Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849.lichen Greuelscenen, wie in Breslau, Dresden, Erfurt etc., aufzuführen. Hoffentlich wird's diesmal anders gehen. Der Artillerie-Park von Wesel wied nach Elberfeld aufbrechen. Zum Angriffstage soll der nächste Montag bestimmt sein. Wir können diese Nachrichten nicht verbürgen. Wie aber auch die Pläne der Contrerevolution sein mögen, Elberfeld wird einen Kampf zu bestehen haben, in dem es sich um das Vaterland wahrhaft verdient machen kann. 137 Düsseldorf, 11 Mai. Seit gestern Morgen herrschen alle Kroatenbestialitäten in unserer Stadt. "Mein herrliches Kriegsheer" schießt in Kasernen und Häusern versteckt friedliche über die Straßen gehende Bürger zusammen. Ich finde keine Sprache, die feigen Meuchelmorde zu schildern, die von diesen elenden Schergen der Manteuffel'schen Blutherrschaft verübt worden sind! Es sind eine Unzahl von Todten und Verwundeten, darunter Greise, Frauen, und die Meisten haben ihre Wunden von den preußischen Buschkleppern in den Rücken erhalten! Aus dem Rathhause, wo über 100 Mann Soldaten postirt waren, sind eine Menge Schüsse auf ruhig vorübergehende Menschen gefallen. Selbst auf jene Männer, welche die Verwundeten und Todten vom Platze schaffen wollten, schossen diese würdigen Knechte des Hohenzoller'schen Raubritterhauses. So eben erfahre ich noch von sehr ehrenhaften Bürgern, daß ein Herr Lieutenant Bessel, der sich schon bei dem frühern Belagerungszustande mit einer schamlosen Frechheit und Junkernrohheit benahm, eigenhändig aus dem Rathhause vier Menschen erschoß, welche ruhig vorüber gingen. Die Zahl der Todten und Verwundeten schlägt man bis jetzt auf 60 bis 70 an! Düsseldorf, 10. Mai. Nachmittags 6 Uhr. Der Gemeinderath veröffentlicht folgendes Plakat: Mitbürger! Ihr selbst seid Zeugen dessen, was sich in der verwichenen Nacht und noch heute am hellen Tage ereignet hat. Damit die Gräuel des Bürgerkrieges sich nicht erneuern, fordern wir Euch auf, Eure Häuser nur im Nothfalle zu verlassen, Eure Angehörigen bei Euch zu behalten und nach 8 Uhr Abends die Straßen der Stadt nicht mehr zu betreten. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Oberbürgermeister: Gr. v. Villers. Der Gemeinderath: Lacomblet. Bloem I. Cremer. Jakob Stapper. Karl Schwarz. O. van Baerle. Cretschmar Hütten. Trinkaus. Kiederich. J. Stehling. Lorenz Esser. Mathis. Keller. Laurentius. Coninx. Franz Lützeler. L. Lupp. Karl Hilgers. Lorenz Clasen. Dr. Reinartz. 7 Uhr. Die Standrechtshunde veröffentlichen noch folgendes Plakat: "Nachdem gestern Volksaufläufe in der hiesigen Stadt stattgefunden, welche unter aufrührerischem Geschrei nicht nur jeder Aufforderung der gesetzlichen Behörde zum Auseinandergehen Trotz entgegensetzten, sondern die zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militärmacht mit Steinwürfen und Schußwaffen angriffen und Barrikaden im Innern der Stadt errichteten, erklären die Unterzeichneten die Sammt-Gemeinde Düsseldorf hierdurch in Belagerungszustand. Es hat zur Unterdrückung des Aufruhrs in hiesiger Stadt die Waffengewalt mit allem Ernste angewendet werden müssen. Zur Erhaltung der augenblicklich wieder hergestellten Ordnung werden nöthigenfalls die strengsten Maßregeln ausgeführt werden. Wir warnen daher ernstlich vor allen weiteren ungesetzlichen, verbrecherischen Handlungen. Die gutgesinnten Einwohner der Stadt mögen Vertrauen fassen, daß die Gewalt der Regierung zu ihrem und der öffentlichen Ordnung Schutz angewendet werden wird, sie mögen aber auch mit Muth und Treue das Gesetz und die öffentliche Ordnung unterstützen und ihrer Bürgerpflicht gemäß einwirken, daß weiteres Unglück vermieden werde. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Divisions-Kommandeur. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus. [unleserliches Material]Der Regierungs-Präsident. In Vertretung: von Spankeren. Nachdem der Belagerungszustand über die Sammt-Gemeinde Düsseldorf ausgesprochen und damit die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen ist, verordne ich Folgendes: 1) Die gesetzlich bestehenden Behörden bleiben in ihren Funktionen und werden in den von ihnen zu treffenden Maßregeln auf's Kräftigste unterstützt werden. 2) Die Vereine zu politischen und sozialen Zwecken dürfen nicht zusammentreten. 3) Versammlungen von mehr als zehn Personen bei Tage und von fünf Personen des Abends und bei Nacht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sind untersagt. 4) Alle Wirthshäuser sind um 8 Uhr Abends zu schließen. 5) Alle Fremden, die über den Zweck ihres hiesigen Aufenthaltes sich nicht genügend bei der Polizeibehörde zu legitimiren vermögen, können ausgewiesen werden. 6) Die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungsurkunde werden für die Zeit des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt. 7) Die Düsseldorfer Zeitung, das Düsseldorfer Journal und Kreisblatt, die Neue Rheinische Zeitung, die Elberfelder Zeitung dürfen in der Sammt-Gemeinde Düsseldorf nicht ausgegeben werden. 8) Keine gedruckte oder geschriebene öffentliche Bekanntmachungen, mit Ausnahme der von öffentlichen Beamten und Behörden in ihrem Ressort ausgebenden, dürfen ohne Genehmigung der Polizeibehörde erlassen werden. 9) Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellungen zum Widerstande gegen die gesetzlichen Anordnungen der Behörden anreizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden. 10) Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird, oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Kommandeur der 14. Division. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus." Elberfeld, 11. Mai, 7 1/2 Uhr Morgens. Der gestrige Tag ist ruhig vergangen. Die bewaffneten Zuzüge, welche im Laufe des Tages noch mittelst der Sturmglocken herbeigerufen worden, sind, so gut es ging, untergebracht worden. Auch die Bürgerwehr versah sehr zahlreich den Dienst und hielt sich auf alle Fälle bereit. Gestern hat man fortwährend neue Barrikaden gebaut, deren einige sogar mit Maiblumen und Kränzen verziert sein sollen. Acht Uhr. So eben verbreitet sich das Gerücht, daß das Militär im Anzuge sei. Die Sturmglocken läuten auf's Neue, die Lärmtrommel schlägt. Eilf Uhr. Das Gerücht von einer Truppenanziehung hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Es ist nachfolgendes Plakat erschienen: Mitbürger! Um die gesetzliche Ordnung unter dem Banner der Freiheit zu handhaben, haben die Unterzeichneten, da die Behörden unserer Stadt aus ihren Funktionen getreten sind, auf den Wunsch vieler Bürger sich als Sicherheitsausschuß konstituirt. Den Anordnungen desselben, welcher in der Passagierstube des Posthauses für Verwaltungs- und auf dem Rathhause für Militärangelegenheiten seine permanenten Sitzungen hält, hat Jeder unbedingt Folge zu leisten. Elberfeld, den 9. Mai 1849. Dr. Höchster. F. W. Hühnerbein. H. P. Schultze. Riotte. H. Hillmann. Körner. J. Römer. E. Bohnstedt. J. Pothmann. Trost von Louisenthal. Der Gemeinderath genehmigt den Sicherheitsausschuß unter der Bedingung, daß demselben vier Mitglieder aus dem Gemeinderath und ein Mitglied der Bürgerschaft beitrete. Aus dem Gemeinderathe wurden erwählt: die Gemeindeverordneten Karl Hecker, Schlösser, J. F. Blanke und D. Peters; aus der Bürgerschaft Staatsprokurator Heinzmann. Der Gemeinderath weist die Stadtkasse auf die Anweisung ihrer fünf Mitglieder an, die erforderlichen Geldmittel auszuzahlen. Die ganze Bürgerschaft wird dringend ermahnt, sich den Anordnungen des Sicherheitsausschusses unbedingt zu fügen, indem er mit dem mitunterzeichneten Beigeordneten die Stelle des Oberbürgermeisters vertretend, alle ihre Funktionen an den Sicherheitsausschuß überträgt. 61 Elberfeld, 12. Mai. Gestern wurde der im Kampfe gebliebene Offizier der 16er mit allen militärischen Ehren von der revolutionären Landwehr zu Grabe gebracht. Das Volk ist großmüthig. Es führt Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Todten. Ein schöner Zug war es auch, daß verschiedene Landwehrmänner, die geladenen Musketen im Arme, hinaus vor die Stadt zogen, um den geschlagenen Soldaten, die seit einem ganzen Tage nichts gegessen hatten, Brod zu bringen. Die Soldaten nahmen das Dargebotene mit dem wärmsten Dank entgegen, und versprachen, nie mehr auf das Volk zielen zu wollen. Das diese Stimmung allmählig unter den Soldaten um sich greift, beweisen die Kanonen und Musketenkugeln, die mehr auf die Dächer der Häuser als auf die Barrikaden gerichtet wurden. Gestern Abend verhaftete das Volk einen preußischen Artillerie-Offizier, der in Blouse und Bürgerwehrmütze, durch die Straßen schlich, und die Lage der Straßen und der Barrikaden aufzeichnete. Der Sicherheitsausschuß hat beschlossen, dem heranrückenden Militär zu bedeuten, daß dieser Mensch bei der ersten Kugel von Seiten des Militärs erschossen werden wird. Unter den Elberfelder Schützen, welche sich Jahre lang mit Pulver und Blei übten, ist außerdem auch das Uebereinkommen getroffen, daß vor allen Andern, die Offiziere aufs Korn genommen werden. Die in Freiheit gesetzten Arbeiter welche sich seiner Zeit bei dem Demoliren der Fabriken betheiligten, erschossen vor der Thür des Gefängnisses, einen aus ihrer Mitte, von dem erwiesen war, daß er bei den gerichtlichen Verhandlungen den Verräther gespielt hatte. Der Bruder des Minister von der Heydt, der den Insurgenten 3000 Thaler überwies, wird in seinem Hause bewacht. Der Oberbürgermeister von Carnap ist verschwunden. 35 Viersen, 11. Mai. So eben ziehen mehrere Hundert Landwehrmänner von hier nach Düsseldorf und Elberfeld, um dort ihren Brüdern im Kampfe gegen die Hohenzoller'schen Räuberbanden zu helfen. Sämmtliche Leute waren bewaffnet und hatten hinreichend Pulver und Blei. Aus Süchteln, Dahlen und Gladbach sind bereits Landwehrleute zu demselben Zweck abmarschirt. 34 Solingen, 11. Mai. Nachdem bereits seit einigen Tagen nicht unbedeutende Züge von Seiten der Demokraten (namentlich Arbeiter) von hier und der Umgegend zur Unterstützung der Elberfelder abgegangen, wurde gestern Morgen unser Stadtrath durch eine geeignete Demonstration zu dem Beschlusse veranlaßt, einen Theil unserer Bürgerwehr, der durch das Loos bestimmt werden sollte, zu demselben Zwecke aufzubieten. Die Bürgerwehr erschien gleich auf das gegebene Signal sehr zahlreich gegen 10 Uhr Morgens. Das sonderbare Benehmen des Chefs der Bürgerwehr, der nach Gräfrath eilte, um seine Demission als Landwehr-Lieutenant einzureichen, machte indeß eine zweite Sammlung der Bürgerwehr erst gegen 2 Uhr Nachmittags möglich. Jetzt weiß aber plötzlich weder der Stadtrath noch der Chef der Bürgerwehr, was sie mit der wohlbewaffneten Mannschaft beginnen sollen. Nachdem jedoch noch ein Zug Freiwilliger abgegangen, läßt sich die Bürgerweh endlich nicht mehr halten und bricht auf. Der tapfere Chef bleibt jedoch zurück und mit ihm noch ein paar der reaktionärsten Gardisten. Es wurde nun beschlossen, das Zeughaus in Gräfrath zu stürmen. Der Zug Freiwilliger wurde bald eingeholt, und mit ihm zog man in Gräfrath ein. Dort hatte sich der Major mit Mannschaft jedoch schon entfernt (nur ein Rittmeister war noch da), und mit der größten Ordnung wurde das Zeughaus darauf geräumt. Ein Theil der Gewehre wurde schon gestern Abend unter die Nichtbewaffneten vertheilt und heute soll damit fortgefahren werden. -- Unser Stadtrath hat eine Deputation nach Elberfeld gesandt, um zu erfahren, ob Hülfe erforderlich sei. Sobald dieser Fall eintreten wird, soll die Bürgerwehr zu diesem Zwecke offiziell aufgeboten werden. Es ist ungemein ergötzlich, unsere alten Rathsherren endlich so revolutionär auftreten zu sehen. Krefeld, 9. Mai. Aus dem Protokoll der heutigen, außerordentlichen Gemeinderathssitzung theile ich Folgendes mit: Nach Eröffnung der Sitzung machte der Vorsitzende Mittheilung von einer ihm gewordenen Eingabe, wodurch er ersucht worden, einen einstimmig gefaßten Beschluß der gestern bei Rump versammelt gewesenen Wehrmänner der Gemeinde Krefeld, so wie der Deputationen der Wehrmänner aus den Gemeinden Uerdingen, St. Tönis, Kempen, Mülhausen, Greefrath, St. Hubert, Hüls, Willich, Anrath und Lank dahin lautend: "Die Landwehr und Reserve tritt nicht auf die geschehene Aufforderung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel ein, weil sie nach dem Gesetze von 1814 und 1815 erst dann einzutreten braucht, wenn eine Gefahr für's Vaterland in der Wirklichkeit vorhanden ist, auch erst wissen will, gegen welchen Feind sie die Waffen ergreifen soll" dem Gemeinderath zu notifiziren und denselben dringendst zu veranlassen, die k. Regierung von der Stimmung der hiesigen Landwehr in Kenntniß zu setzen und bei der betreffenden Behörde diejenigen Schritte einzuleiten, die zur Verhütung von Unglück nothwendig seien, namentlich zu verhindern, daß etwa Militär in die Stadt rücke, die einberufenen und nicht willigen Wehrmänner gewaltsam zu holen. 101 Siegburg, 11. Mai. Heute Morgen ist auch hier das Zeughaus von Landwehrmännern genommen und geleert worden, circa 500 Gewehre, Säbel Pistolen etc. waren eben in den Händen des Volkes als Dragoner von Bonn heransprengten. Das Volk zog sich in den nahe liegenden Busch zurück, lud die Gewehre und forderte die Dragoner auf heran zukommen. Hiezu mangelte meinem "herrlichem Kriegsheere" die Lust und es zog sich alsbald zurück. Ob noch Verstärkung hinzu kömmt wollen wir abwarten. Zum Empfange sind wir bereit. Koblenz, 9. Mai. In einer heute dahier auf Veranlassung des neu gebildeten demokratischen Klubs veranstalteten Volksversammlung, welcher ein sehr bedeutender Theil der hiesigen Bürgerschaft beiwohnte, wurde folgende, die Beschlüsse der zu Köln versammelt gewesenen Mitglieder der Gemeinderäthe der Rheinprovinz ergänzende Erklärung einstimmig angenommen: Die Bürger von Koblenz, sich anschließend an die durch die Versammlung der Gemeinderäthe in Köln gefaßten Beschlüsse und in Erwägung: daß eine Verbindung der Fürsten zur Vernichtung der errungenen Volksfreiheiten täglich klarer hervortritt; erklären hiermit Folgendes: 1) Das Vaterland ist in Gefahr, und es ist Pflicht jeden Bürgers, sich auf alle Eventualitäten gefaßt zu machen. 2) Wir nehmen die deutschen Grundrechte und Reichsverfassung, mit Ausschluß des mit der Volksfreiheit unvereinbaren und durch die Weigerung des erwählten Königs von Preußen unmöglich gewordenen Erbkaiserthums, als das geringste Maß der dem deutschen Volke zustehenden Freiheiten an und werden dieselben durch alle in unseren Kräften stehende Mittel vertheidigen. 3) Wir fordern die deutsche Reichsversammlung auf, schleunigst die kräftigsten Maßregeln zu treffen und den Widerstand der Regierungen gegen die Durchführung dieser Volksrechte zu brechen. 4) Wir fordern sie insbesondere auf, die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands direkt zur Erreichung dieses Zweckes anzurufen und zu verwenden. 5) Wir erachten die Landwehr und sonstige bewaffnete Macht berechtigt und verpflichtet, jede Mitwirkung zur Unterdrückung dieser Volksfreiheiten abzuweisen und zur Aufrechthaltung derselben sich überall zu versammeln und einzustehen. 6) Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die Rheinprovinz nur mit einer Regierung, welche diese Grundsätze anerkennt, verbunden bleiben und gegen jede andere als eine ihr aufgedrungene stets ankämpfen wird. (Rh.-und M.-Z.) 14 Hagen, 11. Mai. Auch hier schlägt sich die Landwehr auf die Seite des Volkes. Von den aus allen benachbarten Distrikten zusammengezogenen Kompagnieen, war nur eine einzige, nämlich die Schwelmer Kompagnie, von dem schönen edlen Geiste "Meines herrlichen Kriegsheeres," beseelt und faßte den Entschluß, sich nöthigenfalls für die geliebten Landesväter abschlachten zu lassen. Der betreffende Major soll sich natürlich über diese heroische Gesinnung der 7ten Kompagnie bei den Behörden sehr lobend ausgedrückt haben und es steht nun zu erwarten, daß nächstens jeder Landwehrmann in Schwelm mit einem Adlerorden behängt wird. Außer dieser Schwelmer Kompagnie wird die Landwehr der ganzen Gegend im entscheidenden Augenblick die Waffen gegen das Königthum erheben. 15 Iserlohn, 11. Mai. Die hiesige Landwehr ist determinirt, sich nicht einkleiden zu lassen und wird Gewalt mit Gewalt erwidern. Auf einen allenfallsigen Angriff des Militärs ist man gerüstet. 074 Bielefeld, 9. Mai. "Mein herrliches Kriegsheer" ist hier wie überall dasselbe lungrige, arrogant-bornirte Geschmeiß, in dessen eingefrornen Dünkel die Stockdressur das Höchste ist, was ein Mensch leisten kann. Einem dieser Individuen, die "so kerzengerade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, mit dem man sie einst geprügelt", den Landwehrmajor Gliczynski, zogen heute Morgen 12 Uhr circa 150 Mann Landwehrleute vor das Haus und verlangten sofortige Freilassung eines vor einer halben Stunde eingekerkerten Kameraden. Das Verbrechen dieses Mannes bestand darin, daß man ihm eine zu lange Hose gegeben hatt, die er im Gehen unter die Füße trat und beschmutzte; der Major stellte ihn darüber zur Rede, der Landwehrmann antwortete und erhielt für diese Respektwidrigkeit drei Tage Arrest. Als aber am Mittag die 150 Mann erschienen, und die Befreiung ihres Kameraden unter Androhung von Gewalt verlangte, fand der edle Major es für passend, von seiner Disziplinar-Courage abzulassen, und den Verhafteten in Freiheit zu setzen. Einige unserer braven Bourgeois sahen dem Zug mit sehr verstörtem Gesichte zu. Morgen werden die übrigen Landwehrleute eingekleidet; wahrscheinlich wird es hier ebenso gehen, wie in Elberfeld. 230 Berlin, 10. Mai. Heute früh hat das Ministerium wieder eine Kundmachung mit der Nachricht von der gänzlichen Einnahme Dresdens erscheinen lassen. Sie meint darin höchst naiv: "die provisorische Regierung und die Anführer des Aufstandes sind entlaufen." Vielleicht verlangt sie, daß diese Männer sich ruhig sollten erschießen lassen? Oder mit den Bajonetten ihres herrlichen Kriegsheeres nähere Bekanntschaft machen? Erinnert man sich in gewissen Kreisen nicht mehr an die geheime Mission Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen? In Schlesien soll es unter dem Landvolke über die Auflösung der 2. Kammer sehr unruhig aussehen. Es sind besonders die Laudemien und andere bäuerliche Lasten, deren Aufhebung von der frühern Nationalversammlung und nun von der 2. Kammer man gehofft hatte. Auch in der Lausitz herrscht eine so sichtliche Aufregung, daß die Behörden selbst einen offenen Ausbruch befürchten. Die Regierung wird sich wahrscheinlich sehr viel zu Gute thun auf die rasche Einkleidung der Landwehr und die Folgsamkeit der Wehrmänner. Es ist das nicht so schlimm. Größtentheils traten sie ein aus Noth und lassen Gesinnungen hören, welche ihren Offizieren nicht sehr angenehm sein werden. So versammelten sich 3-4000 Männer der Garde-Landwehr in der Kürassirkaserne, von denen 2-300 ausgehoben werden sollten. Kein Offizier war zugegen. In der aufgeregten Menge dieser kräftigen Männer ertönten laute Lebehochs auf Bem, Dembinski, Kossuth u. s. w. Bei ihrem Abzuge auf dem Bahnhofe sang die Garde-Landwehr "Was ist des Deutschen Vaterland," und erklärten Jeden, der auf das Volk schieße, für einen Hundsfott. Dem komischen Reichs-Marinerath und Industrieritter Jordan ist in Kiel bei seiner Inspektion ein altes Badeschiff als ein Kanonenboot präsentirt worden, und er hat dasselbe auch ruhigen Gemüths, im Namen der deutschen Centralgewalt, in Besitz genommen. Die Börse, welche gestern in Folge der Erklärung des Belagerungszustandes in Breslau sehr fest war, konnte diese Haltung trotz des Sieges ihrer Partei in Dresden nicht behaupten und war heute sehr flau. Der "liberale" Herr Harrossewitz, einst Vereinbarer, hat den Beamten des Kriminalgerichts besonders eingeschärft, dem Redakteur lichen Greuelscenen, wie in Breslau, Dresden, Erfurt etc., aufzuführen. Hoffentlich wird's diesmal anders gehen. Der Artillerie-Park von Wesel wied nach Elberfeld aufbrechen. Zum Angriffstage soll der nächste Montag bestimmt sein. Wir können diese Nachrichten nicht verbürgen. Wie aber auch die Pläne der Contrerevolution sein mögen, Elberfeld wird einen Kampf zu bestehen haben, in dem es sich um das Vaterland wahrhaft verdient machen kann. 137 Düsseldorf, 11 Mai. Seit gestern Morgen herrschen alle Kroatenbestialitäten in unserer Stadt. „Mein herrliches Kriegsheer“ schießt in Kasernen und Häusern versteckt friedliche über die Straßen gehende Bürger zusammen. Ich finde keine Sprache, die feigen Meuchelmorde zu schildern, die von diesen elenden Schergen der Manteuffel'schen Blutherrschaft verübt worden sind! Es sind eine Unzahl von Todten und Verwundeten, darunter Greise, Frauen, und die Meisten haben ihre Wunden von den preußischen Buschkleppern in den Rücken erhalten! Aus dem Rathhause, wo über 100 Mann Soldaten postirt waren, sind eine Menge Schüsse auf ruhig vorübergehende Menschen gefallen. Selbst auf jene Männer, welche die Verwundeten und Todten vom Platze schaffen wollten, schossen diese würdigen Knechte des Hohenzoller'schen Raubritterhauses. So eben erfahre ich noch von sehr ehrenhaften Bürgern, daß ein Herr Lieutenant Bessel, der sich schon bei dem frühern Belagerungszustande mit einer schamlosen Frechheit und Junkernrohheit benahm, eigenhändig aus dem Rathhause vier Menschen erschoß, welche ruhig vorüber gingen. Die Zahl der Todten und Verwundeten schlägt man bis jetzt auf 60 bis 70 an! Düsseldorf, 10. Mai. Nachmittags 6 Uhr. Der Gemeinderath veröffentlicht folgendes Plakat: Mitbürger! Ihr selbst seid Zeugen dessen, was sich in der verwichenen Nacht und noch heute am hellen Tage ereignet hat. Damit die Gräuel des Bürgerkrieges sich nicht erneuern, fordern wir Euch auf, Eure Häuser nur im Nothfalle zu verlassen, Eure Angehörigen bei Euch zu behalten und nach 8 Uhr Abends die Straßen der Stadt nicht mehr zu betreten. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Oberbürgermeister: Gr. v. Villers. Der Gemeinderath: Lacomblet. Bloem I. Cremer. Jakob Stapper. Karl Schwarz. O. van Baerle. Cretschmar Hütten. Trinkaus. Kiederich. J. Stehling. Lorenz Esser. Mathis. Keller. Laurentius. Coninx. Franz Lützeler. L. Lupp. Karl Hilgers. Lorenz Clasen. Dr. Reinartz. 7 Uhr. Die Standrechtshunde veröffentlichen noch folgendes Plakat: „Nachdem gestern Volksaufläufe in der hiesigen Stadt stattgefunden, welche unter aufrührerischem Geschrei nicht nur jeder Aufforderung der gesetzlichen Behörde zum Auseinandergehen Trotz entgegensetzten, sondern die zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militärmacht mit Steinwürfen und Schußwaffen angriffen und Barrikaden im Innern der Stadt errichteten, erklären die Unterzeichneten die Sammt-Gemeinde Düsseldorf hierdurch in Belagerungszustand. Es hat zur Unterdrückung des Aufruhrs in hiesiger Stadt die Waffengewalt mit allem Ernste angewendet werden müssen. Zur Erhaltung der augenblicklich wieder hergestellten Ordnung werden nöthigenfalls die strengsten Maßregeln ausgeführt werden. Wir warnen daher ernstlich vor allen weiteren ungesetzlichen, verbrecherischen Handlungen. Die gutgesinnten Einwohner der Stadt mögen Vertrauen fassen, daß die Gewalt der Regierung zu ihrem und der öffentlichen Ordnung Schutz angewendet werden wird, sie mögen aber auch mit Muth und Treue das Gesetz und die öffentliche Ordnung unterstützen und ihrer Bürgerpflicht gemäß einwirken, daß weiteres Unglück vermieden werde. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Divisions-Kommandeur. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus. [unleserliches Material]Der Regierungs-Präsident. In Vertretung: von Spankeren. Nachdem der Belagerungszustand über die Sammt-Gemeinde Düsseldorf ausgesprochen und damit die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen ist, verordne ich Folgendes: 1) Die gesetzlich bestehenden Behörden bleiben in ihren Funktionen und werden in den von ihnen zu treffenden Maßregeln auf's Kräftigste unterstützt werden. 2) Die Vereine zu politischen und sozialen Zwecken dürfen nicht zusammentreten. 3) Versammlungen von mehr als zehn Personen bei Tage und von fünf Personen des Abends und bei Nacht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sind untersagt. 4) Alle Wirthshäuser sind um 8 Uhr Abends zu schließen. 5) Alle Fremden, die über den Zweck ihres hiesigen Aufenthaltes sich nicht genügend bei der Polizeibehörde zu legitimiren vermögen, können ausgewiesen werden. 6) Die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungsurkunde werden für die Zeit des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt. 7) Die Düsseldorfer Zeitung, das Düsseldorfer Journal und Kreisblatt, die Neue Rheinische Zeitung, die Elberfelder Zeitung dürfen in der Sammt-Gemeinde Düsseldorf nicht ausgegeben werden. 8) Keine gedruckte oder geschriebene öffentliche Bekanntmachungen, mit Ausnahme der von öffentlichen Beamten und Behörden in ihrem Ressort ausgebenden, dürfen ohne Genehmigung der Polizeibehörde erlassen werden. 9) Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellungen zum Widerstande gegen die gesetzlichen Anordnungen der Behörden anreizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden. 10) Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird, oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden. Düsseldorf, den 10. Mai 1849. Der Kommandeur der 14. Division. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus.“ Elberfeld, 11. Mai, 7 1/2 Uhr Morgens. Der gestrige Tag ist ruhig vergangen. Die bewaffneten Zuzüge, welche im Laufe des Tages noch mittelst der Sturmglocken herbeigerufen worden, sind, so gut es ging, untergebracht worden. Auch die Bürgerwehr versah sehr zahlreich den Dienst und hielt sich auf alle Fälle bereit. Gestern hat man fortwährend neue Barrikaden gebaut, deren einige sogar mit Maiblumen und Kränzen verziert sein sollen. Acht Uhr. So eben verbreitet sich das Gerücht, daß das Militär im Anzuge sei. Die Sturmglocken läuten auf's Neue, die Lärmtrommel schlägt. Eilf Uhr. Das Gerücht von einer Truppenanziehung hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Es ist nachfolgendes Plakat erschienen: Mitbürger! Um die gesetzliche Ordnung unter dem Banner der Freiheit zu handhaben, haben die Unterzeichneten, da die Behörden unserer Stadt aus ihren Funktionen getreten sind, auf den Wunsch vieler Bürger sich als Sicherheitsausschuß konstituirt. Den Anordnungen desselben, welcher in der Passagierstube des Posthauses für Verwaltungs- und auf dem Rathhause für Militärangelegenheiten seine permanenten Sitzungen hält, hat Jeder unbedingt Folge zu leisten. Elberfeld, den 9. Mai 1849. Dr. Höchster. F. W. Hühnerbein. H. P. Schultze. Riotte. H. Hillmann. Körner. J. Römer. E. Bohnstedt. J. Pothmann. Trost von Louisenthal. Der Gemeinderath genehmigt den Sicherheitsausschuß unter der Bedingung, daß demselben vier Mitglieder aus dem Gemeinderath und ein Mitglied der Bürgerschaft beitrete. Aus dem Gemeinderathe wurden erwählt: die Gemeindeverordneten Karl Hecker, Schlösser, J. F. Blanke und D. Peters; aus der Bürgerschaft Staatsprokurator Heinzmann. Der Gemeinderath weist die Stadtkasse auf die Anweisung ihrer fünf Mitglieder an, die erforderlichen Geldmittel auszuzahlen. Die ganze Bürgerschaft wird dringend ermahnt, sich den Anordnungen des Sicherheitsausschusses unbedingt zu fügen, indem er mit dem mitunterzeichneten Beigeordneten die Stelle des Oberbürgermeisters vertretend, alle ihre Funktionen an den Sicherheitsausschuß überträgt. 61 Elberfeld, 12. Mai. Gestern wurde der im Kampfe gebliebene Offizier der 16er mit allen militärischen Ehren von der revolutionären Landwehr zu Grabe gebracht. Das Volk ist großmüthig. Es führt Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Todten. Ein schöner Zug war es auch, daß verschiedene Landwehrmänner, die geladenen Musketen im Arme, hinaus vor die Stadt zogen, um den geschlagenen Soldaten, die seit einem ganzen Tage nichts gegessen hatten, Brod zu bringen. Die Soldaten nahmen das Dargebotene mit dem wärmsten Dank entgegen, und versprachen, nie mehr auf das Volk zielen zu wollen. Das diese Stimmung allmählig unter den Soldaten um sich greift, beweisen die Kanonen und Musketenkugeln, die mehr auf die Dächer der Häuser als auf die Barrikaden gerichtet wurden. Gestern Abend verhaftete das Volk einen preußischen Artillerie-Offizier, der in Blouse und Bürgerwehrmütze, durch die Straßen schlich, und die Lage der Straßen und der Barrikaden aufzeichnete. Der Sicherheitsausschuß hat beschlossen, dem heranrückenden Militär zu bedeuten, daß dieser Mensch bei der ersten Kugel von Seiten des Militärs erschossen werden wird. Unter den Elberfelder Schützen, welche sich Jahre lang mit Pulver und Blei übten, ist außerdem auch das Uebereinkommen getroffen, daß vor allen Andern, die Offiziere aufs Korn genommen werden. Die in Freiheit gesetzten Arbeiter welche sich seiner Zeit bei dem Demoliren der Fabriken betheiligten, erschossen vor der Thür des Gefängnisses, einen aus ihrer Mitte, von dem erwiesen war, daß er bei den gerichtlichen Verhandlungen den Verräther gespielt hatte. Der Bruder des Minister von der Heydt, der den Insurgenten 3000 Thaler überwies, wird in seinem Hause bewacht. Der Oberbürgermeister von Carnap ist verschwunden. 35 Viersen, 11. Mai. So eben ziehen mehrere Hundert Landwehrmänner von hier nach Düsseldorf und Elberfeld, um dort ihren Brüdern im Kampfe gegen die Hohenzoller'schen Räuberbanden zu helfen. Sämmtliche Leute waren bewaffnet und hatten hinreichend Pulver und Blei. Aus Süchteln, Dahlen und Gladbach sind bereits Landwehrleute zu demselben Zweck abmarschirt. 34 Solingen, 11. Mai. Nachdem bereits seit einigen Tagen nicht unbedeutende Züge von Seiten der Demokraten (namentlich Arbeiter) von hier und der Umgegend zur Unterstützung der Elberfelder abgegangen, wurde gestern Morgen unser Stadtrath durch eine geeignete Demonstration zu dem Beschlusse veranlaßt, einen Theil unserer Bürgerwehr, der durch das Loos bestimmt werden sollte, zu demselben Zwecke aufzubieten. Die Bürgerwehr erschien gleich auf das gegebene Signal sehr zahlreich gegen 10 Uhr Morgens. Das sonderbare Benehmen des Chefs der Bürgerwehr, der nach Gräfrath eilte, um seine Demission als Landwehr-Lieutenant einzureichen, machte indeß eine zweite Sammlung der Bürgerwehr erst gegen 2 Uhr Nachmittags möglich. Jetzt weiß aber plötzlich weder der Stadtrath noch der Chef der Bürgerwehr, was sie mit der wohlbewaffneten Mannschaft beginnen sollen. Nachdem jedoch noch ein Zug Freiwilliger abgegangen, läßt sich die Bürgerweh endlich nicht mehr halten und bricht auf. Der tapfere Chef bleibt jedoch zurück und mit ihm noch ein paar der reaktionärsten Gardisten. Es wurde nun beschlossen, das Zeughaus in Gräfrath zu stürmen. Der Zug Freiwilliger wurde bald eingeholt, und mit ihm zog man in Gräfrath ein. Dort hatte sich der Major mit Mannschaft jedoch schon entfernt (nur ein Rittmeister war noch da), und mit der größten Ordnung wurde das Zeughaus darauf geräumt. Ein Theil der Gewehre wurde schon gestern Abend unter die Nichtbewaffneten vertheilt und heute soll damit fortgefahren werden. — Unser Stadtrath hat eine Deputation nach Elberfeld gesandt, um zu erfahren, ob Hülfe erforderlich sei. Sobald dieser Fall eintreten wird, soll die Bürgerwehr zu diesem Zwecke offiziell aufgeboten werden. Es ist ungemein ergötzlich, unsere alten Rathsherren endlich so revolutionär auftreten zu sehen. Krefeld, 9. Mai. Aus dem Protokoll der heutigen, außerordentlichen Gemeinderathssitzung theile ich Folgendes mit: Nach Eröffnung der Sitzung machte der Vorsitzende Mittheilung von einer ihm gewordenen Eingabe, wodurch er ersucht worden, einen einstimmig gefaßten Beschluß der gestern bei Rump versammelt gewesenen Wehrmänner der Gemeinde Krefeld, so wie der Deputationen der Wehrmänner aus den Gemeinden Uerdingen, St. Tönis, Kempen, Mülhausen, Greefrath, St. Hubert, Hüls, Willich, Anrath und Lank dahin lautend: „Die Landwehr und Reserve tritt nicht auf die geschehene Aufforderung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel ein, weil sie nach dem Gesetze von 1814 und 1815 erst dann einzutreten braucht, wenn eine Gefahr für's Vaterland in der Wirklichkeit vorhanden ist, auch erst wissen will, gegen welchen Feind sie die Waffen ergreifen soll“ dem Gemeinderath zu notifiziren und denselben dringendst zu veranlassen, die k. Regierung von der Stimmung der hiesigen Landwehr in Kenntniß zu setzen und bei der betreffenden Behörde diejenigen Schritte einzuleiten, die zur Verhütung von Unglück nothwendig seien, namentlich zu verhindern, daß etwa Militär in die Stadt rücke, die einberufenen und nicht willigen Wehrmänner gewaltsam zu holen. 101 Siegburg, 11. Mai. Heute Morgen ist auch hier das Zeughaus von Landwehrmännern genommen und geleert worden, circa 500 Gewehre, Säbel Pistolen etc. waren eben in den Händen des Volkes als Dragoner von Bonn heransprengten. Das Volk zog sich in den nahe liegenden Busch zurück, lud die Gewehre und forderte die Dragoner auf heran zukommen. Hiezu mangelte meinem „herrlichem Kriegsheere“ die Lust und es zog sich alsbald zurück. Ob noch Verstärkung hinzu kömmt wollen wir abwarten. Zum Empfange sind wir bereit. Koblenz, 9. Mai. In einer heute dahier auf Veranlassung des neu gebildeten demokratischen Klubs veranstalteten Volksversammlung, welcher ein sehr bedeutender Theil der hiesigen Bürgerschaft beiwohnte, wurde folgende, die Beschlüsse der zu Köln versammelt gewesenen Mitglieder der Gemeinderäthe der Rheinprovinz ergänzende Erklärung einstimmig angenommen: Die Bürger von Koblenz, sich anschließend an die durch die Versammlung der Gemeinderäthe in Köln gefaßten Beschlüsse und in Erwägung: daß eine Verbindung der Fürsten zur Vernichtung der errungenen Volksfreiheiten täglich klarer hervortritt; erklären hiermit Folgendes: 1) Das Vaterland ist in Gefahr, und es ist Pflicht jeden Bürgers, sich auf alle Eventualitäten gefaßt zu machen. 2) Wir nehmen die deutschen Grundrechte und Reichsverfassung, mit Ausschluß des mit der Volksfreiheit unvereinbaren und durch die Weigerung des erwählten Königs von Preußen unmöglich gewordenen Erbkaiserthums, als das geringste Maß der dem deutschen Volke zustehenden Freiheiten an und werden dieselben durch alle in unseren Kräften stehende Mittel vertheidigen. 3) Wir fordern die deutsche Reichsversammlung auf, schleunigst die kräftigsten Maßregeln zu treffen und den Widerstand der Regierungen gegen die Durchführung dieser Volksrechte zu brechen. 4) Wir fordern sie insbesondere auf, die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands direkt zur Erreichung dieses Zweckes anzurufen und zu verwenden. 5) Wir erachten die Landwehr und sonstige bewaffnete Macht berechtigt und verpflichtet, jede Mitwirkung zur Unterdrückung dieser Volksfreiheiten abzuweisen und zur Aufrechthaltung derselben sich überall zu versammeln und einzustehen. 6) Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die Rheinprovinz nur mit einer Regierung, welche diese Grundsätze anerkennt, verbunden bleiben und gegen jede andere als eine ihr aufgedrungene stets ankämpfen wird. (Rh.-und M.-Z.) 14 Hagen, 11. Mai. Auch hier schlägt sich die Landwehr auf die Seite des Volkes. Von den aus allen benachbarten Distrikten zusammengezogenen Kompagnieen, war nur eine einzige, nämlich die Schwelmer Kompagnie, von dem schönen edlen Geiste „Meines herrlichen Kriegsheeres,“ beseelt und faßte den Entschluß, sich nöthigenfalls für die geliebten Landesväter abschlachten zu lassen. Der betreffende Major soll sich natürlich über diese heroische Gesinnung der 7ten Kompagnie bei den Behörden sehr lobend ausgedrückt haben und es steht nun zu erwarten, daß nächstens jeder Landwehrmann in Schwelm mit einem Adlerorden behängt wird. Außer dieser Schwelmer Kompagnie wird die Landwehr der ganzen Gegend im entscheidenden Augenblick die Waffen gegen das Königthum erheben. 15 Iserlohn, 11. Mai. Die hiesige Landwehr ist determinirt, sich nicht einkleiden zu lassen und wird Gewalt mit Gewalt erwidern. Auf einen allenfallsigen Angriff des Militärs ist man gerüstet. 074 Bielefeld, 9. Mai. „Mein herrliches Kriegsheer“ ist hier wie überall dasselbe lungrige, arrogant-bornirte Geschmeiß, in dessen eingefrornen Dünkel die Stockdressur das Höchste ist, was ein Mensch leisten kann. Einem dieser Individuen, die „so kerzengerade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, mit dem man sie einst geprügelt“, den Landwehrmajor Gliczynski, zogen heute Morgen 12 Uhr circa 150 Mann Landwehrleute vor das Haus und verlangten sofortige Freilassung eines vor einer halben Stunde eingekerkerten Kameraden. Das Verbrechen dieses Mannes bestand darin, daß man ihm eine zu lange Hose gegeben hatt, die er im Gehen unter die Füße trat und beschmutzte; der Major stellte ihn darüber zur Rede, der Landwehrmann antwortete und erhielt für diese Respektwidrigkeit drei Tage Arrest. Als aber am Mittag die 150 Mann erschienen, und die Befreiung ihres Kameraden unter Androhung von Gewalt verlangte, fand der edle Major es für passend, von seiner Disziplinar-Courage abzulassen, und den Verhafteten in Freiheit zu setzen. Einige unserer braven Bourgeois sahen dem Zug mit sehr verstörtem Gesichte zu. Morgen werden die übrigen Landwehrleute eingekleidet; wahrscheinlich wird es hier ebenso gehen, wie in Elberfeld. 230 Berlin, 10. Mai. Heute früh hat das Ministerium wieder eine Kundmachung mit der Nachricht von der gänzlichen Einnahme Dresdens erscheinen lassen. Sie meint darin höchst naiv: „die provisorische Regierung und die Anführer des Aufstandes sind entlaufen.“ Vielleicht verlangt sie, daß diese Männer sich ruhig sollten erschießen lassen? Oder mit den Bajonetten ihres herrlichen Kriegsheeres nähere Bekanntschaft machen? Erinnert man sich in gewissen Kreisen nicht mehr an die geheime Mission Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen? In Schlesien soll es unter dem Landvolke über die Auflösung der 2. Kammer sehr unruhig aussehen. Es sind besonders die Laudemien und andere bäuerliche Lasten, deren Aufhebung von der frühern Nationalversammlung und nun von der 2. Kammer man gehofft hatte. Auch in der Lausitz herrscht eine so sichtliche Aufregung, daß die Behörden selbst einen offenen Ausbruch befürchten. Die Regierung wird sich wahrscheinlich sehr viel zu Gute thun auf die rasche Einkleidung der Landwehr und die Folgsamkeit der Wehrmänner. Es ist das nicht so schlimm. Größtentheils traten sie ein aus Noth und lassen Gesinnungen hören, welche ihren Offizieren nicht sehr angenehm sein werden. So versammelten sich 3-4000 Männer der Garde-Landwehr in der Kürassirkaserne, von denen 2-300 ausgehoben werden sollten. Kein Offizier war zugegen. In der aufgeregten Menge dieser kräftigen Männer ertönten laute Lebehochs auf Bem, Dembinski, Kossuth u. s. w. Bei ihrem Abzuge auf dem Bahnhofe sang die Garde-Landwehr „Was ist des Deutschen Vaterland,“ und erklärten Jeden, der auf das Volk schieße, für einen Hundsfott. Dem komischen Reichs-Marinerath und Industrieritter Jordan ist in Kiel bei seiner Inspektion ein altes Badeschiff als ein Kanonenboot präsentirt worden, und er hat dasselbe auch ruhigen Gemüths, im Namen der deutschen Centralgewalt, in Besitz genommen. Die Börse, welche gestern in Folge der Erklärung des Belagerungszustandes in Breslau sehr fest war, konnte diese Haltung trotz des Sieges ihrer Partei in Dresden nicht behaupten und war heute sehr flau. Der „liberale“ Herr Harrossewitz, einst Vereinbarer, hat den Beamten des Kriminalgerichts besonders eingeschärft, dem Redakteur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar297_003" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1686"/> lichen Greuelscenen, wie in Breslau, Dresden, Erfurt etc., aufzuführen. Hoffentlich wird's diesmal anders gehen.</p> <p>Der Artillerie-Park von Wesel wied nach Elberfeld aufbrechen. Zum Angriffstage soll der nächste Montag bestimmt sein.</p> <p>Wir können diese Nachrichten nicht verbürgen. Wie aber auch die Pläne der Contrerevolution sein mögen, Elberfeld wird einen Kampf zu bestehen haben, in dem es sich um das Vaterland wahrhaft verdient machen kann.</p> </div> <div xml:id="ar297_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>137</author></bibl> Düsseldorf, 11 Mai.</head> <p>Seit gestern Morgen herrschen alle Kroatenbestialitäten in unserer Stadt. „Mein herrliches Kriegsheer“ schießt in Kasernen und Häusern versteckt friedliche über die Straßen gehende Bürger zusammen. Ich finde keine Sprache, die feigen Meuchelmorde zu schildern, die von diesen elenden Schergen der Manteuffel'schen Blutherrschaft verübt worden sind! Es sind eine Unzahl von Todten und Verwundeten, darunter Greise, Frauen, und die Meisten haben ihre Wunden von den preußischen Buschkleppern in den Rücken erhalten! Aus dem Rathhause, wo über 100 Mann Soldaten postirt waren, sind eine Menge Schüsse auf ruhig vorübergehende Menschen gefallen. Selbst auf jene Männer, welche die Verwundeten und Todten vom Platze schaffen wollten, schossen diese würdigen Knechte des Hohenzoller'schen Raubritterhauses.</p> <p>So eben erfahre ich noch von sehr ehrenhaften Bürgern, daß ein Herr Lieutenant <hi rendition="#g">Bessel,</hi> der sich schon bei dem frühern Belagerungszustande mit einer schamlosen Frechheit und Junkernrohheit benahm, eigenhändig aus dem Rathhause <hi rendition="#g">vier Menschen</hi> erschoß, welche ruhig vorüber gingen. Die Zahl der Todten und Verwundeten schlägt man bis jetzt auf 60 bis 70 an!</p> </div> <div xml:id="ar297_005" type="jArticle"> <head>Düsseldorf, 10. Mai.</head> <p>Nachmittags 6 Uhr. Der Gemeinderath veröffentlicht folgendes Plakat:</p> <p> <hi rendition="#g">Mitbürger!</hi> </p> <p>Ihr selbst seid Zeugen dessen, was sich in der verwichenen Nacht und noch heute am hellen Tage ereignet hat.</p> <p>Damit die Gräuel des Bürgerkrieges sich nicht erneuern, fordern wir Euch auf, Eure Häuser nur im Nothfalle zu verlassen, Eure Angehörigen bei Euch zu behalten und nach 8 Uhr Abends die Straßen der Stadt nicht mehr zu betreten.</p> <p>Düsseldorf, den 10. Mai 1849.</p> <p>Der Oberbürgermeister: Gr. v. <hi rendition="#g">Villers</hi>.</p> <p>Der Gemeinderath:</p> <p>Lacomblet. Bloem I. Cremer. Jakob Stapper. Karl Schwarz. O. van Baerle. Cretschmar Hütten. Trinkaus. Kiederich. J. Stehling. Lorenz Esser. Mathis. Keller. Laurentius. Coninx. Franz Lützeler. L. Lupp. Karl Hilgers. Lorenz Clasen. Dr. Reinartz.</p> <p>7 Uhr. Die Standrechtshunde veröffentlichen noch folgendes Plakat:</p> <p>„Nachdem gestern Volksaufläufe in der hiesigen Stadt stattgefunden, welche unter aufrührerischem Geschrei nicht nur jeder Aufforderung der gesetzlichen Behörde zum Auseinandergehen Trotz entgegensetzten, sondern die zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militärmacht mit Steinwürfen und Schußwaffen angriffen und Barrikaden im Innern der Stadt errichteten, erklären die Unterzeichneten die Sammt-Gemeinde Düsseldorf hierdurch in Belagerungszustand.</p> <p>Es hat zur Unterdrückung des Aufruhrs in hiesiger Stadt die Waffengewalt mit allem Ernste angewendet werden müssen. Zur Erhaltung der augenblicklich wieder hergestellten Ordnung werden nöthigenfalls die strengsten Maßregeln ausgeführt werden. Wir warnen daher ernstlich vor allen weiteren ungesetzlichen, verbrecherischen Handlungen.</p> <p>Die gutgesinnten Einwohner der Stadt mögen Vertrauen fassen, daß die Gewalt der Regierung zu ihrem und der öffentlichen Ordnung Schutz angewendet werden wird, sie mögen aber auch mit Muth und Treue das Gesetz und die öffentliche Ordnung unterstützen und ihrer Bürgerpflicht gemäß einwirken, daß weiteres Unglück vermieden werde.</p> <p>Düsseldorf, den 10. Mai 1849.</p> <p>Der Divisions-Kommandeur. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur <hi rendition="#g">Chlebus</hi>.</p> <gap reason="illegible"/> <p>Der Regierungs-Präsident. In Vertretung: <hi rendition="#g">von Spankeren</hi>.</p> <p>Nachdem der Belagerungszustand über die Sammt-Gemeinde Düsseldorf ausgesprochen und damit die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen ist, verordne ich Folgendes:</p> <p>1) Die gesetzlich bestehenden Behörden bleiben in ihren Funktionen und werden in den von ihnen zu treffenden Maßregeln auf's Kräftigste unterstützt werden.</p> <p>2) Die Vereine zu politischen und sozialen Zwecken dürfen nicht zusammentreten.</p> <p>3) Versammlungen von mehr als zehn Personen bei Tage und von fünf Personen des Abends und bei Nacht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sind untersagt.</p> <p>4) Alle Wirthshäuser sind um 8 Uhr Abends zu schließen.</p> <p>5) Alle Fremden, die über den Zweck ihres hiesigen Aufenthaltes sich nicht genügend bei der Polizeibehörde zu legitimiren vermögen, können ausgewiesen werden.</p> <p>6) Die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungsurkunde werden für die Zeit des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt.</p> <p>7) Die Düsseldorfer Zeitung, das Düsseldorfer Journal und Kreisblatt, die Neue Rheinische Zeitung, die Elberfelder Zeitung dürfen in der Sammt-Gemeinde Düsseldorf nicht ausgegeben werden.</p> <p>8) Keine gedruckte oder geschriebene öffentliche Bekanntmachungen, mit Ausnahme der von öffentlichen Beamten und Behörden in ihrem Ressort ausgebenden, dürfen ohne Genehmigung der Polizeibehörde erlassen werden.</p> <p>9) Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellungen zum Widerstande gegen die gesetzlichen Anordnungen der Behörden anreizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.</p> <p>10) Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird, oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.</p> <p>Düsseldorf, den 10. Mai 1849.</p> <p>Der Kommandeur der 14. Division.</p> <p>In Vertretung:</p> <p>Der General-Major und Brigade-Kommandeur <hi rendition="#g">Chlebus</hi>.“</p> </div> <div xml:id="ar297_006" type="jArticle"> <head>Elberfeld, 11. Mai, 7 1/2 Uhr Morgens.</head> <p>Der gestrige Tag ist ruhig vergangen. Die bewaffneten Zuzüge, welche im Laufe des Tages noch mittelst der Sturmglocken herbeigerufen worden, sind, so gut es ging, untergebracht worden. Auch die Bürgerwehr versah sehr zahlreich den Dienst und hielt sich auf alle Fälle bereit. Gestern hat man fortwährend neue Barrikaden gebaut, deren einige sogar mit Maiblumen und Kränzen verziert sein sollen.</p> <p><hi rendition="#g">Acht Uhr</hi>. So eben verbreitet sich das Gerücht, daß das Militär im Anzuge sei. Die Sturmglocken läuten auf's Neue, die Lärmtrommel schlägt.</p> <p><hi rendition="#g">Eilf Uhr</hi>. Das Gerücht von einer Truppenanziehung hat sich bis jetzt nicht bestätigt.</p> <p>Es ist nachfolgendes Plakat erschienen:</p> <p><hi rendition="#g">Mitbürger!</hi> Um die gesetzliche Ordnung unter dem Banner der Freiheit zu handhaben, haben die Unterzeichneten, da die Behörden unserer Stadt aus ihren Funktionen getreten sind, auf den Wunsch vieler Bürger sich als Sicherheitsausschuß konstituirt. Den Anordnungen desselben, welcher in der Passagierstube des Posthauses für Verwaltungs- und auf dem Rathhause für Militärangelegenheiten seine permanenten Sitzungen hält, hat Jeder unbedingt Folge zu leisten.</p> <p>Elberfeld, den 9. Mai 1849.</p> <p rendition="#et">Dr. Höchster. F. W. Hühnerbein. H. P. Schultze. Riotte. H. Hillmann. Körner. J. Römer. E. Bohnstedt. J. Pothmann. Trost von Louisenthal.</p> <p>Der Gemeinderath genehmigt den Sicherheitsausschuß unter der Bedingung, daß demselben vier Mitglieder aus dem Gemeinderath und ein Mitglied der Bürgerschaft beitrete. Aus dem Gemeinderathe wurden erwählt: die Gemeindeverordneten Karl Hecker, Schlösser, J. F. Blanke und D. Peters; aus der Bürgerschaft Staatsprokurator Heinzmann. Der Gemeinderath weist die Stadtkasse auf die Anweisung ihrer fünf Mitglieder an, die erforderlichen Geldmittel auszuzahlen. Die ganze Bürgerschaft wird dringend ermahnt, sich den Anordnungen des Sicherheitsausschusses unbedingt zu fügen, indem er mit dem mitunterzeichneten Beigeordneten die Stelle des Oberbürgermeisters vertretend, alle ihre Funktionen an den Sicherheitsausschuß überträgt.</p> </div> <div xml:id="ar297_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Elberfeld, 12. Mai.</head> <p>Gestern wurde der im Kampfe gebliebene Offizier der 16er mit allen militärischen Ehren von der revolutionären Landwehr zu Grabe gebracht. Das Volk ist großmüthig. Es führt Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Todten.</p> <p>Ein schöner Zug war es auch, daß verschiedene Landwehrmänner, die geladenen Musketen im Arme, hinaus vor die Stadt zogen, um den geschlagenen Soldaten, die seit einem ganzen Tage nichts gegessen hatten, Brod zu bringen. Die Soldaten nahmen das Dargebotene mit dem wärmsten Dank entgegen, und versprachen, nie mehr auf das Volk zielen zu wollen.</p> <p>Das diese Stimmung allmählig unter den Soldaten um sich greift, beweisen die Kanonen und Musketenkugeln, die mehr auf die Dächer der Häuser als auf die Barrikaden gerichtet wurden.</p> <p>Gestern Abend verhaftete das Volk einen preußischen Artillerie-Offizier, der in Blouse und Bürgerwehrmütze, durch die Straßen schlich, und die Lage der Straßen und der Barrikaden aufzeichnete. Der Sicherheitsausschuß hat beschlossen, dem heranrückenden Militär zu bedeuten, daß dieser Mensch bei der ersten Kugel von Seiten des Militärs erschossen werden wird.</p> <p>Unter den Elberfelder Schützen, welche sich Jahre lang mit Pulver und Blei übten, ist außerdem auch das Uebereinkommen getroffen, daß vor allen Andern, die Offiziere aufs Korn genommen werden.</p> <p>Die in Freiheit gesetzten Arbeiter welche sich seiner Zeit bei dem Demoliren der Fabriken betheiligten, erschossen vor der Thür des Gefängnisses, einen aus ihrer Mitte, von dem erwiesen war, daß er bei den gerichtlichen Verhandlungen den Verräther gespielt hatte.</p> <p>Der Bruder des Minister von der Heydt, der den Insurgenten 3000 Thaler überwies, wird in seinem Hause bewacht. Der Oberbürgermeister von Carnap ist verschwunden.</p> </div> <div xml:id="ar297_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>35</author></bibl> Viersen, 11. Mai.</head> <p>So eben ziehen mehrere Hundert Landwehrmänner von hier nach Düsseldorf und Elberfeld, um dort ihren Brüdern im Kampfe gegen die Hohenzoller'schen Räuberbanden zu helfen. Sämmtliche Leute waren bewaffnet und hatten hinreichend Pulver und Blei.</p> <p>Aus Süchteln, Dahlen und Gladbach sind bereits Landwehrleute zu demselben Zweck abmarschirt.</p> </div> <div xml:id="ar297_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>34</author></bibl> Solingen, 11. Mai.</head> <p>Nachdem bereits seit einigen Tagen nicht unbedeutende Züge von Seiten der Demokraten (namentlich Arbeiter) von hier und der Umgegend zur Unterstützung der Elberfelder abgegangen, wurde gestern Morgen unser Stadtrath durch eine geeignete Demonstration zu dem Beschlusse veranlaßt, einen Theil unserer Bürgerwehr, der durch das Loos bestimmt werden sollte, zu demselben Zwecke aufzubieten. Die Bürgerwehr erschien gleich auf das gegebene Signal sehr zahlreich gegen 10 Uhr Morgens. Das sonderbare Benehmen des Chefs der Bürgerwehr, der nach Gräfrath eilte, um seine Demission als Landwehr-Lieutenant einzureichen, machte indeß eine zweite Sammlung der Bürgerwehr erst gegen 2 Uhr Nachmittags möglich. Jetzt weiß aber plötzlich weder der Stadtrath noch der Chef der Bürgerwehr, was sie mit der wohlbewaffneten Mannschaft beginnen sollen. Nachdem jedoch noch ein Zug Freiwilliger abgegangen, läßt sich die Bürgerweh endlich nicht mehr halten und bricht auf. Der tapfere Chef bleibt jedoch zurück und mit ihm noch ein paar der reaktionärsten Gardisten. Es wurde nun beschlossen, das Zeughaus in Gräfrath zu stürmen. Der Zug Freiwilliger wurde bald eingeholt, und mit ihm zog man in Gräfrath ein. Dort hatte sich der Major mit Mannschaft jedoch schon entfernt (nur ein Rittmeister war noch da), und mit der größten Ordnung wurde das Zeughaus darauf geräumt. <hi rendition="#g">Ein Theil der Gewehre wurde schon gestern Abend unter die Nichtbewaffneten vertheilt und heute soll damit fortgefahren werden</hi>. — Unser Stadtrath hat eine Deputation nach Elberfeld gesandt, um zu erfahren, ob Hülfe erforderlich sei. Sobald dieser Fall eintreten wird, soll die Bürgerwehr zu diesem Zwecke offiziell aufgeboten werden. Es ist ungemein ergötzlich, unsere alten Rathsherren endlich so revolutionär auftreten zu sehen.</p> </div> <div xml:id="ar297_010" type="jArticle"> <head>Krefeld, 9. Mai.</head> <p>Aus dem Protokoll der heutigen, außerordentlichen Gemeinderathssitzung theile ich Folgendes mit:</p> <p>Nach Eröffnung der Sitzung machte der Vorsitzende Mittheilung von einer ihm gewordenen Eingabe, wodurch er ersucht worden, einen einstimmig gefaßten Beschluß der gestern bei Rump versammelt gewesenen Wehrmänner der Gemeinde Krefeld, so wie der Deputationen der Wehrmänner aus den Gemeinden Uerdingen, St. Tönis, Kempen, Mülhausen, Greefrath, St. Hubert, Hüls, Willich, Anrath und Lank dahin lautend:</p> <p rendition="#et">„Die Landwehr und Reserve tritt nicht auf die geschehene Aufforderung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel ein, weil sie nach dem Gesetze von 1814 und 1815 erst dann einzutreten braucht, wenn eine Gefahr für's Vaterland in der Wirklichkeit vorhanden ist, auch erst wissen will, gegen welchen Feind sie die Waffen ergreifen soll“</p> <p>dem Gemeinderath zu notifiziren und denselben dringendst zu veranlassen, die k. Regierung von der Stimmung der hiesigen Landwehr in Kenntniß zu setzen und bei der betreffenden Behörde diejenigen Schritte einzuleiten, die zur Verhütung von Unglück nothwendig seien, namentlich zu verhindern, daß etwa Militär in die Stadt rücke, die einberufenen und nicht willigen Wehrmänner gewaltsam zu holen.</p> </div> <div xml:id="ar297_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>101</author></bibl> Siegburg, 11. Mai.</head> <p>Heute Morgen ist auch hier das Zeughaus von Landwehrmännern genommen und geleert worden, circa 500 Gewehre, Säbel Pistolen etc. waren eben in den Händen des Volkes als Dragoner von Bonn heransprengten. Das Volk zog sich in den nahe liegenden Busch zurück, lud die Gewehre und forderte die Dragoner auf heran zukommen. Hiezu mangelte meinem „herrlichem Kriegsheere“ die Lust und es zog sich alsbald zurück. Ob noch Verstärkung hinzu kömmt wollen wir abwarten. Zum Empfange sind wir bereit.</p> </div> <div xml:id="ar297_012" type="jArticle"> <head>Koblenz, 9. Mai.</head> <p>In einer heute dahier auf Veranlassung des neu gebildeten demokratischen Klubs veranstalteten Volksversammlung, welcher ein sehr bedeutender Theil der hiesigen Bürgerschaft beiwohnte, wurde folgende, die Beschlüsse der zu Köln versammelt gewesenen Mitglieder der Gemeinderäthe der Rheinprovinz ergänzende Erklärung einstimmig angenommen:</p> <p rendition="#et">Die Bürger von Koblenz,</p> <p>sich anschließend an die durch die Versammlung der Gemeinderäthe in Köln gefaßten Beschlüsse und in Erwägung:</p> <p rendition="#et">daß eine Verbindung der Fürsten zur Vernichtung der errungenen Volksfreiheiten täglich klarer hervortritt;<lb/> daß das Ministerium Gagern bloß im Interesse der Fürsten gehandelt und die Sache des Volkes verlassen hat, überhaupt seine Zweideutigkeit und Unfähigkeit zur Leitung der Angelegenheiten Deutschlands stets mehr darthut;<lb/> daß in Gefolge dessen die Reaktion bereits bewaffnet zur Unterdrückung der einzelnen deutschen Stämme und des ganzen deutschen Volkes vorschreitet,</p> <p>erklären hiermit Folgendes:</p> <p>1) Das Vaterland ist in Gefahr, und es ist Pflicht jeden Bürgers, sich auf alle Eventualitäten gefaßt zu machen.</p> <p>2) Wir nehmen die deutschen Grundrechte und Reichsverfassung, mit Ausschluß des mit der Volksfreiheit unvereinbaren und durch die Weigerung des erwählten Königs von Preußen unmöglich gewordenen Erbkaiserthums, als das geringste Maß der dem deutschen Volke zustehenden Freiheiten an und werden dieselben durch alle in unseren Kräften stehende Mittel vertheidigen.</p> <p>3) Wir fordern die deutsche Reichsversammlung auf, schleunigst die kräftigsten Maßregeln zu treffen und den Widerstand der Regierungen gegen die Durchführung dieser Volksrechte zu brechen.</p> <p>4) Wir fordern sie insbesondere auf, die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands direkt zur Erreichung dieses Zweckes anzurufen und zu verwenden.</p> <p>5) Wir erachten die Landwehr und sonstige bewaffnete Macht berechtigt und verpflichtet, jede Mitwirkung zur Unterdrückung dieser Volksfreiheiten abzuweisen und zur Aufrechthaltung derselben sich überall zu versammeln und einzustehen.</p> <p>6) Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die Rheinprovinz nur mit einer Regierung, welche diese Grundsätze anerkennt, verbunden bleiben und gegen jede andere als eine ihr aufgedrungene stets ankämpfen wird.</p> <bibl>(Rh.-und M.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar297_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Hagen, 11. Mai.</head> <p>Auch hier schlägt sich die Landwehr auf die Seite des Volkes. Von den aus allen benachbarten Distrikten zusammengezogenen Kompagnieen, war nur eine einzige, nämlich die Schwelmer Kompagnie, von dem schönen edlen Geiste „Meines herrlichen Kriegsheeres,“ beseelt und faßte den Entschluß, sich nöthigenfalls für die geliebten Landesväter abschlachten zu lassen. Der betreffende Major soll sich natürlich über diese heroische Gesinnung der 7ten Kompagnie bei den Behörden sehr lobend ausgedrückt haben und es steht nun zu erwarten, daß nächstens jeder Landwehrmann in Schwelm mit einem Adlerorden behängt wird.</p> <p>Außer dieser Schwelmer Kompagnie wird die Landwehr der ganzen Gegend im entscheidenden Augenblick die Waffen gegen das Königthum erheben.</p> </div> <div xml:id="ar297_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Iserlohn, 11. Mai.</head> <p>Die hiesige Landwehr ist determinirt, sich nicht einkleiden zu lassen und wird Gewalt mit Gewalt erwidern. Auf einen allenfallsigen Angriff des Militärs ist man gerüstet.</p> </div> <div xml:id="ar297_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>074</author></bibl> Bielefeld, 9. Mai.</head> <p>„Mein herrliches Kriegsheer“ ist hier wie überall dasselbe lungrige, arrogant-bornirte Geschmeiß, in dessen eingefrornen Dünkel die Stockdressur das Höchste ist, was ein Mensch leisten kann.</p> <p>Einem dieser Individuen, die „so kerzengerade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, mit dem man sie einst geprügelt“, den Landwehrmajor Gliczynski, zogen heute Morgen 12 Uhr circa 150 Mann Landwehrleute vor das Haus und verlangten sofortige Freilassung eines vor einer halben Stunde eingekerkerten Kameraden.</p> <p>Das Verbrechen dieses Mannes bestand darin, daß man ihm eine zu lange Hose gegeben hatt, die er im Gehen unter die Füße trat und beschmutzte; der Major stellte ihn darüber zur Rede, der Landwehrmann antwortete und erhielt für diese Respektwidrigkeit drei Tage Arrest. Als aber am Mittag die 150 Mann erschienen, und die Befreiung ihres Kameraden unter Androhung von Gewalt verlangte, fand der edle Major es für passend, von seiner Disziplinar-Courage abzulassen, und den Verhafteten in Freiheit zu setzen. Einige unserer braven Bourgeois sahen dem Zug mit sehr verstörtem Gesichte zu.</p> <p>Morgen werden die übrigen Landwehrleute eingekleidet; wahrscheinlich wird es hier ebenso gehen, wie in Elberfeld.</p> </div> <div xml:id="ar297_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>230</author></bibl> Berlin, 10. Mai.</head> <p>Heute früh hat das Ministerium wieder eine Kundmachung mit der Nachricht von der gänzlichen Einnahme Dresdens erscheinen lassen. Sie meint darin höchst naiv: „die provisorische Regierung und die Anführer des Aufstandes sind entlaufen.“ Vielleicht verlangt sie, daß diese Männer sich ruhig sollten erschießen lassen? Oder mit den Bajonetten ihres herrlichen Kriegsheeres nähere Bekanntschaft machen? Erinnert man sich in gewissen Kreisen nicht mehr an die geheime Mission Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen?</p> <p>In Schlesien soll es unter dem Landvolke über die Auflösung der 2. Kammer sehr unruhig aussehen. Es sind besonders die Laudemien und andere bäuerliche Lasten, deren Aufhebung von der frühern Nationalversammlung und nun von der 2. Kammer man gehofft hatte. Auch in der Lausitz herrscht eine so sichtliche Aufregung, daß die Behörden selbst einen offenen Ausbruch befürchten.</p> <p>Die Regierung wird sich wahrscheinlich sehr viel zu Gute thun auf die rasche Einkleidung der Landwehr und die Folgsamkeit der Wehrmänner. Es ist das nicht so schlimm. Größtentheils traten sie ein aus Noth und lassen Gesinnungen hören, welche ihren Offizieren nicht sehr angenehm sein werden. So versammelten sich 3-4000 Männer der Garde-Landwehr in der Kürassirkaserne, von denen 2-300 ausgehoben werden sollten. Kein Offizier war zugegen. In der aufgeregten Menge dieser kräftigen Männer ertönten laute Lebehochs auf Bem, Dembinski, Kossuth u. s. w.</p> <p>Bei ihrem Abzuge auf dem Bahnhofe sang die Garde-Landwehr „Was ist des Deutschen Vaterland,“ und erklärten Jeden, der auf das Volk schieße, für einen Hundsfott.</p> <p>Dem komischen Reichs-Marinerath und Industrieritter Jordan ist in Kiel bei seiner Inspektion ein altes Badeschiff als ein Kanonenboot präsentirt worden, und er hat dasselbe auch ruhigen Gemüths, im Namen der deutschen Centralgewalt, in Besitz genommen.</p> <p>Die Börse, welche gestern in Folge der Erklärung des Belagerungszustandes in Breslau sehr fest war, konnte diese Haltung trotz des Sieges ihrer Partei in Dresden nicht behaupten und war heute sehr flau.</p> <p>Der „liberale“ Herr Harrossewitz, einst Vereinbarer, hat den Beamten des Kriminalgerichts besonders eingeschärft, dem Redakteur </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1686/0002]
lichen Greuelscenen, wie in Breslau, Dresden, Erfurt etc., aufzuführen. Hoffentlich wird's diesmal anders gehen.
Der Artillerie-Park von Wesel wied nach Elberfeld aufbrechen. Zum Angriffstage soll der nächste Montag bestimmt sein.
Wir können diese Nachrichten nicht verbürgen. Wie aber auch die Pläne der Contrerevolution sein mögen, Elberfeld wird einen Kampf zu bestehen haben, in dem es sich um das Vaterland wahrhaft verdient machen kann.
137 Düsseldorf, 11 Mai. Seit gestern Morgen herrschen alle Kroatenbestialitäten in unserer Stadt. „Mein herrliches Kriegsheer“ schießt in Kasernen und Häusern versteckt friedliche über die Straßen gehende Bürger zusammen. Ich finde keine Sprache, die feigen Meuchelmorde zu schildern, die von diesen elenden Schergen der Manteuffel'schen Blutherrschaft verübt worden sind! Es sind eine Unzahl von Todten und Verwundeten, darunter Greise, Frauen, und die Meisten haben ihre Wunden von den preußischen Buschkleppern in den Rücken erhalten! Aus dem Rathhause, wo über 100 Mann Soldaten postirt waren, sind eine Menge Schüsse auf ruhig vorübergehende Menschen gefallen. Selbst auf jene Männer, welche die Verwundeten und Todten vom Platze schaffen wollten, schossen diese würdigen Knechte des Hohenzoller'schen Raubritterhauses.
So eben erfahre ich noch von sehr ehrenhaften Bürgern, daß ein Herr Lieutenant Bessel, der sich schon bei dem frühern Belagerungszustande mit einer schamlosen Frechheit und Junkernrohheit benahm, eigenhändig aus dem Rathhause vier Menschen erschoß, welche ruhig vorüber gingen. Die Zahl der Todten und Verwundeten schlägt man bis jetzt auf 60 bis 70 an!
Düsseldorf, 10. Mai. Nachmittags 6 Uhr. Der Gemeinderath veröffentlicht folgendes Plakat:
Mitbürger!
Ihr selbst seid Zeugen dessen, was sich in der verwichenen Nacht und noch heute am hellen Tage ereignet hat.
Damit die Gräuel des Bürgerkrieges sich nicht erneuern, fordern wir Euch auf, Eure Häuser nur im Nothfalle zu verlassen, Eure Angehörigen bei Euch zu behalten und nach 8 Uhr Abends die Straßen der Stadt nicht mehr zu betreten.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Oberbürgermeister: Gr. v. Villers.
Der Gemeinderath:
Lacomblet. Bloem I. Cremer. Jakob Stapper. Karl Schwarz. O. van Baerle. Cretschmar Hütten. Trinkaus. Kiederich. J. Stehling. Lorenz Esser. Mathis. Keller. Laurentius. Coninx. Franz Lützeler. L. Lupp. Karl Hilgers. Lorenz Clasen. Dr. Reinartz.
7 Uhr. Die Standrechtshunde veröffentlichen noch folgendes Plakat:
„Nachdem gestern Volksaufläufe in der hiesigen Stadt stattgefunden, welche unter aufrührerischem Geschrei nicht nur jeder Aufforderung der gesetzlichen Behörde zum Auseinandergehen Trotz entgegensetzten, sondern die zur Unterstützung der Polizei herbeigerufene Militärmacht mit Steinwürfen und Schußwaffen angriffen und Barrikaden im Innern der Stadt errichteten, erklären die Unterzeichneten die Sammt-Gemeinde Düsseldorf hierdurch in Belagerungszustand.
Es hat zur Unterdrückung des Aufruhrs in hiesiger Stadt die Waffengewalt mit allem Ernste angewendet werden müssen. Zur Erhaltung der augenblicklich wieder hergestellten Ordnung werden nöthigenfalls die strengsten Maßregeln ausgeführt werden. Wir warnen daher ernstlich vor allen weiteren ungesetzlichen, verbrecherischen Handlungen.
Die gutgesinnten Einwohner der Stadt mögen Vertrauen fassen, daß die Gewalt der Regierung zu ihrem und der öffentlichen Ordnung Schutz angewendet werden wird, sie mögen aber auch mit Muth und Treue das Gesetz und die öffentliche Ordnung unterstützen und ihrer Bürgerpflicht gemäß einwirken, daß weiteres Unglück vermieden werde.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Divisions-Kommandeur. In Vertretung: Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus.
_ Der Regierungs-Präsident. In Vertretung: von Spankeren.
Nachdem der Belagerungszustand über die Sammt-Gemeinde Düsseldorf ausgesprochen und damit die oberste Gewalt an die Militärbehörde übergegangen ist, verordne ich Folgendes:
1) Die gesetzlich bestehenden Behörden bleiben in ihren Funktionen und werden in den von ihnen zu treffenden Maßregeln auf's Kräftigste unterstützt werden.
2) Die Vereine zu politischen und sozialen Zwecken dürfen nicht zusammentreten.
3) Versammlungen von mehr als zehn Personen bei Tage und von fünf Personen des Abends und bei Nacht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen sind untersagt.
4) Alle Wirthshäuser sind um 8 Uhr Abends zu schließen.
5) Alle Fremden, die über den Zweck ihres hiesigen Aufenthaltes sich nicht genügend bei der Polizeibehörde zu legitimiren vermögen, können ausgewiesen werden.
6) Die Artikel 5, 6, 7, 24, 25, 26, 27 und 28 der Verfassungsurkunde werden für die Zeit des Belagerungszustandes außer Kraft gesetzt.
7) Die Düsseldorfer Zeitung, das Düsseldorfer Journal und Kreisblatt, die Neue Rheinische Zeitung, die Elberfelder Zeitung dürfen in der Sammt-Gemeinde Düsseldorf nicht ausgegeben werden.
8) Keine gedruckte oder geschriebene öffentliche Bekanntmachungen, mit Ausnahme der von öffentlichen Beamten und Behörden in ihrem Ressort ausgebenden, dürfen ohne Genehmigung der Polizeibehörde erlassen werden.
9) Wer durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellungen zum Widerstande gegen die gesetzlichen Anordnungen der Behörden anreizt, soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden.
10) Wer in offenem oder bewaffnetem Widerstande gegen die Maßregeln der gesetzlichen Behörden betroffen wird, oder den Truppen durch eine verrätherische Handlung Gefahr oder Nachtheil bereitet, soll im Wege des Standrechts sofort erschossen werden.
Düsseldorf, den 10. Mai 1849.
Der Kommandeur der 14. Division.
In Vertretung:
Der General-Major und Brigade-Kommandeur Chlebus.“
Elberfeld, 11. Mai, 7 1/2 Uhr Morgens. Der gestrige Tag ist ruhig vergangen. Die bewaffneten Zuzüge, welche im Laufe des Tages noch mittelst der Sturmglocken herbeigerufen worden, sind, so gut es ging, untergebracht worden. Auch die Bürgerwehr versah sehr zahlreich den Dienst und hielt sich auf alle Fälle bereit. Gestern hat man fortwährend neue Barrikaden gebaut, deren einige sogar mit Maiblumen und Kränzen verziert sein sollen.
Acht Uhr. So eben verbreitet sich das Gerücht, daß das Militär im Anzuge sei. Die Sturmglocken läuten auf's Neue, die Lärmtrommel schlägt.
Eilf Uhr. Das Gerücht von einer Truppenanziehung hat sich bis jetzt nicht bestätigt.
Es ist nachfolgendes Plakat erschienen:
Mitbürger! Um die gesetzliche Ordnung unter dem Banner der Freiheit zu handhaben, haben die Unterzeichneten, da die Behörden unserer Stadt aus ihren Funktionen getreten sind, auf den Wunsch vieler Bürger sich als Sicherheitsausschuß konstituirt. Den Anordnungen desselben, welcher in der Passagierstube des Posthauses für Verwaltungs- und auf dem Rathhause für Militärangelegenheiten seine permanenten Sitzungen hält, hat Jeder unbedingt Folge zu leisten.
Elberfeld, den 9. Mai 1849.
Dr. Höchster. F. W. Hühnerbein. H. P. Schultze. Riotte. H. Hillmann. Körner. J. Römer. E. Bohnstedt. J. Pothmann. Trost von Louisenthal.
Der Gemeinderath genehmigt den Sicherheitsausschuß unter der Bedingung, daß demselben vier Mitglieder aus dem Gemeinderath und ein Mitglied der Bürgerschaft beitrete. Aus dem Gemeinderathe wurden erwählt: die Gemeindeverordneten Karl Hecker, Schlösser, J. F. Blanke und D. Peters; aus der Bürgerschaft Staatsprokurator Heinzmann. Der Gemeinderath weist die Stadtkasse auf die Anweisung ihrer fünf Mitglieder an, die erforderlichen Geldmittel auszuzahlen. Die ganze Bürgerschaft wird dringend ermahnt, sich den Anordnungen des Sicherheitsausschusses unbedingt zu fügen, indem er mit dem mitunterzeichneten Beigeordneten die Stelle des Oberbürgermeisters vertretend, alle ihre Funktionen an den Sicherheitsausschuß überträgt.
61 Elberfeld, 12. Mai. Gestern wurde der im Kampfe gebliebene Offizier der 16er mit allen militärischen Ehren von der revolutionären Landwehr zu Grabe gebracht. Das Volk ist großmüthig. Es führt Krieg gegen die Lebenden, nicht gegen die Todten.
Ein schöner Zug war es auch, daß verschiedene Landwehrmänner, die geladenen Musketen im Arme, hinaus vor die Stadt zogen, um den geschlagenen Soldaten, die seit einem ganzen Tage nichts gegessen hatten, Brod zu bringen. Die Soldaten nahmen das Dargebotene mit dem wärmsten Dank entgegen, und versprachen, nie mehr auf das Volk zielen zu wollen.
Das diese Stimmung allmählig unter den Soldaten um sich greift, beweisen die Kanonen und Musketenkugeln, die mehr auf die Dächer der Häuser als auf die Barrikaden gerichtet wurden.
Gestern Abend verhaftete das Volk einen preußischen Artillerie-Offizier, der in Blouse und Bürgerwehrmütze, durch die Straßen schlich, und die Lage der Straßen und der Barrikaden aufzeichnete. Der Sicherheitsausschuß hat beschlossen, dem heranrückenden Militär zu bedeuten, daß dieser Mensch bei der ersten Kugel von Seiten des Militärs erschossen werden wird.
Unter den Elberfelder Schützen, welche sich Jahre lang mit Pulver und Blei übten, ist außerdem auch das Uebereinkommen getroffen, daß vor allen Andern, die Offiziere aufs Korn genommen werden.
Die in Freiheit gesetzten Arbeiter welche sich seiner Zeit bei dem Demoliren der Fabriken betheiligten, erschossen vor der Thür des Gefängnisses, einen aus ihrer Mitte, von dem erwiesen war, daß er bei den gerichtlichen Verhandlungen den Verräther gespielt hatte.
Der Bruder des Minister von der Heydt, der den Insurgenten 3000 Thaler überwies, wird in seinem Hause bewacht. Der Oberbürgermeister von Carnap ist verschwunden.
35 Viersen, 11. Mai. So eben ziehen mehrere Hundert Landwehrmänner von hier nach Düsseldorf und Elberfeld, um dort ihren Brüdern im Kampfe gegen die Hohenzoller'schen Räuberbanden zu helfen. Sämmtliche Leute waren bewaffnet und hatten hinreichend Pulver und Blei.
Aus Süchteln, Dahlen und Gladbach sind bereits Landwehrleute zu demselben Zweck abmarschirt.
34 Solingen, 11. Mai. Nachdem bereits seit einigen Tagen nicht unbedeutende Züge von Seiten der Demokraten (namentlich Arbeiter) von hier und der Umgegend zur Unterstützung der Elberfelder abgegangen, wurde gestern Morgen unser Stadtrath durch eine geeignete Demonstration zu dem Beschlusse veranlaßt, einen Theil unserer Bürgerwehr, der durch das Loos bestimmt werden sollte, zu demselben Zwecke aufzubieten. Die Bürgerwehr erschien gleich auf das gegebene Signal sehr zahlreich gegen 10 Uhr Morgens. Das sonderbare Benehmen des Chefs der Bürgerwehr, der nach Gräfrath eilte, um seine Demission als Landwehr-Lieutenant einzureichen, machte indeß eine zweite Sammlung der Bürgerwehr erst gegen 2 Uhr Nachmittags möglich. Jetzt weiß aber plötzlich weder der Stadtrath noch der Chef der Bürgerwehr, was sie mit der wohlbewaffneten Mannschaft beginnen sollen. Nachdem jedoch noch ein Zug Freiwilliger abgegangen, läßt sich die Bürgerweh endlich nicht mehr halten und bricht auf. Der tapfere Chef bleibt jedoch zurück und mit ihm noch ein paar der reaktionärsten Gardisten. Es wurde nun beschlossen, das Zeughaus in Gräfrath zu stürmen. Der Zug Freiwilliger wurde bald eingeholt, und mit ihm zog man in Gräfrath ein. Dort hatte sich der Major mit Mannschaft jedoch schon entfernt (nur ein Rittmeister war noch da), und mit der größten Ordnung wurde das Zeughaus darauf geräumt. Ein Theil der Gewehre wurde schon gestern Abend unter die Nichtbewaffneten vertheilt und heute soll damit fortgefahren werden. — Unser Stadtrath hat eine Deputation nach Elberfeld gesandt, um zu erfahren, ob Hülfe erforderlich sei. Sobald dieser Fall eintreten wird, soll die Bürgerwehr zu diesem Zwecke offiziell aufgeboten werden. Es ist ungemein ergötzlich, unsere alten Rathsherren endlich so revolutionär auftreten zu sehen.
Krefeld, 9. Mai. Aus dem Protokoll der heutigen, außerordentlichen Gemeinderathssitzung theile ich Folgendes mit:
Nach Eröffnung der Sitzung machte der Vorsitzende Mittheilung von einer ihm gewordenen Eingabe, wodurch er ersucht worden, einen einstimmig gefaßten Beschluß der gestern bei Rump versammelt gewesenen Wehrmänner der Gemeinde Krefeld, so wie der Deputationen der Wehrmänner aus den Gemeinden Uerdingen, St. Tönis, Kempen, Mülhausen, Greefrath, St. Hubert, Hüls, Willich, Anrath und Lank dahin lautend:
„Die Landwehr und Reserve tritt nicht auf die geschehene Aufforderung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel ein, weil sie nach dem Gesetze von 1814 und 1815 erst dann einzutreten braucht, wenn eine Gefahr für's Vaterland in der Wirklichkeit vorhanden ist, auch erst wissen will, gegen welchen Feind sie die Waffen ergreifen soll“
dem Gemeinderath zu notifiziren und denselben dringendst zu veranlassen, die k. Regierung von der Stimmung der hiesigen Landwehr in Kenntniß zu setzen und bei der betreffenden Behörde diejenigen Schritte einzuleiten, die zur Verhütung von Unglück nothwendig seien, namentlich zu verhindern, daß etwa Militär in die Stadt rücke, die einberufenen und nicht willigen Wehrmänner gewaltsam zu holen.
101 Siegburg, 11. Mai. Heute Morgen ist auch hier das Zeughaus von Landwehrmännern genommen und geleert worden, circa 500 Gewehre, Säbel Pistolen etc. waren eben in den Händen des Volkes als Dragoner von Bonn heransprengten. Das Volk zog sich in den nahe liegenden Busch zurück, lud die Gewehre und forderte die Dragoner auf heran zukommen. Hiezu mangelte meinem „herrlichem Kriegsheere“ die Lust und es zog sich alsbald zurück. Ob noch Verstärkung hinzu kömmt wollen wir abwarten. Zum Empfange sind wir bereit.
Koblenz, 9. Mai. In einer heute dahier auf Veranlassung des neu gebildeten demokratischen Klubs veranstalteten Volksversammlung, welcher ein sehr bedeutender Theil der hiesigen Bürgerschaft beiwohnte, wurde folgende, die Beschlüsse der zu Köln versammelt gewesenen Mitglieder der Gemeinderäthe der Rheinprovinz ergänzende Erklärung einstimmig angenommen:
Die Bürger von Koblenz,
sich anschließend an die durch die Versammlung der Gemeinderäthe in Köln gefaßten Beschlüsse und in Erwägung:
daß eine Verbindung der Fürsten zur Vernichtung der errungenen Volksfreiheiten täglich klarer hervortritt;
daß das Ministerium Gagern bloß im Interesse der Fürsten gehandelt und die Sache des Volkes verlassen hat, überhaupt seine Zweideutigkeit und Unfähigkeit zur Leitung der Angelegenheiten Deutschlands stets mehr darthut;
daß in Gefolge dessen die Reaktion bereits bewaffnet zur Unterdrückung der einzelnen deutschen Stämme und des ganzen deutschen Volkes vorschreitet,
erklären hiermit Folgendes:
1) Das Vaterland ist in Gefahr, und es ist Pflicht jeden Bürgers, sich auf alle Eventualitäten gefaßt zu machen.
2) Wir nehmen die deutschen Grundrechte und Reichsverfassung, mit Ausschluß des mit der Volksfreiheit unvereinbaren und durch die Weigerung des erwählten Königs von Preußen unmöglich gewordenen Erbkaiserthums, als das geringste Maß der dem deutschen Volke zustehenden Freiheiten an und werden dieselben durch alle in unseren Kräften stehende Mittel vertheidigen.
3) Wir fordern die deutsche Reichsversammlung auf, schleunigst die kräftigsten Maßregeln zu treffen und den Widerstand der Regierungen gegen die Durchführung dieser Volksrechte zu brechen.
4) Wir fordern sie insbesondere auf, die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands direkt zur Erreichung dieses Zweckes anzurufen und zu verwenden.
5) Wir erachten die Landwehr und sonstige bewaffnete Macht berechtigt und verpflichtet, jede Mitwirkung zur Unterdrückung dieser Volksfreiheiten abzuweisen und zur Aufrechthaltung derselben sich überall zu versammeln und einzustehen.
6) Wir sprechen die Ueberzeugung aus, daß die Rheinprovinz nur mit einer Regierung, welche diese Grundsätze anerkennt, verbunden bleiben und gegen jede andere als eine ihr aufgedrungene stets ankämpfen wird.
(Rh.-und M.-Z.) 14 Hagen, 11. Mai. Auch hier schlägt sich die Landwehr auf die Seite des Volkes. Von den aus allen benachbarten Distrikten zusammengezogenen Kompagnieen, war nur eine einzige, nämlich die Schwelmer Kompagnie, von dem schönen edlen Geiste „Meines herrlichen Kriegsheeres,“ beseelt und faßte den Entschluß, sich nöthigenfalls für die geliebten Landesväter abschlachten zu lassen. Der betreffende Major soll sich natürlich über diese heroische Gesinnung der 7ten Kompagnie bei den Behörden sehr lobend ausgedrückt haben und es steht nun zu erwarten, daß nächstens jeder Landwehrmann in Schwelm mit einem Adlerorden behängt wird.
Außer dieser Schwelmer Kompagnie wird die Landwehr der ganzen Gegend im entscheidenden Augenblick die Waffen gegen das Königthum erheben.
15 Iserlohn, 11. Mai. Die hiesige Landwehr ist determinirt, sich nicht einkleiden zu lassen und wird Gewalt mit Gewalt erwidern. Auf einen allenfallsigen Angriff des Militärs ist man gerüstet.
074 Bielefeld, 9. Mai. „Mein herrliches Kriegsheer“ ist hier wie überall dasselbe lungrige, arrogant-bornirte Geschmeiß, in dessen eingefrornen Dünkel die Stockdressur das Höchste ist, was ein Mensch leisten kann.
Einem dieser Individuen, die „so kerzengerade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, mit dem man sie einst geprügelt“, den Landwehrmajor Gliczynski, zogen heute Morgen 12 Uhr circa 150 Mann Landwehrleute vor das Haus und verlangten sofortige Freilassung eines vor einer halben Stunde eingekerkerten Kameraden.
Das Verbrechen dieses Mannes bestand darin, daß man ihm eine zu lange Hose gegeben hatt, die er im Gehen unter die Füße trat und beschmutzte; der Major stellte ihn darüber zur Rede, der Landwehrmann antwortete und erhielt für diese Respektwidrigkeit drei Tage Arrest. Als aber am Mittag die 150 Mann erschienen, und die Befreiung ihres Kameraden unter Androhung von Gewalt verlangte, fand der edle Major es für passend, von seiner Disziplinar-Courage abzulassen, und den Verhafteten in Freiheit zu setzen. Einige unserer braven Bourgeois sahen dem Zug mit sehr verstörtem Gesichte zu.
Morgen werden die übrigen Landwehrleute eingekleidet; wahrscheinlich wird es hier ebenso gehen, wie in Elberfeld.
230 Berlin, 10. Mai. Heute früh hat das Ministerium wieder eine Kundmachung mit der Nachricht von der gänzlichen Einnahme Dresdens erscheinen lassen. Sie meint darin höchst naiv: „die provisorische Regierung und die Anführer des Aufstandes sind entlaufen.“ Vielleicht verlangt sie, daß diese Männer sich ruhig sollten erschießen lassen? Oder mit den Bajonetten ihres herrlichen Kriegsheeres nähere Bekanntschaft machen? Erinnert man sich in gewissen Kreisen nicht mehr an die geheime Mission Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen?
In Schlesien soll es unter dem Landvolke über die Auflösung der 2. Kammer sehr unruhig aussehen. Es sind besonders die Laudemien und andere bäuerliche Lasten, deren Aufhebung von der frühern Nationalversammlung und nun von der 2. Kammer man gehofft hatte. Auch in der Lausitz herrscht eine so sichtliche Aufregung, daß die Behörden selbst einen offenen Ausbruch befürchten.
Die Regierung wird sich wahrscheinlich sehr viel zu Gute thun auf die rasche Einkleidung der Landwehr und die Folgsamkeit der Wehrmänner. Es ist das nicht so schlimm. Größtentheils traten sie ein aus Noth und lassen Gesinnungen hören, welche ihren Offizieren nicht sehr angenehm sein werden. So versammelten sich 3-4000 Männer der Garde-Landwehr in der Kürassirkaserne, von denen 2-300 ausgehoben werden sollten. Kein Offizier war zugegen. In der aufgeregten Menge dieser kräftigen Männer ertönten laute Lebehochs auf Bem, Dembinski, Kossuth u. s. w.
Bei ihrem Abzuge auf dem Bahnhofe sang die Garde-Landwehr „Was ist des Deutschen Vaterland,“ und erklärten Jeden, der auf das Volk schieße, für einen Hundsfott.
Dem komischen Reichs-Marinerath und Industrieritter Jordan ist in Kiel bei seiner Inspektion ein altes Badeschiff als ein Kanonenboot präsentirt worden, und er hat dasselbe auch ruhigen Gemüths, im Namen der deutschen Centralgewalt, in Besitz genommen.
Die Börse, welche gestern in Folge der Erklärung des Belagerungszustandes in Breslau sehr fest war, konnte diese Haltung trotz des Sieges ihrer Partei in Dresden nicht behaupten und war heute sehr flau.
Der „liberale“ Herr Harrossewitz, einst Vereinbarer, hat den Beamten des Kriminalgerichts besonders eingeschärft, dem Redakteur
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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