Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 35. Prag, 1834.Panorama des Universums. [Beginn Spaltensatz]
[Abbildung]
( Der Orang=Outang. ) daß man den Orang=Outang nicht zu den Thieren sondern zu den Menschen rechnen zu müssen glaubte, und selbst der scharfsinnige Linee den Schleier, wel- cher die wahre Natur dieses Thieres verhüllte, noch nicht ganz zu lüften im Stande war. Die Größe des Orang = Outang beträgt 2 bis Man hat bisweilen Thiere dieser Gattung nach Stereotypie, Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. -- Redaction von W. A. Gerle. Panorama des Universums. [Beginn Spaltensatz]
[Abbildung]
( Der Orang=Outang. ) daß man den Orang=Outang nicht zu den Thieren sondern zu den Menschen rechnen zu müssen glaubte, und selbst der scharfsinnige Linèe den Schleier, wel- cher die wahre Natur dieses Thieres verhüllte, noch nicht ganz zu lüften im Stande war. Die Größe des Orang = Outang beträgt 2 bis Man hat bisweilen Thiere dieser Gattung nach Stereotypie, Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaction von W. A. Gerle. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="280"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi></fw><cb type="start"/><figure><head>( Der Orang=Outang. ) </head></figure><lb/> daß man den Orang=Outang nicht zu den Thieren<lb/> sondern zu den Menschen rechnen zu müssen glaubte,<lb/> und selbst der scharfsinnige <hi rendition="#g">Lin<hi rendition="#aq">è</hi>e</hi> den Schleier, wel-<lb/> cher die wahre Natur dieses Thieres verhüllte, noch<lb/> nicht ganz zu lüften im Stande war.</p><lb/> <p>Die Größe des Orang = Outang beträgt 2 bis<lb/> 4 Fuß. Ob dieser Unterschied auf dem Alter beruhe,<lb/> wie es wahrscheinlich ist, finden wir nicht angegeben.<lb/> Vermuthlich gelangen diese dem Menschen so ähn-<lb/> liche Thiere nicht so schnell, wie andere, zu ihrer<lb/> vollkommenen Größe, und vielleicht könnte man 4<lb/> Fuß als das Maß eines ausgewachsenen Orang-<lb/> Outangs ansehen. Durch eine schlankere Form sei-<lb/> nes Körpers ist er vom Schimpanse leicht zu unter-<lb/> scheiden; auch ist sein Kopf etwas kleiner und run-<lb/> der, und die Gesichtsbildung auffallend verschieden.<lb/> Das Gesicht weicht nämlich darin mehr von dem<lb/> menschlichen ab, daß es weiter als bei dem Schim-<lb/> panse vorsteht, und überdies stärker mit Haaren be-<lb/> setzt ist. Die Schnauze ragt stark hervor, die Au-<lb/> gen sind klein und nahe beisammen, und man kann<lb/> das Weiße darin nicht erblicken, das Maul ist weit<lb/> aufgeschlitzt, der Rücken beinahe so gewölbt, wie bei<lb/> einem etwas bucklichten Menschen, die Daumen der<lb/> Hinterhände abgestumpft und ohne Nägel. Die<lb/> Haut ist über den ganzen Leib schwärzlich, und nur<lb/> inwendig in den Händen pechschwarz. Alle Theile<lb/> des Leibes, mit Einschluß der Arme und Beine, sind<lb/> mit einem Zoll langen, brannen, unordentlich auf-<lb/> getragenen Haar bedeckt, worunter sich hie und da<lb/> einige Fuchshaare befinden. Von der Handwurzel<lb/> bis zum Ellbogen läuft das Haar verkehrt, oder<lb/> mit den Spitzen aufwärts; Hände und Stirn sind kahl.<lb/> Jn Bengalen heißt der Orang=Outang Wulock. Er<cb n="2"/> lebt aber nicht hier, sondern, so viel man bis jetzt<lb/> noch erfahren hat, bloß auf <hi rendition="#g">Borneo,</hi> von woher<lb/> alle die Exemplare kamen, die man von diesen Affen<lb/> erhalten hat. Sie leben in den großen Wäldern<lb/> dieser ungeheuern Jnsel, und klettern und springen<lb/> sehr geschickt von einem Baume zum andern. Der<lb/> Arme und Hände bedienen sie sich, wie der Mensch,<lb/> zum Zugreifen und Festhalten. Sie brechen starke<lb/> Aeste von den Bäumen, und schlagen damit nach<lb/> ihren Feinden. Das von <hi rendition="#g">Wurmb</hi> in seiner Reise<lb/> beschriebene Männchen schlug so wüthend mit Baum-<lb/> ästen um sich, daß man nicht im Stande war, es<lb/> lebendig zu fangen, sondern es tödten mußte. Diese<lb/> Thiere gehen mehrentheils aufrecht. Nur Junge kann<lb/> man lebendig fangen; Alte pflegen von den Einwoh-<lb/> nern mit Pfeilen erlegt zu werden. Sie sind ungeheuer<lb/> stark, und machen den stärksten Menschen mit gerin-<lb/> ger Mühe nieder. Die Einwohner haben viel von<lb/> ihnen zu leiden, wenn sie ihnen zu nahe kommen.<lb/> Sie schlafen auf Bäumen, und bauen sich bei schlech-<lb/> ter Witterung Hütten von den Zweigen derselben.<lb/> Wenn man sie jung einfängt, so werden sie sehr<lb/> zahm, gewöhnen sich an den Menschen, und lassen<lb/> sich, da sie sehr gelehrig und dabei geschickt sind, zu<lb/> allerhand Künsten und Geschäften abrichten. Unter<lb/> andern lernen sie auf dem Seile tanzen, Wasser<lb/> hohlen, Reiß stampfen, Gläser und andere Gefäße<lb/> ausspülen, den Bratspieß umdrehen und dergleichen.<lb/> Sie sind auch sehr verständig, und beweisen ihre<lb/> Klugheit vorzüglich durch den Trieb, die menschli-<lb/> chen Handlungen nachzuahmen. <hi rendition="#g">Leguat</hi> sah auf<lb/> Java einen gezähmten Orang=Outang sich das Bette<lb/> zurecht machen, sich hineinlegen, und wie ein Mensch<lb/> zudecken. Bisweilen band sich dieser Affe ein Tuch<lb/> um den Kopf, gleichsam als ob er Kopfweh hätte.<lb/> Die gezähmten sind sehr sanft, und beleidigen nicht<lb/> leicht einen Menschen. Sie nehmen mit allerlei vege-<lb/> tabilischer Kost vorlieb, welche der Mensch genießt.<lb/> Jn der Freiheit sind die Nahrungsmittel der Affen<lb/> überhaupt auch ihnen angewiesen. Die Weibchen<lb/> sollen 2 bis 3 Junge auf einmal zur Welt bringen,<lb/> und dieselben mit großer Sorgfalt erziehen. Sie<lb/> tragen sie im Arm, sängen sie, wie ein Weib, und<lb/> gewöhnen sie nach und nach an ihre vegetabilische<lb/> Kost. Wie lange ein Orang = Outang = Weibchen<lb/> trächtig sey, und wie hoch sich das Lebensziel eines<lb/> solchen Thieres erstrecke, ist zur Zeit noch unbekannt.</p><lb/> <p>Man hat bisweilen Thiere dieser Gattung nach<lb/> Europa gebracht, sie sind aber bald gestorben, weil<lb/> ihnen das Klima zu rauh ist. Wie alle Thiere<lb/> die weder von der Jagd leben, noch mit scharfen<lb/> Vertheidigungswaffen ausgestattet sind, pflegen die<lb/> Orang=Outangs in Heerden zu leben. Sie nähren<lb/> sich in der Wildniß von Früchten, Wurzeln, würzi-<lb/> gen Kräutern und Vogeleiern. Thierische Kost ver-<lb/> schmähen sie, und selbst in Menagerien sind sie nur<lb/> auf Süßigkeiten lecker. Sie sind sehr scheu, und<lb/> entfliehen beim leisesten Geräusch auf die höchsten<lb/> Wipfel. Sie tragen oft kleine Kinder fort, und<lb/> man jagt ihnen solche nur schwer wieder ab, denn<lb/> sie klettern mit denselben mit einer bewundernswer-<lb/> then Gewandtheit und Vorsicht von Ast zu Ast. Ein<lb/> kleiner Negerknabe war ein Jahr unter ihnen, ohne<lb/> daß ihm ein Leid zugefügt worden wäre. Auch Wei-<lb/> ber pflegen sie in der Wildniß zu rauben, und sie<lb/> entfliehen ihnen nur schwer wieder.</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> <back> <div type="imprint" n="1"> <p> <hi rendition="#c">Stereotypie, Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaction von W. A. Gerle.</hi> </p> </div> </back> </text> </TEI> [280/0008]
Panorama des Universums.
[Abbildung ( Der Orang=Outang. ) ]
daß man den Orang=Outang nicht zu den Thieren
sondern zu den Menschen rechnen zu müssen glaubte,
und selbst der scharfsinnige Linèe den Schleier, wel-
cher die wahre Natur dieses Thieres verhüllte, noch
nicht ganz zu lüften im Stande war.
Die Größe des Orang = Outang beträgt 2 bis
4 Fuß. Ob dieser Unterschied auf dem Alter beruhe,
wie es wahrscheinlich ist, finden wir nicht angegeben.
Vermuthlich gelangen diese dem Menschen so ähn-
liche Thiere nicht so schnell, wie andere, zu ihrer
vollkommenen Größe, und vielleicht könnte man 4
Fuß als das Maß eines ausgewachsenen Orang-
Outangs ansehen. Durch eine schlankere Form sei-
nes Körpers ist er vom Schimpanse leicht zu unter-
scheiden; auch ist sein Kopf etwas kleiner und run-
der, und die Gesichtsbildung auffallend verschieden.
Das Gesicht weicht nämlich darin mehr von dem
menschlichen ab, daß es weiter als bei dem Schim-
panse vorsteht, und überdies stärker mit Haaren be-
setzt ist. Die Schnauze ragt stark hervor, die Au-
gen sind klein und nahe beisammen, und man kann
das Weiße darin nicht erblicken, das Maul ist weit
aufgeschlitzt, der Rücken beinahe so gewölbt, wie bei
einem etwas bucklichten Menschen, die Daumen der
Hinterhände abgestumpft und ohne Nägel. Die
Haut ist über den ganzen Leib schwärzlich, und nur
inwendig in den Händen pechschwarz. Alle Theile
des Leibes, mit Einschluß der Arme und Beine, sind
mit einem Zoll langen, brannen, unordentlich auf-
getragenen Haar bedeckt, worunter sich hie und da
einige Fuchshaare befinden. Von der Handwurzel
bis zum Ellbogen läuft das Haar verkehrt, oder
mit den Spitzen aufwärts; Hände und Stirn sind kahl.
Jn Bengalen heißt der Orang=Outang Wulock. Er
lebt aber nicht hier, sondern, so viel man bis jetzt
noch erfahren hat, bloß auf Borneo, von woher
alle die Exemplare kamen, die man von diesen Affen
erhalten hat. Sie leben in den großen Wäldern
dieser ungeheuern Jnsel, und klettern und springen
sehr geschickt von einem Baume zum andern. Der
Arme und Hände bedienen sie sich, wie der Mensch,
zum Zugreifen und Festhalten. Sie brechen starke
Aeste von den Bäumen, und schlagen damit nach
ihren Feinden. Das von Wurmb in seiner Reise
beschriebene Männchen schlug so wüthend mit Baum-
ästen um sich, daß man nicht im Stande war, es
lebendig zu fangen, sondern es tödten mußte. Diese
Thiere gehen mehrentheils aufrecht. Nur Junge kann
man lebendig fangen; Alte pflegen von den Einwoh-
nern mit Pfeilen erlegt zu werden. Sie sind ungeheuer
stark, und machen den stärksten Menschen mit gerin-
ger Mühe nieder. Die Einwohner haben viel von
ihnen zu leiden, wenn sie ihnen zu nahe kommen.
Sie schlafen auf Bäumen, und bauen sich bei schlech-
ter Witterung Hütten von den Zweigen derselben.
Wenn man sie jung einfängt, so werden sie sehr
zahm, gewöhnen sich an den Menschen, und lassen
sich, da sie sehr gelehrig und dabei geschickt sind, zu
allerhand Künsten und Geschäften abrichten. Unter
andern lernen sie auf dem Seile tanzen, Wasser
hohlen, Reiß stampfen, Gläser und andere Gefäße
ausspülen, den Bratspieß umdrehen und dergleichen.
Sie sind auch sehr verständig, und beweisen ihre
Klugheit vorzüglich durch den Trieb, die menschli-
chen Handlungen nachzuahmen. Leguat sah auf
Java einen gezähmten Orang=Outang sich das Bette
zurecht machen, sich hineinlegen, und wie ein Mensch
zudecken. Bisweilen band sich dieser Affe ein Tuch
um den Kopf, gleichsam als ob er Kopfweh hätte.
Die gezähmten sind sehr sanft, und beleidigen nicht
leicht einen Menschen. Sie nehmen mit allerlei vege-
tabilischer Kost vorlieb, welche der Mensch genießt.
Jn der Freiheit sind die Nahrungsmittel der Affen
überhaupt auch ihnen angewiesen. Die Weibchen
sollen 2 bis 3 Junge auf einmal zur Welt bringen,
und dieselben mit großer Sorgfalt erziehen. Sie
tragen sie im Arm, sängen sie, wie ein Weib, und
gewöhnen sie nach und nach an ihre vegetabilische
Kost. Wie lange ein Orang = Outang = Weibchen
trächtig sey, und wie hoch sich das Lebensziel eines
solchen Thieres erstrecke, ist zur Zeit noch unbekannt.
Man hat bisweilen Thiere dieser Gattung nach
Europa gebracht, sie sind aber bald gestorben, weil
ihnen das Klima zu rauh ist. Wie alle Thiere
die weder von der Jagd leben, noch mit scharfen
Vertheidigungswaffen ausgestattet sind, pflegen die
Orang=Outangs in Heerden zu leben. Sie nähren
sich in der Wildniß von Früchten, Wurzeln, würzi-
gen Kräutern und Vogeleiern. Thierische Kost ver-
schmähen sie, und selbst in Menagerien sind sie nur
auf Süßigkeiten lecker. Sie sind sehr scheu, und
entfliehen beim leisesten Geräusch auf die höchsten
Wipfel. Sie tragen oft kleine Kinder fort, und
man jagt ihnen solche nur schwer wieder ab, denn
sie klettern mit denselben mit einer bewundernswer-
then Gewandtheit und Vorsicht von Ast zu Ast. Ein
kleiner Negerknabe war ein Jahr unter ihnen, ohne
daß ihm ein Leid zugefügt worden wäre. Auch Wei-
ber pflegen sie in der Wildniß zu rauben, und sie
entfliehen ihnen nur schwer wieder.
Stereotypie, Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaction von W. A. Gerle.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung
Weitere Informationen:Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |