und Ranunculus parnassifolius noch in einer Höhe von 10400' gefunden. Auf den Anden und am Chimborasso habe ich den Lichen geographicus noch 17,100' hoch an solchen Felsen gesehen, die durch innere vulkanische Wärme nie lange mit Schnee bedeckt waren. Die Eudema rupestici und schöne Gentianea kommen mit andern Gewächsen noch auf 15,000' Höhe vor. Es ist wahrscheinlich daß der Schnee und nicht die Kälte die Pflanzen hindert, sowohl am Nord- wie am Südpol noch höher zu vegetiren, und es geht hieraus die Wahrscheinlichkeit hervor, daß am äußersten Erde der Baffinsbai noch Pflanzen wachsen.
Zu diesen Bedingnissen, die sich auf die Temperatur gründen, läßt sich auch der ungleiche Barometerdruck und die Durchsichtigkeit der Luft zählen, und man ist hierzu um so mehr berechtigt, da die Pflanzen weit mehr von äußern Bedingungen abhängig sind als die Thiere, da diese von den innern Organismen selbst, die Pflanzen dagegen von der Wirkung auf der Oberfläche bedingt werden und die Einwirkungen der Respiration den wichtigsten Einfluß haben; von gleicher Wichtigkeit ist auch noch der Grad der Feuchtigkeit, welcher in einer gewissen Höhe abnimmt. --
und Ranunculus parnasſifolius noch in einer Höhe von 10400′ gefunden. Auf den Anden und am Chimboraſſo habe ich den Lichen geographicus noch 17,100′ hoch an ſolchen Felſen geſehen, die durch innere vulkaniſche Wärme nie lange mit Schnee bedeckt waren. Die Eudema rupeſtici und ſchöne Gentianea kommen mit andern Gewächſen noch auf 15,000′ Höhe vor. Es iſt wahrſcheinlich daß der Schnee und nicht die Kälte die Pflanzen hindert, ſowohl am Nord- wie am Südpol noch höher zu vegetiren, und es geht hieraus die Wahrſcheinlichkeit hervor, daß am äußerſten Erde der Baffinsbai noch Pflanzen wachſen.
Zu dieſen Bedingniſſen, die ſich auf die Temperatur gründen, läßt ſich auch der ungleiche Barometerdruck und die Durchſichtigkeit der Luft zählen, und man iſt hierzu um ſo mehr berechtigt, da die Pflanzen weit mehr von äußern Bedingungen abhängig ſind als die Thiere, da dieſe von den innern Organismen ſelbſt, die Pflanzen dagegen von der Wirkung auf der Oberfläche bedingt werden und die Einwirkungen der Respiration den wichtigſten Einfluß haben; von gleicher Wichtigkeit iſt auch noch der Grad der Feuchtigkeit, welcher in einer gewiſſen Höhe abnimmt. —
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[508./0514]
und Ranunculus parnasſifolius noch in einer Höhe von
10400′ gefunden. Auf den Anden und am Chimboraſſo
habe ich den Lichen geographicus noch 17,100′ hoch an ſolchen
Felſen geſehen, die durch innere vulkaniſche Wärme nie
lange mit Schnee bedeckt waren. Die Eudema rupeſtici
und ſchöne Gentianea kommen mit andern Gewächſen noch auf
15,000′ Höhe vor. Es iſt wahrſcheinlich daß der Schnee und
nicht die Kälte die Pflanzen hindert, ſowohl am Nord- wie
am Südpol noch höher zu vegetiren, und es geht hieraus die
Wahrſcheinlichkeit hervor, daß am äußerſten Erde der
Baffinsbai noch Pflanzen wachſen.
Zu dieſen Bedingniſſen, die ſich auf die Temperatur
gründen, läßt ſich auch der ungleiche Barometerdruck
und die Durchſichtigkeit der Luft zählen, und man iſt
hierzu um ſo mehr berechtigt, da die Pflanzen weit mehr
von äußern Bedingungen abhängig ſind als die Thiere, da
dieſe von den innern Organismen ſelbſt, die Pflanzen
dagegen von der Wirkung auf der Oberfläche bedingt werden
und die Einwirkungen der Respiration den wichtigſten
Einfluß haben; von gleicher Wichtigkeit iſt auch noch
der Grad der Feuchtigkeit, welcher in einer gewiſſen
Höhe abnimmt. —
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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 508.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/514>, abgerufen am 27.11.2024.
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