Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

ihnen ausfließt, ist stets 3-4° über den Eispunkt er-
wärmt, behält auch diese Temperatur auf dem Boden der
Flüsse, so daß selbst in unsern kältesten Wintern, Ströme
und große Bäche selten bis zum Boden ausfrieren.

Im Meere hingegen, wo das Wasser sehr viel Salz
aufgelöst enthält, tritt, nach Marcets Versuchen, diese
Abweichung nicht ein. Das salzige Meerwasser ist bei
+ 4°,1 nicht am dichtesten, und hat keinen entsprechenden
dichteren Punkt, sondern es zieht sich beständig zusammen,
bis es gefriert, und auch dann erstarrt nur das Wasser,
das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Wasser eine
um so mehr concentrirte und schwerere Flüssigkeit; daher
auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Wassers
zu Eis gefrieren kann. -

Am Nordpol fanden Scorresby & Parry die Temperatur
des Wassers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem
Eise 11/2°, bei einer Tiefe von 1200' dagegen +
11/2 bis 2°; diese Erscheinung ist aber eine Folge des
Golfstroms, der sich bis ans Nordcap erstreckt, wo er der
Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen scheint
die Kälte der untern Wasserschichten auch von Strömungen herzurühren,
da diese oberhalb das warme [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]vom Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen.

ihnen ausfließt, iſt ſtets 3–4° über den Eispunkt er-
wärmt, behält auch dieſe Temperatur auf dem Boden der
Flüſſe, ſo daß ſelbſt in unſern kälteſten Wintern, Ströme
und große Bäche ſelten bis zum Boden ausfrieren.

Im Meere hingegen, wo das Waſſer ſehr viel Salz
aufgelöſt enthält, tritt, nach Marcets Verſuchen, dieſe
Abweichung nicht ein. Das ſalzige Meerwaſſer iſt bei
+ 4°,1 nicht am dichteſten, und hat keinen entſprechenden
dichteren Punkt, ſondern es zieht ſich beſtändig zuſammen,
bis es gefriert, und auch dann erſtarrt nur das Waſſer,
das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Waſſer eine
um ſo mehr concentrirte und ſchwerere Flüſſigkeit; daher
auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Waſſers
zu Eis gefrieren kann. –

Am Nordpol fanden Scorresby & Parry die Temperatur
des Waſſers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem
Eiſe −1½°, bei einer Tiefe von 1200′ dagegen +
1½ bis 2°; dieſe Erſcheinung iſt aber eine Folge des
Golfſtroms, der ſich bis ans Nordcap erſtreckt, wo er der
Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen ſcheint
die Kälte der untern Waſſerſchichten auch von Strömungen herzurühren,
da dieſe oberhalb das warme 🜄 [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]vom Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="42">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0352" n="346."/>
ihnen ausfließt, i&#x017F;t &#x017F;tets 3&#x2013;4° über den Eispunkt er-<lb/>
wärmt, behält auch die&#x017F;e Temperatur auf dem Boden der<lb/>
Flü&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o daß &#x017F;elb&#x017F;t in un&#x017F;ern kälte&#x017F;ten Wintern, Ströme<lb/>
und große Bäche &#x017F;elten bis zum Boden ausfrieren.</p><lb/>
              <p>Im Meere hingegen, wo das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehr viel Salz<lb/>
aufgelö&#x017F;t enthält, tritt, nach <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-100612172 http://d-nb.info/gnd/100612172">Marcet</persName>s</hi> Ver&#x017F;uchen, die&#x017F;e<lb/>
Abweichung nicht ein. Das &#x017F;alzige Meerwa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t bei<lb/>
+ 4°,1 nicht am dichte&#x017F;ten, und hat keinen ent&#x017F;prechenden<lb/>
dichteren Punkt, &#x017F;ondern es zieht &#x017F;ich be&#x017F;tändig zu&#x017F;ammen,<lb/>
bis es gefriert, und auch dann er&#x017F;tarrt nur das Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Wa&#x017F;&#x017F;er eine<lb/>
um &#x017F;o mehr concentrirte und &#x017F;chwerere Flü&#x017F;&#x017F;igkeit; daher<lb/>
auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Wa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
zu Eis gefrieren kann. &#x2013;</p><lb/>
              <p>Am Nordpol fanden <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117654167 http://d-nb.info/gnd/117654167">Scorresby</persName></hi> &amp; <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116048166 http://d-nb.info/gnd/116048166">Parry</persName></hi> die Temperatur<lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem<lb/>
Ei&#x017F;e &#x2212;1½°, bei einer Tiefe von 1200&#x2032; dagegen +<lb/>
1½ bis 2°; die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung i&#x017F;t aber eine Folge des<lb/>
Golf&#x017F;troms, der &#x017F;ich bis ans Nordcap er&#x017F;treckt, wo er der<lb/>
Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen &#x017F;cheint<lb/>
die Kälte der untern Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;chichten auch von Strömungen herzurühren,<lb/>
da die&#x017F;e oberhalb das warme <unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">&#x1F704;</unclear> <subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="2"/></del><add place="across">vom</add></subst> Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen.</p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346./0352] ihnen ausfließt, iſt ſtets 3–4° über den Eispunkt er- wärmt, behält auch dieſe Temperatur auf dem Boden der Flüſſe, ſo daß ſelbſt in unſern kälteſten Wintern, Ströme und große Bäche ſelten bis zum Boden ausfrieren. Im Meere hingegen, wo das Waſſer ſehr viel Salz aufgelöſt enthält, tritt, nach Marcets Verſuchen, dieſe Abweichung nicht ein. Das ſalzige Meerwaſſer iſt bei + 4°,1 nicht am dichteſten, und hat keinen entſprechenden dichteren Punkt, ſondern es zieht ſich beſtändig zuſammen, bis es gefriert, und auch dann erſtarrt nur das Waſſer, das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Waſſer eine um ſo mehr concentrirte und ſchwerere Flüſſigkeit; daher auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Waſſers zu Eis gefrieren kann. – Am Nordpol fanden Scorresby & Parry die Temperatur des Waſſers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem Eiſe −1½°, bei einer Tiefe von 1200′ dagegen + 1½ bis 2°; dieſe Erſcheinung iſt aber eine Folge des Golfſtroms, der ſich bis ans Nordcap erſtreckt, wo er der Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen ſcheint die Kälte der untern Waſſerſchichten auch von Strömungen herzurühren, da dieſe oberhalb das warme 🜄 vom Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/352
Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 346.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/352>, abgerufen am 23.11.2024.