umsonstfresser und Volksvampyre freien Boden gewonnen, um eine Frucht nach ihrem Herzen darauf zu pflanzen.

Im November v. J. war das Königs-, Beamten- und Junkerthum noch zu vielfachen, heuchlerischen Redensarten und anscheinend sehr liberalen Verfassungsparagraphen genöthigt. Die Novemberverfassung mußte so gehalten sein, daß der zahlreich vertretene stupide Theil des sogenannten "Preußenvolkes" sich damit allenfalls ködern ließe.

Jetzt sind solche feine diplomatische Rücksichten überflüssig geworden. Ist nicht Schwager Nikolaus bereits mit 20,000 Mann auf deutschem Boden? Ist nicht Dresden zusammengeschossen? Besteht nicht der intimste Bund mit dem feigen Flüchtlinge auf dem Königstein, mit dem Reichsmax in München, mit dem Bulldog Ernst August von Hannover, mit der ganzen Contrerevolutionsbande in und außerhalb Deutschlands?

Nun wohl, dieser Moment ist von dem Hohenzollern bestens benutzt worden. Er hat für seine "geliebten" Unterthanen eine neue Konstitution ausarbeiten lassen und sie unterm 10. Mai in Charlottenburg sanktionirt und oktroyirt.

Die neueste, allein ehrlich gemeinte, königlich-preußische Verfassung, die vor der Novemberverfassung auch den Vorzug hat, blos aus 17 Paragraphen zu bestehen, lautet wie folgt:

Neueste preußische Verfassung.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums über den Belagerungszustand was folgt:

§ 1. Für den Fall eines Krieges ist in den vom Feinde bedrohten Provinzen jeder Festungs-Kommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayon-Bezirke, der kommandirende General aber den Bezirk des Armee-Corps oder einzelne Theile desselben zum Zweck der Vertheidigung in Belagerungszustand zu erklären

§ 2. Auch für den Fall eines Aufruhrs kann der Belagerungszustand, sowohl in Kriegs- als in Friedenszeiten, erklärt werden.

Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staats-Ministerium aus, kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Bezirke durch den obersten Militär-Befehlshaber in denselben auf den Antrag des Verwaltungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, oder wenn Gefahr im Verzuge ist, durch den Militär-Befehlshaber erfolgen.

In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes von dem Festungs-Kommandanten aus.

§ 3. Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag oder Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mittheilung an die Gemeinde-Behörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.

Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntniß gebracht.

§ 4. Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes geht die vollziehende Gewalt an die Militär-Befehlshaber über. Die Civil-Verwaltungs- und Kommunal-Behörden haben den Anordnungen und Aufträgen der Militär-Befehlshaber Folge zu leisten.

Fur ihre Anordnungen sind die betreffenden Militär-Befehlshaber persönlich verantwortlich.

§ 5. Erachtet das Staats-Ministerium oder der Militär-Befehlshaber, welcher den Belagerungszustand ausspricht, es für erforderlich, die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde zeit- und distriktsweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu machenden Verordnung verkündet werden.

Erfolgt die zeit- und distriktsweise Suspendirung der angeführten Artikel oder einzelner dieser Artikel, so muß den Kammern sofort nach ihrem Zusammentreten darüber Rechenschaft gegeben werden.

§ 6. Die Militär-Personen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. -- Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung.

§ 7. An den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Bezirken hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen.

Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todesurtheile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandirenden Generals der Provinz.

Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften des Militär-Strafgesetzbuchs.

§ 8. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Civil- oder Militär-Behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.

§ 9. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke:

a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Civil- oder Militär-Behörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher Uebertretung Andere aufreizt, oder
c) zu den Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen oder zu anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert, oder
d) Soldaten zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,

soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu Einem Jahr bestraft werden.

§ 10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesverraths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Befreiung von Gefangenen, der Meuterei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen.

Als Hochverrath und Landesverrath sind im Bezirke des rheinischen Appellationshofes zu Koln die Verbrechen und Vergehen wider die innere und äußere Sicherheit des Staats (Art. 75-108 des rheinischen Strafgesetzbuchs) anzusehen.

§ 11. Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von dem Vorstande des Civilgerichts des Orts zu bezeichnende richterliche Civilbeamte und drei von dem Militär-Befehlshaber, welcher am Orte den Befehl führt, zu ernennende Offiziere sein müssen. Die Offiziere sollen mindestens Hauptmannsrang haben; fehlt es an Offizieren dieses höheren Ranges, so ist die Zahl aus Offizieren des nächsten Grades zu ergänzen.

Sofern in einer vom Feinde eingeschlossenen Festung die erforderliche Zahl von richterlichen Civilbeamten nicht vorhanden ist, soll dieselbe von dem kommandirenden Militär-Befehlshaber aus den Mitgliedern der Gemeinde-Vertretung ergänzt werden.

Die Zahl der Kriegsgerichte richtet sich, wenn eine ganze Provinz oder ein Theil derselben in Belagerungszustand erklärt ist, nach dem Bedürfniß, und den Gerichtssprengel eines jeden dieser Gerichte bestimmt in derartigen Fällen der kommandirende General.

§ 12. Den Vorsitz in den Sitzungen der Kriegsgerichte führt ein richterlicher Beamte.

Von dem Vorsitzenden werden, bevor das Gericht seine Geschäfte beginnt, die zu Mitgliedern desselben bestimmten Offiziere und eintretendenfalls diejenigen Civilmitglieder, welche dem Richterstande nicht angehören, dahin vereidigt:

daß sie die Obliegenheiten des ihnen übertragenen Richteramtes mit Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, den Gesetzen gemäß, erfüllen wollen.

Der Militärbefehlshaber, welcher die dem Offizierstande angehörigen Mitglieder des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur oder in dessen Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und Handhabung des Gesetzes zu wachen und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht.

Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protokolls ein von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civilverwaltung zugezogen.

§ 13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen:

1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet.
2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen.
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor.
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären; bestreitet er dieselbe, so wird durch Erhebung der Beweise der Thatbestand ermittelt.
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Vertheidiger das Wort gestattet.
Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt.
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe oder auf Freisprechung oder Verweisung an den ordentlichen Richter.
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung.
5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung enthalten muß, wird von den sämmtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet.
6. Gegen die Urtheile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des Militärbefehlshabers (§ 7).
7. Alle Strafen, mit Ausnahme der Todesstrafe, werden binnen 24 Stunden nach der Verkündigung des Erkenntnisses, Todesstrafen binnen gleicher Frist nach Bekanntmachung der erfolgten Bestätigung an den Angeschuldigten zum Vollzug gebracht.
8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt.
Sind Erkenntnisse, welche auf Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgerichte als erwiesen angenommenen That gewesen sein würde.

§ 14. Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungszustandes auf.

§ 15. Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgerichte erlassenen Urtheile sammt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, so wie die noch schwebenden Untersuchungs-Sachen, an die ordentlichen Gerichte abgegeben, von denen alsdann auf die ordentliche gesetzliche Strafe zu erkennen ist.

§ 16. Auch außer dem Belagerungszustande könnten im Falle des Krieges oder Aufruhrs die Artikel 5, 6, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde vom Staats-Ministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden.

Die Bestimmung im zweiten Absatze des § 5 kommt in einem solchen Falle gleichfalls zur Anwendung.

§ 17. Die vorstehende Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Charlottenburg, den 10. Mai 1849.

(L. S.) Friedrich Wilhelm.

Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons.

* Köln, 12. Mai.

Die "neue Constitution", die Aufhebung der gewöhnlichen Gesetze und Gerichtshöfe mit Verkündigung landesväterlicher Mordprivilegien an "Mein herrliches Kriegsheer" ist bereits gestern in Düsseldorf in Kraft getreten.

Der Commandeur hatte nach Besiegung und Abschlachtung des Volkes alsbald in Berlin um Instruktionen angefragt. Von den Spießgesellen des Herrn von Hohenzollern, Brandenburg-Manteuffel, kam darauf durch den Telegraphen der Befehl zur Proklamation des Blutgesetzes und Einsetzung militärischer Mordgerichtshöfe.

Nach Art. 1 und 6 der Militärverfügung ist das Vereinsrecht aufgehoben und Art. 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der octroyirten Schnapscharte außer Kraft gesetzt.

Im vorigen Jahre, unter dem Bürger und Communisten Drigalski, wurde die Düsseldorfer Presse bei Verkündigung des Belagerungszustandes unter Censur gestellt, eine Maßregel, welche selbst bei der Majorität der schlappen Vereinbarungsgesellschaft Geschrei und Entrüstung erregte: heute, nach den neuen Hohenzollern'schen Errungenschaften, wo dem Potsdamer Unterknäs kinee Kammern, sondern die stammverwandten Stülpnasen der Kosaken zur Seite stehen, heute begnügt man sich nicht mit der Censur, man schreitet einfach zur Unterdrückung der Presse.

Nach Art. 7. sind die Düsseldorfer Blätter, wie auch die Neue Rheinische Zeitung in dem Düsseldorfer Rayon verboten; nach Art. 8 dürfen keine anderen, als amtliche "Bekanntmachungen" veröffentlicht werden.

Unter der Säbelherrschaft des Bürgers und Communisten Drigalski wurden die willkührlich Verhafteten wenigstens dem gewöhnlichen Gesetz und ihrem ordentlichen Richter nicht entzogen. Heute sind Gesetz und Gerichte suspendirt und außergewöhnliche Militärmordhöfe eingesetzt.

Art. 9. Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung zum Widerstand gegen die gesetzlichen (!) Anordnungen der Behörden reizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

Art. 10. Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.

Die Lorbeeren des Mordhundes Windischgrätz haben den wiedererstarkten Hohenzollern nicht schlafen lassen!

* Köln, 12. Mai.

Die Aufmerksamkeit der ganzen Rheinprovinz ist in diesem Augenblick auf Elberfeld gerichtet, auf einen Ort, der jetzt "das Panier des Aufruhrs" höher emporhebt, als alle andern rheinischen Städte. Die Auflösung der Kammer gab das Signal zu der Bewegung des sonst so friedlichen Wupperthals. Die versimpeltsten "Heuler," die jammervollsten "Mucker" gestanden sich, daß die Reaktion das Maaß ihrer Schuld gefüllt habe und fortgerissen von dem Enthusiasmus jener braven Arbeiter, an deren Energie wir nie gezweifelt, griffen sie zu den Waffen und traten in die Reihen jener Barrikadenhelden, welche zu dem Todeskampfe mit der Monarchie entschlossen sind.

Bei den verworrenen Nachrichten, welche uns vom Kampfplatze selbst zugehen, ist's unmöglich, das Wahre vom Unwahren zu trennen. Nur so viel scheint sicher daß die ganze Bevölkerung unter den Waffen steht, daß Straßen und Häuser verbarrikadirt sind, daß aus benachbarten Orten: aus Solingen, Remscheidt, Gräfrath, aus den Ortschaften der Enneper Straße, kurz, aus dem ganzen Bergischen bewaffneter Zuzug heraneilt; daß man sich schon nicht mehr auf die Besetzung der Städte Elberfeld und Barmen beschränkt, sondern die Vertheidigungsmaßregeln bereits auf die bedeutendsten Punkte der Umgegend ausdehnt.

Wie man versichert, soll es auch im Plane der Kämpfer liegen, Düsseldorf zu Hülfe zu eilen, um diese Stadt von preußischen Truppen zu säubern. Die Landwehr, die sich jetzt zum ersten Mal entschieden auf die Seite des Volkes schlägt, spielt bei diesen Unternehmungen die Haupt-Rolle. An Munition und Geld fehlt es den Kämpfern nicht, da mehrere der reichsten Kaufleute bereitwillig ihre Kassen öffneten. So soll ein einziges Handlungshaus dem Elberfelder Sicherheits-Ausschuß 500 Stück Friedrichsd'or überwiesen haben.

Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht zu verwundern, daß sich die Söldner des Königthums zum Angriff rüsten wo möglich auch im Bergischen das Volk niederzuschmettern, und die näm-

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 297. Köln, Sonntag, den 13. Mai. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. — Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. — Nur frankirte Briefe werden angenommen. — Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Die neue preußische Verfassung. — Das Blutgesetz in Düsseldorf. — Der Aufstand im Bergischen: Düsseldorf. (Preußische Heldenthaten. — Standrechtliche Erlasse). Viersen. (Zug nach Düsseldorf und Elberfeld). Elberfeld. (Tagesbericht. — Benehmen des revolutionären Volkes). Siegburg. (Erstürmung des Zeughauses). Koblenz. (Erklärung). Solingen. (Erstürmung des Gräfrather Zeughauses. — Zug nach Elberfeld). Iserlohn. (Die Landwehr). Bielefeld. (Die Landwehr). Hagen. (Die Landwehr). Berlin. (Klatsch. — Der Kampf in Dresden). Breslau. (Verfahren des preußischen Militärs. — Einige Details über den Barrikadenkampf). Wien. (Bedrohung Preßburgs — Die Russen). Dresden. (Erlaß vom Königstein. — Verfolgung der Barrikadenkämpfer). Leipzig. (Die Krämerseelen und das Proletariat. Nürnberg. (Beschluß der Stadt- und Landwehr). Heidelberg. (Erklärung der Bürgerwehr). Mainz. (Zuzug nach der Pfalz. Frankfurt am Main. (National-Versammlung). Neustadt a. d. H. (Revolutionäre Maaßregeln). Ludwigshafen. (Erfolge der Revolution). Frankenthal. (Rheinbairische und altbairische Soldaten.

Ungarn. Preßburg, Wien, von der nordungarischen Gränze. (Vom Kriegsschauplatze).

Italien. Rom. (Der Kampf am 30. April). Mestre. (Die Belagerung von Malghera).

Französische Republik. Paris. (Die römischen Angelegenheiten. — Der Verrath. — Proklamation Seitens der demokratischen Seine-Kandidaten. — Vermischtes. — Nationalversammlung.)

Großbritanien. London. (Englands auswärtige Politik).

Deutschland.
* Köln, 12. Mai.

Das Potsdamer Mitglied der gott- wie standrechtlich begnadeten Dreifaltigkeit oktroyirte im November v. J. nach Auseinandersprengung der Volksvertreter eine Verfassung, die von den bald zusammentretenden Kammern revidirt werden sollte. Bekanntlich ereilte die neuen Volksvertreter ein ähnliches Schicksal wie die alten; die Einen verjagte man mit Wrangeln'schen Bajonetten, die Andern hieß ein einfaches Manteufel'sches Auflösungsbilletchen nach Hause gehen. Mit der Revision war's demnach ebenfalls zu Ende.

So hatte nun der christlich-germanische Landesvater und seine Spießgesellen, das ganze Heer der ahnenreichen wie ahnenlosen, besternten und unbesternten Herumlagerer, Umsonstfresser und Volksvampyre freien Boden gewonnen, um eine Frucht nach ihrem Herzen darauf zu pflanzen.

Im November v. J. war das Königs-, Beamten- und Junkerthum noch zu vielfachen, heuchlerischen Redensarten und anscheinend sehr liberalen Verfassungsparagraphen genöthigt. Die Novemberverfassung mußte so gehalten sein, daß der zahlreich vertretene stupide Theil des sogenannten „Preußenvolkes“ sich damit allenfalls ködern ließe.

Jetzt sind solche feine diplomatische Rücksichten überflüssig geworden. Ist nicht Schwager Nikolaus bereits mit 20,000 Mann auf deutschem Boden? Ist nicht Dresden zusammengeschossen? Besteht nicht der intimste Bund mit dem feigen Flüchtlinge auf dem Königstein, mit dem Reichsmax in München, mit dem Bulldog Ernst August von Hannover, mit der ganzen Contrerevolutionsbande in und außerhalb Deutschlands?

Nun wohl, dieser Moment ist von dem Hohenzollern bestens benutzt worden. Er hat für seine „geliebten“ Unterthanen eine neue Konstitution ausarbeiten lassen und sie unterm 10. Mai in Charlottenburg sanktionirt und oktroyirt.

Die neueste, allein ehrlich gemeinte, königlich-preußische Verfassung, die vor der Novemberverfassung auch den Vorzug hat, blos aus 17 Paragraphen zu bestehen, lautet wie folgt:

Neueste preußische Verfassung.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums über den Belagerungszustand was folgt:

§ 1. Für den Fall eines Krieges ist in den vom Feinde bedrohten Provinzen jeder Festungs-Kommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayon-Bezirke, der kommandirende General aber den Bezirk des Armee-Corps oder einzelne Theile desselben zum Zweck der Vertheidigung in Belagerungszustand zu erklären

§ 2. Auch für den Fall eines Aufruhrs kann der Belagerungszustand, sowohl in Kriegs- als in Friedenszeiten, erklärt werden.

Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staats-Ministerium aus, kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Bezirke durch den obersten Militär-Befehlshaber in denselben auf den Antrag des Verwaltungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, oder wenn Gefahr im Verzuge ist, durch den Militär-Befehlshaber erfolgen.

In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes von dem Festungs-Kommandanten aus.

§ 3. Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag oder Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mittheilung an die Gemeinde-Behörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.

Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntniß gebracht.

§ 4. Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes geht die vollziehende Gewalt an die Militär-Befehlshaber über. Die Civil-Verwaltungs- und Kommunal-Behörden haben den Anordnungen und Aufträgen der Militär-Befehlshaber Folge zu leisten.

Fur ihre Anordnungen sind die betreffenden Militär-Befehlshaber persönlich verantwortlich.

§ 5. Erachtet das Staats-Ministerium oder der Militär-Befehlshaber, welcher den Belagerungszustand ausspricht, es für erforderlich, die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde zeit- und distriktsweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu machenden Verordnung verkündet werden.

Erfolgt die zeit- und distriktsweise Suspendirung der angeführten Artikel oder einzelner dieser Artikel, so muß den Kammern sofort nach ihrem Zusammentreten darüber Rechenschaft gegeben werden.

§ 6. Die Militär-Personen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. — Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung.

§ 7. An den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Bezirken hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen.

Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todesurtheile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandirenden Generals der Provinz.

Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften des Militär-Strafgesetzbuchs.

§ 8. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Civil- oder Militär-Behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.

§ 9. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke:

a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Civil- oder Militär-Behörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher Uebertretung Andere aufreizt, oder
c) zu den Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen oder zu anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert, oder
d) Soldaten zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,

soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu Einem Jahr bestraft werden.

§ 10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesverraths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Befreiung von Gefangenen, der Meuterei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen.

Als Hochverrath und Landesverrath sind im Bezirke des rheinischen Appellationshofes zu Koln die Verbrechen und Vergehen wider die innere und äußere Sicherheit des Staats (Art. 75-108 des rheinischen Strafgesetzbuchs) anzusehen.

§ 11. Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von dem Vorstande des Civilgerichts des Orts zu bezeichnende richterliche Civilbeamte und drei von dem Militär-Befehlshaber, welcher am Orte den Befehl führt, zu ernennende Offiziere sein müssen. Die Offiziere sollen mindestens Hauptmannsrang haben; fehlt es an Offizieren dieses höheren Ranges, so ist die Zahl aus Offizieren des nächsten Grades zu ergänzen.

Sofern in einer vom Feinde eingeschlossenen Festung die erforderliche Zahl von richterlichen Civilbeamten nicht vorhanden ist, soll dieselbe von dem kommandirenden Militär-Befehlshaber aus den Mitgliedern der Gemeinde-Vertretung ergänzt werden.

Die Zahl der Kriegsgerichte richtet sich, wenn eine ganze Provinz oder ein Theil derselben in Belagerungszustand erklärt ist, nach dem Bedürfniß, und den Gerichtssprengel eines jeden dieser Gerichte bestimmt in derartigen Fällen der kommandirende General.

§ 12. Den Vorsitz in den Sitzungen der Kriegsgerichte führt ein richterlicher Beamte.

Von dem Vorsitzenden werden, bevor das Gericht seine Geschäfte beginnt, die zu Mitgliedern desselben bestimmten Offiziere und eintretendenfalls diejenigen Civilmitglieder, welche dem Richterstande nicht angehören, dahin vereidigt:

daß sie die Obliegenheiten des ihnen übertragenen Richteramtes mit Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, den Gesetzen gemäß, erfüllen wollen.

Der Militärbefehlshaber, welcher die dem Offizierstande angehörigen Mitglieder des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur oder in dessen Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und Handhabung des Gesetzes zu wachen und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht.

Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protokolls ein von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civilverwaltung zugezogen.

§ 13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen:

1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet.
2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen.
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor.
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären; bestreitet er dieselbe, so wird durch Erhebung der Beweise der Thatbestand ermittelt.
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Vertheidiger das Wort gestattet.
Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt.
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe oder auf Freisprechung oder Verweisung an den ordentlichen Richter.
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung.
5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung enthalten muß, wird von den sämmtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet.
6. Gegen die Urtheile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des Militärbefehlshabers (§ 7).
7. Alle Strafen, mit Ausnahme der Todesstrafe, werden binnen 24 Stunden nach der Verkündigung des Erkenntnisses, Todesstrafen binnen gleicher Frist nach Bekanntmachung der erfolgten Bestätigung an den Angeschuldigten zum Vollzug gebracht.
8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt.
Sind Erkenntnisse, welche auf Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgerichte als erwiesen angenommenen That gewesen sein würde.

§ 14. Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungszustandes auf.

§ 15. Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgerichte erlassenen Urtheile sammt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, so wie die noch schwebenden Untersuchungs-Sachen, an die ordentlichen Gerichte abgegeben, von denen alsdann auf die ordentliche gesetzliche Strafe zu erkennen ist.

§ 16. Auch außer dem Belagerungszustande könnten im Falle des Krieges oder Aufruhrs die Artikel 5, 6, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde vom Staats-Ministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden.

Die Bestimmung im zweiten Absatze des § 5 kommt in einem solchen Falle gleichfalls zur Anwendung.

§ 17. Die vorstehende Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Charlottenburg, den 10. Mai 1849.

(L. S.) Friedrich Wilhelm.

Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons.

* Köln, 12. Mai.

Die „neue Constitution“, die Aufhebung der gewöhnlichen Gesetze und Gerichtshöfe mit Verkündigung landesväterlicher Mordprivilegien an „Mein herrliches Kriegsheer“ ist bereits gestern in Düsseldorf in Kraft getreten.

Der Commandeur hatte nach Besiegung und Abschlachtung des Volkes alsbald in Berlin um Instruktionen angefragt. Von den Spießgesellen des Herrn von Hohenzollern, Brandenburg-Manteuffel, kam darauf durch den Telegraphen der Befehl zur Proklamation des Blutgesetzes und Einsetzung militärischer Mordgerichtshöfe.

Nach Art. 1 und 6 der Militärverfügung ist das Vereinsrecht aufgehoben und Art. 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der octroyirten Schnapscharte außer Kraft gesetzt.

Im vorigen Jahre, unter dem Bürger und Communisten Drigalski, wurde die Düsseldorfer Presse bei Verkündigung des Belagerungszustandes unter Censur gestellt, eine Maßregel, welche selbst bei der Majorität der schlappen Vereinbarungsgesellschaft Geschrei und Entrüstung erregte: heute, nach den neuen Hohenzollern'schen Errungenschaften, wo dem Potsdamer Unterknäs kinee Kammern, sondern die stammverwandten Stülpnasen der Kosaken zur Seite stehen, heute begnügt man sich nicht mit der Censur, man schreitet einfach zur Unterdrückung der Presse.

Nach Art. 7. sind die Düsseldorfer Blätter, wie auch die Neue Rheinische Zeitung in dem Düsseldorfer Rayon verboten; nach Art. 8 dürfen keine anderen, als amtliche „Bekanntmachungen“ veröffentlicht werden.

Unter der Säbelherrschaft des Bürgers und Communisten Drigalski wurden die willkührlich Verhafteten wenigstens dem gewöhnlichen Gesetz und ihrem ordentlichen Richter nicht entzogen. Heute sind Gesetz und Gerichte suspendirt und außergewöhnliche Militärmordhöfe eingesetzt.

Art. 9. Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung zum Widerstand gegen die gesetzlichen (!) Anordnungen der Behörden reizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

Art. 10. Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.

Die Lorbeeren des Mordhundes Windischgrätz haben den wiedererstarkten Hohenzollern nicht schlafen lassen!

* Köln, 12. Mai.

Die Aufmerksamkeit der ganzen Rheinprovinz ist in diesem Augenblick auf Elberfeld gerichtet, auf einen Ort, der jetzt „das Panier des Aufruhrs“ höher emporhebt, als alle andern rheinischen Städte. Die Auflösung der Kammer gab das Signal zu der Bewegung des sonst so friedlichen Wupperthals. Die versimpeltsten „Heuler,“ die jammervollsten „Mucker“ gestanden sich, daß die Reaktion das Maaß ihrer Schuld gefüllt habe und fortgerissen von dem Enthusiasmus jener braven Arbeiter, an deren Energie wir nie gezweifelt, griffen sie zu den Waffen und traten in die Reihen jener Barrikadenhelden, welche zu dem Todeskampfe mit der Monarchie entschlossen sind.

Bei den verworrenen Nachrichten, welche uns vom Kampfplatze selbst zugehen, ist's unmöglich, das Wahre vom Unwahren zu trennen. Nur so viel scheint sicher daß die ganze Bevölkerung unter den Waffen steht, daß Straßen und Häuser verbarrikadirt sind, daß aus benachbarten Orten: aus Solingen, Remscheidt, Gräfrath, aus den Ortschaften der Enneper Straße, kurz, aus dem ganzen Bergischen bewaffneter Zuzug heraneilt; daß man sich schon nicht mehr auf die Besetzung der Städte Elberfeld und Barmen beschränkt, sondern die Vertheidigungsmaßregeln bereits auf die bedeutendsten Punkte der Umgegend ausdehnt.

Wie man versichert, soll es auch im Plane der Kämpfer liegen, Düsseldorf zu Hülfe zu eilen, um diese Stadt von preußischen Truppen zu säubern. Die Landwehr, die sich jetzt zum ersten Mal entschieden auf die Seite des Volkes schlägt, spielt bei diesen Unternehmungen die Haupt-Rolle. An Munition und Geld fehlt es den Kämpfern nicht, da mehrere der reichsten Kaufleute bereitwillig ihre Kassen öffneten. So soll ein einziges Handlungshaus dem Elberfelder Sicherheits-Ausschuß 500 Stück Friedrichsd'or überwiesen haben.

Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht zu verwundern, daß sich die Söldner des Königthums zum Angriff rüsten wo möglich auch im Bergischen das Volk niederzuschmettern, und die näm-

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        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No 297. Köln, Sonntag, den 13. Mai. 1849.</docDate>
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        <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. &#x2014; Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p>
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        <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. &#x2014; Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. &#x2014; Nur frankirte Briefe werden angenommen. &#x2014; Expedition in Aachen bei <hi rendition="#g">Ernst ter Meer;</hi> in Düsseldorf bei F. W. <hi rendition="#g">Schmitz,</hi> Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.</p>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Die neue preußische Verfassung. &#x2014; Das Blutgesetz in Düsseldorf. &#x2014; Der Aufstand im Bergischen: Düsseldorf. (Preußische Heldenthaten. &#x2014; Standrechtliche Erlasse). Viersen. (Zug nach Düsseldorf und Elberfeld). Elberfeld. (Tagesbericht. &#x2014; Benehmen des revolutionären Volkes). Siegburg. (Erstürmung des Zeughauses). Koblenz. (Erklärung). Solingen. (Erstürmung des Gräfrather Zeughauses. &#x2014; Zug nach Elberfeld). Iserlohn. (Die Landwehr). Bielefeld. (Die Landwehr). Hagen. (Die Landwehr). Berlin. (Klatsch. &#x2014; Der Kampf in Dresden). Breslau. (Verfahren des preußischen Militärs. &#x2014; Einige Details über den Barrikadenkampf). Wien. (Bedrohung Preßburgs &#x2014; Die Russen). Dresden. (Erlaß vom Königstein. &#x2014; Verfolgung der Barrikadenkämpfer). Leipzig. (Die Krämerseelen und das Proletariat. Nürnberg. (Beschluß der Stadt- und Landwehr). Heidelberg. (Erklärung der Bürgerwehr). Mainz. (Zuzug nach der Pfalz. Frankfurt am Main. (National-Versammlung). Neustadt a. d. H. (Revolutionäre Maaßregeln). Ludwigshafen. (Erfolge der Revolution). Frankenthal. (Rheinbairische und altbairische Soldaten.</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Preßburg, Wien, von der nordungarischen Gränze. (Vom Kriegsschauplatze).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. (Der Kampf am 30. April). Mestre. (Die Belagerung von Malghera).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Paris. (Die römischen Angelegenheiten. &#x2014; Der Verrath. &#x2014; Proklamation Seitens der demokratischen Seine-Kandidaten. &#x2014; Vermischtes. &#x2014; Nationalversammlung.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritanien</hi>. London. (Englands auswärtige Politik).</p>
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        <head>Deutschland.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 12. Mai.</head>
          <p>Das Potsdamer Mitglied der gott- wie standrechtlich begnadeten Dreifaltigkeit oktroyirte im November v. J. nach Auseinandersprengung der Volksvertreter eine Verfassung, die von den bald zusammentretenden Kammern revidirt werden sollte. Bekanntlich ereilte die neuen Volksvertreter ein ähnliches Schicksal wie die alten; die Einen verjagte man mit Wrangeln'schen Bajonetten, die Andern hieß ein einfaches Manteufel'sches Auflösungsbilletchen nach Hause gehen. Mit der Revision war's demnach ebenfalls zu Ende.</p>
          <p>So hatte nun der christlich-germanische Landesvater und seine Spießgesellen, das ganze Heer der ahnenreichen wie ahnenlosen, besternten und unbesternten Herumlagerer, Umsonstfresser und Volksvampyre freien Boden gewonnen, um eine Frucht nach ihrem Herzen darauf zu pflanzen.</p>
          <p>Im November v. J. war das Königs-, Beamten- und Junkerthum noch zu vielfachen, heuchlerischen Redensarten und anscheinend sehr liberalen Verfassungsparagraphen genöthigt. Die Novemberverfassung mußte so gehalten sein, daß der zahlreich vertretene <hi rendition="#g">stupide</hi> Theil des sogenannten &#x201E;Preußenvolkes&#x201C; sich damit allenfalls ködern ließe.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jetzt</hi> sind solche feine diplomatische Rücksichten überflüssig geworden. Ist nicht Schwager Nikolaus bereits mit 20,000 Mann auf deutschem Boden? Ist nicht Dresden zusammengeschossen? Besteht nicht der intimste Bund mit dem feigen Flüchtlinge auf dem Königstein, mit dem Reichsmax in München, mit dem Bulldog Ernst August von Hannover, mit der ganzen Contrerevolutionsbande in und außerhalb Deutschlands?</p>
          <p>Nun wohl, dieser Moment ist von dem Hohenzollern bestens benutzt worden. Er hat für seine &#x201E;geliebten&#x201C; Unterthanen eine neue Konstitution ausarbeiten lassen und sie unterm 10. Mai in Charlottenburg sanktionirt und oktroyirt.</p>
          <p>Die neueste, <hi rendition="#g">allein ehrlich gemeinte,</hi> königlich-preußische Verfassung, die vor der Novemberverfassung auch den Vorzug hat, blos aus 17 Paragraphen zu bestehen, lautet wie folgt:</p>
          <p> <hi rendition="#b">Neueste preußische Verfassung.</hi> </p>
          <p>Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums über den Belagerungszustand was folgt:</p>
          <p>§ 1. Für den Fall eines Krieges ist in den vom Feinde bedrohten Provinzen jeder Festungs-Kommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayon-Bezirke, der kommandirende General aber den Bezirk des Armee-Corps oder einzelne Theile desselben zum Zweck der Vertheidigung in Belagerungszustand zu erklären</p>
          <p>§ 2. Auch für den Fall eines Aufruhrs kann der Belagerungszustand, sowohl in Kriegs- als in Friedenszeiten, erklärt werden.</p>
          <p>Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staats-Ministerium aus, kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Bezirke durch den obersten Militär-Befehlshaber in denselben auf den Antrag des Verwaltungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, oder wenn Gefahr im Verzuge ist, durch den Militär-Befehlshaber erfolgen.</p>
          <p>In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes von dem Festungs-Kommandanten aus.</p>
          <p>§ 3. Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag oder Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mittheilung an die Gemeinde-Behörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.</p>
          <p>Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntniß gebracht.</p>
          <p>§ 4. Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes geht die vollziehende Gewalt an die Militär-Befehlshaber über. Die Civil-Verwaltungs- und Kommunal-Behörden haben den Anordnungen und Aufträgen der Militär-Befehlshaber Folge zu leisten.</p>
          <p>Fur ihre Anordnungen sind die betreffenden Militär-Befehlshaber persönlich verantwortlich.</p>
          <p>§ 5. Erachtet das Staats-Ministerium oder der Militär-Befehlshaber, welcher den Belagerungszustand ausspricht, es für erforderlich, die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde zeit- und distriktsweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu machenden Verordnung verkündet werden.</p>
          <p>Erfolgt die zeit- und distriktsweise Suspendirung der angeführten Artikel oder einzelner dieser Artikel, so muß den Kammern sofort nach ihrem Zusammentreten darüber Rechenschaft gegeben werden.</p>
          <p>§ 6. Die Militär-Personen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. &#x2014; Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung.</p>
          <p>§ 7. An den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Bezirken hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen.</p>
          <p>Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todesurtheile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandirenden Generals der Provinz.</p>
          <p>Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften des Militär-Strafgesetzbuchs.</p>
          <p>§ 8. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Civil- oder Militär-Behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.</p>
          <p>§ 9. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke:</p>
          <p rendition="#et">a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Civil- oder Militär-Behörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder<lb/>
b) ein im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher Uebertretung Andere aufreizt, oder<lb/>
c) zu den Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen oder zu anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert, oder<lb/>
d) Soldaten zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,</p>
          <p>soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu Einem Jahr bestraft werden.</p>
          <p>§ 10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesverraths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Befreiung von Gefangenen, der Meuterei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen.</p>
          <p>Als Hochverrath und Landesverrath sind im Bezirke des rheinischen Appellationshofes zu Koln die Verbrechen und Vergehen wider die innere und äußere Sicherheit des Staats (Art. 75-108 des rheinischen Strafgesetzbuchs) anzusehen.</p>
          <p>§ 11. Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von dem Vorstande des Civilgerichts des Orts zu bezeichnende richterliche Civilbeamte und drei von dem Militär-Befehlshaber, welcher am Orte den Befehl führt, zu ernennende Offiziere sein müssen. Die Offiziere sollen mindestens Hauptmannsrang haben; fehlt es an Offizieren dieses höheren Ranges, so ist die Zahl aus Offizieren des nächsten Grades zu ergänzen.</p>
          <p>Sofern in einer vom Feinde eingeschlossenen Festung die erforderliche Zahl von richterlichen Civilbeamten nicht vorhanden ist, soll dieselbe von dem kommandirenden Militär-Befehlshaber aus den Mitgliedern der Gemeinde-Vertretung ergänzt werden.</p>
          <p>Die Zahl der Kriegsgerichte richtet sich, wenn eine ganze Provinz oder ein Theil derselben in Belagerungszustand erklärt ist, nach dem Bedürfniß, und den Gerichtssprengel eines jeden dieser Gerichte bestimmt in derartigen Fällen der kommandirende General.</p>
          <p>§ 12. Den Vorsitz in den Sitzungen der Kriegsgerichte führt ein richterlicher Beamte.</p>
          <p>Von dem Vorsitzenden werden, bevor das Gericht seine Geschäfte beginnt, die zu Mitgliedern desselben bestimmten Offiziere und eintretendenfalls diejenigen Civilmitglieder, welche dem Richterstande nicht angehören, dahin vereidigt:</p>
          <p rendition="#et">daß sie die Obliegenheiten des ihnen übertragenen Richteramtes mit Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, den Gesetzen gemäß, erfüllen wollen.</p>
          <p>Der Militärbefehlshaber, welcher die dem Offizierstande angehörigen Mitglieder des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur oder in dessen Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und Handhabung des Gesetzes zu wachen und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht.</p>
          <p>Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protokolls ein von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civilverwaltung zugezogen.</p>
          <p>§ 13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen:</p>
          <p rendition="#et">1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet.<lb/>
2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen.<lb/>
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor.<lb/>
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären; bestreitet er dieselbe, so wird durch Erhebung der Beweise der Thatbestand ermittelt.<lb/>
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Vertheidiger das Wort gestattet.<lb/>
Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt.<lb/>
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe oder auf Freisprechung oder Verweisung an den ordentlichen Richter.<lb/>
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung.<lb/>
5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung enthalten muß, wird von den sämmtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet.<lb/>
6. Gegen die Urtheile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des Militärbefehlshabers (§ 7).<lb/>
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8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt.<lb/>
Sind Erkenntnisse, welche auf Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgerichte als erwiesen angenommenen That gewesen sein würde.</p>
          <p>§ 14. Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungszustandes auf.</p>
          <p>§ 15. Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgerichte erlassenen Urtheile sammt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, so wie die noch schwebenden Untersuchungs-Sachen, an die ordentlichen Gerichte abgegeben, von denen alsdann auf die ordentliche gesetzliche Strafe zu erkennen ist.</p>
          <p>§ 16. Auch außer dem Belagerungszustande könnten im Falle des Krieges oder Aufruhrs die Artikel 5, 6, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde vom Staats-Ministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden.</p>
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          <p>§ 17. Die vorstehende Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.</p>
          <p>Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.</p>
          <p>Gegeben Charlottenburg, den 10. Mai 1849.</p>
          <p>(L. S.) <hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm</hi>.</p>
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          <p>Nach Art. 1 und 6 der Militärverfügung ist das Vereinsrecht aufgehoben und Art. 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der octroyirten Schnapscharte außer Kraft gesetzt.</p>
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[1685/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 297. Köln, Sonntag, den 13. Mai. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. — Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. — Nur frankirte Briefe werden angenommen. — Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die neue preußische Verfassung. — Das Blutgesetz in Düsseldorf. — Der Aufstand im Bergischen: Düsseldorf. (Preußische Heldenthaten. — Standrechtliche Erlasse). Viersen. (Zug nach Düsseldorf und Elberfeld). Elberfeld. (Tagesbericht. — Benehmen des revolutionären Volkes). Siegburg. (Erstürmung des Zeughauses). Koblenz. (Erklärung). Solingen. (Erstürmung des Gräfrather Zeughauses. — Zug nach Elberfeld). Iserlohn. (Die Landwehr). Bielefeld. (Die Landwehr). Hagen. (Die Landwehr). Berlin. (Klatsch. — Der Kampf in Dresden). Breslau. (Verfahren des preußischen Militärs. — Einige Details über den Barrikadenkampf). Wien. (Bedrohung Preßburgs — Die Russen). Dresden. (Erlaß vom Königstein. — Verfolgung der Barrikadenkämpfer). Leipzig. (Die Krämerseelen und das Proletariat. Nürnberg. (Beschluß der Stadt- und Landwehr). Heidelberg. (Erklärung der Bürgerwehr). Mainz. (Zuzug nach der Pfalz. Frankfurt am Main. (National-Versammlung). Neustadt a. d. H. (Revolutionäre Maaßregeln). Ludwigshafen. (Erfolge der Revolution). Frankenthal. (Rheinbairische und altbairische Soldaten. Ungarn. Preßburg, Wien, von der nordungarischen Gränze. (Vom Kriegsschauplatze). Italien. Rom. (Der Kampf am 30. April). Mestre. (Die Belagerung von Malghera). Französische Republik. Paris. (Die römischen Angelegenheiten. — Der Verrath. — Proklamation Seitens der demokratischen Seine-Kandidaten. — Vermischtes. — Nationalversammlung.) Großbritanien. London. (Englands auswärtige Politik). Deutschland. * Köln, 12. Mai. Das Potsdamer Mitglied der gott- wie standrechtlich begnadeten Dreifaltigkeit oktroyirte im November v. J. nach Auseinandersprengung der Volksvertreter eine Verfassung, die von den bald zusammentretenden Kammern revidirt werden sollte. Bekanntlich ereilte die neuen Volksvertreter ein ähnliches Schicksal wie die alten; die Einen verjagte man mit Wrangeln'schen Bajonetten, die Andern hieß ein einfaches Manteufel'sches Auflösungsbilletchen nach Hause gehen. Mit der Revision war's demnach ebenfalls zu Ende. So hatte nun der christlich-germanische Landesvater und seine Spießgesellen, das ganze Heer der ahnenreichen wie ahnenlosen, besternten und unbesternten Herumlagerer, Umsonstfresser und Volksvampyre freien Boden gewonnen, um eine Frucht nach ihrem Herzen darauf zu pflanzen. Im November v. J. war das Königs-, Beamten- und Junkerthum noch zu vielfachen, heuchlerischen Redensarten und anscheinend sehr liberalen Verfassungsparagraphen genöthigt. Die Novemberverfassung mußte so gehalten sein, daß der zahlreich vertretene stupide Theil des sogenannten „Preußenvolkes“ sich damit allenfalls ködern ließe. Jetzt sind solche feine diplomatische Rücksichten überflüssig geworden. Ist nicht Schwager Nikolaus bereits mit 20,000 Mann auf deutschem Boden? Ist nicht Dresden zusammengeschossen? Besteht nicht der intimste Bund mit dem feigen Flüchtlinge auf dem Königstein, mit dem Reichsmax in München, mit dem Bulldog Ernst August von Hannover, mit der ganzen Contrerevolutionsbande in und außerhalb Deutschlands? Nun wohl, dieser Moment ist von dem Hohenzollern bestens benutzt worden. Er hat für seine „geliebten“ Unterthanen eine neue Konstitution ausarbeiten lassen und sie unterm 10. Mai in Charlottenburg sanktionirt und oktroyirt. Die neueste, allein ehrlich gemeinte, königlich-preußische Verfassung, die vor der Novemberverfassung auch den Vorzug hat, blos aus 17 Paragraphen zu bestehen, lautet wie folgt: Neueste preußische Verfassung. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums über den Belagerungszustand was folgt: § 1. Für den Fall eines Krieges ist in den vom Feinde bedrohten Provinzen jeder Festungs-Kommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayon-Bezirke, der kommandirende General aber den Bezirk des Armee-Corps oder einzelne Theile desselben zum Zweck der Vertheidigung in Belagerungszustand zu erklären § 2. Auch für den Fall eines Aufruhrs kann der Belagerungszustand, sowohl in Kriegs- als in Friedenszeiten, erklärt werden. Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staats-Ministerium aus, kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Bezirke durch den obersten Militär-Befehlshaber in denselben auf den Antrag des Verwaltungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, oder wenn Gefahr im Verzuge ist, durch den Militär-Befehlshaber erfolgen. In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes von dem Festungs-Kommandanten aus. § 3. Die Erklärung des Belagerungszustandes ist bei Trommelschlag oder Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mittheilung an die Gemeinde-Behörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Die Aufhebung des Belagerungszustandes wird durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen Kenntniß gebracht. § 4. Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszustandes geht die vollziehende Gewalt an die Militär-Befehlshaber über. Die Civil-Verwaltungs- und Kommunal-Behörden haben den Anordnungen und Aufträgen der Militär-Befehlshaber Folge zu leisten. Fur ihre Anordnungen sind die betreffenden Militär-Befehlshaber persönlich verantwortlich. § 5. Erachtet das Staats-Ministerium oder der Militär-Befehlshaber, welcher den Belagerungszustand ausspricht, es für erforderlich, die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde zeit- und distriktsweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes aufgenommen oder in einer besonderen, unter der nämlichen Form (§ 3) bekannt zu machenden Verordnung verkündet werden. Erfolgt die zeit- und distriktsweise Suspendirung der angeführten Artikel oder einzelner dieser Artikel, so muß den Kammern sofort nach ihrem Zusammentreten darüber Rechenschaft gegeben werden. § 6. Die Militär-Personen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. — Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung. § 7. An den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Bezirken hat der Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen. Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todesurtheile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandirenden Generals der Provinz. Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften des Militär-Strafgesetzbuchs. § 8. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Civil- oder Militär-Behörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft. § 9. Wer an einem in Belagerungs-Zustand erklärten Orte oder Bezirke: a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, die Civil- oder Militär-Behörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder b) ein im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu solcher Uebertretung Andere aufreizt, oder c) zu den Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen oder zu anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert, oder d) Soldaten zu Verbrechen gegen die Subordination oder Vergehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht, soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu Einem Jahr bestraft werden. § 10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesverraths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Befreiung von Gefangenen, der Meuterei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Soldaten zur Untreue und der in den §§ 8 und 9 mit Strafe bedrohten Verbrechen und Vergehen. Als Hochverrath und Landesverrath sind im Bezirke des rheinischen Appellationshofes zu Koln die Verbrechen und Vergehen wider die innere und äußere Sicherheit des Staats (Art. 75-108 des rheinischen Strafgesetzbuchs) anzusehen. § 11. Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von dem Vorstande des Civilgerichts des Orts zu bezeichnende richterliche Civilbeamte und drei von dem Militär-Befehlshaber, welcher am Orte den Befehl führt, zu ernennende Offiziere sein müssen. Die Offiziere sollen mindestens Hauptmannsrang haben; fehlt es an Offizieren dieses höheren Ranges, so ist die Zahl aus Offizieren des nächsten Grades zu ergänzen. Sofern in einer vom Feinde eingeschlossenen Festung die erforderliche Zahl von richterlichen Civilbeamten nicht vorhanden ist, soll dieselbe von dem kommandirenden Militär-Befehlshaber aus den Mitgliedern der Gemeinde-Vertretung ergänzt werden. Die Zahl der Kriegsgerichte richtet sich, wenn eine ganze Provinz oder ein Theil derselben in Belagerungszustand erklärt ist, nach dem Bedürfniß, und den Gerichtssprengel eines jeden dieser Gerichte bestimmt in derartigen Fällen der kommandirende General. § 12. Den Vorsitz in den Sitzungen der Kriegsgerichte führt ein richterlicher Beamte. Von dem Vorsitzenden werden, bevor das Gericht seine Geschäfte beginnt, die zu Mitgliedern desselben bestimmten Offiziere und eintretendenfalls diejenigen Civilmitglieder, welche dem Richterstande nicht angehören, dahin vereidigt: daß sie die Obliegenheiten des ihnen übertragenen Richteramtes mit Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit, den Gesetzen gemäß, erfüllen wollen. Der Militärbefehlshaber, welcher die dem Offizierstande angehörigen Mitglieder des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur oder in dessen Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und Handhabung des Gesetzes zu wachen und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht. Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protokolls ein von dem Vorsitzenden des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civilverwaltung zugezogen. § 13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen: 1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet. 2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen. 3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor. Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären; bestreitet er dieselbe, so wird durch Erhebung der Beweise der Thatbestand ermittelt. Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Vertheidiger das Wort gestattet. Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt. 4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe oder auf Freisprechung oder Verweisung an den ordentlichen Richter. Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung. 5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung enthalten muß, wird von den sämmtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet. 6. Gegen die Urtheile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des Militärbefehlshabers (§ 7). 7. Alle Strafen, mit Ausnahme der Todesstrafe, werden binnen 24 Stunden nach der Verkündigung des Erkenntnisses, Todesstrafen binnen gleicher Frist nach Bekanntmachung der erfolgten Bestätigung an den Angeschuldigten zum Vollzug gebracht. 8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt. Sind Erkenntnisse, welche auf Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgerichte als erwiesen angenommenen That gewesen sein würde. § 14. Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungszustandes auf. § 15. Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgerichte erlassenen Urtheile sammt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, so wie die noch schwebenden Untersuchungs-Sachen, an die ordentlichen Gerichte abgegeben, von denen alsdann auf die ordentliche gesetzliche Strafe zu erkennen ist. § 16. Auch außer dem Belagerungszustande könnten im Falle des Krieges oder Aufruhrs die Artikel 5, 6, 24, 25, 26, 27, 28 der Verfassungs-Urkunde vom Staats-Ministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden. Die Bestimmung im zweiten Absatze des § 5 kommt in einem solchen Falle gleichfalls zur Anwendung. § 17. Die vorstehende Verordnung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Charlottenburg, den 10. Mai 1849. (L. S.) Friedrich Wilhelm. Graf von Brandenburg. von Ladenberg. von Manteuffel. von Strotha. von der Heydt. von Rabe. Simons. * Köln, 12. Mai. Die „neue Constitution“, die Aufhebung der gewöhnlichen Gesetze und Gerichtshöfe mit Verkündigung landesväterlicher Mordprivilegien an „Mein herrliches Kriegsheer“ ist bereits gestern in Düsseldorf in Kraft getreten. Der Commandeur hatte nach Besiegung und Abschlachtung des Volkes alsbald in Berlin um Instruktionen angefragt. Von den Spießgesellen des Herrn von Hohenzollern, Brandenburg-Manteuffel, kam darauf durch den Telegraphen der Befehl zur Proklamation des Blutgesetzes und Einsetzung militärischer Mordgerichtshöfe. Nach Art. 1 und 6 der Militärverfügung ist das Vereinsrecht aufgehoben und Art. 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der octroyirten Schnapscharte außer Kraft gesetzt. Im vorigen Jahre, unter dem Bürger und Communisten Drigalski, wurde die Düsseldorfer Presse bei Verkündigung des Belagerungszustandes unter Censur gestellt, eine Maßregel, welche selbst bei der Majorität der schlappen Vereinbarungsgesellschaft Geschrei und Entrüstung erregte: heute, nach den neuen Hohenzollern'schen Errungenschaften, wo dem Potsdamer Unterknäs kinee Kammern, sondern die stammverwandten Stülpnasen der Kosaken zur Seite stehen, heute begnügt man sich nicht mit der Censur, man schreitet einfach zur Unterdrückung der Presse. Nach Art. 7. sind die Düsseldorfer Blätter, wie auch die Neue Rheinische Zeitung in dem Düsseldorfer Rayon verboten; nach Art. 8 dürfen keine anderen, als amtliche „Bekanntmachungen“ veröffentlicht werden. Unter der Säbelherrschaft des Bürgers und Communisten Drigalski wurden die willkührlich Verhafteten wenigstens dem gewöhnlichen Gesetz und ihrem ordentlichen Richter nicht entzogen. Heute sind Gesetz und Gerichte suspendirt und außergewöhnliche Militärmordhöfe eingesetzt. Art. 9. Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung zum Widerstand gegen die gesetzlichen (!) Anordnungen der Behörden reizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Art. 10. Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden. Die Lorbeeren des Mordhundes Windischgrätz haben den wiedererstarkten Hohenzollern nicht schlafen lassen! * Köln, 12. Mai. Die Aufmerksamkeit der ganzen Rheinprovinz ist in diesem Augenblick auf Elberfeld gerichtet, auf einen Ort, der jetzt „das Panier des Aufruhrs“ höher emporhebt, als alle andern rheinischen Städte. Die Auflösung der Kammer gab das Signal zu der Bewegung des sonst so friedlichen Wupperthals. Die versimpeltsten „Heuler,“ die jammervollsten „Mucker“ gestanden sich, daß die Reaktion das Maaß ihrer Schuld gefüllt habe und fortgerissen von dem Enthusiasmus jener braven Arbeiter, an deren Energie wir nie gezweifelt, griffen sie zu den Waffen und traten in die Reihen jener Barrikadenhelden, welche zu dem Todeskampfe mit der Monarchie entschlossen sind. Bei den verworrenen Nachrichten, welche uns vom Kampfplatze selbst zugehen, ist's unmöglich, das Wahre vom Unwahren zu trennen. Nur so viel scheint sicher daß die ganze Bevölkerung unter den Waffen steht, daß Straßen und Häuser verbarrikadirt sind, daß aus benachbarten Orten: aus Solingen, Remscheidt, Gräfrath, aus den Ortschaften der Enneper Straße, kurz, aus dem ganzen Bergischen bewaffneter Zuzug heraneilt; daß man sich schon nicht mehr auf die Besetzung der Städte Elberfeld und Barmen beschränkt, sondern die Vertheidigungsmaßregeln bereits auf die bedeutendsten Punkte der Umgegend ausdehnt. Wie man versichert, soll es auch im Plane der Kämpfer liegen, Düsseldorf zu Hülfe zu eilen, um diese Stadt von preußischen Truppen zu säubern. Die Landwehr, die sich jetzt zum ersten Mal entschieden auf die Seite des Volkes schlägt, spielt bei diesen Unternehmungen die Haupt-Rolle. An Munition und Geld fehlt es den Kämpfern nicht, da mehrere der reichsten Kaufleute bereitwillig ihre Kassen öffneten. So soll ein einziges Handlungshaus dem Elberfelder Sicherheits-Ausschuß 500 Stück Friedrichsd'or überwiesen haben. Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht zu verwundern, daß sich die Söldner des Königthums zum Angriff rüsten wo möglich auch im Bergischen das Volk niederzuschmettern, und die näm-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849, S. 1685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz297i_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.