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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 42. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Bildsäulen des Merkur und der Artemisia.
Das sogenannte "Brünnel," dieses Palladium der
Schönbrunner Nymphe steht nicht weit von der
Ruine. Jn einer stillen Gegend eines schattichten
Haines erhebt sich ein kleiner leichter Tempel, in
welchem eine schlanke, ungemein schön gearbeitete
Najade über einer Urne liegt, aus welcher sich das
reine, klare, eiskalte Wasser in ein Becken ergießt.
Unter den übrigen Statuen ist von besonderem Jn-
teresse eine Olympias, wie sie ihrem Sohne
Alexander das Geheimniß seiner Geburt entdeckt.
Die Köpfe sind Portraite von Kaiser Joseph II.
und seiner ersten Gemahlin Jsabella von Parma.
Das Familiendenkmahl der Königin von Neapel
steht nicht weit von dieser Gruppe und wurde im
Jahre 1806 gesetzt. Es besteht aus einem Posta-
mente von Granit, worauf oben eine schön gearbei-
tete Vase von Bronze befindlich ist. Auf der einen
Seite sieht man ein Medaillon von Bronze mit
fünf Büsten in Lebensgröße; es sind die sprechend
getroffenen Bildnisse Maria Karolinens und
ihrer vier Kinder, mit denen sie sich in Wien
aufhielt. Der botanische Garten sowohl, als die
botanischen Anlagen der Erzherzoge vereinigen das
wissenschaftliche Jnteresse mit ästhetischen Reizen,
und werden gewiß nicht allein deu Forscher, sondern
auch den bloßen Freund der Natur gleich befriedi-
gen. Auch die Menagerie, lockt noch immer einen
großen Theil der Wiener Spaziergänger, die sich,
zumal an Sonn = und Festtagen, so zahlreich in
Schönbrunn einfinden, in ihre einzelnen Abthei-
lungen.



Die Herstellung der Teufelsbrücke.*)

Es war im Feldzuge 1799 als der russische
Feldmarschall Graf Suwarow den Uebergang
über den St. Gotthard beschlossen hatte, und dem
Hauptmann Grafen Dombasle, der ihm mit sei-
ner Pionier=Compagnie zugetheilt war, den Befehl
ertheilte, für die schnelle Herstellung der in der
Mitte gesprengten Brücke die in ihrer wildschönen
Umgebung eine furchtbare Erscheinung bildete, zu
sorgen. Hauptmann Dombasle schritt schnell ans
Werk, ließ Tannen von Ursern im Walde fällen, und
dieselben, wegen der drängenden Eile nur halb zimmern,
durchbohren und zusammenfügen, dann mit durch
die Löcher gezogenen und geflochtenen Stricken,
Klammern und Keilen befestigen, von der linken zur
rechten Felsenwand einzeln aufziehen, und endlich
mit starken Brettern belegen. Bald stand der ge-
fährliche Bau, da jedoch, wegen Mangel an Mate-
rialien sowohl als an Zeit, kein Geländer angebracht
werden konnte, und Hauptmann Dombasle selbst
der Festigkeit seines Werkes nicht vollkommen ver-
traute, so faßte er den kühnen Entschluß, mit seiner
Compagnie, en Espalier, aufgestellt, das fehlende
Geländer zu bilden, und im Falle eines Unglücks
lieber das Leben zu verlieren, als einem Vorwurf
ausgesetzt zu seyn. Um der Mannschaft Muth ein-
zuflößen, stellte sich der Hauptmann mit seinen
Offizieren in die Mitte der Brücke als dem schwäch-
sten und gefährlichsten Punkt, und die Mannschaft
[Spaltenumbruch] reihte sich an beiden Seiten ihnen an. Nach vol-
lendeter Arbeit zogen 35,000 Mann Russen aller
Waffengattungen über die Brücke, und erfüllten zu
Ehren der tapfern Pionier = Compagnie die Lüfte
mit zahllosen "Hurrah's!" Die Kanonen wurden
auf Maulthiere geladen, und folgten der Heeres-
abtheilung.



Englische Eilwagen.

Unter den Eigenthümlichkeiten Englands über-
rascht den Reisenden nichts mehr, als die ausge-
suchte Reinlichkeit der Landstraßen und die Pracht
der öffentlichen Wagen. Man glaubt auf den wohl-
besandeten Wegen eines unermeßlichen Parks die
glänzenden Kutschen des Besitzers zum Vergnügen
dahin gleiten zu sehen. Noch interessanter wird diese
Reiseart durch die malerische Weise, wie man die
Passagiere auf den Wagen gruppirt erblickt; sie sind
so dicht aufeinander gehäuft, schweben zum Theil so
gefahrdrohend halb in der Luft auf schmalen unbe-
quemen Bänkchen, daß man es nicht für möglich
hält, daß ein Mensch diese sonderbare Lage für eine
längere Reise erwählt haben könne. Dennoch läuft
der englische Stage-coach ( Landkutsche ) , ohne auf-
zuhalten von London bis Edinburg, kein Rei-
sender gleitet von seinem luftigen Sitze herab, und
Niemand beklagt sich über den Gußregen, der in
einem stets von Wolken eingehüllten Lande nicht
fehlen kann, sich während einiger Stunden einer
Reise einzustellen, die deren mehr als 48 währt.
Die Kondukteurs ( Postführer, Wagenaufseher ) der
öffentlichen Kutschen bilden in England eine ganz
eigene Menschenklasse, welche uns am besten die Jdee
des John Bull *) zu verwirklichen vermag. Der
Kutscher des Stage-coach ist ein Mann von beträcht-
licher Länge und Breite, sein Angesicht ist roth und
feist; er ist es, der die veraltete Mode der umge-
schlagenen Stiefeln aufbrachte, und zugleich der Er-
finder der Hüte, welche einen Regenschirm bilden;
seine übrigen Kleidungsstücke, weit und bequem aus
reinlichem und festem Tuche geschnitten, hemmen die
Bewegung der Arme und Beine auf keine Weise.
So weit die Außenseite; was das Jnnere betrifft,
so gibt es nichts gravitätischeres als einen solchen
Kutscher; sein Sitz ist ein Thron, das weiß er vor-
trefflich, und wenn er Etwas auf Erden seiner Würde
gleicht hält, so sind es seine 4 Rosse mit glänzen-
dem Haar, starkem Halse und gewandten und kraft-
vollen Beinen, die er als die Stützsäulen seines be-
weglichen Reiches betrachtet.

Der geistreiche Niemayer sagt über dieses
Fuhrwerk Folgendes: "Jm Hofe des Gasthauses ( zu
Harwich ) stand schon der Stage-coach, oder der
Wagen, der uns nach London führen sollte. Höchst
einladend war sein Anblick. Denn das ist in der
That ein gar stattliches Fuhrwerk. Die Mitte gleicht
völlig unsern viersitzigen Kutschen mit Glasfenstern
von beiden Seiten. Der Anstrich des Kutschenka-
stens, meist zinnoberroth oder grün, ist mit dem
feinsten Lackfirniß überzogen. Am Schlage und an
[Ende Spaltensatz]

*) Da uns von sehr geschätzter Hand dieß zuverläßige De-
tail über die Herstellung der Teufelsbrücke zugekommen
ist, so wollen wir nicht säumen unsern Lesern diesen
interessanten Nachtrag zu dem Aufsatze über die Teufels-
brücke in Nro. 11 unserer Blätter mitzutheilen.
*) Johann Bull, eigentlich Hans Stier oder Ochse,
Rind
- Neat, Bullock. Dieser Name bezeichnet scherzhaft
den personifizirten Charakter der Engländer. Demnach
stellt John Bull den großen Haufen, die Gesammtheit
des englischen Volks in seinen besondern Nationaleigen-
thümlichkeiten dar. Swift hat diesen Ausdruck zuerst
gebraucht und in Gang gebracht.. D. R.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Bildsäulen des Merkur und der Artemisia.
Das sogenannte „Brünnel,“ dieses Palladium der
Schönbrunner Nymphe steht nicht weit von der
Ruine. Jn einer stillen Gegend eines schattichten
Haines erhebt sich ein kleiner leichter Tempel, in
welchem eine schlanke, ungemein schön gearbeitete
Najade über einer Urne liegt, aus welcher sich das
reine, klare, eiskalte Wasser in ein Becken ergießt.
Unter den übrigen Statuen ist von besonderem Jn-
teresse eine Olympias, wie sie ihrem Sohne
Alexander das Geheimniß seiner Geburt entdeckt.
Die Köpfe sind Portraite von Kaiser Joseph II.
und seiner ersten Gemahlin Jsabella von Parma.
Das Familiendenkmahl der Königin von Neapel
steht nicht weit von dieser Gruppe und wurde im
Jahre 1806 gesetzt. Es besteht aus einem Posta-
mente von Granit, worauf oben eine schön gearbei-
tete Vase von Bronze befindlich ist. Auf der einen
Seite sieht man ein Medaillon von Bronze mit
fünf Büsten in Lebensgröße; es sind die sprechend
getroffenen Bildnisse Maria Karolinens und
ihrer vier Kinder, mit denen sie sich in Wien
aufhielt. Der botanische Garten sowohl, als die
botanischen Anlagen der Erzherzoge vereinigen das
wissenschaftliche Jnteresse mit ästhetischen Reizen,
und werden gewiß nicht allein deu Forscher, sondern
auch den bloßen Freund der Natur gleich befriedi-
gen. Auch die Menagerie, lockt noch immer einen
großen Theil der Wiener Spaziergänger, die sich,
zumal an Sonn = und Festtagen, so zahlreich in
Schönbrunn einfinden, in ihre einzelnen Abthei-
lungen.



Die Herstellung der Teufelsbrücke.*)

Es war im Feldzuge 1799 als der russische
Feldmarschall Graf Suwarow den Uebergang
über den St. Gotthard beschlossen hatte, und dem
Hauptmann Grafen Dombasle, der ihm mit sei-
ner Pionier=Compagnie zugetheilt war, den Befehl
ertheilte, für die schnelle Herstellung der in der
Mitte gesprengten Brücke die in ihrer wildschönen
Umgebung eine furchtbare Erscheinung bildete, zu
sorgen. Hauptmann Dombasle schritt schnell ans
Werk, ließ Tannen von Ursern im Walde fällen, und
dieselben, wegen der drängenden Eile nur halb zimmern,
durchbohren und zusammenfügen, dann mit durch
die Löcher gezogenen und geflochtenen Stricken,
Klammern und Keilen befestigen, von der linken zur
rechten Felsenwand einzeln aufziehen, und endlich
mit starken Brettern belegen. Bald stand der ge-
fährliche Bau, da jedoch, wegen Mangel an Mate-
rialien sowohl als an Zeit, kein Geländer angebracht
werden konnte, und Hauptmann Dombasle selbst
der Festigkeit seines Werkes nicht vollkommen ver-
traute, so faßte er den kühnen Entschluß, mit seiner
Compagnie, en Espalier, aufgestellt, das fehlende
Geländer zu bilden, und im Falle eines Unglücks
lieber das Leben zu verlieren, als einem Vorwurf
ausgesetzt zu seyn. Um der Mannschaft Muth ein-
zuflößen, stellte sich der Hauptmann mit seinen
Offizieren in die Mitte der Brücke als dem schwäch-
sten und gefährlichsten Punkt, und die Mannschaft
[Spaltenumbruch] reihte sich an beiden Seiten ihnen an. Nach vol-
lendeter Arbeit zogen 35,000 Mann Russen aller
Waffengattungen über die Brücke, und erfüllten zu
Ehren der tapfern Pionier = Compagnie die Lüfte
mit zahllosen „Hurrah's!“ Die Kanonen wurden
auf Maulthiere geladen, und folgten der Heeres-
abtheilung.



Englische Eilwagen.

Unter den Eigenthümlichkeiten Englands über-
rascht den Reisenden nichts mehr, als die ausge-
suchte Reinlichkeit der Landstraßen und die Pracht
der öffentlichen Wagen. Man glaubt auf den wohl-
besandeten Wegen eines unermeßlichen Parks die
glänzenden Kutschen des Besitzers zum Vergnügen
dahin gleiten zu sehen. Noch interessanter wird diese
Reiseart durch die malerische Weise, wie man die
Passagiere auf den Wagen gruppirt erblickt; sie sind
so dicht aufeinander gehäuft, schweben zum Theil so
gefahrdrohend halb in der Luft auf schmalen unbe-
quemen Bänkchen, daß man es nicht für möglich
hält, daß ein Mensch diese sonderbare Lage für eine
längere Reise erwählt haben könne. Dennoch läuft
der englische Stage-coach ( Landkutsche ) , ohne auf-
zuhalten von London bis Edinburg, kein Rei-
sender gleitet von seinem luftigen Sitze herab, und
Niemand beklagt sich über den Gußregen, der in
einem stets von Wolken eingehüllten Lande nicht
fehlen kann, sich während einiger Stunden einer
Reise einzustellen, die deren mehr als 48 währt.
Die Kondukteurs ( Postführer, Wagenaufseher ) der
öffentlichen Kutschen bilden in England eine ganz
eigene Menschenklasse, welche uns am besten die Jdee
des John Bull *) zu verwirklichen vermag. Der
Kutscher des Stage-coach ist ein Mann von beträcht-
licher Länge und Breite, sein Angesicht ist roth und
feist; er ist es, der die veraltete Mode der umge-
schlagenen Stiefeln aufbrachte, und zugleich der Er-
finder der Hüte, welche einen Regenschirm bilden;
seine übrigen Kleidungsstücke, weit und bequem aus
reinlichem und festem Tuche geschnitten, hemmen die
Bewegung der Arme und Beine auf keine Weise.
So weit die Außenseite; was das Jnnere betrifft,
so gibt es nichts gravitätischeres als einen solchen
Kutscher; sein Sitz ist ein Thron, das weiß er vor-
trefflich, und wenn er Etwas auf Erden seiner Würde
gleicht hält, so sind es seine 4 Rosse mit glänzen-
dem Haar, starkem Halse und gewandten und kraft-
vollen Beinen, die er als die Stützsäulen seines be-
weglichen Reiches betrachtet.

Der geistreiche Niemayer sagt über dieses
Fuhrwerk Folgendes: „Jm Hofe des Gasthauses ( zu
Harwich ) stand schon der Stage-coach, oder der
Wagen, der uns nach London führen sollte. Höchst
einladend war sein Anblick. Denn das ist in der
That ein gar stattliches Fuhrwerk. Die Mitte gleicht
völlig unsern viersitzigen Kutschen mit Glasfenstern
von beiden Seiten. Der Anstrich des Kutschenka-
stens, meist zinnoberroth oder grün, ist mit dem
feinsten Lackfirniß überzogen. Am Schlage und an
[Ende Spaltensatz]

*) Da uns von sehr geschätzter Hand dieß zuverläßige De-
tail über die Herstellung der Teufelsbrücke zugekommen
ist, so wollen wir nicht säumen unsern Lesern diesen
interessanten Nachtrag zu dem Aufsatze über die Teufels-
brücke in Nro. 11 unserer Blätter mitzutheilen.
*) Johann Bull, eigentlich Hans Stier oder Ochse,
Rind
- Neat, Bullock. Dieser Name bezeichnet scherzhaft
den personifizirten Charakter der Engländer. Demnach
stellt John Bull den großen Haufen, die Gesammtheit
des englischen Volks in seinen besondern Nationaleigen-
thümlichkeiten dar. Swift hat diesen Ausdruck zuerst
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Auf der einen Seite sieht man ein Medaillon von Bronze mit fünf Büsten in Lebensgröße; es sind die sprechend getroffenen Bildnisse Maria Karolinens und ihrer vier Kinder, mit denen sie sich in Wien aufhielt. Der botanische Garten sowohl, als die botanischen Anlagen der Erzherzoge vereinigen das wissenschaftliche Jnteresse mit ästhetischen Reizen, und werden gewiß nicht allein deu Forscher, sondern auch den bloßen Freund der Natur gleich befriedi- gen. Auch die Menagerie, lockt noch immer einen großen Theil der Wiener Spaziergänger, die sich, zumal an Sonn = und Festtagen, so zahlreich in Schönbrunn einfinden, in ihre einzelnen Abthei- lungen. 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Am Schlage und an *) Da uns von sehr geschätzter Hand dieß zuverläßige De- tail über die Herstellung der Teufelsbrücke zugekommen ist, so wollen wir nicht säumen unsern Lesern diesen interessanten Nachtrag zu dem Aufsatze über die Teufels- brücke in Nro. 11 unserer Blätter mitzutheilen. *) Johann Bull, eigentlich Hans Stier oder Ochse, Rind - Neat, Bullock. Dieser Name bezeichnet scherzhaft den personifizirten Charakter der Engländer. Demnach stellt John Bull den großen Haufen, die Gesammtheit des englischen Volks in seinen besondern Nationaleigen- thümlichkeiten dar. Swift hat diesen Ausdruck zuerst gebraucht und in Gang gebracht.. D. R.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 42. Prag, 1834, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama42_1834/3>, abgerufen am 18.06.2024.