Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die mittl. Temperatur der Pole, so viel unter dem Gefrierpunkte beträgt, als die des Aequators über demselben ist.
Wenn man so vom Aequator gegen Norden in die tem- perirte Zone übergeht, ist die Abnahme der Wärme in dem verschiedenen Systeme der isothermen Linien verschieden. Die- jenigen Linien welche correspondiren, bilden wie es in Europa oder dem alten Continente der Fall ist, den concaven Scheitel; das Gegentheil ist, wenn sie wie in Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher ein cisattlantisches System in Europa und ein transat- lantisches in Amerika.
Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden fort, so wird man zwischen den 40 und 45ten Grade die stärk- ste Abnahme der Wärme finden. Es ist dies nicht allein physikalisch sondern auch mathematisch wichtig, da hier die Theorie mit der Praxis übereinstimmt. Es ist hier die Zone, wo der Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen, welche eine große aber auch verschiedene Kultur haben, die in ihren mannigfaltigen Erzeugnissen und Producten der Natur den Handel haben, die Thätigkeit des Geistes fördern, und so wesentlich auf ein geistiges Fortschreiten einwirken.
Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die mittl. Temperatur der Pole, ſo viel unter dem Gefrierpunkte beträgt, als die des Aequators über demſelben iſt.
Wenn man ſo vom Aequator gegen Norden in die tem- perirte Zone übergeht, iſt die Abnahme der Wärme in dem verſchiedenen Syſteme der iſothermen Linien verſchieden. Die- jenigen Linien welche correſpondiren, bilden wie es in Europa oder dem alten Continente der Fall iſt, den concaven Scheitel; das Gegentheil iſt, wenn ſie wie in Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher ein cisattlantiſches Syſtem in Europa und ein tranſat- lantiſches in Amerika.
Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden fort, ſo wird man zwiſchen den 40 und 45ten Grade die ſtärk- ſte Abnahme der Wärme finden. Es iſt dies nicht allein phyſikaliſch ſondern auch mathematiſch wichtig, da hier die Theorie mit der Praxis übereinſtimmt. Es iſt hier die Zone, wo der Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen, welche eine große aber auch verſchiedene Kultur haben, die in ihren mannigfaltigen Erzeugniſſen und Producten der Natur den Handel haben, die Thätigkeit des Geiſtes fördern, und ſo weſentlich auf ein geiſtiges Fortſchreiten einwirken.
<TEI><text><body><divtype="session"n="49"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0445"n="439."/>
Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die<lb/>
mittl. <choice><abbr>T.</abbr><expanresp="#BF">Temperatur</expan></choice> der Pole, ſo viel unter dem Gefrierpunkte beträgt,<lb/>
als die des Aequators über demſelben iſt.</p></div></div></div></div></div></div><lb/><divtype="session"n="50"><head><suppliedresp="#BF">50. Vorlesung, <reftarget="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/gliederung"><datewhen="1828-04-10">10. April 1828</date></ref></supplied></head><lb/><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p>Wenn man ſo vom Aequator gegen Norden in die tem-<lb/>
perirte Zone übergeht, iſt die Abnahme der Wärme in dem<lb/>
verſchiedenen Syſteme der iſothermen Linien verſchieden. Die-<lb/>
jenigen Linien welche correſpondiren, bilden wie es in<lb/>
Europa oder dem alten Continente der Fall iſt, den<lb/>
concaven Scheitel; das Gegentheil iſt, wenn ſie wie in<lb/>
Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher<lb/>
ein cisattlantiſches Syſtem in Europa und ein tranſat-<lb/>
lantiſches in Amerika.</p><lb/><p>Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden<lb/>
fort, ſo wird man zwiſchen den 40 und 45<choice><orig><hirendition="#sup #uu">t</hi></orig><regresp="#BF"><hirendition="#sup #uu">ten</hi></reg></choice> Grade die ſtärk-<lb/>ſte Abnahme der Wärme finden. Es iſt dies nicht allein<lb/>
phyſikaliſch ſondern auch mathematiſch wichtig, da hier die Theorie<lb/>
mit der Praxis übereinſtimmt. Es iſt hier die Zone, wo der<lb/>
Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen,<lb/>
welche eine große aber auch verſchiedene Kultur haben, die in<lb/>
ihren mannigfaltigen Erzeugniſſen und Producten der Natur<lb/>
den Handel haben, die Thätigkeit des Geiſtes fördern, und<lb/>ſo weſentlich auf ein geiſtiges Fortſchreiten einwirken.<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[439./0445]
Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die
mittl. T. der Pole, ſo viel unter dem Gefrierpunkte beträgt,
als die des Aequators über demſelben iſt.
50. Vorlesung, 10. April 1828
Wenn man ſo vom Aequator gegen Norden in die tem-
perirte Zone übergeht, iſt die Abnahme der Wärme in dem
verſchiedenen Syſteme der iſothermen Linien verſchieden. Die-
jenigen Linien welche correſpondiren, bilden wie es in
Europa oder dem alten Continente der Fall iſt, den
concaven Scheitel; das Gegentheil iſt, wenn ſie wie in
Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher
ein cisattlantiſches Syſtem in Europa und ein tranſat-
lantiſches in Amerika.
Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden
fort, ſo wird man zwiſchen den 40 und 45t Grade die ſtärk-
ſte Abnahme der Wärme finden. Es iſt dies nicht allein
phyſikaliſch ſondern auch mathematiſch wichtig, da hier die Theorie
mit der Praxis übereinſtimmt. Es iſt hier die Zone, wo der
Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen,
welche eine große aber auch verſchiedene Kultur haben, die in
ihren mannigfaltigen Erzeugniſſen und Producten der Natur
den Handel haben, die Thätigkeit des Geiſtes fördern, und
ſo weſentlich auf ein geiſtiges Fortſchreiten einwirken.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 439.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/445>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.