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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] ter im Hause geworden, entfernte er sich mit ihr
von der Mühle, seine Raubgesellen erschienen auf
ein gegebenes Zeichen, und sie wurde nach dem im
dichten Walde gelegenen Raubschlosse gebracht. Hier
sollte sie entehrt und dann verbrannt werden, oder
wie einige wollen, mit abgehauener Hand wieder
in die Mühle zurück geschickt werden. Eine alte
Magd und Vertraute Petrovsky's hatte Mitleid
mit dem jungen Blute, sie führte sie, während alle in
tiefen Schlaf versunken waren, auf einem nur ihr und
dem Raubritter bekannten Wege aus den Mauern des
Schlosses ins tiefe Thal, zeigte ihr da die Richtung,
welche sie zu nehmen habe, um an den Bach zu
gelangen, dem sie bis zu ihres Vaters Mühle fol-
gen könne. Um jedoch den Tag über, wo sie sich
würde verborgen halten müssen, ihren Hunger etwas
stillen zu können, hatte ihr die Alte die Taschen
mit Erbsen gefüllt. Davon streute sie aber, aus
dem Schlosse gehend bis an den Bach, den sie bald
erreichte, reichlich aus, und erzählte den ganzen
Vorfall, nachdem sie glücklich wieder zu Hause an-
gekommen war. Die Bürger von Melnik, die
bereits vergeblich versucht hatten, diese lästigen
Gäste sich vom Halse zu schaffen, benützten nun die
Kunde von dem verborgenen Eingange in das
Raubnest, überfielen dasselbe, bemächtigten sich der
Bewohner des Schlosses, und zerstörten dieses, nach-
dem es so lange der Schrecken der Umgebung
gewesen war. So berichtet die Sage. Wahrschein-
lich erlitt aber Alt=Kokorzin ein gleiches Schick-
sal mit der jenseits des Thales liegenden Stadt
Hrasko, die, von den Hussiten in Asche gelegt,
sich nicht mehr aus dem Schutte erhob. Eine sehr
alte Kirche und einige Häuser werden noch von
Wallgräben und den Resten der Stadtmauer um-
schlossen. Noch erwähnt die Sage einer Felsen-
schlucht bei Dub, Alt=Kokorzin gegenüber, ohn-
weit Hrasko wo die in Felsen gehauenen Zeichen
eines Pfeils und eines Fußstapfens zu einem Be-
hältniß führen sollen, in welchem die Raubritter
ihre Schätze aufbewahrt haben. Schon in sehr
früher Zeit fanden hier Nachgrabungen statt, und
noch jetzt sind Spuren von Jnschriften an der Fel-
senwand sichtbar, welche verborgene Schätze hoffen
ließen. Die Begierde nach denselben wurde in der
Mitte des 18ten Jahrhunderts wieder sehr aufge-
regt. Man hatte nämlich in der nähe dieser Felsen
Kirchenaparamente reich mit goldenen Borten besetzt
aufgefunden, dieß veranlaßte auch Nachgrabungen
in den Ruinen des Schlosses, wodurch manches Ge-
mach dem Einsturze früher entgegen geführt wurde.
Einige Bürger von Mscheno fanden in einer be-
nachbarten Schlucht alte Münzen, und als sie sich
nach einiger Zeit hier wieder einfanden, um weiter
zu forschen, lagen wieder einige Münzen auf dem
von ihnen aufgewühlten Boden. Sie richteten ihre
Blicke nach oben, woher diese Münzen allein gekom-
men seyn konnten, und fanden in den verschlunge-
nen Aesten einer alten Fichte einen ledernen Man-
telsack, der durch den Zahn der Zeit etwas stark
zernagt seines gemünzten Jnhalts sich schon größ-
tentheils entledigt hatte. Bald darauf wurde im
Walde unter Hrasko ein silbernes Glöckchen ( von
Martin Mlegnek ) gefunden, und zu Anfang des
jetzigen Jahrhunderts eine eiserne Kiste bei Ausro-
dung eines alten Baumstocks. Sie soll mit alten böhmi-
schen Münzen von der Größe eines Guldenstücks gefüllt
gewesen seyn, wenigstens wurden viele solche Mün-
[Spaltenumbruch] zen von Juden zum Verkaufe ausgeboten Dieß
erregte die Aufmerksamkeit des Rzepiner Amtes, die
vermeintlichen Finder wurden gefänglich eingezogen,
von dem Erfolge der Untersuchung ist jedoch nichts
weiter verlautet, gleichwohl wurden dadurch neue
Nachgrabungen veranlaßt. Unterhalb des Schloß-
gartens von Neu=Kokorzin trifft man noch alte
Grundmauern von bedeutendem Umfange, und dar-
unter in einer Felsenschlucht mehrere Abtheilungen
geräumiger Keller oder vielmehr in Felsen gehaue-
ner Wohnungen, dergleichen auch im Trusgavner,
Schemanowitzer und Widimer Thalgrunde gefunden
werden. Sie sollen Warten oder Zufluchtsorte der
Räuber gewesen seyn; doch ist es von einigen wahr-
scheinlicher, daß sie in diese fast unzugänglichen
Felsenwände gehauen wurden, um im Hussiten= oder
dem 30jährigen Kriege die bessere Habe der nahe
liegenden Dörfer zu bergen.

1801 wurden jene unter dem Schloßgarten von
Neu=Kokorzin vom Schutte gereinigt, weil man
glaubte, sie dürften mit noch tiefer liegenden Ge-
mächern in Verbindung stehen. Das war nun aber
nicht der Fall, auch konnte über ihre Bestimmung
nichts ausgemittelt werden; vielleicht war das dar-
über erbaute Gebäude das von den Melniker Bür-
gern zerstörte Raubnest, dessen Eingang von Seite
des Thales selbst jetzt noch schwer aufzufinden ist. Bei
dieser Gelegenheit fand man einen etwas tiefer als
gewöhnliche Farbenreibsteine ausgehöhlten halben
Reibstein1 1 / 2 Fuß im Durchmesser, einige Pfeilspitzen,
ein Beil von eigener Form, vielleicht eine Streit-
axt, einen kleinen Sporn und eine Silbermünze von
sehr rohem Gepräge. Führte der Zufall nicht oft
Münzen aus sehr früher Zeit auch später noch in
entfernte Gegenden; so würde der Geschichtsforscher
aus der Anwesenheit dieser Münze auf einen sehr
frühen Verkehr der Bewohner des Landes mit Sie-
benbürgen, der Moldau, Wallachey und Ungarn
schließen können; denn nur in diesen Gegenden sind
bis itzt Münzen ähnlicher Art gefunden worden.
Es ist diese Münze höchst wahrscheinlich einer der
ersten Versuche im Prägen. Man wählte zur Nach-
bildung eine Münze Philipp II. von Macedonien,
weil der Künstler selbst kein Bild zu entwerfen ver-
mochte. Jhre Prägung fällt also in den Zeitraum
von Philipp bis auf den ersten Einfluß der Rö-
mer in diese Provinzen, wo man dann ähnliche,
plump nachgemachte römische Familien = und Kai-
sermünzen findet. Wenn ein böhmischer Alterthümler
auf dieser Münze Libussa mit dem den Böhmen
eigenthümlichen Kopfputz ( Wienetz ) und auf der
Rückseite Przemisl mit dem Schimmel erblickte,
so dürfte es ihm auch nicht schwer fallen, das
Mährchen von Czech und Lech von Kaurzim
nach Kokorzin und Widim zu verlegen.

Unter den Besitzern von Kokorzin finden wir
im Jahre 1444 Ritter Johann von Bezdietitz,
ein in der Zeitgeschichte, doch nur in zweiten Rollen
oft genannter Name, und da er verschuldet war,
so trat nach seinem Tode im Jahre 1446 Herr
Zawis von Klinstein, sein Gläubiger, in den
Besitz der Burg nebst den dazu gehörigen Ortschaf-
ten ein. Jm 16ten Jahrhundert erscheint als Eigen-
thümer derselben ein Ritter Hynek Bernkowsky
von Sebirnow, daselbst im Jahre 1534 wohnhaft.
Ueber seine Thaten schweigt die Geschichte jener
Zeit, und führt nicht einmal an, in welchem ver-
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] ter im Hause geworden, entfernte er sich mit ihr
von der Mühle, seine Raubgesellen erschienen auf
ein gegebenes Zeichen, und sie wurde nach dem im
dichten Walde gelegenen Raubschlosse gebracht. Hier
sollte sie entehrt und dann verbrannt werden, oder
wie einige wollen, mit abgehauener Hand wieder
in die Mühle zurück geschickt werden. Eine alte
Magd und Vertraute Petrovsky's hatte Mitleid
mit dem jungen Blute, sie führte sie, während alle in
tiefen Schlaf versunken waren, auf einem nur ihr und
dem Raubritter bekannten Wege aus den Mauern des
Schlosses ins tiefe Thal, zeigte ihr da die Richtung,
welche sie zu nehmen habe, um an den Bach zu
gelangen, dem sie bis zu ihres Vaters Mühle fol-
gen könne. Um jedoch den Tag über, wo sie sich
würde verborgen halten müssen, ihren Hunger etwas
stillen zu können, hatte ihr die Alte die Taschen
mit Erbsen gefüllt. Davon streute sie aber, aus
dem Schlosse gehend bis an den Bach, den sie bald
erreichte, reichlich aus, und erzählte den ganzen
Vorfall, nachdem sie glücklich wieder zu Hause an-
gekommen war. Die Bürger von Melnik, die
bereits vergeblich versucht hatten, diese lästigen
Gäste sich vom Halse zu schaffen, benützten nun die
Kunde von dem verborgenen Eingange in das
Raubnest, überfielen dasselbe, bemächtigten sich der
Bewohner des Schlosses, und zerstörten dieses, nach-
dem es so lange der Schrecken der Umgebung
gewesen war. So berichtet die Sage. Wahrschein-
lich erlitt aber Alt=Kokorźin ein gleiches Schick-
sal mit der jenseits des Thales liegenden Stadt
Hrasko, die, von den Hussiten in Asche gelegt,
sich nicht mehr aus dem Schutte erhob. Eine sehr
alte Kirche und einige Häuser werden noch von
Wallgräben und den Resten der Stadtmauer um-
schlossen. Noch erwähnt die Sage einer Felsen-
schlucht bei Dub, Alt=Kokorźin gegenüber, ohn-
weit Hrasko wo die in Felsen gehauenen Zeichen
eines Pfeils und eines Fußstapfens zu einem Be-
hältniß führen sollen, in welchem die Raubritter
ihre Schätze aufbewahrt haben. Schon in sehr
früher Zeit fanden hier Nachgrabungen statt, und
noch jetzt sind Spuren von Jnschriften an der Fel-
senwand sichtbar, welche verborgene Schätze hoffen
ließen. Die Begierde nach denselben wurde in der
Mitte des 18ten Jahrhunderts wieder sehr aufge-
regt. Man hatte nämlich in der nähe dieser Felsen
Kirchenaparamente reich mit goldenen Borten besetzt
aufgefunden, dieß veranlaßte auch Nachgrabungen
in den Ruinen des Schlosses, wodurch manches Ge-
mach dem Einsturze früher entgegen geführt wurde.
Einige Bürger von Mscheno fanden in einer be-
nachbarten Schlucht alte Münzen, und als sie sich
nach einiger Zeit hier wieder einfanden, um weiter
zu forschen, lagen wieder einige Münzen auf dem
von ihnen aufgewühlten Boden. Sie richteten ihre
Blicke nach oben, woher diese Münzen allein gekom-
men seyn konnten, und fanden in den verschlunge-
nen Aesten einer alten Fichte einen ledernen Man-
telsack, der durch den Zahn der Zeit etwas stark
zernagt seines gemünzten Jnhalts sich schon größ-
tentheils entledigt hatte. Bald darauf wurde im
Walde unter Hrasko ein silbernes Glöckchen ( von
Martin Mlegnek ) gefunden, und zu Anfang des
jetzigen Jahrhunderts eine eiserne Kiste bei Ausro-
dung eines alten Baumstocks. Sie soll mit alten böhmi-
schen Münzen von der Größe eines Guldenstücks gefüllt
gewesen seyn, wenigstens wurden viele solche Mün-
[Spaltenumbruch] zen von Juden zum Verkaufe ausgeboten Dieß
erregte die Aufmerksamkeit des Rzepiner Amtes, die
vermeintlichen Finder wurden gefänglich eingezogen,
von dem Erfolge der Untersuchung ist jedoch nichts
weiter verlautet, gleichwohl wurden dadurch neue
Nachgrabungen veranlaßt. Unterhalb des Schloß-
gartens von Neu=Kokorźin trifft man noch alte
Grundmauern von bedeutendem Umfange, und dar-
unter in einer Felsenschlucht mehrere Abtheilungen
geräumiger Keller oder vielmehr in Felsen gehaue-
ner Wohnungen, dergleichen auch im Trusgavner,
Schemanowitzer und Widimer Thalgrunde gefunden
werden. Sie sollen Warten oder Zufluchtsorte der
Räuber gewesen seyn; doch ist es von einigen wahr-
scheinlicher, daß sie in diese fast unzugänglichen
Felsenwände gehauen wurden, um im Hussiten= oder
dem 30jährigen Kriege die bessere Habe der nahe
liegenden Dörfer zu bergen.

1801 wurden jene unter dem Schloßgarten von
Neu=Kokorźin vom Schutte gereinigt, weil man
glaubte, sie dürften mit noch tiefer liegenden Ge-
mächern in Verbindung stehen. Das war nun aber
nicht der Fall, auch konnte über ihre Bestimmung
nichts ausgemittelt werden; vielleicht war das dar-
über erbaute Gebäude das von den Melniker Bür-
gern zerstörte Raubnest, dessen Eingang von Seite
des Thales selbst jetzt noch schwer aufzufinden ist. Bei
dieser Gelegenheit fand man einen etwas tiefer als
gewöhnliche Farbenreibsteine ausgehöhlten halben
Reibstein1 1 / 2 Fuß im Durchmesser, einige Pfeilspitzen,
ein Beil von eigener Form, vielleicht eine Streit-
axt, einen kleinen Sporn und eine Silbermünze von
sehr rohem Gepräge. Führte der Zufall nicht oft
Münzen aus sehr früher Zeit auch später noch in
entfernte Gegenden; so würde der Geschichtsforscher
aus der Anwesenheit dieser Münze auf einen sehr
frühen Verkehr der Bewohner des Landes mit Sie-
benbürgen, der Moldau, Wallachey und Ungarn
schließen können; denn nur in diesen Gegenden sind
bis itzt Münzen ähnlicher Art gefunden worden.
Es ist diese Münze höchst wahrscheinlich einer der
ersten Versuche im Prägen. Man wählte zur Nach-
bildung eine Münze Philipp II. von Macedonien,
weil der Künstler selbst kein Bild zu entwerfen ver-
mochte. Jhre Prägung fällt also in den Zeitraum
von Philipp bis auf den ersten Einfluß der Rö-
mer in diese Provinzen, wo man dann ähnliche,
plump nachgemachte römische Familien = und Kai-
sermünzen findet. Wenn ein böhmischer Alterthümler
auf dieser Münze Libussa mit dem den Böhmen
eigenthümlichen Kopfputz ( Wienetz ) und auf der
Rückseite Prźemisl mit dem Schimmel erblickte,
so dürfte es ihm auch nicht schwer fallen, das
Mährchen von Czech und Lech von Kaurźim
nach Kokorźin und Widim zu verlegen.

Unter den Besitzern von Kokorźin finden wir
im Jahre 1444 Ritter Johann von Bezdietitz,
ein in der Zeitgeschichte, doch nur in zweiten Rollen
oft genannter Name, und da er verschuldet war,
so trat nach seinem Tode im Jahre 1446 Herr
Zawis von Klinstein, sein Gläubiger, in den
Besitz der Burg nebst den dazu gehörigen Ortschaf-
ten ein. Jm 16ten Jahrhundert erscheint als Eigen-
thümer derselben ein Ritter Hynek Ber̄kowsky
von Śebir̄ow, daselbst im Jahre 1534 wohnhaft.
Ueber seine Thaten schweigt die Geschichte jener
Zeit, und führt nicht einmal an, in welchem ver-
[Ende Spaltensatz]

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Das war nun aber nicht der Fall, auch konnte über ihre Bestimmung nichts ausgemittelt werden; vielleicht war das dar- über erbaute Gebäude das von den Melniker Bür- gern zerstörte Raubnest, dessen Eingang von Seite des Thales selbst jetzt noch schwer aufzufinden ist. Bei dieser Gelegenheit fand man einen etwas tiefer als gewöhnliche Farbenreibsteine ausgehöhlten halben Reibstein1 1 / 2 Fuß im Durchmesser, einige Pfeilspitzen, ein Beil von eigener Form, vielleicht eine Streit- axt, einen kleinen Sporn und eine Silbermünze von sehr rohem Gepräge. Führte der Zufall nicht oft Münzen aus sehr früher Zeit auch später noch in entfernte Gegenden; so würde der Geschichtsforscher aus der Anwesenheit dieser Münze auf einen sehr frühen Verkehr der Bewohner des Landes mit Sie- benbürgen, der Moldau, Wallachey und Ungarn schließen können; denn nur in diesen Gegenden sind bis itzt Münzen ähnlicher Art gefunden worden. Es ist diese Münze höchst wahrscheinlich einer der ersten Versuche im Prägen. Man wählte zur Nach- bildung eine Münze Philipp II. von Macedonien, weil der Künstler selbst kein Bild zu entwerfen ver- mochte. Jhre Prägung fällt also in den Zeitraum von Philipp bis auf den ersten Einfluß der Rö- mer in diese Provinzen, wo man dann ähnliche, plump nachgemachte römische Familien = und Kai- sermünzen findet. Wenn ein böhmischer Alterthümler auf dieser Münze Libussa mit dem den Böhmen eigenthümlichen Kopfputz ( Wienetz ) und auf der Rückseite Prźemisl mit dem Schimmel erblickte, so dürfte es ihm auch nicht schwer fallen, das Mährchen von Czech und Lech von Kaurźim nach Kokorźin und Widim zu verlegen. Unter den Besitzern von Kokorźin finden wir im Jahre 1444 Ritter Johann von Bezdietitz, ein in der Zeitgeschichte, doch nur in zweiten Rollen oft genannter Name, und da er verschuldet war, so trat nach seinem Tode im Jahre 1446 Herr Zawis von Klinstein, sein Gläubiger, in den Besitz der Burg nebst den dazu gehörigen Ortschaf- ten ein. Jm 16ten Jahrhundert erscheint als Eigen- thümer derselben ein Ritter Hynek Ber̄kowsky von Śebir̄ow, daselbst im Jahre 1534 wohnhaft. Ueber seine Thaten schweigt die Geschichte jener Zeit, und führt nicht einmal an, in welchem ver-

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Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama47_1835/3>, abgerufen am 01.06.2024.