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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
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    Die Jndier zählten dann...     364--
    Die Egyptier, Griechen und Rö-
mer............     365--
    Zu Aphrodisius Zeiten fing
man an zu rechnen......     365--3 St.
    Von Thales ab bei den Grie-
chen und von Julius Cäsar's Zei-
ten bei den Römern zählt man..     365--6 St.
oder, nach einer im 17 Jahrhundert gemachten Be-
richtigung, etwa 12 Minuten weniger.

Um die fernere Verlängerung des Jahres be-
urtheilen zu können, muß man den Umlauf der Erde
um die Sonne, oder das Sternenjahr von dem
Wechsel der vier Jahreszeiten, oder dem Kalen-
derjahr
genau unterscheiden. Die vier Jahres-
zeiten sind eher um, als die Erde ihren Lauf um
die Sonne vollendet hat, oder das Kalenderjahr ist
etwas kürzer, als das Sternenjahr. Das Kalender-
jahr bleibt sich immer, wenigstens für uns Erdebe-
wohner, gleich: denn sollten auch die vier Jahres-
zeiten sich verlängern, so sehen wir doch immer den-
selben Umlauf der Jahreszeit, und erkennen die Ver-
längerung nicht. So würden wir auch, wenn z. B.
der Tag jetzt länger wäre, als er vor 1000 Jahren
gewesen, dieses nicht merken, indem wir immer fort-
fahren, 24 Stunden auf jeden Tag zu rechnen, und
nicht wissen, ob die heutigen Stunden länger sind,
als die, welche man vor 1000 Jahren gehabt hat.
Das Sternenjahr aber wird immer länger, und zwar
jetzt noch um einige Minuten jährlich mehr als zu
Ptolomäus Zeit. Die Astronomen haben diese Ver-
längerung des Sternenjahres genau beobachtet; da
sie aber die wahre Ursache derselben, das Abweichen
der Erde von der Sonne, nicht kannten, wollten sie
eine physische und wirkliche Verlängerung des Jahres
nicht zugeben, obschon, wie Lalande sagt, solche
aus den Beobachtungen hervorging.



Der Krieg gegen die Adler.

Jn jenen Gegenden Schottlands, wo sich die
Adler in großer Anzahl vorfinden, und bedeutenden
Schaden anrichten, bedienen sich die Hirten folgender
Mittel, um sie auszurotten: Wenn der Horst in einer
Felsenspalte ist, wohin ein guter Kletterer kommen
kann, wirft er eine Hand voll dürres Heidekraut
oder Moos in das Nest, worin sich glühender Kalk
befindet. Jn andern Fällen läßt man einen Mann
an einem Stricke, den andere auf der Felsenspitze
festhalten, bis über das Nest. Er ist mit einem
starken Knüttel bewaffnet, um den alten Adler, der
sich fast immer im Horste befindet, zu schlagen, oder
wenigstens zu erschrecken. Trotz seiner Stärke ist der
Adler noch weniger muthig als der Auerhahn, der
Rabe und die Seeschwalbe. Oft ist der Adlerhorst
so angelegt, daß man ihn ohne Strick erreichen kann,
und die Hirten suchen denselben auf, bloß um sich
der Nahrung zu bemächtigen, welche der Adler sei-
nen Jungen bringt. Manchmal wird auch ein Loch
von einigen Fuß Tiefe in der Nähe des Nestes,
oder der Felsen, wo die Adler zu ruhen pflegen,
wenn sie auf der Jagd begriffen sind, gegraben,
welches leicht einen Menschen aufnehmen kann. Man
bedeckt dieses Loch mit Aesten und Zweigen, die man
aber vorsichtiger Weise nicht in der Nähe abschneidet,
weil die Adler sehr mißtrauisch sind. An einer der
Seiten des Loches wird eine Oeffnung für einen
[Spaltenumbruch] Flintenlauf angebracht, und sodann legt man in der
Nähe einen todten Hammel, Hund, Fisch oder ein
Geflügel hin; der in dem Loche verborgene Jäger
harrt geduldig, bis sich der Adler niederläßt, und
wie er sich über den Körper des Thieres hermacht,
schießt er ihn nieder. So wird in jedem Jahre eine
große Anzahl von Adlern getödtet. Die Jäger be-
wahren die Köpfe, die Klauen und die Federn sorg-
sam auf, um sie auf St. Martin und Pfingsten
dem Pfleger vorzuweisen und die Prämie in Em-
pfang zu nehmen, die zwischen einer halben Krone
und fünf Schilling schwankt.     M. F.



Eßlust der Sibirier.

Die Eingebornen von Sibirien besitzen eine wahr-
haft wunderbare Eßlust, die Jedem unglaublich schei-
nen wird, der sich nicht selbst davon überzeugt hat.
"Zu Tobolsk -- erzählt ein Reisender -- erlebte
ich ein merkwürdiges Beispiel von der Gefräßigkeit
eines Kindes, welches, wie man mich versicherte,
noch nicht fünf Jahre alt war. Es wälzte sich rund
um die Stube herum, um das Unschlitt zu essen,
welches von den Kerzen herabrann. Ueberrascht
durch einen so sonderbaren Geschmack, fragte ich, ob
dies die Folge eines sehr großen Hungers oder einer
besondern Vorliebe für das Fett sey? Weder Eines
noch das Andere, war die Antwort, sondern weil
die Sibirier überall essen, wo sie etwas Eßbares
finden, und niemals etwas von Lebensmitteln unge-
nossen zu Grunde gehen lassen. Jch gab dem Kinde
eine Kerze, die aus dem unreinsten Unschlitt gegossen
war, dann eine zweite und dritte, und alle wurden
gierig verschlungen. Mein Reisegefährte bot ihm
sodann mehrere Pfunde verunreinigter Butter, und
das Kind aß Alles zusammen, nebst einem Stücke
gelber Seife, das da lag. Jch bat sodann die ge-
genwärtigen Personen, ihm nichts mehr zu geben,
denn es lag am Tage, daß es Alles verschlungen
haben würde, was man ihm anbot. Noch unglaub-
licher scheint die Gefräßigkeit der Erwachsenen. Keine
Speise, so eckelhaft sie auch seyn mag, widersteht
ihrem Gaumen, und sie hören nur zu essen auf, wenn
durchaus nichts Eßbares mehr vorhanden ist. Jch
habe mehrmals Sibirier bis auf 40 Pfund Fleisch
des Tages essen sehen. Jhr Magen muß ganz an-
ders organisirt seyn, als der unsere, denn sonst wäre
es ihnen überdieß auch unmöglich, ihre Suppe und
ihren Thee in einer Temperatur hineinzugießen, die
uns unfehlbar die Eingeweide verbrühen würde. Es
wäre nicht möglich, daß eine sibirische Kolonie im
westlichen Europa sich niederließe; ein einzelnes Jn-
dividuum würde mehr verbrauchen, als eine zahl-
reiche europäische Familie.



Persische Sprüche der Weisheit.

Den Weisen betrübt es nur, wenn er nichts
auszurichten vermag, nicht, wenn er den Menschen
unbekannt ist. Es betrübt ihn, wenn sein Leben da-
hinschwindet, ohne daß sein Name in das rechte
Licht tritt.



Der Weise verlangt Rechenschaft von sich, der
gemeine Mensch von Anderen.



Der Weise ist streng, aber nicht zurückstoßend.
Er ist gesellig, aber ohne sich mit den Leuten gemein
zu machen.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]     Später.........     362 T.
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    Zu Aphrodisius Zeiten fing
man an zu rechnen......     365—3 St.
    Von Thales ab bei den Grie-
chen und von Julius Cäsar's Zei-
ten bei den Römern zählt man..     365—6 St.
oder, nach einer im 17 Jahrhundert gemachten Be-
richtigung, etwa 12 Minuten weniger.

Um die fernere Verlängerung des Jahres be-
urtheilen zu können, muß man den Umlauf der Erde
um die Sonne, oder das Sternenjahr von dem
Wechsel der vier Jahreszeiten, oder dem Kalen-
derjahr
genau unterscheiden. Die vier Jahres-
zeiten sind eher um, als die Erde ihren Lauf um
die Sonne vollendet hat, oder das Kalenderjahr ist
etwas kürzer, als das Sternenjahr. Das Kalender-
jahr bleibt sich immer, wenigstens für uns Erdebe-
wohner, gleich: denn sollten auch die vier Jahres-
zeiten sich verlängern, so sehen wir doch immer den-
selben Umlauf der Jahreszeit, und erkennen die Ver-
längerung nicht. So würden wir auch, wenn z. B.
der Tag jetzt länger wäre, als er vor 1000 Jahren
gewesen, dieses nicht merken, indem wir immer fort-
fahren, 24 Stunden auf jeden Tag zu rechnen, und
nicht wissen, ob die heutigen Stunden länger sind,
als die, welche man vor 1000 Jahren gehabt hat.
Das Sternenjahr aber wird immer länger, und zwar
jetzt noch um einige Minuten jährlich mehr als zu
Ptolomäus Zeit. Die Astronomen haben diese Ver-
längerung des Sternenjahres genau beobachtet; da
sie aber die wahre Ursache derselben, das Abweichen
der Erde von der Sonne, nicht kannten, wollten sie
eine physische und wirkliche Verlängerung des Jahres
nicht zugeben, obschon, wie Lalande sagt, solche
aus den Beobachtungen hervorging.



Der Krieg gegen die Adler.

Jn jenen Gegenden Schottlands, wo sich die
Adler in großer Anzahl vorfinden, und bedeutenden
Schaden anrichten, bedienen sich die Hirten folgender
Mittel, um sie auszurotten: Wenn der Horst in einer
Felsenspalte ist, wohin ein guter Kletterer kommen
kann, wirft er eine Hand voll dürres Heidekraut
oder Moos in das Nest, worin sich glühender Kalk
befindet. Jn andern Fällen läßt man einen Mann
an einem Stricke, den andere auf der Felsenspitze
festhalten, bis über das Nest. Er ist mit einem
starken Knüttel bewaffnet, um den alten Adler, der
sich fast immer im Horste befindet, zu schlagen, oder
wenigstens zu erschrecken. Trotz seiner Stärke ist der
Adler noch weniger muthig als der Auerhahn, der
Rabe und die Seeschwalbe. Oft ist der Adlerhorst
so angelegt, daß man ihn ohne Strick erreichen kann,
und die Hirten suchen denselben auf, bloß um sich
der Nahrung zu bemächtigen, welche der Adler sei-
nen Jungen bringt. Manchmal wird auch ein Loch
von einigen Fuß Tiefe in der Nähe des Nestes,
oder der Felsen, wo die Adler zu ruhen pflegen,
wenn sie auf der Jagd begriffen sind, gegraben,
welches leicht einen Menschen aufnehmen kann. Man
bedeckt dieses Loch mit Aesten und Zweigen, die man
aber vorsichtiger Weise nicht in der Nähe abschneidet,
weil die Adler sehr mißtrauisch sind. An einer der
Seiten des Loches wird eine Oeffnung für einen
[Spaltenumbruch] Flintenlauf angebracht, und sodann legt man in der
Nähe einen todten Hammel, Hund, Fisch oder ein
Geflügel hin; der in dem Loche verborgene Jäger
harrt geduldig, bis sich der Adler niederläßt, und
wie er sich über den Körper des Thieres hermacht,
schießt er ihn nieder. So wird in jedem Jahre eine
große Anzahl von Adlern getödtet. Die Jäger be-
wahren die Köpfe, die Klauen und die Federn sorg-
sam auf, um sie auf St. Martin und Pfingsten
dem Pfleger vorzuweisen und die Prämie in Em-
pfang zu nehmen, die zwischen einer halben Krone
und fünf Schilling schwankt.     M. F.



Eßlust der Sibirier.

Die Eingebornen von Sibirien besitzen eine wahr-
haft wunderbare Eßlust, die Jedem unglaublich schei-
nen wird, der sich nicht selbst davon überzeugt hat.
„Zu Tobolsk — erzählt ein Reisender — erlebte
ich ein merkwürdiges Beispiel von der Gefräßigkeit
eines Kindes, welches, wie man mich versicherte,
noch nicht fünf Jahre alt war. Es wälzte sich rund
um die Stube herum, um das Unschlitt zu essen,
welches von den Kerzen herabrann. Ueberrascht
durch einen so sonderbaren Geschmack, fragte ich, ob
dies die Folge eines sehr großen Hungers oder einer
besondern Vorliebe für das Fett sey? Weder Eines
noch das Andere, war die Antwort, sondern weil
die Sibirier überall essen, wo sie etwas Eßbares
finden, und niemals etwas von Lebensmitteln unge-
nossen zu Grunde gehen lassen. Jch gab dem Kinde
eine Kerze, die aus dem unreinsten Unschlitt gegossen
war, dann eine zweite und dritte, und alle wurden
gierig verschlungen. Mein Reisegefährte bot ihm
sodann mehrere Pfunde verunreinigter Butter, und
das Kind aß Alles zusammen, nebst einem Stücke
gelber Seife, das da lag. Jch bat sodann die ge-
genwärtigen Personen, ihm nichts mehr zu geben,
denn es lag am Tage, daß es Alles verschlungen
haben würde, was man ihm anbot. Noch unglaub-
licher scheint die Gefräßigkeit der Erwachsenen. Keine
Speise, so eckelhaft sie auch seyn mag, widersteht
ihrem Gaumen, und sie hören nur zu essen auf, wenn
durchaus nichts Eßbares mehr vorhanden ist. Jch
habe mehrmals Sibirier bis auf 40 Pfund Fleisch
des Tages essen sehen. Jhr Magen muß ganz an-
ders organisirt seyn, als der unsere, denn sonst wäre
es ihnen überdieß auch unmöglich, ihre Suppe und
ihren Thee in einer Temperatur hineinzugießen, die
uns unfehlbar die Eingeweide verbrühen würde. Es
wäre nicht möglich, daß eine sibirische Kolonie im
westlichen Europa sich niederließe; ein einzelnes Jn-
dividuum würde mehr verbrauchen, als eine zahl-
reiche europäische Familie.



Persische Sprüche der Weisheit.

Den Weisen betrübt es nur, wenn er nichts
auszurichten vermag, nicht, wenn er den Menschen
unbekannt ist. Es betrübt ihn, wenn sein Leben da-
hinschwindet, ohne daß sein Name in das rechte
Licht tritt.



Der Weise verlangt Rechenschaft von sich, der
gemeine Mensch von Anderen.



Der Weise ist streng, aber nicht zurückstoßend.
Er ist gesellig, aber ohne sich mit den Leuten gemein
zu machen.



[Ende Spaltensatz]
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[111/0007] Panorama des Universums. Später......... 362 T. Die Jndier zählten dann... 364— Die Egyptier, Griechen und Rö- mer............ 365— Zu Aphrodisius Zeiten fing man an zu rechnen...... 365—3 St. Von Thales ab bei den Grie- chen und von Julius Cäsar's Zei- ten bei den Römern zählt man.. 365—6 St. oder, nach einer im 17 Jahrhundert gemachten Be- richtigung, etwa 12 Minuten weniger. Um die fernere Verlängerung des Jahres be- urtheilen zu können, muß man den Umlauf der Erde um die Sonne, oder das Sternenjahr von dem Wechsel der vier Jahreszeiten, oder dem Kalen- derjahr genau unterscheiden. Die vier Jahres- zeiten sind eher um, als die Erde ihren Lauf um die Sonne vollendet hat, oder das Kalenderjahr ist etwas kürzer, als das Sternenjahr. Das Kalender- jahr bleibt sich immer, wenigstens für uns Erdebe- wohner, gleich: denn sollten auch die vier Jahres- zeiten sich verlängern, so sehen wir doch immer den- selben Umlauf der Jahreszeit, und erkennen die Ver- längerung nicht. So würden wir auch, wenn z. B. der Tag jetzt länger wäre, als er vor 1000 Jahren gewesen, dieses nicht merken, indem wir immer fort- fahren, 24 Stunden auf jeden Tag zu rechnen, und nicht wissen, ob die heutigen Stunden länger sind, als die, welche man vor 1000 Jahren gehabt hat. Das Sternenjahr aber wird immer länger, und zwar jetzt noch um einige Minuten jährlich mehr als zu Ptolomäus Zeit. Die Astronomen haben diese Ver- längerung des Sternenjahres genau beobachtet; da sie aber die wahre Ursache derselben, das Abweichen der Erde von der Sonne, nicht kannten, wollten sie eine physische und wirkliche Verlängerung des Jahres nicht zugeben, obschon, wie Lalande sagt, solche aus den Beobachtungen hervorging. Der Krieg gegen die Adler. 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Manchmal wird auch ein Loch von einigen Fuß Tiefe in der Nähe des Nestes, oder der Felsen, wo die Adler zu ruhen pflegen, wenn sie auf der Jagd begriffen sind, gegraben, welches leicht einen Menschen aufnehmen kann. Man bedeckt dieses Loch mit Aesten und Zweigen, die man aber vorsichtiger Weise nicht in der Nähe abschneidet, weil die Adler sehr mißtrauisch sind. An einer der Seiten des Loches wird eine Oeffnung für einen Flintenlauf angebracht, und sodann legt man in der Nähe einen todten Hammel, Hund, Fisch oder ein Geflügel hin; der in dem Loche verborgene Jäger harrt geduldig, bis sich der Adler niederläßt, und wie er sich über den Körper des Thieres hermacht, schießt er ihn nieder. So wird in jedem Jahre eine große Anzahl von Adlern getödtet. Die Jäger be- wahren die Köpfe, die Klauen und die Federn sorg- sam auf, um sie auf St. Martin und Pfingsten dem Pfleger vorzuweisen und die Prämie in Em- pfang zu nehmen, die zwischen einer halben Krone und fünf Schilling schwankt. M. F. 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Mein Reisegefährte bot ihm sodann mehrere Pfunde verunreinigter Butter, und das Kind aß Alles zusammen, nebst einem Stücke gelber Seife, das da lag. Jch bat sodann die ge- genwärtigen Personen, ihm nichts mehr zu geben, denn es lag am Tage, daß es Alles verschlungen haben würde, was man ihm anbot. Noch unglaub- licher scheint die Gefräßigkeit der Erwachsenen. Keine Speise, so eckelhaft sie auch seyn mag, widersteht ihrem Gaumen, und sie hören nur zu essen auf, wenn durchaus nichts Eßbares mehr vorhanden ist. Jch habe mehrmals Sibirier bis auf 40 Pfund Fleisch des Tages essen sehen. Jhr Magen muß ganz an- ders organisirt seyn, als der unsere, denn sonst wäre es ihnen überdieß auch unmöglich, ihre Suppe und ihren Thee in einer Temperatur hineinzugießen, die uns unfehlbar die Eingeweide verbrühen würde. Es wäre nicht möglich, daß eine sibirische Kolonie im westlichen Europa sich niederließe; ein einzelnes Jn- dividuum würde mehr verbrauchen, als eine zahl- reiche europäische Familie. Persische Sprüche der Weisheit. Den Weisen betrübt es nur, wenn er nichts auszurichten vermag, nicht, wenn er den Menschen unbekannt ist. Es betrübt ihn, wenn sein Leben da- hinschwindet, ohne daß sein Name in das rechte Licht tritt. Der Weise verlangt Rechenschaft von sich, der gemeine Mensch von Anderen. Der Weise ist streng, aber nicht zurückstoßend. Er ist gesellig, aber ohne sich mit den Leuten gemein zu machen.

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Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama14_1836/7>, abgerufen am 01.06.2024.